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VERFÜHRUNG AUF CAPRI von JAMES, JULIA Sprachlos blickt Laura den Fremden an, der aus der Limousine steigt. Wen sucht ein eleganter Mann wie er hier in dieser ärmlichen Gegend? Entschlossen geht er auf sie zu - um sie zu einer Reise nach Italien zu überreden! Eine Reise, die ihr Leben auf den Kopf stellt … DICH BERÜHREN, DICH ZU SPÜREN ... von MONROE, LUCY Eden hat den Millionär Aristide immer begehrt. Auch in den Zeiten, als er sie in Griechenland allein ließ. Es bricht ihr fast das Herz, dass er sich nach einem schweren Unfall an alles erinnert - außer an sie! Hat er tatsächlich vergessen, wie nah sie sich standen? EINE HOCHZEIT ZUM VERLIEBEN von MORTIMER, CAROLE Vor fünf Jahren hat er Gabriella auf Mallorca von sich gestoßen. Diese Frau will nur sein Geld! Jetzt muss er die attraktive Chefköchin heiraten, um ein gemeinsames Erbe anzutreten. Eigentlich eine Vernunftehe, die er jedoch unerwartet mit einem innigen Kuss besiegelt …
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Seitenzahl: 568
Veröffentlichungsjahr: 2014
Julia James, Lucy Monroe, Carole Mortimer
ROMANA EXKLUSIV BAND 252
IMPRESSUM
ROMANA EXKLUSIV erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH
Erste Neuauflage by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg, in der Reihe: ROMANA EXKLUSIV, Band 252 – 2014
© 2007 by Julia James Originaltitel: „The Italian’s Rags-To-Riches-Wife“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Bettina Röhricht Deutsche Erstausgabe 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe JULIA, Band 1852
© 2005 by Lucy Monroe Originaltitel: „The Greek’s Christmas Baby“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Peter Friedrich Deutsche Erstausgabe 2006 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe ROMANA, Band 1654
© 2007 by Carole Mortimer Originaltitel: „Wife by Contract, Mistress By Demand“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Tatjána Lénárt-Seidnitzer Deutsche Erstausgabe 2008 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe JULIA, Band 1799
Abbildungen: AWL Images / Masterfile, alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 12/2014 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733740146
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY
Wie das erwachte Dornröschen fühlt sich Laura auf dem Galaball in Rom. Und plötzlich ist da auch dieses Prickeln, nach dem sie sich sehnte. Heiß knistert es zwischen ihr und dem fantastisch aussehenden Unternehmer Alessandro di Vincenzo! Nur zu gern lässt sie sich von ihm nach Capri einladen. Bis ihr klar wird, warum er sie eigentlich wachgeküsst hat …
Wer ist diese andere Frau, die sich in ihre Ehe drängt? Eden ist verzweifelt. So sehr hatte sie gehofft, dass der attraktive, griechische Geschäftsmann Aristide Kouros nach dem schweren Unfall seine Liebe für sie wiederentdeckt. Aber nun begegnet er ihr kalt und abweisend wie nie zuvor. Wie wird er erst reagieren, wenn er von ihrer Schwangerschaft erfährt?
Gleich auf den ersten Blick verliebt sich Gabriella in den erfolgreichen Geschäftsmann Rufus Gresham. Ihr Stiefbruder ist der Mann ihrer Träume! Doch am Pool seiner Villa weist er sie rüde zurück. Woher kommt dieser Hass? Zutiefst verletzt reist sie ab … Erst fünf Jahre später sehen sie sich wieder: Denn eine Testamentsklausel zwingt sie vor den Traualtar!
„Was meinst du damit, du bleibst Vorsitzender?“
Alessandro di Vincenzo war sehr aufgebracht. Doch aus Respekt vor seinem deutlich älteren Gesprächspartner versuchte er, sich zu beherrschen.
„Die Situation hat sich geändert“, erwiderte dieser. Er saß in einem ausladenden Ledersessel in der Bibliothek seiner Villa aus dem achtzehnten Jahrhundert – seinem Landsitz vor den Toren Roms.
Alessandro holte tief Luft. Sein maßgeschneiderter eleganter Anzug betonte dabei seinen schlanken, muskulösen Körper. Das schwarze Haar war perfekt geschnitten, und sein Gesicht hätte auch einem Filmstar alle Ehre gemacht – oder aber dem Generaldirektor eines großen italienischen Unternehmens: dunkle Augen mit langen Wimpern, hohe Wangenknochen, eine fein geschnittene Nase, ein markantes Kinn und ein sinnlicher Mund, der jetzt allerdings zu einem dünnen Strich zusammengekniffen war.
„Aber es war doch vereinbart, dass du um meinetwillen zurücktreten würdest …“
„Nein“, entgegnete der ältere Mann. „Ich habe nie eine rechtlich bindende Vereinbarung unterschrieben. Du hast lediglich geglaubt, als Stefano starb …“, seine Stimme brach. Nach einem kurzen Moment fuhr er fort: „Doch die Situation hat sich geändert. Es ist etwas passiert, das ich unmöglich hätte vorhersehen können …“
Ungeduldig zog Alessandro die Augenbrauen zusammen. „Was hättest du nie vorhersehen können, Tomaso?“
Nach kurzem Zögern hob der ältere Mann erneut an: „Als ich Stefanos persönlichen Besitz durchging, habe ich Briefe gefunden – geschrieben vor fünfundzwanzig Jahren. Ich weiß nicht, warum er sie aufgehoben hat. Sicher nicht aus Sentimentalität, denn in ihrem letzten Brief schreibt diese mir unbekannte Dame, sie würde aufhören, ihm zu schreiben – und akzeptieren, dass er ihr nicht antwortet.“
Misstrauisch blickte Alessandro sein Gegenüber an. Langsam wurde er ungeduldig. Tomasos Sohn Stefano, ein überzeugter Junggeselle, war vor zehn Monaten im Alter von fünfundvierzig Jahren mit seinem Rennboot tödlich verunglückt. Daraufhin hatte Alessandro eigentlich in der von seinem verstorbenen Vater und von Tomaso Viale gegründeten Firma, Viale-Vincenzo, befördert werden sollen: vom dynamischen, erfolgreichen Generaldirektor zum Vorsitzenden – mit vollständiger Kontrolle über das Unternehmen.
Alessandro hatte Tomaso Zeit zum Trauern gelassen, obwohl dessen Verhältnis zu seinem Sohn aufgrund seines ausschweifenden Lebens nie gut gewesen war. Und er hatte sogar akzeptiert, dass Tomaso nach Stefanos Tod vorübergehend den Vorsitz des Unternehmens übernommen hatte. Aber jetzt reichte es. Tomaso hatte ihm Grund zur Annahme gegeben, dass er sich vor Ende des Geschäftsjahres zurückziehen und ihm die volle Verantwortung für die Firma übertragen würde.
Ungeduldig dachte er daran, dass er eigentlich nach Rom hätte fahren wollen, um sich mit der überaus reizvollen Delia Dellatore zu vergnügen.
Er warf Tomaso einen prüfenden Blick zu. Seit Stefanos Tod schien dieser um Jahre gealtert zu sein.
„Was hast du denn entdeckt, Tomaso?“, hakte Alessandro nach.
Mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck sah dieser ihn an. „Wie du weißt, hat Stefano sich immer geweigert zu heiraten und lieber ein wildes Leben geführt. Ich hatte also wenig Hoffnung, dass sich unsere Familienlinie fortsetzen würde. Die Briefe, die ich gefunden habe, stammen von einer jungen Engländerin. Sie bat darum, Stefano möge zu ihr kommen, zumindest jedoch bestätigen, dass er ihre Briefe und damit die wichtige Nachricht, die sie ihm darin mitteilte, erhalten habe.“
Für einen Moment schwieg er, und in seinem Gesicht spiegelten sich Wehmut und Entschlossenheit wider.
„Sie hat ein Kind von Stefano bekommen, eine Tochter. Meine Enkelin.“ Tomaso blickte dem jüngeren Mann in die Augen. „Ich möchte, dass du sie findest und zu mir bringst, Alessandro.“
Laura spannte die Schultern und hob die Griffe der schwer beladenen Schubkarre an. Das hoch aufgetürmte feuchte Feuerholz schwankte, fiel jedoch nicht herunter. Sie blinzelte die Regentropfen von ihren Wimpern und schob die Karre über den unebenen Boden des Obstgartens zum Hof hinter ihrem Haus. Das hohe, nasse Gras peitschte gegen ihre Gummistiefel, und ihre abgetragene Cordhose war ebenso regenfeucht wie ihre verwaschene Jacke. Doch Laura war Regen gewöhnt. Davon gab es hier in Devon, im Südwesten Englands, schließlich genug.
Dank des gesammelten Feuerholzes brauchte sie weniger Geld für Strom und Öl auszugeben, und Laura musste sparen, wo sie nur konnte. Nicht nur wegen der dringend erforderlichen Arbeiten am Haus, das schon zu Lebzeiten ihrer Großeltern regelmäßig reparaturbedürftig gewesen war. Doch jetzt, da sie Wharton geerbt hatte, musste Laura zusätzlich die hohen Steuern bezahlen, die das Finanzamt von ihr einforderte.
Angst erfüllte sie. Natürlich wäre es das Vernünftigste, Wharton zu verkaufen, doch das brachte sie nicht übers Herz. Schließlich war es immer ihr Zuhause und ihr Rückzugsort gewesen. Lauras Großeltern hatten sie nach dem tragischen Tod ihrer Mutter hier aufgezogen. Ihren Vater kannte sie nicht, da er ihre Existenz nie anerkannt hatte.
Doch leider hatte Laura mit Wharton keine Einnahmequelle geerbt. So klammerte sie sich an die Hoffnung, das Anwesen zu exklusiven Ferienwohnungen umbauen zu können. Dafür wären allerdings eine neue Küche, mehrere Badezimmer, umfangreiche Reparaturen sowie Renovierungen notwendig. Und nichts davon konnte sie bezahlen.
Sie leerte die Schubkarre im Holzschuppen und ging zurück zum Obstgarten, als sich plötzlich ein Auto auf der langen Auffahrt von der Straße her näherte.
Normalerweise kam nur selten jemand vorbei. Lauras Großeltern hatten sehr zurückgezogen gelebt, und bei ihr war es ähnlich. Sie ließ die Schubkarre stehen und ging ums Haus.
Vor ihrer Haustür stand nun eine glänzende, silberfarbene Limousine, die trotz der Schlammspritzer elegant und teuer wirkte – und so fehl am Platze, als wäre sie ein Raumschiff. Aber noch befremdlicher wirkte der Mann, der jetzt aus dem Wagen stieg. Sprachlos blickte Laura ihn an.
Alessandro gab sich keine Mühe, seine schlechte Laune zu verbergen. Trotz des Navigationssystems war es nicht einfach gewesen, über die schmalen, gewundenen Straßen den Weg herzufinden. Und jetzt sah es auch noch so aus, als wäre das Haus verlassen. Die alte steinerne Fassade wirkte ebenso verwahrlost wie die ganze Umgebung. Die Fensterläden im unteren Stockwerk waren schmutzig und kaputt, die Auffahrt von Unkraut überwuchert. Die Blumenbeete verwilderten, und am Rand des ungemähten Rasens wucherten alte Rhododendronbüsche. Über die lose herunterhängende Regenrinne tropfte Wasser auf das zerbröckelnde Vordach über dem Eingang.
Um zumindest etwas Schutz vor dem Regen zu haben, eilte Alessandro zur Tür. Seit er in London gelandet war, hatte es ununterbrochen geregnet. Verächtlich betrachtete er das zerfallene Gebäude, als er plötzlich Schritte auf dem Kies hörte.
Wahrscheinlich jemand, der bei den Arbeiten im Freien aushalf, vermutete Alessandro, als sich eine unförmig wirkende Person in einer Wachsjacke mit Kapuze näherte.
„Ist Miss Stowe zu Hause?“, fragte er. Laura Stowe war der Name von Stefanos Tochter. Wie Alessandros Nachforschungen ergeben hatten, waren sich deren Mutter Susan Stowe und Stefano begegnet, als sie als Kunststudentin in Italien gewesen war. Susan schien eine hübsche, naive junge Frau gewesen zu sein. Sie war gestorben, als ihre Tochter drei Jahre alt gewesen war. Danach hatten ihre Eltern das Mädchen hier in diesem Haus aufgezogen.
Zumindest wird sich die junge Frau bestimmt darüber freuen, dass sie einen reichen Großvater hat, der sie bei sich aufnehmen möchte, dachte Alessandro grimmig. Ihr Haus glich eher einer schäbigen Ruine. Es gefiel ihm gar nicht, als Tomasos Laufbursche zu fungieren. Doch der alte Mann hatte angedeutet, dass er in den Ruhestand gehen wollte, um mehr Zeit für seine Enkelin zu haben.
„Ist Miss Stowe zu Hause?“, wiederholte er ungeduldig.
Jetzt antwortete die Person in der übergroßen Jacke: „Ich bin Laura Stowe. Was wollen Sie von mir?“
Fassungslos blickte Alessandro sie an. „Sie sind Laura Stowe?“
Fast hätte Laura über den Gesichtsausdruck ihres unbekannten Besuchers gelacht, doch sein plötzliches Erscheinen hatte sie durcheinandergebracht. Was konnte ein Mann wie er hier wollen – und dann noch von ihr? Er sah atemberaubend aus, wie Laura verwirrt feststellte. Tiefschwarzes Haar, dunkle Augen und ein markantes Gesicht. Sein Teint war sonnengebräunt, und seine Kleidung, die ganz offensichtlich nicht in England angefertigt worden war, wirkte ebenso edel und elegant wie der Wagen.
Der Mann hatte fließend Englisch gesprochen, aber mit einem deutlichen Akzent. Und in diesem Moment war Laura klar, dass er Italiener sein musste. Eine Mischung aus Wut und Neugierde erfasste sie, doch schnell hatte sie sich wieder unter Kontrolle. Nein, es ist bestimmt nur ein Zufall, versuchte sie sich zu beruhigen.
Eine Weile blickten sie einander starr an. Schließlich brachte der leicht entsetzte Gesichtsausdruck des Italieners Laura dazu, das Schweigen zu brechen.
„Ja“, bestätigte sie ein wenig schroff. „Ich bin Laura Stowe. Und Sie sind …?“
Der Mann blickte sie weiter starr an, ohne etwas zu erwidern. Er machte sich gar keine Mühe, seine Empfindungen zu verbergen.
Ihr Leben lang war Laura von Männern auf diese Art angesehen worden. Dieser Blick sagte mehr als deutlich, dass sie nicht als Frau wahrgenommen wurde. Ihre Großeltern waren darüber erleichtert gewesen, denn so brauchten sie nicht zu befürchten, das Schicksal ihrer Tochter könnte sich bei ihrer Enkelin wiederholen. Die beiden hatten ihre Tochter sehr geliebt, doch sich nie ganz damit abgefunden, dass diese ein uneheliches Kind von einem quasi Wildfremden bekommen hatte. Mit der Zeit hatten sie sich mehr und mehr zurückgezogen. Und dafür war Wharton der perfekte Ort.
Aber jetzt hat jemand hergefunden, dachte Laura unbehaglich. Dass derjenige ausgerechnet aus Italien stammte, musste ein Zufall sein. Und es war nicht verwunderlich, dass er sie so fassungslos ansah. Ein derart attraktiver Mann umgab sich normalerweise sicher mit Frauen, die ebenso atemberaubend aussahen wie er selbst. Er gehörte zu den Reichen und Schönen. Seine Welt, voller Eleganz und Glamour, hatte mit ihrer nichts gemeinsam.
Aber das hier ist Wharton, dachte Laura wütend, wir sind in meiner Welt. Und hier würde sie sich nicht von ihm einschüchtern lassen.
Sie trat unter das Vordach und schob die Kapuze zurück. „Vielleicht haben Sie mich nicht gehört. Ich bin Laura Stowe. Aber was wollen Sie von mir?“
Der Blick des Mannes veränderte sich ein wenig, wurde abschätzend und distanziert. Was soll das Ganze? fragte sie sich beunruhigt.
Vor Anspannung sagte sie ein wenig zu abweisend: „Wenn Sie mir keine Antwort geben, muss ich Sie bitten, das Grundstück zu verlassen.“
Seine dunklen Augen funkelten. Offenbar gefiel ihm Lauras Tonfall nicht. Aber schließlich war er aus heiterem Himmel hier aufgetaucht und hatte nach ihr gefragt. Und jetzt gab er keine Antwort.
Der Mann presste die sinnlichen Lippen zusammen, bevor er antwortete: „Ich habe Ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen. Vielleicht wären Sie so freundlich, die Tür zu öffnen, damit wir uns drinnen unterhalten können?“
Als sie zögerte, fügte er sarkastisch hinzu: „Keine Angst, signorina, Ihnen wird schon nichts passieren.“
Laura errötete. Auch ohne seine höhnische Bemerkung wusste sie, dass sie keine unerwünschten Annäherungsversuche von Männern zu befürchten hatte. „Die Tür ist abgeschlossen. Warten Sie hier“, bat sie ihn knapp und ging ums Haus herum.
Alessandro blickte ihr nach. Dio, wie konnte diese Vogelscheuche nur Stefanos Tochter sein? Er war ein gut aussehender Mann gewesen und hätte Lauras Mutter sicher nicht verführt, wenn sie nicht auch hübsch gewesen wäre. Doch Lauras Persönlichkeit schien zu ihrem Äußeren zu passen: Sie wirkte schroff und unhöflich.
Während er wartete, wurde seine Laune noch schlechter. Endlich wurde die Tür mit einem Quietschen geöffnet, und Alessandro trat ein. Es roch modrig, und für einen Moment konnte er nichts sehen. Dann nahm er einen dunklen Flur mit Steinfliesen wahr, eine alte Kommode und eine Standuhr.
„Hier entlang“, sagte Laura nun nicht wesentlich freundlicher.
Sie trug noch immer die furchtbare Cordhose. Ihre unförmige Jacke hatte sie inzwischen abgelegt. Jedoch sah sie dadurch nicht besser aus, denn sie trug einen unförmigen selbst gestrickten Pullover mit zu langen Ärmeln und einem Loch am Ellenbogen. Das strähnige Haar hatte sie im Nacken mit einem Gummiband zusammengefasst.
Jetzt führte sie ihn in eine altmodische Küche mit Ofen, in der es zu Alessandros Erleichterung wenigstens warm war.
Er setzte sich auf den klapprigen Stuhl, den sie ihm hinschob. „Sie sind also wirklich Laura Stowe?“, fragte er.
Feindselig blickte sie ihn an. „Ja, wie ich bereits mehrmals sagte. Und Sie sind …?“
Alessandro betrachtete ihr unscheinbares Gesicht, die dichten buschigen Brauen und ihre mürrische Miene. Offenbar hatte sie Stefanos Gene nicht geerbt.
„Ich heiße Alessandro di Vincenzo und komme im Auftrag von Signor Tomaso Viale zu Ihnen.“
Als er den Namen ihres Großvaters aussprach, wurde Lauras Gesichtsausdruck plötzlich noch feindseliger.
„Sie wissen, wer er ist?“ Fragend zog er die Augenbrauen hoch.
„Ja, ich kenne den Namen Viale“, erwiderte sie knapp. „Warum sind Sie hergekommen?“
„Signor Viale hat gerade erst von Ihrer Existenz erfahren“, fuhr Alessandro fort.
Auf Lauras Gesicht spiegelte sich Empörung. „Das ist eine Lüge!“, entgegnete sie aufbrausend. „Mein Vater wusste von mir!“
„Ich spreche nicht von Ihrem Vater, sondern von Ihrem Großvater. Er hat tatsächlich gerade erst erfahren, dass er eine Enkelin hat.“
„Wenn es das ist, was Sie mir mitteilen wollten, können Sie gleich wieder gehen.“
Alessandros Gesichtszüge wurden hart. „Nein, ganz und gar nicht. Ich soll Ihnen etwas ausrichten. Ihr Großvater wünscht, dass Sie nach Italien kommen.“
„Ist er verrückt geworden?“, fragte sie fassungslos.
Ungeduldig presste Alessandro den Mund zusammen, versuchte aber, sich von ihrem Verhalten nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. „Miss Stowe, Ihr Großvater ist ein alter, schwacher Mann. Der Tod seines Sohnes hat ihn schwer getroffen, und …“
Laura atmete hörbar ein. „Mein Vater ist tot?“, fragte sie überraschend erschüttert.
Einen Moment lang fand Alessandro sein Vorgehen ein wenig zu schonungslos, doch andererseits war sie so aggressiv, dass es ihm nicht sonderlich leidtat.
„Ja, Stefano ist letzten Sommer bei einem Unfall mit seinem Rennboot ums Leben gekommen“, erklärte er sachlich.
„Letzten Sommer …“, wiederholte Laura leise. „So lange ist er also schon tot.“ Alessandro bemerkte, wie sich der Ausdruck ihrer Augen veränderte. Dann wirkte sie plötzlich wieder mürrisch.
„Sie sind umsonst hergekommen, Mr di Vincenzo. Deshalb können Sie jetzt wieder gehen.“
„Das ist nicht möglich“, erwiderte Alessandro unnachgiebig. „Ihr Großvater möchte, dass Sie mit mir nach Italien kommen.“
„Das werde ich aber nicht tun.“ Lauras Augen funkelten. „Wie sich mein Vater meiner Mutter gegenüber verhalten hat, war unverzeihlich. Ich will mit seiner Familie nichts zu tun haben.“
Sie hatte leise, aber sehr nachdrücklich gesprochen. Alessandro wurde immer gereizter. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er diese Reise gar nicht erst angetreten. Und jetzt wollte ihn diese ausgesprochen unattraktive junge Frau auch noch unverrichteter Dinge nach Hause schicken!
Es war an der Zeit, seinen Trumpf auszuspielen. Er lehnte sich zurück: „Vielleicht ist Ihnen nicht bewusst, wie wohlhabend Ihr Großvater ist. Er gehört zu den reichsten Männern Italiens, Miss Stowe. Es wäre also in Ihrem eigenen Interesse, seinem Wunsch nachzukommen.“
Laura beugte sich vor. „Ich hoffe, er erstickt an seinem Reichtum“, entgegnete sie. „Und jetzt verschwinden Sie bitte! Da Sie ja offenbar sein Laufbursche sind, können Sie ihm etwas mitteilen: Ich habe keinen Großvater – so wie sein Sohn auch keine Tochter hatte.“
„Es ist nicht Tomasos Schuld, dass Ihr Vater sich nicht zu Ihnen bekannt hat“, erwiderte Alessandro aufgebracht.
„Aber er hat bei der Erziehung seines Sohnes ganz offensichtlich versagt – und das ist durchaus seine Schuld. Warum sollte ich mich mit einem Mann befassen, der seinen Sohn zu einem solch verabscheuungswürdigen Menschen gemacht hat?“
Alessandro stand energisch auf. „Basta!“, sagte er, und es folgten einige sehr unbeherrscht klingende Worte auf Italienisch. „Wahrscheinlich ist es sogar besser, dass Sie sich weigern, Ihren Großvater zu besuchen – Sie wären eine ziemliche Enttäuschung für ihn“, fuhr er scharf fort. „Aber wie die Dinge stehen, muss ich nun einem alten kranken Mann, der um seinen Sohn trauert, noch eine zusätzliche traurige Nachricht überbringen: dass seine letzte lebende Verwandte eine rücksichtslose, ungehobelte Person ist, die ihn verurteilt, ohne ihm jemals begegnet zu sein.“
Ohne ein weiteres Wort ging er hinaus. Laura hörte, wie die Eingangstür ins Schloss fiel. Dann wurde der Motor der Limousine angelassen, und der Wagen fuhr davon.
Plötzlich bemerkte sie, dass sie zitterte. Zum ersten Mal und ganz unerwartet hatte die Familie ihres Vaters Kontakt zu ihr aufgenommen. Ihr ganzes Leben lang war er immer nur als verachtenswerter Mensch dargestellt worden. Lauras Großeltern hatten keinen Zweifel daran gelassen, dass ihr Vater ein egoistischer Mistkerl war.
Aber jetzt ist er tot … Sie verspürte einen schmerzhaften Stich im Herzen. Nie hatte sie sich gewünscht, mehr über ihn zu wissen. Doch so unerwartet von seinem Tod zu erfahren war dennoch schockierend. Mein Vater ist tot, dachte Laura wieder. Ich werde ihn niemals mehr kennenlernen …
Sofort kämpfte sie gegen dieses Gefühl an. Er wollte nichts mit dir zu tun haben, rief sie sich in Erinnerung. Du warst ihm völlig egal. Er war ein verwöhnter Playboy, der lediglich mit den Frauen gespielt hat. Und er kam damit durch, weil er reich und schön war. Genau wie der Mann, der ihr vor wenigen Minuten die Nachricht von seinem Tod überbracht hat.
Unwillkürlich glitt Lauras Blick zu dem Stuhl, auf dem Alessandro di Vincenzo gesessen hatte. Dann richtete sie sich auf und schritt energisch mit düsterer Miene zurück nach draußen, um weiter Feuerholz im Regen zu sammeln.
Erleichtert sank Alessandro in den weichen, mit edlem Samt bezogenen Sessel und sah sich im eleganten Salon des Lidford House Hotels um. Seine Assistentin hatte ihm hier für die Nacht vor seinem Rückflug nach Rom ein Zimmer reservieren lassen. Genau so sollte ein englisches Landhaus aussehen – und nicht wie Laura Stowes halb zerfallenes Gemäuer.
Genussvoll trank er einen Schluck Martini. Er nahm Tomaso übel, dass er solche Spielchen mit ihm trieb. Doch jetzt tat ihm für den alten Mann fast leid, dass seine Enkelin eine solche Furie war. Er würde zutiefst enttäuscht sein, weil Laura ihn nicht besuchen wollte.
Alessandro hatte getan, was Tomaso verlangt hatte. Und wenn Laura nicht nach Italien fahren wollte, dann war das eben so. Es war nicht sein Problem.
Doch als er in Italien ankam, stellte er fest, dass Tomaso anderer Meinung war.
„Er hat was getan?“, fragte Alessandro ungläubig.
Die Nachricht, die seine Assistentin ihm schweigend gereicht hatte, war unmissverständlich. Der Vorsitzende von Viale-Vincenzo setzte ihn davon in Kenntnis, dass seine Dienste als Generaldirektor nicht mehr länger benötigt wurden.
Eine nie gekannte Wut erfüllte Alessandro. Er war zwar noch immer wichtiger Anteilseigner von Viale-Vincenzo, würde jedoch nicht mehr die Kontrolle über das tägliche Geschehen haben. Und der erhoffte Vorsitz war damit erst recht in unerreichbare Ferne gerückt. Alessandro wusste genau, was der Grund für diese Entscheidung war: Tomaso wollte Lauras Weigerung, ihn zu besuchen, nicht hinnehmen. Alessandro hatte ihm unverblümt mitgeteilt, wie feindselig die junge Frau gewesen war. Jetzt wünschte er, ein wenig sensibler vorgegangen zu sein.
„Ich will mit Tomaso sprechen“, verlangte er. „Sofort!“
Mit ausdrucksloser Miene hob Laura die Post auf, die durch den Briefschlitz gefallen war. Am Vortag hatte sie ein Schreiben vom Finanzamt bekommen – mit dem Hinweis auf Mahngebühren. Außerdem hatte das Auktionshaus den Wert ihrer noch verbliebenen Antiquitäten wesentlich niedriger geschätzt, als sie gehofft hatte.
Verzweiflung und Angst waren ihre ständigen Begleiter, denn mit jedem Tag wurde es wahrscheinlicher, dass sie Wharton würde verkaufen müssen. Der Gedanke schmerzte sie tief.
Ich kann es nicht verkaufen, dachte sie. Es muss doch eine Möglichkeit geben, das zu verhindern!
Wenn sie wenigstens die Steuern zahlen könnte, dann hätte sie zumindest eine Chance. Sie könnte eine Hypothek auf das Haus aufnehmen und das Geld dazu verwenden, Ferienwohnungen einzurichten. Aber wenn sie die Steuern nicht zahlte …
Während Laura sich weiter über ihre düsteren Zukunftsaussichten den Kopf zerbrach, hielt sie plötzlich inne. Ihr Blick fiel auf einen dicken weißen Umschlag mit italienischer Briefmarke. Zögerlich öffnete sie ihn. Darin befanden sich ein Schreiben, ein Flugticket und – ein Scheck. Über eine Summe, bei der sich ihr die Kehle zusammenzog.
Das Schreiben, auf Geschäftspapier verfasst, enthielt außer dem Hinweis auf den Scheck und das Flugticket keine weiteren Informationen. Laura stellte fest, dass es für einen Flug eine Woche später von London nach Rom ausgestellt war. An das Schreiben geheftet war ein zweites eng in italienischer Sprache bedrucktes Blatt, von dem Laura kein Wort verstand. Vermutlich wurde darin erklärt, dass der Scheck ein Geschenk von ihrem Großvater war – als Dank dafür, dass sie ihn in Italien besuchte.
Vorsichtig schob sie alles zurück in den Umschlag, ging in die Küche, setzte sich an den Tisch und starrte auf den Brief in ihren Händen.
Ich werde den Scheck einlösen und das Geld zurückzahlen, jeden Penny, sogar mit Zinsen! dachte sie aufgeregt. Sobald sie die Hypothek bekommen hätte. Aber das Finanzamt würde sich nicht gedulden – die Steuern musste sie sofort bezahlen!
Aber nicht auf diese Art, ermahnte sie sich dann. Ihr Großvater würde sich im Grab umdrehen, wenn sie etwas von der Familie Viale annahm.
Andererseits schulden die Viales dir etwas, meldete sich wieder eine andere Stimme. Dir, deiner Mutter und deinen Großeltern …
Lauras Mutter hatte keinerlei Unterhalt bekommen. Die Großeltern hatten sie bei sich aufgenommen, Laura aufgezogen und ihre Ausbildung bezahlt. Stefano Viale – dessen Vater anscheinend einer der reichsten Männer Italiens war – hatte ihr keinerlei Unterstützung zukommen lassen. Der Scheck war also nichts anderes als eine Rückzahlung.
Doch wenn Laura den Scheck annahm, würde sie auf Tomaso Viales Bestechung eingehen müssen. Der Magen zog sich ihr zusammen. Sie würde nach Italien reisen und der Familie ihres Vaters gegenübertreten müssen.
Auf der anderen Seite musste sie Wharton erhalten, denn es war ihr Zuhause und ihr Zufluchtsort. Hier hatte sie ihr ganzes Leben verbracht, und es war das Lebenswerk ihrer Großeltern. Das konnte sie doch jetzt nicht einfach aufgeben!
Ich werde den Scheck annehmen und nach Italien fliegen, dachte Laura mit klopfendem Herzen. Auch wenn es das Allerletzte ist, das ich möchte. Aber ich werde es tun, um Wharton zu retten.
Laura blickte starr durch das Flugzeugfenster hinaus auf die weißen Schäfchenwolken. Sie wünschte von ganzem Herzen, nicht hier zu sein.
„Champagner?“ Eine Stewardess reichte ihr ein Glas und lächelte Laura an. Trotz dieser freundlichen Aufmerksamkeit fühlte sie sich in der ersten Klasse völlig fehl am Platz.
„Vielen Dank“, erwiderte Laura befangen und nahm das Glas entgegen. Warum auch nicht? dachte sie trotzig. Immerhin hatte sie etwas, auf das sie anstoßen konnte. Fast unmerklich hob sie das Glas und flüsterte: „Auf Wharton, mein Zuhause. Und auf die Familie meines Vaters, die sich zum Teufel scheren kann.“
In der Ankunftshalle des Flughafens in Rom hielt ein Mann ein Schild mit ihrem Namen hoch. Nur widerstrebend schritt sie auf ihn zu, übergab ihm ihren einzigen Koffer und folgte ihm nach draußen. Hier war die Luft herrlich mild, viel angenehmer als im noch immer winterlichen Devon. Doch auch der Sonnenschein konnte ihre Stimmung nicht aufheitern. Laura dachte an die unangenehme Aufgabe, die vor ihr lag. Dann biss sie sich auf die Lippe und stieg in die elegante schwarze Limousine, die bereits auf sie wartete.
Erst als sie in die weichen Lederpolster des Rücksitzes sank, bemerkte sie, dass sie nicht allein war. Alessandro di Vincenzo saß neben ihr und betrachtete sie prüfend.
„Jetzt sind Sie also doch gekommen. Ich hatte mir schon gedacht, dass mein großzügiger Scheck Sie dazu bringen würde, Ihre Meinung zu ändern“, sagte er sarkastisch.
Seit ihrer ersten Begegnung ist sie nicht hübscher geworden, dachte er missmutig. Laura hatte sich zwar offenbar Mühe gegeben, sich schick zu machen, allerdings erfolglos. Statt der entsetzlichen Cordhose und dem kaputten Wollpulli trug sie nun einen schlecht sitzenden Rock und eine Bluse, die sie wie ein Sack umhüllte. Dazu dicke Strümpfe und flache Schuhe mit dicken Sohlen. Ihr ungekämmtes Haar war wieder mit einem Gummiband zusammengehalten. Noch immer waren ihre Augenbrauen dicht und buschig, und sie war gänzlich ungeschminkt.
Wozu auch? dachte Alessandro. Es wäre sinnlos.
Er presste die Lippen zusammen, als er daran dachte, wie Tomaso seine Macht über ihn ausgenutzt hatte. Deswegen hatte er auch keinerlei Mitleid mit dem alten Mann, der sich auf das Treffen mit seiner Enkelin freute. Alessandro würde Laura nur bei ihm abliefern und sich dann wieder um sein eigenes Leben kümmern. Immerhin war er inzwischen wieder Generaldirektor von Viale-Vincenzo, wenn Tomaso auch den Vorsitz noch immer nicht freigegeben hatte. Sollte er noch einmal sein Wort brechen, jetzt, da Alessandro seine Enkelin zu ihm gebracht hatte … Er verdrängte den Gedanken, klappte seinen Laptop auf und vertiefte sich in seine Arbeit, ohne sich weiter um Laura zu kümmern.
Laura blickte aus dem Fenster. Sie schienen nicht nach Rom zu fahren, sondern in eine ländliche Gegend.
Das Wiedersehen mit Alessandro di Vincenzo war eine unangenehme Überraschung gewesen, denn seine Gegenwart verunsicherte sie. Laura hatte die Gesellschaft von Männern bisher immer so gut es ging gemieden. Und in der Nähe eines so eleganten, sinnlichen und atemberaubend attraktiven Mannes wie Alessandro fühlte sie sich zutiefst unwohl. Es war offensichtlich, dass er sich unter anderen Umständen niemals mit ihr abgeben würde.
Laura hatte einmal gelesen, dass schöne Frauen und Männer oft freundlicher waren als weniger gut aussehende Menschen – angeblich, weil sie aufgrund der ihnen entgegengebrachten Bewunderung das Leben schön fanden. Unscheinbare Menschen, so wie sie, fühlten sich oft weniger erwünscht. Dadurch wurden sie unsicher und unbeholfen.
Auf mich trifft das jedenfalls zu, dachte Laura. Sie war schon als Kind eine Außenseiterin gewesen. In ihrer Jugend hatte sie sich dann mit der harten Wahrheit über ihr Äußeres abfinden müssen – und damit, von den normalen Aktivitäten ausgeschlossen zu sein, die Jugendliche ihres Alters üblicherweise unternahmen.
Schließlich war ihr klar geworden, dass sie zwei Möglichkeiten hatte: wegen ihres unattraktiven Aussehens zu verbittern – oder sich damit abzufinden und gelassen weiterzuleben. Es gab andere Dinge im Leben, und wenn sie sich mit ihrem Aussehen einfach nicht beschäftigte, würde es ihr auch nichts ausmachen.
Und genau das tat Laura. Sie trug bequeme, praktische Kleidung, die sie sich leisten konnte. Statt zum Friseur zu gehen, band sie sich das Haar zusammen, sodass es sie nicht störte. Schließlich gab sie ihr Geld ohnehin lieber für nützliche Dinge wie Lebensmittel und Strom aus als für Make-up.
Und Alessandro di Vincenzo, der in einer ihr vollkommen fremden Welt lebte, konnte ihr doch völlig egal sein, auch wenn er sie noch so verächtlich anblickte. Es war viel angenehmer, wenn er sie so wie jetzt einfach ignorierte.
Bestimmt hatte er eine wichtige Position bei Viale-Vincenzo. Ganz offensichtlich war er reich, und er strahlte Macht und eine natürliche Autorität aus, obwohl er nicht viel älter als Anfang dreißig sein konnte.
Laura zwang sich, nicht weiter über ihn nachzudenken, blickte wieder zum Fenster hinaus und betrachtete die Zypressen, Olivenhaine, Wiesen und Hügel, die Weinberge und die Häuser mit den roten Ziegeldächern.
Das hier könnte ebenso mein Land sein wie England, dachte Laura. Tief in ihrem Innern regte sich ein Gefühl von Verbundenheit, das sie jedoch mit aller Macht unterdrückte. Dieses Land war ihr fremd, da sie in England aufgewachsen und von dessen Kultur geprägt war. Italien bedeutet mir nichts, redete Laura sich ein und dachte bewusst an all die Reparaturen, die sie in Wharton vornehmen lassen musste. Wharton war der einzige Ort, der ihr etwas bedeutete.
Als Laura ausstieg und sich umblickte, wurden ihre Augen groß vor Staunen. Sie stand vor einer riesigen, vornehmen Villa aus Sandstein. Die vielen Fenster auf der Vorderseite glänzten in der Sonne. Auf der anderen Seite der mit Kies bestreuten Auffahrt zog sich ein parkähnlicher Garten einen sanften Hang hinunter. Sogar zu dieser Jahreszeit war alles perfekt gepflegt.
Laura spürte, wie sich ihr vor Anspannung der Magen zusammenzog. In diesem riesigen Haus wartete ihr einziger lebender Verwandter – ihr Großvater.
Am liebsten wäre Laura weggerannt. Und erneut erfüllte sie jener seltsame Schmerz. Wäre ihr Vater nicht so ein egoistischer Mistkerl gewesen, hätte sie dieses Anwesen vielleicht schon früher kennengelernt und wäre als Kind durch die großen Gärten getollt. Ihre Mutter wäre auch hier gewesen, lebendig und glücklich vereint mit dem Mann, den sie liebte …
Doch Stefano Viale hatte sich nicht für ihre Liebe, geschweige denn für die Ehe oder seine Tochter interessiert. Daran hatte er keinen Zweifel gelassen.
Laura erinnerte sich an die verzweifelten Worte ihrer Großmutter: „Er hat sich nie gemeldet und keinen einzigen ihrer Briefe beantwortet. Es hat ihr das Herz gebrochen, indem er ihre Unschuld genommen und sie dann einfach verstoßen hat.“
Lauras Miene wurde hart. Ich habe nie einen Vater gehabt, dachte sie. Und einen Großvater habe ich auch nicht.
„Hier entlang.“ Alessandro di Vincenzos kalte Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Er führte sie in das Haus, und Laura betrat eingeschüchtert die riesige Eingangshalle mit dem Marmorboden.
Schwungvoll öffnete Alessandro eine große Doppeltür und trat ein. Tomaso, der an einem Schreibtisch am Fenster saß, blickte sofort auf. Sein Gesicht wirkte angespannt und erwartungsvoll.
Plötzlich hatte Alessandro das Gefühl, ihn trotz allem verschonen zu müssen. Er musste den alten Mann warnen, was für eine Person Laura war. Doch sogleich verscheuchte er seine Bedenken. Schließlich nutzte Tomaso seine Macht über ihn schamlos aus. Und wenn er seine unangenehme Enkelin unbedingt kennenlernen wollte, dann sollte er das eben tun.
Der alte Mann erhob sich.
„Tomaso, das ist deine Enkelin“, verkündete Alessandro ausdruckslos. „Laura Stowe.“
Tomaso beachtete ihn gar nicht, sondern blickte an ihm vorbei zu der jungen Frau, die soeben eingetreten war. Alessandro bemerkte, wie sich der Gesichtsausdruck des alten Mannes änderte und seine Miene plötzlich nicht mehr zu deuten war.
„Laura …“, Tomaso streckte die Hand nach ihr aus.
Doch Laura blieb stehen und ignorierte seine Hand. Ihre Miene war so ausdruckslos, wie sie es die ganze Fahrt über schon gewesen war.
„Ich bin dein Großvater“, sagte Tomaso. Seiner Stimme war anzumerken, dass er tief bewegt war.
Lauras Augen funkelten. „Mein Großvater ist tot. Sie sind der Vater des Mannes, der das Leben meiner Mutter zerstört hat“, sagte sie kalt und abweisend.
Tomaso wirkte bestürzt.
„Ich bin nur hergekommen“, fuhr sie mitleidlos fort, „weil dieser Mann …“, sie deutete auf Alessandro, „mich bestochen hat.“
„Bestochen?“, wiederholte Tomaso ungläubig.
„Ja.“
Entgeistert blickte Alessandro Laura an, die unverblümt weitersprach. „Ich möchte nichts mit Ihnen zu tun haben – und auch mit niemand anderem aus dem Umkreis des Mannes, der meine Mutter so grausam behandelt hat. Warum, um alles in der Welt, glauben Sie eigentlich, dass ich auch nur den geringsten Wunsch habe, Sie kennenzulernen?“ Als Tomaso hörbar einatmete, hielt sie kurz inne und sagte dann: „Es tut mir leid für Sie, dass Ihr Sohn gestorben ist. Aber mit mir hat das nicht das Geringste zu tun. Denn Ihr Sohn wollte auch nichts mit mir zu tun haben – das hat er schon deutlich gemacht, bevor ich überhaupt auf der Welt war.“
Tomaso war sichtlich erschüttert. „So hatte ich mir das nicht …“ Seine Stimme versagte, als er die junge Frau anblickte, die sich schon halb abgewandt hatte. „Ich dachte … ich dachte, du würdest dich freuen …“
Sein Gesicht war aschfahl, als er die Hand an sein Herz presste. Alessandro stürzte zu ihm und fing ihn auf.
Die nächste Stunde schien sich unendlich in die Länge zu ziehen. Alessandro hatte sofort einen Krankenwagen gerufen. Und zu seiner Erleichterung war Tomaso bald außer Lebensgefahr, sollte aber zur Beobachtung über Nacht im Krankenhaus bleiben.
Was auch immer das für ein Anfall gewesen war, ausgelöst hatte ihn diese giftige Person mit ihrer bösartigen Tirade. Er blickte zu Laura hinüber, die mit versteinertem Gesicht neben ihm im Wagen saß, als sie zurück zu Tomasos Villa fuhren. Sie hatte die Hände im Schoß ineinander verkrampft.
„Wird er wieder gesund?“, fragte sie plötzlich.
„Das interessiert Sie?“, entgegnete er höhnisch.
„Ich habe doch gesagt, dass mir der Tod seines Sohnes leidtut. Auch, dass er zusammengebrochen ist, tut mir leid. Ich möchte nicht, dass er stirbt – das wünsche ich niemandem.“
„Wie großmütig von Ihnen. Wenn Sie wirklich großmütig sein möchten, dann sollten Sie Tomaso lieber seinen Wunsch erfüllen und hier in der Villa bleiben, bis es ihm wieder so gut geht, dass er Sie sehen kann. Warum er das möchte, ist mir zwar schleierhaft – aber er hat diesen Wunsch geäußert, als ich mich vorhin von ihm verabschiedet habe.“
Laura saß auf dem Bett des Zimmers, in das sie eine der Hausangestellten geführt hatte. Sie blickte aus dem Fenster und stellte fest, wie atemberaubend die Aussicht war: wunderschön gestaltete italienische Gärten, Hügel, Olivenhaine und schlanke dunkle Zypressen.
Laura wandte den Blick ab. Sie wollte sich davon nicht beeindrucken lassen, wollte gar nicht hier sein, in Italien, in der Villa ihres Großvaters …
Er ist nicht dein Großvater, ermahnte sie eine innere Stimme. Nur wegen der Gene ist man nicht automatisch eine Familie. Ihr Vater sah das sicher genauso.
Laura ließ sich erschöpft aufs Bett sinken und spürte, wie ihre Augenlider schwer wurden.
Als sie erwachte, betrat ein Zimmermädchen den Raum und teilte ihr mit, dass das Abendessen serviert würde. Widerstrebend ging Laura nach unten und nahm vorsichtshalber ein Buch mit. Sie hätte lieber in ihrem Zimmer gegessen, wollte jedoch niemandem zusätzlich Arbeit machen.
Am Fuß der breiten Treppe wartete ein Diener auf sie und führte sie zu einem Salon, der von der Eingangshalle abging. Laura ging hinein und blieb wie angewurzelt stehen, denn am Tisch saß Alessandro di Vincenzo.
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