Royal Temptation - April Dawson - E-Book
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Royal Temptation E-Book

April Dawson

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Beschreibung

Eine junge Erbin auf Abwegen ...

Kylie ist jung, reich, erfolgreich - und schwanger. Ausgerechnet sie, die sonst immer alles im Griff hat, steht vor der größten Herausforderung ihres Lebens und ist sich das erste Mal nicht sicher, wie sie das schaffen soll. Als Tochter eines Lords wird eine standesgemäße Heirat von ihr erwartet, wenn sie auf die Unterstützung ihrer Familie hoffen will. Doch zwischen einer Katastrophe und der nächsten ist da noch Niall, der Vater ihres Kindes, den sie nicht vergessen kann, egal wie sehr sie sich einzureden versucht, dass alles nur eine kurze Affäre war. Sie will ihm die Schwangerschaft verschweigen, doch als dann die Bombe platzt, wird Kylie klar, dass es nur einen Ausweg gibt: sie muss ihr Herz öffnen, sonst ist es für immer zu spät.

"Ein fesselnder Auftakt!" Corinnas World of Books über Royal Wedding

Band 2 der heiter-romantischen Royal-Reihe von Bestseller-Autorin April Dawson


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Seitenzahl: 366

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Inhalt

Cover

Titel

Zu diesem Buch:

Widmung

Playlist

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

DANKSAGUNG

Über die Autorin:

April Dawson bei LYX:

Impressum

APRIL DAWSON

ROYAL Temptation

Roman

Zu diesem Buch:

Kylie ist jung, reich, erfolgreich – und schwanger. Ausgerechnet sie, die sonst immer alles im Griff hat, steht vor der größten Herausforderung ihres Lebens und ist sich das erste Mal nicht sicher, wie sie das schaffen soll. Als Tochter eines Lords wird eine standesgemäße Heirat von ihr erwartet, wenn sie auf die Unterstützung ihrer Familie hoffen will. Doch zwischen einer Katastrophe und der nächsten ist da noch Niall, der Vater ihres Kindes, den sie nicht vergessen kann, egal wie sehr sie sich einzureden versucht, dass alles nur eine kurze Affäre war. Sie will ihm die Schwangerschaft verschweigen, doch als dann die Bombe platzt, wird Kylie eins klar: sie muss ihr Herz öffnen, bevor es für immer zu spät ist.

Für meine Schwester.Weil ich stolz auf dich bin.

Playlist

Niall Horan – Too much to ask

Iquillery – Heart of Steel

Tori Kelly – Paperhearts

You + Me (Pink & Dallas Green) – You and me

Dua Lipa – New Rules

Zara Larsson – She’s not me Pt. 1 & 2

Shawn Mendes – Aftertaste

Sara Bareilles & Ingrid Michaelson – Winter Song

London Grammar – Darling are you gonna leave me

Ariana Grande – One last time

Sia – Elastic Heart

James Arthur – Impossible

Carrie Underwood – Relapse

Carlie Puth – Attention

Ed Sheeran – English Rose

LP – Lost on you

Leslie Clio – Be with you

Taylor Swift feat. Gary Lightbody – The Last Time

Sia – Bird set free

Adam Lambert – What do you want from me

Cats on Trees – Love you like a Love Song

Michael Bublé – Everything

Kapitel 1

Kylie

Fassungslos sitze ich auf dem zugeklappten Toilettendeckel und starre auf das Ding in meiner Hand, das mein ganzes Leben zum Einsturz bringen wird. Meine Hände zittern, als ein eiskalter Schauer über meinen Körper hinwegfegt. Die Panik, die ich kurz verdrängen konnte, wandert wieder durch meine Venen und lässt meine Muskeln zu Eis gefrieren. Nur mit Mühe schaffe ich es, aufzustehen und nicht sofort kraftlos zu Boden zu sinken. Verzweifelt klammere ich mich an den Rand des Waschbeckens; dabei rutscht mir der Schwangerschaftstest aus den Fingern und fällt ins leere Becken, genau so, dass ich den Beweis für mein Desaster vor Augen habe. Die zwei rosafarbenen Striche scheinen mich verhöhnen zu wollen.

Ich bin schwanger. Es kostet mich unendliche Kraft, diese Worte nur zu denken, geschweige denn sie auszusprechen. Ein kleiner Teil von mir möchte es nicht wahrhaben, wobei der andere Teil, der rational denkende, genau weiß, in welcher Scheiße ich stecke. Im Fernsehen habe ich die Leute immer belächelt, die ungewollt schwanger wurden, und nun bin ich in genau derselben Situation. Meinem Worst-Case-Szenario. Langsam wende ich den Blick von dem Plastik ab und sehe auf mein Spiegelbild. Ich bin blass geworden, was vielleicht am Schlafmangel liegen könnte, den ich seit einigen Wochen habe, und der Tatsache, dass ich jeden Tag auf meine Regelblutung gewartet habe. Unter den Augen dunkle Schatten, die ich noch nie an mir gesehen habe, außer wenn ich nächtelang durchgefeiert habe. Von Morgenübelkeit noch keine Spur – und ich hoffe, dass das auch so bleibt.

»Was soll ich bloß tun?«, frage ich mich selbst in der Hoffnung, dass vielleicht mein Spiegelbild die rettende Antwort hat, doch es folgt nur Stille. Ich habe Angst, möchte die Zeit zurückdrehen und alles ungeschehen machen. Will mein altes Leben zurück, wo ich mich nur um mich und meine beste Freundin sorgen musste, anstatt um ein kleines Wesen, das in mir heranwächst. Meine Eltern werden ausflippen, mich enterben und nie wieder ein Wort mit mir wechseln. Jenna wird enttäuscht sein, ebenso wie unsere Freundinnen Carrie und Kaya. Und Niall? Nun, was Niall dazu sagen wird, weiß ich nicht. Ich kenne ihn kaum und kann ihn noch nicht einschätzen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er vor Freude herumhüpft, weil er Vater wird.

Seit wir wieder in New York sind, sehen Niall und ich uns eher selten, wofür ich sehr dankbar bin. In Galen war es die reinste Folter, ihm ständig über den Weg zu laufen, ohne ihn berühren oder küssen zu können. Schon bei unserer ersten Begegnung habe ich gewusst, dass dieser Mann mein Untergang sein wird. Die Wärme in seinen Augen, die mich sofort in seinen Bann gezogen hat. Von seinem attraktiven Aussehen ganz zu schweigen. Aber es war sein Lächeln, das mir Herzklopfen beschwert hat. Die Gedanken schweifen schnell von unserem Kennenlernen zu unserer gemeinsamen Nacht ab. In der er jeden Winkel meines Körpers erkundet und sich Zeit gelassen hat, mir das zu geben, wonach ich wochenlang gelechzt habe. Es war die beste Nacht meines Lebens. Vielleicht auch, weil ich mehr für ihn empfunden habe, als ich es je wollte.

Aber das alles tut jetzt nichts mehr zur Sache. Es war eine einmalige Sache. Ich habe mir selbst geschworen, nie eine Beziehung mit einem Mann anzufangen, der irgendwie mit dem Adel zu tun hat. Jahrelang bin ich vor dieser scheinheiligen Glitzerwelt geflohen, habe durch Rebellion und Abwesenheit geglänzt, um herauszufinden, wer ich sein möchte. Und doch kann ich nicht verleugnen, wer ich bin. Kylie Blair-Woodward. Älteste Tochter von Lord Kenneth und Lady Elaine, Schwester von Charlotte und Faye. Eine Außenseiterin, die lieber aufs College gegangen ist, als Partys zu schmeißen und von Daddys Geld abhängig zu sein. Bis jetzt war ich mit meinem Dasein zufrieden, habe mir in New York ein Leben aufgebaut, einen tollen Job ergattert und das Leben genossen, wo ich nur konnte. Bin den ganzen Tag im Pyjama rumgelaufen, einfach weil ich das zu Hause nie durfte. Habe Fast Food gegessen, bis mir schlecht wurde, weil meine Mum das missbilligen würde. Ich war glücklich. Bis jetzt.

Ich habe keine Ahnung von Babys, weder wie man sie füttert noch wie man sie richtig hält. Früher habe ich immer gelächelt und gemeint, dass das Kind süß aussehe, auch wenn dessen Kopf in Wirklichkeit wie ein unförmiger Kürbis ausgesehen hatte. Der Gedanke, Windeln zu wechseln und Erbrochenes zu riechen, lässt mich würgen. Fast sehe ich das Kind vor mir, höre das Geschrei und fühle die schlaflosen Nächte, als wäre es längst real. Ich presse die Hand vor den Mund, sehe panisch auf mein Spiegelbild, laufe ins angrenzende WC und übergebe mich.

»Ist alles in Ordnung bei dir?« Jenna klopft an die Tür, bevor sie diese zaghaft öffnet. Ich möchte gerne antworten, doch sobald ich ein Wort sagen will, breche ich erneut. Meine beste Freundin streicht mir über den Rücken, murmelt tröstende Worte und ist für mich da. Nachdem es endlich vorbei ist, betätige ich die Spülung, richte mich auf und stelle mich ihrem sorgenvollen Blick.

»Ich denke, ich habe mir etwas eingefangen«, sage ich mit kratziger Stimme, versuche, die Lüge glaubhaft klingen zu lassen, auch wenn ich es hasse, ihr nicht die Wahrheit zu sagen. Aber Jenna heiratet morgen, und wir haben heute eine Pyjamaparty geplant, mit Carrie und Kaya.

»Wir können die Sache auch abblasen, wenn du dich ausruhen möchtest.«

»Ach was! Ich werde eine Tablette nehmen und viel Tee trinken, dann wird es gehen.«

»Bist du dir sicher?« Sie tritt vor mich und legt ihre zarten Hände auf meine Schultern, gibt mir dadurch mehr Halt, als sie ahnt, denn ich drohe auseinanderzubrechen. Langsam schlucke ich den Kloß in meinem Hals herunter und lege meine beste englische Erziehung an den Tag, in welcher uns von Kindesbeinen an antrainiert wurde, die Fassung zu wahren, eine Maske zu tragen, auch wenn wir am liebsten schreien möchten.

»Natürlich bin ich mir sicher. Es ist deine letzte Nacht als Singlefrau, also müssen wir das feiern. Der Wagen holt uns in einer halben Stunde ab, also husch, husch.« Ich mache eine wegscheuchende Geste. »Pack deine Sachen zusammen. Kaya und Carrie kommen gleich.«

Jenna schenkt mir ein strahlendes Lächeln, das ihre grünen Augen glitzern lässt. Es ist schon fast nervig, wie glücklich sie doch ist, und ein klein bisschen Neid aufgrund ihres privaten Glücks empfinde ich ebenfalls, aber das würde ich jemanden gegenüber nie zugeben. »Eigentlich sind Philip und ich schon über drei Monate verheiratet, also wäre ein weiterer Junggesellinnenabschied nicht nötig. Bist du im Bad fertig?«

Ich will nicken, doch dann fällt mir der Schwangerschaftstest ein, der noch im Waschbecken liegt. »Ich muss nur schnell das Chaos beseitigen, dann kannst du rein.«

Jenna nickt, glaubt mir. Doch egal, was ich auch mache, ich könnte diesen Schlamassel, den ich mir eingebrockt habe, niemals wieder hinbiegen.

Den Test verstecke ich in meiner Unterwäscheschublade, als Jenna ins Bad geht, um zu duschen. Vergrabe ihn tief zwischen den Tangas und Slips, um ihn so vielleicht auch aus meinen Gedanken zu verdammen, denn ich kann jetzt nicht daran denken. Nicht, wenn ich für meine beste Freundin da sein will. Ich sollte noch mal im Hotel anrufen und nachhaken, ob der Konditor die Cupcakes geliefert hat und das kalte Buffet schon bereitsteht. Den Raum habe ich selbst dekoriert, die Spiele bereitgestellt, die Pyjamas bestellt und den Balkon verschönert. Alles könnte perfekt sein, wenn ich nicht noch immer tief in mir das Babygeschrei hören könnte, welches immer lauter wird.

Die Klingel ertönt, was mich unendlich froh macht, denn ich brauche Ablenkung, und zwar schnell. »Hey ihr!« Ich begrüße Jennas Schwester Kaya und unsere Freundin Carrie und lasse sie hinein. Ihre Reisetaschen sind nicht allzu groß, da die Brautjungfernkleider und Schuhe schon im Hotel untergebracht sind, wo der Junggesellinnenabschied stattfindet, ebenso wie die Hochzeit. Als Carrie ihren Trenchcoat auszieht, kann ich nicht aufhören auf ihren Babybauch zu starren. Ich habe sie schon länger nicht mehr gesehen, aber bei dem Umfang ist sie sicher im sechsten oder siebten Monat. Sie und ihr Mann haben sich sehnlichst ein Baby gewünscht, haben lange versucht schwanger zu werden, anders als bei mir, wo nur ein gerissenes Kondom ausgereicht hat.

Meine Freundin bemerkt meinen Blick und legt stolz die Hand auf ihren Bauch. »Ich weiß, er wird immer größer, aber ich liebe es. Jedes Kilo, das ich zunehme. Ich habe mich noch nie schöner gefühlt.« Ich nicke nur und schlucke schwer, muss mich beherrschen, um nicht in Tränen auszubrechen, doch genau in diesem Moment kommt Jenna aus dem Bad und gesellt sich zu uns.

»Ihr seht ja toll aus.«

»Danke, du aber auch Prinzessin«, schmunzelt Kaya und zwinkert ihr zu. Es ist für uns alle noch immer neu, dass Jenna nun eine Prinzessin ist. Eine richtige und nicht nur im bildlichen Sinne. Genau gesagt, ist sie Ihre Hoheit Prinzessin Jenna Kensington von Galen. Krass.

»Wo sind denn die Jungs?«, fragt Carrie interessiert und setzt sich auf meine Stoffcouch im Wohnzimmer. Wir würden von meiner Wohnung aus gemeinsam ins Hotel fahren.

»Die sind ebenfalls in unserem Hotel untergebracht, allerdings in einer anderen Etage. Kylie hat ja verboten, dass wir uns später alle treffen«, meint Jenna und blickt mich streng an.

»Es ist nun mal Tradition, dass der Bräutigam die Braut vor der Trauung nicht sehen darf. Geschweige denn den Junggesellinnenabschied gemeinsam zu feiern«, sage ich empört. Etwas Ordnung muss doch sein.

»Ach Quatsch. Die sind doch schon längst verheiratet …«, meint Kaya.

Doch ich schneide ihr das Wort ab. »Es ist so schon schwer genug, dass wir uns alle treffen. Kaya jettet durch die Welt, Carrie arbeitet oder ist mit ihrem Mann unterwegs. Du«, ich zeige mit dem Finger liebevoll, fast schwermütig auf meine beste Freundin Jenna, »du hast nun andere Verpflichtungen, zusätzlich zum Job. Dann wirst du in Flitterwochen sein und dich durch die Karibik vögeln.« Alle kichern, doch ich fahre fort. »Lasst uns diese letzte Ladies Night genießen, wer weiß, wann wir das nächste Mal die Gelegenheit dazu haben werden.«

Alle nicken zustimmend, und ich nehme jede Einzelne in den Arm. Ich bin normalerweise nicht so rührselig, und vielleicht liegt es schon an diesen verdammten Schwangerschaftshormonen, aber ich will diesen Abend mit meinen Freundinnen genießen, bevor ich mir morgen überlege, was ich tun soll. Mein Handy summt, und ich erwarte, dass es der Fahrer ist, doch ein Blick aufs Display lässt mich erstarren. Es ist Niall.

Niall: Hey wie geht’s dir? Lange nichts mehr von dir gehört.

Ich starre fassungslos auf mein Smartphone, kann nicht glauben, dass er sich genau in dem Moment meldet, in dem ich erfahren habe, dass ich von ihm schwanger bin. Das Universum scheint mich zu hassen. Ich habe selbst in den vergangenen Wochen immerzu seine Nummer auf dem Display angestarrt, habe mich an unsere Nacht erinnert und wollte ihn anrufen, habe aber immer gekniffen. Schließlich vibriert das Handy erneut, und nun ist es wirklich der Fahrer. Da ich Carries Blicke auf mir spüre, schüttle ich die Gedanken an Niall aus dem Kopf und wende mich den Mädels zu. »So, Ladys. Es geht los.«

Auch wenn wir nicht wirklich eine wilde Party geplant haben, ist es irgendwie außer Kontrolle geraten. Schon vor dem Essen hat Kaya einen Flachmann ausgepackt und alle außer Carrie und mir haben ausgiebig getrunken. Und anstatt uns auf Netflix romantische Filme reinzuziehen, wie ich es geplant hatte, tanzen wir zu Britney Spears auf den Betten und singen um die Wette. Sogar Carrie versucht auf und ab zu hüpfen, was bei ihrem Bauchumfang ziemlich schwierig ist, aber lustig aussieht. Wir sind in der Präsidentensuite des Hilton-Hotels in Manhattan. Es ist doppelt so groß wie meine gesamte Wohnung und bietet den Luxus, den ich sonst von unserem Familienanwesen in Kent kenne. Der Wohnbereich ist eine Mischung aus zeitloser Eleganz und heimeliger Gemütlichkeit. Die weitläufige Bar, erstreckt sich über zwei Meter zum Wohnzimmer hin, wo eine gemütliche Sitzgruppe gegenüber dem Balkon platziert wurde. Von dort aus hat man einen herrlichen Blick auf die Südseite der Stadt. Die Nacht ist schon längst hereingebrochen, und die Lichter New Yorks funkeln mit unseren Augen um die Wette.

Jenna hat sich bei den Spielen wacker geschlagen. Ich habe ein Interview mit Philip geführt, und sie hat fast alle Fragen richtig beantwortet. Die zwei sind füreinander geschaffen, das spürt man schon, wenn man die beiden beobachtet. Ihr rotes Haar ist zu einem Dutt zusammengebunden, dazu trägt sie den schwarzen Jumpsuit, auf dem Mrs Prince Kensington steht. Unsere fast identischen Pyjamas habe die Aufschrift Bodyguards der Prinzessin auf dem Rücken stehen. Wir haben Fotos gemacht, gegessen und gefeiert – wie schon lange nicht mehr. Da ich die letzte in der Runde bin, die als Single glänzt, haben sich unsere Freizeitaktivitäten verändert.

»Das ist die beste Party ever!«, brüllt mir Jenna vom Bett zu, will gerade zu mir hüpfen, rutscht aber aus und knallt mit dem Po auf den Boden. Wir sollten erschrocken sein, ihr unsere Hilfe anbieten, aber wir können uns kaum halten vor lauter Lachen. Selbst Jenna lacht Tränen und erhebt sich mehr schlecht als recht.

»Ich denke, es ist mal Zeit für eine Pause«, meine ich kichernd, hole den Stapel Decken, den ich vorbereitet habe, und gebe meinen Freundinnen jeweils eine.

»Was hast du vor?«, fragt mich Kaya entsetzt, starrt aber weiterhin auf die weiche Decke in ihrem Arm.

»Wir gehen nach draußen. Es ist ein sternenklarer Himmel«, antworte ich schulterzuckend und versuche mir nichts anmerken zu lassen.

»Aber es ist doch sicher saukalt.« Typisch Filmstars mit ihren Starallüren. Ich stemme die Hände an die Hüften, verkneife mir einen Kommentar und stelle mich hinter sie, wo ich eine Hand auf ihre Schulter lege und sie zum Balkon dirigiere. Jenna und Carrie folgen uns schmunzelnd hinaus. Es ist wirklich kalt geworden. Der Herbst zeigt sein Gesicht, doch dann fällt mein Blick auf die Kuschelecke, die ich für uns organisiert habe. Eine riesige Outdoormatratze, die von beleuchteten Heizstrahlern umstellt ist, dazu Kaffee in Thermoskannen und Kekse.

»Wow. Kylie«, Jenna schluckt und zieht mich von ihrer Schwester weg, die längst verstummt ist und mein Werk bewundert. Meine beste Freundin drückt mich fest an sich, und ich spüre ihre Dankbarkeit am Druck ihrer Umarmung. Hochzeiten oder alles, was damit zu tun hat, lassen mich immer butterweich werden, obwohl ich selbst nicht vorhabe, jemals zu heiraten. Vielleicht auch deshalb, weil mir meine Mutter immer einen Ehemann aufzwingen will. »Danke schön. Es ist magisch.«

Die anderen stimmen ihr zu – und wie magnetisch angezogen, gehen wir alle zur Matratze und legen uns eng aneinandergekuschelt hin. Jennas Kopf ruht auf meinem Bauch, Carrie und Kaya liegen nebeneinander und blicken ebenfalls in den sternenklaren Himmel. Eine Weile sagt keiner etwas, eine schöne Abwechslung zum wilden Partytreiben in der Suite.

»Ich habe Angst«, flüstert Carrie schließlich in die Stille hinein und hat somit unsere volle Aufmerksamkeit. Alle Köpfe neigen sich in ihre Richtung, als sie weiterspricht. »Lance und ich wünschen uns schon so lange ein Kind, aber jetzt, wo es bald so weit ist, weiß ich nicht, ob ich eine gute Mutter abgeben werde. Ich habe zwar acht Nichten und Neffen, aber es war immer etwas anderes, wenn man sich die Kinder nur ausborgen konnte. Das hier«, sie legt ihre Hände zärtlich auf ihren Bauch, »das bleibt für immer. Was, wenn ich es einmal auf dem Dach des Autos vergesse oder in einer Umkleidekabine?«

»Das wird nicht passieren«, meint Kaya. Im schwachen Licht der Heizstrahler sehe ich aber, dass sie sich ein Kichern verkneift.

»Ich denke auch nicht, dass du jemals dein Kind irgendwo liegen lassen würdest«, sagt Jenna aufmunternd.

»Unsere Mom hat immer gesagt, dass sie nicht gewusst hat, was wahre Liebe ist, bevor Jenna und ich geboren wurden. Das sind die Worte einer Mutter, die einiges mit uns mitgemacht hat.«

»Au ja, und wie«, schmunzelt Jenna. »Du brauchst keine Angst haben, Carrie. Jede Mutter liebt ihr Kind, versucht alles, um es glücklich zu machen. Das wirst du auch, und sieh es mal so: Du bist ja nicht allein. Du hast Lance, deine und seine Eltern.«

»Und du hast uns«, flüstere ich mit belegter Stimme. Das ganze Gespräch nimmt mich mehr mit, als ich zeigen darf. »Wir sind mit den Jahren eine Familie geworden und, egal was auch passiert, dein Kind wird die coolsten Tanten auf Erden haben.«

»Genau«, kommt es von Jenna und Kaya gleichzeitig.

»Danke«, schnieft Carrie und kuschelt sich, falls es überhaupt noch möglich ist, noch enger an uns drei. Fast, als würden wir alle den gleichen Gedanken haben, legen wir die Hände auf ihren Babybauch und lächeln uns an. Ich sehe in die Gesichter von diesen außergewöhnlichen, wunderschönen Frauen und weiß, egal ob ich das Baby nun behalten werde oder nicht, dass ich mich auf meine Freundinnen verlassen kann und dass sie mich niemals verurteilen würden.

Kapitel 2

Niall

Sie schubst mich aufs Bett, beugt sich in Unterwäsche über mich und küsst mich, wie ich noch nie geküsst worden bin. Wild, drängend, fordernd – und doch mit einer zerbrechlichen Zärtlichkeit, wie ich es noch nie gespürt habe. So lange sind wir schon umeinander herumscharwenzelt, haben uns gegenseitig mit den Augen ausgezogen und es doch nie gewagt weiterzugehen. Sie wegen ihrer Prinzipien und ich, weil ich ihr nicht wehtun wollte, bis ich nicht wusste, was genau das ist, was ich für sie empfinde. Aber jetzt, in diesem Moment, in dem sie an meinem Hals knabbert, mir ins Ohrläppchen beißt und mich so heißmacht, dass ich glaube zu platzen, ist keine Zeit mehr für Gedanken an die Zukunft.

Jetzt zählt das Hier und Jetzt. Und gerade denke ich, dass mein Schwanz meine Hose sprengt, so steif, wie er geworden ist, und wie könnte er nicht! Kylies Körper ist die Sünde schlechthin. Sportlich, mit Kurven an den richtigen Stellen, feste Brüste, die perfekt in meine Hände passen, und diese Augen. Dieses bernsteinfarbene Feuerwerk, das leuchtet wie noch nie. Kylie löst sich von mir, richtet sich auf, zieht sich langsam aus, legt einen sinnlichen Striptease hin, der mich schwer schlucken lässt. Ich entkleide mich ebenfalls, ohne die Augen von ihrem Körper zu nehmen, bis nichts mehr zwischen uns steht. Kein Stoff und auch keine Hemmungen.

»Ich wusste gar nicht, dass zu tätowiert bist«, haucht sie, fährt mit ihren langen Nägeln über meine bemalte Hand und Brust.

»Du hast nie gefragt.« Sie schmunzelt und legt sich wieder auf mich. Ihre Brüste fühlen sich wunderbar auf meiner heißen Haut an. Wieder verschlingen wir einander, küssen, necken und berühren uns, bis wir beide nicht mehr warten können. Ich fische ein Kondom aus dem Nachtkästchen und streife es mir über. Kylie beobachtet jede meiner Bewegungen, windet sich und spielt mit sich selbst. Der Laut, der ihre Lippen verlässt, als ich in sie eindringe, könnte nicht heißer sein. Eine Mischung aus Stöhnen, Keuchen und Schnurren. Ein Laut, den nur Kylie Blair-Woodward zustande bringt. In dieser Nacht schlafen wir dreimal miteinander, kosten jeden Moment aus, denn schlussendlich haben wir uns darauf geeinigt. Nur eine Nacht soll das zwischen und andauern.

Das Zuknallen der Tür holt mich aus meinen Erinnerungen an die heißeste Nacht meines Lebens. Nichts und niemand könnte Kylie Blair-Woodward das Wasser reichen. Nicht mal der Dreier auf dem Coachella Festival in Kalifornien letztes Jahr. Gott sei Dank sitze ich auf dem Fahrersitz, sodass meine Freunde meinen mordsmäßigen Ständer nicht sehen können.

»Niall, wieso sitzt du denn vorn?«, fragt Joe erstaunt.

»Weil ich bis zum Hotel noch im Dienst bin.« Mein Blick fällt auf einen grinsenden Philip, der sich gerade mit Jennas Schwager unterhält. Dieser Vollidiot ist mein Job, mein Boss und mein Bruder. Ich würde alles für diesen Saftsack tun, selbst arbeiten, wenn wir unterwegs zu seinem Junggesellenabschied sind. Den zweiten, wohlgemerkt. Den ersten hatten wir schon vor Monaten mit seiner Frau Jenna verbracht.

»Nun denn, du Bodyguard. Bring uns mal sicher ins Hotel, bevor noch jemand unser Prinzchen hier entführt«, meint Joe lachend, und alle stimmen mit ein. Die Stimmung ist ausgelassen, dabei hat der Abend noch gar nicht begonnen. Doch bevor ich den Wagen starte, greife ich in meine Hosentasche und ziehe mein Smartphone heraus. Lange überlege ich, was ich Kylie schreiben soll, immerhin hat sie sich seit Philip Jenna vor zwei Monaten zurückgewonnen hat, nicht mehr gemeldet. Schließlich entscheide mich aber für etwas Unverfängliches.

Niall: Hey wie geht’s dir? Lange nichts mehr von dir gehört.

Das klingt besser als: Hey ich kann seit unserer Nacht an nichts anderes mehr denken, als dich wieder in den Armen zu halten, war aber zu feige, mir wieder eine Abfuhr einzuhandeln.

Normalerweise wäre diese Nachricht etwas, was jede Frau gerne lesen würde, aber nicht Kylie. Sie ist nicht wie andere Frauen, das hat sie mir schnell klargemacht. Bei unserer ersten Begegnung hat sie mich direkt abblitzen lassen, obwohl ihre Körpersprache sehr wohl Interesse gezeigt hat. Es war nicht das erste Mal, dass ich einen Korb bekommen habe; ich bin ja nicht Don Juan, aber diese Lordtochter hat etwas an sich, was mich ganz verrückt macht. Sie ist mir aus dem Weg gegangen, hat versucht, mich nicht zu beachten oder ein Gespräch anzufangen, obwohl sie es wollte. Das wusste ich. Kylie hat es eher genossen, mit mir zu spielen, hat vor meinen Augen geflirtet und mich bewusst heißgemacht. In aller Öffentlichkeit, trotzdem ist sie mir nie nähergekommen. Mir kam es vor, als hätte sie sich selbst ein Verbot verhängt, etwas mit mir anzufangen.

Jeder Versuch, sie um ein Date zu bitten, ist kläglich gescheitert. Selbst von einer Filmnacht mit Jenna und Philip wollte sie nichts wissen. Aber ich bin kein Mann, der leicht aufgibt. Vor allem nicht bei dieser Powerfrau, selbst wenn wir aus verschiedenen Welten kommen. Nach dem Jägerball konnten wir uns beide nicht mehr zurückhalten und haben miteinander geschlafen. Ich habe mir selbst einreden wollen, dass ich sie nur fürs Bett will, dass eine Nacht genug wäre und ich weiterziehen könnte, doch es ist ganz anders gekommen. Am Morgen danach, habe ich es kaum erwarten können, sie wieder in den Arm zu nehmen, aber da war sie schon längst verschwunden; hätte mein Bett nicht so herrlich nach ihr geduftet, hätte ich die Nacht für einen heißen Traum gehalten.

Am nächsten Tag hat sie mich wieder gemieden, als wäre nichts passiert. Doch für mich hat diese Nacht so ziemlich alles verändert. Ich wollte es nicht wahrhaben, bin durch die Klubs gezogen, wollte dass mir andere Frauen Kylie aus dem Kopf blasen, doch ich konnte es einfach nicht. Denn keine dieser Ladys war die eine Lordtochter, die mich hat abblitzen lassen. Morgen, bei der Hochzeit meines besten Freundes, sehe ich sie endlich wieder, und ich habe nicht vor, sie noch mal einfach ziehen zu lassen.

»Keine Stripperin!«, knurrt Philip warnend und sieht direkt zu mir, als ich zur Tür unserer Suite eile, als es laut geklopft hat. Ich zeige ihm nur den Mittelfinger und gehe weiter. Er soll ja nicht wissen, dass ich gar keine erotische Tänzerin geplant habe, und vor Angst zittern. Jenna hat ausdrücklich gesagt: »Keine Frauen!«, sonst, na ja, ich möchte gar nicht wissen, welche Strafe ihn dann erwartet. Überrascht hebe ich die Brauen, als Kylie und eine schwangere Brünette vor mir stehen. Hinter ihr kichern Jenna und Kaya, scheinen schon beschwipst zu sein.

«Ähm. Habt ihr euch nicht im Stockwerk vertan?«, frage ich amüsiert.

Kylie sieht mich an, länger, als es höflich gewesen wäre, und ihr Blick verändert sich. Nicht im positiven Sinne, als sie antwortet: »Ich kann nichts dafür. Unsere Braut hat gedroht uns in Einhornkostümen zum Altar zu schleppen, also mussten wir sie herbringen.«

Ich schmunzle in meine Faust hinein. Das klingt nach Jenna. »Na los. Kommt rein.« Ich trete einen Schritt zur Seite und öffne die Tür weiter, sodass die vier Ladys hineinspazieren können. Sie tragen niedliche Pyjamajumpsuits mit einem frechen Spruch drauf. Kylie geht an mir vorbei, doch ihr Duft, der mich an Kiwis erinnert, bleibt in der Luft hängen und zieht mich magisch an. Kurz schließe ich die Augen und balle die Hände zu Fäusten. Wir alle kennen doch dieses Gefühl, wenn man etwas unbedingt will, es in Reichweite ist, aber man es einfach nicht haben kann. Genauso fühle ich mich gerade.

Philip beginnt wie im Stadion zu brüllen, als er seine Braut sieht und verlangt, dass sie sich vor ihm im Kreis drehen soll, bevor er sie zu sich zieht und küsst. Die Schwangere geht zu Lance, dem Sohn der Bürgermeisterin, und Kaya zu Stephan, ihrem Ehemann. Kylie und ich sind die einzigen Singles hier, doch nach ihrer abweisenden Haltung zu schließen, glaube ich kaum, dass sie mit mir reden möchte.

»Die Party wird ja immer interessanter«, meint Joe und prostet den Ladys mit seinem Bier zu. Er ist mit seinen fünfzig Jahren der Älteste in der Runde und für Philip und mich wie ein Ersatzvater. Ihm gehört das Joe’s, unser Lieblingspub in Galen, wo wir schon jahrelang ein und aus gehen. Ich drehe die Musik noch ein wenig lauter, und alle nicken zum Beat von Daft Punk mit. Jenna und Philip tanzen in der Mitte der Suite eng umschlungen und sehen verdammt glücklich aus. Ebenso wie die anderen Paare; nur Kylie steht etwas abseits und sieht auf das Glas Champagner, das ihr Stephan in die Hand gedrückt hat, als wüsste sie nicht, was sie damit anfangen soll.

»Geh zu ihr«, meint Joe locker, stellt sich neben mich und folgt meinem Blick zu der wunderschönen blonden Frau, die sogar im Pyjama elegant aussieht.

»Nein. Sie hat mir deutlich zu verstehen gegeben, dass sie nicht mit mir reden will.« Nicht mal auf meine Nachricht hat sie geantwortet.

»Sei kein Schlappschwanz. Das ist nur eine deiner Ausreden, wenn du dich vor etwas drückst. Diese Lady hier ist doch die, die dich hat abblitzen lassen, oder?«

»Ja, aber wie kannst du dich noch an sie erinnern?« Ich glaube es einfach nicht, das ist doch Monate her, und da war die Bude rappelvoll.

»Ich erkenne alle Gesichter, die meine Bar betreten haben, wieder. Wie, glaubst du, schaffe ich es sonst, meine Bar von Paparazzi frei zu halten, damit Philip bei mir ausspannen kann.« Ich nicke, verschränke die Arme vor der Brust und lasse den Blick zu Philip schweifen, der gerade seine Braut abschlabbert. Ich hoffe, ihm wird irgendwann bewusst werden, was wir alles auf uns nehmen, um ihn zu beschützen.

»Ich werde diesen Drecksack vermissen«, flüstere ich leise, sodass nur Joe es hört.

»Er wird doch nur zwei Wochen fort sein, um sich auszuvögeln, bis der Ernst des Lebens die beiden wieder auf die Erde zurückholt«, grunzt Joe amüsiert, den Blick in die Ferne gerichtet.

»Nein, das meinte ich nicht. Ich werde unsere Saufgelage vermissen, dass wir Mitbewohner sind, einfach unser altes Leben.«

Joe legt freundschaftlich den Arm um meine Schultern. »Das ist der Lauf der Zeit, mein Junge. Wir alle entwickeln uns weiter. Du wirst eines Tages auch jemanden finden, mit dem du gemeinsam doof sein kannst, und ihr könnt euch um die Wette nerven.«

»Das bezweifle ich.« Die einzige Frau, an der ich ernsthaft Interesse gezeigt habe, sieht nicht einmal in meine Richtung. Ich weiß, wir haben uns auf eine Nacht geeinigt, aber wir könnten doch wenigstens versuchen Freunde zu werden. Den plötzlichen Schlag auf den Hinterkopf habe ich nicht kommen sehen, geschweige denn habe ich mich auf den pochenden Schmerz vorbereiten können. »Was zum …?«, frage ich fassungslos. »Wieso hast du mir eine verpasst?«

»Weil du ein Vollidiot bist.« Dann erklingt ein Kichern, das von Kylie kommt. Ich sehe zu ihr und merke, dass sie mich auslacht. Es ist schon länger her, dass ich sie lächeln gesehen habe oder ein Lachen vernommen hab. Sie stellt ihr Glas auf einer Kommode ab und kommt auf uns zu. »Hast du mir etwa nur eine geknallt, damit Kylie herkommt?«, flüstere ich zu Joe, doch er zwinkert mir nur zu und meint, dass er auf die Toilette muss.

»Hey du. Was hast du wieder angestellt, dass Joe dir eine knallen muss?«, fragt sie schmunzelnd und überrascht mich wieder einmal. Als sie mich vorhin an der Tür gesehen hat, hat sie eher so ausgesehen, als würde sie mir an die Gurgel springen wollen, aber jetzt steht sie vor mir, sieht rattenscharf aus und lächelt mich an.

»Na ja, du kennst mich doch.« Ich kratze mich am Hinterkopf, der noch immer etwas schmerzt. »Ich stelle immer wieder etwas an.«

»Das habe ich auch gehört.« Ihr Lächeln verblasst etwas. Sie löst den Blick von mir, sieht kurz zu Boden und atmet tief durch. Sie streicht kurz über ihren Bauch und sieht dann zu Jenna und Philip. Sieht den beiden mit derselben Schwermut zu wie ich noch vor einigen Augenblicken. »Ich werde sie vermissen«, wiederholt sie meine Worte von vorhin, die ich zu Joe gesagt habe. »Natürlich werden wir uns in der Arbeit sehen, aber was ist, wenn sie irgendwann beschließt zu kündigen, um mit Philip im Schloss zu wohnen?«

»Du weißt, dass das nie passieren wird. Jenna liebt ihren Job, die Kunst. Sie könnte nicht ohne sie leben. Oder ohne ihre beste Freundin.«

Kylie atmet ein und aus. »Wir verändern uns, Niall, und ich habe Angst vor Veränderungen. Große Angst.« Irgendwie ist dieses Gespräch schnell umgeschwenkt von locker zu ernst, doch es macht mir nichts aus. Es passiert sehr selten, dass Kylie freiwillig etwas von sich preisgibt, also nehme ich, was ich bekommen kann.

»Das brauchst du nicht, denn Veränderungen sind keinesfalls schlecht, zumindest nicht alle. Wärst du nicht aufs College gegangen, hättest du nie deinen Traumjob gefunden und Jenna nicht kennengelernt. Du siehst, es ist nicht alles schlimm. Du könntest dir ein neues Hobby suchen. Neben Mode und Smoothies könntest du über dein Leben bloggen, ein Youtubestar werden oder mit deinen Schwestern um die Welt jetten.«

»Großer Gott! Bitte nicht. Ich meine, die ersten zwei Sachen würden meine Mutter zur Weißglut treiben, was ich auf jeden Fall in Betracht ziehen würde, aber mit meinen Schwestern halte ich es kaum in unserem Anwesen aus, nicht auszudenken in einem kleinen Flugzeug.«

»Ach, so schlimm können sie doch nicht sein.«

»Du hast keine Ahnung, Niall. Du wirst sie ja morgen auf der Hochzeit erleben, und sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. So wie die beiden drauf sind, würden sie dich zum Frühstück vernaschen wollen. Beide.«

»Ach, ich habe kein Interesse an Frauengeschichten. Nicht mehr.«

Ihre Augen blicken in meine, und sie weiß genau, wie ich diese Worte gemeint habe. Sie weiß, dass ich sie will, in jeder möglichen Hinsicht. Immerhin habe ich ihr das oft genug gesagt, trotzdem sieht sie mich ungläubig an, als zweifle sie an der Wahrheit.

»Geh mit mir aus, Kylie«, raune ich, neige meinen Kopf, um ihr ins Ohr zu flüstern. »Nur ein Abend, um dir zu zeigen, wer ich wirklich bin.« Ihre Atmung beschleunigt sich, also weiche ich etwas zurück, um wieder in ihre sanften braunen Augen zu sehen, doch die Wärme ist daraus verschwunden.

»Wir hatten dieses Gespräch schon mehr als einmal, Niall. Du kennst meine Antwort. Wir sind einfach zu verschieden.«

»Woher kannst du das wissen, wenn du uns nicht mal eine Chance gibst, uns richtig kennenzulernen.«

»Ich kenne Männer wie dich, und ich kann einfach nicht. Entschuldige.« Sie versucht mir ein trauriges Lächeln zu schenken, was ihr aber misslingt, dafür erscheint wieder dieser ausdruckslose Blick, den ich sonst nur kenne, wenn sie von der Königsfamilie umgeben war, denn der über ihr Innenleben gibt nichts preis. Dann geht sie einfach, ohne mich noch eines Blickes zu würdigen.

Kapitel 3

Kylie

Zuerst gehe ich ein paar kleine Schritte, versuche seinen stechenden Blick zu ignorieren, der sich in meinen Rücken brennt. Je mehr ich mich von ihm entferne, desto schneller werde ich, gehe an meinen Freunden vorbei, die ausgelassen tanzen und nicht ahnen können, dass ich dabei bin zusammenzubrechen. Als ich die Toilette erreiche, bin ich außer Atem, da ich schon gelaufen bin, um so schnell wie möglich allein zu sein. Hastig und mit zittrigen Fingern sperre ich die Tür hinter mir zu und lehne mich kraftlos dagegen.

Wie kann er solche Sachen sagen, in einer Zeit, in der ich psychisch instabil bin? Dieses Desaster mit der Schwangerschaft lässt mich einfach nicht los. Ich habe es versucht, mit aller Kraft, doch immer wieder schweifen meine Gedanken zu dem Baby und zu Niall. Zuerst habe ich gedacht, ich könnte einfach ein Gespräch mit ihm anfangen und versuchen mit ihm auszukommen. Das war der Grund, aus dem ich zu ihm gegangen bin, aber ihm wieder gegenüberzustehen, hat mich einfach umgehauen. Sein Geruch, der durchtrainierte Körper und sein Lächeln, dass mir den Kopf verdreht. Dann seine dunkelbraunen, fast schwarzen Augen, die mich so intensiv gemustert haben, als würde ich wieder nackt vor ihm stehen. Alles in mir hat danach geschrien, seine Frage mit Ja zu beantworten, doch gerade jetzt bin ich nicht in der Lage, mich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf das Wesen in mir.

»Kylie?«, höre ich eine gedampfte Stimme, die ich nicht gleich zuordnen kann. Verdammt! Nicht mal eine Minute hat man seine Ruhe! Die Wut trifft mich unvermittelt, da ich ahne, dass es wieder Niall ist, also entriegle ich die Tür und reiße sie mit solch einer Wucht auf, dass sie gegen die Wand knallt.

»Huch«, keucht Carrie erschrocken und weicht einen Schritt zurück.

»Oh mein Gott!«, hauche ich überrascht. »Entschuldige bitte. Ich habe dich für jemand anderen gehalten.«

Einen Augenblick später hat sich der Schrecken gelegt, und sie lächelt mich wieder an, doch diesmal verständnisvoll. »Keine Angst, ich bin nicht Niall, also fahr deine Krallen wieder ein«, kichert sie und fährt reflexartig über ihren Babybauch.

»Niall? Wie kommst du darauf, dass …?«

»Ach Süße. Es ist schon zu spät, die Unschuldige zu spielen. Man sieht es euch an, weißt du? Du beobachtest ihn, wenn er gerade wegsieht, und er macht es bei dir. Es ist wie in einem Teeniestreifen.«

»Was sieht man?«, frage ich panisch und sehe auf ihren Babybauch; mein nicht rational denkendes Hirn, hat nicht mal ihre Frage richtig verstanden.

Ihre Miene wird in Sekundenschnelle ernst, sie tritt ein und schließt die Tür hinter sich. Ihr Blick ist noch immer auf die Tür gerichtet, als sie mich fragt: »In welcher Woche bist du?«

»Was?«, frage ich vor Angst zitternd. Wie kann sie das wissen? Was hat mich verraten? Das kann doch nicht wahr sein!

»Hey, Kylie. Beruhige dich, Liebes.« Mit einem Schritt ist sie bei mir und legt ihre Arme – so gut es mit ihrem Bauchumfang geht – um mich. »Alles wird gut«, flüstert sie mir ins Ohr, streicht über meinen Rücken, um mich zu beruhigen.

Meine angespannte Haltung, die ich den ganzen Abend über verspürt habe, lockert sich, und ich lasse los. Seit ich den Test in der Hand gehalten habe, erlaube ich mir das erste Mal zu weinen. Um mein altes Leben, um das neue, das mir Angst macht, und wegen der Hilflosigkeit, die ich zum ersten Mal in meinem Leben spüre. Carrie hält mich fest, als hätte sie Angst, dass ich auseinanderfalle, was auch fast passiert wäre, wenn sie nicht nach mir gesehen hätte. Nach einer Weile habe ich wieder das Gefühl, durchatmen zu können, ohne dass eine tonnenschwere Last auf meinen Schultern liegt.

Zaghaft löse ich mich aus der Umarmung und sehe etwas beschämt zu Carrie, die mir ein warmes Lächeln schenkt. »Geht’s wieder?«

Ich nicke nur. Meine Stimme ist zu kratzig, als dass ich sprechen könnte. »Seit wann weißt du es?«

»Ich habe es vor ein paar Stunden erfahren«, flüstere ich und lege meine beiden Hände auf meinen Bauch, der noch flach ist.

»Und da gehst du mit uns feiern? Wieso hast du nichts gesagt?«

»Jenna heiratet morgen. Ich wollte ihre Hochzeit nicht mit meinem Desaster überschatten.«

»Darf ich fragen …? Ich meine nur, wenn du es mir verraten willst …«

»Es ist von Niall.« Sie verstummt augenblicklich und wartet, bis ich mich wieder gesammelt habe.

»Deshalb habt ihr gestritten? Weil er es nicht will?«

»Nein. Er weiß es noch nicht. Ich wollte erst mal selbst entscheiden, was ich tun möchte, ob …«, kurz zögere ich und sehe wieder auf ihren Schwangerschaftsbauch, »ob ich es behalten will.« Mir ist bewusst, was eine Abtreibung bedeutet, aber so verzweifelt, wie ich gerade bin, hat sie noch nie verlockender geklungen. Ein Eingriff und alles wäre wieder wie vorher.

«Ich verstehe, dass du panisch bist und dir die Situation Angst macht, aber du solltest dir alles genau durch den Kopf gehen lassen, bevor du voreilige Schlüsse ziehst. Ich werde keinem etwas verraten, bis du so weit bist. In Ordnung?«

»Ist gut. Danke. Für alles hier.«

Ihr Lächeln ist ansteckend. »Ach was! Ich bin froh, dass du mir so weit vertraust, um mir dein Geheimnis zu verraten. Sonst bist du eher der Typ, der nicht viel über Privates spricht.«

»Das ist sicher nicht mit Absicht. Ich bin es einfach gewohnt, mir nicht in die Karten schauen zu lassen, das ist schon fast ein angeborenes Talent.«

»Okay, aber ich will dir nur sagen, ob nun beste Freundinnen oder nur gute Bekannte: Wir sind immer für dich da, wenn du uns brauchst.«

»Danke, das weiß ich zu schätzen.« Und das tue ich wirklich. Mehr, als sie ahnt.

Irgendwie ist die Party in unserer Mädelssuite gelandet, besser gesagt auf unserem Balkon. Wir haben alle Decken aus den Zimmern der Jungs genommen und es uns draußen gemütlich gemacht. Die Pärchen liegen alle nebeneinander, kuscheln sich zusammen. Da der Platz begrenzt ist, liegen Niall und ich uns gegenüber, sehr bemüht, Abstand voneinander zu halten. So liegen wir eine Weile still auf dem Rücken und beobachten den sternenklaren Himmel. Es fühlt sich an wie die Ruhe vor dem Sturm. Für jeden von uns. Für Jenna und Philip mit der richtigen Hochzeitsfeier, für Carrie und Lance die baldige Geburt ihres Sohnes, und für Kaya und Stephan ist das Leben selbst ein Abenteuer.

Und für mich? Hätte man mich noch vor ein paar Wochen gefragt, wo ich mich in fünf Jahren sehe, hätte ich geantwortet: »Auf den Bahamas, mit einem Cocktail in der einen und einem knackigen Männerpo in der anderen Hand.« Bestenfalls hätte ich endlich meine Eltern dazu überredet, mich mit Hochzeiten und Lordsöhnen in Ruhe zu lassen und dafür meine Schwestern zu quälen. Doch nun sieht meine Zukunft anders aus. Ich drehe langsam den Kopf zur Seite und sehe auf das Profil von Niall. Er liegt nicht mal eine Armeslänge von mir entfernt, die linke Hand hinter dem Kopf verschränkt, die andere auf dem Bauch ausgestreckt. Mit nachdenklicher Miene sieht er hinauf zum Sternenhimmel. Die Decke verdeckt den unteren Teil seines Körpers. Er hat die Hemdärmel hochgekrempelt, und ich erspähe die Tattoos auf seinem Unterarm. Ich erkenne, dass es sich um ein Muster handelt, eine Dornenranke, die sich um Jahreszahlen schlängelt.

In unserer einzigen und unvergesslichen Nacht habe ich erst von seinen Tattoos erfahren. Dadurch, dass er stets einen Anzug getragen hatte, konnte ich auch die Tinte auf seiner Haut nicht sehen.

«Das ist mein Lebensweg«, raunt er leise und erschreckt mich damit so, dass ich zusammenzucke. Die anderen unterhalten sich ebenfalls leise. Ich löse den Blick von seinem Körper und sehe in seine braunen Augen, die im schwachen Licht glänzen.

»Dornen?«, frage ich nach.

»Meine Kindheit war nicht wirklich einfach.«

»Meine auch nicht.«

»Ach ja?« Er hebt die Braue, und sein Blick wird neugierig. Ich kenne diesen Blick – voller Vorurteile. Ich verwette mein Jahresgehalt, dass er das Gleiche denkt wie alle anderen. Wie könnte eine Lordtochter eine schwere Kindheit gehabt haben? Aber ich bleibe ihm die Antwort schuldig. Ich habe keine Lust, über mein Leben in London zu sprechen.

»Wieso heiratet ihr eigentlich hier in New York und nicht in Galen?«, fragt Stephan, das künftige Brautpaar und lenkt zum Glück auch Niall ab.

»Jenna und ich haben uns hier kennengelernt, und man kann sagen, es war Liebe auf den ersten Blick, ohne es zu wissen. New York ist unser Zuhause. In Galen sind viele Galas und Bälle geplant, wo wir das Prinzenehepaar spielen und in Kameras lächeln müssen, doch hier in den Staaten sind wir einfach Jenna und Philip und nicht Prinz und Prinzessin.« Philip sieht meine beste Freundin so liebevoll an, so unsagbar glücklich, dass ich den Blick abwenden muss, da mir der Moment zu intim erscheint. Ich kenne Philip mein ganzes Leben lang, wir sind in den gleichen Kreisen aufgewachsen und haben doch keine richtige Freundschaft aufgebaut, erst durch Jenna sind wir wieder in Kontakt. Wenn ich den Playboy von früher mit dem Mann von heute vergleiche, sehe ich zwei völlig verschiedene Menschen.

Jenna hat Philip gerettet, vor der Trauer um seine verstorbene Verlobte, vor dem Alkohol und sich selbst. Die beiden haben sich über eine Heiratsagentur kennengelernt und kurze Zeit später geheiratet. Jenna hat erst später erfahren, dass er aus einer königlichen Familie stammt, wodurch die Beziehung beinahe zerstört worden wäre, wegen der ganzen Lügen. Ihre Liebesgeschichte ist wie ein Märchen aus dem 21. Jahrhundert.

»Das klingt schön. Und seid ihr nervös wegen morgen?«, fragt nun Carrie und kuschelt sich noch enger an Lance, der ihren Scheitel küsst.

»Ich schon etwas«, meint Jenna. »Immerhin werden wir uns an diese erinnern, und da sollte alles ohne Katastrophen über die Bühne gehen.«

»An diese erinnern?«, fragt nun Lance verwirrt.

»Wir haben ja schon vor Monaten in Las Vegas geheiratet, aber wir waren so betrunken, dass wir uns an die eigentliche Trauung nicht erinnern können.«

»Aber dafür an den Morgen danach«, schmunzelt Philip, und ich will gar nicht wissen, was er damit meint.

»Der morgige Tag wird für uns alle anstrengend. Wir sollten etwas schlafen«, sagt Niall schließlich.

»Hier?«, fragt Kaya überrascht.

»Wieso nicht? Es ist der perfekte Schlafplatz für mich.« Seine Augen suchen meine, und ich spüre, dass er diese Worte auf mich bezogen hat. Doch ich reagiere nicht darauf, sondern drehe mich auf die Seite und schlafe augenblicklich ein.