Royal Wedding - April Dawson - E-Book
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April Dawson

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Beschreibung

Ein Prinz zum Verlieben. Eine Prinzessin wider Willen. Eine Liebe gegen alle Widerstände.

Jenna hat ein für alle Mal genug von den Lügen der Männer. Trotzdem will sie nicht aufgeben, den Richtigen zu finden. Sie beschließt deshalb, über eine Heiratsannonce einen völlig Fremden zu heiraten. Als sich jedoch herausstellt, dass dieser Philip ein waschechter Prinz ist, steht Jennas Welt Kopf. Kann sie ihm seine Lügen verzeihen und ihm die Chance geben, die Liebe ihres Lebens zu werden?




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Seitenzahl: 317

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Inhalt

TitelZu diesem BuchWidmungKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Kapitel 29Kapitel 30Kapitel 31Kapitel 32Kapitel 33Kapitel 34Kapitel 35Kapitel 36Kapitel 37Kapitel 38Kapitel 39Kapitel 40DanksagungDie AutorinApril Dawson bei LYXImpressum

APRIL DAWSON

Royal Wedding

Roman

Zu diesem Buch

Jenna hat ein für alle Mal genug von den Lügen der Männer. Trotzdem will sie nicht aufgeben, den Richtigen zu finden. Sie beschließt deshalb, über eine Heiratsannonce einen völlig Fremden zu heiraten. Als sich jedoch herausstellt, dass dieser Philipp ein waschechter Prinz ist, steht Jennas Welt Kopf. Kann sie ihm seine Lügen verzeihen und ihm die Chance geben, die Liebe ihres Lebens zu werden?

Für Papa.

Du wirst immer in meinem Herzen bleiben.

Kapitel 1

Jenna

Genervt verdrehe ich die Augen, als sich Braut und Bräutigam auf der Tanzfläche zu Celine Dions My heart will go on anschmachten und gegenseitig ihre Liebe unter Tränen bekunden. Natürlich grinsen alle Anwesenden selig und seufzen bei all der Romantik, die in der Luft schwebt, auf. Ich persönlich wünschte mir, ich befände mich jetzt an Jacks Seite auf der sinkenden Titanic und müsste mir dieses kitschige Theater hier nicht länger antun.

Aber ich bleibe sitzen und das nur meiner Schwester zuliebe, die gerade ihren Ehemann mit einem Funkeln in den Augen ansieht, dass selbst mir ein paar Tränchen kommen. Nach all den Männergeschichten, Partys und dem Herzschmerz wegen Womanizer Sean Coleman, hat sie es doch geschafft, die Liebe ihres Lebens zu finden. Als kleine Mädchen wussten wir, wie unsere Hochzeit aussehen sollte, und Kaya hat ihren Traum definitiv in die Tat umgesetzt. Ganz im Gegensatz zu mir, die noch immer nach einem Mann sucht, der kein völliger Griff ins Klo ist. Doch Zynismus hin oder her. Ich bin schlichtweg eifersüchtig. Denn ich bin die einzige Singlefrau in meiner ganzen Familie. Kein Scherz! Wirklich jede ist vergeben, sogar unsere kleine Cousine mit ihren fünfzehn Jahren.

Wo sind die guten, alten Sex-and-the-City-Zeiten geblieben? Richtig, die gibt es für mich nicht. Ich lebe in einer City, aber ohne jeden Sex. Langsam denke ich, dass ich schon so lange enthaltsam lebe, dass ich locker Nonne werden könnte. An mein letztes Date kann ich mich gar nicht mehr erinnern und den letzten Sex erst recht nicht. War es der, der mir auf die Füße gekotzt hat? Oder der, der während unseres Dates die Kellnerin vernascht hat oder der, der mich zum Beitritt in eine Sekte überreden wollte? Ich weiß es nicht mehr. Wirklich traurig, wie tief ich gesunken bin.

Heute habe ich mir wieder einmal einiges anhören müssen. »Deine kleine Schwester hat es also vor dir geschafft, einen Mann zu finden« oder »Du lernst auch irgendwann den Richtigen kennen, obwohl es mit fast dreißig langsam schwierig wird.« Oder der Klassiker: »Sonst kauf dir einfach ein paar Katzen, dann bist du nicht mehr so allein.«

Unsere große Familie hat mich den ganzen Tag mit mitleidigen Blicken bedacht und sich wohl gefragt, was mit mir nicht stimmt, da ich schon seit fünf Jahren Single bin. Meine Freundinnen sind fast alle verheiratet, einige haben einen Haufen Kinder, rennen vom Fußballtraining zur nächsten Ballettstunde, während ich in der Arbeit als Kuratorin in der Gallery of Arts völlig aufgehe. Ich habe mich für die Karriere entschieden, wobei die Liebe hintanstehen musste. Diese Entscheidung habe ich noch nie bereut – bis jetzt. Auch wenn ich diesen Job über alles liebe und die Kunst mein Leben in vielen Dingen bereichert, wärmt sie weder mein Bett, noch nimmt sie mich in den Arm.

Ohrenbetäubender Beifall erklingt und ich fahre vor Schreck hoch. Auf der Tanzfläche küssen sich Kaya und ihr frischangetrauter Ehemann Stephan. Die Gäste jubeln und applaudieren und ich tue es ihnen gleich. Meine Schwester ist an den Mann gebracht, eine Sorge weniger für meine Mom, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, uns an Männer aus bestem Hause zu verheiraten. Das Unternehmen von Stephans Familie ist der größte Spielwarenhersteller in den Staaten und sehr wohlhabend. Wobei das für Kaya keine Rolle spielt, immerhin hat sie als Filmstar auch ein Vermögen angehäuft. Für das Brautpaar zählt nur die Liebe, das sieht man ihnen an und es verschlimmert meine Laune ungemein. Paare vertrage ich generell nur in Form von Schuhen, doch das Schicksal ist grausam und will mich bluten lassen. Als der Eröffnungstanz endlich vorbei ist, schleiche ich mich zur Bar und bestelle mir einen Tequila. Da ich so viele Demütigungen durch die eigene Verwandtschaft ertragen musste, habe ich mir diesen Shot mehr als verdient. Ich lecke mir über den Handrücken, streue Salz auf die feuchte Stelle und schnappe mir die Zitronenspalte. Nachdem ich das Salz abgeleckt und den Kaktusschnaps in den Rachen geschüttet habe, beiße ich auf die Zitrone. Nicht gerade damenhaft wische ich danach mit der Hand den Mund ab und schiebe das Glas zurück auf die Theke.

»Na, da hat aber jemand einen schlechten Tag«, höre ich eine vertraute Stimme hinter mir. Mit einem halben Lächeln hebe den Kopf und blicke auf meinen Cousin Kellan, der mich schief angrinst. Wie immer ist er der Inbegriff eines Sunnyboys. Gebräunte Haut, blondes Haar, strahlend blaue Augen und einen Charme, der jede Frau verzaubern kann. Und doch ist er mit seiner Selena seit über zehn Jahren zusammen.

»Schlecht ist gar kein Ausdruck!«, jammere ich genervt und stoße mich von der Theke ab, um ihn zu umarmen. Nach dem College haben wir uns aus den Augen verloren und sehen uns leider nur auf Familienfesten, dabei haben wir auf dem College jeden Tag miteinander verbracht. Als ich fünf Jahr alt war, habe ich jedem weismachen wollen, dass Kellan in Wirklichkeit mein verschollener Bruder ist und das hat sich bis zur dritten Klasse hingezogen. Auf der Highschool durfte mir kein Junge das Herz brechen, wenn ihm seine Nase lieb war. Jeder wusste, dass Kaya und ich seine Cousinen und somit tabu waren. Ihm habe ich es zu verdanken, dass ich meine Träume leben kann, ohne auf das Geschwätz der Verwandten zu hören.

»Ich kann mir vorstellen, wie dir zumute ist«, flüstert er mir ins Ohr, als er mich fest an sich drückt und ich schließe erleichtert die Augen und gebe mich dieser brüderlichen Umarmung hin. Es ist genau das, was ich gerade brauche.

»Das glaube ich kaum«, schnaube ich lächelnd und löse mich von ihm. Endlich kann ich wieder durchatmen, fühle mich stärker mit ihm an meiner Seite. Wie damals an der Highschool. Er hat an Muskelmasse zugelegt, was bei seinem Job als Bildhauer nicht verwunderlich ist. Kellan teilt mit mir die Liebe zur Kunst und hat mich immer bestärkt, egal bei welcher Gelegenheit, selbst als meine Mutter mich gebeten hat, die Farm zu übernehmen und in das Familienunternehmen einzusteigen. Doch ein Leben auf dem Land hat mich noch nie gereizt.

»Vielleicht hast du recht.« Er bestellt sich ein Bier und für seine schwangere Freundin ein Wasser, bevor er sich an die Theke lehnt und mich aufmunternd anlächelt. »Trotz allem finde ich, dass die Familie zu viele Erwartungen an dich stellt und nicht sieht, was du beruflich geleistet hast.« In der Tat waren es ausschließlich Kellan, Kaya und meine Freundinnen, die mich in der Berufswahl immer unterstützt haben.

»Ach mein Job interessiert die doch nicht, sondern nur mein nicht vorhandenes Privatleben.«

»Dann solltest du dich im Hintergrund halten. Tauch unter und besauf dich.« Typisch Kellan, er ist immer der Meinung dass es nichts gibt, was nicht ein Bier lösen könnte.

»Wird ziemlich schwer sein als erste Brautjungfer.« Ich deute auf mein knallrotes Kleid, das sich von den zartrosafarbenen der anderen Brautjungfern abhebt.

»Ach ja«, entgegnet er lachend und klopft mir auf die Schulter.

»Kopf hoch, Kleine. Nur heute noch und dann kannst du wieder dein Leben leben, wie du es für richtig hältst.« Er streift meinen Arm und bedenkt mich mit einem mitfühlenden Blick. »So. Ich muss jetzt zu Selena. Lass dich nicht unterkriegen. Bis später.« Ich drücke ihn kurz zum Abschied und sehe ihm lange nach. Kellan und ich waren gemeinsam auf dem College, auch er lebt für die Kunstbranche, liebt seinen Job mit der gleichen Leidenschaft wie ich es tue. Wir haben uns immer gut verstanden und ich bin froh, dass wenigstens er mich nicht mit meinem Singledasein aufzieht. Ich wünschte Kylie, meine beste Freundin und Assistentin, wäre hier und würde mir seelischen Beistand leisten, doch die ist wieder mit ihren Eltern in London und soll an den nächstbesten Royalen verschachert werden. Nach einem weiteren Drink sehe ich endlich ein, dass Selbstmitleid mich nicht weiterbringt, also atme ich tief ein, straffe die Schultern und erhebe mich. Nur noch fünf Stunden muss ich durchhalten, dann ist es vorbei, zumindest für mich. Sobald der Tortenanschnitt fertig ist, verschwinde ich. Brautjungfer hin oder her. Etwas Selbstwertgefühl will ich mir noch erhalten. Nach einem tiefen Atemzug setze ich ein falsches Lächeln auf und begebe ich mich wieder in die Menschenmenge, der ich ja so leidtue.

Am darauffolgenden Montag betrete ich die Galerie und schalte meine Emotionen, die das ganze Wochenende in mir gewütet haben, aus. Hier zählt nur meine Leidenschaft, und das ist die Kunst. »Guten Morgen Jenna«, begrüßt mich meine Assistentin Kylie und reicht mir einen Becher Kaffee, der nicht verführerischer duften könnte. »Morgen Kylie. Wie war London?« Das typische Schnauben ertönt, das sie generell von sich gibt, wenn man ihre Eltern erwähnt. »Wie immer dasselbe. Ich wurde wie ein Pudel den Richtern einer Hundeshow vorgeführt und die haben entschieden, ob ich ihrer Söhne würdig bin.« Auch wenn ich es nicht will, pruste ich los und bin froh, keinen Kaffee im Mund gehabt zu haben.

»Sorry«, murmle ich gespielt verlegen und beachte ihre hochgezogenen Brauen nicht weiter. »Hat es dir wenigstens etwas gebracht?«, frage ich und öffne die Tür zu meinem Büro.

»Über zehn Telefonnummern, einen Heiratsantrag und drei Einladungen zu heißen Stunden auf der Saaltoilette.«

»Autsch. War denn einer dabei, der deine Zeit verdient hätte?«

Kylie setzt sich an die Tischkante und schlägt die Beine übereinander. »Einige sahen ganz gut aus, das ist es aber nicht. Doch ich versuche seit Jahren von dieser Schickimikiwelt zu fliehen und werde auf keinen Fall etwas mit einem Mann anfangen, der mit dem Adel zu tun hat.«

»Dann musst du weiterhin hier in New York nach Mr Right suchen.«

»Klar, aber nur, wenn du mitkommst.« Ich verneine es, wie immer, da ich vieles bin, aber keine Partymaus. Zumindest nicht mehr.

Nach der kurzen Unterhaltung höre ich Kylie gespannt zu, die mir die heutigen Termine aufzählt. Während ich die Tasche auf dem Schreibtisch abstelle und diesen umrunde, folgt sie mir auf Schritt und Tritt. »Danke. Ich gehe zuerst die Versicherungsfragen durch und rufe gleich danach in der Agentur an. Bis zur Ausstellung nächste Woche müssen wir die Verträge unterzeichnet haben.«

»Ist klar, Boss.« Breit grinsend verlässt sie mein Büro und ich setze mich auf meinen gepolsterten Lederbürostuhl, der ein Ächzen von sich gibt. Dann stürze ich mich in die Arbeit. Um dreizehn Uhr teilt mir mein Magen knurrend mit, dass ich ihn eindeutig vernachlässigt habe. Ich gebe Kylie kurz Bescheid, verlasse das Museum und gehe zu meinem Lieblingschinesen. Dort bestelle ich mir eine große Portion Hähnchencurry, lasse es mir aber einpacken, da ich bei dem Arbeitspensum, das noch vor mir liegt, keine Zeit habe, eine echte Mittagspause zu machen. Ich werde wohl zwischen den Telefonaten einen Happen essen müssen.

Als ich das Restaurant verlasse, sehe ich noch schnell meine Mails auf dem Smartphone durch, stoße dabei jedoch wegen meiner Unachtsamkeit mit jemandem zusammen. Ich hebe entschuldigend den Blick und sehe in blaue Augen, die mir einst das Herz gebrochen haben. »Vincent!«, hauche ich überrascht. Von allen Typen auf dieser Welt muss ich ausgerechnet ihm wieder begegnen.

»Hey Jen. Wie geht es dir?« Mein Exfreund hat sich in den rund fünf Jahren kaum verändert. Schwarze kurze Haare, wohlklingende Stimme und ein schiefes Lächeln, das sogar Eisberge schmelzen lassen könnte. Wie oft habe ich mir in den vergangenen Jahren gewünscht, in diesen Armen zu liegen, bis mir der Grund für unsere Trennung wieder einfiel und mich auf die Erde zurückholte. Scheißkerl!

»Danke, es geht mir gut. Darf ich vorbei?«, antworte ich barsch und versuche zu flüchten. Nach allem, was er mir angetan hat, ertrage ich es nicht, ihn länger anzusehen.

Vincent stellt sich mir in den Weg. »Ach, komm schon, Jenna. Weshalb bist du so kalt mir gegenüber? Ist es wirklich derart schlimm, mich wiederzusehen?« Die aufkommenden Tränen sollten Beweis genug sein, doch es kommt noch schlimmer.

»Hey Liebling! Das Buch, das ich vorbestellt habe, ist endlich gekommen. Warum stehst du hier im Türrahmen?« Als sie mich sieht, hält sie inne. Sie war einmal meine beste Freundin, bevor sie mit meinem Freund in die Kiste gesprungen ist.

Mein Blick wandert von ihren grünen Augen tiefer und ich kann nicht aufhören, diesen übergroßen Babybauch anzustarren. Nie werde ich vergessen, wie ich die beiden im Bett erwischt und Amber dann an den Haaren aus meiner Wohnung gezerrt habe.

»Hey Jenna«, begrüßt sie mich überrascht, legt zu allem Überfluss auch noch die Hand auf ihren Schwangerschaftsbauch. Zum Antworten komme ich nicht, denn mein Handy unterbricht uns. »Brighton«, knurre ich, als ich den Anruf annehme, und höre, wie Kylie erschrocken die Luft anhält. Während sie sich schnell wieder fängt und mich begrüßt, mustere ich noch immer die Frau, die mein Leben zerstört hat.

»Entschuldige die Störung, aber der Kurator aus San Francisco ist schon hier und bringt das gewünschte Gemälde.«

»Ich bin in fünf Minuten da.« Ich lege auf, lasse meine damaligen engsten Vertrauten einfach stehen und eile zurück in die Galerie.

Der Tag fliegt nur so an mir vorbei. Obwohl ich verwirrt wegen des Zusammentreffens mit Vincent und Amber bin, schaffe ich es trotzdem, meine Tagesziele und Aufträge zu erledigen. Trotzdem sehe ich noch immer meinen Exfreund und seine schwangere Frau vor mir. Egal wie oft ich mich ermahne es zu vergessen, kommt das Bild stets zurück. Ich bin im Begriff, den Laptop herunterzufahren, als sich die Tür öffnet und Kylie mit einem Lächeln und zwei Flaschen Corona mein Büro betritt. Als würde sie spüren, dass ich durcheinander bin, sagt sie nichts, sondern reicht mir die Flasche und setzt sich mir gegenüber.

»Noch immer down wegen der Hochzeit?«, fragt sie nach ein paar Augenblicken. Mit glasigen Augen sehe ich auf und blicke in ihre besorgte Miene. Meine Assistentin ist schon eine erstaunliche Frau. Während der Arbeitszeit spricht sie mich nie mit dem Vornamen an, obwohl wir über die Jahre Freundinnen geworden sind. Es ist, als würde sie nach Dienstschluss einen Schalter umlegen und somit Arbeit von Privatem trennen.

»Ich habe heute Vincent und Amber getroffen«, sage ich schließlich und nippe an meinem Bier. Kurz weiten sich ihre Augen, gefolgt von einem Nicken. Kylie wurde schon von Kindesbeinen antrainiert, stets die Haltung zu bewahren und ihre Gefühle nicht nach außen zu zeigen. Was sie mittlerweile ziemlich gut beherrscht.

»Wie hast du reagiert? Du hast ihm doch einen Tritt in die Eier verpasst, oder?« Kichernd schüttle ich den Kopf, auch wenn der Gedanke ganz verlockend wäre.

»Eigentlich gar nicht. Ich war zu überrascht, dann der Schock, als ich ihren Babybauch entdeckt hab.«

»Sie ist schwanger?«

»Jap.«

»Herrgott, das wird ja immer schlimmer. Was hast du gesagt?«

»Viel zu reden gab es da nicht. Vince wollte zwar, aber ich konnte nicht. Dein Anruf hat mich aus dieser peinlichen Situation rausgeholt.« Ich versuche mit einem Blick, ihr meine Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen. Ihr mitfühlender Blick wird durch ein breites Grinsen ersetzt.

»Da bin ich aber froh. Du weißt ja, ich habe einen sechsten Sinn für so was.«

»Langsam glaube ich das auch.«

»Da wäre doch eine Gehaltserhöhung drinnen, oder Boss?« Kylie und ich wechseln einen Blick und brechen augenblicklich in Gelächter aus. Lachend streife ich meine High Heels ab, überkreuze meine Füße auf dem Schreibtisch und mustere die blonde Frau vor mir. Kylie Blair-Woodward ist von adeliger Abstammung und jetzt mit ihren siebenundzwanzig Jahren reicher als mancher amerikanische Promi. Dem Wohlstand zum Trotz wollte sie nicht an der Seite eines englischen Lords enden und hat sich dafür entschieden, zu studieren und einen anderen Weg einzuschlagen. Und dafür könnte ich ihr jeden Tag danken. Ohne sie und ihr organisatorisches Talent wäre ich verloren. Aber vor allem ohne ihre Freundschaft, die mir neben meiner Schwester und guten Freundin Carrie am wichtigsten geworden ist.

Auch wenn Kylie rebelliert hat, erwarten ihre Eltern, dass sie einen reichen Royal mit blauem Blut heiratet. »Ich sag’s dir, ich bin so was von urlaubsreif«, meint meine Assistentin mit einem Seufzen, lehnt sich im Stuhl zurück und löst ihren strengen Haarknoten. Ihr goldblondes Haar legt sich wie ein Wasserfall um ihre Schulter.

»Ich auch. Eine Woche ans Meer, ohne Terminkalender, ohne Sorgen und ohne verdammte Exfreunde, denen man über den Weg laufen kann.« Meine sehnsuchtsvolle Stimme überrascht mich. Klar habe ich seit Jahren Fernweh und beneide meine Schwester, die durch ihre Karriere als Schauspielerin um die Welt jettet, doch ich spüre immer mehr, wie sehr ich mich nach einer Veränderung verzehre.

Auf dem Heimweg lasse ich den Tag erneut Revue passieren, der mich mehr aus der Bahn gebracht hat als die pompöse Hochzeit meiner Schwester. Man sollte doch meinen, dass ich Vincent längst überwunden hätte. Doch warum zieht sich etwas in meiner Brust zusammen, wenn ich nur an ihn denke? Schlimmer als der Verlust meiner ersten und großen Liebe ist der Betrug meiner besten Freundin. Wir waren seit dem Kindergarten unzertrennlich und mir will nicht in den Kopf, wie jemand eine solch lange Freundschaft aufs Spiel setzen kann. Für einen Kerl! Denn ich bin der Meinung, dass Männer kommen und gehen, aber Freunde bleiben. Zumindest habe ich das damals geglaubt.

»Guten Abend Barry«, begrüße ich den Pförtner mit dem schneeweißen Haar und den warmen haselnussbraunen Augen. »O die junge Ms Brighton. Wie geht es Ihnen heute?« Ich mühe mir ein Lächeln ab, was mich angesichts meiner inneren Unruhe einiges an Kraft kostet. »Heute war ziemlich viel los in der Galerie, aber nichts, was ein langes Schaumbad nicht richten könnte.«

»Ich bewundere ja Ihren Optimismus. Sie sehen immer alles positiv. Eine Eigenschaft, die beneidenswert ist.«

»Finden Sie?«

»Definitiv.«

»Ich denke bei so viel Leid auf der Welt ist es wichtig, dass wir nicht aus den Augen verlieren, wie gut wir es doch haben.« Barry schenkt mir ein warmes Lächeln, das seine Falten um die Augen verdeutlicht, aber sein Blick ist, trotz des hohen Alters, noch wach und klar. In den vergangenen fünf Jahren, seit ich in diese Wohnung gezogen bin, wurde Barry durch seine liebevolle Art wie ein Großvater für mich. 

Sobald ich in das heiße Badewasser steige und mich der Duft von Lavendel umhüllt, entspannen sich meine Muskeln und ich lasse langsam los, genieße die Ruhe und schließe die Augen. Doch die Ruhe währt nur kurz. Wieder und wieder denke ich an die Begegnung von heute Mittag. Unzählige Fragen schwirren in meinem Kopf herum. Was wäre, wenn ich noch mit Vince zusammen wäre? Würde ich sein Baby unter dem Herzen tragen? Je länger ich jedoch darüber nachdenke, desto klarer wird mir, dass dieser Mann nicht der Richtige für mich war. Denn wer einmal betrügt, tut es immer wieder. Früher oder später.

Seit dieser unangenehmen Begegnung frage ich mich, was ich mir vom Leben in nächster Zeit erwarte. Der Verrat von meinen damaligen besten Freunden hat mich gebrochen zurückgelassen und unfähig gemacht, mich jemandem gegenüber zu öffnen. Selbst mein sonst so abenteuerliches Leben ist zu einem öden Alltag geworden. Damals habe ich keine Gelegenheit ausgelassen, um etwas Neues auszuprobieren. Fallschirmspringen, Bungeejumping, Jetskifahren: All das war Teil meines Alltags.

Derzeit ist das abenteuerlichste für mich, wenn ich mir ein Überraschungsmenü vom Inder bestelle. Zum ersten Mal nach Jahren wünsche ich mir mein altes Leben zurück. Ein Leben voller Abenteuer und Leidenschaft.

In dieser Nacht wälze ich mich stundenlang im Bett, versuche zur Ruhe zu kommen. Was in der Badewanne anfangs noch gut geklappt hat, will sich jetzt beim besten Willen nicht mehr einstellen. Dieser Druck in mir, diese Unruhe, will einfach nicht vergehen, lässt mich stöhnend das Kissen ins Gesicht drücken. Meine Gedanken driften meist ab, bilden Fragen, auf die ich keine Antwort habe. Kurz vor Sonnenaufgang versuche ich sogar allen Ernstes, Schäfchen zu zählen, was natürlich nichts bringt. Bevor ich vom Schlaf übermannt werde, wird mir schmerzlich klar, wie einsam ich bin. Wie sehr ich mich nach einem Partner sehne.

Nach gerade mal drei Stunden Schlaf quäle ich mich aus dem Bett und versuche, mir im Badezimmer neues Leben ins Gesicht zu hauchen. Noch nie hatte eiskaltes Wasser eine bessere Wirkung auf mich, als in diesem Moment. Auch heute Morgen kreisen meine Gedanken um mein langweiliges Liebesleben. Dates hatte ich schon ewig nicht mehr, geschweige denn Sex. Nach dieser langen Zeit kann man getrost sagen, dass ich wieder Jungfrau geworden bin. Verdammt, ich tu mir schon wieder selbst leid. Danke Familie! Eure Gehirnwäsche hat funktioniert. Während ich am Kaffee nippe und halbherzig die Tageszeitung überfliege, klingelt mein Handy. »Brighton«, melde ich mich, ohne auf das Display zu sehen.

»Ach Kind, hast du denn keine nettere Begrüßung für deine Mama?«, beschwert sie sich lauthals.

»Hey Mom. Entschuldige, ich habe nicht aufs Display gesehen.« Die Augen verdrehend, stelle ich die Tasse auf die Zeitung.

»Macht doch nichts, Schatz. Ich rufe auch nur schnell an, um zu fragen, wie es dir geht. Du hast dich seit Kayas Hochzeit nicht mehr gemeldet.«

Beschissen will ich sagen, doch das würde nur einen regelrechten Fragenansturm auslösen. Also flunkere ich. »Danke, ganz gut. In der Galerie steht eine große Ausstellung an. Es werden Exponate aus vierzig verschiedenen Ländern ausgestellt sein. Es wird die größte Ausstellung meiner Karriere«, berichte ich aufgeregt und strahle übers ganze Gesicht.

»Jenna, Liebes, ich höre mir ständig an, wie toll deine Arbeit ist. Kannst du nicht mal so von einem Mann schwärmen?«, jammert sie am anderen Ende der Leitung und entlockt mir ein Seufzen.

Nein, Mom, nicht du auch noch! Langsam reicht es mir!

»Wieso reitet ihr alle ständig drauf rum?«, platzt es plötzlich aus mir heraus. »In den vergangenen Wochen bin ich mir wie eine alte Jungfer mit einem Haufen Katzen vorgekommen. So kann es doch nicht weitergehen, das wird mir alles zu viel.«

»Wie bitte? Was meinst du denn damit?« Sie klingt beleidigt, aber ich kann mich einfach nicht mehr zurückhalten. Ich bin wie eine Cola, der man gerade ein Mentos reingewürgt hat. Ich explodiere. Laut und sprudelnd.

»Was ich damit meine? Ach komm schon, Mom. Seit Kaya sich verlobt hat, werde ich bemitleidet, weil ich ja noch immer Single bin. Auf der Hochzeit war ich kurz davor laut loszuschreien, weil alle ständig über mich gesprochen haben!« Mit der freien Hand streiche ich die Haare aus dem Gesicht.

»Jenna, Kind. Du weißt doch, wie unsere Verwandten sind, sie wollen sich eben in alles einmischen und ihren Senf dazugeben. Da solltest du drüberstehen.«

»Na ja, du sprichst es auch ständig an.« Mittlerweile habe ich genug Dampf abgelassen und beruhige mich allmählich.

»Ich bin deine Mutter. Ich darf das. Aber ich mache mir auch Sorgen um dich. Seit Vincent bist du allein und ich habe Angst, dass du dich zu sehr zurückziehst. Egal, wann ich am Wochenende anrufe, bist du zu Hause, arbeitest an bevorstehenden Vernissagen oder hockst auf der Couch. Früher warst du Kajakfahren, Klettern oder auf Konzerten. Nun machst du nicht mal das. Du bist doch noch jung. Geh aus, hab Spaß!«

Ich lächle betrübt. Sie meint es nur gut und trotzdem nervt es, wenn mein Privatleben derart breitgetreten wird.

»Mit wem soll ich denn ausgehen? Alle sind verheiratet, haben Kinder oder sind mit ihrem Partner unterwegs.« Meine Situation ist ziemlich erbärmlich, das wird mir schlagartig bewusst.

»Du hast keine ledigen Freundinnen?«, fragt sie erstaunt. Ich nicke, was sie natürlich nicht sehen kann.

»Ich dachte Kylie sei Single.«

»Sie ist wie ich mit dem Job verheiratet. Das ist schon praktisch dasselbe.« Dass Kylie etwas härter feiert als ich, verschweige ich lieber.

»Also ich verstehe euch Frauen von heute nicht. Ihr seid so sehr in die Arbeit vertieft, dass ihr nicht mal merkt, wenn ein Mann Interesse an euch hat.« Pff! Also bitte, Mom. Wenn ein Mann an mir Interesse hätte, dann würde ich das wie ein Spürhund auf zehn Meilen riechen! »Vielleicht sollte ich mal ein paar Kontakte zu den Ashmans knüpfen …«, plappert sie gut gelaunt weiter und an ihrer Tonlage erkenne ich, wie sie tief Luft holt und sich für einen ellenlangen Vortrag vorbereitet, doch nach dieser harten Nacht könnte ich eine Mami Invasion nicht aushalten.

»Mom, untersteh dich, die Ashmans anzurufen!« Die befreundete Familie mit der adeligen Verwandtschaft kann mir echt gestohlen bleiben. Wenn ich will, finde ich einen Mann, der etwas taugt. Vielleicht sollte ich nach Schweden auswandern, in meinen Träumen sehen dort alle Männer um die dreißig wie Alexander Skarsgard aus. Denn hier in Manhattan sind die guten Kerle so schwer zu finden wie eine günstige mietpreisgebundene Wohnung.

»Schätzchen, Carla Ashmans Neffe ist ein berühmter Polospieler mit Kontakten zum englischen Königshaus«, meint sie so ehrfürchtig, dass man glauben könnte, er würde die Königin persönlich kennen. Seit Lady Di in der Westminster Abbey Prince Charles geheiratet hat, wollte meine Mutter meine Schwester und mich an einen adeligen Junggesellen verheiraten, obwohl ihr sehr wohl bewusst ist, dass wir in Amerika leben und keinen mit blauem Blut kennen. Stöhnend lege ich die Stirn auf den Tisch und bin versucht, so lange meinen Kopf darauf zu hämmern, bis ich qualvoll sterbe.

»Sosehr ich deinen Wunsch, mich als Prinzessin neben einem waschechten Prinzen zu sehen, respektiere, muss ich dir sagen, dass das nie passieren wird. Ich muss jetzt Schluss machen. Ich drück dich ganz doll und richte Harry bitte liebe Grüße von mir aus.«

»Aber Jen-«, ich gebe ihr keine Chance weiterzureden, und tippe auf den roten Hörer. Anschließend werfe ich mein Smartphone auf den Tisch und fahre mir müde übers Gesicht.

Was ist denn nur mit allen los? Wieso müssen sie sich so für meine nicht vorhandenen Beziehungen interessieren? Ist auf meiner Stirn ein Aufkleber, der schreit: Single und verzweifelt? Ich schüttle den Kopf und versuche, mich wieder auf die Zeitung zu konzentrieren. Ablenkung ist jetzt wichtig, sonst werde ich noch kirre. Langsam hebe ich die Tasse und nippe am mittlerweile kalten Kaffee. Na toll! Ich hasse kalten Kaffee! Mein Morgen entpuppt sich als der reinste Albtraum! Wütend stelle ich die Tasse ab und starre wieder auf die Zeitung. Da fällt mir eine Kontaktanzeige auf, die vom Boden der Tasse eingekreist wurde.

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Immer wieder lese ich diese Anzeige, die sich mit einer kursiven Fettschrift von den anderen abhebt, durch. Zerlege jedes Wort einzeln und versuche, etwas daran zu finden, was mich abschreckt, aber es erweckt genau das Gegenteil. Denn je länger ich sie betrachte, desto reizvoller klingt sie für mich. Einen völlig Fremden heiraten? Könnte ich das? Schlimmer als jetzt kann es wohl kaum mehr werden, wo meine Familie mich bemitleidet, und meine Mutter einen Royalen aus dem Ärmel ziehen will. Ich war früher doch auch ein Mensch, der viele Risiken eingegangen ist, der jeden Tag gelebt hat, als wäre es sein Letzter. Ich war glücklich, bis ein Idiot namens Vincent mich zerstört und als leeren Menschen zurückgelassen hat.

Eisern beschließe ich, dass es langsam Zeit wird, mit der Vergangenheit abzuschließen, wenn ich endlich mein Glück finden will. Wer sagt mir, dass ich durch so eine Aktion nicht vielleicht die Liebe meines Lebens finden könnte? Meine romantische Ader pulsiert, veranlasst mich, nach meinem Smartphone zu greifen und über das Display zu wischen. Auf meinem Hintergrundbild lachen mich Carrie, Kaya und Kylie an, meine besten Freundinnen, die selbst glücklich und mit sich im Reinen sind. Neid macht sich breit, denn ich möchte ebenfalls so empfinden. Glück. »Was habe ich schon zu verlieren?«, sage ich zu mir selbst und wähle die Nummer der Heiratsagentur.

Kapitel 2

Philip

»O Baby! Du verstehst es, einer Frau den Morgen zu versüßen.« Die dralle Blondine schmiegt ihren nackten Oberkörper an mich, verwöhnt meinen Hals mit ihrer Zunge. Flüchtig sehe ich auf meine Armbanduhr und hebe erstaunt die Brauen. Die Nacht ist wie im Flug vergangen. Wenn ich noch pünktlich im Büro sein will, muss ich los, und zwar jetzt. Sanft drücke ich sie von meinem Schoß und erhebe mich aus dem Bett. Schmunzelnd suche ich meine Sachen zusammen, die überall in der Wohnung verstreut sind. Gestern Nacht konnten wir die Finger nicht voneinander lassen, weshalb ich sie schon im Wohnzimmer gegen die Wand gedrückt und genommen habe. So laut wie sie geschrien hat, wundert es mich, dass die Nachbarn nicht die Polizei gerufen haben. Schweigend ziehe ich mich an und gehe wieder ins Schlafzimmer. »Was ist denn jetzt los?«, fragt sie verwirrt, die vollen Lippen zu einem Schmollmund verzogen.

»Ich muss los. Danke«, lautet meine knappe Antwort, während ich mir die Hose zuknöpfe. Sie schnappt empört nach Luft und funkelt mich böse an.

»Danke?«, schnaubt sie wütend. Ihre Stimme bebt vor Zorn, was mich allerdings kalt lässt. Ich habe es eilig, keine Zeit für derlei Diskussionen. »Das war es? Du benutzt mich für Sex und haust einfach ab?« Fertig angezogen wende ich mich ihr zu. Was will sie denn von mir? Einmal Sex und sie glaubt, ich lege ihr die Welt zu Füßen? »Clary …«

»Mary!«, knurrt sie, die Augen zu Schlitzen verengt.

Wie auch immer! Mit bedachten Schritten gehe ich auf sie zu und setze mich neben sie auf das zerwühlte Bett. Viel Zeit habe ich nicht mehr, also machen wir es kurz und schmerzlos. »Hör zu. Das war nur ein One-Night-Stand. Ich habe kein Interesse an einer Beziehung, was ich dir gestern Abend schon klargemacht habe.« Meine Augen ruhen auf ihren vollen Brüsten, die durch die schnelle Atmung auf und ab wippen. Sie ist in der Tat eine wunderschöne Frau, besitzt helle Haut, wallendes blondes Haar und einen Körper, der jeden Mann um den Verstand bringt. Aber das haben sie schließlich alle. Nichts, das sie besonders machen würde.

Mary bemerkt meinen Blick, zieht daraufhin empört die Bettdecke an sich und verwehrt mir den hübschen Anblick. Ich schenke ihr ein halbherziges Lächeln und stehe auf. Als ich mich nochmals für die schönen Stunden bedanke, ernte ich dafür einen Stinkefinger, den sie mir wütend entgegenstreckt. Wie reizend! Mary scheint nicht gut auf Zurückweisung zu reagieren. Auch gut, ich habe sowieso nicht vor, sie je wiederzusehen.

Nachdem ich mein Jackett angezogen habe, schnappe ich mir die Schüssel vom Nachttisch und wende mich zum Gehen. »Du bist ein verdammtes Arschloch!«, zischt sie aufgebracht, wirft ein Kissen nach mir. O Baby! Du hast ja so was von recht! Ich höre sie noch Schimpfwörter murmeln, aber ich drehe mich nicht mehr um. Das mache ich nie.

Die kühle New Yorker Morgenluft füllt meine Lungen, nachdem ich das Apartmenthaus verlasse und eine Pilotenbrille aufsetze. Der Frühlingswind erfrischt mich und ich beschließe, zu Fuß ins Büro zu gehen. Ich bin zwar jetzt schon spät dran, aber ein paar Minuten mehr oder weniger sind nicht mehr von Belang, schließlich ist das Gebäude nur einen Block entfernt.

Gerade als ich ein paar Schritte mache, wird mein schöner Plan durchkreuzt, als der schwarze Rolls-Royce direkt neben mir zum Stehen kommt. Ein tiefer Seufzer entfährt mir. Wenn mich Niall persönlich abholt, stinkt es gewaltig. Die verdunkelte Scheibe gleitet hinab und mein bester Freund und Leibwächter sieht mich ernst an.

»Was ist es diesmal?«, frage ich direkt, worauf seine Mundwinkel verdächtig zucken. Dieser Arsch scheint gefallen an meiner Misere zu haben, welche mich auch immer erwartet. Wie immer sieht er gut im Anzug aus, zu gut, wenn man mich fragt. Wenn er und ich die Bars unsicher machen, muss ich mich schon schwer ins Zeug legen, dass sie nicht Niall verfallen, bevor ich meine Chance habe. Würde er nicht für mich arbeiten, könnte er glatt als neuer James Bond vorsprechen. Er räuspert sich, umklammert fest das Lenkrad. »Du solltest am besten einsteigen, Phil.«

»So übel?« Ich fahre mir hastig durchs Haar, dieser Tag fängt toll an. Wäre ich doch bloß mit Clary im Bett geblieben.

Niall nickt kurz, sieht mich mit einem mitleidigen Blick an. »Deine Mutter hat angerufen.«

O ja. Das ist mehr als übel. Es ist der Supergau!

»Zwölf verpasste Anrufe?« Meine Augenbrauen wandern in die Höhe. Das kann nichts Gutes bedeuten.

Carrie, meine Sekretärin, erwidert meinen erschrockenen Blick mit einem Seufzen. Anfangs wollte ich sie unbedingt ins Bett kriegen, schließlich sieht sie mit ihren langen brünetten Haaren und dem knackigen Arsch verboten heiß aus. Doch schnell wurde ich in meine Schranken gewiesen, da sie ihrem Ehemann gegenüber treu ist. Ich habe großen Respekt vor Frauen, die ihren Idealen treu bleiben, weshalb ich sofort aufgehört habe, sie anzubaggern. Carrie ist qualifiziert und hat Feuer im Hintern und bietet mir auch mal die Stirn, wenn ich im Unrecht bin, was zu meiner Schande auch tatsächlich ab und zu vorkommt.

Somit hat sie genau das, was es braucht, um mir in den Arsch zu treten und mich wieder auf das Wesentliche zurückzuholen. Nach diesem etwas schwierigen Start kommen wir nun gut miteinander aus, auch wenn ich merke, dass sie mich, was meine Affären betrifft, durchschaut. »Ich habe die ersten drei noch angenommen. Ihre Mutter war nicht gerade geduldig und nach dem letzten Gespräch, wo sie ihren Ärger an mir ausgelassen hat, habe ich sie dann an den Anrufbeantworter weitergeleitet.«

Ich kann Carrie sehr gut verstehen. Schließlich ist Celine Kensington eine Frau, die man nicht so leicht abschütteln kann. Wenn die Königin von Galen etwas will, dann bekommt sie es auch. Punkt.

Seufzend entlasse ich meine Sekretärin und nehme auf dem Bürostuhl Platz. Die schlaflose, aber dafür sehr heiße Nacht macht sich in Form von Müdigkeit langsam bemerkbar. Über die Sprechanlage bitte ich Carrie um einen doppelten Espresso, der mich hoffentlich wieder wach bekommt. Während ich warte, frage ich mich, was meine Mutter wohl von mir will, wenn sie derart oft anruft. In eineinhalb Monaten ist die Krönung meines Bruders, weil mein Vater zu seinen Gunsten abdankt. Mit ziemlicher Sicherheit will sie mich deswegen sprechen, da ich schon seit einem halben Jahr nicht mehr in Galen war. Aber mein Gefühl sagt mir, dass etwas im Busch ist. Etwas Gewaltiges.

An meinem Kaffee nippend, blättere ich halbherzig in der Tageszeitung, die mir Carrie wie jeden Morgen auf den Tisch gelegt hat. Als ich die Kontaktanzeigen erreiche, ertönt die Gegensprechanlage. »Ja bitte?«

»Sir, es ist wieder Ihre Mutter. Soll ich durchstellen?« Carrie hat mich noch nie mit Eure Hoheit angesprochen und das ist auch gut so, denn hier in Amerika bin ich nur Philip Kensington. Und es fühlt sich gut an, ich selbst zu sein und nicht der Prinz von Galen.

Ich setze mich ein wenig aufrecht, stütze die Ellbogen auf die Tischplatte und verhake die Finger ineinander. Showtime. »Natürlich. Danke.«

»Philip Elijah Alexander Jonah Kensington!«, knurrt sie sofort drauflos. Ihre kräftige Stimme erfüllt mein Büro und ich versteife mich augenblicklich. Wenn sie meinen vollen Namen nennt, dann habe ich gewaltig Scheiße gebaut. Nur will mir einfach nicht einfallen, welche. Denk nach Phil, bevor sie dich übers Telefon einen Kopf kürzer macht!

»Mutter. Wie schön, dich zu hören. Ich …«

»… dein Mutter, kannst du dir sparen. Weißt du eigentlich, wann du dich das letzte Mal bei deinem Vater oder mir gemeldet hast?«, zischt sie vorwurfsvoll. Ah, daher weht der Wind. Sie vermisst ihren Lieblingssohn. Na dann lassen wir mal unseren Charme sprühen.

»Du hörst dich gut an. Wie war das Wochenende mit Dad in Cannes?«

»Versuch bloß nicht vom Thema abzulenken.«

»Das würde ich nie tun. Außerdem habe ich letzte Woche eine Mail geschrieben.«

Sie schnaubt wütend in den Hörer. »So wie ich dich kenne, hast du Carrie gebeten, deine Mails zu beantworten, damit du noch mehr um die Häuser ziehen kannst!« Um die Häuser ziehen? Was ist denn in sie gefahren?

»Mutter. Willst du mir nicht den Grund für diesen Anruf verraten? Oder ziehst du es vor, mich weiter zu tadeln, als wäre ich ein kleiner Junge?« Ich hasse diese Predigten, das weiß sie ganz genau!

»Na schön! Wie du weißt, ist in zwei Monaten dein dreißigster Geburtstag. Ich weiß es ganz genau. Fünfundzwanzig Stunden Wehen vergisst man nicht so schnell.« Augen verdrehend blicke ich auf die fett gedruckten Kontaktanzeigen, die so kitschige Überschriften aufweisen, dass sogar Amor das Kotzen bekommen würde.

»Und wie es bei uns so Tradition ist, findet unmittelbar davor deine Hochzeit statt.«

Mein Körper erstarrt zur Salzsäule und plötzlich ist die Tageszeitung uninteressant geworden. Ich halte die Luft an und versuche zu verarbeiten, was sie mir gerade gesagt hat. »Ich soll heiraten? Wen?« An meinem inneren Auge ziehen die ledigen, nicht gerade attraktiven jungen Adeligen, vorbei. Meine Aussichten sind alles andere als rosig.

»Lord Connerths Tochter.«

Das kann doch nicht ihr Ernst sein! Wie vom Donner gerührt stehe ich auf. Alissa Connerth? Die Jungfrau, die mit zwanzig Jahren noch Porzellanpuppen gesammelt hat? 

»Mutter … das kannst du nicht machen!«, stottere ich unbeholfen. Meine Coolness ist verflogen. Niemals würde ich diese Frau heiraten! Nicht nur, dass sie gerade mal einen Meter sechzig groß ist, Gerüchten zufolge soll sie sogar lesbisch sein und sich nur einmal in der Woche waschen. Unsere Begegnung ist zwar schon länger her, aber trotzdem sehe ich sie klar vor mir und es gefällt mir kein bisschen, was ich da erblicke.

»Und ob ich das kann, mein Sohn. Und ich werde.«