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Eine seit Jahrhunderten auf den Weltmeeren treibende Flaschenpost findet endlich ihr Ziel.
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Veröffentlichungsjahr: 2019
Sommer! Endlich Urlaub. Die folgenden drei Wochen nur entspannen, faul am Strand der französischen Atlantikküste liegen, tauchen, Bücher lesen, die sich seit Monaten aus Zeitgründen unbeachtet in den Ecken stapelten und zwischendurch wandern dürfen. Ohne Telefon, Stau auf den Autobahnen, ständiges Genörgel der Nachbarn wegen der Streitereien der Kinder. Wo sind die Beiden überhaupt? Bernds Blick gleitet suchend den Strand entlang. Dann entdeckt er sie. Neben Elvira tummeln sie ausgelassen im seichten Wasser und bespritzen sich gegenseitig. ‘Sie haben ihren Spaß und ich meine Ruhe’, denkt er zufrieden, während ein kleines Lächeln seine Mundwinkel umspielt. Plötzlich hört er Svens helle Stimme: “Mama, da schwimmt eine Flasche. Holst Du mir die, bitte?” Er kann noch nicht richtig schwimmen, deshalb muss Elvira sich in die leichte Dünung werfen und das gläserne Etwas bergen. Neugierig wird es von den Dreien begutachtet, denn Katja, Svens ältere Schwester, will natürlich ebenfalls wissen, was da Interessantes aus dem Wasser gefischt wurde. Dann kommen sie aufgeregt diskutierend gemeinsam zurück zum Strandkorb gelaufen, den er bis zu diesem Augenblick noch allein belegen durfte. Das ist nun erst einmal wieder vorbei. Triefend nass stehen die Drei vor ihm. “Papa, sieh’ mal, eine Flaschenpost. Die ist sicher uralt, denn es ist nicht mehr zu erkennen, ob etwas da drin ist. Aber wenn ich schüttele, dann höre ich ein leichtes Geräusch. Machst Du die mal auf? Die Öffnung ist mit so etwas ähnlichem wie Wachs verschlossen. Du hast doch ein Taschenmesser.” Nachdem die teils schon abgeplatzte Schicht, die Baumharz sehr ähnlich war, und ein feuchtes, gequollenes Holzstück aus der Öffnung entfernt wurden, steht die Familie staunend vor einigen stark vergilbten Blättern fremdartigen Papiers, die Bernd mit einem langen Holzstab vorsichtig aus dem engen Glashals zog. Behutsam werden sie auseinander gerollt, geglättet und liegen nun vor ihnen. Insgesamt hat der Absender sieben eng beschriebene und nummerierte Seiten gemeinsam in die Flasche geschoben. “Was für eine Schrift ist denn das?” fragt Katja leicht irritiert, “die kann ich nicht lesen.” “Das sind gotische Minuskeln”, klärt sie ihr Vater auf. “Eine Schrift, die im Mittelalter benutzt wurde.” “Dann ist die Flasche ja wirklich schon uralt, Papa. Älter sogar als Du!” “Danke, mein Sohn, dass Du mir nicht noch einen Rollator in die Hand drückst. Aber richtig, die Flasche ist sogar weit älter als wir alle zusammen.” “Kannst Du die Schrift lesen?” Aufgeregt treten beide Kinder zappelnd auf der Stelle und lassen im weißen Sand jeweils eine kleine Kuhle entstehen. “Ich werde mir Mühe geben. Leicht dürfte es nicht werden, denn das Papier ist schon arg mitgenommen.” “Hier ist die erste Seite, Papa.” Seine zehnjährige Tochter hält ihm vorsichtig eines der Blätter hin. Stumm liest er lang- und mühsam die ersten Zeilen des auf Deutsch verfassten Textes, denn er muss sich erst einmal in die alte Schrift hineinlesen. “Nun lies schon vor, Papa”, murren die ungeduldig wartenden Kinder. Selbst Elvira wird schon etwas nervös. “Also gut, hört zu.”