Rufmord auf Wangerooge - Malte Goosmann - E-Book

Rufmord auf Wangerooge E-Book

Malte Goosmann

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  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2018
Beschreibung

Der ehemaliger Bremer Drogenfahnder, Lars Petersen, hat es aktuell gleich mit mehreren Problemen zu tun. Seine Fähigkeiten als ehemaliger Drogenfahnder kann er beim Aufspüren einer Drogenplantage auf der Insel voll zum Einsatz bringen. Mitten in diesen Ermittlungen wird die Leiche eines Lehrers der Inselschule gefunden. Die Auffindsituation am Gedenkfriedhof der Insel weist auf einen Suizid hin, zudem vorab auf dem PC des Pädagogen Fotos von leicht bekleideten Kindern gefunden wurden. Im Laufe seiner Ermittlungen kommen Petersen Zweifel am Suizid des Lehrers. In einer dramatischen Aktion gelingt es ihm, mit Hilfe seiner Kollegen, die Hintergründe des Falls aufzuklären. Parallel dazu beunruhigt Petersen eine Drohne, die von einem Sportboot gesteuert, Aufnahmen an der Großschifffahrtsstraße macht. Ist auch in diesem Fall Drogenschmuggel im Spiel? Auf einer privaten Segeltour gerät Petersen in Seenot und wird in einer spektakulären Rettungsaktion aus dem Wasser gefischt. Auch in diesem Roman gibt Goosmann wieder interessante Einblicke in das Inselleben. Humorvolle Begegnungen in den Inselkneipen lockern diesen Roman mit durchaus ernstem Hintergrund wieder auf. Liebhaber der norddeutschen Lebensart kommen voll auf ihre Kosten.

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Seitenzahl: 349

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R u f m o r d

a u f

W a n g e r o o g e

Petersens dritter Fall

*******

Kriminalroman

von

Malte Goosmann

Über den Autor:

Malte Goosmann, 1950 in Bremen geboren,

war Lehrer und Schulleiter.

 In seiner Freizeit musizierte er über 30 Jahre in

der Oldie-Band „The Tenders“.

Zahlreiche Urlaube auf der Nordseeinsel

Wangerooge inspirierten ihn zu der

Idee, Kriminalromane rund um die Figur des

Inselpolizisten Lars Petersen

zu entwickeln.

Copyright: © 2018 Malte Goosmann

Cover Design & Layout : Monika Goosmann

Verlag: epubli GmbH, Berlin,www.epubli.de

1

Florian Geschwandner stieg erschöpft von seinem Rennrad ab. Obwohl es erst 7 Uhr morgens war, spürte er den Schweiß auf seiner Haut. Es war einer dieser drückenden Sommertage im Rhein-Main Gebiet. Die Schwüle, die auch nachts nicht verschwand, machte vielen Menschen zu schaffen. Er hatte sich deshalb heute Morgen für kurze Hosen entschieden. Da er im Amt, wie er seine Arbeitsstelle nannte, völlig autonom arbeitete, gab es für ihn keine Kleidervorschrift. Manchmal glaubte er zu ahnen, dass seine Vorgesetzten mit seinem Kleidungsstil nicht immer einverstanden waren, aber irgendwie interessierte es ihn nicht. Langsam schob er sein Rad die Schräge zum Kellereingang hinunter. Die Videokamera am Eingang hatte ihn erfasst. Etwas fahrig kramte er seinen Ausweis aus der Umhängetasche und presste ihn gegen die Scanner Scheibe. Nach wenigen Sekunden öffnete sich die Kellertür und Geschwandner hatte den Fahrradkeller des TeSIT (Technisches Servicezentrum Informations- und Kommunikationstechnologien) des BKA in Mainz-Kastel erreicht. Sein Arbeitsplatz befand sich in der beigeordneten Zentralstelle für anlassunabhängige Recherchen in Datennetzen (ZaRD).

Geschwandner war der Prototyp eines „PC-Nerds“, seiner eigenen Einschätzung nach ein hoffnungsloser Fachidiot. Schon während seiner Schulzeit in Frankfurt hatte er die PCs seiner Mitschüler repariert und in der Schule  wurde zuerst immer er um Rat gefragt, wenn in den PC-Räumen die Rechner abstürzten oder das gesamte Schulnetzwerk mit Viren verseucht war. Leider waren seine Fähigkeiten sehr einseitig entwickelt, so dass die gesamten schulischen Leistungen darunter litten. Im 12.Jahrgang der Gymnasialen Oberstufe schmiss er, zum Leidwesen seiner Eltern, die Schule. Die niedrigen Punktzahlen in den geisteswissenschaftlichen Fächern machten ihm deutlich, dass eine Zulassung zum Abitur sehr unwahrscheinlich war. Existenzängste brauchte der junge Mann aber nicht zu haben. Er gründete eine Ein-Mann IT-Beratungsfirma, mit der er seinen Lebensunterhalt relativ gut bestreiten konnte. Irgendwann stieß er auf die Internetseite des BKA, auf der IT-Experten als sogenannte Quereinsteiger gesucht wurden. Den Eignungstest absolvierte er mit Bravour und so bot man ihm einen gut dotierten Angestelltenvertrag im TeSIT an.  Seine Eltern, der Vater Physikprofessor an der Frankfurter Uni, die Mutter Grundschullehrerin in Wiesbaden, waren mit dieser Entscheidung ihres Sohnes nicht glücklich. Beide kamen aus dem linksliberalen Frankfurter Milieu. Für sie stand die Arbeit von Sicherheitsdiensten grundsätzlich unter Generalverdacht.

Nachdem Florian Geschwandner sich auf der Toilette den Schweiß aus dem Gesicht gewaschen hatte, betrat er sein Büro. Der Raum war halb abgedunkelt. Wie in einer Kommandozentrale waren fünf Rechner im Halbkreis angeordnet. Davor stand ein schmaler Arbeitstisch, auf dem mehrere Tastaturen lagen. Die Seitenwände des Raumes waren mit großen Rechnerschränken vollgestellt. Überall blinkten Kontrolllampen in grüner und roter Farbe. Geschwandner ließ sich langsam auf seinem breiten Bürostuhl nieder. Zuerst kontrollierte er die Protokolldateien der vergangenen Nacht. Wenn ihm etwas auffällig vorkam, rief er die entsprechenden Dateien auf einem Monitor auf. Was auf diesen Bildschirmen zu sehen war, würde für jeden Normalbürger eine harte Prüfung darstellen. Filme, aber auch Bilder der übelsten pädophilen Sorte, flimmerten über die Monitore. Die Mitarbeiter des TeSIT recherchieren anlassunabhängig in Datennetzen, um wie in diesem Fall im Bereich Kinderpornographie strafbare Handlungen aufzudecken. Um diese Arbeit überhaupt bewältigen zu können, hatte Geschwandner sein moralisches Empfinden während der Arbeit auf null zurückgefahren. Es kam ihm jetzt zugute, dass er völlig abgeschottet in seine IT-Welt eintreten konnte, ohne dass ihn das Drumherum interessierte. Er war von dem Gedanken besessen die Server zu orten, von denen aus das pädophile Material in die Netze eingespeist wurde. Die Bilder selbst nahm er kaum noch war. Sie berührten ihn nicht, er hatte einen Auftrag, der ihn fesselte. Emotionen würden ihn bei dieser Arbeit nur behindern. Viele seiner Vorgänger hatten diesem Druck nicht standgehalten und waren an der  Widerwärtigkeit der Bilder gescheitert und mussten dann in andere Abteilungen versetzt werden. Andere wiederum bekamen diese Bilder nicht mehr aus dem Kopf und litten in Folge unter schweren Depressionen. Größere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit hatte diese Arbeit durch die Edathy-Affäre bekommen. Eine Strafverschärfung in Bezug auf den Besitz von pädophilem Material war die Folge der öffentlichen Debatte. Die Strafverfolgung der Verbreiter dieses Materials war nicht so einfach, da die Server meistens nicht in Deutschland zu finden waren. Die globale Verfolgung dieser Straftatbestände gestaltete sich mit einigen bestimmten Ländern als äußerst schwierig. Einfacher war es, die Konsumenten dieses pornographischen Materials in Deutschland ausfindig zu machen. Geschwandner musste in solchen Fällen die IP-Adressen der Besitzer pornographischen Materials ausfindig machen. Im nächsten Schritt wurden dann diese Daten an die entsprechenden Landeskriminalämter weitergeleitet.

Florian Geschwandner lehnte sich nach der Durchsicht der Protokolldateien zurück, griff nach seiner Wasserflasche, als ihn der Warnton  seiner Scanner-Software aufhorchen ließ. Er öffnete das Programm, das ihm Bildmaterial meldete, das ohne Zweifel aus Deutschland kam. Zuerst stutzte er, denn das, was er dort sah, war auf den ersten Blick nicht als hartes pädophiles Bildmaterial erkennbar. Leicht bekleidete Kinder und Jugendliche waren an einem Strand zu sehen, für Geschwandner auf den ersten Blick Bilder aus dem normalen Urlaubsalltag. Was hatten diese Bilder auf einem pädophilen Porno-Portal zu suchen? Zugegeben, die Bildauswahl war sehr selektiv auf kleinere Jungs ausgerichtet. Die Kinder sahen irgendwie sehr deutsch aus, wie er fand. Normalerweise waren es vor allem Kinder aus Osteuropa, die in solchen Filmen zu sehen waren. Fest stand in jedem Fall, dass jemand Kinder an einem Strand fotografiert hatte und diese Bilder auf einer pädophilen Seite        veröffentlichte. Die strafrechtliche Relevanz solchen Handelns war Geschwandner nicht so ganz klar. Das Recht am eigenen Bild war hier mit Sicherheit verletzt worden, aber weitergehende Konsequenzen erschlossen sich ihm noch nicht. Er war beileibe kein Jurist und wollte auch keinen Fehler machen. Also, wozu hatte man Vorgesetzte? Er wählte die Nummer von Kriminalrat Dr. Müller. Fünf Minuten später stand dieser im Büro von Geschwandner und studierte die Bilder.

„So etwas hatten wir noch nicht, Geschwandner. Gut, dass Sie mich angerufen haben. Der Strand sieht sehr deutsch aus. Eigentlich kann das nur irgendwo an der Nordseeküste sein. Ich werde mal die Bilder an die Landeskriminalämter von Niedersachsen und Schleswig-Holstein schicken. Vielleicht haben die eine Idee, wo das sein könnte. Und sie versuchen mal rauszukriegen, wo diese Schweinerei herkommt. Irgendwo ist da ein Spanner unterwegs. Sie werden den schon finden“.

Mit diesen Worten verließ Dr. Müller wieder den Raum. Was Geschwandner an seinem Vorgesetzen so schätzte, waren klare Ansagen. Er wusste, was er zu tun hatte.

2

Es sollte ein schöner Sommertag auf Wangerooge werden. Die Insel war noch nicht komplett ausgebucht. Aber in einigen Tagen würden die Sommerferien in Niedersachsen und Bremen beginnen, zwei Wochen später würde Nordrhein-Westfalen folgen. Es war der erste Arbeitstag von Lars Petersen. Seine Schussverletzungen hatte er in einer Reha-Kur auskuriert und der Amtsarzt äußerte keine Bedenken mehr gegen seinen Dienstantritt. Eine schrittweise Wiedereingliederung in den Polizeidienst hatte er strikt abgelehnt. Diese sei unter den Bedingungen einer kleinen Polizeiwache nicht machbar, erklärte er dem Amtsarzt. Eine Behauptung, die natürlich nicht stimmte, denn der Leiter des Polizeipostens Wangerooge, Onno Siebelts, hatte nach seinem Herzinfarkt auch mit reduzierter Stundenzahl gearbeitet. Irgendwie hatte Petersen es aber geschafft, den Amtsarzt zu überzeugen, ihn mit voller Stundenzahl gesund zu schreiben. Kommissar Petersen, ein strafversetzter ehemaliger Drogenfahnder aus Bremen, hatte sich mittlerweile mit der Nordseeinsel angefreundet. In der kurzen Zeit, in der er auf der Insel war, hatte er schon bei der Aufklärung mehrerer spektakulärer Tötungsdelikte mitgewirkt. Während eines nächtlichen Einsatzes war er im Osten der Insel in eine Falle gelockt und angeschossen worden. Nur durch den beherzten Einsatz einer SEK-Einheit, zu der auch seine ehemalige Auszubildende, Mona Behrens, gehörte, wurde er gerettet. Bei vielen Insulanern war er ein geschätzter „Inselsheriff“ geworden, zumal er sich zusätzlich als Musiker in der Wangerooger Kulturszene betätigte.

Als er die Treppe seiner Dienstwohnung runterging, stieg  schon der Geruch frisch gekochten Kaffees in seine Nase. Onno Behrens, der alte Revierleiter und Günter Naumann, der die Wache in den Sommermonaten verstärkte, überraschten ihren Kollegen mit einem frischgedeckten Frühstücktisch im Dienstzimmer.

„Moin mien Jung“, begrüßte ihn Onno schulterklopfend, „schön, dass du wieder bei uns bist.“ Dann stellte er ihm Günter Naumann vor, ein schlanker hochgewachsener Mann mit einem freundlichen Gesicht, der Petersen sofort die Hand schüttelte.

„Ich bin Günter. Wir sollten uns unter Kollegen duzen.“

Onno nickte, „Günter kommt schon seit zehn Jahren immer zur Sommersaison auf die Insel. Er kennt die Abläufe, dem brauchen wir nichts erklären, zur anderen Zeit macht er Dienst in Cuxhaven.“

Alle drei setzten sich und begannen zu frühstücken. Eine rege Unterhaltung über Polizeifragen entspann sich und Petersen spürte gleich einen direkten Draht zu Naumann, der mit seiner Kritik an der Sparpolitik in Sachen Innerer Sicherheit der Regierungen auf Landesebene als auch auf Bundesebene nicht hinter dem Berg hielt.

„Ach so“, unterbrach Siebelts die Unterhaltung der beiden, „morgen kommt dann noch ein Kommissaranwärter aus Oldenburg“, lachend ging sein Blick in Richtung Petersen, „übrigens auf Empfehlung der Kollegin Behrens.“ Petersen war diese Anspielung unangenehm. Mona und er hatten ein besonderes Verhältnis, aber musste Onno das jetzt vor dem neuen Kollegen ansprechen?

„Ist ja gut“, unterbrach Petersen, „wir  müssen also wieder ausbilden.“

„Du hast doch damit gute Erfahrungen gemacht“, bohrte Onno weiter.

Petersen versuchte das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.

„Was liegt heute an?“

Onno gab nach und nahm den Faden auf.

„Wir machen jetzt erstmal den Bereitschaftsplan für die nächsten Tage und dann habe ich noch eine Überraschung für euch, kommt mal gleich mit.“

„Jetzt machst du uns aber neugierig“, grinste Naumann.

„Kommt mal mit nach hinten, draußen in den Hof.“

Siebelts stand auf, seine Kollegen folgten ihm. Im Hof stand ein großes Paket.

„Jo, is‘ denn schon Weihnachten“, äffte Petersen Franz Beckenbauer nach.

„Eigentlich wollte ja unser Vorgesetzter aus Wilhelmshaven selber kommen, aber wir haben Ostwind und der Fährfahrplan ist mal wieder geändert worden. So muss ich das jetzt feierlich auspacken.“

Mit einem scharfen Teppichmesser begann Siebelts das Paket aufzuschneiden.

„Lars hat die ganze Zeit darüber rumgejammert, dass wir mit einem rostigen Fahrrad auf der Insel rumgurken müssen, während Feuerwehr, Krankentransport und die Seenotretter Fahrzeuge haben.“

Langsam kam ein neues Fahrrad zum Vorschein.

„Ihr seht, das ist kein gewöhnliches Fahrrad, sondern ein E-Bike, genau genommen ein Pedelec  mit einer Beschleunigung auf 25 km/h und einer Akkureichweite von 60 km“, erklärte ein sichtlich stolzer Onno Siebelts. Ungläubig bestaunten seine Kollegen das Rad.

„Besser als nichts, ein schöner SUV wäre mir lieber gewesen, aber gut“, lachte Petersen. Danach schlossen sie das Fahrrad an die Außensteckdose des Reviers an und gingen wieder in das Dienstzimmer.

Nachdem sie den Dienstplan besprochen hatten, sprach Onno allgemeine Probleme in der Sommersaison an.

„Lars hat ja noch keine Sommersaison mitgemacht. Folgende Punkte müssen wir im Auge behalten: Da wäre das Problem der nächtlichen Ruhestörungen. Die Leute sitzen bei gutem Wetter vor den Kneipen. Es wird gegrölt und laute Musik gehört. Derjenige, der von uns Nachtbereitschaft hat, ist gekniffen und hat die Arschkarte. Dafür gibt es in der Regel im Sommer nicht so viele Kneipenschlägereien. Lars wird es freuen, er hat im Frühjahr ja was abbekommen. Und nicht zu vergessen, die Kiffer kommen wieder aus ihren Löchern. Die Inselkiffer vereinigen sich mit den Urlaubskiffern. Aber wir haben ja einen erfahrenen Drogenfahnder in unseren Reihen.“

Lars zeigte Onno den Mittelfinger. Diese Anspielungen auf seine frühere Tätigkeit in Bremen konnte er immer noch nicht gut ab. Weil er Kleindealer mit Stoff gefüttert hatte, um an die großen Dealer ranzukommen, war er disziplinarisch belangt worden, auch fühlte er sich als Bauernopfer der Politik in Bremen. Der Frust hierrüber saß noch immer tief in ihm drin.

„Geschenkt Lars, hätte ich nicht sagen sollen“, beschwichtigte Onno, der gemerkt hatte, dass er Petersen mit seiner Bemerkung verletzt hatte.

„Aber Spaß beiseite, der Kleppe vom Zoll will noch mal mit dir reden, der hat irgendwie einen Tipp bekommen.“

Petersen nickte und hoffte, dass Kleppe nicht wieder mit dem Alkoholschmuggel anfangen würde. Seinem Kneipenkumpel zuliebe, dem Wirt des „Störtebekers“, hatte er fünfe grade sein lassen. Wohl hatte er sich dabei nicht gefühlt. Aber der Magister, so nannte sich der Wirt nach einem der Getreuen von Klaus Störtebeker, schob ihm die eine oder andere wertvolle Information über den Tresen. Darauf wollte er nicht verzichten.

Nach der Besprechung startete Petersen zu seinem ersten Streifengang in Uniform nach seiner Reha. Wie immer ging er die Anton-Günther-Straße hinauf zur Promenade und atmete tief durch, als er die ruhige Nordsee erblickte. Immer wieder war er von diesem Anblick fasziniert. Der rote Lotsenkatamaran fuhr langsam an den ankernden Schiffen vorbei und in der Ferne durchpflügte ein großes Containerschiff der Maersk-Reederei die Nordsee Richtung Bremerhaven. Am „Diggers“ wurden die Stühle rausgestellt und der Schwede, Koch des Lokals und zugleich ein Thekenbekannter aus dem „Störtebeker“, schrieb in gestochener Handschrift seine Essensangebote auf die Werbetafel. Der Schwede, der eigentlich Jürgen hieß, hatte seinen Spitznamen bekommen, weil er in Unterhaltungen häufig die Redewendung „alter Schwede“ benutzte.

„Moin Schwede“, rief Petersen ihm zu.

„Moin Sheriff“, kam es zurück, „Werder ist ja nun nur knapp dem Abstieg entronnen, irgendwann seid ihr dran.“

„Da mach‘ dir mal keine Sorgen drum, Werder ist unabsteigbar“, prahlte Petersen.

Bei diesen Worten fiel dem Schweden fast die Kreide aus der Hand.

„Du bist ein unverbesserlicher Optimist. Ich werd‘ dich noch mal an deine Worte erinnern. Das kostet dann aber ein paar Jever.“

„Kein Problem, machen wir so.“

Lachend zog Petersen weiter. Das neue Lokal im Aparthotel „Anna Düne“ hatte ebenfalls großflächig Tische und Stühle rausgestellt. Die Gastronomen erwarteten wohl dieses Jahr einen Spitzensommer. Vor dem  Eingang zur Kurverwaltung sah er den neuen Bürgermeister Nils Eichner, den er bisher nur von seiner Tätigkeit als Standesbeamter und Leiter des Ordnungsamtes kannte. Eichners Vorgänger, Günter Depken, hatte sich bei den Wahlen irgendwie verzockt. Erst wurde eine mögliche Nachfolgerin vom Festland geholt, dann plötzlich entschied Depken sich doch wieder zur Kandidatur und der lachende Dritte war der parteilose Kandidat Nils Eichner, der dann in der Stichwahl das Rennen machte. Freundlich grüßte Eichner Petersen, in dessen Uniformjacke sich sein Handy meldete. Wie Onno bereits vorhergesagt hatte, war es Zollsekretär Kleppe.

„Moin Lars, schön, dass du wieder im Dienst bist. Ich brauch‘ deine Hilfe. Der Sommer ist da und prompt ist schon wieder viel Cannabis im Umlauf. Ich hab‘ da eine Vermutung und müsste das mal mit dir besprechen. Wo bist du gerade?“

„Direkt vor der Gemeinde“, antwortete Petersen.

„Okay, bin beim Kämmerer im Büro, ich komm‘ gleich raus.“

In diesem Moment kam eine laut lärmende Gruppe von Jugendlichen auf ihn zu. Einer aus der Gruppe hatte einen Zettel in der Hand. Das verhieß nichts Gutes, Inselrallye. Viele Insulaner waren von den Fragen der Schüler genervt, die immer mit denselben Arbeitsaufträgen z. B. in Gaststätten einfielen. Standardfrage war häufig, wie viele Biersorten auf der Karte stünden.

 Anstatt die aushängende Getränkekarte zu studieren, wurde die Bedienung in vollbesetzten Lokalen angequatscht unter dem Motto „Ey Alte, wieviel Stoff habt ihr auf der Karte stehen?“

So passierte es jetzt auch Petersen. „Ey, Bulle, sag‘ mal an, wieviel Treppenstufen hat der Leuchtturm?“

Petersen blieb stumm. Verdutzt musterten die Jugendlichen den Polizisten. Dann tippte Petersen an sein Namensschild auf der Uniform. Ein etwas kleinerer und dicklicher Junge mit einer Hornbrille baute sich jetzt vor ihm auf.

„Lieber Herr Polizist, Entschuldigung Herr Petersen, könnten Sie uns helfen?“

Petersen nickte.

„Geht doch“, grinste Petersen.

„Auch Bullen haben Namen und möchten höflich angesprochen werden. Aber zu eurer Frage, ihr solltet mal zum Leuchtturm gehen und dort fragen.“

„Oh nee, dann müssen wir da ja ganz hinlatschen“, raunzte ein anderer Jugendlicher.

Petersen nickte. Im Laufschritt näherte sich jetzt eine jüngere Frau mit wehenden mittellangen schwarzen Haaren. Von der Kleidung her tippte Petersen auf Lehrerin. Sie trug einen wallenden tiefroten Rock, der ihr fast bis zu den Füßen reichte und darüber ein T-Shirt mit mehreren Batik-Mustern, die Petersen aus den 70er Jahren kannte. Die Schülergruppe ging zur Seite und die vermeintliche Lehrerin steuerte direkt auf Petersen zu.

„Haben die sich schlecht benommen? Ich bin die Lehrerin. Wir machen gerade zur Erkundung der Insel eine Rallye.“

Petersen grinste.

„Hab‘ ich gemerkt. Etwas freundlicher könnten Ihre Schüler schon sein, mich als Bullen anzusprechen, geht eigentlich nicht.“

Die Lehrerin errötete.

„Das tut mir leid.“

Die Pädagogin sammelte jetzt die Gruppe um sich und klatschte in die Hände.

„Kinder, wir hatten verabredet, die Leute hier freundlich anzusprechen, sonst müssen wir das ganze abbrechen und gehen in die Jugendherberge zurück.“

Petersen musterte die Schüler. Großen Eindruck schien die Ansprache bei ihnen nicht hinterlassen zu haben. Einige feixten hinter dem Rücken ihrer Lehrerin.

Wieder wurde in die Hände geklatscht.

„So nun macht weiter, aber schön freundlich sein.“

Petersen räusperte sich.

„Sie sollten den Fragebogen schon ab und an mal überarbeiten.“

„Wieso, was ist denn damit?“

„Ich hab‘ da mal eben einen Blick drauf geworfen. Da ist die Frage nach dem Kubikmeter-Inhalt der Telefonzelle vor dem Gasthof „Jan Seedorf“.  Diese Telefonzelle gibt es seit längerem nicht mehr.“

Die Pädagogin errötete erneut.

„Oh, das habe ich nicht gewusst. Hab‘ den Fragebogen von Kollegen kopiert, die vor einigen Jahren mal hier waren.“

„Sehen Sie, das meine ich. Auch die Aufforderung, ein lebendes Tier mitzubringen, ist problematisch. Die Schüler waren schon mal, und das haben mir glaubhaft meine Kollegen erzählt, bei unserem Reitstall auf der Weide und haben versucht ein Pony zu fangen.“

Traurig blickte die Pädagogin Petersen an.

„Ja, ich wollte es mir einfach machen und hab‘ das so ungefragt übernommen. An Ihnen ist ein Pädagoge verloren gegangen.“

Petersen schüttelte mit dem Kopf.

„Wollte ich auch mal werden, das war aber nichts für mich.“

Er musste die Unterhaltung jetzt abbrechen, denn Zollsekretär Kleppe fuchtelte schon im Eingang zur Gemeindeverwaltung mit den Armen.

„War nett Sie kennenzulernen, ich muss aber jetzt, die Pflicht ruft“, mit diesen Worten verabschiedete sich Petersen. „Molto charmante“, murmelte er in sich hinein. Die Enttäuschung über das abrupte Ende dieser Unterhaltung war der Lehrerin anzusehen.

„Tut mir leid, dass ich dir die Tour vermasselt habe“, grinste Zollsekretär Kleppe. Der kleine, untersetzte freundliche Mann freute sich diebisch über seine Bemerkung. Petersen setzte seinen coolen Gesichtsausdruck auf.

„Das war ein pädagogisches Fachgespräch.“

„Aha, so nennt man das“, feixte Kleppe.

Im Sitzungszimmer der Gemeinde nahmen beide Platz.

„Also, ich habe einen Tipp bekommen, dass hier auf der Insel jemand in größerem Stil Cannabis anbaut und ich wollte dich bitten, auch mal  einen Blick drauf zu haben.“

„Das muss hier doch auffallen, so eine Indoor-Plantage braucht viel Licht, Entlüftung usw.“

„Ja, deshalb sag‘ ich’s dir ja auch. Wichtig ist, dass man seinen Blickwinkel verändert und einfach mal drauf achtet.“

„Okay, ich kümmer‘ mich drum und geb‘ auch auf der Wache Bescheid.“ Petersen stand auf. Beide schüttelten sich die Hände und Petersen ging wieder auf die Promenade zurück. Wieder klingelte sein Handy. Das Bild von Mona erschien im Display. Sein Puls schoss nach oben.

„Polizei Wangerooge, Petersen am Apparat, was kann ich für Sie tun“, meldete er sich betont förmlich.

„Haha, dir scheint es ja wieder gut zu gehen, Inselsheriff“, hörte er Mona lachen.

Sie hatte einen sehr großen Anteil daran gehabt, dass er die Schießerei im Osten der Insel überlebt hatte. Die Ermittlungen waren von ihr und Kommissar Wilbert zum Ende geführt worden und das, obwohl sie erst Kommissaranwärterin war. Ihre Ausbilder auf der Polizeiakademie in Oldenburg prophezeiten ihr eine große berufliche Zukunft.

Ihre erotische Stimme berührte ihn jedes Mal. Beide waren trotz des großen Altersunterschiedes im Bett gelandet, aber so richtig waren sie sich über den Status ihrer Beziehung nicht im Klaren. Keiner wagte es dieses Thema anzusprechen, weil beide insgeheim ahnten, dass ihnen der Altersunterschied von rund 30 Jahren  keine Perspektive eröffnete.

„Ich hab‘ euch einen neuen Anwärter zum Praktikum empfohlen, der kommt morgen und ich bitte dich, ihn nett zu empfangen und ihn unter deine Fittiche zu nehmen. Das ist ein ganz lieber Kerl und lass‘ bitte die Macho-Tour, zeig ihm einfach, wie Polizeialltag aussieht.“

Petersens Magen krampfte sich zusammen. Dieser Typ schien ihr wichtig zu sein. Nach seinem Geschmack etwas zu wichtig.

„Ist das dein neuer Lover?“, fiel Petersen mit der Tür ins Haus. Er ärgerte sich sofort über sich selbst und sein törichtes Gerede.

„Hallo Lars, was soll das? Mir ist das wichtig, dass du ihn ordentlich behandelst. Das ist der Sinn meines Anrufs, klar?“

Er wollte noch etwas sagen, aber sie hatte ihn weggedrückt. Petersen hätte am liebsten sein Handy ins Meer geworfen. So sauer war er über sich selbst.

Trotzig stapfte er zurück zur Wache in die Charlottenstraße.

Da Günter Naumann in dieser Nacht Bereitschaft hatte, saß Onno Siebelts alleine im Dienstzimmer der Wache und erledigte Papierkram. Petersen informierte ihn über das Gespräch mit Zollsekretär Kleppe.

„Cannabis-Anbau auf Wangerooge, kann ich mir schwer vorstellen. Aber viele von der Insel fahren nach Amsterdam, so weit ist das ja nicht“, ergänzte Siebelts.

„Na ja, schau ‘n wir mal“, würgte Petersen das Gespräch ab und widmete sich danach seinem PC. Der Ärger über sich selbst war noch nicht verflogen, deshalb war es jetzt besser, sich nicht auf Gespräche einzulassen. Er würde allerdings heute Abend in den „Störtebeker“ gehen, um seinen Ärger runterzuspülen. Dieser Entschluss stand unabänderlich fest.

Nach Feierabend übte er noch einige Gitarrenriffs auf seiner Fender Stratocaster, bevor er dann zum „Störtebeker“ aufbrach. Auf den Stühlen im Außenbereich saßen einige Touristen in kurzen Hosen und Flip Flops. Die Tür stand offen und das sogenannte „after work“ Knobeln schien im vollen Gange zu sein, denn er hörte die Knobelbecher auf den Tresen knallen. Die Musik war recht laut. Noch war es früh, so dass Beschwerden nicht zu befürchten waren. Als Petersen die Kneipe betrat, wurde er mit einem „Moin Sheriff“ begrüßt. Der Magister hielt sich die Augen zu.

„Oh, welch Glanz in meiner Hütte, der Columbo für Arme gibt sich die Ehre.“

„Mach hier kein Tam Tam! Ich bin unterhopft, komm in die Hufe“, reagierte Petersen betont cool. Die Kneipe war recht voll, nur an der Theke saßen die ihm bekannten Knobler. Aber in der Reihe dahinter und auf der Empore tummelten sich augenscheinlich Touristen. Da es Montag war, hatten sich die Knobler einiges von ihren Wochenenderlebnissen zu berichten. Strandwärter Jens Rackow, der im Frühjahr die Weltkriegsleiche gefunden hatte, klagte über Kopfschmerzen. Der Magister ließ ihn damit nicht durch.

„Wenn du montags nicht beschissen aussiehst, war dein Wochenende nicht gut“, reagierte er auf das Wehklagen von Rackow. Der Schwede schüttelte wortlos den Kopf. Da der Magister jetzt eine neue CD in seine Anlage schob, musterte Petersen die Gäste und stutzte. Auf der Verlobungsbank ganz in der rechten Ecke saß die Lehrerin von heute Mittag. Vor ihr stand eine Flasche Jever und daneben ein leeres Kornglas. Er drängte sich durch die Reihe hinter den Barhockern.

„Was machen Sie denn hier? Hier hätte ich Sie nicht erwartet.“

„Ach, der nette Polizist von vorhin, ich hätte Sie ohne Uniform fast nicht erkannt. Mein Kollege hat heute Stallwache in der Jugendherberge, die machen heute einen DVD-Abend. Ich musste mal raus aus der Mühle“, antwortete sie mit schwerer Stimme.

„Wenn der dich belästigt, muss du das nur sagen“, schaltete sich der Magister grinsend ein, „unser Sheriff ist ein sensibler Frauenflüsterer, pass auf.“

Die Lehrerin schüttelte ihren Kopf, so dass ihre langen schwarzen Haare durch die Luft wirbelten.

„Der darf mich ruhig ansprechen, den hab‘ ich heute schon kennengelernt, zu dem habe ich Vertrauen.“

Mit besorgter Miene bemerkte Petersen, dass das verzögerte Sprechen langsam in ein Lallen wechselte. Da auf der Bank noch Platz war, setzte er sich zu ihr.

„Ich bin fertig, kann mich nicht durchsetzen. Pubertierende Jugendliche gehen mir derart auf den Geist, die sind so respektlos“, sprudelte es aus ihr heraus.

„Noch mal das Gleiche hier und für den netten Polizisten auch ein Bier“, winkte sie dem Magister zu. Fragend blickte dieser Petersen an. Petersen reagierte sofort.

„Ich bestelle jetzt ein Wasser für Sie, denken Sie an den weiten Weg noch in den Westen zur Jugendherberge.“

„Ich bin mit dem Fahrrad da.“

„Umso schlimmer“, unterbrach sie Petersen.

Der Magister stellte der Lehrerin ein Flasche Wasser hin und gab Petersen ein Jever.

„Ich werde hier bevormundet“, lachte sie, „hier achtet die Polizei auch auf die Kneipengäste.“

„All inklusiv nennt man das“, warf der Magister ein und donnernd

ertönte seine laute Lache.

„Ich heiße übrigens Dagmar“, hob sie ihr Wasserglas. „Lars“, kam es zurück.

„Eigentlich könnten wir beide hier jetzt schön versacken, da hätt‘ ich richtig Bock drauf.“

„Wir haben nur ein Problem“, unterbrach Petersen sie „du bist hier im Job und ich im Feierabend.“

„Spielverderber“, knurrte sie, „ein Scheißjob ist das. Ich kann das doch nicht bis 67 machen, unmöglich.“

„Du kannst dir aber professionale Beratung holen, so was gibt es doch, oder?“

„Supervision“, lachte sie schrill, „ das ist ein Witz. Ich nenne das Befindlichkeitsakrobatik. Hab‘ ich gerade hier in so einem Schaukasten gesehen, ein Kurs der Volkshochschule vom ‚Burn Out zur Work-Life-Balance‘. Mit so einem Typen wir dir, der mit beiden Beinen auf der Erde steht, kann ich mir das schon eher vorstellen.“

Petersen lachte, „da hast du dir aber den Falschen ausgesucht. Ein nettes Kneipengespräch ja, aber für den Psychoscheiß bin ich der Falsche.“

„Wo ist denn der Unterschied? Ein Kneipengespräch bringt manchmal mehr und kostet nicht so viel“, lachte sie wieder sehr schrill.

In Petersen arbeitete es. Wie sollte er hier die Kuh vom Eis bringen? Eine Lehrerin, die betrunken auf dem Deich liegen würde. Geht gar nicht, die würde ihren Job verlieren. Er hatte grade neulich von zwei Lehrern gelesen, die total betrunken in Hamburg auf einer Klassenfahrt ertappt wurden, EdeKa, Ende der Karriere.

Er gab dem Magister ein Zeichen, die Rechnung fertig zu machen. Dieser sang leise, „ich bin der Beschützer der stolzesten Frau ‘n und dann sind se hin“, frei nach Heinz Rühmann.

„Willst du mich abschleppen?“, meldete sich Dagmar wieder, „oh, wie romantisch.“

Petersen zog Dagmar von der Verlobungsbank. Sein Gehirn arbeitete fieberhaft, wie mach‘ ich das jetzt? Er hatte eine Idee. Wozu nicht neue technische Hilfsmittel nutzen?

Er hakte Dagmar unter und verließ mit ihr den „Störtebeker.“

„Wo hast du dein Fahrrad stehen?“

„Hier am Geländer.“

Gib mir den Schlüssel, den holst du morgen auf der Wache ab. Du sagst in der Jugendherberge, du hättest ein Problem mit dem Schloss gehabt, okay?“

„Alles klar Herr Kommissar, komm‘ ich jetzt in eine Zelle?“

„Wir sind kurz davor, haben aber hier noch kein Frauengefängnis.“ Eigentlich war Petersen nicht zum Lachen zumute. Langsam schob er Dagmar in den Hof der Wache. Gott sei Dank, das E-Bike stand noch dort.

„So hör zu, jetzt wird’s ernst. Du setzt dich auf den Gepäckträger. Hälst dich an mir fest und dann geht das hier los. Immer westwärts.“

„Okay John Wayne.“

Dagmar schien einen guten Humor zu haben. Petersen lachte.

„Auf zum Rio Grande!“

Wir gehen ein kleines Stück bis zum Haus Cronemeyer, damit uns hier keiner sieht, sonst bin ich meinen Job los.“

„Desperados auf der Insel“, Dagmar konnte sich kaum halten vor Lachen.

Das Haus Cronemeyer war das letzte Haus an der Straße zum Westen. Dagmar schwang sich auf den Gepäckträger und umfasste Petersen mit beiden Armen, so wie es eine richtige Biker-Braut machen würde. Petersen schaltete den Akku ein und los ging es.

Als sie auf dem Deich ankamen, fing Dagmar an zu singen.

Atemlos durch die Nacht.

Bis ein neuer Tag erwacht.

Petersen hätte fast die Kontrolle über das E-Bike verloren.

„Bitte ein anderes Lied, sonst landen wir im Watt.“

Dagmar reagierte sofort mit einem anderen Lied.

Born to be wild.

We can climb so high.

I never wanna die.

“Das ist okay”, rief Petersen in den Wind und sang den Text mit.

Am Westturm-Café hielt Petersen an und sein Ton wurde ernst.

„So Dagmar, du gehst jetzt da ganz konzentriert rein, lässt dir nichts anmerken. Sofort ins Zimmer, keine Schüler oder deinen Kollegen ansprechen, das musst du mir versprechen.“

Dagmar umarmte Petersen und drückte ihm dabei einen Kuss auf die Wange.

„War irgendwie schön mit dir. Schade, dass ich so besoffen bin und hier als Lehrerin sitze.“

Einen Moment beobachtete er sie noch, wie sie hinunter zum Westturm ging. Sie riss sich tatsächlich zusammen. Etwas erleichtert trat Petersen den Rückweg an. Leise summte er.

Born to be wild.

3

Petersen wachte sehr früh auf. Der gestrige Abend hatte ihn irgendwie aufgewühlt. Warum das so war, blieb für ihn unklar. Hoffentlich war die junge Lehrerin unbeschadet in die Jugendherberge gekommen, ohne dass jemand ihren angetrunkenen Zustand bemerkt hatte. Im Dienstzimmer war er heute Morgen allein. Naumann brauchte aufgrund seiner Nachtbereitschaft erst mittags anzufangen und Onno hatte sich zu einem Arzttermin bei Doc Meyerdierks abgemeldet. Die Brötchen von gestern schmeckten immer noch gut und Aufschnitt war auch noch genügend da. Nachdem er seinen letzten Bissen runtergeschluckt hatte, fuhr er seinen PC hoch. Sofort sprang ihm eine Mail des LKA Niedersachsen ins Auge, die mit einer hohen Dringlichkeitsstufe versehen war. Die Mail, mit einer angehängten Bilddatei, ging ausschließlich an die Küstenbadeorte. Jede Dienststelle sollte prüfen, ob diese Aufnahmen zu lokalisieren waren. Aufmerksam betrachtete Petersen die Bilder. Sie zeigten Kinder beim Spielen am Strand. Die Bildausschnitte kamen ihm schon etwas merkwürdig vor. Richtige Urlaubsfotos waren das jedenfalls nicht. Eindeutig war das Hauptaugenmerk des Fotografen auf die Körper der Kinder gelenkt und nicht auf das Strandambiente, obwohl keine offensichtlichen pornographischen Handlungen dargestellt waren. Petersen tippte auf einen Spanner, der an der Nordseeküste sein Unwesen trieb. Mit der Zoomeinstellung untersuchte er die Bilder genauer. Für ihn konnte das überall sein. Etwas Spezifisches, was auf Wangerooge hindeutete, war für ihn nicht auszumachen. Nach einer kurzen Überlegung druckte er die Fotos in verschiedenen Größen aus und schob sie in einen  Umschlag. Er würde damit zu Jens Rackow, dem Strandwärter, gehen. Vielleicht konnte der mehr zur Beschaffenheit des Strandes und der Umgebung sagen.

Es klopfte. Petersen rief laut „herein.“ Er staunte nicht schlecht, als Dagmar eintrat. Sie sah blass aus, lachte ihn aber freundlich an.

„Moin, ich wollte meinen Fahrradschlüssel abholen und mich noch einmal bei dir, wir waren doch beim Du oder, bedanken.“

Sie holte aus ihrer Stofftasche, auf der „Nordseeheimat“ aufgedruckt war, eine Flasche Grappa raus und stellte diese auf den Tresen.

„Du siehst so aus, als wenn du Grappa trinken würdest. Es ist gestern noch alles klar gegangen. Niemand hat was bemerkt. Du hast mich vor einem großen Fehler bewahrt. Dafür möchte ich mich bedanken.“

Petersen musste jetzt seine Verlegenheit überspielen. Mit so viel Lob konnte er schlecht umgehen.

„Das freut mich, aber die Flasche darf ich nicht annehmen. Du bist ja selbst Beamtin und kennst die Vorschriften.“

Dagmar lachte ihn an.

„Hallo Lars, gestern warst du für mich der Typ Altrocker mit Lederjacke, übrigens ganz schön sexy. Nur, weil du jetzt eine‘ Uniform anhast, musst du nicht den überkorrekten Beamten geben.“

Petersen war jetzt richtig verlegen. Nervös rieb er mit seiner rechten Hand die Stirn.

Dagmar ließ nicht locker.

„Wir sind hier allein. Steck die Flasche weg und mach‘ nicht den Affen. Mit Grappa lag ich doch richtig oder?“, schob sie nach.

Petersen nickte. Dann kam ein leises „Danke“ über seine Lippen und schon war die Flasche unter seinem Schreibtisch verschwunden. Aus der rechten Schublade holte er den Fahrradschlüssel raus und gab ihn ihr.

„Wie lange bleibt ihr noch?“

„Bis Freitag, aber Kneipe ist für mich gestrichen. Es ist halt kein Urlaub, so traurig das ist. Vielleicht komm‘ ich mal zum Urlaub machen hierher und buche dann Supervision bei einem Polizeibeamten an der Theke.“

Lachend nahm sie ihren Fahrradschlüssel, hauchte ihm wieder einen Kuss auf die Wange und verschwand. Völlig konsterniert blieb Petersen zurück.

Nachdem er sich gesammelt hatte, griff er sich den Umschlag mit den Fotos und machte sich auf den Weg zum Strand. Die Strandkörbe waren schon fast durchweg besetzt und auch Guidos Jumping-Anlage wurde von einer Schulklasse belagert. Auf dem Volleyball-Feld wurde eifrig trainiert. Saisonhöhepunkt war dann immer das Gästeturnier, das von Helmut aus Bremen organisiert wurde. Petersen suchte die untere Promenade nach dem Strandwagen von Rackow ab. Er fand den nostalgisch aufbereiteten Wagen unterhalb des Eingangs zur Kurverwaltung. In blauen Farben war an der Seite der Schriftzug „Strandservice“ angebracht. Fenster, Eingangstür und Aufgang zum Wageninneren leuchteten in einer gelben Farbe. Irgendwie war dieser Wagen ein Hingucker befand Petersen. Die Tür war geschlossen und am Fenster klebte ein Zettel: „Bin im Feld, komme gleich zurück.“ Er setzte sich auf den Treppenaufgang des Wagens und beobachtete die Strandszenerie. Paare mit Kleinkindern bildeten die größte Gruppe, gefolgt von Rentnerpaaren. Ein deutliches Zeichen dafür, dass die Sommerferien noch nicht begonnen hatten. In der dritten Reihe der Körbe sah er Rackow mit seiner Umhängetasche. Er kassierte oder kontrollierte, ob die richtigen Leute in den richtigen Körben saßen. Nachdem er die letzte Reihe kontrolliert hatte, ging er langsam zum Wagen zurück. Als er Petersen entdeckte, grinste er.

„Hast du wieder `ne Leiche am Strand gefunden oder willst du mich wegen Zechprellerei festnehmen?“

„Die Leiche im Frühjahr hast du gefunden, mein Lieber, und der Magister hat sich bei mir nicht über deine Zahlungsmoral beschwert. Lass uns mal eben in deinen Wagen gehen. Ich muss dir was zeigen.“

Rackow schloss den Wagen auf und blickte ihn erstaunt an.

„Nun mach es nicht so spannend. Du willst doch irgendwas oder?“

Petersen nickte.

„Schau dir mal bitte diese Fotos an, könnten die hier gemacht worden sein?“

Petersen legte die Fotos auf den Tisch des Wagens. Ohne etwas zu sagen, musterte Rackow die Bilder, dann brach er sein Schweigen.

„Sucht ihr einen Spanner? Die Motivauswahl ist ja eindeutig.“

Petersen nickte.

„Konzentrier dich bitte auf das Umfeld. Können die Fotos hier am Strand gemacht worden sein?“

„Die Breite des Strandes ist nicht sehr groß. Die anderen Inseln haben meines Wissens größere Strände. Wir liegen hier am Fahrwasser. Stopp, da hinten ist am Bildrand das Ende eines Strandkorbes zu sehen. Ich aktivier‘ mal eben die Lupenfunktion meines I-Phones.“

Petersen staunte.

„So was gibt’s?“

„Na klar, man muss mit der Zeit gehen. Du kannst dir auf dein Smartphone so eine App runterladen. Also jetzt geht’s los.“

Rackow suchte mit seinem Smartphone das Bild systematisch ab.

„Du hättest Kriminaltechniker werden sollen.“

„Stimmt, da würde ich wohl etwas mehr Kohle verdienen. So, hier haben wir die Ecke eines Strandkorbs. Auf der braunen Leiste haben wir hinten in Gelb unsere Nummern aufgemalt. Bingo, man sieht zwar nicht die Nummer, aber den Aufstrich zu einer Nummer auf gelbem Untergrund. Ich bin jetzt mal vorsichtig, aber zu 90% sind das Fotos von hier.“

„Scheiße, das gibt Arbeit“, ärgerte Petersen sich.

„Ja, das Leben ist kein Ponyhof, aber so einen Spanner wirst du schwer finden. Hier läuft jeder mit ’nem Handy rum und fotografiert alles, was sich bewegt.“

Petersen nickte.

„Erstmal vielen Dank Jens, ich geb‘ dir beim Magister ein Bier aus. Vielleicht komm‘ ich noch mal auf dich zurück.“

Petersen packte seine Fotos wieder ein und auch auf Rackow wartete wieder Arbeit. Vor dem Strandwagen hatte sich eine kleine Schlange gebildet. Das gute Wetter musste ausgenutzt werden.

Zügig ging Petersen zurück in die Charlottenstraße. In der Wache waren inzwischen sowohl Onno Siebelts als auch Günter Naumann eingetroffen. In knappen Worten setzte Petersen seine Kollegen über die Entwicklung mit den Fotos in Kenntnis. Naumann war der Erste, der sich äußerte.

„Das wird aber eine schwierige Nummer, so einen Spanner ausfindig zu machen. Bei der Handy-Dichte am Strand fast unmöglich.“

Onno nickte.

„Ich bin ja nun ein altmodischer Friese und habe mit Handys nichts am Hut, aber ich habe das kommen sehen. Da ein Selfie, hier ein Selfie, dass das missbraucht werden kann, ist doch klar. So`n Schiet.“

„Stimmt alles, was ihr sagt, aber jetzt melden wir erst einmal  dem LKA, dass die Fotos mit großer Wahrscheinlichkeit hier vom Strand stammen. Ich denke, die werden jetzt versuchen, mit ihren technischen Mitteln über IP-Adressen oder so ähnlich rauszukriegen, wer diese Bilder ins Netz stellt hat.“

Siebelts und Naumann nickten.

„Was den Leuten absolut nicht klar ist, dass jeder das Recht auf das eigene Bild hat. Da wird nicht drüber nachgedacht. Eigentlich müsste man die Strandbesucher darüber aufklären“, referierte Petersen.

„Bloß nicht“, kam es von Onno zurück, „wenn die Kurverwaltung spitzkriegt, dass hier ein Spanner Fotos ins Netz stellt, drehen die doch durch.“

„In Boltenhagen, an der Ostsee, haben die das gemacht“, schaltete sich Naumann ein, „die haben an ihren Strandaufgängen Aufkleber mit einem durchgestrichenen Fotoapparat angebracht. Das hat natürlich ordentlich Wirbel gegeben. Die Leute haben erst gedacht, es gäbe ein allgemeines Fotografierverbot am Strand. DDR-Methoden kam es sofort von den üblichen Bedenkenträgern. Dann wurde ein Text angebracht, so unter dem Motto, fotografieren sie keine fremden Menschen ohne deren Zustimmung.“

Petersen nahm den Faden auf.

„Ganz so blöd ist das nicht, denn eigentlich sollte es klar sein, dass an einem Badestrand mit den vielen leicht bekleideten Leuten die Persönlichkeitsrechte besonders streng zu achten sind. Ich möchte meine Bierwampe auch nicht irgendwo im Netz sehen.“

„Ihr habt ja recht, aber bloß nicht unseren Fall öffentlich machen. Das geht nach hinten los.“

„Nun hab‘ mal nich so viel Schiss Onno. Wir könnten das doch mal dem neuen Bürgermeister als polizeiliche Präventionsaktion vorschlagen.“

Petersen lachte, weil er wusste, wie Onno reagieren würde, und wie auf Knopfdruck kam seine Reaktion.

„Oh nee, jetzt geht das wieder los. Petersen mit seiner bremischen Symbolpolitik. Kostet nichts, bringt nichts, aber alles wird schön aufgeblasen. Heiße Luft, sonst nichts. Ich zitiere Kommissar Petersen aus Bremen.“

Alle drei fingen jetzt an zu lachen. Naumann, der diesen Gag zwischen Petersen und Siebelts noch nicht kannte, klopfte sich auf die Schenkel. Als alle sich gefangen hatten, grinste Onno Petersen schelmisch an.

„So Lars, jetzt musst du gleich unseren Anwärter aus Oldenburg vom Bahnhof abholen.“

Entgeistert blickte Petersen seinen Dienststellenleiter an.

„Wieso ich denn?“ raunzte er.

„Du hast das mit Mona so schön hingekriegt, du bist der geborene Ausbilder, einfühlsam und durch und durch Pädagoge.“

Onno konnte sich vor Lachen kaum halten. Genüsslich schob er einen Satz hinterher, den er sonst nie sagen würde.

„Das ist eine dienstliche Anweisung!“

Petersen entgleisten die Gesichtszüge. Über die Bemerkung mit Mona ärgerte er sich schon, wollte sich aber jetzt nicht als Spielverderber aufführen.

„Okay, ich mach das, oben sticht unten, das ist des Beamten Leid.“

Mit diesen Worten zog er in Richtung Bahnhof ab.

Auf dem Bahnhof herrschte das übliche Chaos, wie es in der Hauptsaison üblich war. Viele Menschen drängten sich vor dem Absperrgitter, das vor den Gepäckcontainern aufgebaut war. Geduld war hier wenig ausgeprägt. Obwohl jeder sah, dass die Container noch erst mit einem Gabelstapler auf den Bahnsteig gehoben werden mussten, wurde gedrängelt und geschubst. Petersen, der das Getümmel aus sicherer Distanz beobachtete, schüttelte nur ungläubig den Kopf. Das war nun der Beginn des Urlaubs, der der Entspannung und der Erholung dienen sollte. Trotzdem stellte er sich die Frage, ob der Gepäcktransport nicht doch anders organisiert werden könnte. In diesem Moment wurde er von hinten angesprochen.

„Sind Sie Kommissar Petersen?“

Petersen drehte sich um und sah einen schlanken, verdammt gut aussehenden jungen Mann vor sich, schwarze, kurz geschnittene Haare, Drei-Tage-Bart. Das Gesicht war für Petersen fast zu jugendlich. Das sollte ein Kommissaranwärter sein. Petersen hätte ihn für einen Oberstufenschüler gehalten, der kurz vorm Abitur stand. Nachdem Petersen genickt hatte, stellte sich der junge Mann ihm vor.

„Ich bin Simon Bernhard, Anwärter aus Oldenburg.“

Von Petersen kam nur ein kurzes, brummiges „Moin.“ Er deutete auf die Gepäckausgabe. Bernhard hatte verstanden und reihte sich in die ungeduldig wartende Masse ein. Junger gut aussehender Mann, Petersen ahnte, dass Mona an diesem Typen Gefallen gefunden haben könnte. Vom Alter her durfte er sogar einige Jahre jünger als Mona sein. Sein Bauchgefühl signalisierte ihm aufsteigende Eifersucht. Sein Verstand sagte ihm, dass es so kommen musste. Eine Beziehung zwischen ihm und Mona musste zwangsläufig an dem großen Altersunterschied scheitern. Sie hatten nie darüber gesprochen, aber ihm war klar, dass bei beiden dieses Gefühl immer da war, sonst hätte mehr draus werden können. Sein Verstand hatte die Unausweichlichkeit dieser Entwicklung immer schon gesehen, aber sein Bauch rebellierte, und dies ärgerte ihn maßlos.

Simon Bernhard steuerte mit seinem Rollkoffer auf Petersen zu, der dirigierte ihn durch eine Gruppe von Schülern, die mitten im Abgang vom Bahnsteig standen und gebannt auf ihre Smartphones starrten. Vor der Bäckerei Kunst bog Petersen in die Schulstraße ein. Er hatte keine Lust mit der Horde der ankommenden Feriengäste mitzulaufen. In der Kapitän-Wittenberg-Straße war es merklich ruhiger. Bernhard durchbrach das Schweigen.

„Die Mona hat viel von Ihnen erzählt, übrigens nur Gutes und dass ich viel von Ihnen lernen kann.“

Petersen schluckte. Das musste er jetzt nicht hören. Am liebsten hätte er „halt’s Maul“ gerufen. Er entschloss sich, nicht auf die Bemerkung zu reagieren. Stattdessen wurde er förmlich.

„Wir sind gleich da, vorne links in der Charlottenstraße ist die Wache. Über der Wache ist Ihre Dienstwohnung. Ich werd‘ Sie dann gleich den Kollegen  vorstellen. Im Moment sind wir zu dritt, weil Hauptsaison ist. Einer von uns hat immer Nachtbereitschaft, wir wechseln uns ab.“

„Und was ist mit mir?“ unterbrach Bernhard Petersen.

„Sie laufen immer mit einem von uns mit, wahrscheinlich mit mir.“

„Das hatte Mona sich auch gewünscht“, kam es zurück.

Petersen wäre fast ausgerastet. War dieser junge Mann das Schoßhündchen von Mona? Er ging ihm jetzt schon auf die Nerven. Das fing ja gut an. Er riss sich zusammen.

„Das hat unser Dienststellenleiter Onno Siebelts so angeordnet und nicht Mona Behrens aus Oldenburg.“

Bernhard bemerkte schon, dass Petersen angefressen war, verstand die Ursache dafür aber nicht. Sie hatten die Wache erreicht. Petersen stellte Simon Bernhard seinen Kollegen vor. Gott sei Dank brachte Onno dann den Polizeianwärter in seine Dienstwohnung.

4

Kurz vor Feierabend betrat Geschwandners Vorgesetzter, Kriminalrat Dr. Müller, das Büro.

„Ich hab‘ hier was für Sie. Das LKA Niedersachsen hat einen Hinweis auf unseren Nordsee-Spanner bekommen. In der Mail ist ein Bericht von einem Kommissar Petersen von der Insel Wangerooge angehängt. Lesen Sie sich das mal durch. Die Sache könnte Ihnen helfen, den Spanner zu finden.“

Dr. Müller legte die Akte auf Geschwandners Schreibtisch. Er wollte gerade das Büro wieder verlassen, als Geschwandner ihn ansprach.