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Die Melton-Brüder haben durch Betrug ein Millionenerbe ergaunert. Old Shatterhand und Winnetou folgen der Spur von Harry (dem "Satan") und dem Verräter Thomas (dem "Ischariot") von New Orleans aus durch den Llano Estacado zum geheimnisvollen Yuma-Schloß und hinauf ins Felsengebirge. Die vorliegende Erzählung spielt Anfang der 70er-Jahre des 19. Jahrhunderts. "Satan und Ischariot" ist der letzte Teil der gleichnamigen Trilogie. Weitere Teile: 1.) "Die Felsenburg" (Band 20) 2.) "Krüger Bei" (Band 21)
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Seitenzahl: 600
Veröffentlichungsjahr: 2011
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KARL MAY’s
GESAMMELTE WERKE
BAND 22
SATAN UND ISCHARIOT
Satan und Ischariot
Dritter Band
REISEERZÄHLUNG
VON
KARL MAY
Herausgegeben von Dr. Euchar Albrecht Schmid
© 1950 Karl-May-Verlag
ISBN 978-3-7802-1522-2
KARL-MAY-VERLAG
BAMBERG • RADEBEUL
Seit dem bisher Erzählten waren vier Monate vergangen. In den ersten zwölf Wochen hatte ein mir unendlich teures Leben mit dem Tod gerungen. Winnetou war am Sterben gewesen.
Seine sonst so widerstandsfähige Natur hatte doch unter dem Aufenthalt in Afrika, so kurz er auch war, gelitten. Wir bekamen in Marseille schnelle Gelegenheit nur nach Southampton. Kaum hatte sich das Schiff in Bewegung gesetzt, so musste er sich legen. Wir hielten die Übelkeit, die ihn befiel, zunächst für eine Folge der Seekrankheit; als sich sein Zustand aber nicht besserte, zogen wir den Schiffsarzt zu Rate und dieser stellte ein schweres Gallen- und Leberleiden fest, das eine gefährliche Wendung zu nehmen drohte. In Southampton war er so schwach, dass er von Bord getragen werden musste; an eine Weiterreise war nicht zu denken. Emery, der hier bekannt war, mietete in der Umgegend der Seestadt, die der ,Garten Englands‘ genannt wird, ein Landhaus, das wir mit dem Kranken bezogen. Zwei der tüchtigsten Ärzte teilten sich in seine Behandlung.
Er, der dem Tod hundertmal offen ins Auge geschaut hatte, musste nun hier mit einem heimtückischen Feind kämpfen, den er nicht packen konnte. Bald schien er zu unterliegen, bald trat wieder eine Besserung ein, die uns Hoffnung gab, aber nicht lange anhielt. Das verdrängte jede andere Sorge und wir dachten nur an die Pflege des teuren Freundes. Wir saßen Tag und Nacht an seinem Bett und taten alles, den tückischen Feind in die Flucht zu schlagen. Aber erst in der dreizehnten Woche erklärten uns die Ärzte, das Schlimmste sei vorüber und der Kranke bedürfe nur noch der Schonung und der Erholung.
Schonung und Erholung! Der Apatsche lächelte, als er die beiden Worte hörte, obgleich er zum Skelett abgemagert war, sodass dieses Lächeln weit eher wie unterdrücktes Weinen aussah.
„Schonung?“, fragte er. „Ich habe keine Zeit dazu. Und Erholung? Kann sich Winnetou auf diesem Lager und in diesem Land erholen? Gebt ihm seine Prärie wieder, dann wird er seine Kräfte schnell zurückgewinnen. Wir müssen fort. Meine Brüder wissen, welch eilige Angelegenheit uns hinüberruft.“
Wohl wussten wir das, unser Vorhaben war auch wirklich eilig; aber einer, der soeben einer lebensgefährlichen Krankheit entronnen ist, muss sich vor jeder Eile hüten.
Trotz Winnetous Krankheit hatten wir nichts versäumt, um den Plan der beiden Meltons, sich in den Besitz eines Vermögens von Millionen zu setzen, zu Schanden zu machen. Die beiden Schufte hatten in Afrika den jungen Hunter ermordet und waren nun nach Amerika abgesegelt, um sich mit Hilfe der gestohlenen Papiere und der Ähnlichkeit, die der junge Melton mit dem Ermordeten besaß, in den Besitz des Erbes zu setzen. Ich hatte sofort nach unserer Ankunft in Southampton dem Rechtsanwalt Fred Murphy in New Orleans telegrafiert. Da die Meldung nicht als unbestellbar zurückkam, nahm ich an, dass er sie erhalten hatte. Gleich danach schrieb ich ihm einen langen Brief, in dem ich ihm unsere Erlebnisse mitteilte und ihn ersuchte, die Meltons, sobald sie sich in New Orleans zeigen würden, festnehmen zu lassen und bis zu unserer Ankunft in sicherem Gewahrsam zu halten.
Ungefähr drei Wochen später antwortete er mir. Er dankte mir für meine Mitteilungen und verständigte mich über den weiteren Verlauf der Angelegenheit. Als Freund von Small Hunter hatte er sich so sehr um die ganze Sache bemüht, dass er vom Gericht als Erbschaftsverweser eingesetzt worden war. Er hatte die Behörde sofort über mein Telegramm und dann auch über meinen Brief verständigt und beide waren zu den Akten genommen worden. Kurze Zeit später hatte sich der falsche Hunter vorgestellt und war mit seinem Vater verhaftet worden. Er hatte dem echten Hunter sehr ähnlich gesehen und war selbst in dessen persönlichste Angelegenheiten so eingeweiht gewesen, dass man ihn ohne mein Schreiben gewiss für den wirklichen Erben gehalten und ihm die reiche Erbschaft unbedenklich zugesprochen hätte. Die Untersuchung aber hatte ergeben, dass er regelmäßig ausgebildete Füße besaß, während die Bekannten Hunters wussten, dass dieser zwölf Zehen gehabt hatte.
Das schrieb mir der Anwalt. Zugleich bat er mich um Zusendung der Schriftstücke, die sich in meiner Hand befanden und zur völligen Überführung der beiden Betrüger nötig waren. Er meinte, wir drei Zeugen könnten noch lange verhindert sein, hinüberzukommen, und es liege im Vorteil der eigentlichen Erben, die Sache so bald wie möglich auszutragen.
Ich musste zugeben, dass er da Recht hatte, und doch gab es eine Stimme in mir, die mich warnte, auf dieses Begehren einzugehen. In einer Seestadt wie Southampton werden alle hervorragenden ausländischen Blätter gelesen. Es standen mir drei der bedeutendsten Zeitungen aus New Orleans zur Verfügung und keine erwähnte unsere Angelegenheit auch nur mit einem Wort. Das fiel mir auf.
„Die Behörde wird die Sache geheim halten“, meinte Emery, um das Schweigen der Zeitungen zu erklären.
„Warum?“, fragte ich.
„Hm! Weiß auch keinen Grund.“
„Ich kann mir noch weniger einen denken, zumal man sich drüben sogar in anderen Angelegenheiten nicht scheut, vor die Öffentlichkeit zu treten. Der Yankee ist selbst in Rechtssachen kein Geheimniskrämer und in unserem Fall würde die Veröffentlichung mehr als geraten sein, weil dadurch gewiss niederschmetternde Beweise gegen die Meltons zusammenkämen. Davon bin ich überzeugt.“
„Well, ich auch.“
„Also verstehe ich die Heimlichkeit nicht, ja, sie kommt mir bedenklich vor.“
„So willst du die Urkunden nicht hinüberschicken?“
„Nein. Ich werde das dem Anwalt schreiben. Ich werde ihm sagen, dass die Papiere denn doch zu wichtig wären, als dass ich sie den Unfällen des Seeverkehrs anvertrauen möchte; und wenn er ein ebenso vorsichtiger wie tüchtiger Jurist ist, kann er das nur loben.“
Ich schrieb also und bekam nach abermals drei Wochen wieder einen Brief, in dem Fred Murphy meine Zurückhaltung zwar vollkommen anerkannte, mich aber bat, ihm die Urkunden durch einen sicheren Mann zu schicken. Auch das unterließ ich, da die Blätter von New Orleans noch immer nichts über den Fall gebracht hatten. Ich antwortete nicht und er schwieg auch. Darum nahm ich an, dass er mir meine Vorsicht übel genommen und nun auf meine Ankunft warten wolle.
Dann hatte ich noch einen zweiten Brief geschrieben, nämlich an Frau Werner und ihren Bruder Franz, den Geiger. Auch ihnen erzählte ich ausführlich das Ergebnis unserer Nachforschung nach Small Hunter und gab ihnen die Versicherung, dass sie gewiss in den Besitz der Erbschaft kommen würden, die die beiden Meltons für sich ergaunern wollten. Ich freute mich darüber, ihnen eine so frohe Nachricht senden zu können, erhielt jedoch keine Antwort, was mich wunderte, aber nicht störte. Bis San Francisco war es weiter als bis New Orleans und die Empfänger konnten inzwischen die Wohnung gewechselt haben. Sie empfingen mein Schreiben sicher, da mir Franz die richtige Anschrift gegeben und auch jedenfalls dafür gesorgt hatte, dass ihnen alle Post nachgeschickt wurde.
Als Winnetous Genesung so weit vorgeschritten war, dass er sich im Freien ergehen durfte, machte ich ihm den Vorschlag, bis zu seiner völligen Wiederherstellung noch hier zu bleiben, ich aber wollte einstweilen allein nach New Orleans fahren. Er sah mich mit verwunderten Augen an und fragte:
„Hat mein Bruder im Ernst gesprochen? Hat mein Bruder vergessen, dass Old Shatterhand und Winnetou zusammengehören?“
„Hier ist eine Ausnahme notwendig. Die Sache eilt und du bist noch nicht gesund.“
„Winnetou wird auf dem großen Wasser schneller gesund werden als hier im Haus. Er wird mit dir reisen. Wann fährst du ab?“
„Nun, höchstwahrscheinlich noch nicht. Du lässt mich ohne dich nicht fort und ich will dich keinem Rückfall aussetzen, der gefährlicher wäre als die Krankheit selbst.“
„Und doch werden wir fahren, ich will es so! Mein Bruder mag sich erkundigen, wann das nächste Schiff nach New Orleans geht, das werden wir besteigen. Howgh!“
Wenn er dieses Wort aussprach, war jede Widerrede nutzlos, ich musste mich also fügen.
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