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Schwein gehabt! Noch bevor Kim zum Hausschwein wurde und gemeinsam mit der Saubande ermittelte, war sie nur eine Nummer und lebte mit Muttersau und Geschwistern in einer doch schon ziemlich engen Box in einem großen Stall. Schon damals war ihr klar: Es muss mehr geben auf dieser Welt als das. Einmal das echte, warme Licht sehen! Gesagt getan – Kim bricht aus – naja, mehr oder weniger. Wie Kim letztendlich zu Kim wurde, ihren Weg zu Dörthe – ihrer Retterin – und Maler Munk fand und obendrein noch ein Attentat auf ihren Gönner und somit ihr neues Zuhause vereitelte, erzählt dieser kurze, amüsante Schweinekrimi … Der Auftakt zur Schweinekrimi-Trilogie "Die Saubande ermittelt" - Band 1: Saubande, Band 2: Rampensau, und Band 3: Schöne Sauerei.
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Seitenzahl: 101
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Arne Blum ist seit Jahren in der Verlagsbranche tätig und schreibt erfolgreiche Kriminalromane. Seine Schweinekrimireihe um die kluge Ermittlerin Kim mit der unfehlbaren Spürnase machte ihn nicht nur zu einem bekennenden Freund aller Schweine, sondern veranlasste ihn auch, ein Pseudonym für diese andere Seite in seinem kreativen Schaffen zu wählen.
Schwein gehabt!
Noch bevor Kim zum Hausschwein wurde und gemeinsam mit der Saubande ermittelte, war sie nur eine Nummer und lebte mit Muttersau und Geschwistern in einer doch schon ziemlich engen Box in einem großen Stall. Schon damals war ihr klar: Es muss mehr geben auf dieser Welt als das. Einmal das echte, warme Licht sehen! Gesagt getan – Kim bricht aus – naja, mehr oder weniger. Wie Kim letztendlich zu Kim wurde, ihren Weg zu Dörthe – ihrer Retterin – und Maler Munk fand und obendrein noch ein Attentat auf ihren Gönner und somit ihr neues Zuhause vereitelt, erzählt dieser kurze, amüsante Schweinekrimi …
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Arne Blum
Sauhunde
Das Hausschwein Kim – wie alles begann
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Epilog
Impressum
Ich weiß, dass manche ihre Geschichte ganz von hinten anfangen – nicht mit der Schnauze, sondern mit dem Schwanz sozusagen. Um richtig klug auszusehen, könnte ich das auch so machen: mit meiner Geschichte ganz hinten beginnen. Also mit Dörthe, meiner besten Menschenfreundin. Sie hatte nichts mit dieser Sache zu tun; es war eine Verschwörung, so nennt man das wohl, aber Dörthe war nicht dabei, sie … sie ist manchmal verwirrt, sie hatte auf einem Geländer gesessen und wollte in einen Fluss springen, und sie hatte auch mit dem schwarzen Mann geredet, aber sie ist keine böse Frau, bestimmt nicht. Und ja, ich bin ihre Retterin, auch wenn ich nicht damit angebe. Ich bin eben saunett und habe sie, wenn ich ehrlich sein soll, mehr als einmal aus großen Schwierigkeiten geholt.
Dörthe ist eine Frau, rote Haare, volle rote Lippen, Sommersprossen, ziemlich groß. Sie nennt sich Schauspielerin, und wenn sie dieses Wort ausspricht, dann lacht sie dabei recht geziert. Irgendjemand hat mal gesagt, sie sei zu schön für diese Welt, und vielleicht stimmt das auch. Jedenfalls hat sie immer Schwierigkeiten, meistens mit anderen Menschen, selten mit Tieren, und fast immer sind diese anderen Menschen Männer. Eine Zeitlang hat sie ihr Geld damit verdient, dass sie sich vor Männern auszieht. Kann man sich das vorstellen? Dass jemand einem anderen etwas dafür gibt, dass er sich nackt macht?
So, aber jetzt zum Anfang. Von dem Mord an Robert Munk, Dörthes Freund und einem berühmten Maler, ist hier nicht die Rede. Auch nicht von meinen Artgenossen: dem rebellischen Che, dem verfressenen Brunst, dem schlauen Doktor Pik und Cecile, dem Minischwein. Die vier traf ich erst später, nachdem ich Dörthe gerettet hatte. Und von Lunke, dem Wildschwein, in das ich mich fast, aber nur fast verliebt hätte, will ich hier auch nicht reden.
Es geht um mich – ganz allein um mich, und ich hieß auch noch nicht Kim. Ich hatte keinen Namen, das war mein erstes Elend.
Wir waren zu acht – acht Ferkel. Ich war die Nummer sieben. So nannte mich meine Mutter Paula: Sieben, komm her. Sieben, sei ruhig. Sieben, mach dich dünne.
Nur die Nummer acht war noch kleiner als ich, dafür war sie ziemlich still. Eigentlich sagte sie gar nichts, gab nicht einmal ein Grunzen von sich. Ich dagegen redete gerne, und ich stellte Fragen.
Meine Mutter lag meistens nur da, auf der Seite und grunzte. Sie hatte zum Glück genug Zitzen für uns alle, so dass keiner von uns Probleme damit hatte, zum Zuge zu kommen. Allerdings war unser Pferch so eng, dass wir uns kaum bewegen konnten. Und wenn Nummer eins uns alle zur Seite schob, dann wurde man schon einmal übel gegen ein hartes Gatter gedrückt. Überhaupt Nummer eins. Ich konnte ihn vom ersten Moment an nicht leiden. Er leckte unserer Mutter durchs Gesicht, er schlief ganz nah bei ihr und saugte auch noch, wenn er im Halbschlaf war, und wenn dieses warme rote Licht über uns angeschaltet wurde, dann machte er sich darunter ganz breit.
Er war ein Ekel, aber die anderen bewunderten ihn.
Ich war die Einzige, die ihm einen Namen gab: Ich nannte ihn Sauhund, obwohl ich gar nicht wusste, was das da. Ich hatte das Wort aufgeschnappt. Manchmal liefen Menschen um uns herum, warfen Futter in einen Bottich, gaben Wasser in eine Rinne, oder sie hoben das aus dem Gatter, was bei uns hinten herausfiel. Sie waren auch nicht sehr freundlich zu uns. Ja, einer von ihnen hatte einmal »Sauhund« gerufen und mit einem Stock nach Nummer fünf und sechs geschlagen.
Die Menschen interessierten mich auch nicht besonders, auch nicht die anderen Schweine in den anderen Pferchen, die wir nicht sahen und auch mehr rochen als hörten. Mich interessierte, was über uns war. Da waren tagsüber Lichter – grelle Lichter, die manchmal flackerten und die abends ausgingen. Dann schienen die Lichter müde zu sein und nach rechts und links zu wandern und ein wenig ihre Farbe zu verlieren. Aber was war hinter den Lichtern? Gab es da noch etwas?
Meine Mutter Paula wollte dazu nichts sagen. »Ich erinnere mich nicht, Nummer sieben«, sagte sie zu mir. »Ich bin schon immer hier gewesen, und wenn ich einmal woanders war, dann weiß ich nicht mehr, wo.«
Ich ahnte, dass meine Mutter nicht die Klügste war, aber woher hätte sie auch mehr Dinge wissen wollen? Die Dinge, die ich später sah und erlebte, hätte sie sich nicht einmal im Traum vorstellen können.
Wenn wir acht nicht mehr hungrig waren und sie Lust hatte, sich aufzurappeln, dann stellte sie sich mitunter breitbeinig hin und hielt uns einen Vortrag. Etwa so: »Wir Schweine sind etwas Besonderes. Wir sind freundlich, wir sollten uns nicht gegenseitig die Schwänze abbeißen, und wir sollten jedem so viel Platz lassen wie möglich.« Überhaupt sollten wir aus allem das Beste machen. Und das Beste sei es zu fressen. Unsere Geschmacksnerven seien die feinsten, die man sich vorstellen könne. Wir sollten tüchtig essen und jeden Bissen genießen. Darin liege der Sinn unseres Lebens, jeden Bissen zu genießen.
Ich schaute zu den Lichtern auf und konnte es nicht glauben. Wir waren noch ganz kleine Schweine, wir saugten an unserer Mutter, und sie sagte uns: Wir sollten jeden Bissen genießen?
Irgendetwas stimmte da nicht.
Und überhaupt, sagte meine Mutter Paula noch, das Leben gehe nicht gut aus. Das habe sie auch ihren neunundsechzig anderen Ferkeln erklärt, die sie schon gehabt habe.
Neunundsechzig – darunter konnte ich mir gar nichts vorstellen.
Aber eines wusste ich, auch wenn ich noch keinen Namen hatte und noch nicht Kim hieß: Mit dieser Erklärung wollte ich mich nicht zufriedengeben. Und ich wollte wissen, was hinter den Lichtern war. Einen ganzen Tag starrte ich zu ihnen hinauf, mein Kopf tat mir schon weh, aber ich konnte es nicht herausfinden.
Wenn es nicht weitergeht, sagte ich mir, dann musst du die Perspektive ändern.
Aber wie?
Unser Pferch bestand aus einem Eisentor mit ein paar Stäben und soliden harten Wänden, die ungefähr drei Köpfe über mir aufhörten. Selbst wenn ich ordentlich hochsprang, würde ich nicht sehen, was auf der anderen Seite lag. Die einzige Stelle, an der man etwas weiter sehen konnte, waren die Stäbe. Ich schob mich ganz nah an sie heran. Meine Schnauze passte hindurch, aber dann kamen mein Kopf, mein Hals, mein Rücken. Ich würde irgendwann feststecken.
Nein, da war nichts zu machen. Das hatten diese zweibeinigen Menschen alles genau bedacht, dass ich da nicht herauskam.
Ich brauchte eine andere Idee.
Wenn meine Mutter sich ganz nah an die Stäbe drücken und ich über sie klettern würde … Paula aber mochte es nicht, dort zu liegen. Es war ihr zu kalt, zu ungemütlich.
Ich schaffte es nicht, sie zu überreden, sich einmal einen anderen Schlafplatz zu suchen. Also musste ich Nummer eins angehen.
Einen halben Tag lang, nachdem wir ausgiebig getrunken hatten, lief ich ihm hinterher.
»Du bist gar nicht so stark, wie du tust. Du hast ganz dünne Beine!«, rief ich ihm nach. Sauhund nannte ich ihn allerdings nicht, das tat ich nur in Gedanken. Irgendwann begann ich ihn sogar in seinen kleinen Schwanz zu beißen.
Er keilte zurück, und dann, als er genug davon hatte, stellte er sich vor mich hin und grunzte: »Was willst du, kleines Schwein!« Er sagte tatsächlich »kleines Schwein«, als wäre er selbst schon groß.
»Ich wette, du hältst es nicht aus, dass ich auf dich klettere«, sagte ich.
Er legte den Kopf schief, wie es später auch Lunke, das Wildschwein getan hat, wenn ich mit ihm sprach, und sah mich an: »Du willst mich beklettern?«
Ich nickte. »Nur kurz – nur, um etwas auszuprobieren.«
»Du spinnst«, sagte er und wollte sich schon abwenden, aber dann hielt er inne. »Und wozu soll das gut sein?«
»Aus Spaß«, erwiderte ich vage. Ich konnte ihm schlecht sagen, dass ich beschlossen hatte auszubrechen.
Er postierte sich an den Stäben. Ich versuchte, auf ihn zu steigen, aber es funktionierte nicht, ganz und gar nicht. Entweder knickte er mit den Hinterbeinen ein, oder ich fiel schon hin, bevor ich auch nur halbwegs auf ihm stand. Erst als Nummer acht sich – wie immer schweigend – neben mich stellte, klappte es für einen Moment. Ich stand wacklig auf dem Rücken von Nummer eins, und während ich spürte, wie er schnaufte und grunzte und dass er gleich vor Schwäche zusammenklappen würde, sprang ich – über die Stäbe in die Freiheit oder das, was ich in diesem Moment für Freiheit hielt.
Der Aufprall war hart, ich fiel auf die Schnauze und jaulte auf. Ich landete auf nacktem Beton. Nicht ein einziger Strohhalm dämpfte meine Landung. Zum Glück aber hatte keiner meinen Ausbruch bemerkt. Von den Menschen war auch niemand zu sehen. Sie hatten so ihre Zeiten, an denen sie sich zeigten – morgens, nachdem das grelle, hohe Licht angesprungen war.
Ich schaute mich um. Nummer eins blickte mich durch die Stäbe an.
»Alles gut?«, fragte er, nun durchaus freundlich.
»Danke«, sagte ich zu ihm.
»Was hast du vor?«, fragte er und sah nun sogar ein wenig traurig aus, als wäre er auch gern auf der anderen Seite der Stäbe gewesen.
»Ich will wissen, was hinter den Lichtern ist«, sagte ich und richtete meinen Blick zur Decke.
Er hob gleichfalls den Kopf, aber ich bemerkte an seinem Gesichtsausdruck, dass er nicht verstand.
»Manchmal muss man die Perspektive ändern«, schob ich nach, aber was ich damit meinte, verstand er noch viel weniger.
Ich trabte los. Ein langer grauer Gang lag vor mir, er führte vorbei an anderen Pferchen mit anderen Stäben. Da waren andere Sauen, die genauso aussahen wie Paula, mit vielen anderen Ferkeln. Zuerst bemerkten sie mich nicht, aber bald begann ein Geraune und Gequieke. »Wo kommst du denn her?«, rief man mir zu.
»Kannst du fliegen?«, »Willst du uns befreien?«, »Mach die Gatter auf!«, »Bring uns die Freiheit!«, »Schweine aller Pferche, vereinigt euch!«
Mir war dieses Aufsehen höchst unangenehm. Als zwei Männer meinen Weg kreuzten, schaffte ich es, mich hinter einen Eimer, aus dem es nach Futter roch, zu verdrücken, so dass sie mich nicht wahrnahmen. Aber irgendwie schienen sie auch mitgekriegt zu haben, dass etwas nicht stimmte, dass sich die Atmosphäre in den Pferchen geändert hatte.
Mir war auf einmal mulmig zumute. Ich blickte hinter mich. Nur für den Fall, dass ich zurückwollte – würde ich den Weg noch finden? Ach egal, ich würde einfach nach Paula, meiner Mutter, schreien.