Schattenspiel - Sascha Federmann - E-Book

Schattenspiel E-Book

Sascha Federmann

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Beschreibung

Streifenpolizist Michael Doll besucht weit nach Mitternacht abermals das einladende Diner im Herzen Megapolis' für einen heißen Kaffee. Doch während er wartet und durchschnauft, kollidieren surreale Kreaturen miteinander, die seit Anbeginn der Zeit agieren ... „Schattenspiel“ - ein neues, düsteres Erzählwerk als Low Fantasy Kurzgeschichte. Mit packender Handlung und ungleichen Figuren bietet dieser literarische Snack für unterwegs erneut eine völlig eigene Mischung aus Alltag und einem auftretenden Riss in der Realität.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltsverzeichnis

Schattenwelt

Impressum

Schattenwelt

Megapolis. Eine Stadt, die Schlaf verlernt hat. Sie ist ihrer Menschen überdrüssig. Überfüllt. Vermüllt. Verroht. Verkommen. Gebäude verrotten in Zehnteln einer Zeitlupe, als wären sie selbst Gefangene ihrer Leere. Obdachlosigkeit prägt das Stadtbild, das unzählige gestrandete Existenzen, umgeben von kaputten Möbeln, Zeltplanen und alten Decken, in einem unaufhörlichen, verzweifelten Überlebenskampf aus Drogen, Alkohol, Übergriffen, Diebstahl, Gewalt und Mord gerade so überleben lässt. Eine nie endende Abwärtsspirale widerlichen Seins.

Die Straßen, einstige Hauptschlagadern und Pulsgeber, sind ein umkämpftes Chaos. Der Geruch von Abgasen, allerlei Müll und verschimmelten Überresten jeglicher Art verseucht die Luft und hält die Stadt fest umklammert. Risse im Asphalt zeichnen ihre umfangreichen Grimassen. Schlaglöcher brüllen einen Preis, wenn man diese zu schnell durchfährt.

Werbung in Neonfarben preisen Sex an. Die schnelle Befriedigung. An jeder Ecke. Je mehr man sich dem Zentrum nähert, umso obszöner und gewagter werden die Claims – und ihre profanen, ausgebeuteten Fantasien. Immer bunter flimmernde Hologramme überlagern die brutal abgenutzte Realität, versprechen verführerische Träume bei Nacht. Diese Stadt ist der Wallfahrtsort für jederlei Fetisch. Für einen Moment kann jeder seine Angst, seine Einsamkeit, seine Dunkelheit in einer von Neonlicht getäuschten Ekstase vergessen. Gott hat diesem Ort schon vor langer Zeit den Rücken gekehrt.

Sirenen in der Ferne durchbrechen die monotone Geräuschkulisse der Stadt. Hoffnung und Verzweiflung treffen in diesem Moment irgendwo aufeinander. Der Regen, der seit Stunden in schweren Tropfen vom Himmel fällt, hat sich zu Bächen geformt und strömt über den Asphalt. Er ist bemüht, die auf ihm reflektierte Realität mit all seinen Frohlockungen fort zu spülen. Als wäre es so einfach.

Der Regen prasselt auf das Autodach des in einer Seitenstraße parkenden Polizeiwagens. Der Motor läuft und röchelt in die Nacht. Der Scheibenwischer quietscht ruhig über die Frontscheibe. Er beendet jäh das Rennen der eintreffenden Regentropfen und verschafft dem Fahrer wieder freie Sicht nach vorn. Es ist ruhig. Sein Blick wandert auf die kleine Uhr in der Mittelkonsole. Es ist 02:38 Uhr. Fast schon zu ruhig.

Das Funkgerät im Fahrzeug nuschelt im Hintergrund. Anweisungen und Einsatzorte für die Kollegen quer durch die Nacht. In Valleydale hat sich wohl ein hässliches Familiendrama ereignet. Da muss wohl ein Wischmopp geholt werden. Klingt nach weiteren Überstunden. Ja, Überstunden, verdammt. Passt auf euch auf. „Einheit Vier-13, wir haben einen Wagen in der Nähe, der übernimmt. Zeit für einen Kaffee – ab ins Diner! Over.“ krächzt es nun lauter aus dem Funkgerät. Der Fahrer greift nach dem Bedienteil für das Funkgerät und drückt die Sprechtaste: „Einheit Vier-13 hat verstanden, sobald ich Lichter im Rückspiegel sehe …“. Im Rückspiegel tauchen zwei helle Lichter auf und blenden kurz mehrmals auf. „Ah, Korrektur, die Einheit ist schon da. Rückkehr in fünfzehn Minuten. Kaffee. Jetzt. Over and Out.“ Dann wollen wir mal.

Regen zerschellt während der Fahrt durch die Nacht auf der Windschutzscheibe. Officer Michael Doll ist in Gedanken versunken, während er im Seitenspiegel in die düstere Leere der befahrenen Brücke blickt. Träger um Träger huscht vorbei. Die Beleuchtung ist spärlich.

„Kann ich dir eine Frage stellen?“

„Natürlich.“

„Als letzten Monat auf mich geschossen wurde, habe ich gedacht, dass es das für mich war. Ich war mir so sicher, dass der Typ auf mich gezielt hat. Aber du hast mich mit einem Arm umgestoßen und den Typ mit meiner Waffe erschossen. Dieser Drogenirre aus Sektor 13 mit seinem Retro-Outfit.“

„Ich weiß, wen du meinst.“

„Du wusstest, dass der schießt. Ich hatte nicht aufgepasst. Habe die Hände aus den Augen verloren und beinahe ...“

„Dafür sind Partner da.“

„Ja. Und nein. Die Überstunden machen mich fertig. Es ist leichtsinnig. Ich bin unkonzentriert. Zu langsam. Und ständig diese Tabletten.“

„Wir sind da. Ich bin damit einverstanden, dass du den Kaffee bezahlst. Lass uns drinnen weiterreden.“

Der Polizeiwagen parkt prominent vor dem hell erleuchteten Diner. Die orangenen Linien, welche das dunkle Gebäude mit seiner Glasfassade umgeben, zeichnen einen starken Kontrast in die Nacht. Der Schriftzug „Marcie’s“ thront über dem doppeltürigen Eingang. ‚24/7 geöffnet.‘ steht auf einem Schild in der Tür. Der Innenbereich hat Platz für gut 30 Gäste, die auf strapaziertem, rotem Leder bequem sitzen können. Die getrennten, aber gut gepolsterten Sitzecken sind gepflegt – und fast menschenleer. Für eine kurze Pause in etwas Stille also keine schlechte Wahl. Es ist 02:46 Uhr.

„Immer dieser Regen“, flucht Michael und drückt die Tür zum Diner auf. Ein Kopf im hinteren Teil des Raumes hebt sich und schaut zur Tür. Er nickt freundlich. Gefolgt von einer weit geöffneten Hand zum freundlichen Gruß. Kräftig stampft Michael mit beiden Füßen auf der Fußmatte, um sich von der Umklammerung anderer Regentropfen zu befreien.

„Hey, Marty, mal wieder Spätschicht in der Küche? Hast du Apfelkuchen zum Kaffee?“

„Hier waren gerade andere Jungs – die haben ordentlich zugeschlagen. Ist nichts mehr da.“

„War ja klar … so eine Schicht ist das.“

Es ist wieder diese Sitzecke. Mittig an der linken Wand. Alle Wege gefühlt gleich lang. Gute Übersicht. Eine Art Stammplatz hat sich hier über Jahre entwickelt. Michael fällt in die linke Seite und schnauft durch, während sein Kopf auf die auf dem Tisch liegenden Armen fällt. „Ich bin so erschöpft – unglaublich.“

„Hey, was darf’s denn sein?“, fragt die herbei geeilte Bedienung sehr freundlich. Sie pustet ihre blonde Strähne hoch, die gerade ins Gesicht fällt, und beginnt zu kichern: „Blöde Haare heute, haben ihren völlig eigenen Willen.“ Michael hebt langsam den Kopf. Die flachen Schuhe sind etwas älter. Die blaue Jeans endet kurz über den Knöcheln. Kein Gürtel. Die weiße Schürze ist schon etwas dreckig. Ein weißes Longsleeve mit Aufdruck einer Party vor zwei Jahren.

---ENDE DER LESEPROBE---