Schaukeln - Wilhelm Schmid - E-Book

Schaukeln E-Book

Wilhelm Schmid

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Beschreibung

Lebensfreude ist eine Kunst, die erlernt werden kann. Talent ist hilfreich, aber entscheidend ist die Übung. Dazu gehört auch, sich in Verzicht zu üben. Um leichter Atem für neue Aufschwünge schöpfen zu können und nicht fetter, sondern fitter zu werden. Dabei hilft das Schaukeln. Aus der realen Schaukelerfahrung gewinnt Wilhelm Schmid eine Metapher fürs Leben. Leben ist Schaukeln: Schwung holen, Leichtigkeit fühlen, Höhenflüge erleben, auf den Beistand Anderer hoffen und das flaue Gefühl beim Abschwung hinnehmen lernen.

Das Schaukeln ermöglicht ein Hin- und Herfliegen zwischen den unterschiedlichen Seiten des Lebens, etwa zwischen Anstrengung und Besinnung. Auch zwischen der Freude am Schönen, das neuen Elan verleiht, und dem Umgang mit dem weniger Schönen. Für viele Probleme im Leben und in der Liebe ist Schaukeln die Lösung. Auf der Schaukel fürs Leben lernen muss dabei keine einsame Tätigkeit sein: Wechselseitig verleihen Menschen sich neuen Schwung. Beschwingt zur Lebensfreude in zehn Auf- und Abschwüngen: Dazu regt dieses Buch an.

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Seitenzahl: 76

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Cover

Titel

Wilhelm Schmid

Schaukeln

Die kleine Kunst der Lebensfreude

Insel Verlag

Impressum

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eBook Insel Verlag Berlin 2023

Der vorliegende Text folgt der Erstausgabe, 2023.

Originalausgabe© Insel Verlag Anton Kippenberg GmbH & Co. KG, Berlin, 2023

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eISBN 978-3-458-77640-6

www.suhrkamp.de

Übersicht

Cover

Titel

Impressum

Inhalt

Informationen zum Buch

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Impressum

Inhalt

Vorwort

1. Schwung holen: Erholung von der Digitalisierung

2. Einübung: Askese ist der Aufschwung zur Freude

3. Höhenflug: Die große Begeisterung

4. Ganz oben: Den Moment des Erfolgs genießen

5. Abschwung: Ein flaues Gefühl im Magen

6. Neuer Schwung: Andere kommen zu Hilfe

7. Die Gedanken fliegen lassen:

Flow

und

Trance

8. Durchhänger: Es macht keinen Spaß mehr

9. Ausschwingen: Es war so schön

10. Absprung: Ankommen im Alltag

Buchpublikationen

Informationen zum Buch

Vorwort

Eine Schaukel! Wir bummelten umher, unsere längst erwachsene Tochter hatte sich zum Geburtstag einen kleinen Ausflug mit ihren Eltern gewünscht. In einem Park stießen wir plötzlich auf diese Installation, die Outbursts an Begeisterung auslöste: Eine Schaukel! Es war ein schöner, nur leicht verregneter, unbeschwerter Tag, die Schaukel passte wie bestellt dazu. Zwei Schaukeln sogar, an einem Holzgestell befestigt. Die leeren Sitzflächen, die in der leichten Brise baumelten, wirkten wie eine Einladung: Probiert es doch mal!

Das taten wir. Es war phantastisch. Es brachte mich auf Gedanken. Ist Schaukeln nicht genau das, was wir fürs Leben brauchen? Es verleiht Schwung und verhindert Erstarrung. Lässt sich nicht das ganze Leben als ein Hin- und Herschwingen verstehen? Zwischen dem Leben zuhause, um sich von den Anforderungen außerhalb zu erholen, und dem Leben außerhalb, um zeitweilig der häuslichen Enge zu entfliehen. Zwischen familiären Beziehungen, die den Alltag tragen, und Freundschaften, die außeralltägliche Abwechslung bieten. In allen Beziehungen können Freude und Übereinstimmung den unvermeidlichen Ärger und aufkommende Unstimmigkeiten ausbalancieren. Gelegentliche Reisen erlauben, komplett vom gewohnten Leben wegzuschaukeln, um froh zu sein, beim Zurückschaukeln wieder darin eintauchen zu können. Der Lebensfluss liebt das Mäandern zwischen Gegensätzen.

Ich wollte etwas darüber schreiben, wie Schaukeln zur Kunst werden kann, mit schwungvollem Hin und Her mehr Lebensfreude zu gewinnen. Als ich die Überlegungen wenig später meiner Frau vorstellte, die sich schon lange in dieser Kunst übte, hielt sie das für eine sehr gute Idee, hatte mir aber etwas ganz Anderes mitzuteilen. Sie kam gerade von einer ärztlichen Untersuchung zurück, Diagnose: Speiseröhrenkrebs im fortgeschrittenen Stadium. Die Therapie werde leider nicht kurativ sein können, also auf Heilung ausgerichtet, nur palliativ, lebensverlängernd. Schlagartig war alles anders.

Sie trug es mit Fassung, ihrem Gemüt entsprechend. Ich war fassungslos. Von einer Sekunde zur anderen war die Lebensfreude wie ausgelöscht. Und ich hatte doch so viel davon gehabt! Alle Glieder, Gefühle, Gedanken wurden bleischwer. Selbst das Atmen fiel mir schwer. Neiderfüllt blickte ich auf Paare, die offenbar freudig durchs Leben gehen konnten. Warum wir nicht mehr? Unter keinen Umständen konnte ich nun an einem Text über Lebensfreude arbeiten. Meine geliebte Frau aber bat mich, bei dem Thema zu bleiben, »sonst bist du mir keine Hilfe!« Es folgten Wochen von Abklärungen und Untersuchungen, immer ungläubig, ob es denn wahr sein kann, immer ungewiss, wie es weitergehen soll. Sie unterzog sich einer Strahlentherapie, einer Chemotherapie, einer Operation, alles enorm fordernd, aber sie bewältigte es. Und ich erinnerte mich an die Schaukel, die wir entdeckt hatten, als unsere Welt noch in Ordnung war und wir nicht einmal von ferne ahnten, was auf uns zukommt.

Das Leben sogar am Rande des Abgrunds noch als Schaukel zu begreifen, half am besten weiter. So konnten wir auch in dieser Situation hin- und herschwingen. Zwischen der Belastung, die das Leben uns auferlegte, und der Entlastung, mit der sich Kräfte regenerieren lassen. Zwischen dem Hadern mit dem Schicksal, das nicht mehr revidierbar ist, und der Freude über etwas Schönes, das trotz allem beflügelt. Zwischen dem Dasein füreinander und der Erholung von der Anstrengung, die auch das sein kann. Zwischen der Verzweiflung über die Aussichtslosigkeit und der Ermutigung durch vertraute Gespräche. Nur zum Teil können Menschen ihr Leben so einrichten, wie es ihnen gefällt. Zum anderen Teil fällt es anders aus als erhofft, aus welchen Gründen auch immer. Lebenskunst ist die Kunst, die schönen Seiten des Lebens zu genießen, jedoch auch, mit den schwierigen Seiten zurechtzukommen.

Alles fließt? Alles schaukelt! Das Leben ist eine Schaukel. Das macht seine Spannung aus. Nie bleibt es gleich, auch wenn es so erscheint. Mal ist die Gelassenheit da, dann wieder weg. Mal verfüge ich über Souveränität, dann wieder nicht. Jedes Selbstbewusstsein wird beizeiten wieder von Selbstzweifeln eingeholt. Ich suche nach Nähe, um mich nicht verlassen zu fühlen, und gehe auf Distanz, um mich wieder auf mich zu besinnen. Übertreibe ich es mit dem Ich, entdecke ich das Zusammensein neu. Zwar brauche ich Privatheit, um mich zurückzuziehen, aber auch Öffentlichkeit, um am allgemeinen Leben teilzuhaben. Ich will hinaus aufs Land, um zur Ruhe zu kommen, dann wieder zurück in die Stadt, um an Dynamik zu gewinnen. Kleine und größere Feste setzen den Alltag auf die Schaukel, bis er wieder willkommen ist, um sich vom festlichen Treiben zu erholen. Wenn Leben heißt, keinen Rausch auszulassen, ist Nüchternheit unverzichtbar, um wieder Atem zu schöpfen.

Mit dem hin- und herschwingenden Pendel einverstanden zu sein, ist die Voraussetzung für die Kunst, sich des Lebens zu freuen. Eine Veranlagung dazu ist hilfreich, aber entscheidend ist die Übung, wie bei allen Künsten. Für die, die sich in dieser Kunst üben, ist das Leben voller Sinn, unabhängig davon, ob es von sich aus sinnvoll ist. Auch die, die es eigentlich für sinnlos halten, können sich des Lebens freuen. Ein Missverständnis wäre gleichwohl die Erwartung, sich des Lebens ständig freuen zu können. Immerzu freudig zu sein, ist nur als Illusion möglich. Nicht nur die Anstrengung braucht Erholung, auch die Freude braucht sie, um die Intensität wiederzugewinnen, ohne die sie fade wird. Bleibt nur noch die Frage: Darf man das überhaupt, sich in schwierigen Zeiten trotz allem des Lebens zu freuen? Aber wann, wenn nicht gerade dann? Woher sonst sollen die Kräfte kommen, das alles zu meistern?

Solche Einsichten verdanke ich meiner Frau Astrid, die das Glück meines Lebens war. Sich des Lebens zu freuen, umfasste für sie das gesamte Leben mit all seinen Gegensätzen. Was für sie selbstverständlich war, musste ich mir erst aneignen. Wurde es zwischen uns selbst schwierig, fürchtete ich um die Beziehung und resignierte. Sie zeigte sich sicher, dass es wieder schön werden wird, und tat auch viel dafür. Und die gesundheitlichen Schwierigkeiten? Die Lebensfreude meiner Frau endete selbst dann nicht, als die Krankheit zurückkam und das unruhige Weltgeschehen, auch das damalige pandemische Geschehen, völlig in den Hintergrund trat. Was mir in dieser Zeit Kraft gab, war der tägliche Ausflug an einen See, auf dessen sanften Wellen ich beim bloßen Hinschauen schon mitschaukeln konnte. Die Wasserfläche ordnete meine Gedanken wieder und glich meine Gefühle aus. Sie tat dafür nichts weiter, als einfach nur da zu sein. Am Berliner Wannsee ist dieses Buch entstanden, als aus letzter Hoffnung quälende Ungewissheit und noch qualvollere Gewissheit wurde. Dort weinte ich, Wasser zu Wasser, als sich das Leben meiner Frau dem Ende zuneigte.

Die Gegenwart des liebsten Menschen in der Welt zu verlieren, ist so traurig, dass es nicht mehr in Worte zu fassen ist. Am Rande des Wassers aber schöpfte ich Trost und Zuversicht und lernte neu zu schaukeln: Zwischen der grenzenlosen Traurigkeit und dem pragmatischen Weiterleben, das den Tagen einen Rahmen gibt. Zwischen der tiefen Dankbarkeit, gemeinsam so viele Jahre der Fülle erlebt zu haben, und dem unstillbaren Schmerz, dass es nicht noch viele weitere Jahre sein konnten. Das nahe Wasser, das sich in einer anderen Zeit als das Menschenleben bewegt, weitete mein Denken. Die einzelnen Tropfen kommen und gehen in viel kürzerer Zeit als ein Mensch, aber sie sind Elemente eines Kreislaufs über Tausende von Jahren hinweg. Alle kehren in irgendeiner Form wieder. Könnte es mit dem Menschen, der zu großen Teilen aus Wasser besteht, nicht genauso sein? Meiner Frau gefiel dieser Aspekt. Dieses Buch ist ihr gewidmet.

1.

Schwung holen: Erholung von der Digitalisierung