Schlau mit Darm - Michaela Axt-Gadermann - E-Book
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Schlau mit Darm E-Book

Michaela Axt-Gadermann

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Beschreibung

Was hat der Darm mit dem Kopf zu tun?

Neueste Erkenntnisse belegen, dass Bauch und Hirn durch eine Nervenverbindung in direktem Kontakt stehen und sich wechselseitig beeinflussen. Außerdem produzieren 100 Billionen Darmkeime in uns zahlreiche Hormone und Botenstoffe, die über das Blut ins Gehirn gelangen und so auf unsere Stimmung oder unseren Schlaf Einfluss nehmen.

Das bietet die Möglichkeit, durch eine gesunde Darmflora die Psyche positiv zu steuern. Und wer den Kopf frei hat, kommt auch auf gute Gedanken. Darm macht schlau!

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Schlau

MIT DARM

Glücklich und vital durch ein gesundes Darmhirn

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© 2016 by Südwest Verlag, einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

HINWEISE

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BILDNACHWEIS

Axt-Gadermann, Michaela: 1, 2; Fischer, Andreas: 1, 2, 3, 4; fotolia: Sebastian Kaulitzki, Robert Kneschke, kei907, detailblick-foto, Ekaterina Pokrovsky, the_lightwriter, davis, Printemps, bit24; istockphoto: vitapix, BraunS, Vernon Wiley, praetorianphoto, DGLimages, Hung_Chung_Chih, ShotShare, Louis-Paul St-Onge, sextoacto, Neustockimages, Juanmonino, Martinan, champja, Jessica Key, gerenme, Stieglitz, NightAndDayImages, SilviaJansen, Olha_Afanasieva, zeljkosantrac, klenova, enviromantic; Picture Alliance: dpa; Shutterstock: Vladitto, Nikkytok, T. L. Furrer, YuryImaging, Billion Photos, Mandy Godbehear, Dudarev Mikhail, angellodeco, hlphoto, WilleeCole Photography, Viktory Panchenko, minadezhda, Ekaterina Kondratova, Juta, Marian Weyo, Oxana Denezhkina, Nanisimova, Brent Hofacker, hlphoto, Anna Shepulova, pilipphoto, bitt24, zefirchik06, Africa Studio, Jaxja, Liliya Kandrashevich, 5PH, sarsmis, taa22; Südwest Verlag: Antje Plewinski; Zeichenpool: U1.

PROJEKTLEITUNG

Hannes Frisch

REDAKTION UND REZEPTE

Regina Rautenberg

KORREKTORAT

Susanne Schneider

BILDREDAKTION

Tanja Zielezniak

COVER UND TITELABBILDUNG, LAYOUT UND ILLUSTRATIONEN

*zeichenpool, München

GESTALTUNG UND SATZ, DTP

Christoph Dirkes

mediathletic bild + design, Neuenkirchen

www.mediathletic.com

LITHO

Mohn Media, Mohndruck GmbH

HERSTELLUNG

Reinhard Soll

ISBN 978-3-641-21076-2V005

INHALT

Vorwort

1. Wenn der Darm die Nerven verliert

Gutes Bauchgefühl

Ein Flughafen in unserem Bauch

Das Bauchhirn

Der Papst des Rumpfes

Immer mitten im Geschehen

Der Vagusnerv, der heiße Draht zum Gehirn

2. Bauch und Hirn – Von Anfang an ein starkes Team

Bauchhirn und Darmhirn – die getrennten Zwillinge

Gute Gaben von Eltern und Darmkeimen

Kasten: Das leisten die Darmbakterien für unsere Gesundheit

Großes Rennen um die besten Plätze

Kasten: So ähnlich sind sich Bauch- und Kopfhirn

Die fantastische Welt der Darmbakterien

Kasten: Der Darm – Meister aller Klassen

Kasten: Das Who’s Who der Darmbakterien

3. Alarm im Darm – Darmbarriere in Gefahr

Darmbarriere – die Eier legende Wollmilchsau

Geheimtüren in den Körper

Die Darmbarriere – (nicht immer) eine sichere Grenze

Angriff auf die Körperburg

Ist die Darmflora gestört wird die Barriere löchrig

Kasten: Verteilung der Fettsäuren im Stuhl

Kasten: Das leisten die kurzkettigen Fettsäuren

Schön glitschig – die Schleimbarriere

Das Darmepithel – eine schützende Mauer

Aufmerksame Immunwächter

Kasten: Der Darm, eine permanente Baustelle

4. Wenn Darmbakterien einen Gefühlscocktail mixen

Die Darm-Brauerei

Der Botenstoffcocktail – von Keimen gebraut

Glückskeksfabrik im Darm

Glück kann man essen

Zufrieden und satt

Komm kuscheln, Keim!

Kasten: Superstoffe – von Bakterien produziert

5. Bakteriengesteuertes Verhalten

Draufgängerische Mäuse und ängstliche Ratten

Schüchtern, wild oder draufgängerisch? Eine Stuhlprobe gibt Auskunft

Toxoplasmen steuern Menschen und Mäuse ins Verderben

Bakterien entscheiden über unser Lieblingsgericht

6. Gesunder Darm – gesundes Hirn

Clever durch Keime – Intelligenz und Darmflora

Der depressive Darm

Kasten: Auch diese Erkrankungen bringt man mit chronischen Entzündungen in Verbindung

Stress ist sowohl die Henne als auch das Ei

Kasten: Diese Keime waren in dem „Joghurt gegen Stress“ enthalten

Schlammbakterien verbessern die psychische Widerstandsfähigkeit

Stress im Darm macht Stress im Kopf

Besser schlafen mit den richtigen Keimen

Wie die Darmflora unser Gehirn schützt

Multiple Sklerose

Autismus

Parkinson Erkrankung

Alzheimer-Demenz

7. Darm-Check-up

Hallo Darm, wie geht es dir?

Einfach mal auf der Toilette umdrehen

Interview mit Ihrem Darm

Test: Interview mit Ihrem Darm

Den Darm auf die Probe stellen

Stuhluntersuchungen

Der Darmflora-Status

Der Übergewichtsindex

Was verrät uns die Verteilung der Keime?

Darmbarriere-Tests

Der Lactulose-Mannitol-Test

Der Zonulin-Test

8. Die Darmkur

Die richtigen Mikroben züchten

Füttern Sie Ihre Helfer mit leckeren Präbotika

Setzen Sie auf Inulin und resistente Stärke

Kasten: Bakterienfutter? Wo finde ich das?

Grüner Tee lässt Bifidobakterien sprießen

Kasten: Prä-, Pro- und Synbiotika

Mehr Peptid YY, bitte!

Ein Prosit auf Genussmittel – Bakterien lieben Wein und Co.

Unterstützen Sie Ihre Psyche mit den richtigen Probiotika

Psychobiotika

Kasten: Darmkeime mit besonderen Fähigkeiten

Kasten: Welche Keime lindern meine Probleme?

Darmschädliche Bestandteile aus der Nahrung verbannen

Konservierungsstoffe schwächen den Bakterienwall

Emulgatoren und Tenside lösen die Schleimbarriere auf

Vorsicht vor künstlichen Süßstoffen!

Wie reduziere ich die Zusatzstoffe im Essen?

Die Darmbarriere stärken

Entzündungen löschen

Kasten: Entzündungshemmer – Entzündungsförderer

Das richtige Fett macht glücklich

Das japanische 2:1-Ideal

Entzündungsfette sind überall

Tabelle: Fettsäuren gegen Entzündungsstress

Die Keimvielfalt fördern

Kasten: Zum Schluss noch mal das Wichtigste in Kürze

9. Rezepte für die gesunde Darmflora Was man sonst noch wissen muss

Literatur

Register

Impressum

Vorwort

Der Darm und seine Bakterien sind die neuen Superstars unter den Organen. Inzwischen gilt als sicher: Wer die richtigen Darmbakterien besitzt, hat gute Chancen, schlank zu bleiben, keine Allergien zu bekommen und nicht zuckerkrank zu werden. Doch in den letzten Jahren hat eine wahre Flut von Studien gezeigt, dass die Darmflora nicht nur unseren Körper gesund hält. Auch das Gehirn profitiert, wenn im Darm alles rundläuft.

Darm und Gehirn – auf den ersten Blick haben die beiden so gar nichts gemeinsam. Doch neue Forschungen zeigen, dass der eine nicht ohne den anderen kann. Nur wenn es unserem Darm gut geht, kann auch das Gehirn Zufriedenheitssignale aussenden und uns Angst und Anspannung nehmen. Und ein entspanntes Gehirn und ein niedriger Stresshormonspiegel sorgen andererseits dafür, dass auch im Darm alles wie am Schnürchen funktioniert. Erst seit wenigen Jahren werden diese Zusammenhänge näher untersucht und fast wöchentlich kommen neue Erkenntnisse dazu, die vieles, was wir bisher über Darm und Hirn zu wissen glaubten, auf den Kopf stellen. Nicht nur unser Gehirn, sondern auch unser Darm entscheidet darüber, ob wir optimistisch, konzentriert, gut gelaunt und entspannt durchs Leben gehen oder unter Depressionen, Ängsten, Stress, Autismus oder einem Aufmerksamkeitsdefizit (ADHS) leiden. Selbst bei der Entstehung von Parkinson, Demenz oder multipler Sklerose ist der Darm nicht unbeteiligt. Im Folgenden möchte ich Ihnen dieses absolut spannende Forschungsfeld näherbringen und Ihnen Tipps geben, wie Sie Ihren Darm pflegen und somit auch ein aufgewühltes, gestresstes Gehirn beruhigen können. Oder – wenn es Ihnen im Moment gut geht – wie Sie dazu beitragen können, diesen Zustand möglichst lange zu erhalten und vielleicht auch noch zu optimieren. Im ersten Teil des Buches lernen Sie Ihren Darm mit seinen Bewohnern und die schützende Darmbarriere näher kennen. Im zweiten Teil erfahren Sie, wie eng die Verbindung zwischen Darm und Hirn ist und wie Emotionen, Psyche und Verhalten aus der Körpermitte heraus gesteuert werden. Im dritten Abschnitt können Sie Ihren Darm testen und Sie erfahren, wie Sie ein freundliches Klima im Gedärm schaffen. Im Rezeptteil finden Sie schließlich leckere Gerichte, mit denen Sie Darm und Hirn verwöhnen können.

Auch wenn ich versuche, dieses komplizierte Thema so einfach, verständlich und unterhaltsam wie möglich darzustellen, und teilweise während meiner Arbeit an dem Buch eine fast freundschaftliche Beziehung zu den Darmbakterien und den Gehirnzellen aufgebaut habe, so beruhen alle Erkenntnisse und Empfehlungen doch auf wissenschaftlichen Studien von hochrangigen Forschungsinstituten.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen und einen glücklichen Darm!

Michaela Axt-GadermannPetersberg im November 2016

Gutes Bauchgefühl

Der Darm hat sich in den vergangenen Jahren vom Tabuthema zum Superorgan entwickelt. Wöchentlich entdecken Wissenschaftler neue Fähigkeiten dieses bisher unterschätzen Körperteils. Die Darmflora entscheidet – da sind sich die Forscher inzwischen einig – häufig über schlank oder dick und oft auch über gesund oder krank. Doch was wäre, wenn der Verdauungstrakt nicht nur unsere Gesundheit beeinflusst, sondern auch Auswirkungen auf unsere Persönlichkeit hätte? Wenn uns die richtigen Keime schlauer, glücklicher und zufriedener machen könnten, die falschen Mikroorganismen aber Depressionen, Stress und Ängstlichkeit fördern? Aktuelle Untersuchungen scheinen genau das zu belegen.

Denn ob Sie es glauben oder nicht, die gute Laune steckt im Darm! Genauso wie die miese Stimmung, die Ängste und die schlechten Gefühle. Der Volksmund weiß das schon lange: Wenn wir uns freuen, haben wir „Schmetterlinge im Bauch“ und die „Liebe geht durch den Magen“. Sind wir ängstlich, haben wir „Schiss“. Wir hören auf unser „Bauchgefühl“, aber manche Entscheidungen „bereiten uns Bauchschmerzen“. Bei Stress und Ärger bekommen wir einen „nervösen Magen“ und müssen schlechte Nachrichten „erst einmal verdauen“. Sind wir sauer, haben wir eine ordentliche „Wut im Bauch“ und manchmal ist alles einfach nur „zum Kotzen“. Dass unsere Eingeweide sich mit uns freuen, wenn wir unsere Liebsten sehen, bei Prüfungen mitzittern oder sich vor Angst und Furcht zusammenziehen, weiß wahrscheinlich jeder aus eigener Erfahrung. Tagtäglich nutzen wir diese „Kompetenz“ unseres Bauchhirns und nennen das Ergebnis Intuition oder Bauchentscheidung. Wer öfter auf sein Bauchgefühl hört, der trifft vielleicht manchmal einsame Entscheidungen, doch er ist dabei nicht alleine, denn Billionen Bakterien reden da ein Wörtchen mit.

Gut gelaunt? Vielleicht liegt es an den richtigen Darmkeimen.

Doch dass unser Gedärm auch verantwortlich sein könnte, wenn wir unter Depressionen leiden, uns über unsere Ängstlichkeit und Zurückhaltung ärgern oder dem Stress einfach nicht mehr so gut gewachsen sind wie früher, das ist neu. Über die Ursachen von Aufmerksamkeitsstörungen (ADHS) und Autismus bei Kindern herrschte lange Zeit Unsicherheit. Inzwischen hat man jedoch herausgefunden, dass auch hier ein Teil des Problems im Darm zu finden ist. Für eine enge Verbindung zwischen Emotionen und Verdauung spricht auch, dass eine Magen-Darm-Erkrankung nicht selten aufs Gemüt schlägt. Jeder zweite Reizdarmpatient leidet gleichzeitig unter Depressionen oder Angststörungen. Ebenso scheinen Erkrankungen, die wir bisher ausschließlich dem Gehirn im Kopf zugeordnet haben wie Alzheimer, Parkinson oder multiple Sklerose zumindest teilweise durch das Gehirn im Bauch begünstigt oder verhindert zu werden. Diese Erkenntnisse lassen uns den Darm und seine Bewohner mit neuen Augen sehen und es eröffnen sich ganz unerwartete Perspektiven zur Behandlung verschiedener Erkrankungen.

Ein Flughafen in unserem Bauch

Der Darm scheint für unseren Körper das zu sein, was der Frankfurter Flughafen für den Luftverkehr in Europa ist: ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt, an dem Informationen sowohl eingehen als auch in den ganzen Körper versendet werden. Eine besonders wichtige Zieldestination für Mitteilungen aus dem Gedärm ist das Gehirn. Immer wieder schickt der Darm Informationen auf die Reise zu den grauen Zellen. Unser Oberstübchen wird von den Keimen und den Zellen des Magen-Darm-Trakts also immer gut darüber informiert, wie es dem Körper geht.

Doch wie können Darmbakterien, die am anderen Ende des Körpers agieren, Einfluss auf unser Gehirn, auf unsere Psyche, unser Empfinden und Wohlbefinden nehmen? Bauch und Hirn stehen nach neuesten Erkenntnissen in einem engen Dialog, den wir für unsere Zwecke nutzen können. Es existieren mindestens drei Wege, über die sich Darm und Hirn austauschen können. Zum einen gibt es eine direkte Verbindung zwischen dem Darm und dem Gehirn, den Nervus vagus, über den Sie später noch mehr erfahren. Daneben zirkulieren spezielle Immunzellen im gesamten Körper, die im Darm „ausgebildet“ wurden und dann auf dem Blutweg durch den Organismus strömen und so auch bis zu den grauen Zellen gelangen. Sie vermitteln zwischen Gehirn und Darmflora. Und schließlich kommuniziert der Darm über Botenstoffe mit dem Gehirn und kann dadurch unser Befinden beeinflussen. Beispielsweise gibt es Stoffe, die von Darmbakterien produziert werden und die in der Lage sind, Ängste hervorzurufen. Injiziert man diese Substanzen ansonsten gesunden Mäusen, werden die Nager plötzlich scheu und ängstlich. Offensichtlich stellen auch die Mikroben-Moleküle eine Möglichkeit dar, um eine Brücke zwischen Bauch und Hirn zu schlagen.

Im Darm werden zudem wichtige Weichen für unsere geistige Entwicklung gestellt und die Darmflora macht wahrscheinlich einen bedeutenden Teil unserer geistigen Erfahrungen aus. Wir Menschen treffen unsere Entscheidungen demnach nie ganz unabhängig von den Helfern im Gedärm. Dieser Einfluss kann sich sowohl positiv als auch negativ auswirken, je nachdem, aus welchen Zutaten unser individueller Bakteriencocktail gemixt ist. Inzwischen ist es wissenschaftlich gut belegt: Unsere Gemütslage ist viel stärker von der Darmflora und der Gesundheit des Magen-Darm-Traktes abhängig, als wir es uns bisher vorstellen konnten. Aktuelle Studien zeigen, dass enge Verbindungen existieren zwischen unserem Mikrobiom, also der Gesamtheit der Keime, die auf unserer Haut, den Schleimhäuten und vor allem im Darm leben, und unseren Emotionen.

Auch bei unserer geistigen Leistungsfähigkeit, der Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke und Entzündungen der Nervenzellen reden die Kerle im Darm gerne das eine oder andere Wort mit. Der kalifornische Gastroenterologe Emeran Mayer, Leiter des Zentrums zur Erforschung der Neurobiologie von Stress und Resilienz in Los Angeles, hält es, angesichts der vielen neuen Erkenntnisse für „undenkbar, dass der Darm keine entscheidende Rolle für unsere geistige Verfassung spielt.“

Das Bauchhirn

Der Darm ist in der Hierarchie der Organe in den letzten Jahren ganz weit nach oben gestiegen. Hat man ihn jahrelang nur als Schlauch, der Abfälle durch unseren Körper leitet, betrachtet, spricht man von ihm inzwischen ehrfurchtsvoll als „zweites Hirn“ oder „Steuerzentrale im Bauch“.

Bauch und Kopf kommunizieren pausenlos miteinander und diese Konversation sorgt offensichtlich für einen unterschwelligen Stimmungsteppich, der sich oft unbewusst, aber dennoch spürbar auf unser Befinden auswirkt. Die Verständigung ist nicht einseitig. Der Darm macht mithilfe von Nervenverbindungen und Botenstoffen Meldung ans Oberstübchen und der Kopf teilt bei Stress, Aufregung und Freude seine Emotionen mit den Eingeweiden. Noch sind nicht alle Details dieser Unterhaltung bekannt, wahrscheinlich, weil die NSA noch kein Ohr an die Telefonleitung zwischen Kopf und Bauch, den Nervus vagus gelegt hat. Doch inzwischen ist gut belegt, dass sich mentale Probleme wie Stress und Ängste auf das Verdauungsorgan auswirken können und umgekehrt Aufruhr im Gedärm auch zu Chaos im Kopf führen kann.

Das Ganze funktioniert aber nicht nur im negativen, sondern auch im positiven Sinne. Ist der Darm zufrieden, verschafft uns das ein wohliges Gefühl. Wenn wir gerade gut gegessen haben, gemütlich beim Griechen um die Ecke sitzen und noch auf den Ouzo warten, ist auch für unser Gehirn alles im grünen Bereich. Dann kann es sich beruhigt anderen Aufgaben zuwenden, gibt Entwarnung und uns angenehme Empfindungen. Läuft alles gut, fühlt sich das für uns auch gut an. Kein anderes Organ im Körper reagiert so empfindlich auf Signale aus der Körpermitte und auf Veränderungen der Darmflora wie unser Gehirn.

Unsere Gefühle und Empfindungen werden demnach nicht alleine von unseren Lebensumständen bestimmt. Vielmehr hängt unsere Stimmung oft davon ab, ob die Darmbakterien die richtigen Hormone ausschütten und der Verdauungstrakt im entscheidenden Moment den richtigen Nervenimpuls an unser Gehirn sendet. Das Schöne daran ist: Wie zufrieden unser Bauch und wie optimistisch unsere Gedanken sind, können wir zu einem guten Teil selbst beeinflussen. Denn wenn der Darm okay ist, entspannt sich häufig auch der Kopf.

Der Papst des Rumpfes

Fragen Sie einen Chirurgen nach dem Bauchhirn und er wird Ihnen antworten, er habe noch nie eines gesehen. Natürlich haben wir im Bauchraum keine gefurchte, walnussartige Struktur wie im Kopf. Doch mit rund 100 Millionen Nervenzellen befindet sich dort die zweitgrößte Ansammlung dieser Leitungsbahnen in unserem Körper. Die 100 Millionen Nervenzellen umspinnen unsere Darmwände in einem dichten Netz. Sie sind wichtig für die Bewegung der Darmmuskulatur und für eine geregelte Verdauung, aber die Zellen registrieren auch sehr aufmerksam, was im Darm so alles passiert. Obwohl beide Organe anatomisch weit voneinander entfernt liegen, stehen sie dennoch in enger Verbindung. Das Darmnervensystem ist ja schließlich ein wichtiger Kontaktmann, der unser Oberstübchen immer wieder darüber informiert, was in der Mitte des Körpers so alles los ist.

In der Hirnrinde eines Hundes arbeiten ebenfalls rund 100 Millionen Nervenzellen. Und wie clever ein solch treuer Begleiter sein kann, weiß jeder Tierhalter. Mit der gleichen Anzahl an Denkverbindungen, die unserem Magen-Darm-Trakt zur Verfügung steht, hüten Hunde selbstständig große Herden, wachen über Haus und Hof, helfen bei der Jagd, ersetzen Blinden das Augenlicht und finden Sprengstoff, Drogen und Lawinenopfer.

Würde unser Körper diese Rechnerkapazität nur zum Verdauen nutzen, wäre das ein riesiger Luxus, den sich ein Organismus normalerweise nicht leistet. Unser Körper erhält nur das, was er wirklich benötigt. Gebrauchen wir unsere Muskeln zu wenig, bilden diese sich zurück. Werden die Knochen nicht belastet, beginnen sie porös und brüchig zu werden. Wenn unser Organismus dem Darm also eine so reichliche Ausstattung mit Nervenzellen genehmigt, tut er das nicht ohne Grund. Denn der Darm hat zahlreiche Aufgaben, die über die Verwertung von Nahrung hinausgehen. Er ist in der Lage, eine Menge Informationen zu verarbeiten und die Steuerung für eine große Anzahl an Vorgängen zu übernehmen – ganz ähnlich wie sein Pendant im Schädel. Er arbeitet selbstständig, regelt seine Arbeit und kommuniziert mit dem Körper und dem Gehirn. Dabei ist der Darm sein eigener Chef. Ohne dass das Gehirn ihm ständig reinredet, wickelt er seine Aufgaben ab. Dass der Darm nicht unbedingt auf das Gehirn angewiesen ist, zeigen Untersuchungen an Rattendärmen. Entfernt man diese aus dem Körper der Nager und legt sie in eine Nährflüssigkeit, dann arbeitet der Verdauungstrakt munter weiter, verdaut, kontrahiert seine Muskeln und produziert Stuhl. Der Darm ist das einzige Organ im Körper, das keine Steuerung vom Gehirn benötigt. Wir haben im Gehirn zum Beispiel eine Sehrinde, ein Sprachzentrum, Bereiche, die unsere Beine oder Finger bewegen. Aber für die Verdauung und andere Darmtätigkeiten ist hier keine offizielle Steuerungseinheit vorgesehen. Das Hirn lässt dem Darm also weitgehend freie Hand und verlässt sich darauf, dass er sich schon selber um seine Angelegenheiten kümmert. Der Darm arbeitet dabei so selbstständig, fast schon „unfehlbar“, dass der US-amerikanische Komiker Stephen Colbert ihn nicht umsonst als den „Papst des Rumpfes“ bezeichnet.

Immer mitten im Geschehen

Der Darm bekommt mit, was in unserer Umwelt los ist. Bei kleinen Kindern, die noch alles in den Mund stecken, wandern täglich neue Keimarten in den Verdauungstrakt. Im Frühjahr atmen wir Pollen ein und schlucken sie herunter, im Herbst sind es Schimmelpilzsporen. In der Weihnachtszeit schmeckt das Essen anders als im Sommerurlaub und löst auch andere Empfindungen aus. Das Gehirn hingegen lebt zurückgezogen wie ein Fürst in einem knöchernen Palast, einem Hochsicherheitstrakt, der es schützt. Viele Stoffe aus der Umwelt oder aus unserem Organismus dürfen nie in die nähere Umgebung dieses vielleicht lebenswichtigsten Organs kommen. Die Sicherheit des Gehirns hat absoluten Vorrang. So werden Stoffe, die über den Blutweg ins Zentrum der Macht gelangen wollen, noch mal gründlich durchgecheckt. Denn nicht alles, was an der Tür des Gehirns anklopft, ist auch „liquorgängig“, das heißt, nicht jedes dahergelaufene Medikament, jeder Nahrungsbestandteil oder Botenstoff darf einfach mal so durch die Blut-Hirn-Schranke in die Steuerzentrale des Körpers latschen. Dennoch muss das Gehirn wissen, was im Körper passiert. Der Darm ist deshalb einer seiner wichtigsten Informanten, denn er ist mitten im Geschehen, schlängelt sich durch den ganzen Körper und bekommt mit, was wir essen, ob wir Stress haben oder Entzündungen und Infektionen drohen. Für den geschützten „König Hirn“ ist es deshalb sicherer, wenn er seinen Vorkoster – den Darm – fragt, was los ist, anstatt seine eigenen Nervenzellen mit allem, was in den Körper gelangt, zu konfrontieren und dadurch vielleicht Schaden zu nehmen. Das Gehirn kann sich dabei auf seinen engen Mitarbeiter unterhalb der Gürtellinie verlassen. Nur wirklich wichtige Informationen werden vom gesunden Darm an die Hirnzentrale weitergeleitet. Das entlastet auch unseren Zentralrechner im Kopf, der dadurch wenig Kapazität für die Verdauungsarbeit verschwenden muss und sich anderen wichtigen Dingen zuwenden kann. Nur durch diese Arbeitsteilung war das Hirn in der Lage, das Rad zu erfinden, Mobiltelefone zu entwickeln oder sich weltverändernde TV-Serien wie Big Brother oder Dschungelcamp auszudenken. Alle unwichtigen Informationen aus dem Darm würden das Oberstübchen nur von der Entwicklung neuer, bahnbrechender Erfindungen ablenken.

Anders sieht es zum Beispiel beim Reizdarm aus – dazu kommen wir später noch mal ausführlich. Hier reagiert der Darm mimosenhaft und bombardiert den Kopf mit einer Informationsflut, der sich das Oberstübchen nicht immer gewachsen sieht. Irgendwann wird dadurch auch das Gehirn nervös und sendet einfach mal sinnlose, aber lästige Schmerzinformationen zum Bauch, die den Betroffenen dann das Leben schwer machen.

Der Vagusnerv, der heiße Draht zum Gehirn

Neben den Signalen aus dem Verdauungstrakt und den Botenstoffen der Darmkeime, die das Gehirn fluten, gibt es auch eine nervale Verbindung zwischen Hirn und Bauch. Ein Großteil der 100 Millionen Nervenzellen der Darmwand mündet in den Vagusnerv. Dieser stellt eine exklusive Datenautobahn zum Gehirn dar. Er verbindet den Lebensraum der Bazillen direkt mit den grauen Zellen und über diese Standleitung sendet der Darm ständig seine Informationen nach oben und das Gehirn gibt ab und zu auch mal einen Befehl in Richtung Verdauungstrakt. Der Vagusnerv übermittelt dem Gehirn das, was der Volksmund als „Bauchgefühl“ bezeichnet. Er leitet die Informationen direkt in das limbische System, also an den Ort, an dem sich unsere Emotionen abspielen. Negative Signale aus dem Darm schlagen demnach gleich mitten in unserem Gefühlszentrum ein.

Über den Nervus vagus sind Bauch und Kopf miteinander verbunden.

Der Nervus vagus ist der zehnte Hirnnerv. Hirnnerven sind spezielle Nerven, die im Gehirn ihren Anfang nehmen. Insgesamt gibt es davon zwölf, aber nur der Nervus vagus wagt sich weit vom Kopf weg. Alle anderen versorgen vor allem den Kopf- und Halsbereich, steuern zum Beispiel die Augenbewegungen, die Gesichtsmimik oder leiten Riecheindrücke zum Gehirn. Doch der Vagus ist der Vagabund unter den Hirnnerven. Das lässt schon sein Name vermuten: „Vagus“ kommt vom lateinischen Wort vagare, was so viel bedeutet wie „umherschweifen“. Aus der Mitte des Gehirns, schlängelt er sich entlang der Speiseröhre hinab bis zum Magen. Mit seinen vielen Seitenarmen umfasst er dort auch den Darm. Interessanterweise laufen fast 90 Prozent der Nervenfasern vom Bauch nur in eine Richtung, nämlich Richtung Gehirn. Lediglich 10 Prozent der Informationen sendet der Kopf über den Vagusnerv an den Darm. Das bedeutet, dass vor allem der Darm diese gut ausgebaute Datenautobahn nutzt, um dem Oberstübchen zu sagen, was da unten los ist. Nur wenn Gefahr droht, greift der Kopf ein, zum Beispiel wenn wir etwas Giftiges oder Unverträgliches gegessen haben. Sobald das Gehirn davon erfährt, drückt es den „roten Knopf“. Es „erlaubt“ dem Bauch, den Brechreflex auszulösen, um möglichst viel Ungenießbares wieder nach draußen zu befördern. Die Tatsache, dass uns manchmal das Frühstück wieder aus dem Gesicht fällt, zeigt sehr gut, dass Hirn und Verdauungstrakt auf Gedeih und Verderb miteinander verbunden sind. Denn das Übelkeitsgefühl und der Brechreiz kommen nicht aus dem Darm, sondern entstehen im Gehirn. Dort, im Hirnstamm befindet sich ein eigenes „Brechzentrum“, das Übelkeit und Erbrechen verursacht. Der Magen-Darm-Trakt führt dann den „Brechbefehl“ aus.

Über seine Äste, die sich um den Verdauungstrakt schlingen, leitet der Nervus vagus Signale zum Gehirn. „Signale“ im Nervensystem werden zum einen Teil in Form von Botenstoffen weitergegeben, zum anderen Teil in Form von schwachen elektrischen Impulsen. Bringt man deshalb Strom an einen Nerv, dann löst das eine Reaktion aus. Vielleicht haben Sie von Ihrem Physiotherapeuten schon mal ein sogenanntes TENS-Gerät mit nach Hause bekommen. Klebt man die Elektroden des Gerätes auf die Haut und leitet einen schwachen Strom durch, beginnen die Muskeln zu zucken. Der Strom reizt nämlich die Nerven, die normalerweise den Muskeln den Befehl geben, sich zu bewegen. Auch der „heiße Draht“ vom Darm zum Hirn lässt sich von außen beeinflussen. Dazu werden in einem kleinen operativen Eingriff Elektroden an den Vagus gesetzt. Darüber kann der Nerv dann mit elektrischen Reizen stimuliert werden. Diese ähneln den Impulsen, die auch der Darm an den Nerv abgibt. Das Verfahren der elektrischen Vagusstimulation wird schon sehr lange zur Behandlung von Epilepsien eingesetzt. Bei diesen Therapien stellte man fest, dass sich dadurch nicht nur die Krampfanfälle besserten, sondern sich bei den behandelten Patienten auch die Stimmung aufhellte und Depressionen verschwanden. In Studien konnte man nachweisen, wie sich durch die Reizung des Nervs nämlich auch Empfindungen verursachen ließen. Je nach Frequenz des Stroms, mit dem man den Nerv traktierte, schossen Impulse zum Gehirn, die die Versuchsteilnehmer entweder zufrieden und glücklich stimmten oder sie traurig und ängstlich machten. Seit 2001 ist deshalb die Vagusnervstimulation als Verfahren gegen Depressionen zugelassen. Auch wenn das Verfahren nicht jedem hilft, bei immerhin rund 30 Prozent der behandelten Depressionspatienten bessern sich die Symptome dadurch merklich. Sendet das Darmhirn nicht die gewünschten positiven Impulse zum Kopfhirn, dann lassen sich mit diesem Verfahren angenehme Empfindungen und wohlige Gefühle auch durch elektrischen Strom von außen hervorrufen. Doch dieser Eingriff ist teuer und wie jede Operation auch mit einem gewissen Risiko und Nebenwirkungen verbunden. Da ist es doch besser, erst einmal den Darm auf Vordermann zu bringen und seine Bewohner friedlich zu stimmen. Dann läuft vielleicht auch im Kopf alles wie am Schnürchen. Wie das geht, erfahren Sie auf den nächsten Seiten.

Wie wichtig dieser Hirnnerv für die Kommunikation über die Darm-Hirn-Achse ist, zeigt sich auch in Tierversuchen. Ängstliche Mäuse wurden durch die Gabe von bestimmten Milchsäurebakterien zu „Superhelden-Mäusen“, die deutlich mutiger und draufgängerischer waren als ihre Artgenossen, die diesen Zaubertrunk nicht erhalten hatten. Doch wurde die Vagus-Verbindung gekappt, war es mit dem Hirndoping vorbei: Trotz Bakterienunterstützung im Darm gelangten die Mutmacher-Impulse nicht zu den grauen Zellen. Die Nager blieben scheu und ängstlich. Ohne den Vagusnerv funktionierte die Kommunikation zwischen unten und oben nämlich nicht mehr richtig.

Bauchhirn und Darmhirn – die getrennten Zwillinge

Darm und Hirn – ein Leben lang eng verbunden.

Von Geburt an sind Darm und Hirn ziemlich beste Freunde. Der eine kann nur schwer ohne den anderen. Doch warum gerade diese beiden? Warum kooperieren nicht Herz und Hirn oder Darm und Niere ähnlich eng? Nicht umsonst sagt man ja: „Gleich und Gleich gesellt sich gern“, und der Verdauungstrakt hat – auch wenn es auf den ersten Blick überhaupt nicht so aussieht – mit unserem Oberstübchen einiges gemeinsam und von Geburt an entwickeln sie sich zusammen und zum gegenseitigen Nutzen. Bei der Entwicklung des Embryos im Mutterleib wird der Darm als eines der ersten Organe gebildet. Seine Nervenzellen ähneln stark den Nervenzellen im Gehirn. Kein Wunder, denn die Nervenzellen im Kopf und die Nervenzellen im Bauch entwickeln sich während der Schwangerschaft aus ein und demselben Gewebe. Während der Schwangerschaft wandert ein Teil des Ausgangsgewebes, aus dem später die Nerven gebildet werden, zum Gehirn. Einen anderen Teil davon zieht es Richtung Bauch, und daraus entsteht dann das Nervensystem des Darms. Bauchhirn und Kopfhirn sind also wie Zwillinge, die schon früh getrennt wurden, aber ein Leben lang über den Nervus vagus miteinander Kontakt halten. Ähnlich wie im Kopf werden auch die Neuronen im Bauch von sogenannten Gliazellen bei ihren Aufgaben unterstützt. Die Gliazellen bilden ein Stützgerüst für die Nervenzellen. Sie sind für die Verarbeitung und Weiterleitung von Informationen wichtig. Studien zeigen, dass diese wichtigen Hirnzellen sich nur dann optimal entwickeln können, wenn die Mikroben im Darm auf Zack sind.

Doch der Darm hilft auch ein Leben lang, das Gehirn vor Schäden zu bewahren. Um die Nervenzellen vor Giftstoffen, gefährlichen Keimen oder ungeeigneten Nahrungsbestandteilen zu bewahren, besitzt das Gehirn die bereits erwähnte Blut-Hirn-Schranke. Diese ist notwendig, um das Gleichgewicht im Gehirn aufrechtzuerhalten. Sie stellt einen wichtigen Wachposten dar, der nur schwer zu überwinden ist. So gelangt auch nicht jedes Arzneimittel, das verabreicht wurde, bis zu den grauen Zellen. Im Tierversuch konnte jetzt gezeigt werden, dass es nur mit einer intakten Darmflora eine intakte Blut-Hirn-Schranke geben kann. Keimfreie Mäuse, die über keinerlei Darmflora verfügen, da sie steril von der Mäusemutter entbunden wurden, in keimfreien Käfigen leben und gereinigtes Futter fressen, wiesen eine stark erhöhte Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke auf – verglichen mit Nagern, deren Darmflora ganz normal entwickelt war. Verabreichte man den keimfreien Tieren jedoch Darmbakterien, dann wurde die Blut-Hirn-Schranke wieder zu einer sicheren Festung für die Nervenzellen. Das belegt, wie gut sich unsere Darmflora ein Leben lang um das Wohlergehen des Gehirns kümmert.

Gute Gaben von Eltern und Darmkeimen

Von unseren Eltern bekommen wir mehr mit als gute Gene und gute Manieren.

Unsere Kinder bekommen zwei Arten genetischer Informationen von ihren Eltern: Zum einen die Erbanlagen von Mama und Papa, zum anderen aber die unzähligen genetischen Informationen von Billionen Darmkeimen, die nicht nur während des Geburtsvorgangs, sondern bei jedem engen Kontakt ausgetauscht werden.

Insgesamt rund 22.000 Erbanlagen (Gene) geben Eltern ihrem Nachwuchs mit auf den Lebensweg. Diese legen zum Beispiel fest, ob wir blonde oder schwarze Haare, die Neigung zu Herzerkrankungen oder Kleinwuchs haben. Auch auf den Charakter und die Intelligenz nehmen sie einen gewissen Einfluss. Dass der Mensch bei seinem Denken und Handeln auf 22.000 Gene zurückgreifen kann, hört sich ja zunächst mal recht komfortabel an. Das sind ja auch immerhin doppelt so viele wie beim Regenwurm oder bei der Taufliege. Zu denken geben sollte uns aber die Tatsache, dass ein Wasserfloh mehr als 30.000 Gene besitzt. Und dass die eher unscheinbare japanische Einbeere – laut botanischem Lexikon eine „krautig wachsende Giftpflanze mit einer Wuchshöhe von 30 bis 80 Zentimetern“ – 50-mal mehr Erbinformationen aufweist als wir Menschen. Es muss deshalb noch etwas geben, was uns Menschen mit zusätzlichem genetischen Material versorgt.

Und tatsächlich: Eltern geben ihren Kindern noch mehr mit als magere 22.000 Gene. Forscher konnten feststellen, dass bei einjährigen Kindern Bakterien beider Elternteile im Darm zu finden sind. Und diese Keime verfügen über einen riesigen Genpool, der so manche Lücke, die das menschliche Genom nicht schließen kann, füllt. Die Darmbakterien verfügen über sage und schreibe 8 Millionen Gene, die die Vorlage für wichtige Eiweißstoffe liefern, welche für die Herstellung von Enzymen, Nervenfasern, Botenstoffen, Organen und anderen eiweißhaltigen Bestandteilen unseres Körpers notwendig sind. Die Menge an Erbinformationen, die unsere Darmkeime mitbringen, lässt sich auf den Inhalt von 1,8 Millionen Bibeln hochrechnen. Das ist gigantisch! Darmbakterien produzieren zudem mehr als ein Drittel der kleinen Moleküle, die sich in unserem Blut befinden.

Das leisten die Darmbakterien für unsere Gesundheit

Die Symbiose zwischen den Darmkeimen und uns Menschen ist beeindruckend. Viele Vorgänge im Körper würden ohne bakterielle Unterstützung nur halb so gut funktionieren.

Die Darmbakterien

* kommunizieren über Botenstoffe mit dem Nervensystem,

* sind an der Bildung von „Glücks- und Appetitzüglerhormonen“ beteiligt,

* beeinflussen unsere Emotionen,

* sind für eine gesunde Hirnentwicklung unerlässlich,

* bilden kurzkettige Fettsäuren, die Energie für Abwehrzellen im Gehirn liefern,

* sind wichtig für den Erhalt der Blut-Hirn-Schranke,

* produzieren Vitamine (zum Beispiel Vitamin K und B-Vitamine) und fördern die Aufnahme von Mineralstoffen (zum Beispiel Kalzium),

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