Schmerz - Theo Brohmer - E-Book

Schmerz E-Book

Theo Brohmer

5,0

Beschreibung

"Wir kriegen dich, du Ratte!", droht Cem ihm am Telefon. Obwohl Olgay es besser wissen müsste, legt er sich mit der Schutzgeldmafia an. Die Konsequenzen sind fatal: Sie entführen seine Freundin Bonnie und er weiß nicht, wie er sie retten soll, weil er in Aurich kein Unbekannter ist. Er braucht eine Maske, um sich bei seinen Ermittlungen vor seinen Feinden zu verbergen. Niemand Geringeres als die Privatdetektive Frerichs & Frerichs stehen ihm dabei zur Seite. So steuern sie direkt in ihren nächsten Fall, bei dem es erneut um Leben und Tod geht.

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Inhalt

Cover

Titelei

Vorwort

Montag, 19. Oktober 2015

Wunden

Jobs

Dienstag, 20. Oktober 2015

Rettungsanker

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Aufbruch

Donnerstag, 22. Oktober 2015

King

Camouflage

Freitag, 23. Oktober 2015

Feuer!

Samstag, 24. Oktober 2015

Showtime!

Sonntag, 25. Oktober 2015

Immobilien

Pokerprofi

Capacocha

Jagdglück

Montag, 26. Oktober 2015

La Dolce Vita

Rückkehr

Nächtliche Jagd

Dienstag, 27. Oktober 2015

Ein verhängnisvoller Fehler

Mittwoch, 28. Oktober 2015

Krankenbesuche

Elmsfeuer

Donnerstag, 29. Oktober 2015

Eine Spur

Danksagung

Theo Brohmer

Schmerz

Ein Ostfriesland-Krimi mit Frerichs & Frerichs

Ostfriesland-Krimi

Brohmer, Theo : Schmerz. Ein Ostfriesland-Krimi mit Frerichs & Frerichs. Hamburg, edition krimi 2021

1. Auflage 2021ISBN: 978-3-946734-86-4

Dieses Buch ist auch als eBook erhältlich und kann über den Handel oder den Verlag bezogen werden.ePub-eBook: 978-3-946734-94-9

Lektorat: Bianca WeirauchSatz: 3w+p GmbH, RimparUmschlaggestaltung: © Annelie Lamers, HamburgUmschlagmotiv: Photo-Frame: © Birgit Reitz-Hofmann/stock.adobe.comFotos + Hintergrund: pixabay.comBriefumschlag + Poststempel: designed by freepik.comTotenkopf: © Andreas Klenow

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.

Die edition krimi ist ein Imprint der Bedey und Thoms Media GmbH,Hermannstal 119k, 22119 Hamburg

© edition krimi, Hamburg 2021Alle Rechte vorbehalten.https://www.edition-krimi.deGedruckt in Deutschland

Für Carsten, Dennis, Floriane und Laurentia

Jede Ähnlichkeit des Buches mit lebenden oder verstorbenen Menschen wäre rein zufällig und ist nicht beabsichtigt.

Batman ist ein Warenzeichen der DC Comics Inc.

Star Wars ist ein Warenzeichen der Lukasfilm Lrd. LLC

Vorwort

Ich freue mich sehr über die Fortsetzung meiner Krimireihe um den Postboten Onno Frerichs, seinen alten Onkel Albertus und den jungen Kollegen Olgay.

Während des Schreibens dieser Geschichte wuchs sie zu epischer Breite heran. Manche Handlungsfäden werden deshalb erst im dritten Band verknüpft.

Das vorliegende Buch ist die direkte Fortsetzung meines Debüts ELEKTRA und schließt nahtlos an. Die Handlung von SCHMERZ ist in sich geschlossen. Sie werden auch dann gut unterhalten, wenn Sie ELEKTRA nicht kennen. Ich würde mich jedoch sehr freuen, wenn Sie alle drei Teile lesen würden. Der dritte Teil entsteht zurzeit.

Mittlerweile bin ich der Überzeugung, dass das Leben tolle Zufälle schreibt. Ich begann mit dem Schreiben an ELEKTRA etwa im Oktober 2014. Vorher steckte ich in den Vorbereitungen beziehungsweise im Produktionsdesign für einen Kriminalkurzfilm.

Der Film sollte in Bielefeld spielen und den Titel: GENERAL 11 tragen und pünktlich zur 800-Jahr-Feier fertig sein. Heute kann ich mit Fug und Recht behaupten, dass das Schicksal richtig entschieden hat, als es mir Knüppel zwischen die Beine warf.

Es ging so ziemlich alles schief: Mein Hauptdarsteller zog nach Norddeutschland um, der Kameramann und der Komponist sprangen ab, Zusagen wurden nicht eingehalten und so weiter und so fort.

Wenn ich eine Sache gut kann, dann ist das: Nicht aufgeben! Rückschläge stoppen mich nicht. Der Wunsch, einen Krimi zu erschaffen, existierte weiter. Ich überlegte mir, wie ich es anstellen könnte, ein Projekt ganz allein auf die Beine zu stellen. Die logische Konsequenz war ein Buch zu schreiben. Mit dieser Krimireihe verbinde ich meine Liebe zu Ostfriesland und den Menschen, die dort leben – also zu all den verschrobenen Charakteren, denen völlig einerlei ist, dass andere Leute Witze über sie erzählen.

Theo Brohmer, Bielefeld im Mai 2019

Montag, 19. Oktober 2015

Wunden

Jay rieb sich den schmerzenden Schädel. Die Lady aus dem Kaff Ölbenfehn hatte ihn voll mit dem Knie erwischt. Es fühlte sich an, als sei seine gebrochene Nase zu einem Ballon angeschwollen.

Verdammt! Beschissener konnte eine Saison nicht beginnen!

Wenn ich diese Bitch in die Finger kriege, dann zerschlage ich ihr die Visage! Er riss die Sonnenblende aus der Führung und sah sich sein Gesicht im Spiegel an. Ein riesiges Hämatom rahmte sein linkes Jochbein ein.

Er musste sich schnellstens etwas überlegen. Als Lockvogel musste sein Gesicht nicht makellos, aber vorzeigbar sein. Davon war er im Moment meilenweit entfernt.

Als Saisonarbeiter war Jay auf die Knete angewiesen. Nicht zu arbeiten bedeutete, kein Geld zu verdienen. Sein Lebensstil jedoch verschlang Unsummen an Geld. Die Ladys waren daran gewöhnt, bei ihm stets Koks und Schampus im Haus zu finden.

Pleite zu sein bedeutete für Jay sein gesellschaftliches Aus!

Wenn er sich nicht bewegte, blieb auch der Schmerzimpuls aus. Die verdammte Bitch hatte seine edelsten Teile malträtiert. Jay hoffte, dass ihr Tritt keine bleibenden Schäden hinterlassen würde. Denn als Schlappschwanz würde er mindestens das Dreifache für sein Amüsement hinblättern müssen.

Er warf einen Blick zum Fahrer Bertram hinüber. Der Fette telefonierte mit ihrem Verbindungsmann Miller. »Der Professor und ich sind ein Team, Malcolm. Später holen wir noch Mike ab«, sagte er mit einem verächtlichen Seitenblick in Jays Richtung. Er beendete das Gespräch und konzentrierte sich wieder auf die Straße.

Bertram hatte sichtlich Mühe, durch die Windschutzscheibe die Fahrbahn zu erkennen. Denn das letzte Schlagloch hatte den Riss, den der Totschläger hinterlassen hatte, in ein Spinnennetz verwandelt.

*

Olgay hatte seinen Wagen eben erreicht, als sein Handy klingelte. Total Eclipse of your Heart. Sofort beschleunigte sich sein Herzschlag. Die Aussicht, seine Freundin vielleicht schon heute Abend wiederzusehen, erregte ihn.

»Hallo, Bonnie! Ich bin bald da, Baby. Warte ...« Ein langer, gequälter Schrei ließ Olgay entsetzt verstummen.

»Wir kriegen dich, du Ratte!« Am Telefon war nicht Bonnie! Es war Cem, der Gangster aus Aurich!

»Bis es so weit ist, vergnügen wir uns mit deiner Braut. Mensch, Olgay, die ist wirklich süß, wenn sie Angst hat!«

Kalte Wut stieg in Olgay hoch. Aber auch Furcht, seine Freundin nie wiederzusehen.

»Ich bringe euch um, wenn ihr Bonnie etwas tut!«, brüllte er ins Handy. Es kostete ihn Mühe, aggressiv und zugleich bedrohlich zu klingen.

»Du kannst die Süße zurückhaben, wenn wir geredet haben. Ruf mich unter dieser Nummer an«, antwortete Cem und lachte gehässig. Dann war die Verbindung unterbrochen.

*

Das Läuten am Tor riss Eve aus der Betrachtung des Gartens. Sie wandte sich den Monitoren zu. Vor dem Tor stand ein Pritschenwagen mit Anhänger. Der Fahrer winkte in das Kameraobjektiv. »Herzchen, du bist zwanzig Minuten zu spät!«, murmelte sie vor sich hin und betätigte missbilligend den Knopf für das elektrische Tor. Eve trank den Rest des grünen Tees. Anschließend verließ sie das Haus über die Freitreppe zum Garten hinunter.

Die Grashalme reichten ihr mittlerweile bis zu den Knöcheln. Höchste Zeit, dass gemäht wurde. Eve verspürte Lust, barfuß über den kühlen Rasen zu gehen. Sie streifte ihre Pumps ab.

Das Plätschern des Bachlaufs hatte etwas Meditatives. Sie folgte dem gewundenen Bett bis zum Bambushain. Verstohlen wisperte der Wind in den Blättern des Guizhu.

Vor ihr erhob sich aus der Rasenfläche ein besonders langer Grashalm. Sie umschloss ihn mit den Fingern und wollte ihn ausrupfen. Doch der Halm widerstand ihr.

Sie sah sich die grüne Spitze genauer an und erkannte darin einen Ausläufer. Der Bambus war ausgebrochen! Ärgerlich sah sie sich nach dem Gärtner um.

*

Der Wald lag vor ihm. Onno fröstelte trotz des Sonnenscheins. Instinktiv legte er eine Hand an seinen Gürtel. Seine Finger tasteten nach seiner Waffe und dem Streifen Munition. Alles da!

Ein Rascheln ließ Onno erstarren. Keine zehn Meter von ihm entfernt, teilten sich plötzlich die Zweige.

Etwas Dunkles tauchte aus dem Fehn auf und preschte auf ihn zu. Die Zeit dehnte sich unnatürlich lang. Ein riesiger Hirsch galoppierte direkt auf ihn zu. Abgerissene Zweige im Geweih. Dampfwolken ausstoßend fixierte das Tier den Jungen.

Der Hirsch nieste. Das schien das Zeichen für sein Gefolge zu sein. Einen Augenblick später sprangen acht, neun Rehe und Kitze auf die Lichtung. Die Wildtiere liefen direkt auf den Zwölfjährigen zu, gefolgt von einer Rotte Wildschweine.

Der Boden erzitterte. Onno brüllte erschrocken und schlug die Hände vor die Augen. Wie durch ein Wunder blieb er unverletzt. Als der Tumult vorüber war, nahm er die Hände herunter.

Eine belastende Stille legte sich über den Wald. Kein Vogelgesang, kein Rauschen des Windes in den Wipfeln! Totenstille – etwas Furchtbares würde bald geschehen! Woher dieses Wissen stammte, mochte der Himmel wissen.

Geduckt lief Onno los. Er musste schnell in den Schutz des Dead Wood kommen. Auf der Lichtung war er nicht sicher. Jederzeit konnte er angegriffen und beschossen werden.

Seine Unruhe schwächte sich ab, nachdem er den Saum des Waldes erreicht hatte, den die Kinder Dead Wood nannten. Am breiten Stamm einer alten Buche lehnend ruhte Onno aus.

Seine Augen tasteten über die erbsengrünen Blätter. Er suchte nach einer verdächtigen Bewegung, lauschte auf jedes verräterische Geräusch. Aber es war weder etwas zu sehen noch zu hören.

Onno zog seine Schleuder aus dem Gürtel. In die Ausbuchtung legte er eine Lehmkugel. Mit zwei Fingern hielt er sie an Ort und Stelle. Er spannte das Gummiband und lockerte es wieder. Das machte ihm Mut. Er war bereit, schlich weiter. Von Stamm zu Stamm, wie ein Soldat im Krieg. Jeden Tag spielten die Kinder ihr Spiel, das sie hide and go kill nannten.

Etwas pfiff plötzlich über seinen Kopf hinweg. Onno spürte den Lufthauch und ließ sich zu Boden fallen. Er landete in der weichen Laubstreu. Neben ihm zerplatzten die Projektile.

*

Ihren besten Mann zu schicken, versprach die Gärtnerei immer.

Oh, Herzchen, du sollst der beste Mann sein? Nicht möglich. Der Mann steuerte den roten Toro aus dem Nebengebäude. Evelyn ging ihm entgegen. Es kostete sie Mühe, nicht zu rennen und ihn anzuschnauzen.

Wieso können diese Affen nicht die einfachsten Aufgaben richtig machen? Habe ich mich nicht klar ausgedrückt?

Es nützte nichts, diesem Mann die Schuld zu geben. Er war schon der zweite oder dritte, den ihr die Firma schickte. Die anderen waren noch talentfreier gewesen.

»Ben, nicht wahr?«

»Marvin«, berichtigte der junge Kerl. Eve runzelte die Stirn, musterte ihn streng. Der Mann besaß ein offenes Gesicht, wirkte ehrlich.

»Gut, dann Marvin. Überprüfen Sie bitte, ob genügend Benzin im Tank ist.«

»Ja, Frau ...« Er stockte. Sie warf ihm einen abschätzigen Blick zu und wollte schon wieder in die Luft gehen. Doch in Gedanken hörte sie die beruhigende Stimme ihres Großvaters Feliciano. Das stimmte sie milde.

»Bevor Sie das erledigen, kommen Sie bitte mit. Ich zeige Ihnen, was noch zu tun ist«, sagte sie bemüht sanft und ging vor.

Er folgte im Abstand von einem Meter. Eve glaubte, seinen bohrenden Blick in ihrem Rücken zu spüren. Wieder gewann Wut die Oberhand. Sie blieb abrupt stehen, drehte sich zu ihm um.

Seine Augen, die vor einer Sekunde noch ihren Po fixiert hatten, weiteten sich vor Überraschung.

»Sie sind heute nicht ganz bei der Sache, was, Ben?« Er öffnete den Mund, doch es kam kein Wort heraus. Stattdessen wanderte sein Blick über ihren Busen, schnellte zur Seite weg und verirrte sich kurz auf dem Rasen. Von dort schoss er wieder herauf, strich kurz über ihr Gesicht, mied aber eine Begegnung mit ihren blitzenden Augen.

Eve maß den jungen Mann kurz mit kühlem Blick, dann übernahm sie wieder die Führung. Als sie das nächste Mal stehen blieb, lief er weiter.

»Was ist das?«

Der Gärtner hob überrascht die Augenbrauen. Er musterte sie, dann ihren nach unten ausgestreckten Arm. Er verstand nicht.

»Machen Sie die Augen auf!«, herrschte sie ihn an. Er hob fragend die Schultern.

»Sehen Sie es nicht?«

Der Mann ließ sich auf die Knie nieder. Seine Hände strichen zärtlich über die Grashalme.

Oh, Gott, die Firma hat mir einen Blinden geschickt!

Zu ihrer Überraschung stieß er schließlich einen derben Fluch aus. Gut ausgedrückt, dachte Eve und lächelte zum ersten Mal.

*

Durch Zufall war Olgay vor ein paar Tagen Ali und Cem auf die Spur gekommen. Die beiden Gauner erpressten Schutzgeld von Ladenbesitzern in Aurich. Dabei gingen sie äußerst brutal vor.

Verdammt! Wie haben die von mir und Bonnie erfahren? Das wollte ihm nicht in den Kopf. Er war mit der Blondine doch erst seit Kurzem liiert.

Seine weichen Knie drohten unter ihm nachzugeben. Schnell schloss er sein Auto auf und ließ sich schwer in den Sitz fallen. Gedanken wirbelten durch seinen Kopf. Was sollte er denn nun tun? Nach Hause zurückzukehren schien nicht ratsam, weil ihn Cem und Ali dort zuerst suchen würden. Er musste aus Aurich verschwinden!

Es fühlte sich falsch an, jetzt an sich zu denken und Bonnie ihrem Schicksal zu überlassen. Doch genau das bezweckte Cem mit seiner Taktik. Er wollte Olgay rasend vor Wut machen. Und deshalb durfte Olgay diesem Drang auch nicht nachgeben. Gegen die beiden Schläger hatte er ohnehin keine Chance!

Er musste besonnen vorgehen, auch wenn das bedeutete, dass Bonnie auf ihre Rettung würde warten müssen.

»Ich werde dich befreien, Baby. Versprochen!« Tränen liefen ihm über die Wangen. »Aber das muss ich vorbereiten, Süße.« Als er seinen gequälten Blick im Rückspiegel nicht mehr ertrug, senkte er beschämt den Kopf.

»Ich kann mich ihnen ausliefern und hoffen, dass sie dich dann gehenlassen. Aber so naiv bin ich nicht!«

Onno Frerichs fiel ihm ein. Der Mann würde noch mindestens acht, neun Tage im Krankenhaus liegen müssen. Frerichs war hinterhältig niedergestochen worden.

Vom Taxistand winkte ihm jemand zu. Es war Albertus Frerichs, der Onkel des Postboten und gleichzeitig Olgays neuer Boss. Der älteste Boss, den er jemals gehabt hatte. Frerichs senior musste weit über achtzig Jahre alt sein.

Trotz seiner üblen Stimmung musste er lächeln. Wider Erwarten mochte er den alten Kauz. Ihm gefiel der Humor des Alten. Olgay hob eine Hand zum Gruß. Der Seniorchef verschwand im Fond einer Taxe.

Der Wagen fuhr ab. Da kam ihm sein Einfall wieder in den Sinn. Er zog sein Smartphone aus der Tasche und rief Albertus Frerichs an.

»Wer macht denn jetzt Onnos Job?«, fragte er nach einer kurzen Begrüßung.

»Die Post wird wohl liegen bleiben«, entgegnete der Alte.

»Ich könnte einspringen«, bot Olgay an.

»Hast du keine Verpflichtungen in Aurich?«

»Nein, erst mal nicht«, log er.

*

»Ben, Sie haben schlampig gearbeitet! Der Bambus hat den Ausgang gefunden! Hatte ich Ihnen nicht aufgetragen, die Rhizomsperre sehr sorgfältig zu verarbeiten? Jetzt haben wir das Malheur.«

»Entschuldigen Sie, Frau ... Frau ...« Zerknirscht rang er um Fassung. »Ich werde ihn entfernen.«

»Tun Sie das, Ben. Aber graben Sie mir nicht den Garten um. Verstanden?« Der Affe nickte stumm.

»Wenn Sie fertig sind, melden Sie sich bei mir.« Sie wartete keine Antwort ab, sondern ging davon. Eve lenkte ihre Schritte in die Richtung des Bambushains.

Sie wollte ihn betreten, als ihr auffiel, dass sie keine Schuhe trug. Es war nicht ratsam, barfuß den Hain zu betreten. Die neuen Triebspitzen hinterließen schmerzhafte Wunden.

Rasch lief sie den Weg zur Villa zurück. Der Anblick des Bauwerks spülte ihre üble Laune weg. Frank Lloyd Wright persönlich hatte das Anwesen nach den Wünschen ihres Großvaters errichtet.

Im Keller bewahrte Eve alte Laufschuhe auf, die für das Joggen nicht mehr taugten. Sie schlüpfte hinein. Mit einem Mal hatte sie es eilig. Sie wollte ihre Arbeit beenden und sich endlich in die Sonne legen.

An die Launenhaftigkeit des Sonnenscheins war Eve gewöhnt. Dafür lebte sie lange genug hier. Man tat gut daran, der Sonne zu gehorchen, wenn sie sich gegen die Wolken durchzusetzen vermochte.

Die kleine Lichtung im Bambushain maß etwa vier Quadratmeter. Hier war das Brummen des Rasenmähers kaum noch zu hören. Sie hielt sich an einem dicken Halm fest und sog die kühle Luft ein.

Als sie einen Blick auf sich spürte, öffnete sie die Augen wieder. Der steinerne Kopf einer Inka-Hoheit starrte sie boshaft an. Seine Augen machten ihr Angst. Höflich neigte sie den Kopf. Die Figur hielt eine Platte vor dem Bauch. Dunkle Krusten zierten die poröse Fläche des Steins. Die Erinnerung an das letzte Capacocha ließ Eve erschaudern.

*

Die Scheinwerfer schwenkten über hässliche Wellblechbauten. Sie hatten das Industriegebiet von Emden erreicht. Bertram steuerte den Sprinter in die Larrelter Straße. Er verlangsamte das Tempo und stoppte den Transporter vor einem Rolltor.

Jay griff nach einem Schlüsselbund in der Mittelkonsole. Er legte eine Hand in den Haltegriff und zog sich in die Höhe. Sofort zuckte ein greller Schmerz durch seinen Unterleib. Scheiße! Er biss die Zähne zusammen, mühsam unterdrückte er einen Schmerzensschrei.

Jay drückte die Beifahrertür auf und kletterte aus der Kabine. Er warf die Tür ins Schloss und bewegte sich gemächlich mit breiten Beinen auf das Rolltor zu. Es tat höllisch weh, wenn seine Oberschenkel seine Hoden berührten.

»Beweg dich schneller, du Arsch«, brüllte ihm Bertram durch ein geöffnetes Fenster zu. Jay zeigte ihm über den Rücken hinweg den gestreckten Mittelfinger. Er suchte den richtigen Schlüssel und schob das Tor hoch.

Er ging hinein. Das Tier trat ungeduldig das Gas durch. Der Sprinter machte einen Satz vorwärts und verschwand in der Garage. Anschließend schloss Jay das Tor wieder.

*

»Der Schlüssel zur Poststation liegt da drin. Siehst du ihn?«

Olgay zog die Schublade auf. Tatsächlich! Ein klobiges Exemplar mit langem Bart – angelaufen und antiquiert. Olgay nahm ihn an sich und schob ihn in eine Tasche seiner Jeans.

Der Postbote beobachtete ihn interessiert lächelnd. Olgay begann sich unter diesem intensiven Blick unbehaglich zu fühlen. »Dann gute Besserung.« Olgay vermied es, Onno anzusehen.

»Danke, dass du meinen Job machen möchtest. Ist eigentlich nicht nötig. Die Leute aus Ölbenfehn kommen auch mal ein paar Tage ohne Post aus«, schwatzte Frerichs gut gelaunt. Das hörte sich danach an, als wenn er ein längeres Gespräch beginnen wollte. Darauf hatte Olgay überhaupt keinen Bock. Er schüttelte den Kopf, entschuldigte sich und gab vor, es eilig zu haben.

»Grüß Anna schön von mir, hörst du?«, rief ihm Frerichs noch nach. Wenige Minuten später saß Olgay wieder im Wagen. Er zog die Tür ins Schloss und atmete geräuschvoll aus. Die Welt da draußen machte ihm Angst.

Er startete den Mercy und lenkte seinen Wagen vom Parkplatz des Krankenhauses herunter.

An einem Supermarkt stoppte Olgay. Es war inzwischen Mittag geworden. Ohne rechtes Interesse belud er seinen Einkaufswagen. Sein Einkauf füllte zum Schluss drei Papiertüten.

Er fühlte sich wie dick in Watte gepackt. Er war nicht mehr Teil der Welt. Die Luft kam ihm zäh vor, die anderen Menschen existierten lediglich in seiner Fantasie.

In Ölbenfehn angekommen, fuhr Olgay ohne Umwege zur Poststation. Er parkte seinen Mercedes auf dem Parkplatz direkt vor dem Gebäude.

Das Büro verfügte über einen einzigen Arbeitsplatz. Alles machte einen einfachen, aber zweckdienlichen Eindruck.

Mit Eifer machte sich Olgay daran, sich ein Bild seiner Unterkunft für die nächsten Tage zu machen. Alle Oberflächen waren mit einer geschlossenen Staubschicht bedeckt. Hier war seit Jahren nicht mehr gründlich geputzt worden. Der Postbote hatte dem Büro darüber hinaus keine persönliche Note hinzugefügt. Es gab weder Bilder noch Topfpflanzen. Für die paar Tage, die Olgay hierzubleiben gedachte, würde er die Dinge hinnehmen. Doch für ein wenig Sauberkeit wollte er sorgen, weil er sich sonst ekeln würde, hier zu essen.

Olgay trug seine Einkäufe ins Gebäude. Wie sich herausstellte, funktionierte er im Automodus nicht schlechter als mit voller Aufmerksamkeitsspanne.

So hatte er alle gängigen Lieblingsessen, wie Pizza und Pasta und eine Auswahl an hochprozentigen Alkoholika, eingekauft. Schottischer Whisky war allem Anschein nach im Angebot gewesen, denn er hatte gleich vier Flaschen mitgenommen. Zweimal green Label, red und black.

Olgay drehte eine Flasche auf. Das metallene Siegel knackte, als es brach. Sofort entströmte der Flasche ein sprittiges Aroma, das seine Geruchsknospen anregte. Es gab keine gespülten Gläser. Deshalb trank er direkt aus der Flasche. Der Alkohol floss brennend seine Kehle hinunter. Mit wohliger Wärme flutete der Schnaps seinen Magen.

Olgay nahm noch einen Schluck. Dann drehte er den Deckel wieder zu und stellte die Flasche auf den Schreibtisch. Wenn er hier schon für Ordnung sorgen musste, dann sollte der Spaß nicht auf der Strecke bleiben!

*

Mit einem Ruck löste Evelyn den Blick von der Opferplatte. Sie hatte noch eine Arbeit zu erledigen. Danach würde sie einen Drink auf der Sonnenterrasse nehmen.

Hinter der Inka-Gottheit verwahrte sie einen Edelstahl-Spaten. Dank ihrer regelmäßigen Arbeit war der Boden größtenteils locker. Das Graben fiel ihr leicht. Vorsichtig stieß sie das Blatt in den Boden und hob die Erde aus. Dort, wo ihr das Graben schwerer fiel, arbeitete sie vorsichtiger, langsamer. Sie kniete sich schließlich hin, schaufelte die Erde mit den Händen beiseite. Bräunliche Wurzelstücke kamen zum Vorschein. Auf die hatte sie es abgesehen. Mit einem scharfen Messer trennte sie die neuen Sprosse vom Hauptstrang.

Ihre Beute sammelte sie in einem kleinen Topf. Als genug Sprossen für eine Mahlzeit beisammen waren, verfüllte sie die Grube wieder und machte sich auf den Rückweg in den Sonnenschein.

Draußen angekommen, musste Eve einen Moment stehen bleiben. Das Sonnenlicht blendete. Doch die Wärme auf dem Gesicht tat unendlich gut.

Der Moment des Verweilens endete, als sich der Rasenmäher lärmend näherte. Eve machte sich auf zum Haus. In der Küche legte sie die Bambussprossen in eine Schüssel und füllte mit Wasser auf.

Dem Kühlschrank entnahm sie die Zutaten für ihren Drink. Sie verstaute alles in einer Kühltasche und verließ das Haus über die Freitreppe. Eve eilte durch den Garten. Ihr Weg führte sie erneut in den Bambushain. An der Weggabelung nahm sie den rechten Pfad und schlüpfte durch eine künstlich angelegte Lücke. So gelangte sie zur Rückseite des Gartens. Dies war der einzige Zugang zur Sonnenterrasse, die am Rand des Grundstücks lag.

Hier blieb sie vor den neugierigen Blicken ihrer Nachbarn verborgen. Eingerahmt wurde das Grundstück von einer drei Meter hohen Natursteinmauer und altem Baumbestand.

Auch der Gärtner würde sie an diesem Ort nicht finden. Es gab für ihn hier so spät im Jahr nichts mehr zu tun. Um die Pflege des Schwimmteichs kümmerte sie sich selbst.

Evelyn nahm aus einem der Rattan-Schränke ein großes Badetuch und breitete es auf der Sonnenliege aus. Sie setzte sich und stellte die Kühltasche zwischen die Füße. Den Edelstahlshaker füllte sie zur Hälfte mit Wodka. Dann ließ sie Tomatensaft, Tabasco, Salz und Pfeffer folgen. Sie setzte den Deckel auf und schüttelte kräftig. Den Drink ließ sie im Shaker stehen und entledigte sich rasch der Kleidung. Eve goss sich einen Longdrink ein. Der erste Schluck ließ sie frösteln. Das lag zum Teil auch am Wind, der von der Außenalster aufgekommen war. Der Indianersommer wartete noch mit ein paar warmen Tagen auf. Dann würde der Herbst Regen und Kälte bringen.

Nackt legte sich Eve auf die Liege und schloss die Augen.

*

Onno robbte in Richtung Deckung. Er verharrte einen Moment, bis er die Spannung nicht mehr aushielt. Vorsichtig schob er den Kopf am Stamm vorbei, lugte dahinter hervor. Kein Gegner zu sehen! Wo mochte der Schütze liegen?

Plötzlich spürte Onno eine vage Berührung an seiner Wade. Er wollte sich umdrehen und sehen, was es war. Aber er wagte nicht, sich zu bewegen.

Wieder eine Berührung. Dieses Mal stärker. Onno zog das Bein weg und rollte sich blitzschnell zur Seite. Er machte eine volle Umdrehung und kam wieder auf dem Rücken zu liegen.

Ein entlaubter Ast ragte in der Nähe seines Beines in die Höhe. Plötzlich erzitterte dieser. Dann schob sich etwas aus der Laubstreu. Onno erschrak beinahe zu Tode. Er begann zu schlottern und machte sich in die Hose.

»Coob!«, japste Onno ängstlich auf. Seine Augen füllten sich mit Tränen, seine Nase lief. Sein Blick verschwamm. Onno hob einen Arm und wischte sich über die Augen.

Coob robbte näher an Onno heran. Sein Mund bewegte sich. Doch Onno verstand nichts.

Sein Kumpel sah furchtbar aus. Schorfige Wunden und Dreck bedeckten sein Gesicht. Hatte er sich wie ein Wurm durch den Boden gewühlt? Am schockierendsten war der Ausdruck in seinen blutunterlaufenen Augen. Etwas hatte ihm einen furchtbaren Schrecken eingejagt! Onno gelang es, Coobs Arm zu packen. Er zog den Freund näher zu sich heran. Der Junge schüttelte den Kopf, öffnete den Mund. Noch immer konnte Onno ihn nicht verstehen. Er musste noch dichter heran.

»Was ist passiert?«

Coobs Blick irrlichterte.

»Ist schon gut, ich bin’s, Onno.«

Coobs grüne Augen kamen endlich zur Ruhe und richteten sich auf ihn. Sein Mund verzog sich.

»Es gibt sie doch«, wisperte sein Freund.

»Was?«, entgegnete Onno.

»Monster!«, krächzte Coob und verstummte.

*

Von der Straße her drang nur diffuses Dämmerlicht in die Garage. Jay beeilte sich, das Rolltor zu schließen und den Lichtschalter zu finden.

Zwei Neonröhren sprangen klackend an. Das Tier wuchtete seine Fettwülste vom Fahrersitz herunter und schlug die Tür hinter sich zu. Watschelnd bewegte er sich auf den zweiten Transporter zu.

Sie mussten den Wagen tauschen und sich wieder auf die Jagd begeben. Die Nacht war noch jung!

»Beweg dich in den Wagen, Alter«, maulte der Fette.

»Fick dich«, antwortete Jay und suchte eilig die hinteren Räume auf. Das Tier rief ihm noch etwas Gehässiges hinterher, aber darauf achtete Jay nicht.

Ihr Auftraggeber hatte ein paar Stellplätze in der Garage einer Werbefirma angemietet. Am Bund hing auch der Schlüssel zu den Sozialräumen dieser Agentur. Dorthin zog es ihn.

Der Flur gabelte sich. Die Umkleiden für Frauen befanden sich rechts, die für die männlichen Angestellten links. Rechts versprach sich Jay höhere Chancen. Diesen Weg schlug er ein. Vorsichtig drückte er die Tür auf. Kaltes Neonlicht tauchte den Raum in Helligkeit. Jay lugte vorsichtig hinein. Doch es war keine Menschenseele zu entdecken.

Hervorragend! Jay huschte in den Raum. Er schritt rasch die Reihen der Spinde ab und stieß zu seiner Überraschung auf zwei unverschlossene Schränke. Wenn er nun auch noch fände, wonach er sich sehnte, dann hatte dieser Scheißtag definitiv noch seine Farbe gewechselt!

Mit fliegender Eile durchwühlte Jay den ersten Spind. Nichts außer altmodischer Wäsche und grober Lederstiefel. Die dazugehörige Besitzerin wollte er sich überhaupt nicht vorstellen.

Im anderen Metallschrank wurde Jay fündig. Diese Frau schien Wert auf ihr Äußeres zu legen. Er entdeckte ein Kästchen von der Größe einer Tafel Schokolade. Jay klappte den Deckel auf, besah sich den Inhalt.

Zufrieden steckte er es ein und machte sich auf den Rückweg.

Das Tier machte noch immer ein grimmiges Gesicht.

»Abfahrt!«, rief Jay durch die Garage und beeilte sich, das Rolltor zu öffnen.

*

In der Teeküche fand sich immerhin ein Topf. Schön, dann werde ich Nudeln machen. Wie er später die Tomatensoße erhitzen würde, wusste er noch nicht. Es fehlte an fast allem. Nicht einmal eine Mikrowelle oder einen Backofen gab es. Damit schied Pizza aus.

Im Wasserkocher brodelte es bereits. Die Spaghetti brach er klein, damit sie in den Topf passten. Auf Salz musste er verzichten, denn es gab keins. Dafür war die Fertigsoße ordentlich gewürzt und diese würde den Mangel ausgleichen. In einem Becher vermengte Olgay das Tomatenmark mit der Kräutermischung. Als das Wasser kochte, goss er es in den Topf und ließ die Nudeln ziehen. Eine Viertelstunde später kippte er die kalte Soße über die warmen Spaghetti.

Olgay verschlang seine Mahlzeit direkt aus dem Topf.

Jobs

Eve erwachte aus ihrem leichten Schlummer. Sie war eingedöst. Der Drink hatte sie herrlich entspannt. Wohlige Wärme hüllte ihren Körper ein. Für Ende Oktober hatte die Sonne noch ordentlich Kraft. Sie räkelte sich auf der Liege, um einen Blick auf ihre Armbanduhr zu werfen, die sie vorhin abgelegt hatte.

Fünf nach elf zeigte ihre goldene Rolex. Sie hatte etwa eine halbe Stunde lang geschlummert. Evelyn richtete sich auf, griff nach dem Shaker und ließ ihn locker aus dem Handgelenk kreisen, bevor sie sich einen zweiten Drink einschenkte. Die Bloody Mary trank sie zur Hälfte aus, dann schloss sie noch einmal für einen Moment die Augen.

Schließlich schwang sie die langen Beine aus dem Sonnenstuhl und erhob sich. Prüfend sah sie an sich hinunter, strich mit einer Hand über ihren flachen Bauch. Mit dem Ergebnis war Eve zufrieden. Die Haut war straff, Beine und Po ebenmäßig und gut trainiert. Ihre Brüste lagen gut in der Hand, waren weder zu groß noch benötigten sie einen Halter. Ihr Körper verlangte nach viel Hingabe, und das bedeutete jeden Tag intensive Arbeit.

Wenn sie nach ihrem Alter gefragt wurde, überraschte es niemanden, wenn sie eine Dekade abzog. Sie war die perfekte und ewige Achtunddreißigjährige.

Ihre Gene versprachen ein hohes Alter. Einhundert strebte Eve mindestens an. Großvater Feliciano hatte es auf stolze einhundertdrei Jahre gebracht.

Eve legte die Kleidungsstücke wieder an und trank im Stehen noch den Rest aus ihrem Glas. Dann verließ sie die Sonnenterrasse über den Holzsteg und betrat den rückwärtigen Teil des Bambushains. Sie sah sich nach dem Gärtner um und entdeckte ihn auf dem Platz vor den geöffneten Toren des Wirtschaftsgebäudes. Der Mann füllte Kraftstoff in den Tank des Rasenmähers.

Eve blieb in gebührendem Abstand stehen und sah ihm zu. Sie schwieg, weil sie ihn nicht erschrecken wollte. Ein Kollege des Mannes hatte dabei einmal den Kanister fallen gelassen. Benzin war ausgeflossen und in das Erdreich gesickert. Die Feuerwehr hatte damals empfohlen, die Pflastersteine aufzunehmen und das Erdreich auszubaggern. Eine schrecklich langwierige Angelegenheit war das gewesen. Es verlangte Eve nicht nach einer Wiederholung dieser Episode.

Sie machte erst auf sich aufmerksam, als der Gärtner den Tankdeckel des Kanisters zugedreht hatte.

»Wie weit sind Sie?«, erkundigte sie sich, bemüht, ein freundliches Gesicht aufzusetzen.

*

Nach dem Essen fühlte sich Olgay schon besser. Sein Magen rumorte nicht mehr und seine Gedanken waren betäubt. Neben dem Schreibtisch entdeckte er zu seinen Füßen eine gelbe Plastikkiste. Sie war mit etwa vierzig Briefen gefüllt.

Olgay beschloss, nach einem kurzen Verdauungsschläfchen zur ersten Tour aufzubrechen und sich seinen Bezirk anzusehen.

Mit der Postkiste auf dem Beifahrersitz fuhr er los. Die ersten beiden Adressen fanden sich schnell und Olgay frohlockte.

Alles easy! Gerade Hausnummern rechts, ungerade links! Olgay fühlte sich wie der König der Welt.

Er dachte darüber nach, wie erstaunt Frerichs gewesen war, als Olgay ihm eröffnet hatte, dessen Job aushilfsweise übernehmen zu wollen. Was glaubte dieser Frerichs denn? Er war ja nicht gerade im diplomatischen Dienst in Syrien tätig oder gar Atomphysiker. Worin bestand die Herausforderung beim Briefeaustragen? Man las die Adresse ab, bewegte sich an den genannten Ort und warf das Kuvert in den Briefkasten. Dann folgte der geordnete Rückzug und weiter ging’s zur nächsten Adresse und so weiter.

Kein Hexenwerk, also!

Doch auch dieser Job stand und fiel mit der Vorbereitung. Es war nicht damit getan, mit voller Posttasche loszufahren und wahllos die erste Adresse anzusteuern. Die Tour musste geplant werden.

Gut, Frerichs Vorteil durfte er natürlich nicht außer Acht lassen. Der Mann verfügte über jahrzehntelange Erfahrung. Wenn Frerichs fünf Stunden für seine Tour benötigte, war es eine gewagte Behauptung, es in gleicher Zeit zu schaffen oder diese gar zu unterbieten.

Small Talk war gestern. Von ihm würde es heute lediglich die Briefzustellung geben, basta! Online-Dienste halfen Olgay bei der Adressensuche, denn Stadtpläne aus Papier ließen sich nicht auftreiben.

Doch es war nicht alles easy. Es gab doch allen Ernstes Anschriften ohne Straßennamen! Er las Familie Hansen, Fehntjer Frieden. Was soll denn der Scheiß?

»Schießt euch doch ins Knie!«, brüllte Olgay gegen den Wind an. Er ließ eine Reihe türkischer Flüche folgen, warf das Kuvert auf den Rücksitz und fuhr zur nächsten Adresse.

*

Onno verstärkte seinen Griff, hielt seinen Freund fest.

»Du hast ein ... Monster gesehen?«

Coob nickte schwach. »Ja ... es ...«, er stöhnte resigniert.

»Es hat mich gejagt.« Coob schluckte, biss sich auf die Lippe.

»Wir müssen es den anderen sagen.«

Wir haben keine Walkie-Talkies dabei, dachte Onno panisch.

»Ich bleibe nicht länger im Fehn. Ich muss hier weg!« Tränen liefen Coob übers Gesicht.

Plötzlich elektrisierte ihn ein Geräusch. Onno erstarrte. Coob hatte sich in seinem Griff versteift. Der Ton war also keine Einbildung gewesen!

Ein markerschütterndes Brüllen durchbrach die Totenstille. Coob zuckte in Onnos Arm.

»Es kommt!«

Onno brach der Schweiß am ganzen Körper aus. Es war, als habe das Geräusch einen Schalter in seinem Körper umgelegt. Seinen Händen fehlte plötzlich alle Kraft. Er war wieder ein Baby, hilflos und klein.

Der Waldboden erzitterte. Onno war sich nun sicher, dass ihnen echte Gefahr drohte. Sein Freund hatte die Wahrheit gesagt. Onno versuchte hochzukommen. Doch Coob hing schwer an ihm. Er schob seinen Freund zur Seite, ergriff einen Ast und versuchte, auf die Beine zu kommen.

Onno packte Coob am Arm und zog ihn hoch. Doch sein Kumpel bewegte sich keinen Zentimeter.

Ein gefährliches Knurren zerriss die Luft. Gleich darauf blies ihnen ein warmer feuchter Wind entgegen. Sie schwebten in tödlicher Gefahr!

»Auf die Füße, Soldat! Wir müssen hier weg!«, brüllte Onno.

*

»Scheiße, wieso hast du mir nicht gesagt, dass du eine Tunte bist?«, beschwerte sich Bertram, als er Jay ansah.

Jay klimperte übertrieben mit den Augen. Er war mit seinem Werk zufrieden. Sein Gesicht besaß nun den Winterteint betuchter Mallorca-Rentner. Den blauen Fleck überdeckte eine dicke Schicht Make-up. In Gedanken dankte Jay der Frau von der Werbeagentur. Ihre Schminke rettete ihm heute den Arsch. In der Mittelkonsole brummte es. Jay griff nach dem Handy und las die eingegangene SMS.

»Fahr in die City, Parkhotel«, wies Jay seinen Fahrer an. Dann tippte er eine Antwort, bevor ihnen jemand den Auftrag abluchste, und erhielt kurz darauf die Freigabe.

*

Olgay beendete seine erste Posttour mit dem letzten Licht an diesem trüben Oktobertag. Er freute sich über den Feierabend; solange seine Gedanken bei ihm blieben und nicht ins Ungewisse zu Bonnie abschweiften, war das auch in Ordnung.

Bei dem Gedanken an seine Freundin griff eine eiserne Faust nach seinem Herzen und zerquetschte es. Es fühlte sich an wie sterben! In Augenblicken wie diesen wollte er nur noch Rache nehmen. Dass er dafür eine Gefängnisstrafe riskierte oder gar sein eigenes Leben aufs Spiel setzte, war ihm egal.

Ohne Bonnie wollte er nicht weiterleben. Nicht in der Gewissheit, dass die Bastarde weiter in Allahs Schöpfung ihr Unwesen trieben. Er würde ihr Leben zerstören, wie sie seines zertreten hatten. Olgay schwor sich, sie fertigzumachen!

Mit großen Schritten durchquerte er den Raum. Er wollte die Fenster aufreißen. Die Luftqualität bewegte sich zwischen ungenießbar bis tödlich. Dieser Mief war nicht auszuhalten.

Doch die Fenster ließen sich nicht öffnen. Frerichs hatte ihm davon erzählt. Deshalb stieß er stattdessen die Eingangstür auf und arretierte sie mit einem Keil. Danach schob er die Lichtkuppeln auf, um so wenigstens ein wenig Durchzug zu schaffen.

Mit einem Glas Whisky in der einen und einer Zigarette in der anderen Hand verzog sich Olgay mit einem alten Rohrstuhl nach draußen. Die Inventur der Abstellkammer hatte den Stuhl zutage gefördert, der eindeutig noch zu DM-Zeiten gekauft worden war. Zahlreiche Roststellen zierten das Gestänge. Es gab ein bedenkliches Knarren von sich, als er es mit seinem Gewicht belastete.

Olgay starrte in die Finsternis und diese blickte zurück. Es war längst Zeit, wieder hinein ins Warme zu gehen. Schon begann Olgay zu frösteln. Doch er blieb träge sitzen. Er goss sein Glas noch einmal voll und tippte die Wiedergabetaste des klobigen CD-Players, der zu seinen Füßen stand. Der CD-Player war auch ein Fundstück, ein Relikt aus ferner Zeit. Auf dem Plattenteller lag bereits eine CD: Dire Straits. Das sagte Olgay nichts. Beim ersten Durchhören erkannte er einige Songs aus dem Radio. Money for nothing gefiel ihm am besten. Was für eine göttliche Gitarre!

Der Schnaps begann zu wirken. Er verpasste seinen Gedanken die ersehnte Langsamkeit. Die Stimmen in seinem Kopf schrien nicht mehr, gleichzeitig verschwammen die Gesichter aller Beteiligten in diesem Drama.

Doch aus dem Nebel tauchten immer wieder neue Fragen auf. Geflüsterte Vorwürfe, die ihre Wirkung auf ihn nicht verfehlten. Mit dem Ergebnis, dass Olgay mit aggressiver Wut rauchte und trank. Anfangs verstummten die Stimmen. Doch er selbst hatte auch Fragen und die verschwanden nicht.

Welche Qualen muss Bonnie erdulden, während ich hier sitze und mich wegschieße? Das war so eine Frage. Die Antwort tat weh, wie ein Tritt in den Unterleib. Olgay besaß genügend Fantasie, um sich schlimme Dinge vorzustellen.

Ali und Cem, Bonnies Peiniger, verfügten unter Garantie über Erfahrungen in Erniedrigung und Folter. Das gehörte zu ihrem Handwerk, schließlich erpressten sie Schutzgeld. Er wollte sich nicht vorstellen, was sie ihr antaten, weil sie wütend auf Olgay waren. Seine Eingeweide verkrampften sich.

Tue ich das Richtige? Er versteckte sich in Ölbenfehn, weil Cem und Ali nach ihm suchten!

Batman fiel ihm ein. Batman war Olgays Idol, seit er denken konnte. Der Mann aus Gotham City war Detektiv, genauso wie Olgay. Doch Batman besaß einen entscheidenden Vorteil: Seine Maskierung half ihm, wenn er nachts in der Stadt herumschlich und Ermittlungen anstellte.

Aber ich bin nicht Batman!, lallte Olgay. Es fiel ihm immer schwerer, einen klaren Gedanken zu fassen. In seinem Magen loderte ein wütendes Feuer. Sodbrennen begann ihn zu plagen. Er spie einmal aus. Doch viel besser fühlte er sich danach nicht. Scheiße, er hatte es mit dem Schnaps übertrieben!

Ich bin nicht Batman! Der Satz hallte in seinem Kopf wider. Der Gedanke beschwor Bilder herauf: Ein Schatten von einem Menschen, in schwarze Klamotten gehüllt, das Gesicht unter einer Sturmhaube verborgen. Ein Schatten unter Schatten.

Dieser Abend glich in vielem dem vor ein paar Wochen. Da hatte er im Rahmen einer Observation die halbe Nacht in seinem Wagen gesessen und die Rückseite eines Hauses beobachtet. Ausgerüstet mit dem besten Equipment, das sich für viel Geld kaufen ließ. Seinen Auftraggebern lag viel an handfesten Beweisen, weshalb sie ihm gaben, wovon jeder Profikiller träumte und was meistens nur das Militär besaß: Nachtsichtgeräte und Peilmikrofone. Damals hatte sich der Aufwand gelohnt. Seine Ermittlungen hatten dazu beigetragen, einen Unschuldigen vor dem Knast zu bewahren.

Die Vision elektrisierte ihn. Und dann stellte er sich die Frage, auf die alles hinauslief: Warum kann ich nicht Batman sein?

*

Marvin wollte nicht hier sein. Er mochte diese Frau nicht. Ihr ganzes Gehabe war ihm zuwider. Diese Scheißkunden mit ihrem Scheißgeld. Er kochte vor Wut.

Marvin beschloss, schnell einzupacken und dann von hier zu verschwinden. Morgen würde er wiederkommen. Sein Chef hatte das Arbeitsaufkommen falsch eingeschätzt. Für die Arbeiten würde Marv bestimmt bis Freitag brauchen.

Er wollte schon vom Hof fahren, als ihm einfiel, dass er sich bei ihr abmelden musste. Er atmete tief durch.

»Scheiße, bleibt mir nichts erspart?« Marvin machte eine Runde durch den Garten und entdeckte seine Kundin an der Garage. Die Tore waren geöffnet, Lack und Chrom glänzten im Licht der Neonröhren.

Ihn traf beinahe der Schlag. Die Kinnlade sank ihm auf die Knie und er pfiff anerkennend durch die Zähne. Als die Kundin ihn bemerkte, trat sie neben ihn. Eine Weile lang sagte keiner von beiden etwas. Dann brach sie das Schweigen.

»Sexy, nicht wahr?«

Marvin war total von der Rolle. Sein Feierabend war vergessen.

»Brechen Sie mir jetzt hier nicht zusammen, junger Mann. Möchten Sie sich setzen?«

»Ist das ein Lamborghini Huracán?«, fragte der junge Gärtner mit brüchiger Stimme. Er zeigte auf einen froschgrünen Sportwagen. Etwas Bedrohliches ging von dem Geschoss aus.

»Ist er nicht wunderschön? 449 kW. Von 0 auf 100 km/h in 3,2 Sekunden.«

»Wow.«

»Wollen Sie ihn mal fahren?«

»Was?«

»War nur Spaß.« Seine Kundin winkte lachend ab.

»Ich lasse niemanden ans Steuer.«

»Hätte mich auch gewundert.«

»Bitte?«

»Ich habe nichts gesagt«, log Marvin. In der Garage fanden sich die unterschiedlichsten Fahrzeuge. Jedes in einer anderen Regenbogenfarbe. Rot wurde von einem Tesla X-Modell repräsentiert. In leuchtendem Karibikblau kam ein Aston Martin Vantage V8 Cabrio daher. Die klassischen Vertreter, ein schwarzer Porsche Panamera S und ein dunkelgrüner Range Rover Autobiography, rundeten das Bild ab.

Im Kopf überschlug Marv den Wert der edlen Karossen. Bestimmt überstieg er die Zwei-Millionen-Euro-Grenze.

»Kommen Sie.« Seine Kundin zog ihn am Arm fort. Marv wusste nicht, wie ihm geschah. Er wollte sich weigern, um einen Blick auf die Interieurs betteln. Doch es hatte keinen Sinn. Er tröstete sich damit, dass er morgen auch noch hier sein würde.

»Ich möchte noch mit Ihnen über Ihre Arbeit reden.« Marvin ließ sich auf einen Stuhl fallen und blickte seine Kundin an.

»Ich bin noch nicht fertig. Morgen werde ich wiederkommen«, sagte der junge Gärtner. »An einem Tag ist das einfach nicht zu schaffen.«

Sie sah ihm in die Augen. Es war unmöglich zu erraten, was unter ihrer schicken Frisur vorging. Plötzlich rümpfte sie die Nase und verzog das makellose Gesicht.

»Puh, Sie stinken«, behauptete sie und wedelte mit ihrer Hand vor ihrer Nase. Marv glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Das war ja wohl eine bodenlose Unverschämtheit. Was bildete sich diese blöde Kuh ein? Nach einem Tag harter Arbeit verging auch der stärkste Veilchenduft.

»Gehen Sie sich duschen.« Sie zeigte hinter sich. Marvin glaubte, sich verhört zu haben. Er rührte sich nicht.

»Was ist? Soll ich Sie an die Hand nehmen?«

»Das ist doch ...«

»Das ist mein Ernst, ja!«, donnerte die Frau.

Marv überlegte, ob er einfach aufstehen und verschwinden sollte. Doch der Tag war bis hierher ganz gut verlaufen. Warum jetzt Ärger mit der Kundin und seinem Boss riskieren?

Widerwillig stand Marv auf. Er glaubte sich im falschen Film.

Marv ging in die angedeutete Richtung. Noch immer war er nicht wirklich sicher, ob er das Richtige tat, wenn er sich von ihr befehlen ließ. Er war doch keine Marionette! Verdammt noch mal!

Marv sah sich nach einer Tür um. Die Sanitärräume befanden sich hinter einer schön gearbeiteten Saunatür. Marvin hob die Achseln, schnupperte. Geschwitzt hatte er. Klar! Bei körperlicher Arbeit blieb das nicht aus. Wenn er sich jetzt wusch, brauchte er das zu Hause nicht mehr zu tun, dachte er. Das hatte auch etwas für sich.

Rasch entkleidete er sich. Die Nasszelle war luxuriöser ausgestattet als in seiner Wohnung. Er öffnete den Behälter mit dem Duschgel und atmete den Duft ein. Es roch gut und Marvin drehte die Brause auf. Er stellte sich unter den Strahl und ließ eine Weile lang das Wasser an sich herunterlaufen.

Es tat gut, die Wärme aufzunehmen. Marv wusste nicht, wie lange er einfach nur dagestanden hatte. Er begann sich einzuseifen, als er plötzlich eine Hand zwischen seinen Beinen spürte.

*

Erst langsam, mit schleppenden, ungelenken Schritten setzten sich die Jungen in Bewegung. Richtung Norden. Wenn ihn seine Ohren nicht täuschten, kamen die Geräusche aus südlicher Richtung.

Sie kannten jeden Winkel im Wald. Das war ihr Vorteil. Onnos Gedanken zerplatzten wie Seifenblasen, als plötzlich ein Knurren die Luft zerschnitt. Alle Zuversicht, es doch noch aus dem Wald hinaus und in Sicherheit zu schaffen, war dahin. Und wieder strich ein feuchtwarmer Lufthauch über seinen Nacken.

Onno spürte das Böse im Rücken, die wilde Hitze, die von ihm ausging. Er nahm einen bestialischen Gestank wahr. Seine Eingeweide krampften sich zusammen.

Er konnte einen Blick auf ihren Verfolger werfen. Sein Freund hatte die Wahrheit gesagt! Es war tatsächlich ein Monster hinter ihnen her! Die Erkenntnis mobilisierte versteckte Kraftreserven. Die Jungen legten noch einen Zahn zu.

Onno spürte einen Lufthauch. Das Monster schlug nach ihnen. Sie entkamen dem Hieb. Die Pranke fetzte Borke eines Baumes durch die Luft. Ein wütendes Brüllen zeigte ihnen, wie nah ihnen die Bestie bereits war.

Ohne Rücksicht preschten die Jungen durchs Unterholz. Astwerk und Ranken der Brombeere peitschten ihre Gesichter, zerschrammten Hände und Arme. Blutige Striemen zierten ihre Körper, doch Schmerzen verspürten sie keine, dafür war keine Zeit. Onnos zerrissene Hosenbeine schlottern an seinen dürren Beinen.

Plötzlich blieb Onnos Fuß hängen. Er stürzte, der Waldboden raste ihm entgegen. Coob riss sich rechtzeitig los und entkam so dem Fall. Onno prallte schmerzhaft mit dem Brustkorb gegen einen Baumstumpf. Die Luft wurde ihm aus den Lungen gepresst. Benommen blieb er liegen. Seine Bronchien brannten. Er machte den Mund auf, versuchte zu atmen. Vergeblich. Es tat so weh, so verdammt weh!

Onno Frerichs versuchte wieder auf die Füße zu kommen, als er hinter sich nahe Geräusche vernahm. Doch er fand keinen Halt. Laub wirbelte auf, aber Onno konnte sich nirgendwo abstützen, um sich nach vorne zu katapultieren.