Schön war's, aber nicht nochmal - André Herrmann - E-Book

Schön war's, aber nicht nochmal E-Book

André Herrmann

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Beschreibung

«Urlaub mit den Eltern. Wir sitzen 5 (!) Stunden vor Abflug am Flughafen, und Mutter verzweifelt, weil sie die Bordkarten auf DIN A3 ausgedruckt hat und denkt, dass wir deshalb nicht mitfliegen dürfen.» So begann André Herrmann, 36, Comedian aus Berlin, die Dokumentation seiner Rreise mit seinen Eltern, die binnen kürzester Zeit viral ging. Unter dem Hashtag #UmdE berichtet er acht Tage lang von den Unwegsamkeiten der gemeinsamen Reise und begeisterte damit schnell eine riesige Followerschaft, sodass am Ende täglich über 1 Million Menschen im Internet mitlasen, wie ein Ü60-Pärchen aus Sachsen-Anhalt in der Ferne alles auf den Kopf stellte. Und Reiseleiter André merkte bald, was es bedeutet, wenn man als Sohn im Ausland plötzlich für seine unternehmungslustigen Eltern verantwortlich ist ...

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André Herrmann

Schön war's, aber nicht nochmal

Urlaub mit den Eltern

 

 

 

Über dieses Buch

«Urlaub mit den Eltern. Wir sitzen 5(!) Stunden vor Abflug am Flughafen, und Mutter verzweifelt, weil sie die Bordkarten auf DIN A3 ausgedruckt hat und denkt, dass wir deshalb nicht mitfliegen dürfen.»

So begann André Herrmann, Comedian aus Berlin, die Dokumentation seiner Reise mit seinen Eltern, die binnen kürzester Zeit viral ging. Unter dem Hashtag #UmdE berichtete er acht Tage lang von den Unwegsamkeiten des gemeinsamen Urlaubs und begeisterte damit schnell eine riesige Followerschaft, sodass am Ende täglich über 1 Million Menschen im Internet mitlasen, wie ein Ü60-Pärchen aus Sachsen-Anhalt in der Ferne alles auf den Kopf stellte. Und Reiseleiter André merkte bald, was es bedeutet, wenn man als Sohn im Ausland plötzlich für seine unternehmungslustigen Eltern verantwortlich ist ...

«Wenn André Herrmann nicht so unhandlich wäre, würde ich ihn ab jetzt auf jede Reise mitnehmen, um sie zu dokumentieren.» Felix Lobrecht

Vita

André Herrmann ist Stand-up-Comedian, Autor und der wohl bekannteste Roaster im deutschsprachigen Raum. Zweimal gewann er die deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaften. Als Autor konzipiert er Programme, verfasst Gags für renommierte TV-Shows («ZDF Magazin Royale», «heute-show», «Late Night Berlin»), entwickelt und schreibt Serien für TV sowie Streamingdienste. Vor der Kamera veröffentlichte er fast 150-mal den «Roast der Woche» für Comedy Central. 2015 erschien sein Debütroman «Klassenkampf» bei Voland & Quist. 2018 folgte «Platzwechsel». Seit Herbst 2022 ist André mit seinem ersten Soloprogramm «Roast in Peace» live auf Tour. Er lebt und arbeitet in Leipzig.

Impressum

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, Mai 2024

Copyright © 2024 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg

Redaktion Ulrike Gallwitz

Covergestaltung zero-media.net, München

Coverabbildung Antonia Hinterdobler für FinePic®, München

ISBN 978-3-644-01929-4

 

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

 

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www.rowohlt.de

Handlung und Personen dieser Geschichte sind frei erfunden. Na ja, «erfunden» … Wenn wir ehrlich sind, ist es schon ziemlich genau so passiert. Aber das schreibt man halt zur Sicherheit so. Meiner Mutter ist sehr wichtig, dass ich schreibe, sie sei in Wirklichkeit ganz anders. Und mein Vater streitet eh alles ab.

Wunschplätze

Wwwtt-wwwtt-wwwtt!

Es ist Sonntag. Irgendetwas vibriert. Wwwtt-wwwtt-wwwtt!

Ich öffne die Augen, in meinem Zimmer ist es stockdunkel. Wwwtt-wwwtt-wwwtt, kommt es von irgendwoher. Ich seufze. Wwwtt-wwwtt-wwwtt! Liebe Nachbarn, ich weiß, Berlin und so, wozu braucht man Möbel, wenn man eh das ganze Wochenende im Club ist, aber kauft euch doch bitte trotzdem einfach mal Nachtschränke oder zumindest eine Bananenkiste, damit eure verdammten Handys nicht auf den Dielen liegen müssen und man sie durchs komplette Haus vibrieren hört. Oder lasst wenigstens euren Alarm nicht vierzigmal klingeln. Wwwtt-wwwtt-wwwtt. Aus, denke ich, aus, aus, aus! Ich greife nach rechts, um zu gucken, wie spät es ist.

Wwwtt-wwwtt-wwwtt, macht mein Handy. Ups, denke ich. Auf dem Display das Foto meiner Mutter. Ich drücke auf Annehmen, sage aber nichts.

«Hallo?», ruft meine Mutter nach ein paar Sekunden. «Hallooohoooo?»

«Ja», sage ich und versuche, so viel Müdigkeit wie möglich in dieses eine Wort zu packen.

«Also, wir sind jetzt bei uns am Bahnhof!»

Ich schaue nochmal aufs Display, es ist 4:04 Uhr.

«Wieso?», frage ich.

Stille.

Ich kann förmlich vor mir sehen, wie meine Eltern als einzige Menschen im Umkreis von etwa fünf Kilometern mutterseelenallein auf dem kleinen Bahnhof in Sachsen-Anhalt stehen. Vollbepackt mit lauter Zeug, das sie im Urlaub sowieso nicht brauchen werden, und mit noch viel mehr Aufregung im Gepäck.

«Na, wir fliegen doch heute! Hast du das vergessen? Sag nich, du hast das vergessen, Junge!»

«Nee, hab ich nich vergessen», sage ich. «Aber vielleicht habt ihr vergessen, dass wir erst um zwölf fliegen!»

«Das weiß ich doch», sagt meine Mutter.

«Ja, und was macht ihr dann am Bahnhof? Fährt so früh überhaupt ein Zug?»

Wieder Stille.

«Nee», sagt meine Mutter. «Auf’m Fahrplan steht 5:10 Uhr. Aber man weiß ja nie!»

«Mhm», mache ich.

«Was mhm? Weiß man doch nich! Kann doch immer was sein!»

«Nee», seufze ich, «weiß man nich.»

Außer, dass ihr gerade mal zehn Minuten vom Bahnhof entfernt wohnt, noch locker dreimal hin- und herlaufen könntet und euren Zug noch immer nicht verpassen würdet, denke ich.

Für einen Moment herrscht Ruhe.

«Du bist ja schon wach!», ruft meine Mutter.

«Jo», sage ich. «Mich hat jemand mitten in der Nacht angerufen.»

«Huuuh», macht meine Mutter. «Wer denn?»

«Na, du», sage ich.

«Ach so», lacht sie. «Also, wir wären dann um 6:30 Uhr in Berlin am Flughafen.»

«Oh weia», sage ich. «Dann habt ihr ja grad mal noch», ich rechne kurz nach, «fünfeinhalb Stunden bis zum Flug.»

Ich kann förmlich hören, wie meiner Mutter das Blut aus dem Gesicht weicht.

«Das ist zu wenig, oder? Das schaffen wir nich! Ich hab deinem Vater gesagt, wir müssen eher fahren!», ruft sie.

«Deine Mutter wollte schon gestern Abend los!», höre ich meinen Vater von hinten brüllen.

«Jetzt hör off zu brüllen», brüllt meine Mutter zurück. «Es ist vier Uhr morgens! Die Leute wollen schlafen!»

«Beruhigt euch», sage ich. «Das passt schon.»

«Bist du dann och da?», fragt meine Mutter.

Auf gar keinen Fall, denke ich. Klar, nach Israel wird man schon vorm Abflug meistens doppelt kontrolliert, einmal von den Deutschen und einmal von Israelis, weshalb es schon okay ist, vielleicht drei Stunden bevor es losgeht, am Flughafen zu sein, aber man muss ja nicht komplett übertreiben.

«Wir wissen doch gar nich, wo wir da hinmüssen!», sagt meine Mutter.

«Das steht dann schon irgendwo», sage ich.

«Ja, irgendwo!», ruft meine Mutter. «Und wie sollen wir rausfinden, wo genau?»

«Da gibt’s Anzeigetafeln!», erwidere ich.

«Ja, das denkst du!»

Ich atme tief durch. Manchmal frage ich mich echt, wie es meine Eltern geschafft haben, noch bis vor Kurzem einer Lohnarbeit nachzugehen und dafür auch noch bezahlt zu werden. Unvorstellbar, dass sie sich dort auch so hilflos angestellt haben, ohne spätestens nach zwei Tagen rausgeworfen zu werden. Ich weiß, sie meinen es nicht so. Wahrscheinlich muss ich es so verstehen wie die Angewohnheit unserer Katze, die mir früher immer eine Maus vors Bett gelegt hat. Sie wissen es eben nicht besser und wollen mir eigentlich nur zeigen, dass sie mich für den besten Ansprechpartner in dieser Angelegenheit halten.

«Is okay», sage ich. «Ich komm dann auch so ungefähr um die Zeit.»

«Toll!», freut sich meine Mutter.

«Jo, dann bis nachher.»

«Kannst ma noch zwee Bananen mitbringen!», ruft mein Vater von hinten.

«Wie jetzt?», frag ich.

«Haste gehört?», fragt meine Mutter.

«Was denn für Bananen?», frage ich.

«Na, Bananen!», sagt meine Mutter.

«Wo soll ich denn um vier Uhr morgens Bananen herkriegen?», frage ich.

«Wo soll er denn um vier Uhr morgens Bananen herkriegen?», gibt meine Mutter die Frage weiter.

«In Berlin hat doch eh alles offen!», ruft mein Vater.

«Also, alle Drogen der Welt könnt ich dir wahrscheinlich mitbringen, aber doch keene Bananen!», sage ich.

«Apfel geht sonst och!»

Sie meinen es nicht so, wiederhole ich innerlich. Sie meinen es nicht so.

«Ich guck mal», seufze ich.

«Siehste, jetzt sind’s och nur noch 59 Minuten, bis der Zug fährt», frohlockt meine Mutter.

«Mhm», mache ich, «dann passt bloß auf, dass ihr nich am falschen Gleis steht!»

Wieder herrscht Ruhe.

«Ach herrje», ruft meine Mutter, «der Zuch fährt von Gleis zwo! Mensch, wir sind am falschen Gleis! Wir müssen da rübber!»

«Wie, falsches Gleis?», höre ich meinen Vater rufen.

Ich lege auf.

 

Ausnahmslos alle haben gelacht, als ich ihnen erzählt habe, dass ich mit meinen Eltern in Urlaub fahre. Und mindestens jeder Zweite hatte auch noch einen dummen Kommentar parat: «Hast du dich von deiner Freundin getrennt?», «Hast du sonst keine Freunde, mit denen du fahren kannst?» oder «Brauchst du Geld?», wurde ich gefragt.

Klar, meine Eltern zahlen die komplette Reise, und das ist super, aber darum geht es mir nicht.

Seit ich mit meiner Freundin vor vier Jahren in Israel war und wir dabei eine Tagestour nach Jordanien gemacht haben, um uns die Felsenstadt Petra mit ihren weltbekannten Grabtempeln anzuschauen, haben mir meine Eltern unentwegt in den Ohren gelegen. Bei jedem Geburtstag, bei jeder Feier, auf der wir uns gesehen haben, immer hat es geheißen: «Hach, Petra, das würden wir ja och gern ma sehen! Aber das ist bestimmt richtig kompliziert, da hinzukommen!»

Und dazu noch der Satz, der immer fällt, sobald jemand von der malerischen Wüstenstadt erzählt: «Da wurde nämlich Indiana Jones gedreht. Wusstest du das?»

Wusste ich, ich war ja schließlich schon da.

Monatelang haben meine Eltern bei jeder Gelegenheit Schicht um Schicht meiner Geduld abgetragen, bis ich irgendwann meinte: «Kein Problem, ich buch euch das alles, schreib euch auf, wann ihr wo sein müsst, und dann macht ihr das!»

«Jaha», hat meine Mutter gelacht, «wir ollen Leute sollen das hinkriegen, oder was?!»

Zum Verständnis: Meine Eltern sind 64 und 66 Jahre alt.

Ja, das ist jetzt nicht blutjung. Und zugegeben: Mein Vater ist komplett vom Leben ausgeschlossen, sobald er etwas per Touchscreen bedienen muss. Seit ich denken kann, telefoniert mein Vater, indem er meiner Mutter das klingelnde Telefon hinhält und sagt: «Geh ma ran, ich hör das eh nich!»

Meine Mutter hingegen hat dreißig Jahre im Impfstoffwerk ein Labor geleitet und mindestens fünfzehn Jahre lang tagtäglich die Dokumentation millionenschwerer Aufträge am Computer abgewickelt. Und all das nur, um direkt nach Feierabend bei mir anzurufen und Dinge zu sagen wie: «Du, der Windows, der sagt hier wieder irgendwas wegen Update. Kann ich da droffdrücken?»

Kurz gesagt: Meine Eltern sind Schrödingers Rentner. Sie können sich problemlos darüber beschweren, wie sich mein fünfundachtzigjähriger Opa anstellt, wenn er mal wieder behauptet, sein Fernseher sei kaputt, obwohl er nur beim Lautermachen wie so oft die Mute-Taste auf der Fernbedienung mitgedrückt hat, und gleichzeitig können sie so tun, als würden sie eine Reise, die über das heimatliche Ortsschild hinausgeht, nur noch mit einem Vormund überstehen.

Ich weiß, dass sie es nicht so meinen. Aber ich will nicht, dass sie sich limitieren, nur weil sie ein wenig Angst vor dem Unbekannten haben. Aber okay, habe ich gedacht, ich kann es mir zwar für sie wünschen, sie ja aber nicht zu ihrem Glück zwingen. Wenn sie glauben, dass sie so eine Reise im gesegneten Frührentneralter nicht mehr hinbekommen, dann müssen sie eben zu Hause bleiben.

«Oder», hat mein Vater eines Tages vorgeschlagen, «wir zahlen alles, und du kommst mit!»

Ja, sag da mal Nein …

 

Um sieben Uhr komme ich am Flughafen an. Schon als ich die Rolltreppe betrete, die vom Bahnsteig Richtung Eingangshalle führt, sehe ich meinen Vater, der am anderen Ende Patrouille läuft.

«Da kommter doch!», ruft er nach hinten, wo wahrscheinlich meine Mutter auf den Koffern sitzt.

«Gott sei Dank!», ruft sie, kaum bin ich oben angekommen, und drückt mich an sich.

«Was ist denn los?», frage ich.

«Ich dacht schon, es is was passiert!»

«Was soll denn passiert sein?»

Meine Mutter schaut mich an. «Hast aber nich viel geschlafen, oder?», fragt sie.

«Du siehst auch gut aus!», antworte ich.

«Damit willste verreisen, oder was?», fragt mein Vater dazwischen und deutet auf meinen Rucksack und den Handgepäckkoffer, den ich dabeihabe.

«Sind doch nur acht Tage», sage ich.

Mein Vater geht einen Schritt beiseite und offenbart zwei riesige Hartschalenmonster, um die er jeweils drei regenbogenfarbene Gurte geschnürt hat. «25 Kilo, haste jesacht!»

«Ja, das is aber nich das Mindestgewicht, das man mitnehmen soll!», sage ich.

«Wemmer drüber sind, lass’mer die Wanderstiefel von deiner Mutter da!»

«Du hast Wanderstiefel mit?», frage ich entgeistert.

«Wenn wir viel laufen, da brauchen die Knöchel doch Halt!»

«Wenn du mit Wanderstiefeln in der Wüste rumläufst, reise ich ab», drohe ich.

Mein Vater muss lachen. «Schaffmer noch, eene zu roochen?», fragt er.

Ich schaue auf meine Uhr. 7:04 Uhr. «Wird knapp», sage ich.

 

Ein paar Monate lang konnte ich meine Eltern mit verschiedenen Ausreden hinhalten:

«Ja, mal schauen, ob ich überhaupt Zeit hab!»

«Als Freiberufler kann man ja leider so schlecht planen.»

«Meist kommt dann ja kurzfristig doch immer was Großes rein.»

All das sagte ich in der Hoffnung, sie würden schon von selbst darauf kommen, dass wir auf gar keinen Fall gemeinsam wegfahren sollten.

Nicht, dass wir uns schlecht verstehen würden. Aber meine Eltern und ich führen vor allem deshalb eine recht harmonische Beziehung, weil wir irgendwann begonnen haben, uns als eigenständige Erwachsene zu akzeptieren. Zumindest so halb. Und noch wichtiger: Weil zwischen unseren Treffen immer ausgedehnte Pausen liegen. Klingt schlimm, ist es aber gar nicht.

Wir sind halt nicht die fröhliche Check24-Familie, die jeden Tag zwölf Stunden lang aufeinanderhockt, weil sie eh am liebsten wieder unter einem Dach wohnen würde. Wir sind glücklich durch Abstand. Wir telefonieren vielleicht einmal pro Woche, sehen uns zu allen Geburtstagen, und an Weihnachten bleibe ich auch mal über Nacht. Und dann reicht es auch wieder bis Ostern.

Aber jedes Mal, wenn ich mit meinen Eltern beim Mittagessen saß, kam neben dem üblichen Schweinebraten nun auch immer das Thema Petra mit auf den Tisch.

«Hast du schon geguckt, ob du Zeit hast?»

«Wann müsste man denn am besten buchen?»

«Wir fahren dann über Israel, oder?»

«Die Frau Müller von nebenan, die war ja völlig begeistert von deiner Idee!»

Moooooment! Wie jetzt, Frau Müller? Hatten meine Eltern schon wieder all ihren Nachbarn Bescheid gesagt, dass sie bald auf große Fahrt ins Gelobte Land aufbrechen würden? Wusste bereits ganz Sachsen-Anhalt davon, obwohl ich noch gar nicht zugesagt hatte? War das so eine perfide Art von Druckaufbau? Denn, wenn meine Eltern schon über meinen Kopf hinweg erzählten, dass wir nach Petra fahren würden, was würden sie erst erzählen, wenn die Reise meinetwegen plötzlich doch nicht stattfinden konnte? Wahrscheinlich würde ich mit Abfall beworfen, sobald ich das nächste Mal zum Geburtstag vorm Haus meiner Eltern hielt. Frau Müller würde aus dem Fenster gucken, abfällig vor mir auf den Boden spucken und etwas sagen wie: «An deiner Stelle würde ich mich hier nie wieder blicken lassen! So etwas den eigenen Eltern anzutun! Dass du dich nicht schämst!»

 

Also hab ich Ja gesagt.

Und jetzt sitze ich fünf Stunden vor Abflug vorm Flughafen, meine Eltern rauchen, und ich spiele ein bisschen Quizduell.

«Frag mich mal was», ruft meine Mutter.

«Okay», sage ich und deute auf mein Handydisplay. «Welches der folgenden Tiere ist ein Säugetier?»

Meine Mutter überlegt. «Nichts davon!»

«Es muss eins sein!», sage ich.

«Es ist aber keins!»

«Doch!», sage ich. «Guck, Schweinswal!»

«Ach», macht meine Mutter und winkt ab, «bei euch vielleicht.»

«Warum fragst du mich überhaupt, wenn du die Antwort dann eh nicht hören willst?»

«Ne Echse», sagt meine Mutter bockig, «wenn überhaupt!»

«Guck ma», mein Vater stupst mich an, «meine neue Hose! Extra für’n Urlaub!»

Er tippt auf seine Hosenbeine, bei denen unterhalb der Knie eine dicke Naht zu sehen ist. «Die Beene kannste abmachen!», erklärt er. «Dann haste ’ne kurze Hose!»

«Cool», sage ich, «dann brauchst du ja nachher gar keinen Ausweis. Damit erkennt dich jeder sofort als Deutscher!»

«Das is aber nich die Hose mit den abnehmbaren Beenen!», sagt meine Mutter.

«Natürlich is das die!», sagt mein Vater.

«Die mit den abnehmbaren Beenen liegt zu Hause!»

«Das is die!», poltert mein Vater.

«Guck», sagt meine Mutter und zeigt auf die Hose, «die andre hat hier so versteckte Knöppe! Das hier sind Ziernähte! Da kannste nix abmachen!»

«Türlich!», sagt mein Vater.

Mit beiden Händen greift er sein linkes Hosenbein, holt aus, es macht CCCHHHHTT!, und schon hat er eine kurze Hose. Oder zumindest eine halbe.

«Oh», sagt mein Vater, als er seinen Irrtum bemerkt. «Das is wirklich die andere!»

«Ja, oh!», ruft meine Mutter. «Du bist unmöglich! Gloobste, das krieg ich jetzt wieder angenäht, oder was?»

«Wie annähen?», fragt mein Vater, greift das andere Hosenbein und zieht.

Einen kurzen Disput, ob wir die abgetrennten Hosenbeine jetzt mitnehmen oder wegwerfen sollen, später, beschließen wir, wenigstens schon einmal die Koffer abzugeben.

«Moment», sage ich, greife in meinen Rucksack und ziehe zwei kleine silbrig-weiße Scheiben heraus.

«Was’n das?», fragt meine Mutter.

«Die packt ihr in eure Koffer, dann können wir auf’m Handy sehen, wo die sind. Falls die verloren gehen!»

«Huuuuh», macht meine Mutter, «passiert das öfter bei denen?»

«Wie ‹bei denen›?», frage ich.

Mein Vater öffnet die viel zu straff gespannten Gurte an den Koffern, die wie Peitschenhiebe in der Luft zusammenschlagen.

«Einfach da irgendwo in son Fach», sage ich und zeige den beiden anschließend, wie man nun auf dem Handy sehen kann, wo sich die Koffer befinden.

«Koffer Mutter», liest meine Mutter vor, «Koffer Vater und Vater.»

«Wie jetzt, Vater?», fragt mein Vater.

«Na, du kriegst auch son Ding», sage ich und ziehe einen dritten Ortungschip hervor. «Du hast ja nich ma ’n Handy.»

«Ja, weil ich da nüscht höre!»

«Deswegen steckst du das in deine Tasche.»

«Und jetzt werd ich geortet, oder was?»

«Nur, wenn nötig», sage ich. «Geh mal nach da hinten!»

Ich deute auf einen Mülleimer in zwanzig Metern Entfernung.

Mein Vater trottet los.

«Achtung», sage ich und zeige meiner Mutter das Handy.

Kurz darauf vibriert es, und auf dem Display erscheint die Meldung: Vater von André wurde zurückgelassen. Dieses Objekt befindet sich nicht mehr in deiner Nähe.

«Perfekt», lache ich.

 

Nachdem die drei Tracker verstaut sind, gehen wir zur Gepäckaufgabe.

Vollkommen fasziniert bleibt mein Vater vor einem kleinen Plateau stehen, auf dem man seinen Koffer in eine Art Frischhaltefolie einwickeln kann, um sich damit später überall als kompletter Touri zu outen.

«Wollmer des machen?», fragt er begeistert.

«Nee», sag ich.

«Dann kommt keener an dein’ Koffer ran!»

«Als ob die das nicht im Zweifelsfall einfach aufschneiden, wenn’s da drinne tickt!», sage ich.

«Haste ma jesehen, wie die die Koffer rumschmeißen?», ruft mein Vater. «Wirst sehen, mit soner Folie kommt der heile an!»

«Ich würd so einen Koffer einfach schon aus Prinzip aufmachen!», sage ich.

«Ich mach das jetzt», sagt mein Vater.

«Mach mal, ich geh schon mal zur Mutter.»

Wie angewurzelt steht meine Mutter bei den Check-in-Schaltern, und man kann sehen, wie es in ihrem Kopf arbeitet. «Noch gar keener da», sagt sie und deutet auf die Reihe komplett leerer Schalter.

«Ich glaub, das soll so sein», antworte ich und zeige auf ein Schild mit der Aufschrift: «Kontaktloser Check-in».

«Das krieg ich doch nie hin!»

«Klar», sage ich. «Haste eure Tickets, die ich geschickt hab?»

«Hier.» Meine Mutter zieht einen Hefter aus ihrem Rucksack und entfaltet anschließend zwei DIN-A3-Blätter, auf denen riesengroß die Tickets gedruckt sind.

«Größer hattest du’s nich?», frage ich.

«Das hat die Sabrina für mich off Arbeet ausjedruckt! Geht das nich?»

«Versuch mal, das da auf den Scanner zu halten», sage ich und deute auf den kleinen Scanner neben dem Gepäckband.

Am liebsten würde ich ein Foto machen, während ich meine Mutter dabei beobachte, wie sie den riesigen Zettel auf den Scanner legt und natürlich nichts passiert.

«Musste höher halten», sage ich.

Meine Mutter hebt das Blatt etwa zehn Zentimeter an, nichts passiert.

«Noch höher», sage ich. «Nee, höher! Höher! Höööher!»

«Ich steh schon off’n Zehenspitzen», jault meine Mutter.

«Vielleicht mal springen!», sage ich und habe Schwierigkeiten, nicht zu lachen, als ich sehe, wie meine Mutter vor dem Scanner auf und ab hüpft und gleichzeitig versucht, das Ticket möglichst ruhig zu halten.

«Geht’s?», ruft sie.

«Nee», sage ich.

«Das muss gehen!», ruft sie. «Wie sollen wir denn sonst unsere Koffer abgeben?»

«Tja», sage ich und ziehe drei in Normalgröße ausgedruckte Tickets aus meinem Rucksack. «Müssmer wohl doch die hier nehmen.»

Nach zwei Minuten fährt Mutters Koffer ins Flughafeninnere.

Wiederum zwei Minuten später folgt der meinige.

«Und?», frage ich, als mein Vater sich zu uns gesellt und seinen komplett eingewickelten Koffer präsentiert. «Was hat deine Folie gekostet?»

«20 Euro», antwortet er.

«Bist du irre?», ruft meine Mutter.

«Das lohnt sich!», sagt er.

Ich scanne sein Ticket, aus der Maschine rattert das Kofferschild, mein Vater hievt den Koffer aufs Band, und ab geht’s.

«Und nu?», fragt meine Mutter.

«Jetzt gehen wir mit unseren Pässen zur Sicherheitskontrolle», sage ich.

«Wie jetzt, Pässe?», fragt mein Vater.

«Nee, oder?», ruft meine Mutter, da hechtet mein Vater schon aufs Gepäckband.

Gerade noch so bekommt er den Koffer zu fassen und krallt sich in die Folie. Reflexartig greife ich nach seinen Beinen und ziehe beide zurück zu uns.

«Gut investierte 20 Euro», lächle ich, als meine Mutter und ich kurz darauf mühsam die Folie vom Koffer knibbeln.

«Warte», sagt mein Vater und zieht ein Klappmesser aus der Tasche.

«Ach so», sage ich, «du wolltest eh nicht mitfliegen.»

 

Auf dem Weg zur Sicherheitskontrolle versuche ich meinem Vater wieder und wieder zu erklären, dass es keine gute Idee ist, dort mit einem Klappmesser aufzutauchen. Zumal mir genau das schon einmal passiert ist und ich aus Erfahrung sagen kann, dass die Polizisten da auf keinen Fall alle Regelungen auswendig können und sie dir im Zweifelsfall lieber eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz zu viel als eine zu wenig aufschreiben, wobei es ihnen noch dazu völlig egal ist, ob du deswegen dann deinen Flug verpasst oder nicht.

«Wegen dem kleenen Ding?», fragt mein Vater und lässt das Messer gekonnt mit einer einzigen Handbewegung ausklappen, sodass die Klinge gut zwei Handbreit nach oben steht.

«Pack das weg!», zische ich. «Du kannst doch nich am Flughafen mit ’nem Messer rumfuchteln!»

Mein Vater macht ein paar Schneidebewegungen, dann klappt er das Messer wieder zusammen. «Pack ma in dein’ Rucksack», sagt er und hält es meiner Mutter hin.

«Das kannste nich im Handgepäck mitnehmen», sage ich.

«Ja, und denn?»

«Wegwerfen», erkläre ich.

«Wegwerfen?», ruft mein Vater entsetzt. «Das hab ich aus Thailand!»

«Ja, und schon da war’s ein Wunder, dass du damit durch den Zoll gekommen bist! Guck doch mal, wie lang die Klinge ist!»

Mein Vater lässt das Messer nochmal aufschnappen.

«Du sollst das nicht jetzt machen», knurre ich.

«Das war teuer!», verteidigt sich mein Vater.

«Ja, und was denkste, wie teuer das wird, wenn die dich hier damit aus der Kontrolle ziehen.»

«Ich versteck das!», sagt mein Vater, als wir schon in Sichtweite der Sicherheitskontrolle sind.

«Wirf. Das. Weg», sage ich.

«Wieso’n?», fragt mein Vater. «Hol ich dann eenfach wieder, wemmer zurück sind!»

«Wir können auch nochmal schnell zur Post und euch das nach Hause schicken!», sage ich versöhnlich. «Oder dich einfach direkt bei der Polizei abgeben.»

«Nee, warte», ruft mein Vater und geht zu einem Blumenkübel.

Ich kann kaum hinsehen, als mein Vater das Messer wieder wie ein Gangmitglied mit einem Schlenkern öffnet und es anschließend neben einer riesigen Pflanze in die Erde rammt. Aber tatsächlich, neben dem dicken Stamm ist es kaum zu erkennen. Fast sieht es aus, als ob einfach ein weiteres Stück Wurzel aus der Erde ragt.

«Sieht keen Mensch», sagt mein Vater, als er wieder bei uns ist.

«Na dann, los jetzt», pressiert meine Mutter, und wir gehen zur Kontrolle.

Ich scanne die Tickets meiner Eltern und lasse sie vor, ehe auch ich durch das kleine Glastor trete. Vor uns steht eine riesige Schlange aus Menschen, die sich langsam durch verschlungene Absperrbänder bewegt.

«Das kann dauern», sagt meine Mutter.

«Ja», antworte ich. «Aber wir haben ja Zeit.»

Nach über einer Stunde stehen wir endlich kurz vor den Beamten.

«Gürtel och», sagt mein Vater, der schon genau abgecheckt hat, was man alles ausziehen und zum Durchleuchten in die kleinen Plastikschalen legen muss.

Gelangweilt schaue ich mich um, als mich meine Mutter antippt und mit einem Kopfnicken zu den Blumenkübeln deutet, vor denen gerade ein älterer Herr mit einer Aktentasche stehen bleibt und interessiert den Stamm der großen Pflanze anschaut.

«Was’n?», fragt mein Vater, der unsere Blicke bemerkt hat.

«Schuhe auch?», frage ich.

«Nee», sagt er.

«Next», ruft der Sicherheitsbeamte meinem Vater zu, der regungslos stehen bleibt.

«NEXT», brüllt der Beamte erneut, aber mein Vater reagiert nicht.

«Bist dran», rufe ich ihm direkt ins Ohr.

«Ach so!», ruft mein Vater und geht auf den Beamten zu. «Ich bin bissl schwerhörig! Und hier bei dem Lärm, da hör ich noch weniger!»

«Schuhe auch aus», sagt der Mann gelangweilt.

«Was?», ruft mein Vater.

Ich schaue zu dem Blumenkübel, in den der Aktentaschenmann gerade hineingreift und nach kurzem Tasten Vaters Klappmesser herauszieht.

«SCHUHE AUCH AUS!», brüllt der Beamte.

«ACH, ICH DACHTE, KEENE SCHUHE!», ruft mein Vater.

Freudig über seinen Fund hält der Mann mit der Aktentasche Vaters Messer in die Luft, wischt es mit einem Taschentuch sauber und macht dann ebenfalls ein paar Schneidebewegungen in der Luft. Plötzlich kommen drei Männer in Uniform angerannt und umstellen ihn mit gezogenen Waffen. Sofort lässt der Mann das Messer fallen.

«Next», ruft der Sicherheitsbeamte, aber ich schaue noch immer zu dem Mann, der jetzt von einem Uniformierten von hinten gepackt und zu Boden gebracht wird, um ihm dann einen Kabelbinder um die Handgelenke zu schnüren.

«Um Himmels willen», murmelt meine Mutter.

«NE-HEXT!», brüllt der Beamte.

«Ach so», sage ich. «Sorry.»

«Ganze Familie schwerhörig, oder was?», brummt er, als ich bei ihm stehe.

«Müsster mich nach’m Rückflug dran erinnern, wegen mei’m Messer!», sagt mein Vater, als ich durch die Kontrolle bin und wir uns wieder anziehen.

Über die Durchleuchtemaschine hinweg sehe ich, wie die Uniformierten den Aktentaschenmann davonzerren und dann in einer in der Wand versteckten Tür mit ihm verschwinden.

Da verpasst heute definitiv jemand seinen Flug, denke ich.

«Hast jehört?», tippt mich mein Vater an.

«Ja, klar», sage ich und reiche meinem Vater seinen Gürtel.

 

Nach anderthalb Stunden sind wir fertig. Anschließend verbringen wir sicher eine Viertelstunde im Zeitschriftenladen, in dem sich mein Vater mit einem Stapel Magazine eindeckt. Dann machen wir eine Kaffeepause.

«Is schön, dass du uns mitnimmst», sagt meine Mutter.

«Kein Problem», sage ich.

«Wusstest du», sagt mein Vater, der aus einem seiner Magazine aufschaut, «dass die Israelis in ihren Passagierflugzeugen Raketenabwehrsysteme hamm?»

«Nee», antworte ich.

«Hammse aber!»

«Okay», sage ich.

«Also, das geben die nich zu. Weeß man aber!»

«Glaub ich», erwidere ich.

«Weil die israelischen Flugzeuge gerne ma vom Boden aus beschossen werden!»

«Ach herrje», macht meine Mutter. «Aber wir hoffentlich nich.»

«Nee», sagt mein Vater. «Wir fliegen nich mit ’ner israelischen Maschine.»

«Das heißt», lächle ich, «wenn wir beschossen werden, stürzen wir auf jeden Fall ab.»

«Ach, du wieder!», seufzt meine Mutter.

 

Punkt elf Uhr machen wir uns auf den Weg zum Gate.

«A32», liest mein Vater vor.

«Nee», sage ich, «B32!»

«Nee», sagt mein Vater, «da steht A32!»

Ich gucke auf den Plan, auf dem alle Gates aufgelistet sind.

«Das ist ja komplett auf der anderen Seite», sage ich. «Das dauert ja ewig!»

So zügig, wie man laufen kann, ohne ins Rennen zu geraten, durchqueren wir das komplette Terminal. Dann geht es eine Treppe rauf und anschließend einen ewig langen und immer ganz leicht ansteigenden Gang entlang.

«Guckt», sagt meine Mutter irgendwann auf halber Strecke und zeigt durch die Glasscheibe, «hier sind wir vorhin reingegangen.»

Sie hat recht, denke ich und verfluche innerlich die Person, die sich diese Wegführung hier ausgedacht hat. Noch zwei endlose Gänge später kommen wir zum zweiten Terminal, nur um dort noch einmal zig ebenerdige Rollbänder entlangzuspurten.

Nach 30 Minuten und exakt genauso vielen Gates stehen wir vor einer Treppe. Meine Eltern schnaufen schon jetzt.

«So», sage ich, «da noch runter, und dann sind wir da.»

«Kannst ruhig sagen, wenn wir bei DHL als Fracht mitfliegen», japst mein Vater.

Aber tatsächlich, unten angekommen sehe ich unser Gate, an dem gerade die letzten Passagiere einchecken. Ein Glück, denke ich, dass wir tatsächlich genug Zeit hatten. Am Ende wird es dann ja doch immer irgendwie knapp.

Meine Eltern hingegen sind total entspannt.

«Ach, siehste», sagt meine Mutter, «da simmer doch schon!»

«Tel Aviv?», ruft mir eine der Flugbegleiterinnen vom Gate zu.

«Yes», rufe ich und will auf sie zugehen.

«Da geh ich nochmal off de Toilette vorher!», sagt mein Vater und geht weg.

«Na gut», sage ich und nehme seinen Koffer, «aber beeil dich.»

«Hach, ich bin ganz offgeregt», sagt meine Mutter. «Dass wir das wirklich machen!»

Süß, denke ich.

«Was wir da alles erleben werden! Toll!»

Nach fünf Minuten ist mein Vater immer noch nicht da.

«Wo bleibt der denn?», frage ich in die Luft hinein.

«Na, dann geh ich och nochmal!», sagt meine Mutter und trippelt davon.

Ich atme tief durch. Dann ziehe ich mein Handy aus der Tasche. Ich scrolle ein bisschen durch Twitter, als mir eine Idee kommt. Urlaub mit den Eltern, tippe ich.

«KRRZ KCCHTT KRRRR!», kommt es aus den Boxen über mir.

Ich schaue zum Gate, von wo aus mich eine genervte Flugbegleiterin direkt anschaut.

«Last passengers of flight FR6501 to Tel Aviv please proceed to gate A32», sagt sie überfreundlich.

«Yes», rufe ich ihr zu, «one second, please!»

«Please proceed to the gate IMMEDIATELY!»

«Yes», nicke ich beschwichtigend und zeige hinter mich. «My parents, toilet!»

Nach zwei Minuten ist meine Mutter wieder da. «Wo is’n dein Vater?», fragt sie mich.

«Weiß ich nich, aber ich lass den gleich ausrufen!», knurre ich.

«Das hört der doch eh nich!», lacht sie.

«KRRZ KCCHTT KRRRR!», kommt es wieder. «Final call for flight FR6501 to Tel Aviv. Passengers Herrmann, André, Herrmann …»

«Huuuuh», macht meine Mutter, «das sind ja wir. Geht das schon los?»

«Ja», sage ich, «weil wir ja auch in ’ner Viertelstunde abfliegen und man eigentlich 20 Minuten vorher einchecken soll!»

«Geht das nich bis kurz vorher?», fragt meine Mutter.

«Nee, geht nich», sage ich mit zusammengepressten Zähnen.

In diesem Moment kommt mein Vater aus der Toilette.

«Na, ein Glück!», ruft meine Mutter und versucht, ihn heranzuwinken.

Seelenruhig bleibt er am Getränkeautomaten stehen und fängt an, an dem Gerät herumzutippen.

«Ob du jetzt herkommst!», rufe ich meinem Vater zu.

«Ne Cola?», ruft mein Vater.

«Komm», sage ich zu meiner Mutter, packe unsere Koffer und schleife alles auf meinen Vater zu.

«Los», sage ich, als wir bei ihm sind, und zerre ihn mit uns.

Das kann ja lustig werden, denke ich, als uns die Flugbegleiterin sichtlich angepisst eincheckt und direkt hinter uns das Gate schließt.

 

Als wir durch die Tunnelbrücke zum Flugzeug laufen, verteile ich die Boardkarten.

«Okay», sage ich zu meiner Mutter, «wir sitzen leider nich zusammen. Der Vater hat 3A, du hast 10A und ich 25C.»

«Ach, schade», sagt sie traurig. «Ich dachte, wir hätten Wunschplätze gebucht!»

Was sie nicht weiß: Wir haben Wunschplätze gebucht.

Wir machen nur Urlaub

Während mein Vater fast am Eingang des Flugzeugs, direkt hinter diesen affigen Vorhängen, die die «Erste Klasse» abgrenzen, und meine Mutter halbwegs in der Mitte sitzt, muss ich bis nach hinten durchlaufen.

Mein Platz befindet sich am Gang, auf den beiden Plätzen daneben sitzen bereits zwei braun gebrannte Typen mit schwarzen, lockigen Haaren, die gerade das Heftchen mit den Parfums und all den anderen Duty-free-Artikeln durchblättern.

«Hi», sage ich.

«Ciao!», geben die beiden zurück.

Rechts von mir, nur durch den Mittelgang getrennt, sitzt ein circa Tausendjähriger mit einer Kippa auf dem Hinterkopf. Noch nie in meinem Leben habe ich einen so alten Menschen gesehen. Die Haare auf seinem Arm sind schlohweiß und mindestens zwei Zentimeter lang, seine Haut ist karamellbraun, weist aber hier und da kleine, helle Stellen auf. Der Mann ist ein einziger Altersfleck, denke ich.

Durch die Reihen der Rückenlehnen sehe ich meinen Vater, der sich mit seinem Sitznachbarn unterhält, wobei «unterhält» aufgrund der Schwerhörigkeit meines Vaters vor allem bedeutet, dass ihn sein Sitznachbar etwas fragt, mein Vater überlegt, um welche Frage es sich im Kontext der aktuellen Situation gehandelt haben könnte, und dann so lange auf die wahrscheinlichste Frage antwortet, bis sich das Gespräch von selbst beendet.

«Fliegen Sie allein?»

«Jaja, Flug ist immer anstrengend. Mir machen vor allem de Knie zu schaffen!»

«Und bleiben Sie die ganze Zeit in Tel Aviv?»

«Ja, der Knorpel unter der Kniescheibe ist weg, deshalb reibt die Kniescheibe dann auf den Nerven!»

«Ob Sie die ganze Zeit in Tel Aviv bleiben?!»

«Nee, nee, das erste Mal! Man kennt das ja nur aus den Nachrichten! Aber mein Sohn war schon da, der sitzt dahinten!»

Verwirrung beim Gesprächspartner, Ende des Gesprächs.

Meine Mutter hingegen ist das genaue Gegenteil meines Vaters. Ich weiß nicht, wie sie es macht, aber sobald sie aufgeregt ist, findet sie immer irgendetwas, das sie ihr Gegenüber noch fragen oder bezüglich dessen sie eine Meinung einholen kann. Was allerdings auch dazu führt, dass sie oft selbst dann noch weiterredet, wenn ihr Gegenüber längst aufgehört hat, ihr zuzuhören.

Auch jetzt kann ich sehen, wie sie ihre Sitznachbarin ausfragt. Wohin sie fährt, wie lange sie bleibt, wo sie denn unterkommt und ob sie ihr nicht etwas empfehlen könne. Nach zwei Minuten beginnt die Sitznachbarin bereits, auffällig zu gähnen, wohl in der Hoffnung, meine Mutter würde den Wink mit dem Zaunpfahl bemerken, die aber redet einfach weiter. Wahrscheinlich fragt sie, ob die Frau schon einmal in Israel war, für sie selbst sei es ja das erste Mal, und ob sie vielleicht schon einmal in Thailand gewesen sei, da seien meine Eltern ja schon mehrmals gewesen. Nach vier weiteren Fragen schließlich greift die Frau zum Äußersten, setzt sich eine Schlafbrille auf und stopft sich Ohropax in die Ohren. Kurz stockt meine Mutter. Dann beugt sie sich einfach über die Frau hinweg und beginnt, den Mann daneben auszufragen.

 

Gerade als die Tür des Flugzeugs geschlossen werden soll, drängelt sich noch eine etwa vierzigjährige Dame herein, auf dem Rücken einen Rucksack voller Strasssteine, hinter sich einen Rollkoffer und in der Hand – keine Ahnung, wie sie es damit durch die Sicherheitskontrolle geschafft hat – einen Pizzakarton. Erst denke ich, dass es sich vielleicht nur um eine sehr weirde Schachtel für einen sehr flachen Hut handelt, aber tatsächlich, als die Frau eine Reihe vor mir stehen bleibt, breitet sich plötzlich ein erstaunlich guter Pizzageruch aus, der sogar dafür sorgt, dass die Männer neben mir – zwei Italiener, wie sich mittlerweile herausgestellt hat – kurz von ihren Duty-free-Heften aufschauen.

Die schwer bepackte Dame nickt dem Mann in der Reihe vor mir zu und zeigt auf ihren Handkoffer. «Sir? My bag!», sagt sie auffordernd.

Der Mann guckt verwirrt, dann lächelt er, nickt und manövriert den Koffer ins Gepäckfach. Währenddessen dreht sich die Frau um, wobei ihr Rucksack nur haarscharf das Gesicht der Frau auf der anderen Seite des Ganges verfehlt, und zeigt auf den Mann, der vor den Italienern am Fenster sitzt.

«This is my seat!», ruft sie.

«No, sorry», sagt der Mann.

«My seat», wiederholt sie eiskalt.

Umständlich greift der Mann in seine Hosentasche und zieht sein Handy heraus. Er tippt und wischt, und kurze Zeit später präsentiert er sein Display. «Look», sagt er, «24F.»

«I have 24F!», ruft die Frau.

«Are you sure?», fragt der Mann.

«ARE YOU SURE?», äfft sie ihn nach.

Sie erinnert mich stark an diese ausschließlich weißen, privilegierten Frauen aus den TikTok-Videos, die immer auf öffentlichen Parkplätzen oder in Kaffeeläden herumbrüllen, weil sie sich in irgendeinem obskuren Recht verletzt fühlen, und für die sich der herrliche Oberbegriff «Karen» etabliert hat.

Der Mann ist etwas baff, aber Karen bleibt hartnäckig.

«What?!», ruft sie. «I have 24F!»

Komm, denke ich, jetzt nicht nachgeben, Härte zeigen und sitzen bleiben!

«Look», sagt der Mann erneut, «I have 24F. Maybe you can check your seat, maybe it’s double booked.»

Falsche Antwort, denke ich, jetzt hast du ihr sogar noch eine Ausrede gegeben, um sich aus ihrer Lüge herauszuwinden. Natürlich hat die nicht 24F. Schau dich mal um, denke ich, der Flug ist voll, und genau ihr Platz ist noch frei. Und der ist eben nicht am Fenster, sondern in der Mitte. Die Alte will einfach nur nicht einsehen, dass sie wohl oder übel in der Mitte sitzen muss. Das ist eine typische Egoistin. Immer nur auf den eigenen Vorteil bedacht. Bei solchen Leuten darf man einfach nicht schwach werden, sonst lernen sie es nie. Und natürlich wird die Stress machen. Die macht sicher immer Stress, denn sie weiß ja auch, dass die meisten Leute, selbst wenn sie im Recht sind, schon allein deshalb nachgeben werden, weil sie Ärger vermeiden wollen.

«OBVIOUSLY IT’S DOUBLE BOOKED!», ruft sie.

Der Mann schaut sich unsicher um. Hol die Flugbegleitung, hol die Flugbegleitung, versuche ich ihm telepathisch mitzuteilen.

«Ma’am», sagt er, «I don’t know, I have 24F.»

«YOU SIT HERE!», brüllt die Frau und zeigt auf den Sitz in der Mitte.

Wehe, denke ich.

«But I have 24F!»

Genau, du hast 24F, denke ich.

«YES AND I HAVE 24F AS WELL! AND I CAN’T SIT IN THE MIDDLE.»

Tu. Es. Nicht, telepathiere ich.

«Exe-cuse-miii», will sich der Italiener am Fenster einmischen.

Sein Sitznachbar macht eine abwiegelnde Geste und sagt etwas auf Italienisch.

«WHAT?», pflaumt ihn die Pizza-Karen an.

Sofort will er etwas erwidern, aber sein Kumpel hält ihn zurück.

«It’s okay, it’s okay», sagt der Mann von 24F und steht tatsächlich auf, um auf den mittleren Platz zu wechseln.

«Finally», brabbelt Pizza-Karen und drängelt sich zum Fenster, natürlich nicht, ohne dem Vormals-24F-Mann ihren Rucksack ins Gesicht zu hauen.

Mein Fenster-Italiener tobt bereits innerlich und murmelt Flüche vor sich hin, als Karen nun endlich ganz Italien gegen sich aufbringt, indem sie den Karton öffnet und ein Viertel einer Pizza offenbart, die über und über mit Ananas belegt ist.

Angeekelt drehen sich die beiden Italiener weg, während sich die Frau genüsslich das Pizzastück in den Mund schiebt. Als sie fertig ist, beginnen die Flugbegleiterinnen mit den Sicherheitsanweisungen. Fünf oder sechs Reihen vor uns steht eine Frau in Airlinekluft und demonstriert, wie man sich richtig anschnallt und wie man mit der Minitaschenlampe und dieser lächerlichen Pfeife auf sich aufmerksam machen soll, während man mitten im Ozean zwischen Wrackteilen und acht Meter hohen Wellen treibt.

«Excuse meeeee!», brüllt die dämliche Pizza-Frau und fuchtelt mit ihrem Karton in der Luft herum. «Excuuse meeeeeee!»

Als die Flugbegleiterin nicht reagiert, wird sie noch lauter: «EXCUUUUSE MEEEEE!»

Die Flugbegleiterin schaut konsterniert in unsere Richtung, macht aber einfach weiter.

Die Pizza-Tante seufzt überlaut, schaut sich um und schleudert den Karton dann einfach in den Mittelgang. Die Flugbegleiterin schüttelt den Kopf, knüllt die Schwimmweste zusammen, kommt zu uns und sammelt den Karton auf.

«Thaaaank youuu», quäkt Pizza-Karen.

Was für eine dusselige Kuh, denke ich und überlege, ob ich durch die Lücke zwischen den Sitzen vielleicht irgendwie ihren Pass greifen und in tausend kleine Teile reißen kann, damit sie später auf gar keinen Fall nach Israel einreisen darf. Immerhin, die Soldatinnen und Soldaten werden ganz sicher nicht so mit sich umspringen lassen, wie es die viel zu netten Leute hier getan haben.

Als die Tante also nun endlich ihren Willen hat, schleudert sie ihre Haare nach hinten über die Sitzlehne, sodass sie direkt vorm Gesicht des Fenster-Italieners hängen, und drückt sich ein paar Airpods in die Ohren.

Ich habe noch nie einen so wütenden Menschen gleichzeitig so leise sprechen sehen wie diesen Italiener. Wild gestikulierend flüstert er auf seinen Begleiter ein, so als wolle er sagen, jetzt sei das Maß doch wohl endgültig voll, jetzt müsse er doch endlich auch mal im zweistelligen Dezibelbereich brüllen dürfen. Oder wenigstens so ein bisschen handgreiflich werden. Wie gut, dass das Sicherheitspersonal so gründlich ist, denke ich, wenn der Mann jetzt noch eine Schere im Rucksack hätte, dann würde die Frau definitiv mit einer fiesen Kurzhaarfrisur in Tel Aviv landen.

Wütend klappt der Italiener das Tischchen vor sich nach unten. Die Flugbegleiterin kommt vorbei, checkt die Gurte und bittet ihn sogleich, den Tisch wieder nach oben zu klappen. Genervt schleudert er das Ding nach oben, ohne zu merken, dass er dabei die halbe Haarpracht seiner Vorderfrau mit einklemmt. Die Flugbegleiterin wendet sich der Reihe vor uns zu, checkt die Gurte und zeigt auf Pizza-Karen, die demonstrativ aus dem Fenster starrt.

«Ma’am!», ruft sie. «Ma’am?!»

Genervt reißt die Pizza-Frau ihren Kopf herum, wobei ein Geräusch ertönt, als hätte jemand gerade sehr schnell einen Reißverschluss aufgezogen.

«AAAAH!», schreit sie und hält sich den Hinterkopf. «MY HAIR!»

Mit Tränen in den Augen reißt sie den Gurt auf, drängelt sich an ihren Sitznachbarn vorbei und rennt dann in Richtung Toilette.

Der Fenster-Italiener reckt die Hände gen Himmel, so als wolle er Jesus höchstpersönlich für diese spontane Karma-Rache danken. Glücklich präsentiert er erst seinem Kumpel, dann mir und allen, die es sonst noch sehen wollen, das ansehnliche blonde Haarbüschel, das zwischen Klapptisch und Vordersitz klemmt.

«Bellissimo!», ruft er. «Bellissimo!»

 

Dann setzt sich das Flugzeug in Bewegung. Schon während wir zur Startbahn rollen, muss ich gähnen, meine Augenlider werden schwer, und selbst der unendlich harte Sitz fühlt sich plötzlich äußerst gemütlich an. Ich weiß nicht, wieso, aber seit ein paar Jahren überfällt mich schon direkt beim Start jedes Mal eine bleierne Müdigkeit, die mich zuverlässig jedes Abheben verschlafen lässt. Schlimmer noch, mittlerweile kann ich nicht einmal mehr in einen Zug steigen, ohne direkt nach Verlassen des Bahnhofs ins Land der ewigen Verspätung abzugleiten. Es hat fast schon etwas zutiefst Antikapitalistisches, dass mich ausgerechnet Beschleunigung wahnsinnig ermüdet. Es heißt aber auch, dass ich prinzipiell wahnsinnig leicht zu kidnappen bin, weil es eigentlich nur darum geht, mich schnellstmöglich in den Lieferwagen zu zerren und dann sofort aufs Gas zu treten.

Ich träume ein Mash-up meiner besten Urlaubserinnerungen. Wie ich im Irland-Urlaub mit zwei Freunden aus Versehen eine Übernachtung zu wenig gebucht hatte und wir deshalb die letzte Nacht in der wahrscheinlich übelsten Kneipe der Stadt verbringen mussten, in der sich schon beim Reinkommen zwei Männer im Schwitzkasten hielten, von denen mir der Verlierer später beim circa achten Pint und mit zwei blauen Augen erklärte, er hätte definitiv nichts abbekommen, er trage nur «Irish sunglasses». Wie ich einmal erst am Tag meines Abfluges bemerkte, dass ich als Abflugort nicht Frankfurt am Main, sondern Frankfurt-Hahn gebucht hatte, und dann fast den Flug verpasst hätte, weil ich bis zum Check-in felsenfest davon überzeugt war, statt nach Las Palmas auf Gran Canaria auf die Insel La Palma zu fliegen. Nur um dann nach fünf Stunden Flug und zwei Stunden Fahrt im Transferbus direkt um fünf Uhr morgens in einer Straße, die tatsächlich Avenida Neckermann hieß, den gleichaltrigen Nachbarssohn meiner Eltern zu treffen, der sich gerade in einer Bar ein Paar «Canarian sunglasses» hatte anfertigen lassen.