Schreiner gegen Goliath - Werner Sester - E-Book

Schreiner gegen Goliath E-Book

Werner Sester

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Beschreibung

Die Welt befindet sich im Umbruch. Die Schreiner haben diese revolutiäre Entwicklung des neuen Informationszeitalters in ihren Werkstätten einfach verschlafen. Hallo Welt, das Handwerk ist soeben erwacht. Und wehe denen, die uns weiterhin belügen.... wir sind mächtiger als ihr denkt. Die Diskussion ist eröffnet!

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Seitenzahl: 88

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Wenn Schreiner zusammen Kaffee trinken, dann geht es nach kurzer Zeit knallhart zur Sache. Die Zeiten lustiger Geschichten sind längst vorbei.

Das Büffelhorn, das so lang geruht, der Schreiner nahm’s aus der Lade. Das alte Horn, das brüllt nach Blut, es wird ein Kampf ohne Gnade.

Ein Buch für Kämpfer

Dieses Buch ist

Karl Hofmann

gewidmet.

Wir ehren einen Mannheim-Friedrichsfelder Handwerker, einen Widerstandskämpfer gegen die Nationalsozialisten, einen aufrechten Kämpfer gegen Unterdrückung und Ausbeutung, einen SPDler und Gewerkschafter, einen Kämpfer mit Herz, ein Vorbild für alle Handwerker.

Inhaltsverzeichnis

Einführung

Zahlbar später

Albträume

Heilige Briefe

Revolutionen

Kalorienkampf

Ein Kampf in Rom

Zuarbeiter

Kampf gegen böse Gedanken

Es rumpelt im Paradies

Wortgefechte

Generationenkonflikte

Der kleine graue Beamte

Nichts als die Wahrheit

Einführung

Vielleicht erinnern Sie sich noch an meine Geschichte.

Ich erhielt eines Tages einen Anruf von Gott. Kein Witz! Es war Gott.

Gott bat mich, seinen Filius zu einem richtigen Schreiner auszubilden.

Nach einigem Zögern habe ich eingewilligt.

Die Ausbildung war nicht ganz so einfach, wie ich mir das vorgestellt hatte. Es gab Probleme. Es gab Missverständnisse. Es gab Irritationen. Egal, wir haben es gemeinsam geschafft.

Jesus war ein guter Auszubildender.

Er lernte schnell. Er lernte viel.

Ich habe ihm beigebracht, die richtigen Fragen zu stellen, und ich habe ihm beigebracht, dass es Situationen gibt, in denen er besser den Mund halten sollte.

Lehrzeitverkürzung gab es selbstverständlich nicht.

Wer verzichtet schon gerne auf

Insiderinformationen aus erster Hand.

Tadeln Sie mich nicht dafür.

Ein Schreinermeister ist auf seine Art ein Weiser. Er erkennt im Kleinen das Universelle, aus einem Teil kann er auf das große Ganze schließen und umgekehrt.

Und in einer Möglichkeit erkennt er seine Möglichkeit.

Jesus war so eine Möglichkeit.

Meine größte Aufgabe bestand darin, aus dem Allmächtigen etwas Sinnvolles herauszuholen, was auch alltagstauglich war.

Solche Herausforderungen liebt ein Schreinermeister.

Und diese Herausforderungen sind ihm auch vertraut, wenn er Kundenfantasien auf das Machbare herunterstutzen muss, zum Wohle aller.

Ich verrate Ihnen jetzt meinen Masterplan.

Jesus soll eines Tages mein Nachfolger werden.

Ich will den Besten der Besten für diesen Posten.

Dazu brauchte Jesus vor allem noch mehr Erfahrung aus allen Teilen unseres vielseitigen Berufes.

Ich dachte, dass ihm ein paar Jahre als Wandergeselle auf der Walz diese Berufs- und Lebenserfahrung vermitteln würden.

Wer sich in der Fremde in einem täglichen Überlebenskampf durchschlagen muss und sich nur auf sein Talent und seine Erfahrung verlassen kann, wächst sehr schnell vom Jüngling zum Mann heran.

Jesus zog mit Begeisterung los.

Ob ihm klar war, dass die Vorschriften für Wanderburschen kein Zuckerschlecken waren?

Ich konnte ihm nicht beistehen. Jetzt konnte er sich nur noch auf sich und den heiligen Josef verlassen, den Schutzpatron der Wandergesellen, seinen allerersten Meister, dem ja leider der Handwerksrolleneintrag fehlte.

Jesus durfte sich seinem Heimatort, und das war meine Schreinerei, auf 50 km im Umkreis in den nächsten Jahren nicht mehr nähern, sonst war es Essig mit dem Wanderburschendasein.

Ich gebe es gerne zu, für mich war es auch kein Zuckerschlecken. Ich habe ihn sofort vermisst.

Zahlbar später

Jesus war weg.

Wir Schreiner lebten mit den Krisen, wie wir es immer schon getan haben.

Einzig die Härte der Auseinandersetzungen wurde spürbar intensiver.

Die Banken verwickelten sich in dubiose, teils kriminelle Geschäfte, und sie bedienten sich schamlos am Vermögen der hart arbeitenden Bevölkerung, besonders gerne bei Handwerkern, die auf Kredite angewiesen waren. Werkstätten und Häuser wurden im Wert herabgestuft, weil diese angeblich keinen Wiederverkaufswert hatten. Dadurch konnten die Banken Kontokorrentkredite kündigen und das Geld einfordern, weil es keine ausreichende Deckung mehr für Kredite gab, was wiederum in Zwangsverkäufen der Immobilien endete, die sich die Banken dann billig aneigneten.

Solch üble Geschäfte wurden bei einigen Banken zum neuen Geschäftsmodell. Bei einer schottischen Bank hieß das: ‚Enteignet die Handwerker, schnappt Euch ihre Ersparnisse’.

Deutsche Banken gingen hier viel dezenter vor, die regelten das in internen Gesprächen, allerdings mit der gleichen Intention: ‚Ruiniert die Handwerker’.

Wir Schreiner haben in diesen schweren Zeiten sehr gelitten. Im Kampf gegen eine virtuelle Scheinwelt, die sich Finanzwirtschaft nennt und mit Geldfantasien und böswilligen Abhängigkeitsverhältnissen arbeitet, waren die Schreiner nicht geschult.

Die Politik musste immer wieder eingreifen.

Irgendetwas von „Systemrelevanz“ wurde gefaselt und dabei flossen die Gelder, viel Geld, unser Geld.

Und wohin?

Zu den systemrelevanten Gangstern.

Viele Kollegen mussten in der großen Krise aufgeben. Sie wurden nicht unterstützt. Sie waren nicht systemrelevant.

Ein Handwerker erduldet viel.

Aber verhöhnen sollte man einen Handwerker nicht. Das kann böse Folgen haben, wie die folgende Geschichte zeigt:

Es gibt doch tatsächlich Menschen, die meinen, dass das Handwerk in seiner Traditionsverbundenheit den Anforderungen einer modernen Gesellschaft nicht mehr genügt.

Schwedische Möbelhersteller werden gerne als Beispiel dafür angeführt, wie durch Mobilität, Kreativität und einem Geschick für die Ausnutzung vom Armutsgefälle große Gewinnspannen zu erzielen sind.

Ein Schreiner lässt sich durch solche Äußerungen nicht aus der Ruhe bringen.

Ein Schreiner denkt nach und schüttelt verwundert den Kopf.

Es wird auch behauptet, dass das Handwerk mit seiner Preisgestaltung an der modernen, auf Kreditgeschäfte fixierten Gesellschaft vorbeiwirtschaftet.

Auch diese Äußerungen bringen einen Schreiner nicht durcheinander.

Ein Schreiner denkt auch darüber nach und zuckt verwundert mit den Schultern.

Er registriert, dass Banken eine Weltwirtschaftskrise auslösen konnten, die zur Verarmung von vielen Menschen führte, und dass diese Banken anschließend mehr verdienten als je zuvor, weil die Allgemeinheit ihre Frechheiten finanzieren musste.

Darüber wundert sich ein Schreiner und lässt sich auch weiterhin nicht aus der Ruhe bringen.

Nur einmal, einmal sah der Schreiner rot.

Es war zur besten Fernsehzeit, als einer der Finanztaktiker in einer Diskussion behauptete, dass der Reichtum einer Gesellschaft nicht durch die tägliche harte Arbeit, sondern allein durch kluge Entscheidungen aus der Finanzwelt entsteht. Wirkliche Werte in der westlichen Welt entstehen nicht mehr durch Produktion, sondern vor allem durch den Geist und durch die Taktik von Schlitzohren der Finanzbranche.

Bei dem Wort ‚Schlitzohr’ war es vorbei mit der Ruhe des Schreiners.

Hier wurde ein wunder Punkt in seinem Leben berührt. Unbewusst streichelte er mit seiner Hand über die Narbe an seinem Ohr.

Was wusste denn dieser Finanzschnösel von einem Schlitzohr?

Dieser Begriff gehört zu den Wandergesellen, den Schreinern, und darf nicht auf diese Art missbraucht werden. Er passt einzig und allein auf Wandergesellen, die sich allzu dreist und entgegen den Regeln benommen haben, was wiederum den Zorn der Kollegen hervorruft.

Der Ohrring, den jeder Wanderbursche auf der Wanderschaft trägt, wird dem Lümmel als Strafe mit einem Ruck heruntergerissen. So und nur so entsteht ein Schlitzohr.

Wie konnte sich einer mit Geld - das er nicht hat oder das ihm nicht gehört - Optionen einkaufen auf Waren oder Wertpapiere, die er in Wirklichkeit nicht will, anmaßen, sich mit einem gut ausgebildeten Schreinergesellen zu vergleichen?

Jedem Schreiner ist klar, dass ein Schlitzohr aus dem Handwerksbereich selbstverständlich ein aufrechter Mensch ist, sieht man einmal davon ab, dass er in Zukunft besser die Finger von der Frau des Meisters lassen sollte.

Unser Schreiner saß wütend vor dem Fernseher.

Er hatte auf einmal das System, in dem es für ihn keinen Platz mehr zu geben schien, verstanden.

Nach dem ersten Wutanfall und nachdem er sich an der Zimmertür abreagiert hatte, die sich nach mehr als zwei Jahren plötzlich wieder schließen ließ, fasste er einen Plan. Er wollte einen Weg finden, wie er auf die neu entstandenen Kundenbedürfnisse effizient eingehen konnte.

Klar war, dass die Menschen plötzlich virtuelle Dinge im Wert höher einschätzten als wirkliche Produkte.

Klar war, dass Barzahlung keine Zukunft mehr hatte und alle Geschäfte irgendwie über Formen des Kredits laufen mussten.

Und so begann er mit der Arbeit.

Ein Schreinerkatalog musste erstellt werden.

In einem Rundbrief an seine Kolleginnen und Kollegen der Umgebung bat er alle Schreiner, ihre Bilder von früheren Aufträgen in einen gemeinsamen Katalog ins Internet zu stellen, um ein vielfältiges Werk unseres Berufsstandes zeigen zu können. Wer sich beteiligte, bekam Anteilscheine an dem Katalog.

Schon bald stellten sich die ersten Kundenanfragen ein, weil es in diesem Katalog keine Preise gab. Die Erklärung, dass man virtuell erst eine bestimmte Menge jedes Produktes sammelte, um es dann später sehr günstig herstellen zu können, leuchtete ein. Also mussten sich die Kunden erst einmal Optionen auf eine Bestellung sichern, ehe es zu einer richtigen Bestellung kommen konnte. Das kostete selbstverständlich nichts.

Das anfängliche Zögern der Kunden verwandelte sich sehr schnell in einen Run auf die virtuellen Produkte, nachdem die Zahlungsklausel publik wurde: „Zahlbar später!“

Diese unbestimmte Zahlungsklausel hatte eine ungeahnte Wirkung, da sie von jedem, entsprechend seiner persönlichen Finanzsituation, anders interpretiert wurde.

Die Anfragen und die Optionen auf eine Bestellung häuften sich.

Und plötzlich kamen Anfragen von ganz anderer, unerwarteter Seite. Städte und Kommunen fragten nach, ob auch Ausbauten von Kindergärten und Schulen mit dieser Zahlungsklausel möglich wären.

Selbstverständlich war das möglich.

Und so sicherten sich bereits die ersten kleinen Gemeinden Optionen für eine Bestellung, die zu nichts verpflichtete. Das neue System sprach sich sehr schnell unter Kunden, aber auch in anderen Handwerkskreisen herum.

Plötzlich erschienen in dem neuen Katalog Arbeiten von Schlossern, Maurern, Malern, Installateuren.

Einige Architekten baten verschämt, sich dem neuen System anschließen zu dürfen.

Es wurde ihnen bewilligt, mit Auflagen allerdings, so wie sie es gewohnt waren.

Der virtuelle Katalog wuchs und wuchs.

Optionen auf Bestellungen schossen täglich zu Tausenden herein.

Die ersten Anfragen aus dem Ausland kamen und Handwerker aus anderen Ländern beteiligten sich an dem Katalog.

Die kurioseste Anfrage kam aus Südamerika. Es wurde nach einem Staudamm mitten im Urwald nachgefragt. Selbstverständlich wurde auch diese Anfrage nicht abgelehnt und die Zahlungsklausel ‚zahlbar später’ galt auch für dieses Projekt. Die Option für eine Bestellung traf prompt ein.

Dieser Ansturm auf das neue System hinterließ auch bei der traditionellen Kreditwirtschaft ihre Spuren. Die Anträge auf Kreditvergabe bei den Banken gingen drastisch zurück.

Leasinggesellschaften erlebten ihre schwärzeste Zeit.

Die Aussicht, durch Optionen auf Bestellungen ein Schnäppchen zu machen, war zu verlockend, zumal es auch noch die Zahlungsklausel gab: ‚Zahlbar später’. Längst konnte der Schreinermeister die Flut der Mails nicht mehr bewältigen. Es wurde eigens ein Großraumbüro angemietet und viele Kräfte aus der IT-Branche eingestellt, die für eine bessere Präsentation sorgten. Das Ergebnis war, dass noch mehr Optionen auf Bestellungen kamen.

Vielleicht sollte man an dieser Stelle noch erwähnen, dass die Einrichtung eines Büros und die Anstellung von 100 zusätzlichen Kräften keine große Sache war, denn dafür gibt es schließlich Banken und Kredite. Und die Agentur für Arbeit arbeitete auch fleißig mit.

Die Kosten von schwer vermittelbaren Akademikern übernahm für ein halbes Jahr großzügig die Arbeitsagentur. Verstärkt wurde dieses Heer an neuen Mitarbeitern durch jede Menge Praktikanten, die sich für die Arbeitswelt qualifizieren mussten.

Die ersten Kontakte zu den Banken waren somit hergestellt. Und die wollten mehr!