Schulen brauchen gute Lehrer - Peter Denker - E-Book

Schulen brauchen gute Lehrer E-Book

Peter Denker

4,7

Beschreibung

Dieser Verhaltens-Ratgeber fördert die pädagogische Kompetenz von Lehrern, um die Herausforderungen des Schulalltags zu meistern. Dafür wird die Fähigkeit des Lehrers gestärkt, seine Einstellungen, seine Emotionen und sein Verhalten zu kontrollieren und zu steuern. Dazu gehört, Eigenschaften zu reflektieren und Verhaltensweisen einzuüben, die eine Lehrerpersönlichkeit als solche auszeichnen. Es sind dies die gleichen Persönlichkeitsmerkmale, bei deren Entwicklung er seinen Schülern behilflich sein möchte. Er kann sie beispielsweise nur begeistern, wenn er selbst begeisterungsfähig ist. Ganz ähnlich verhält es sich mit Geduld, Ausdauer, Kritikfähigkeit, dem "pädagogischen Optimismus" und vielerlei weiteren Fähigkeiten, die zum guten Umgang mit sich selbst und Anderen gehören. Dem Ratgeber liegt das Konzept von "Erziehung als Bewusstseinsbildung" zugrunde. Dazu gehören "bewusstseinsbildende Methoden" wie zum Beispiel Perspektivwechsel, Infrage stellen, Umdeutung, Übertragung, Folgenabschätzung, Balance und "erweiterte Wiedergutmachung". Auch bewusstes und einfühlsames Wahrnehmen, bedächtiges Deuten, symmetrische Kommunikation und Emotionale Intelligenz gehören dazu. Die pädagogische Grundeinstellung des Lehrers soll seine Schüler spüren lassen, ihm "wertvoll und wichtig" zu sein. Seine pädagogische Aufgabe ist "Entwicklungshilfe" zu deren Persönlichkeitsbildung. Frei und verantwortlich sollen sie handeln können, indem sie lernen und üben, gut mit sich, mit anderen und der Umwelt umzugehen. Die pädagogische Kompetenz des Lehrers gibt den Schülern und Eltern dazu Orientierung, den Kollegen und Vorgesetzten Unterstützung. Eine Vielzahl von Überlegungen, Tipps und Übungen bieten anhand von Beispielen aus dem Schulalltag wirklichkeitsnahe und praxisbewährte Entwicklungshilfe für Lehrer. Dazu gehört auch die Frage der Eignung für den Lehrerberuf. Selbsttests und Warnungen leiten zur kritischen Selbstprüfung an. Übungen dienen dem Training der Methoden bei Anwendung auf konkrete Szenarien. - Ein umfangreiches Stichwortverzeichnis erhöht den Nutzen bei wiederholtem Zugriff auf den Ratgeber. Für Buch und E-Book sind fast 4000 Textmarken und Querverweise angelegt, die im gedruckten Buch als Seitenzahl-Verweise, im E-Book als Hyperlinks interaktiv nutzbar sind. Dabei ist das E-Book so konzipiert, dass es parallel zur gedruckten Buchausgabe verwendet werden kann. Zu diesem Zweck sind die Verweise nicht nur durch inhaltlich bestimmt Links, sondern auch noch durch - ebenfalls als Hyperlinks nutzbare - Seitenzahl-Angaben realisiert, die sich auf die gedruckte Ausgabe beziehen.

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Hinweise

Namen im Text:

Alle Namen von Personen, die in Beispielen dieses Buches vorkommen, sind frei erfunden. Ähnlichkeiten zu Namen lebender Personen sind rein zufällig.

Haftungsausschluss:

Der Inhalt dieses Buches entspricht dem Kenntnisstand des Autors.Für die Nutzung der darin gegebenen Hinweise einschließlich der Verweise auf externe Medien übernehmen Verlag und Autor keine Haftung.

Mögliche Fehler:

Trotz sorgfältiger Korrektur können vereinzelte Fehler womöglich unentdeckt geblieben sein. Der Autor ist für entsprechende Hinweise dankbar. Korrigenda werden auf der Infoseite zu diesem Buch auf www.publicationes.de publiziert.

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Anmerkungen zur E-Book-Ausgabe

Für Buch und E-Book sind fast 4000 Textmarken und Querverweise angelegt, die im gedruckten Buch nur als Seitenzahl-Verweise, hier im E-Book aber als Hyperlinks [ a ]interaktiv nutzbar sind. Das E-Book bietet also gegenüber dem gedruckten Buch einen deutlichen Mehrwert. Dabei ist dieses E-Book so konzipiert, dass es parallel zur gedruckten Buchausgabe[ b ]verwendet werden kann. Zu diesem Zweck sind die Verweise nicht nur durch inhaltlich bestimmte Links, sondern auch noch durch - ebenfalls als Hyperlinks nutzbare - Seitenzahl-Angaben realisiert, die sich auf die gedruckte Ausgabe beziehen und im Text durchgehend kursiv gesetzt sind.

Im E-Book sind alle Verweise (numerische wie textliche) als Hyperlinks eingerichtet und nutzbar. Weil im gedruckten Buch die meisten der 282 Fußnoten auch Verweise enthalten, mussten sie für das E-Book in übereinstimmend nummerierte „Notizen“ umgewandelt werden. Diese werden - an gleicher „Stelle“ wie im Printbuch - hier als Tabellen dargestellt. Darin bestehende Links werden darin nicht nur angezeigt, sondern sie sind auch interaktiv nutzbar. Im gedruckten Buch vorhandene QR-Codes werden mit Rücksicht auf die Formatierungsmöglichkeiten des E-Books unter den Notiz-Tabellen angefügt. Das wird mit der Notizen-Tabelle am Ende dieser Anmerkungen demonstriert.

Genau da, wo sich im Buch-Text die Fußnoten-Nummern befinden, sind im E-Book die gleichen Nummern - aufrecht in eckige Klammern gesetzt - als Links zu der Notiz mit eben dieser Nummer eingerichtet. Die Nummer einer Notiz, die auch von einer anderen Seite her verlinkt ist, wird mit dem Textabschnitt auf der gleichen Seite verlinkt, zu dem diese Notiz gehört.

Damit das E-Book die parallele Nutzung zum gedruckten Buch – gleich welcher Ausgabe [ c ]– unterstützt, sind an allen Seitenenden des Buches, an denen Notizen vorhanden sind, im E-Book gelbe Trenn-Balken eingefügt. Deren Aufbau veranschaulicht die folgende Abbildung:

Zur leichteren Handhabung ist dem umfangreichen Stichwortverzeichnis [ d ]ein Indexmenü zu den Anfangsbuchstaben der Stichworte vorangestellt:

Das Indexmenü ist ein interaktives Alphabet, das jeden Buchstaben auf das erste Stichwort mit diesem Anfangsbuchstaben verlinkt. Auch das Stichwortverzeichnis ist entsprechend der Paginierung im gedruckten Buch mit gelben Index-Trennstreifen versehen. Darin stellen die Seitenzahlen am linken Rand wieder den Bezug zum gedruckten Buch her. Im mittleren Feld sind die beiden Anfangsbuchstaben des ersten und letzten Stichworts auf der voraufgehenden Seite (links vom Schrägstrich) und der nächsten Seite (rechts vom Schrägstrich) angegeben. Rechts außen ist In jedem Index-Trennstreifen ein Link angefügt, der zum Index-Menü zurückführt; die folgende Abbildung zeigt ein Beispiel:

  ↑ 345 / 346 ↓

  ↑ Kr – Mu / Mu – Pe ↓  

↑ Index-Menü  

Innerhalb der Stichwortliste sind Leitbegriffe fett und linksbündig dargestellt, Unterbegriffe etwas kleiner, nicht fett und eingerückt. Daneben als Links erkennbare Seiten-Nummern führen zum Anfang des Textabschnitts, in dem das betreffende Stichwort vorkommt.

•Kursive Seitennummern im Index betreffen Überschriften.

•Fettgedruckte Nummern markieren Stellen mit besonderer Aussagekraft.

• Wörter im Nummernbereich beinhalten jeweils einen Link auf das Stichwort mit dieser Bezeichnung innerhalb des Stichwortverzeichnisses.

Wie im gedruckten Buch sind auch im E-Book die Listen der Abbildungen[ e ], Personen, QR-Codes, Selbsttests, Übungen und Warnungen in das Stichwortverzeichnis integriert.

Auf diese Weise soll das Buch den größtmöglichen Nutzen als „Werkzeugkasten“ zum wiederholten Gebrauch und Arbeiten mit Suchbegriffen entfalten!

Notizen

a

Vor Verwendung von Hyperlinks ist je nach Reader anhand dessen Gebrauchsanleitung zu klären, mit welchem Button man zu der Stelle zurück gelangt, die man durch Aktivieren des Hyperlinks verlässt.

b

Das gedruckte Buch „Schulen brauchen gute Lehrer“ können Sie online im

portofrei (in D) und sofort verfügbar bestellen. Klicken Sie dazu auf nachfolgende URL oder nutzen Sie den QR-Code.

QR-Code (BoD-Buchshop)

Notizen

c

Sogar für die Nutzung des E-Books neben der Erstauflage des gedruckten Buches ist dadurch gesorgt, dass die Seitennummern beider Auflagen sich höchstens um eins unterscheiden.

d

Indem WORD bei der INDEX-Erzeugung die Seitenzahlen leider keine Links zu den sie bestimmenden Textmarken bereitstellt, mussten alle Verweise einzeln gesetzt werden. Deswegen sind vereinzelte Fehler trotz großer Sorgfalt leider nicht auszuschließen. Für Rückmeldungen ist der Autor dankbar; vgl. dazu den Abschnitt „Fragen und Antworten“ auf S. 335.

e

Anders als im gedruckten Buch mussten im E-Book alle Abbildungen von dem sie umfließenden Text freigestellt werden.

  1↓  

  ↑Hinweise und Anmerkungen  

Vorwort

Worauf es ankommt

Die Aussage „Auf den Lehrer kommt es an!“ hat durch die Studien von John Hattieeine erstaunliche Aktualität erlangt. Er hat einer Feststellung, die Lehrern immer schon als Binsenweisheit galt, zu einem Forschungsergebnis aufgewertet. So weit so gut. Aber worauf genau kommt es denn beim Lehrer an?

Als eine „Kernbotschaft“ [ 1 ]der Hattie-Studien formuliert dazu Klaus Zierer:

„Der Einfluss der Lehrperson. hängt vor allem von der wechselseitigen Durchdringung der Fachkompetenz, der pädagogischen Kompetenz und der didaktischen Kompetenzab - und der daraus resultierenden Leidenschaft, mit der die Lehrperson ihren Schülerinnen und Schülern begegnet.“

Wenn man vereinfachend die Fachkompetenz dem Hochschulbereich der Lehrerausbildung und die didaktische Kompetenz dem Praktikums- und Seminarbereich der Lehrerausbildung zuordnet, stellt sich die Frage, wo und wie der Lehrer seine „pädagogische Kompetenz“ erlangt. Wo lernt er denn, eine Klasse „verantwortungsvoll und menschlich“ zu führen und mit den Schülern „behutsam und einfühlsam“ und „im ständigen Austausch“ zu kommunizieren, sich mit Kollegen über „Wege, Umwege und Irrwege“ auszutauschen und auch mit Eltern zu kooperieren [ 2 ]?

Nach den Schulgesetzen der Bundesländer werden Bildung und Erziehung (sowie z.B. in NRW neuerdings auch die individuelle Förderung) als Aufgaben von Schulen ausgewiesen, auf die jeder junge Menschen einen Anspruch hat. In der Lehrerausbildung wird der Vermittlung erzieherischer Kompetenzen aber nur ein sehr geringer Stellenwert eingeräumt. Selbst von dem Wenigen fällt bei der aktuellen Kürze der Ausbildungszeit Vieles noch der Zeitknappheit zum Opfer.

Den Mangel zu beklagen ändert nichts. Die Lücke muss geschlossen werden. Dazu will das vorliegende Buch beitragen.

Notizen

1

Klaus Zierer, „Hattie für gestresste Lehrer“ in Kap. 4, S. 81: „Worauf es wirklich ankommt“ – Literaturverzeichnis S. 334

2

So im gleichen Buch in Kap. 5, S. 90: „Was bleibt“

  ↑ 1/ 2↓  

  ↕ Vorwort

Leitgedanken

Wenn Sie an Ihre eigene Schulzeit zurückdenken, was ist Ihnen in lebhafterer Erinnerung geblieben: Lerninhalte oder Lehrer?- Die Wenigsten können aus dem Gedächtnis wiedergeben, wie der Satz des Pythagoras bewiesen wurde. Aber die meisten haben lebhafte Erinnerungen z.B. an den Mathematiklehrer, der versucht hat, ihnen das beizubringen.

Offenbar ist Lernen in der Schule ein Prozess, bei dem es eben nicht nur auf den Gegenstand und die Methodik seiner Vermittlung ankommt, sondern ganz entscheidend auf diePerson, die ihn vermittelt. Noch jedenfalls ist Lernen an Schulen ein personengebundenerVorgang, der von der Ausstrahlung und dem Verhalten der Lehrerpersönlichkeit entscheidend beeinflusst wird.

Die pädagogische Wirksamkeit des Lehrers gegenüber anderen (Schüler, Eltern, Kollegen und Vorgesetzten) beruht auf seiner Selbstkompetenz[ 3 ]: Nur wer mit sich selbst meisterlich umzugehen versteht, kann es auch mit anderen. Daher ist Kap. 1 „zum Umgang mit sich selbst“ das grundlegende Kapitel dieses Buches.

Überzeugt sein ist Voraussetzung um zu überzeugen, motiviert sein um zu motivieren, begeistert sein um zu begeistern. Der Lehrer soll „humorvoll und streng, fachkompetent und ausdauernd, empathiefähig und fair, glaubwürdig und gerecht, pünktlich und verlässlich“ [ 4 ]sein. Er soll mit Überzeugungskraft [ 5 ], Motivation und Begeisterungdie Schüler „anstecken“. Kann er das nicht, bleibt er mit Worten und Gesten sachlich, verhalten und unnahbar, gleicht er einer ausgeblasenen Laterne. Sie mag technisch in bestem Zustand sein, spendet aber kein Licht.

Die von Ihnen empfundene Bedeutung der Lerngegenstände, das Gefühl also, das Sie selbst den jeweiligen Lerngegenstand als bedeutsam empfinden lässt, überträgtsich auf Ihre Schüler.

Notizen

3

Im Sinne der KMK-Handreichung für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen vom 23.9.2011

4

Feststellungen, die z.B. auch Marco Wehr in seinem Buch „Kleine Kinder sind große Lehrer“ trifft - s. Literaturverzeichnis auf S. 334

5

Natürlich ist hinsichtlich weltanschaulicher, religiöser und politischer Überzeugungen ein hohes Maß an Zurückhaltung und Feinfühligkeit geboten.

  ↑ 2/ 3 – 4↓  

  ↕ Vorwort

Ihretwegen wird Lernen für Ihre Schüler zu Frust oder Lust. Auf Sie, auf Ihre Persönlichkeit kommt es dabei ganz wesentlich an! Ihren Einfluss auf Schüler können sie gar nicht überschätzen.

Dabei werden Sie ständig beobachtet und so lange immer wieder getestet, bis sich gegenseitiges Vertrauen eingestellt hat - oder eben nicht. Sie stehen als Mensch und Vorbild mindestens so sehr auf dem Prüfstand wie als didaktisch-methodischer „Zauberkünstler“. Dass Sie gut unterrichten können, ist längst nicht alles: Es ist notwendig, aber keineswegs hinreichend für Ihre Eignung und Ihren Erfolg als Lehrer.

Sie haben den Schülern Wissen, Erfahrungen und Fähigkeiten voraus. Aber wozu? Nein, nicht um bewundert zu werden, nicht um damit zu glänzen, sondern um damit den Schülern behilflich zu sein, dass sie sich ihrerseits zu Persönlichkeiten entwickeln. Als Lehrer sind Sie deren „Entwicklungshelfer“. Dieser Ausdruck soll verdeutlichen: Es geht in der Pädagogik - wie auch in der Entwicklungshilfe- vor allem um Hilfe zur Selbsthilfe!

Ihnen als Lehrer übertragene Befugnisse dienen vorrangig zur verantwortungsbewussten Wahrnehmung Ihrer Aufgaben als Lehrer, nachrangig auch zu Ihrem Schutz. So ist es auch mit der Erziehung:Vorrangig ist sie Dienstleistung- im Sinne von „Entwicklungshilfe“ - und nachrangig auch Selbstschutz.Damit ist gemeint, dass sich ein Lehrer nicht alles gefallen lassen muss. Es gehört also auch zu seiner Entwicklungshilfe, Grenzen zu setzen, Regeln zu vereinbaren und auf deren Einhaltung zu bestehen. Kurzum: Um Heranwachsenden behilflich sein zu können, sich zu Persönlichkeiten zu entwickeln, müssen Sie selbst eine Persönlichkeit sein.

Erziehung ist - wie die Selbsterziehung - ein Vorgang des Bewusstwerdens und des Bewusstmachens. Daraus leitet sich die Definition ab:

→ Erziehungist ein „bewusstseinsbildender Prozess“.

Es gehört zu den allgemeinen pädagogischen Grunderfahrungen, dass sich das Bewusstsein trainieren lässt wie z.B. das Gedächtnis und Fähigkeiten, die schließlich ohne besondere Anstrengung fast automatisch ausgeübt werden. So wie ein Instrument zu spielen, eine Fremdsprache zu beherrschen zu können.

Aus der Biologie des menschlichen Gehirns - der Neurobiologie - ist bekannt, dass der für eine bedachte Handlungssteuerung, Selbstorganisation und Entscheidungsfähigkeit maßgebliche Stirnlappen [ 6 ]des Gehirns erst im Alter von etwa 20 Jahren seine volle Größe und Funktionsfähigkeit entwickelt. Dementsprechend werden dessen Fähigkeiten erst allmählich verfügbar und bewusst. Genau deswegen ist die Zeit des Heranwachsens die Zeit für die allmähliche Ausbildung des Bewusstseins und der Persönlichkeit.

Wer Erziehungals Bewusstseinsbildungansieht, für den ist auch die Möglichkeit von Erziehung offensichtlich, jedenfalls bei uneingeschränkt lernfähigen Menschen.

Bei dieser Definition von Erziehung liegt es auf der Hand, dass dabei spezifische „bewusstseinsbildende Methoden“zum Einsatz kommen müssen. Dazu gehören Perspektivwechsel, Infragestellen, Balance, vorausschauende Folgenabschätzung und „erweiterte Wiedergutmachung“. Außerdem gehören dazu auch Übungen der Wahrnehmung und der Kommunikation - beide auch auf gefühlsmäßige Empfindungen gerichtet - sowie alles, was mit „Emotionaler Intelligenz“ zu tun hat.

Während ein erstes Buch [ 7 ] des Autors von alledem in episodisch-erzählerischer Weise handelt, vermittelt der vorliegende Verhaltensratgeber eine Vielzahl von Überlegungen, Tipps und Übungen, die wirklichkeitsnah und erprobt anhand von Beispielen aus dem Schulalltag „Entwicklungshilfe für Lehrer“ bieten.

Ratgeber als „Werkzeugkasten“

Die Menge der Ratschläge in diesem Buch übersteigt erkennbar das Maß, das ein einzelner Lehrer als zu sich passend und als für sich und bestimmte Fälle brauchbar annehmen mag und umsetzen kann. Darum fassen Sie es bitte als eine Art „Werkzeugkasten“ auf. Daraus treffen Sie nach Ihrem Interesse, nach Ihren Möglichkeiten und nach den jeweiligen Erfordernissen eine Auswahl.

Das ist auch nötig.

Notizen

6

Gemeint ist der „präfrontale Cortex“. Dazu Dick Swaab in „Wir sind unser Gehirn“ auf S. 126: „Der Reifungsprozess dieser Hirnstruktur dauert bis zu einem Alter jenseits der zwanzig an.“ - Buchtitel im Literaturverzeichnis auf S. 334

7

Buchtitel: „Schule des Bewusstseins - Ein pädagogisches Lesebuch“, 2012; Cover s. S. 356

  ↑ 4 / 5 - 6 ↓  

  ↕ Vorwort

Hätte nämlich jemand die Absicht, sich alle Ratschläge zu eigen zu machen, unternähme er den Versuch, sich die Erfahrungen eines ganzen Berufslebens im Zeitraum der Buch-Lektüre anzueignen. Das geht gewiss nicht.

Aber wie ein Werkzeugkasten ist auch dieses Buch zum wiederholten Gebrauch bestimmt. Das umfängliche Stichwortverzeichnis (S. 337 – 354) kann Sie dabei unterstützen, den Zusammenhang zu erinnerten Wörter und Wendungen wiederzufinden. Anders als in einem Kasten mit vorgefertigten Werkzeugen enthält dieses Buch aber keine Patentvorschläge für bestimmte Situationen, sondern Anregungen, Ihr Verhalten als Lehrer zu überdenken, um selbst neue Handlungsmöglichkeiten zu entdecken. Anders als ein Werkzeugkasten in Ihrer heimischen Werkstatt, auf den nur Sie Zugriff haben, lädt dieser Ratgeber dazu ein, von vielen genutzt zu werden und sich über dessen Brauchbarkeit auszutauschen. So wird sich sein Nutzen erhöhen. Die Übungen regen dazu ausdrücklich an.

Adressaten dieses Buches

Für zwei Adressatengruppen ist dieses Buch geschrieben, nämlich sowohl für angehende - einschließlich „Seiteneinsteiger“ - als auch für gestandene Lehrkräfte.

Ersteren möchte es auch als Entscheidungshilfe dienen, ob der Lehrerberuf wirklich der richtige für sie ist. Es ist besser, wenn sie sich durch die Lektüre darüber klar werden, ob sie den Anforderungen des Lehrerberufs genügen, als wenn sie das erst nach einem erlittenen „Praxisschock“verneinen. Etliche Beispiele und Gründe, um Sie nachdenklich zu machen und womöglich abzuschrecken, finden sie darin z.B. in ausdrücklichen Warnungen.

Erfreulicher wäre natürlich, dieses Buch würde Ihre Begeisterungfür den Lehrerberuf verstärken und mit seinen Anregungen, Tipps undÜbungen behilflich sein, um den pädagogischen Anforderungen und Belastungen gewachsen zu sein. Für sie hätte das Buch den Untertitel: „Lehrer werden? – ob und wie“.

Für „gestandene“ Lehrer hätte das Buch den Untertitel: „Lehrer sein? – und wie!“. Gerade den Lehrern, die zeitweilig wenig Freude oder Erfolg an ihrem Beruf spüren, möchte das Buch nämlich helfen, durch neue Sichtweisen- durch „Perspektivwechsel“ - neue und erfolgreiche Handlungsmöglichkeitenzu finden. Auch mag ihnen der Ratgeber dienlich sein, wenn sie selbst als Mentor oder Fachleiter an der Ausbildung angehender Lehrer beteiligt sind. 

Sprache und Verständlichkeit

Der Autor dieses Buches hat sich vorgestellt, Sie, liebe Leser, wären seine Zuhörer. Das ist zwar für einen „Ratgeber“ vielleicht untypisch, erleichtert es aber, auch Ihren Blickwinkel einzunehmen und auf Fragen einzugehen, die Ihnen beim Lesen kommen mögen. Das mag dem Sachtext auch seine Sprödheit nehmen - so wie das Salz der Suppe ihre sonst unvermeidliche Fadheit.

Hinsichtlich Ihrer Anrede soll es einerseits beim „Sie“ bleiben, das Achtung und Wertschätzung ausdrückt, obwohl manch jüngerer Leser das „Du“ vielleicht zwangloser fände.

Wo andererseits von Schüler, Lehrern, Eltern usw. die Rede ist, möchte sich der Autor weder der unaussprechlichen Schreibweise Schüler/In, Lehrer/In usw. noch der ständigen Dopplung „Schülerinnen und Schüler“, „Lehrerinnen und Lehrer“ usw. anschließen. Stattdessen verwendet er - wie früher üblich - die männlichen Substantivformen völlig unbefangen als Gattungsbegriffe, weil er niemanden zu diskriminieren im Sinn hat, vor allem aber aus Liebe zur deutschen Sprache. In seinem Verständnis kann eben eine Schülerin sehr wohl ein hervorragender Schüler sein, während das Umgekehrte offenbar Unsinn ist. Die Lesbarkeit seiner Texte hat für ihn Vorrang vor dem Selbstschutz gegenüber einer abwegigen Unterstellung. Und damit will er Ihnen, lieber Leser, dienen.

Zum Schluss dieser - vom Autor als unnötig empfundenen - Erklärung wenigstens eine Ausnahme von dieser Regel:

Liebe Leserin, liebe angehende Lehrerin und liebe Kollegin, fühlen auch Sie sich bitte freundlich und mit aller Wertschätzung angesprochen, wenn Sie „nur“ als lieber Leser, angehender Lehrer bzw. Kollege angeredet werden.

Schließlich noch eine Bemerkung zur Allgemeinverständlichkeit: Ein Ratgeber, der sich durch die wissenschaftlich genaue Ausdrucksweise und ständige Verwendung der fremdsprachlichen Fachbegriffe nur Fachleuten erschließt, würde sein Ziel verfehlen. Deswegen wird der Lesbarkeit, Einfachheit und Verständlichkeit halber auf Fremdwörterweitgehend verzichtet. Damit möchte der Autor Sie auch anregen, sich Schülern gegenüber möglichst einfach und verständlich auszudrücken.

  ↑ 6 / 7 – 8↓  

  ↕ Vorwort

Wovon dieses Buch nicht handelt

In den Ausbildungsordnungen der Bundesländer können Sie nachlesen, dass angehende Lehrer ausgebildet werden, um gut zu unterrichten. Dazu gehört unter anderem: Didaktisierung, Lernzielorientierung, Planung, Sozialformen, Methodenwechsel, Medieneinsatz, Aufgabenentwurf, Kontrollen und Korrekturen, Selbstreflexion, Wiederholungen, Leistungsbeurteilung, Beratung, Förderkonzepte und Qualitätsmanagement. Zu alledem leiten die Fach- und Hauptseminarleiter planmäßig an. Dazu geben Mentoren Anteil an ihren praktischen Erfahrungen, und die Mitreferendare spiegeln ihre Eindrücke.

Auf diese Weise wird den künftigen Lehrern das Unterrichten nach allen Regeln der Kunst beigebracht.

Dabei liegt auf der Unterrichtsplanungein so starkes Gewicht, wie es sich in der beigebrachten Gründlichkeit im Unterrichtsalltag nicht durchhalten lässt. Die Bildungspolitiker glauben anscheinend, dass Schulerfolg hauptsächlich von der Qualität des Unterrichts und diese von der Güte der Unterrichtsplanung abhängt. Das glauben Sie auch? Schön, das ist ja auch halbwegs wahr, und ohne dieses Lippenbekenntnis kommen Sie nicht heil durchs Referendariat. Aber das ist eben nur die halbe Wahrheit: Von der „anderen Hälfte“ handelt dieses Buch!

Indem Ihnen Studium, Praktikum und Seminar alle wichtigen Kenntnisse und Fähigkeiten zum Bereich des Unterrichtens vermitteln bzw. vermittelt haben, wird dieser Bereich hier ausgeklammert. Gleichwohl werden Sie auch in diesem Buch etliche Anregungen finden, die sich z.B. auf Ihre Begeisterungsfähigkeit, auf Ihren Unterrichtserfolg und Ihre Wertschätzung als Unterrichtender gut auswirken.

Über das zugrundeliegende Menschenbild

Obgleich die Frage danach naheliegt, birgt deren Beantwortung die Gefahr des Missverständnisses oder der Ablehnung. Wie auch immer nämlich der Autor dazu Stellung bezieht, könnte die Antwort denen, die Meinungen nach Mustern sortieren, Anlass bieten, ihn oder sein Buch in eine „Schublade“ zu tun, die eine unliebsame Aufschrift trägt.

Deswegen möchte er sich dazu aus Achtung vor Ihnen, lieber Leser, nur sehr behutsam äußern: Sie selbst werden am besten merken, welchen Grundlagen Ihrer Weltanschauung die Gedanken dieses Buches entsprechen. Darum gibt er Ihnen statt einer Antwort eine Gegenfrage zu bedenken:

Verdient nicht jeder Mensch die Achtung und die Zuwendung jedes anderen Menschen, nicht aber Geringschätzung und schon gar nicht Fremdbestimmung oder gar Gewalt? Ist nicht das Miteinanderreden auf Augenhöhedie beste Weise, Wertschätzung zu zeigen und zu empfangen?

Im Übrigen sind der beamtete Lehrer durch seinen Amtseid und der angestellte Lehrer durch sein Gelöbnis gehalten, sich zu den Vorgaben des Grundgesetzes und der Landesverfassung als Grundlage ihres mitmenschlichen Handelns zu verpflichten [ 8 ]. Das klingt spröde und formal. Gemeint ist, was man nicht verordnen kann, nämlich der achtungsvolle und liebenswürdige Umgang mit einander.

Gegenüber Schülern Liebe für geboten zu erachten, ist in einer Zeit schwierig, in der die Gedankenverbindung mit dem Wort „Pädophilie“ naheliegend ist. Darum die deutliche Abgrenzung: Pädophilie ist das krasse und kriminelle Gegenteil von Liebe zum Kind. Denn Pädophilie macht das Kind zum Opfer der selbstsüchtigen Vorstellungen krankhaft veranlagter Menschen und zielt auf rücksichtslose Selbstbefriedigung. Der Lehrer aber, der seine Schüler liebevoll behandelt, hat das gleiche im Sinn wie dessen gute Eltern, nämlich seine Entwicklung nach Kräften zu fördern. - Mit einer solchen Einstellung werden Sie sich - hoffentlich - der pädagogischen Grundeinstellung[ 9 ] anschließen mögen, von der in Kapitel 1.4 die Rede sein wird.

Rücksichtsvolles und vorausschauendes Handeln dient jedem Einzelnen und der Menschheit. Das unterstützt, wer sich den Rat des Fabeldichters Äsop[10]zu eigen macht:

→ „Was auch immer du tust, handle umsichtig und bedenke, wohin es führt!“

Notizen

8

s. „Rechtliche Vorschriften“ in Kap. 5.3 auf S. 316 f.

9

„Die pädagogische Grundeinstellung“ in Kap. 1.4 auf S. 56

10

Lateinisch: „Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.“

  ↑ 8/ 9 – 10↓  

  ↑Vorwort  

Kapitel 1 (LEHRER)

Überblick

In diesem Kapitel geht es um Motive, Erwartungen, Eigenschaften, Einstellungen und Verhaltensweisen, die Sie als Lehrerpersönlichkeit befähigen, den Anforderungen des Lehrerberufs gewachsen zu sein.

Zu Anfang (Kap. 1.1 ab S. 11) ist von einigen Besonderheiten des Lehrerberufs die Rede, um Sie anzuregen, sich Ihre eigenen Motive und Erwartungen bewusst zu machen. Das Nachdenken darüber wird wirklichkeitsfremde Träume und Wunschgedanken als solche erkennbar machen und die Tragfähigkeit unterschiedlicher Beweggründe beleuchten.

Daran anschließend (Kap. 1.2 ab S. 29) wird Ihnen ein erster Selbsttest angeboten, der Sie spontane Verhaltensweisen in schulalltäglichen Situationen auswählen und anschließend bedenken lässt. Die Beispiele drehen sich um Selbstbeherrschung, Geduld, Hilfsbereitschaft, Wahrhaftigkeit, Pünktlichkeit, Selbstsicherheit und Zuverlässigkeit.

Ein vielseitiges, nützliches und wirksames Mittel für ein vom Bewusstsein gesteuertes Verhalten ist die Fähigkeit, Sachverhalte, Ereignisse und Stimmungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, nämlich der Perspektivwechsel. Er ist z.B. der Schlüssel zur Selbstbeherrschung. Von beidem handelt Kap. 1.3 (ab S. 41).

Das anschließende Kapitel „Balance und Augenmaß“ (Kap. 1.4 ab S. 56) behandelt die pädagogische Grundeinstellung und das Lehrerverhalten, speziell Beharrlichkeit, Gerechtigkeit und Augenmaß.

Mit eigenen Empfindungen und denen anderer „intelligent“ umgehen zu können, ein Vorkommnis oder Verhalten aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, um es unterschiedlich bewerten oder umdeuten zu können, bilden zusammen mit der Fähigkeit, mit Gefühlen gut umgehen zu können, den Inhalt des Kap. 1.5 (ab S. 65).

Ein gesondertes Kapitel (Kap. 1.6 ab S 83) ist der Geduld und der Gelassenheit gewidmet und erklärt, was unter Resilienz zu verstehen ist.

Im Kap. 1.7 (ab S. 93) geht es mit Gefühlen und dem „Inneren Team“ auch darum, sowohl für sich selbst als auch für andere Mitgefühl zu entwickeln, außerdem um den Umgang mit tragischen Ereignissen sowie um Sympathie und Antipathie, d.i. Zu- und Abneigung.

Ein - wenn nicht das - zentrale Kapitel für die pädagogische Kompetenz des Lehrers ist das Kapitel „Über dieKommunikation“ (Kap. 1.8 ab S 105). Darin wird neben Beispielen zur Theorie und zu Modellen von Friedemann Schulz von Thunauch der Einfluss von ICH-Zuständen beim Senden bzw. Empfangen von Botschaften [11] kurz dargestellt. Daran anschließend bekommen Sie wichtige Tipps zum Zuhören und Vortragen.

Im abschließenden Kapitel (Kap. 1.9 ab S. 137) geht es darum, worauf zu achten für Sie als Lehrer wichtig ist, um bei Ihren Schülern „gut anzukommen“ und Ihnen Orientierung zu geben, z.B. auch hinsichtlich der Werte Bescheidenheit und Zufriedenheit.

Notiz

11

Der Einfluss von „ICH-Zuständen auf die Kommunikation“ wird in Kap. 1.8 ab S. 116 skizziert.

  ↑ 10/ 11 – 12↓  

  ↑Kap. 1 – Überblick  

1.1 Der Lehrerberuf

Der Beruf eines Lehrers gehört zu den anspruchsvollsten und schönsten. Er verlangt sehr viel Einfühlungsvermögenund Einsatz von Ihnen. Und er kann Ihnen umso mehr an Zufriedenheit und Freude schenken, je besser es Ihnen gelingt, mit sich und mit den Menschen umzugehen, mit denen Sie es als Pädagoge zu tun haben. Um zu erkennen, in wieweit Ihre persönliche Eignung für diesen Beruf gegeben ist, wird Ihnen dieses Kapitel behilflich sein.

Warum ist eine gute Eignung für diesen Beruf so wichtig?

Der Entschluss zu Studium und Ausbildung als Pädagoge gehört vor seiner Verwirklichung auf den Prüfstand, weil zahlreiche Erzieher und Lehrer leider zu spät feststellen, dass sie mit ihrem Beruf nicht glücklich werden. Und ihre Schüler leiden mit und unter ihnen. Frust auf beiden Seiten mindert die Lernfreude der Heranwachsenden und die Freude an der Berufsausübung beim ungeeigneten Lehrer. Je kritikfreudiger die Jugendlichen sind, umso heftiger zeigen sie ihre Ablehnung gegenüber einem Pädagogen, dem sie sich mehr ausgeliefert fühlen als von ihm angenommen und verstanden. Solche Kritik ist umso schmerzhafter, je deutlicher sie auf den Kern der Erzieherpersönlichkeit gerichtet ist. Ein davon betroffener Pädagoge aber leidet darunter heftig. Sich dagegen zu wehren, verbessert die Lage nicht. Machen Sie sich deswegen vorbeugend so früh wie möglich die Beweggründe für Ihre Berufswahl bewusst.

Warum wollen Sie überhaupt Lehrer werden?

Haben Sie womöglich ein Fach studiert, das Ihnen nur als Pädagoge ein sicheres Einkommen verspricht? Oder ist Ihr Examensergebnis so unbefriedigend, dass Sie vermuten, damit nur noch in Schulen eine Anstellung zu finden? Ist also Ihre berufliche Orientierung vielleicht eine Verlegenheitslösung?

Oder empfinden Sie den Lehrerberuf aufgrund äußerer Bedingungen als besonders attraktiv? Pädagogen erwarten ja hierzulande viele berufliche Anreize.

Dazu gehören eine sichere Anstellung, gute Bezahlung und Beihilfen, viel Freizeit und Ferien, große Spielräume bei der Zeitdisposition außerhalb der Betreuungs- bzw. Unterrichtszeiten, Aufstiegs- bzw. Beförderungschancen und schließlich die sichere Rente bzw. gar Pension.

Sind es etwa solche Vorzüge, die Ihre Berufswahl für den „sicheren, gut bezahlten Job“ entscheidend bestimmen?

WARNUNG 1:

Falls äußere Gründe wie die eben beschriebenen für Ihre Berufsentscheidung maßgeblich sind, bestehen große Zweifel an deren Tragfähigkeit im Hinblick auf die Anforderungen des Lehrerberufs.

Welche Anforderungen stellt der Lehrerberuf an Sie?

Ist denn der Lehrerberuf wegen der Vielzahl von über das Unterrichten hinausgehenden beruflichen Pflichtenfür Sie überhaupt attraktiv? Korrekturen, Beurteilungen, Elterngespräche, Organisation und Begleitung von Fahrten, Fachexkursionen und Berufspraktika, Aufsichten und Vertretungen, Konferenzen, Beschwerde- und Konfliktmanagement, neuerdings erheblich angestiegene Rechtfertigungs- und Dokumentationspflichten: Das alles sind zeitaufwendige und beschwerlichen Tätigkeiten, die neben dem Unterricht auf Sie zukommen. Deren Bewältigung führt zu mehr Anstrengung als Freude.

Überlegen Sie bitte gründlich:

Könnte es sein, dass Sie sich als Lehrer durch Aufgaben, Vorschriften und Bedingungen eingeengt und irgendwann überlastet fühlen?

Eine große Zahl von Berufspädagogen leidet nämlich unter Kräfte zehrenden Rahmenbedingungen, denen sie sich ausgeliefert fühlen.

Solche Belastungen können z.B. sein

•laute, verhaltensauffällige oder lernunwillige Schüler,

•anspruchsvolle und streitbare Eltern,

•ein wenig harmonierendes Kollegium,

•eine zu schwache oder zu starke Schulleitung oder

•ausufernde Bürokratie.

  ↑ 12/ 13↓  

↕1.1 Der Lehrerberuf  

Wenn darunter leidende Lehrer einen Ausweg sähen, würden sie dem drohenden Burn-out[12]doch lieber entkommen. Etliche fliehen als mentale Frühpensionäre in den „inneren Vorruhestand“. Andere bestrafen ihre Schüler und Mitmenschen in der als unangenehm empfundenen Umgebung mit Unzufriedenheitsäußerungen und schlechter Laune. - Halten Sie sich für stark genug, sich auch von widrigen Umständen nicht entmutigen zu lassen?

Frustrierte Lehrer sind Ihnen, lieber Leser, wahrscheinlich während Ihrer eigenen Schulzeit ebenso begegnet wie solche, die ihre pädagogische Freiheitals Freibrief für Schlechterfüllung ihrer Pflichten oder für die maßlose Nutzung unterrichtsfreier Zeit als Freizeit missbraucht haben. Solche Lehrer haben Sie in deutlicher, aber unguter Erinnerung. Denen wollen Sie gewiss nicht nacheifern.

Fragwürdige Wunschvorstellungen

Aber sind Sie sich als angehender Lehrer sicher, dass Ihre Wunschvorstellungen vom Lehrerberuf die Wahrnehmung der Anforderungen nicht überdecken, die dieser Beruf an Sie stellt? Ist Ihnen bewusst, dass Sie, um als Lehrer erfolgreich zu sein und sich wirklich wohlzufühlen, unsäglich viel Kraft, Zeit, Einfallsreichtum und Idealismus brauchen? Dazu noch eine Vielzahl von spezifischen Eigenschaften, Einstellungen und Fähigkeiten? Werden Sie sich mit den Ratschlägen und Übungen dieses Buches dem gewachsen fühlen? Dafür ist es geschrieben.

Manche erwachsen gewordenen Kinder möchten es auf jeden Fall besser machen als ihre Eltern. Auch manche angehenden Pädagogen möchten es besser machen als die Lehrer, die sie als ungut empfunden haben. Aber die meisten erinnern sich auch an manchen vorbildlichen Lehrer, dem sie nacheifern möchten.

Etwas besser machen zu wollen als andere, ist kein berufsspezifisches Motiv. Es ist eher Ausdruck von Ehrgeiz und Anstrengungsbereitschaft. Bei Lehrern bekommt es unter Umständen den faden Beigeschmack vom Hang zu Besserwisserei. Erkannte Fehler nicht wiederholen zu wollen, ist gewiss hilfreich und gut, aber natürlich nicht hinreichend, um als Pädagoge erfolgreich und glücklich zu werden.

Notiz

12

„Burn-out“ ist ein krankhafter Zustand lähmender Erschöpfung mit dauerhaft herabgesetzter Leistungsfähigkeit. - Zu den gesundheitlichen Risiken des Lehrerberufs vgl. die beiden im Literaturverzeichnis auf S. 332 erstgenannten Artikel von Joachim Bauer.

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↕1.1 Der Lehrerberuf  

Auf den Lehrer kommt es an

Fehler besonders schnell zu entdecken, mag ja eine berufstypische Eigenschaft von Lehrern sein. Aber zufrieden können sie erst sein, wenn sie erkannte Fehler für sich und andere zum Lernen zu nutzen vermögen. Halten Sie, lieber Leser, denn Fehler [13] eher für ein Missgeschick oder für eine Lerngelegenheit?

Erinnern Sie sich an die Namen Ihrer besonders geschätzten Lehrer und deren Fächer? Und umgekehrt an Namen und Fächer von Lehrern, die Sie als sehr unsympathisch empfunden haben? Können Sie dabei nachvollziehen, dass Ihre Bewunderung bzw. Ablehnung für diese Lehrkräfte sich in der Beliebtheit bzw. Unbeliebtheit der von jenen unterrichteten Fächern gespiegelt hat? Offenbar hat die Wertschätzung des Lehrers unmittelbaren Einfluss darauf, wie gern und erfolgreich Schüler bei ihm lernen. Lernen in der Schule ist eben ein Prozess, bei dem die Lehrerpersönlichkeit mindestens so einflussreich ist wie ihre didaktisch-methodischen Fähigkeiten.

Lehrer, an die Sie sich ungern erinnern, haben Ihnen damals kaum etwas beibringen können und Ihnen womöglich die Schulzeit vermasselt. Auch solchen Lehrern wollen Sie es bestimmt nicht gleichtun. Es besser zu machen, als man es selbst erlebt hat, oder es so gut zu machen, wie man es bei geschätzten Lehrern erlebt hat oder es sich doch wenigstens gewünscht hat, sind gewiss ehrbare Motive, um sich für den Lehrerberuf zu interessieren. Allerdings muss, um zu gelingen - wie bei Eltern - auch bei den Lehrern wenigstens die Liebe zum Kind hinzukommen - und außerdem natürlich möglichst viel von dem, was einen guten Pädagogen ausmacht.

WARNUNG 2:

Wenn Sie die in diesem Abschnitt an Sie gerichteten kritischen Fragen nicht gründlich genug prüfen, sondern abtun, kann es gut sein, dass Sie die Anforderungen des Berufs unterschätzen und damit Probleme bekommen.

Notiz

13

Vgl. „Aus Fehlern lernen– Vom guten Umgang mit sich selbst und anderen“: http://publicationes.de/bildung/kompetenzentwicklung/68-aus-fehlern-lernen.html

QR-Code 01 (zu Notiz 13)

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↕ 1.1 Der Lehrerberuf  

Was macht einen guten Pädagogen aus?

Diese Frage ist nicht zu beantworten, indem man entsprechende Eigenschaften und Verhaltensweisen aufzählt. Denn manche Pädagogen haben Eigenschaften, die für andere unnachahmlich sind. Pädagogen sind eben sehr verschieden. Und das ist gut so. Denn die Heranwachsenden sind es auch. Deswegen wäre es wirklichkeitsfremd anzunehmen, ein guter Pädagoge könnte jeden einzelnen Jugendlichen wirkungsvoll motivieren. Es gibt nämlich sehr unterschiedliche Grade von Beziehungsempfindungen zwischen Menschen, die über das weite, von Zu- und Abneigung aufgespannte Feld streuen.

Man könnte einen Pädagogen „gut“ nennen, der es schafft, möglichst viele Heranwachsende positiv zu beeinflussen. Dazu gibt es aufzählbare Eigenschaften und Verhaltensweisen, die genau das begünstigen, und andere, die eher gegenteilig wirken. Eine allgemeine Antwort darauf, was einen guten Pädagogen ausmacht, könnte lauten „seine Persönlichkeit“ - jedenfalls, wenn man wie folgt definiert:

→ Eine Persönlichkeitist, wer mit sich selbst und anderen gut umgehen kann.

Natürlich bedarf es nun der Erläuterung, was „guter Umgang“ mit sich und anderen bedeutet. Einer Annäherung daran dienen die nachfolgenden Überlegungen und Fragestellungen. Letztere werden Ihnen helfen herauszufinden, ob Sie schon wünschenswerte Persönlichkeitsmerkmale eines Pädagogen haben und ob Sie sich zutrauen, solche noch weiter zu entwickeln.

Können Sie gut mit sich selbst umgehen?

Welche „guten“ Eigenschaften begründen die Zuversicht, dass Sie mit sich selbst gut umgehen können?

ÜBUNG 1:

Für „guten Umgang mit sich“ stehen z.B. folgende Persönlichkeitseigenschaften: Wahrnehmungsfähigkeit mit allen Sinnen, Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit, Lernbereitschaft, Begeisterungsfähigkeit (aktiv und passiv), Selbstdisziplin, Fleiß, Geduld, Ausdauer, Belastbarkeit, Zielstrebigkeit, Vorausschauendes Denken, Mehrperspektivität, Fantasie, Kreativität, Spontaneität, Visionen, Entschlusskraft, Kritikfähigkeit (aktiv und passiv), Optimismus, Empathiefähigkeit (Mitgefühl), Toleranz, Humor, Selbstvertrauen, Misslingens- Kompetenz [14], Frustrationstoleranz, Augenmaß, Balance, …

Hilfreich ist auch die Betrachtung von Eigenschaften, die auf weniger guten Umgang mit sich hindeuten.

ÜBUNG 2:

Unbeständigkeit, Ablenkbarkeit, Langeweile, Gleichgültigkeit, Fahrigkeit, häufige Ungeduld, Humorlosigkeit, Empfindlichkeit, Gereiztheit, Aufbrausen, Unbeherrschtheit, Abhängigkeit von Genussmitteln, Selbstgefälligkeit / Narzissmus, Eigenbrötelei, Autismus, …

WARNUNG 3:

Wenn Sie bei den vorigen beiden Übungen sehr schlecht abschneiden, indem weniger „gute“ oder mehr „ungute“ Eigenschaften auf Sie zutreffen oder indem Ihre „Durchschnittsnote“ nicht wenigstens „gut“ ausfällt, prüfen Sie bitte sorgfältig, ob der Lehrerberuf für Sie der richtige ist.

Notiz

14

Dieser von Marco Wehr z.B. in seinem Buch „Kleine Kinder sind große Lehrer“ definierte Begriff beschreibt die kindliche Ausdauer, neues so lange zu üben, bis es gelingt. - Buchtitel im Literaturverzeichnis auf S. 334

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↕ 1.1 Der Lehrerberuf  

Brauchen Sie Tiefenpsychologie?

Wenn Sie bei der Prüfung, welche Verhaltensweisen auf Sie zutreffen, weniger günstige als ungünstige bemerken, Sie aber den Lehrerberuf dennoch anstreben oder nicht aufgeben wollen, ist guter Rat womöglich teuer. Denn dann stellt sich ja die Frage, worin die unguten Verhaltensweisen ihren Ursprung haben mögen. Vielleicht haben dem „Eigenbrötler“ Geschwister gefehlt, dem häufig Gereizten haben die Eltern ständig in den Ohren gelegen, dem mit Konzentrationsschwierigkeiten haben Gelegenheit und Anleitung gefehlt, es zu lernen? Die Frage, warum Menschen ein Verhalten schwerfällt, das ihnen schwerfällt, kann dem Bereich der Tiefenpsychologie zugerechnet werden. Sie stellt sich Lehrern nicht nur bezogen auf ihr eigenes Verhalten, sondern auch auf das Verhalten von Schülern, Eltern, Kollegen und Vorgesetzten. Denn die Gefahr ist groß, dass Lehrer - die Erscheinungsweise, die Äußerung des Verhaltens nur oberflächlich deutend - darauf eben nicht angemessen und hilfreich reagieren.

Das veranlasst Michael Felten in seinem Buch „Auf die Lehrer kommt es an!“[15] zu der Forderung (a.a.O. auf S. 112) „dieVerbindung von Pädagogik und Tiefenpsychologiemüsste für Lehrer einen besonderen Fokus bilden“. Die analytische Selbsterkenntnis, wobei genau welche individuellen, biografisch bedingten Schwächen auftreten und wie damit therapeutisch umgegangen werden kann, gelingt nach Auffassung von Felten (a.a.O. S. 146) „selten durch Lektüre … oder Nachdenken“, weil man „sich selbst gegenüber unweigerlich parteiisch“ sei. Ohne Frage sind „fachkundig geleitete Gruppengespräche oder professionelle Einzelberatung“ sinnvoll, wenn dem Lehrer selbst die Bewusstmachung seiner „blinden Flecken“ nicht gelingt.

Anders das Buch, das Sie jetzt in Händen halten: Es zeigt auf, wie Sie mit Bewusstwerden und Bewusstmachenbewusstseinsbildende Methoden erkennen, üben und anwenden können und so die Fähigkeit zum guten Umgang mit sich selbst und anderen entwickeln. Es bietet Ihnen Hilfe zur Selbsthilfe.

Sollte die Ihnen wider Erwarten nicht genügen, bliebe Ihnen immer noch die Inanspruchnahme externer Beratung mit tiefenpsychologischer Professionalität.

Für Ihren beruflichen Erfolg kommt es auch auf Ihre innere Einstellung zu Ihrer Arbeit und auf Ihre Freude daran, also auf Ihre Arbeitshaltung an.

Notiz

15

Buchtitelim Literaturverzeichnis auf S. 332

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↕1.1 Der Lehrerberuf  

Arbeitshaltung

Zu einer Zeit, in der man an einigen Gymnasien noch Griechisch lernen konnte, gehörte ein Satz des griechischen Komödiendichters Menandroszu den auch in erzieherischer Absicht pflichtgemäßen Merksätzen: „Ungeschunden wird der Mensch nicht erzogen“ [16]P. Noch Goethehat diesen Satz seiner Autobiografie „Aus meinem Leben“ als Motto vorangestellt. Hier und heute, wo Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben, ist dies allerdings ein sehr missverständlicher Satz, jedenfalls wenn man bei „schinden“ auch „züchtigen“ oder gar „quälen“ mitdenkt. Ganz anders, wenn man „schinden“ durch die reflexive Form „sich schinden“ ersetzt: Sich quälen, also sich bis an die Schmerzgrenze anstrengen und abmühen. Und natürlich kann das nicht die Erziehung anderer betreffen, sondern entsprechend der Rückbezüglichkeit des Verbs nur die Selbsterziehung. So erlaubt der Satz die Deutung: Wer sich nicht schinden kann, ist nicht gut für den Lehrerberuf gerüstet.

Kurzum:

→ Ihre Anstrengungsbereitschaftist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass Ihre Schüler Lern- und Anstrengungsbereitschaft entwickeln.

In einer abgemilderten Ausdrucksweise spiegelt er eine wichtige Lebenserfahrung wider, die auch Schülern so ans Herz gelegt werden darf:

→ Beständiger Erfolgist das Ergebnis ausdauernden Bemühens.

Das darf auch als entschiedene Absage an die „Kuschelpädagogik“gelten, die meint, in einer Wohlfühlumgebung sei Lernen stets einfach und vergnüglich. Ist nicht „Mit Spaß zum Erfolg“ ein törichtes Versprechen? Sind nicht „Mit Erfolg kommt Freude auf“ und „Mit Interesse, Begeisterung, Ausdauer und Fleiß zum Erfolg“ sehr viel tragfähiger und wahrhaftiger? Ist nicht Ihre Freude über eigene Lernerfolge umso größer und anhaltender, je mehr Sie sich dafür angestrengt haben?

Das hat auch etwas mit der grundsätzlichen Einstellung zu beruflicher Arbeit zu tun. Gegenwärtig gilt vielen Arbeit als notwendiges Übel, um einen befriedigenden Lebensstandard zu erlangen und aufrecht zu erhalten. Fragen Sie sich bitte selbst: „Arbeite ich, um zu leben - oder lebe ich, um zu arbeiten?“

Notiz

16

Griechisch (in Umschrift): „Ho mē dareisánthrōpos u paideuetai.“

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↕1.1 Der Lehrerberuf  

Es geht offenbar dabei nicht um ein „Entweder-oder“, sondern um ein „Sowohl-als-auch“ - und um die richtige Balance[17]. Jede der beiden Auffassungen allein würde Ihnen den Lehrerberuf erschweren.

WARNUNG 4:

Wenn Sie als Lehrer nur „jobben“ möchten, dann lassen Sie besser davon ab; suchen Sie sich stattdessen eine Berufstätigkeit, bei der Sie selbst nicht eine wichtige Stellgröße in der Biografie von Heranwachsenden sind.

Und wenn Sie sich als Lehrer dem anderen Pol, der Gruppe der sogenannten „Workaholic“[18]zurechnen, dann bedenken Sie bitte:

→ Mensch sein macht den Lehrer glaubwürdig - und glücklich! -

Die Bedingung für eine gute Balance kann wie folgt lauten:

→ Gute Balance ist dann gegeben, wenn sich alle wohlfühlen, also sowohl Sie selbst als auch die von Ihrer Arbeit Betroffenen.

Kein „gutes Gefühl“ hat und erzeugt indes jemand, der sich zu seiner Arbeit schwerfällig und widerwillig hinschleppt.

→ Freude an der eigenen Arbeit muss spürbar sein, will man Andere damit „anstecken“.

Wird Arbeit häufig oder gar andauernd als sehr belastend empfunden, ist das auch ein Warnsignal:

Wer seine Arbeit nicht liebt, wird irgendwann so unzufrieden sein, dass auch die guten äußeren Bedingungen wie Bezüge, Ferien, Halbtagsjob und Gestaltungsfreiräume die Strapazen des Berufs nicht aufwiegen. Kein Lehrergehalt hat die Höhe eines Schmerzensgeldes!

WARNUNG 5:

Wer für die beruflichen Anstrengungen Trost auf seiner Gehaltsabrechnung sucht, hat offensichtlich den falschen Beruf ergriffen! Das bekommen erfolglose Lehrer recht früh und sehr unangenehm zu spüren.

Notizen

17

Der mit diesem Begriff bezeichneten Fähigkeit ist ein eigenes Kapitel gewidmet, nämlich Kap. 1.4 „Balance und Augenmaß“ ab S. 56

18

„Workaholic“ nennt man jemanden, der von schonungslosem Arbeitseifer besessen ist.

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↕ 1.1 Der Lehrerberuf  

Darum hat Ihre Entscheidung, ob der Lehrerberuf für Sie wirklich der richtige ist, offensichtlich ganz erhebliche Auswirkungen auf Ihr Wohlbefinden und damit auf Ihre Gesundheit. Es ist erwiesen, dass Sie mit dem Lehrerberuf einen gesundheitlich hoch riskanten Beruf auf sich nehmen. Die Zahl der psychischen Erkrankungen ist in keinem Beruf höher [19]. Sie müssen als Lehrer also physisch und psychisch gesund und hoch belastbar sein.

WARNUNG 6:

Wer zu Depressionen oder Phobien neigt, ist den Belastungen des Lehrerberufs nicht gewachsen. Wer sich über die Anforderungen hinweg täuscht, die dieser Beruf voraussetzt und unausweichlich mit sich bringt, leistet weder sich noch der Gesellschaft einen guten Dienst.

Deswegen ist ernsthaft angeraten, was scherzhaft klingt:

→ D‘rum prüfe, wer an den Beruf sich bindet, ob sich nicht doch ein leicht‘rer findet!

Freude am Lernen[20]und am Beruf

Die Warnungen sollen Ihnen allerdings keine Angst vor dem Beruf einreden. Wenn Sie gesund und belastbar sind und Ihnen die vielfältigen Lehrertätigkeiten, die Sie bisher kennengelernt haben, Freude machen, dann brauchen Sie keine Angst um Ihre Gesundheit zu haben. Entscheidend für Ihre andauernde Zufriedenheit im Lehrerberuf wird sein, dass Sie Freude daran haben, immer wieder Neues zu lernen und didaktisch aufzubereiten. Um das Interesse junger Menschen dafür zu wecken, sie womöglich dafür zu begeistern, kommt es auf Ihre eigene Wissbegierde und Lernfreude an.

→ Wissbegierdeist ansteckend. Ihr Gegenteil leider auch.

Lernfreude ist nicht lehrbar, aber erlebbar und steigerbar.

→ Angestoßen und begeistert erlebt, verstärkt sie sich selbst.

Notizen

19

Vgl. dazu die beiden im Literaturverzeichnis auf S. 332erstgenannten Artikel von Joachim Bauer

20

Mit „Lernen“ wird hier weniger auf fachliche oder didaktische Inhalte abgehoben als vielmehr auf das menschliche Grundbedürfnis, sich mit Neuem vertraut zu machen.

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↕ 1.1 Der Lehrerberuf  

Die Frage, was denn den Erfolg und die Zufriedenheit des Lehrers ausmacht, wird jeder Lehrer für sich auf eigene Weise beantworten. Viele stimmen aber darin überein, dass sie vor allem Wertschätzung, Achtung und Vertrauen bei Schülern, Kollegen und Vorgesetzten erreichen möchten. Von den Schülern wünschen sie sich Lernbereitschaft [21], freudige Mitarbeit, Lernerfolge und angenehme Umgangsformen. Je mehr dergleichen sie erreichen, je größer also ihr Erfolg, desto größer sei ihre „Freude am Beruf“.

Gelingt es dem Lehrer,

•seine Lernfreude überzeugend zu zeigen,

•die Freude an Lernerfolgen seiner Schüler zu verstärken,

•als „Entwicklungshelfer“den Schülern Hilfe zur Selbsthilfe zu geben,

•durch sein Verhalten Achtung und Vertrauen zu gewinnen,

dann steigern sich die Freude am Erfolg und die Freude am Beruf gegenseitig.

Andererseits können ausbleibende Erfolge oder gar Misserfolge die Lernfreude mindern. Gewiss kennen Sie auch einen Lehrer, dessen Verhalten zu erkennen gibt, dass er seinem Beruf gar nicht schön, sondern lästig und überfordernd findet.

→ Aus Unzufriedenheit wird Enttäuschung,

aus Enttäuschung wird Verbitterung,

aus Verbitterung wird Burn-out[22] - ein Teufelskreis!

Der Abwärtsspirale entkommen Sie nur mit Freude am Beruf, starkem Einsatzwillen und der Kraft, seelische Spannungen auch langfristig ertragen zu können.

Mit bestandenen Examina haben Sie das Recht als Lehrer tätig zu werden. Damit haben Sie vor allem Ihre fachlichen und didaktisch-methodischen Fähigkeiten des Unterrichtens nachgewiesen. Für Ihren beruflichen Erfolg aber sind aber Persönlichkeitsentwicklungund Lernbereitschaftmindestens ebenso wichtig!

WARNUNG 7:

Wenn Sie es als lästig empfinden, Neues zu lernen und Ihre Fähigkeiten ständig zu erweitern, und wenn Sie finden, der Lehrerberuf überfordere Sie, dann prüfen Sie bitte ernsthaft, ob Sie wirklich Lehrer werden bzw. bleiben wollen.

Notizen

21

Auch hier ist - wie in Fußnote [20] auf der vorigen Seite - das „Lernen“ als Grundbedürfnis gemeint.

22

„Burn-out“ ist ein krankhafter Zustand lähmender Erschöpfung mit dauerhaft herabgesetzter Leistungsfähigkeit. - Zu den gesundheitlichen Risiken des Lehrerberufs vgl. die beiden im Anhang auf S. 332erstgenannten Artikel von Joachim Bauer.

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↕1.1 Der Lehrerberuf  

Auf den Lehrer, auf Sie kommt es auch an, ob die Schule, an der Sie tätig sind, als gute Schule wahrgenommen wird, weil Ihre Schüler gern und erfolgreich mit Ihnen lernen.

Solcher Erfolg fällt keinem Lehrer in den Schoß. Sie müssen eine Lehrerpersönlichkeit sein. Und dazu gehört auch, dass Sie so wie mit sich selbst auch mit anderen gut umgehen können.

Können Sie gut mit anderen umgehen?

Je besser Sie mit sich selbst umzugehen verstehen, desto besser ist also Ihre Eignung für den Lehrerberuf. Aber genauso wichtig ist, dass Sie mit anderen, vor allem mit Schülern, so umgehen können, dass Sie auch als „guter“ Lehrer wahrgenommen und wertgeschätzt werden.

ÜBUNG 3:

Hier nun die Liste mit positiven Eigenschaften bzw. Verhaltensweisen im Umgang mit anderen:

• Aktiv und geduldig zuhören [23],
• auf Augenhöhe mit einander reden [24],
• unaufdringlich, aber freundlich zugewandt ermutigen,
• behilflich sein,
• nachfragen und erklären,
• auf Eigenarten verständnisvoll eingehen,
• Vertrauen schenken,
• Fähigkeiten entdecken,
• Schwächere stärken,
• maßvoll fordern,
• alle fördern,

Notizen

23

Vgl. „Aktiv zuhören“ in Kap. 1.8 ab S. 123

24

Vgl. „Symmetrische Kommunikation“ in Kap. 1.8 ab S. 115

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↕ 1.1 Der Lehrerberuf  

• Ziele vereinbaren und beharrlich verfolgen,
• Situation „ohne Verlierer“ anstreben (mit Win-Win-Strategie),
• das eigene Verhalten prüfen und womöglich verbessern,
• eigene Unsicherheit bekennen und beheben,
• Fehler - eigene wie fremde - als Lerngelegenheiten ansehen,
• im Team (z.B. Kollegium, Gruppen) konstruktiv mitarbeiten,
• …

Natürlich findet sich hierzu eine Liste mit gegenteiligen Eigenschaften und Verhaltensweisen, die zur Ablehnungvon Lehrern führen:

Misstrauen, Antipathie, Neid, Hass, Schadenfreude, Häme [25], Besserwisserei, Rechthaberei, Eigenbrötelei, Projizieren [26]eigener Vorstellungen, Verallgemeinern von Vorwürfen, Schuldzuweisen, Ironie, Zynismus, Verachtung, Schelten, Beschimpfen, Beleidigen, Verurteilen, Blamieren, Ausgrenzen, …

Es bleibt Ihnen überlassen, ob Sie hierzu Durchschnittsnoten berechnen wollen und welche Schlussfolgerungen Sie daraus im Hinblick auf Ihre Eignung zum Lehrerberuf ziehen mögen. Nach der Lektüre dieses Buches könnten Sie den Test wiederholen, um sich zu vergewissern, ob Sie sich dann anders einschätzen.

Ob Sie als Lehrer gut „ankommen“ und „erfolgreich“ sind, entscheidet sich vor allem daran, wie deutlich Sie in Ihrem Verhalten und Auftretendie Freude an Ihrem Beruf anderen gegenüber ausdrücken können. Es sind Ihre Ausstrahlung und Ihre spürbare Fähigkeit, „mit dem Herzen zu sehen“ [27], mit denen Sie überzeugen!

WARNUNG 8:

Wenn die Liste positiver Eigenschaften und Verhaltensweisen in Ihnen auch nach späterer Wiederholung der Übung weiterhin Widerwillen auslöst, machen Sie sich die Ursachen Ihrer Ablehnung bewusst und prüfen Sie eingehend, ob Sie sich den Lehrerberuf zutrauen, wenn Sie mehr als zwei der aufgelisteten Merkmale für sich nicht gelten lassen wollen. Das nämlich würde auf einen Mangel an Sozialkompetenz hindeuten.

Notizen

25

d.i. verächtliche und böswillige Schadenfreude

26

„Projektion“ eigener Wunschvorstellungen bedeutet, sie ungeprüft als mit denen des Gegenübers übereinstimmend anzunehmen; eben dies ist auch Ursache zahlloser Beziehungskonflikte!

27

Zitat aus „Der Kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry

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↕ 1.1 Der Lehrerberuf  

Anerkennungskultur entwickeln

Grundlegend für Ihren Erfolg als Lehrer wird sein, dass Sie den Schülern ihre pädagogische Grundeinstellung,d.h. dass Ihnen deren Erfolg wertvoll und wichtig ist, nicht nur versprechen, sondern auch erlebbar machen.

Natürlich passt dazu, dass Ihr Gesichtsausdruck Ihre Freude über einen gelungenen Beitrag zeigt. Seien Sie aber behutsam mit einem offen bekundeten Lob oder Beifall, solange die Lerngruppe noch keine Kultur gegenseitigerAnerkennungentwickelt hat. Dem Schüler, den Sie besonders loben [28] möchten, sagen Sie das am besten „unter vier Augen“.

Ihr von allen wahrnehmbares Lob könnte nämlich dem damit ausgezeichneten missgönnt oder als Anzeichen dafür missdeutet werden, er wolle sich bei Ihnen Liebkind machen. Das vermeiden Sie, indem Sie die anderen Schüler fragen: „Wie findet ihr das?“. Womöglich müssen Sie zuvor den Schüler seinen Beitrag noch ein wenig erläutern lassen, damit er aufzeigt, worauf es ankam. Das Lob aus dem Mund seiner Mitschüler dürfen Sie getrost aufnehmen: „Das finde ich auch“. Und mit „Was genau haben wir daraus gelernt?“ lenken Sie den Fokus wieder von der Person auf die Sache.

Diese Vorgehensweise trägt erfahrungsgemäß wirksam dazu bei, dass sich eine gute Anerkennungskultur entwickelt. Indem Sie dem Einzelnen die Anerkennung durch seine Mitschüler verschaffen, gewinnen Sie auf beiden Seiten nachhaltig mehr an Sympathie als durch Ihren spontanen Beifall.

Sympathische und unsympathische Lehrer

Wie wichtig Sympathie des Lehrers für den Lernerfolg ist, macht Ihnen die Erinnerung an Ihre Schulzeit klar: Je sympathischer Ihnen der Lehrer war, desto mehr Interesse hatten Sie an seinem Unterricht und seinem Fach, desto freudiger haben Sie dafür gearbeitet und gelernt. Umgekehrt: Ein Ihnen unsympathischer Lehrer hat Sie in keiner Weise motivieren können - allenfalls drängen, das Nötigste zu tun, um die Mindestanforderungen zu erfüllen. Aber Freudeam Lernen kam nur auf, wenn Sie den Lehrer mochten.

Das führt zu einer für den Lehrerberuf ungemein wichtigen Erkenntnis:

→ Schulisches Lernenist personengebunden.

Notiz

28

Vgl. dazu auch „Lob und Tadel“ in Kap. 2.4 auf S. 211 f.

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↕1.1 Der Lehrerberuf  

Darum kommt es mehr noch als auf gute Didaktisierung, Medieneinsatz und Methodenwechsel ganz wesentlich auf die Akzeptanz des Lehrers durch seine Schüler an. Dafür muss er gewinnende Persönlichkeitseigenschaften nicht nur besitzen, sondern auch erkennbar machen. Welche das sind und wie man sie sich aneignet? Davon handeln alle Kapitel 1.3 bis 1.9.

Interesse wecken und aufrechterhalten

Sie haben auch als angehender Lehrer - hoffentlich - schon gelernt, dass jede Unterrichtsstunde mit einem „motivierenden Einstieg“beginnen soll. Je nach Fach und Stundenthema steht darum am Anfang Ihrer Unterrichtsplanung die Überlegung, womit und wie Sie den Schülern die Bedeutsamkeit[29]des Themas für deren Gegenwart und Zukunft auf möglichst einprägsame Weise deutlich machen können. Anschauliche, lebensnahe Geschichten von gelungenen oder nicht gelungenen Problemlösungen dienen diesem Zweck besonders gut, wenn sie bei den Schülern Gefühle auslösen.

Sie möchten jedenfalls deren Neugier entfachen, und erreichen, dass sie sich für das Thema interessieren. So motivieren Sie die Schüler „intrinsisch“, d.h. von innen heraus, statt „extrinsisch“ durch Versprechen einer irgendwie gearteten „Belohnung“ oder gar mit einer Drohung.

Zum Lerngegenstand wird ein Thema dadurch, dass es adressatengerecht so weit wie nötig vereinfacht und so weit wie möglich veranschaulicht wird, ohne es zu verfälschen. Dieser Vorgang der „Aufbereitung für den Unterricht“ heißt „didaktisieren“[30]. Das verlangt von Ihnen neben Sachkompetenz und Vertrautheit mit der entwicklungsbedingten Auffassungsgabe der Schüler auch sehr viel Fantasie. Daneben brauchen Sie ein Gespür dafür, wann welche Einschübe zur Aufrechterhaltung des sonst nachlassenden Interesses an der Sache nötig und geeignet sind. Das alles sollten Sie aus der Lehrerausbildung kennen.

Leider ist aber in der Lehrerausbildung kaum die Rede davon, was für Ihren Erfolg als Lehrer ausschlaggebend ist, nämlich Ihre Ausstrahlung als Lehrerpersönlichkeit und Ihre Freude an der Sache sowie Ihre Fähigkeit, Schüler zu begeistern.

Notizen

29

Vgl. Fußnote [31] auf der nächsten Seite

30

Ein Beispiel dazu in „Anschaulich beginnen“ im Kap. 1.8 auf S. 134 f.

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↕1.1 Der Lehrerberuf  

Begeisterung übertragen

Die Bedeutung der Begeisterung für alles Lernen beschreibt z.B. Gerald Hüther u.a. in seinem Interview mit Werner Huemer „Begeistern statt entgeistern“[31]. Eltern und erst recht Lehrer können Heranwachsende für etwas begeistern. Dazu ist wichtig, die Schüler nicht nur rational für einen Lerngegenstand zu motivieren, sondern auch emotional bei ihnen ein so starkes Interesse zu wecken, dass sie sich leidenschaftlich damit befassen mögen. Dazu - so Hüther - ist das Vermitteln von Bedeutsamkeitunabdingbar.

→ Ihre eigene Begeisterung ist die eigentliche und ergiebigste Ressource für Ihre Begeisterungsfähigkeit!

Nur wenn Sie selbst der aktuelle Lerngegenstand fasziniert, kann sich die gleiche Empfindung und positive Erwartung auch Ihren Schülern mitteilen. In der Wissenschaft [32] nennt man diesen Vorgang treffend „Übertragung“.

Lachen und Weinen breiten sich oft durch Übertragung aus. So auch Begeisterung. Der Volksmund nennt es „ansteckend“, wenn sich Gefühle so übertragen.

Damit sich Ihre Begeisterung übertragen kann, müssen Sie sich dazu nicht nur bewusst sein, was genau sie selbst begeistert, sondern Sie müssen das auch mit Worten, Gesten und leuchtenden Augen erkennbar machen.

→ Stille Begeisterung überträgt sich nicht.

Eine wichtige und erfahrungsgemäß sogar notwendige Voraussetzung dafür, als Lehrer Schüler begeistern zu können, ist die, beständige Freude daran zu haben, Heranwachsenden bei der Entfaltung ihrer Möglichkeiten - GeraldHüther nennt es „Potenzialentfaltung“ - behilflich zu sein.

Aktive Begeisterungsfähigkeit setzt passive Begeisterungsfähigkeit voraus - oder einfacher:

→Nur wer selbst begeistert ist, kann auch andere begeistern.

Notizen

31

Auf YouTube: https://youtu.be/K0nud8EA0Ew, QR-Code 29 in „Literatur und Medien“ auf S. 332

32

so in Neurowissenschaft und Psychologie

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↕1.1 Der Lehrerberuf  

Lernfreude verstärkt sich selbst

Für Sie selbst gehört zur Begeisterungsfähigkeit dazu, sich auch für solche Gegenstände motivierende Zugänge auszudenken und sie Interesse weckend aufzubereiten, von denen keine unmittelbare Faszination auf Sie selbst ausgeht. Lebhaftes Interesse kann auch darüber entstehen, dass und wie Sie sich den Gegenstand erschlossen haben und nun beherrschen und anwenden können. Wenn das positive Gefühle bei Ihnen ausgelöst hat, die sie glaubhaft darstellen können, kann auch deren Übertragung gelingen. Wenn schließlich die Schüler sich mit der Sache erfolgreich beschäftigt haben, belohnen Sie sie mit Ihrer gefühlvoll geäußerten Freude über deren Lernfortschritte. Auch das ist dann ein positiver, sich selbst verstärkender Kreislauf von Lernfreude!

Als Lehrer begeistern

Ob man Begeisterung lernen kann? – Danach gefragte Kollegen meinten nein. Lernbar sei allerdings, als Lehrer sein lebhaftes Interesse am jeweiligen Lerngegenstand deutlich zu zeigen. Andere Kollegen schätzen ihre schon lange anhaltende Begeisterung für den Lehrerberuf als geschenkt und nicht als erworben ein. Ihre Lieblingsfächer und deren Lehrer haben ihr Interesse an diesen Fächern und an diesem Beruf geweckt. Sie haben sie als vorbildliche Persönlichkeiten geschätzt.

Einige andere Lehrer haben sie wünschen lassen, es besser zu machen als jene. So geht es etlichen, die sogar bis zur Altersgrenze ihren Schuldienst versehen haben. Manch einer ist seiner „Berufung“ treu geblieben und hat Freude daran, anderen mit seinem Erfahrungswissen zu dienen. Manch einer - wie z.B. Han’s Klaffl[33] - präsentiert im Nachhinein einen humorvoll-karikierenden Eindruck seiner Erlebnisse als Lehrer. Viele aber sind froh, Schule dann „endgültig hinter sich“ zu haben.

Als Lehrer gesund bleiben

Sie schulden Ihrem Beruf, Ihren Schülern, Kollegen und sich selbst vor allem Einsatzfreude, Zuversicht, Fröhlichkeit und Lernbereitschaft. Diese Eigenschaften müssen Sie täglich neu unter Beweis stellen, trotz mancher Enttäuschungen, Beeinträchtigungen, Bedrückendem und vielen Schwierigkeiten. Wenn Sie nicht selbst dauernd zu fragen bereit sind, „was trotzdem geht“, landen Sie vorschnell im Zustand lähmender Erschöpfung, den man als „Burn-out“ bezeichnet.

Notiz

33

auf YouTube: https://youtu.be/0wSW5tKjvBA (QR-Code 20 dazu in Fußnote [253] auf S. 271)

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  ↕1.1 Der Lehrerberuf  

Selbstprüfung

Darum gilt besonders Ihnen, liebe angehende Lehrer, folgender eindringlicher Appell:

Prüfen Sie gründlich und selbstkritisch, ob Sie den Lehrerberuf aus innerer Überzeugung mit Freude anstreben.

WARNUNG 9:

Wenn Sie dabei zu keinem positiven Ergebnis gelangen, geben Sie das Vorhaben doch besser auf. Sie ersparen sich selbst und Generationen von Schülern damit unsägliches Leid. Ein seiner Grundeinstellung nach unglücklicher, unzufriedener Lehrer ist nämlich nicht nur sich selbst eine Plage, sondern auch für jede Schule, für jede Krankenkasse und jeden Pensionsfond schließlich ebenso.

Nur Ihre Liebe zum Beruf kann dessen viele Zumutungen überwinden. Wie für jede zwischenmenschliche Beziehung gilt auch für Sie und Ihren Beruf:

→ Liebe erwächst aus Vertrauen und Vertrauen aus gutem Umgang mit sich selbst und anderen.

Dazu brauchen Sie außer Zuversicht auch Geduld. Sie haben lebenslänglich Gelegenheit, das zu üben!

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↑ 1.1 Der Lehrerberuf  

1.2 Selbsttest 1

Um Ihnen bewusst zu machen, wie Sie intuitiv mit sich selbst umgehen, werden Ihnen einige Alltagssituationen vorgestellt, zu denen Sie bitte jeweils diejenige Verhaltensweise auswählen, die Sie spontan bevorzugen würden.

Treffen Sie bitte Ihre Auswahl unter den angebotenen Antworten für sich allein. Niemand wird dafür Rechtfertigung von Ihnen fordern. Sie stehen mithin unter keinerlei äußerem Druck. Vor allem hüten Sie sich davor, Ihre Antwort unter dem Gesichtspunkt zu wählen, damit irgendeiner Erwartung zu entsprechen. Treffen Sie Ihre Auswahl also so unbefangen wie möglich. Nur so können Sie daraus Hinweise auf Ihre persönliche Eignung für den Lehrerberuf ableiten.

Vielleicht mögen Sie auch Notizen über Ihre Antworten (mit Datum) anfertigen, um sie mit späteren vergleichen und daran Ihre Entwicklung ablesen zu können?

Sie werden unschwer erkennen, dass die angebotenen Auswahlantworten einem gewissen Schema folgend angeordnet sind. Das ist Absicht, um die Antworten im Folgenden leichter gruppenweise erläutern zu können und auch, um Ihnen deutlicher erkennbar zu machen, auf welchen Einstellungen oder Sichtweisen die Verhaltensweisen jeweils beruhen.

A) Ärger

Etwas oder jemand ärgert sie sehr. - Wie reagieren Sie?

A.1 Ich gebe meiner Verärgerung deutlich Ausdruck.

A.2Ich lasse mir meine Verärgerung möglichst nicht anmerken.

A.3Ich überlege, was genau mich stört, und stelle infrage, welchen anderen Zweck die Störung haben kann außer mich zu ärgern.

B) Vergebliches Warten

Sie warten zum wiederholten Mal geduldig aber vergeblich auf eine Person, mit der Sie verabredet sind.

B.1Ich empfinde das als unzumutbar und gebe die Verabredung auf.

B.2 Ich mache mir Sorgen, was die Person hinderte, pünktlich zu sein.

B.3Ich möchte sobald wie möglich eine verlässliche Verabredung treffen.

C) Unverständnis

Mehrfach und auf verschiedene Weise haben Sie einer Klasse einen Sachverhalt ausführlich und anschaulich erklärt. Ein Schüler sagt: „Ich kapiere das einfach nicht!“ - Sie fragen nach „Was genau denn nicht?“ und bekommen zur Antwort: „Das Ganze!“ - Wie reagieren Sie?

C.1 Ich empfinde das als Kritik an meiner didaktischen Kompetenz und verwahre mich energisch dagegen.

C.2 Ich äußere begründete Zweifel an seinen Fähigkeiten oder beklage ggf. seine erkennbare Unaufmerksamkeit.

C.3 Ich frage ihn, auf welche Weise er sich Hilfe wünscht, um seine Verständnishürde doch zu überwinden.

D) Falschaussage

Sie erkennen, dass Ihnen jemand eine Falschaussage entgegen hält.

D.1 Ich bezichtige ihn der Lüge und verbitte mir dergleichen für die Zukunft.

D.2Ich äußere nachdrücklich meine große Enttäuschung und tiefe persönliche Betroffenheit.

D.3Ich zitiere die widersprüchlichen Aussagen sachlich und bitte freundlich um Erklärung.

E) Verspätung

Sie erreichen den Klassenraum erst deutlich nach Unterrichtsbeginn. - Ein Schüler tippt oberlehrerhaft auf seine Uhr. - Wie verhalten Sie sich?

E.1Ich empfinde den Fingerzeig des Schülers auf seine Uhr als Unverschämtheit und kontere: „Was ein Meister darf, darf sein Lehrling noch lange nicht!“

E.2Ich übergehe das, grüße wie gewohnt und beginne den Unterricht so schnell wie möglich.

E.3Ich nenne den Grund meiner Verspätung, äußere mein Bedauernund beginne dann erst den Unterricht.

F) Schadenfreude

Jemand äußert Ihnen gegenüber mit boshafter Ironie und spürbarer Häme [34]seine Freude darüber, dass Ihnen etwas nicht gut gelungen ist.

F.1Ich weise Ironie, Schadenfreude und Häme als unangemessen und gar nicht hilfreich zurück.

F.2Ich erkläre, welche Umstände dazu geführt haben.

F.3Ich frage, ob ein - und ggf. welcher - Tipp mir helfen könnte, um es ein andermal gleich fehlerfrei hinzubekommen.

Notiz

34

d.i. verächtliche und böswillige Schadenfreude

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↕1.2 Selbsttest 1  

G) Verfehlter Vorsatz

Sie stellen für sich selbst betrübt fest, dass Sie zum wiederholten Mal einen guten Vorsatz nicht verwirklichen konnten. - Und nun?

G.1Ich will mir solche Enttäuschungen dadurch ersparen, dass ich künftig lieber auf Vorsätze von vornherein verzichte.

G.2Ich nehme mir einen sofortigen Neuanfang mit gleicher Absicht vor.

G.3Ich prüfe, was genau mich von dem Vorsatz abgebracht hat, und überlege, wie ich den Vorsatz modifizieren kann, um ihn so zuverlässiger verwirklichen zu können.

Verhaltensweisen

1. Restriktive Verhaltensweisen

Sie erkennen, dass Ereignisse, die Sie emotional berühren, meist durch das Verhalten anderer ausgelöst sind. Sie haben jeweils verschiedene Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Kein Ereignis zieht zwangsläufig genau eine Reaktion nach sich. Das in der „schwarzen Pädagogik“ [35]griffige Prinzip „Aktion - Reaktion“ [36]gilt zwar heute in der Pädagogik als verpönt und überholt. Gleichwohl besteht gegenüber Lehrern, die überwiegend die ersten Verhaltensweisen bevorzugen, die Sorge, ob sie nicht doch zu einer solchen Pädagogik der entschiedenen Zurechtweisungen neigen. Das geht jedenfalls auf Dauer nicht gut. Denn die heutige Jugend ist sich soweit ihrer Rechte bewusst, dass sie sich das nicht bieten lässt.

WARNUNG 10:

Hätten Sie also die ersten Antworten deutlich bevorzugt, ist Ihnen nachdrücklich vom Lehrerberuf abzuraten, ehe es zu spät ist. - Das würde sowohl Ihrem eigenen Wohlbefinden als auch dem der von solcher Ablehnung verschonten Schülern dienen.

Notizen

35

Der Begriff „Schwarze Pädagogik“ wurde 1977 von der Soziologin Katharina Rutschky mit ihrem Buch unter gleichem Titel eingeführt und z.B. von Andreas Flitner in „Konrad, sprach die Frau Mama“ in einem Kapitel ausführlich reflektiert; Buchtitel im Literaturverzeichnis auf S. 332.

36

Ein drastisches Beispiel zeigt der ergreifende Film „Die Kinder des Monsieur Mathieu“ im Verhalten des grauenhaften Schuldirektors Rachin. Der Film aus dem Jahr 2004 ist als DVD preiswert erhältlich und jedem Lehrer sehr zu empfehlen.

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↕ 1.2 Selbsttest 1  

2. Gefühlsbetonte Verhaltensweisen

Wenn Sie sich überwiegend für die zweiten Antworten entscheiden, würden Sie als sehr gefühlsbetont wahrgenommen. Sie trügen ihr Herz auf der Zunge. Das macht Sie verletzlich und setzt Sie Schülern aus, die sich ein Vergnügen daraus machen, eine solche Haltung auszureizen. Nein, glücklich würden Sie als Pädagoge damit voraussichtlich nicht.