Schüler des Feuers - A. L. Knorr - E-Book
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Schüler des Feuers E-Book

A.L. Knorr

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Beschreibung

Willkommen auf der Arkturus Akademie - Der Schule für Feuermagier Die preisgekrönte Urban Fantasy Serie aus Kanada jetzt auf Deutsch! Mit Kindle Unlimited gratis lesen. Seit Saxony ihre Feuerfähigkeiten erhalten hat, sucht sie nach einem Weg die Flammen in ihrem Körper zu kontrollieren. Feuer ist widerspenstig und zerstörerisch. Wenn es nicht richtig genutzt wird, kann es gewaltigen Schaden anrichten. Darum reist Saxony nach England, um an Arkturus der Akademie für Feuermagier unterrichtet zu werden. Saxonys Feuer ist außergewöhnlich stark. Mit dem Unterricht hat sie keine Probleme. Ihre Probleme liegen in ihren persönlichen Beziehungen. Die anderen Schüler misstrauen ihr und sind wütend über die Sonderbehandlung, die sie aufgrund ihrer Fähigkeiten erfährt. Besonders ein Schüler, Ryan, hat es von Anfang an auf Saxony abgesehen. Er will das Geheimnis um Saxonys Kräfte lüften. Koste es, was es wolle.

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SCHÜLER DES FEUERS

von A.L. Knorr

Impressum

Titel: Schüler des Feuers

Originaltitel: Firecracker

Autor: A. L. Knorr

Verlag: VVM

Deutsche Erstveröffentlichung: Berlin 2021

Vorwort

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

EPILOG

Nachwort

Hier geht es zum nächsten Band

Kapitel 1

Meine Einladung an die Brust gepresst stand ich zwischen den anderen Schülern in einer Schlange. Die Schlange begann am Eingang zur Trainingshalle der Akademie, ging über den Rasen und folgte der Kurve die Einfahrt hinauf.

„Saxony!“

Ich drehte mich beim Klang meines Namens um und lächelte, als Gage auf mich zu sprintete. Er sah genauso aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte, nur besser, wenn das möglich war. Mit seinem geraden Rücken und klaren Augen, seinem großzügigen Mund und einem starken Kiefer war Gage einfach schön.

Als er sich einreihte, schoss er ein entschuldigendes Lächeln zu dem Mädchen hinter mir. Ihre Empörung löste sich rasch auf und sie lächelte Gage zu.

„Schön, dich hier zu treffen.“ Gage tippte mir auf die Schulter, sein Grinsen war geradezu schelmisch. „Ich habe noch nie so viele Magier an einem Ort gesehen. Es ist aufregend, unter unseresgleichen zu sein, findest du nicht auch?“

Ich nickte.

Gage hüpfte auf seinen Zehen, was ihn jünger aussehen ließ als seine achtzehn Jahre. „Ich konnte es nicht glauben, als Ryan mir sagte, dass du auch nach Arkturus gehst. Ich dachte, du wärst ein Jahr jünger als wir.“

„Bin ich auch. Wo ist er eigentlich?“

Bei der Erwähnung von Gages Zwilling, reckte ich meinen Hals, um nach ihm zu suchen, wobei sich mein Magen bereits mit Widerwillen drehte. Ryan besaß die gleiche Schönheit wie Gage, aber ihm fehlte Gages Sanftheit. Erst vor ein paar Wochen hatte er mich in Saltford belästigt. Er hatte sich wie eine Kreuzung aus einem kläffenden Hund und einem neugierigen Nachbarn benommen.

Gage deutete mit dem Daumen über seine Schulter und verdrehte die Augen. „Ganz hinten. Wir wären heute Morgen fast zu spät gekommen, weil er seine Gesichtsbehaarung nicht richtig hinbekommen hat.“

Ich lehnte mich an der Reihe der Schüler vorbei und schaute zurück. Ryan stand ganz hinten, die Hände tief in den Taschen vergraben, und sah sich gelangweilt um.

Der einzige Grund, warum ich den Jungen direkt vor Ryan bemerkte, war, weil sein Arkturus-Shirt ihm so schlecht passte. Er war weder groß noch breit, doch seine Knöpfe drückten und die Nähte an seinen Schultern sahen aus, als würden sie aufreißen, wenn er sich bückte oder zu gerade stand. Ich hatte meine Uniform noch nicht einmal abgeholt, wie hatte dieser Junge es geschafft, sein Shirt schon so stark einzulaufen? Ich schüttelte den Kopf und meine Aufmerksamkeit kehrte zu Gages Zwilling zurück.

Neben Ryan stand ein hart aussehender Mann mit kurzgeschnittenen Haaren und einer Narbe auf der Lippe, die ich sogar von hier aus erkennen konnte. Er war wettergegerbt und hatte kalte Augen, aber seine vollen Lippen erinnerten mich an Gage.

„Ist das dein Vater?“ Ich hatte gedacht, die Zwillinge wären unabhängiger und würden ohne ihre Eltern auftauchen.

„Ja.“ Gages mürrischer Tonfall sagte mir, dass er das ebenfalls geglaubt hatte. „Er hat darauf bestanden mitzukommen. Er sagte, er habe etwas Wichtiges mit Basil zu besprechen.“

„Mit dem Schulleiter?“ Ich warf Gage einen überraschten Blick zu. „Ach ja, ich hätte fast vergessen, Mr. Chaplin ist dein Patenonkel. Was ist denn so wichtig?“

Gage schüttelte den Kopf und legte eine Hand auf meinen Ellenbogen, während die Reihe nach vorne schlurfte. „Ich weiß es nicht, aber was auch immer es ist, er verheimlicht es vor uns. Ryan hat Dad den ganzen Weg hierher im Flugzeug genervt, aber er wollte den Grund für diesen Besuch nicht preisgeben. Es muss etwas Großes sein, weil Dad seit Jahren nicht mehr in einem Flugzeug gesessen hat. Er hasst es zu fliegen.“

Ich trat einen Schritt vor und Gage ließ seine Hand fallen. Ich vermisste die Berührung.

„Betreiben er und deine Mutter nicht einen Antiquitätenladen? Ich dachte, ein Teil ihrer Arbeit bestünde darin, um die Welt zu fliegen und seltene Gegenstände zu finden.“

Gage zuckte mit den Schultern. „Heutzutage ist Mum meistens allein unterwegs. Nachdem der Laden abgebrannt ist, haben sie sich darauf geeinigt, dass Dad sich auf den Wiederaufbau konzentrieren soll, während Mom weiter nach Inventar sucht. Genug von meiner Familie. Bist du mit jemandem gekommen?“

„Nein. Mein Dad war schon vor ein paar Wochen hier, um sich die Schule anzusehen. Es gab keinen Grund für ihn, ein zweites Mal zu kommen.“

Wir hatten den Einchecktisch vor den Doppeltüren beinahe erreicht.

„Du warst also schon mal hier?“ Gage sah beeindruckt aus. „Das ist unser erstes Mal. Naja, nicht für meinen Dad natürlich. Er war Basils erster Schüler.“

Wir blieben an einem Tisch stehen, an dem ein Mädchen in den Zwanzigern mit einem Namensschild der Arkturus Akademie an ihrem Revers stand und ein Tablet in der Hand hielt. Das handgeschriebene Gekritzel auf ihrem Schild war schwer zu entziffern.

„Schön dich kennenzulernen Krisp.“ Ich hielt meinen Gesichtsausdruck neutral, als ich an den Tisch herantrat.

„Kris P. Die Einladung, bitte.“ Ihre Stimme und ihr Gesicht waren roboterhaft.

„Darf ich dich Krispy nennen?“ Ich reichte ihr lächelnd meine Einladung.

Sie scannte den QR-Code auf der Rückseite, während sie mir einen strahlenden Blick zuwarf. „Klar. Aber dann werde ich dich ermorden.“

Ich zuckte zusammen. Das war nicht das erste Mal, dass meine Versuche lustig zu sein nach hinten losgingen. Aber lernte ich jemals dazu? Nein.

Das Tablet machte ein kleines „Ping“ und sie reichte mir die Einladung zurück. Sie drehte das Tablet zu mir und hielt mir einen Stift hin. „Du hast die Geheimhaltungsvereinbarung vollständig gelesen, bevor du gekommen bist, ja?“

Ich nickte und nahm den Stift, während sie mir zeigte, wo ich unterschreiben sollte. Las irgendjemand jemals das Kleingedruckte in einem juristischen Dokument?

Ich unterschrieb und sie überprüfte es noch einmal, bevor sie den Absenden-Button drückte. Sie schaute mit einem weiteren Plastiklächeln auf und winkte mich zu den Türen. „Willkommen bei der Feuermesse, Saxony Cagney.“

„Danke.“ Ich trat über die Schwelle und in die geschlossene Lobby zwischen den Eingangstüren und den Türen der Turnhalle. Gage folgte kurz darauf. Seine Augen leuchteten vor Aufregung.

„Das ist so cool.“ Er stieß die Türen der Trainingshalle auf. „Nach dir ... whoa.“

Wir traten ein und bewunderten den Anblick. Ich lächelte über Gages faszinierten Gesichtsausdruck.

„Das Hauptgebäude lässt dich denken, dass die Akademie heruntergekommen und schimmelig ist“, sinnierte er, „aber das hier ist der Traum jedes Tech-Nerds. Schau dir all das ... High-Tech ... Zeug an.“

Lachend nahm ich Gage bei der Hand und führte ihn zu den Beobachtungsboxen über der Trainingshalle. Als sich unsere Finger berührten, flammte ein verblüffendes Hitzegefühl meinen Arm hinauf bis zu meinem Herzen. Es war, als ob unsere Hände zu geschmolzenem Metall wurden. Dann ließ das Gefühl wieder nach.

Gages Augen wurden rund. „Was war das? Sag mir, dass du das auch gespürt hast.“

Ich grinste. „Es war ein Magierband. Hast du es noch nie gespürt?“

Er sah nachdenklich aus. „Jetzt, wo du es erwähnst, vielleicht als ich noch ganz klein war. Aber ich hatte es vergessen. Was ist ein Magierband?“ Seine Überraschung verflog und ein verschmitzter Blick wanderte über sein Gesicht. „Sind wir Schicksalsgefährten?“

Ich lachte und setzte mich wieder in Bewegung. Hinter uns drängten Leute durch die Tür. „Ich bin mir nicht sicher, was es genau ist. Ich habe es auch gespürt, als ich Basil zum ersten Mal die Hand geschüttelt habe.“

„Das erste Mal ... warte, wir haben uns nie vorher berührt?“ Gage trat neben mich und hielt immer noch meine Hand.

Ich fragte mich, wie lange er sie halten würde, wenn ich sie nicht losließ. Verdammt, jetzt waren wir in dieser peinlichen Situation und fragten uns sicher, wer von uns beiden zuerst loslassen würde. Ich mochte seine Berührung, aber die Leute würden denken, wir wären zusammen. Dies war der erste Tag, an dem die neuen Schüler aufeinandertrafen. Ich wollte keinen falschen Eindruck erwecken. Ich entspannte meine Finger ein wenig und er ließ mich los.

„Ich habe dich vorhin draußen an der Schulter berührt, oder?“, fragte er, als wir uns der Treppe näherten.

Ein Magier in den Dreißigern am Fuße der Metalltreppe nickte uns zu, als wir uns näherten. „Sieht so aus, als wüsstet ihr, wo ihr hin müsst“, sagte er.

„Ich war schon mal hier, danke.“ Ich lächelte, als wir vorbeigingen. Dann drehte ich mich zu Gage um: „Es muss Haut-auf-Haut-Kontakt sein.“

Der Magier hörte es, machte einen übertrieben empörten Gesichtsausdruck und legte eine gespreizte Hand über sein Herz. „Die jungen Leute verschwenden heutzutage keine Zeit mehr.“

Als wir die Stufen hinaufstiegen, wies ich ihn auf die mir bekannten Merkmale der Trainingshalle hin. Mein Puls hüpfte, als die Aufregung der Feuermesse in meinem Blut aufstieg. Ich erkannte die elektronische Tafel, an der Basil meine Kräfte getestet hatte, aber es befanden sich jetzt noch mehr Gadgets hier, als beim letzten Mal.

Ich wandte mich an Gage. „Die gesamte Halle ist feuersicher. Ich kann mir nicht vorstellen, was es Basil gekostet hat, diesen Ort auszustatten.“

„Meine Güte, woher hatte er die Materialien? Von der NASA?“

„Wahrscheinlich. Oder vielleicht hat sie einer seiner übernatürlichen Freunde erfunden. Es würde mich nicht wundern.“

„Du nennst ihn Basil?“

„Mr. Chaplin, meine ich.“ Wenn ich es mir recht überlegte, hatte Basil mir nicht gesagt, wie ich ihn vor anderen Schülern nennen sollte. Wahrscheinlich war es sicherer, ihn förmlich anzusprechen.

Oben auf der Treppe kamen wir an einer dicken Glastür vorbei, die von einer auffälligen Frau aufgestoßen wurde, die eine Uniform der Akademie trug: ein schwarzes Poloshirt mit einem mit Goldfäden aufgestickten Schulwappen über dem Herzen, eine dunkelrote Krawatte und einen schwarz-grau karierten Rock. Ein Paar kniehohe Bikerboots verliehen ihrem Outfit den letzten Schliff. Sie war allerdings zu alt, um eine Schülerin zu sein. Sie musste entweder eine Lehrerin oder eine Absolventin sein.

„Setzt euch in diesen Beobachtungsraum oder in einen der nächsten zwei. Es gibt Platz für alle.“

Wir nahmen den schmalen Metallsteg zur nächsten Tür. Es wäre ideal, wenn wir eine Plattform finden würden, in der es keine anderen freien Plätze mehr gab. Ich hatte keine Lust, mit Ryan und seinem Dad zusammenzusitzen.

„Wie wäre es da?“ Ich deutete auf die zweite Tür.

„Du gehst voran.“

Ich öffnete die Tür, die die beiden Bereiche voneinander trennte, und entschuldigte mich, als wir uns an einem dünnen Mädchen vorbeiquetschten, das lila Eyeliner und Zöpfe trug. Sie schaute mit einem wackeligen Ausdruck auf, von dem ich dachte, dass es ein Lächeln sein sollte.

„Kommst du alleine?“ Ich ließ mich auf den Sitz neben ihr plumpsen und schob meine Knie zur Seite, um Gage passieren zu lassen.

Das Mädchen nickte. Sie war so dünn, dass ich sehen konnte, wie ein ängstliches Schlucken ihren spindeldürren Hals hinunterlief.

„Ich bin Saxony.“ Ich streckte meine Hand aus.

„April.“ Sie ergriff meine Fingerspitzen mit ihren eigenen kalten Fingern und gab mir eine Art Händedruck. Es war, als würde ich einen toten Aal halten. Ich musste meine Überraschung verbergen. War sie überhaupt eine Feuermagierin? Feuermagier hatten keine kalten Hände. Sie ließ meine Hand fallen und verschränkte ihre dünnen Arme unsicher über der Brust.

„Bist du eine Schülerin hier?“ Ich lehnte mich in meinem Sitz zurück, als ich sah, wie Krispy in die Turnhalle kam und die Doppeltüren schloss. Die Vorstellung würde bald beginnen.

April nickte, schaute mir aber nicht in die Augen, was mich daran hinderte, sie auf das verräterische, reflektierende Magierleuchten zu untersuchen. Abgelenkt durch eine Bewegung in meinen Augenwinkeln schaute ich zurück. Mein Herz sank, als Ryan gefolgt von Mr. Wendig unsere Beobachtungsplattform betrat. Sie suchten nach einem Platz. Um ihre Aufmerksamkeit nicht auf uns zu lenken, lehnte ich mich nach vorne und rutschte in meinem Sitz nach unten. Direkt hinter uns befanden sich leere Plätze. Ich schloss die Augen und scheuchte Ryan im Geiste davon. Aber es nützte nichts. Die beiden kamen auf uns zu.

Ein hübsches Mädchen mit starkem Make-up und langen brünetten Wellen fiel mir ins Auge. Nun, ihr Kiefer tat es, weil sie einen Kaugummi so heftig kaute, als würde sie versuchen, ihn zu töten. Ich versuchte mich an einem Lächeln. Sie zog eine gepiercte Augenbraue hoch: „Was willst du?“, schien sie damit zu sagen. Sie schlug ihre Beine übereinander und zerrte ihren Minirock nach unten in einem halbherzigen Versuch, das lange Terrain ihrer durchtrainierten Oberschenkel zu bedecken. Wäre der Rock noch ein wenig kürzer gewesen, hätte sie genauso gut nur einen Gürtel tragen können.

Ryan und Mr. Wendig kamen die Treppe hinunter, vorbei an dem dunkelhaarigen Mädchen. Als sie Ryan entdeckte, strahlte sie. Sie hob eine Hand an die Seite ihres Mundes und rief:

„Hi!“

Ryan schaute mit einem amüsierten und überheblichen Lächeln zu ihr hinüber.

Das Mädchen pustete eine Seifenblase, ließ sie platzen und klopfte dann auf den leeren Sitz neben sich, wobei sie mit den Wimpern klimperte wie eine lebendige Barbie. Wer auch immer sie war, ihre Prioritäten waren deutlich.

Ryan nahm den Platz neben ihr ein und überließ seinen Vater sich selbst.

„Was starrst du so?“ Gage drehte sich um, um meinem Blick zu folgen und sah Mr. Wendig. „Dad, hier drüben“, rief er und winkte.

Er machte sich auf den Weg zu dem Platz hinter uns. Mir entging nicht, wie Barbies Blick dem Vater der Zwillinge folgte, wie eine hungrige Katze auf der Pirsch nach Beute. Es schien, als wäre sie nicht wählerisch in Bezug auf Alter oder Familienstand. Chads Ehering war dick und glänzend, offensichtlich für jeden, der nach ihm suchte. So entsetzlich ihr Verhalten auch sein mochte, ich empfand einen zähneknirschenden Respekt vor ihrer Dreistigkeit. Zu Hause unter meinen Freunden und auf meiner High School galt ich als die Mutige, aber selbst ich hätte es nicht gewagt meine Absichten oder meinen Körper so deutlich zur Schau zu stellen.

Das Schauspiel vor mir verschwand aus meinen Gedanken, als Basil durch eine Seitentür in die Trainingshalle trat. Er befand sich im Gespräch mit einer blonden Frau, die ich als Susan Palmer, eine der Lehrerinnen wiedererkannte. Mr. Chaplin sah so adrett wie immer aus. Er trug einen dunkelgrauen Tweed-Anzug mit dem Arkturus-Wappen darauf. Seine Oxford-Schuhe waren perfekt geputzt und seine Krawatte frei von Falten. Sein braunes Haar war in einer kleinen Surfwelle frisiert, und ließ ihn abenteuerlich wirken, wohingegen eine schwarze, dickrandige Brille ihm einen gebildeten Blick verlieh. Nicht, dass er Hilfe brauchte, um gebildet auszusehen. Der Mann präsentierte sich als Profi auf dem Höhepunkt seines Könnens.

Basil wechselte ein paar letzte Worte mit Susan, dann trennten sich ihre Wege und er trat an das schwarz lackierte Podium heran.

„Guten Morgen, meine Damen und Herren, Magier. Willkommen auf der Feuermesse.“ Er richtete seinen Blick auf die Beobachtungsplattformen. Ich musste mich zurückhalten, damit ich ihm nicht, wie eine Idiotin zuwinkte.

Als ich Basil zum ersten Mal begegnet war und wir einander die Hände geschüttelt hatten, war mein ganzer Arm von den Fingerspitzen bis zu meinem Herzen rauchend heiß geworden, genau wie bei Gage. Es war das erste Mal, dass ich ein Magierband gespürt hatte. Ich hoffte, dass Basil oder einer der anderen Lehrer die Magiebindung im Unterricht erklären würde, denn ich wollte unbedingt verstehen, was sie bedeutete. Es war definitiv keine schicksalhafte Paarung - wie Gage gescherzt hatte - oder irgendetwas in der Art. Ich empfand keine sexuelle Anziehung zu dem Schulleiter, nur enormen Respekt vor dem Magier, der Arkturus gegründet hatte. Er war es, dem ich in meinem ersten Jahr als Schülerin hier vor allem gefallen wollte.

Etwas Ungewöhnliches verband mich mit Basil und mit Gage, etwas Mächtiges.

Kapitel 2

„Versorgen, vorbereiten, schützen.“

Mr. Chaplin deutete auf die Notizen vor sich, während er seine Brille zurechtrückte. Die elektronisch verstärkte Stimme des Schulleiters drang durch die Lautsprecher in die Beobachtungsräume. Der Klang war so klar und deutlich, dass man sogar sein Schlucken hören konnte.

„Obwohl wir uns bemühen, die Feuermesse so sicher wie möglich zu halten, haben wir es hier trotzdem mit Feuer zu tun. Bitte bleibt auf euren Plätzen und in den Beobachtungskapseln, während die Demonstrationen stattfinden. Falls ihr es in der Willkommensemail übersehen habt - denn obwohl wir zum ersten Mal eine Messe veranstalten, weiß ich, dass sie nicht jeder gelesen hat -“, er warf einen wissenden Blick auf die Gondeln und ein paar Leute kicherten, „diese ganze Halle ist feuerfest, genauso wie die Arkturus-Uniformen, die ihr an den Lehrern, Absolventen und Freiwilligen sehen werdet. Bevor ihr jetzt wie verrückt losrennt, um eure zu bestellen: Jeder registrierte Schüler erhält eine kostenlose Uniform. Zusätzliche Uniformen können im Shop der Akademie erworben werden. Die Schüler sind nicht verpflichtet, die Uniformen im Hauptgebäude zu tragen. Aber während der Nutzung der Trainingshallen sind die Uniformen Pflicht. Damit stellen wir sicher, dass eure Selfridges Kleidung nicht in Flammen aufgeht.“

Gage lehnte sich rüber und flüsterte: „Was ist Selfridges?“

April antwortete, bevor ich ihm sagen konnte, dass ich keine Ahnung hatte. Sie beugte sich vor und sah zu mir herüber. „Ein schickes britisches Kaufhaus.“

„Die Arkturus Akademie wurde 1990 gegründet. Unser Ziel ist es, zu versorgen, vorzubereiten und zu schützen. Wir bieten jungen Magiern einen sicheren Ort, an dem sie ihre Fähigkeiten verfeinern und ihre Begabungen erforschen können. Wir bereiten Feuermagier auf das Leben in der realen Welt vor. Wir schützen sie vor neugierigen Augen und der Außenwelt. Unser Netzwerk und unsere Beziehungen zu übernatürlichen und weltlichen Agenturen - einschließlich, aber nicht beschränkt auf MI5 und die Arkturus Agentur - geben unseren Schülern die Möglichkeit, eine sinnvolle Arbeit zu finden, bei der ihre Gaben und Talente nicht ausgenutzt, sondern gefördert und geschätzt werden.“

Jemand hinter mir flüsterte seinem Nachbarn zu: „Ich habe gehört, der Schulleiter leitet die Arkturus Agentur selbst.“

Ein Lachen ertönte als Antwort. „Kein Scherz, Sherlock. Was war dein erster Anhaltspunkt? Er kann sich die besten Schüler aussuchen.“

Überraschung blühte in mir auf. Basil hatte weder mir noch meinem Vater gegenüber eine Agentur erwähnt. Es war wohl verfrüht, aber ein Funke Interesse knisterte in meiner Brust. Vielleicht könnte ich für Mr. Chaplin arbeiten, wenn ich mit der Akademie fertig war.

„Ihr werdet hier heute eine Reihe von Fähigkeiten und Anwendungen für Feuer erleben.“ Der Schulleiter bewegte sich hinter dem Podium, während er abwechselnd zu allen drei Plattformen sprach. „Einige Fertigkeiten sind subtil, andere sind glamourös und sogar spektakulär. Ich möchte jedoch, dass die Schüler von heute nicht nur eine bessere Vorstellung von den Fähigkeiten mitnehmen, mit denen sie die Akademie verlassen können, sondern auch ein Verständnis dafür bekommen, dass alle Entscheidungen ehrenhaft und akzeptabel sind. Nicht jeder Magier, der die Akademie abschließt, möchte ein Agent werden. Wir wissen, dass die Persönlichkeiten und Neigungen unserer Magier sehr unterschiedlich sind. Es stehen euch viel mehr Möglichkeiten offen, als ihr vielleicht denkt. Während eurer Zeit bei Arkturus werdet ihr Neigungen haben, die sich schnell offenbaren. Diese Neigungen werden euch in eine andere Richtung des Studiums führen, als die, die ihr im Sinn hattet, als ihr euch eingeschrieben habt. Mein Rat ist es, euch auf eure Talente zu konzentrieren. Um es mit den Worten eines bekannten Life-Coaches zu sagen: Die höchste natürliche Kapazität multipliziert mit Zeit und Absicht ergibt ein exponentielles Kapazitätswachstum.“

Ich blinzelte, als ich versuchte, diese Aussage zu entschlüsseln.

„Das bedeutet“, Basil hob einen Finger, „konzentriert euch auf die Bereiche, in denen ihr von Natur aus kompetent seid und ihr werden von den mittleren fünfzig Prozent zu den oberen ein Prozent aufsteigen. Das ist unendlich viel erstrebenswerter, als bei den unteren ein Prozent anzufangen, hart zu arbeiten, um eure Kapazität zu verdoppeln oder zu verdreifachen, nur um am Ende im Mittelfeld zu landen. Wir haben dazu Studien gemacht. Versucht nicht eure Schwächen auszugleichen, sondern eure Talente zu perfektionieren.“

Gage schaute hinüber und flüsterte unter seinem Atem: „Mein Patenonkel ist ein bisschen zu ernst, wenn du mich fragst.“

Während Basil sprach, trugen zwei Leute in Arkturus-Uniformen einen Tisch herein, über dessen Oberseite ein Tuch drapiert war, das mehrere klumpige Formen bedeckte. Susan ging hinter ihnen, band sich die Haare zurück und krempelte die Ärmel hoch.

„Das wird eine Kochvorführung“, prophezeite ich in Gages Ohr. „Susan unterrichtet den Kurs Essen und Feuer.“

„Magier werden Köche?“ Gage klang leicht entsetzt.

Ich täuschte einen verletzten Blick vor. „Hey. Was ist, wenn es mein Traum ist, Bäckerin zu werden?“

Gages Augen schlossen sich vor amüsierter Ungläubigkeit. „Ja, klar.“

„Die Messe wird bis zum Mittag andauern, dann könnt ihr euch gerne zu uns in die Cafeteria setzen und ein wunderbares Buffet genießen. Ab 14 Uhr veranstalten wir eine Fragerunde im Gemeinschaftsraum. Danach könnt ihr euch für die Kurse anmelden, die euch am meisten interessieren. Wenn ihr einen Eignungstest machen möchtet, um euch besser entscheiden zu können, könnt ihr einen Termin mit Professor Winkler vereinbaren. Viele von euch werden bereits über beträchtliche Fähigkeiten verfügen, da ihr seit eurer Geburt mit dem Feuer lebt. Aber wir sind uns bewusst, dass es manche gibt, die zögerlich mit dem Feuer umgehen und aus verschiedenen Gründen davor zurückschrecken, damit zu experimentieren. Für diese Schüler kann ein Eignungstest genau das Richtige sein. Wir bitten euch, das Gelände erst dann zu verlassen, wenn ihr entweder eure Kurswahl getroffen oder euren Eignungstest gemacht habt. Sobald ihr die Formulare ausgefüllt habt, steht es euch frei, Dover und die weißen Klippen mit euren Klassenkameraden oder euren Eltern zu erkunden, bevor sie nach Hause zurückkehren.“

Susan stand nun hinter dem Tisch und wurde von ein paar Magiern begleitet. Alle trugen die Uniformen der Akademie. Susan nickte Basil zu und signalisierte damit, dass sie bereit war.

Basil wandte sich wieder an das Publikum. „Lasst uns unsere erste Vortragende begrüßen, Professor Palmer. Sie ist die Schöpferin unseres Kurses Essen & Feuer. Susan ist die Küchenchefin hier auf Arkturus und ihr werdet mir zustimmen, dass ihre Fähigkeiten in der Küche nicht zu verachten sind.“ Er applaudierte und das Publikum stimmte mit ein, wenn auch wenig enthusiastisch.

Susan begrüßte alle und stellte die beiden Magier, Julia und Milo, neben sich als Absolventen ihrer Kurse vor. Beide hatten eine Anstellung gefunden, bei der sie ihre Feuerfähigkeiten einsetzen konnten. Der eine arbeitete für einen übernatürlichen Multimillionär auf einer Privatjacht, der andere leitete die Küche eines Vier-Sterne-Restaurants in Paris und hatte Pläne, sein eigenes Restaurant zu eröffnen. Susan erklärte, dass Speisen, die mit Magie-Feuer gekocht oder gebacken wurden, über einen einzigartigen Geschmack und eine Qualität verfügten, die selbst natürliche Menschen zu schätzen wussten.

Susan entfernte das Tuch über einem Teil des Tisches und gab den Blick auf drei Kuchenformen frei, die mit rohem Teig gefüllt waren. „Während Milo und ich euch unsere Flambier- und Grillkünste zeigen, wird Julia hier eine köstliche Hochzeitstorte in einem Viertel der Zeit backen, die ein herkömmlicher Ofen braucht.“

Julia schob die drei Pfannen in eine Box aus einem durchsichtigen Material, damit wir sehen konnten, was sie tat. Die Vorderseite des Kastens war offen, bis Julia eine weitere Platte darüber legte. Sie steckte ihre Hände in die Öffnungen dieser letzten Platte und erklärte uns, was sie während ihrer Arbeit tat. „Ich verabreiche jetzt die Hitze, die nötig ist, um alle drei Kuchen gleichmäßig und perfekt zu backen. Das erfordert ein präzises Innenthermometer, ein gründliches Verständnis dafür, wie die Zutaten auf Hitze reagieren, und die nötige Geduld und Ausdauer, um den Vorgang bis zum Ende durchzuziehen, ohne sie zu verbrennen oder auszutrocknen.“

Hitze kullerte aus Julias Fingern und füllte den durchsichtigen Kasten. Sie bewegte ihre Hände langsam und rhythmisch. Sogar von meinem Platz in der Beobachtungskapsel aus konnte ich sehen, wie die Hitzewellen über das Essen liefen.

Ich spürte, wie Gage mich ansah. Er lehnte sich nah zu mir und flüsterte mir ins Ohr. „Das ist so langweilig, wie einem Kuchen beim Backen zuzusehen eben ist.“

Schnaubend hielt ich mir Mund und Nase zu, um mein Lachen zu unterdrücken. Jemand brachte uns zum Schweigen und ich blickte zurück, um ein verblüffendes Spektrum an Ausdrücken in der Menge zu sehen. Einige der Gäste sahen genauso gelangweilt aus wie Gage, ein paar Blicke waren geradezu verächtlich, während andere sich an den Rändern ihrer Sitze nach vorne lehnten und völlig vertieft schienen.

Ich schaute rechtzeitig nach vorne, um Milo dabei zu erwischen, wie er mit seinen Fingern Feuer unter und über einem rohen Steak entfachte. Er berührte das Steak von Zeit zu Zeit, stupste es an. Wir waren in den Gondeln so gut isoliert, dass ich nichts riechen konnte, allerdings konnte ich mir den Geschmack vorstellen und als das Steak zu brutzeln begann und der Saft tropfte, drang ein zufriedenes Seufzen durch die Menge.

Als Susan und Milo fertig waren, murrten die Schüler, wie hungrig sie sich fühlten. Einige diskutierten über die Feinheiten der Arbeit der drei Köche, über die Fähigkeiten und die Präzision, die nötig waren, um solch perfekte Ergebnisse zu erzielen. Ich ahnte, dass einige Erstklässler daran interessiert sein würden, doch kochen zu lernen, was mich für Susan freute.

Schließlich nahm Julia ihre Hände von der Schachtel. Als sie die Kuchen hervorholte, dampften sie schön und sahen perfekt gebacken aus. Als Nächstes stapelte sie die Kuchen aufeinander und richtete eine dreifache Schicht auf.

„Der eigentliche Test ist natürlich, wie der Kuchen schmeckt“, sagte jemand hinter uns. „Wie sollen wir beeindruckt sein, wenn wir nicht einmal wissen, ob er gut gekocht wurde?“

„Gebacken“, korrigierte jemand anderes. „Nicht gekocht.“

„Wie auch immer.“

Wie als Antwort nahm Julia ein Messer die Hand, schnitt den Kuchen in mundgerechte Würfel und verteilte sie auf zwei große Teller. Zwei Freiwillige - darunter Krispy - trugen die Teller zu den Beobachtungsboxen, damit wir sie probieren konnten.

Als der Teller in unsere Richtung kam, nahmen Gage und ich jeweils ein Stück. April lehnte ab.

„Magst du keinen Kuchen?“, fragte ich sie, kurz bevor ich meinen Bissen nahm.

„Schon. Ich kann nur nicht essen, wenn ich nervös bin.“ April sah mich sehnsüchtig an. „Ist er gut?“

„Sehr gut.“ Der Raum war erfüllt von Kaugeräuschen. Der Kuchen hatte einen einzigartigen Geschmack, eine Art verbrannte Süße wie geschmolzener Karamell.

„Danke für eure Aufmerksamkeit.“ Susan und ihr Team entließen sich selbst und rollten ihren Vorführtisch durch eine Reihe von Doppeltüren und außer Sichtweite.

Mr. Chaplin kehrte zum Podium zurück und klatschte. „Eine Runde Applaus für Ms. Palmer, Milo und Julia. Und nun begrüßt bitte Professor Tyson Hupelo, unseren Dozenten für Feuerwissenschaft.“

Das Publikum klatschte, als ein bulliger Mittdreißiger mit kurzgeschorenem blonden Haar in die Mitte der Turnhalle schritt. Anstelle der Arkturus-Uniform trug er eine gelbe Feuerwehrhose und ein schlichtes schwarzes T-Shirt. Seine Muskeln spannten den Stoff über seiner Brust und Armen. Mehr als eine Narbe durchzog seine Haut und verschwand in den Ärmeln seines Shirts.

„Ich würde gerne ihn probieren“, murmelte ein Mädchen ihrer Freundin zu. „Wollen wir wetten, dass die meisten seiner Schüler weiblich sind?“

„Sei nicht so unreif!“, flüsterte ihre Freundin zurück, aber mit einem Lächeln in der Stimme.

In der Ferne, irgendwo außerhalb der Turnhalle, aber nicht weit entfernt, ertönte eine Folge von scharfen metallischen Schlägen. Tyson wollte sich gerade vorstellen, als er mitten im Satz innehielt.

„Was war das?“, flüsterte Gage.

Ich schüttelte den Kopf. In der Halle wurde es still. Das metallische Klopfen hörte auf und das Licht in der Halle ging aus. Jemand gab ein nervöses Lachen von sich, als die Dunkelheit den höhlenartigen Raum erfüllte. Einen Moment später ging die Notbeleuchtung an. Kleine, helle blaue Lichter schimmerten aus den Ecken und von der Decke und tauchten die Podeste und die Trainingshalle in ein kaltes, unheimliches Licht.

Ein neues Geräusch drang von draußen herein. Ein Alarm.

Basils gleichmäßige Stimme drang durch die Lautsprecher. „Bitte, bleibt ruhig. Es scheint, dass es irgendwo auf dem Gelände der Akademie einen Sicherheitsverstoß gegeben hat.“ Er klang gelassen, was die Beklemmung in meinem Bauch ein Stück weit linderte. „Gebt uns einen Augenblick, um die Situation zu beurteilen. Wir haben bestimmte Alarme und dieser hier bedeutet, dass keine Evakuierung notwendig ist. Ich werde mich so schnell wie möglich wieder an euch wenden. Bleibt einfach sitzen.“

Die Gestalten von Basil, Tyson und anderen, die ich im Halbdunkel nicht identifizieren konnte, traten in der Mitte der Halle zusammen. Sie sprachen, bevor sie sich in kleinere Gruppen aufteilten. Ein paar verließen die Halle durch eine Reihe von Notausgängen, während Basil und Susan durch die Haupttüren gingen. Stille kehrte ein, aber es dauerte nicht lange, bis die Spekulationen begannen.

„Warum flüstert ihr?“, sagte die brünette Barbie mit lauter Stimme. Selbst wenn ich nicht gesehen hätte, wie sich ihr Mund in dem schummrigen blauen Schein bewegte, hätte ich sie an dem deutlichen englischen Akzent erkannt. „Es ist wahrscheinlich nur eine Übung. Ein Test, um zu sehen, welche Schüler mit Stress umgehen können und welche nicht.“

Jemand kicherte, es folgten weitere gedämpfte Wortwechsel.

„Glaubst du, das ist wahr?“ Gages Gesicht sah in der Düsternis verwaschen aus, seine Augen schimmerten unter den dunklen Schatten seiner Augenhöhlenknochen.

„Ich glaube nicht, dass Ba-, Schulleiter Chaplin die Schüler mit einem falschen Alarm testen würde. Gib ihm eine Minute“, sagte ich. „Meine Vermutung ist, dass jemand ins Herrenhaus eingebrochen ist.“

Kapitel 3

Wir blieben wie angewiesen auf unseren Plätzen sitzen, aber schon bald begannen sich die Schüler zu unterhalten, zu lachen und Witze zu machen. Jemand warf einen Papierflieger und ein anderer zündete ihn an, was einen Erwachsenen dazu veranlasste, die Kinder anzuschnauzen.

Eine Stimme ertönte über die Sprechanlage und die Debatte verstummte, als der Schulleiter sich wieder an uns wandte.

„Die Feuermesse muss leider abgesagt werden. Alle Gäste melden sich bitte in der Cafeteria und im angrenzenden Gemeinschaftsraum. Es gibt keinen Grund zur Eile oder zur Panik. Wir brauchen alle an einem Ort, bis die Situation geklärt ist. Vielen Dank.“

Es gab etwas Murren, aber größtenteils stille Akzeptanz der Wendung der Ereignisse. Wir packten unsere Sachen zusammen und verließen die Gondeln im Gänsemarsch, gefolgt von den Freiwilligen, die uns den Weg zeigen sollten. Metallene Schritte hallten in der Turnhalle wider, als die Kinder und Betreuer die Treppe hinunter und zurück zur Eingangstür gingen.

„Wenn ihr noch nie in der Cafeteria wart, ist sie leicht zu finden.“ Krispy stützte sich mit dem Rücken an der Tür ab und lehnte sich mit entspannter Körperhaltung an. „Hauptgeschoss, auf halber Höhe auf der linken Seite. Folgt dem Geruch von Fish and Chips. Nehmt den überdachten Gang, der die Turnhalle mit dem Hauptgebäude verbindet, nicht die Eingangstür.“

Die Gruppe wurde an der Lobby vorbei zu dem gläsernen Gehweg und dem Bogen geleitet, der die Turnhalle mit dem Hauptgebäude verband. Der Bogen war mit Efeu und blühenden Clematis drapiert. Es sah aus wie in einem Gewächshaus. Eine Tür führte zu einer Reihe von Stufen. Wir schritten durch einen Vorraum, in dem Ständer mit Regenschirmen in den Ecken standen und eine Reihe von Gummistiefeln in Regenbogenfarben unter den Sitzbänken versteckt waren. Der Vorraum hatte eine Glaspyramide als Decke, die es dem Sonnenlicht erlaubte, durch das Gewirr von Lianen zu dringen.

Als wir in die Haupthalle traten, wurden wir von einer bläulichen Düsternis verschluckt.

„Warum muss die Notbeleuchtung so gruselig sein?“ Gage berührte mein Schulterblatt, als wolle er sich vergewissern, dass ich noch vor ihm stand. „Sicherlich hätte schon längst jemand das Licht anmachen können?“

„Hast du Angst im Dunklen?“, stichelte ich. „Wenigstens haben sie die Alarmanlage ausgeschaltet.“

„Ich hasse Dunkelheit“, murmelte er in einem Tonfall, der mich ein wenig schuldig fühlen ließ. „Ich habe sie immer gehasst.“

Ich griff nach hinten und drückte beruhigend seine Hand. Außerdem genoss ich die Hitze, die zwischen uns aufflammte.

Als ich an einer offenen Tür vorbeikam, warf ich einen Blick hinein.

„Die Fenster sind abgedeckt.“ Ich sprach leise, aber die Schüler um mich herum hörten es und blieben stehen, um sich selbst ein Bild zu machen.

„Sieht aus wie diese Metallverkleidung, die man nach Geschäftsschluss im Einkaufszentrum sieht“, sagte jemand mit amerikanischem Akzent.

„Sicherheitsrollläden. Sie kommen automatisch herunter, wenn der Alarm losgeht“, vermutete ich.

Ein anderer Schüler murmelte: „Deshalb haben sie uns den überdachten Gang nehmen lassen. Keiner darf rein oder raus.“

„Heißt das, dass jemand eingebrochen ist, während wir alle in der Trainingshalle waren?“

„Natürlich tut es das. Der Schulleiter hat wahrscheinlich alle möglichen wertvollen Sachen in der Schule versteckt. Er ist in seinem anderen Leben ein Spion, oder?“ Die Stimme klang halb scherzhaft, halb ernst.

„Ich will wie Basil werden, wenn ich erwachsen bin“, sagte ein schlanker Junge mit wunderschönen Rehaugen. Sie sahen groß und schwarz aus in der Düsternis.

„Das ist ernst“, schnauzte ihn ein Mädchen an. „Verstehst du nicht, dass diese Fensterläden bedeuten, dass wir mit dem oder den Eindringlingen eingeschlossen sind? Wir wissen nicht, wer sie sind und was sie wollen. Wir könnten es mit einer Geiselnahme zu tun haben.“

Ein unruhiges Gemurmel ging durch die Gruppe.

„Ruhe jetzt.“ Krispy, die den letzten Gästen folgte, hatte das Ende der Diskussion mitbekommen. „Hört auf mit den Spekulationen. Der Schulleiter hat alles unter Kontrolle.“

Das Gemurmel verstummte, als wir weiter in Richtung Cafeteria gingen. Jede offene Tür, an der wir vorbeikamen - und es gab viele - enthüllte Räume mit blockierten Fenstern.

Ich hielt an der Tür eines Klassenzimmers inne und entzündete eine Flamme in meiner Handfläche, die die Schatten zurückschnellen ließ. Als ich mich dem nächstbesten Fenster näherte, um einen besseren Blick zu erhaschen, offenbarte das Licht meines Feuers Metallbleche mit kleinen Löchern. Das Glas war durch das Metallblech von außen geschützt.

„Nicht trödeln, bitte.“ Krispy stand an der Tür und wartete auf mich.

„Sorry. Ich war nur neugierig.“ Ich beeilte mich zurück zu Gage in den Flur zu gelangen.

„Die Akademie hat ein ausgezeichnetes Sicherheitssystem.“ Krispy folgte uns durch den Flur in Richtung Cafeteria, wie eine gute Schäferhündin. „Das ist natürlich keine Überraschung, wenn man bedenkt, was hier gelehrt wird. Glaubt ihr wirklich, Basil würde einen Haufen übernatürlicher Kinder aufnehmen, ohne sich Gedanken über deren Sicherheit zu machen?“

Ich verdrehte die Augen angesichts ihres selbstgerechten Tons.

„Natürlich nicht.“ Gage klang so genervt, wie ich mich fühlte.

Als wir in der Cafeteria ankamen, ließen sich die Gäste an Tischen oder auf den Sofas nieder, die auf einer weiten Fläche zusammengetragen worden waren. Die Möbel hier waren nicht annähernd so gepflegt wie in den anderen Räumen. Wahrscheinlich, weil hier Kinder aßen. Im Laufe der Jahre hatten all die zerdrückten Pommes und verschütteten Softdrinks ihren Tribut gefordert.

„Da sind noch ein paar Sofas frei.“ Gage zeigte auf eine Ansammlung von bequem aussehenden Möbeln in der Nähe.

Wir gingen hinüber und setzten uns in eine der Couchgarnituren. Ich entdeckte Mr. Wendig und Ryan, die in der Schlange standen, um Essen zu holen. Ich schätze, sie hatten schon früh mit der Essensausgabe begonnen, um die Leute nicht zu nervös werden zu lassen. Eines traf auf alle Teenager zu, übernatürlich oder nicht, jede Gelegenheit zum Essen wurde mit Begeisterung genutzt.

„Was denkst du, was vor sich geht?“ Ich zog meine Füße hoch und schaute Gage an.

Er stützte seine Ellbogen auf die Knie und beobachtete den Trubel. „Vielleicht ist es wirklich nur ein falscher Alarm.“

Auf einer der nahegelegenen Couchen saßen zwei Mädchen. Ich erkannte die eine als April, obwohl sie mir den Rücken zugewandt hatte. Das Mädchen neben April kannte ich nicht. Sie hatte schwarze Haare, die zu einem kurzen Bob geschnitten waren und wühlte bis zu den Ellbogen in einer Handtasche.

„Ich hatte es heute Morgen noch dabei“, sagte sie, während sie Dinge herauszog und auf ihren Schoß legte. „Es ist seltsam. Ich wollte es anziehen und konnte es nicht finden. Seltsam, denn ich habe es erst gestern aus dem Laden geholt. Ich verliere nie Dinge, vor allem keine Kleidung.“

April beobachtete, wie das Mädchen ihre Handtasche durchwühlte. „Jemand könnte es sich geschnappt haben, weil er dachte, es gehörte ihm. Ich meine, es gibt nur drei oder vier Designs. Es könnte aus Versehen passiert sein.“

„Vielleicht.“ Aber das andere Mädchen klang nicht sonderlich überzeugt. Sie klang verärgert.

„Entschuldigung.“ Ich lehnte mich gegen die Rückenlehne der Couch, um an Gage vorbeizuschauen. „Was hast du verloren?“

Das Mädchen mit dem Bob blickte über ihre Schulter. „Mein Arkturus-Shirt. Es war brandneu. Ich hatte noch nicht einmal die Etiketten abgemacht.“

„Wo hast du es zuletzt gesehen?“

„Es lag auf ein paar Kisten, die ich noch auspacken musste.“ Sie runzelte die Stirn. „Es war hier, als ich gestern Abend ins Bett ging. Da bin ich mir sicher.“

Eine Alarmglocke läutete in meinem Kopf. „Ein Shirt mit dem kleinen goldenen Wappen über dem Herz gestickt?“

Sie nickte und strahlte. „Hast du es gesehen?“

Ich wollte dem Mädchen keine Hoffnung machen, für den Fall, dass ich mich irrte. „Nein, aber ich werde herumfragen.“

Der Optimismus wich aus ihrem Ausdruck, als sie nickte und sich wieder ihrer Tasche zuwandte.

Ich suchte die Cafeteria und den Aufenthaltsraum nach dem Jungen in dem schlecht sitzenden Shirt ab, den ich vor Beginn der Messe gesehen hatte. Er war nicht hier.

Ich lehnte mich dicht an Gage und sagte. „Alle Leute, die auf der Messe waren, sollten hier sein.“

„Ja. Warum?“

Ich kaute auf meiner Lippe und dachte nach. „Jemand fehlt.“

„Wer?“

„Ich weiß nicht, wie er heißt, ich habe ihn erst heute Morgen in der Schlange vor Ryan gesehen. Ich erinnere mich an ihn, weil sein Hemd viel zu klein aussah.“

Gages Blick schärfte sich und er senkte seine Stimme. „Du denkst, er hat das Shirt des Mädchens genommen?“

„Vielleicht. Ich erinnere mich, dass ich dachte, dass es seltsam war, dass ein neues Oberteil so schlecht passte. Vielleicht hat er sich in ihr Zimmer geschlichen und es gestohlen.“

Gages Augen weiteten sich. „Um sich als Schüler auszugeben? Um auf die Messe zu kommen?“

„Vielleicht.“ Ich suchte den Raum erneut nach dem Jungen ab. Er war nicht anwesend.

„Er hätte außerdem eine Einladung gebraucht.“

Ich hob eine Schulter. „Wäre eine Einladung so schwer zu bekommen gewesen? Ich habe gehört, dass viele Magier eingeladen wurden, die nie gekommen sind.“

Gage nickte langsam und studierte mein Gesicht. „Sollten wir es jemandem sagen?“

Ich richtete mich auf und legte Gage eine Hand auf den Unterarm, als der große Junge lässig in die Cafeteria schritt. Seine Hände steckten tief in seinen Taschen, während er sich in die hintere Reihe der Essensschlange begab.

Ich drückte Gage an mich und flüsterte. „Das ist er. Sieh dir an, wie er sich umschaut. Als ob er nicht will, dass ihn jemand bemerkt. Er könnte sich genauso gut mit roter Tinte ‚schuldig‘ auf die Stirn schreiben.“

„Du hast recht, das Shirt passt ihm überhaupt nicht. Tatsächlich.“ Gage neigte den Kopf zur Seite. „Sieht es aus wie ein Damenschnitt.“

„Ich werde mal mit ihm reden.“ Ich erhob mich von der Couch.

„Warte“, zischte Gage. Ich spürte, wie seine Hand meine streifte, aber ich hielt nicht an.

Ich schlängelte mich zwischen Tischen und Stühlen hindurch und bahnte mir lässig einen Weg nach hinten. Gage war mir nicht gefolgt, sondern stand wie erstarrt neben der Couch und schaute sich um, als ob er überlegte, wen er um Hilfe bitten sollte.

Als ich hinter den Jungen trat, konnte ich noch besser sehen, wie schlecht das Hemd saß. Er musste der Dieb sein.

„Riecht gut.“ Ich lehnte mich ein wenig nach vorne, um sicherzugehen, dass er mich hören konnte.

Der Junge zuckte zusammen und schaute zurück.

Er war nicht so jung, wie er aus der Ferne ausgesehen hatte. Er war schlank mit weichen Wangen, die jugendlich wirkten, aber aus der Nähe hatte er einen beeindruckenden Fünf-Uhr-Schatten und feine Linien, die seinen Mund umrahmten und seine Stirn säumten. Er musste Mitte zwanzig sein. Wenn er kein Student war, oder ein Freiwilliger, oder ein Absolvent, oder ein Lehrer ... wer war er dann?

„Ja, ich bin am Verhungern.“ Sein Blick verengte sich, als er nach vorne blickte und mich abwies.

„Ich habe mich gefragt, woher du dieses Shirt hast.“

„Aus dem Laden natürlich.“ Er drehte sich nicht um. Seine Schultern strafften sich und zogen sich in sich zusammen. Er fühlte sich so unwohl, dass ich fast sehen konnte, wie der Stress aus ihm heraussickerte.

„Bist du sicher, dass du die Herrenversion hast?“ Ich hielt meine Stimme ruhig, aber meine Finger ballten sich zu Fäusten.

Der Blick, den er über seine Schulter schoss, ließ mein Blut gefrieren, wie ein Giftpfeil. Für eine Sekunde vergaß ich zu atmen.

„Was geht dich das an?“, zischte er.

Im Augenwinkel sah ich, wie Gage zu der Stelle ging, an der Krispy im Türrahmen stand.

Der Blick des Kerls folgte meinem. Seine Augen weiteten sich und füllten sich mit Alarm. Schlagartig verließ er die Reihe und steuerte auf die Küche zu.

Ich folgte ihm, als er durch die Küchentür verschwand. Ich erhaschte nur einen flüchtigen Blick auf das schlecht sitzende Shirt, als er durch einen Hinterausgang an der Rückseite der Küche lief.

Ich fragte mich, woher der Typ wusste, wohin er gehen musste. Er bewegte sich mit einer Sicherheit, die sagte, dass er schon einmal hier gewesen war. Ein Absolvent also? Jemand mit einem Rachefeldzug aus seiner Schulzeit? Oder war er gar kein Magier?

Niemand versuchte mich aufzuhalten, als ich durch die Hintertür schlüpfte und die einzige Möglichkeit nutzte, die sich mir bot - eine Treppe, die nach oben führte und abrupt vor einer geschlossenen Tür endete. Der Typ war bereits durch die Tür verschwunden, obwohl ich direkt hinter ihm war. Ich hatte nicht einmal ein Geräusch gehört, als die Tür zuging.

Er konnte sich schnell bewegen. Übernatürlich-schnell. Okay, vielleicht war er also ein Magier. Auf halber Höhe der Treppe hielt ich inne und spürte einen Moment intensiver innerer Zerrissenheit. Sollte ich zurückgehen und Hilfe holen? Was würde mich erwarten, wenn ich ihn in die Enge trieb? Aber wenn ich ihn nicht verfolgte, würde ich ihn verlieren.

Eine zweite Stimme erinnerte mich daran, dass ich verbrannt war. Ich verfügte über Kräfte, mit denen nur eine andere Person in der Akademie mithalten konnte: Basil selbst. Wer außer einem von uns hatte eine bessere Chance, diesen Kerl zu fangen und aufzuhalten? Niemand.

Also ging ich weiter.

Als ich die Tür öffnete, kam eine schmale Halle zum Vorschein, die von hohen, vertikalen Fenstern erhellt wurde. Die Halle ging in beide Richtungen. Zu meiner Rechten war sie mit Schränken ausgekleidet und endete dort, wo ein Gemälde einer einsamen Figur hing. Zu meiner Linken befanden sich weitere Schränke und ein schmaler Flur, der in einer geschlossenen Tür endete.

Ich erstarrte und lauschte.

Das ferne Knarren einer gealterten Bodendiele ließ mich in Richtung Gemälde sprinten. Die Halle bog nach rechts und dann wieder nach links ab, bevor eine kurze Treppe mich in eine breitere und schönere Halle führte. Flüche murmelnd wurde mir klar, dass der Typ in jedem Klassenzimmer, jedem unverschlossenen Schlafzimmer, jedem Büro oder Gemeinschaftsraum entlang dieses Flures versteckt sein könnte. Wenn er überhaupt hier entlang gekommen war. Das Knarren hätte auch einfach von dem Ächzen eines dreihundert Jahre alten Gebäudes stammen können – auch wenn ich das nicht glaubte.

Meine Turnschuhe stapften leise über den Teppich, während ich den Kopf neigte und auf eine weitere knarrende Bodendiele hoffte. Ein Klassenzimmer, dessen Tür offen stand, erlaubte mir einen Blick auf die Fensterläden, die mich daran erinnerten, dass die Akademie abgeriegelt war.

Wer auch immer der Kerl war und was auch immer er hier wollte, er war genauso eingesperrt wie der Rest von uns.

Er konnte sich vielleicht vor mir verstecken, aber er würde mir nicht entkommen.

Kapitel 4

Erneut stieg ein innerer Konflikt in mir hoch. Entweder konnte ich alleine weitersuchen, oder ich konnte Hilfe holen. Ich stand stumm da und überlegte. Erst das Gemurmel von Stimmen löste mich aus meiner Starre. Eine der Stimmen stammte von Basil.

Also ging ich in die Richtung von Basils Büro. Ich hatte es noch nie gesehen, aber ich wusste, dass es sich im zweiten Stock befand und nicht weit von der Treppe hinter der Eingangshalle entfernt sein konnte.

Eine breite Gestalt erschien hinter einer Ecke. Tyson Hupelo.

„Was machst du hier?“, fragte er. „Du solltest in der Cafeteria sein, zusammen mit den anderen Schülern.“ Der Professor für Feuerwissenschaft kam auf mich zu, legte mir eine Hand auf die Schulter und lenkte mich sanft zurück in Richtung Treppe. Sein Ton war freundlich, aber eindringlich. „Zurück mit dir. Wir haben die Situation unter Kontrolle.“

„Ich habe den Eindringling gesehen.“ Ich wollte seine Hand abschütteln, hielt es aber für keine gute Idee, sich einem Lehrer zu widersetzen.

Tyson blieb stehen und zog die Augenbrauen hoch. Seine zu warme Hand blieb auf meiner Schulter liegen, aber er hörte auf, mich zu schieben. „Bist du sicher?“

„Ich muss Schulleiter Chaplin sagen, wie er aussieht.“

Von unseren Stimmen angelockt, tauchte ein Kopf aus einer offenen Tür auf der anderen Seite des Treppenabsatzes auf. Ich erkannte den Mann nicht, aber als sein Blick auf mich fiel, sagte etwas in seinem Gesicht, dass er wusste, wer ich war. Er winkte Tyson und mir mit einer Hand zu und verschwand dann.

Ein Kupferschild an der Tür verkündete das Büro des Schulleiters und Neugierde stieg in mir auf, als der Professor und ich eintraten.

Schulleiter Chaplin lehnte an der Vorderseite eines schweren Holzschreibtisches, während der andere Mann auf der Armlehne eines abgenutzten Sofas hockte.

Ich erwartete, dass Basil mich vorwurfsvoll anschauen würde, aber stattdessen stellte er mich einfach dem Fremden im Anzug vor.

„Alfred, das ist Saxony.“ Mr. Chaplin winkte, ohne sich vom Schreibtisch zu erheben. „Saxony das ist Professor Knight. Er wird dieses Jahr einer deiner Lehrer sein. Ich weiß, ich habe dir gesagt, dass ich deinen praktischen Unterricht selbst leiten werde, aber die jüngsten Entwicklungen bedeuten, dass ich weniger Zeit haben werde, als erwartet. Ich habe darum Alfred zu Hilfe geholt.“

Professor Knight streckte mir seine Hand entgegen, seine Augen funkelten. Ich schüttelte seine Hand und spürte erneut das feurige Kribbeln in meiner Hand. Ich lächelte. Es war gut zu wissen, dass ich das Magierband mit jemandem teilte, der mich unterrichten würde.

„Schön Sie kennenzulernen“, sagte ich.

„Gleichfalls.“ Er ließ meine Hand los.

„Sie sagt, sie kann den Eindringling identifizieren“, sagte Mr. Hupelo, der mit verschränkten Armen an der Tür stand.

„Ist das so?“ Mr. Chaplin richtete sich auf.

„Ja.“ Ich wusste nicht, was ich mit meinen Händen machen sollte, also fädelte ich meine Finger zusammen. „Ein Mann. Er sieht aus der Ferne aus wie ein Student, aber aus der Nähe betrachtet eher wie ein Mittzwanziger. Er trägt ein Akademieshirt, das ihm nicht passt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er es aus dem Zimmer eines Mädchens gestohlen hat. Ich habe zufällig gehört, wie sie sich beschwert hat, dass ihr Hemd fehlt.“

„Woher weißt du, dass er kein Freiwilliger für die Messe ist?“ Tyson verließ seinen Platz an der Tür und stellte sich neben Professor Knight. „Manche Typen tragen gerne enge Hemden.“

Basil bedeckte seinen Mund. Ich fragte mich, ob er ein Lächeln verbergen wollte.

Ich wandte mich an Tyson. „Nicht so eng, dass die Ärmel gleich aufplatzen, und auch nicht welche mit so einem femininen Schnitt. Außerdem ist er weggelaufen, als ich ihn zur Rede gestellt habe. Ich habe ihn verfolgt, aber er ist verschwunden. Er ist schnell.“

Basils Lächeln erstarb und seine Augen weiteten sich.

„Du“ Basil verlor sein Lächeln und seine Augen traten hervor. „Du hast ihn gejagt?“

„Natürlich hat sie ihn gejagt, Basil. Es ist offensichtlich, dass er unser Dieb ist.“ Professor Knight warf Basil einen langen Blick zu. Daraus schloss ich, dass sie schon lange befreundet waren.

Doch die Art und Weise, wie Alfred Dieb gesagt hatte, ließ mich ahnen, dass sie nicht nur über das Shirt sprachen. „Er hat noch etwas anderes gestohlen?“

„Aus diesem Büro.“ Basils ungläubiger Blick war nun verschwunden. Er rückte von seinem Schreibtisch ab. „Ich brauche es zurück.“

„Ich bin ihm bis hierher gefolgt, vor nicht mehr als drei Minuten. Er kann nicht weit sein“, sagte ich, während mein Herz schneller schlug.

„Ich übernehme den dritten Stock.“ Tyson bewegte sich auf die Tür zu. „Alfred nimmt den zweiten, dann bleibt der erste für dich Basil.“

„Was ist mit mir? Ich würde gerne helfen.“

Die Männer tauschten einen Blick aus, aber keiner dieser Blicke schien zuzustimmen.

Der Schulleiter runzelte die Stirn. „Geh zurück in die Cafeteria, Saxony“, sagte Basil. „Er könnte gefährlich sein. Ich kann nicht zulassen, dass meine Schüler hinter einem Eindringling herlaufen. Es ist schon schlimm genug, dass der Einbruch überhaupt passiert ist. Ich hätte wissen müssen, dass die Feuermesse die Schule angreifbar macht.“ Basil rieb sich mit den Fingern über die Stirn.

Ich wollte widersprechen, wandte mich aber zum Gehen. Basil hatte hier das Kommando und ich durfte mich ihm nicht bereits an meinem ersten Tag widersetzen.

„Wartet.“ Professor Knight hob eine Hand. „Wenn es stimmt, was du mir über sie erzählt haben, ist das die perfekte Gelegenheit für sie und mich mit ihrem Unterricht zu beginnen. Sie kann mich bei der Suche im zweiten Stock unterstützen.“

Chaplin stieß einen Seufzer aus, als er sah, wie ich aufstrahlte.

Ich versuchte vergeblich, jeden flehenden Ton aus meiner Stimme zu verbannen: „Ich werde nichts Unüberlegtes tun, das verspreche ich. Wenn wir ihn finden, werde ich Professor Knight die Führung überlassen.“

Tyson murmelte: „Wir könnten Hilfe gebrauchen, Schulleiter. Ich habe Wanda bereits eine Nachricht geschickt, aber das Gebäude ist groß und es gibt eine Million Plätze, um sich zu verstecken.“ Er nickte mit dem Kopf in meine Richtung. „Sie ist diejenige, die ihn identifiziert hat.“

Basil seufzte schwer. „Also gut. Aber du bleibst bei Professor Knight.“