Schwesternschmerz - Uwe Voehl - E-Book

Schwesternschmerz E-Book

Uwe Voehl

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Beschreibung

Die beiden Zwillingsschwestern Grit und Jette stehen kurz vor ihren Abiturprüfungen. Während einer ausgelassenen Abi-Party macht sich Jette mit ein paar Jungs einen Spaß daraus, ihre blinde Schwester Grit in einem Sarg im Keller einzuschließen. Am nächsten Morgen ist Grit spurlos verschwunden. Erst nach einer Woche wird ihre Leiche aus der Elbe gefischt - der aufgedunsene Körper zeigt eindeutige Missbrauchsspuren.

Fünfzehn Jahre später scheint Jette die Erlebnisse von damals endlich verarbeitet zu haben. Bis sie eines Tages eine Frau auf der Straße sieht, in der sie ihre totgeglaubte Schwester wiederzuerkennen glaubt. Doch wie ist das möglich? Jette versucht das mysteriöse Geheimnis um Grit zu lösen - nichtsahnend, dass sie damit das Grauen von damals erneut heraufbeschwört ...

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Inhalt

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Über den Autor

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Impressum

Schwesternschmerz

Über dieses Buch

Die beiden Zwillingsschwestern Grit und Jette stehen kurz vor ihren Abiturprüfungen. Während einer ausgelassenen Abi-Party macht sich Jette mit ein paar Jungs einen Spaß daraus, ihre blinde Schwester Grit in einem Sarg im Keller einzuschließen. Am nächsten Morgen ist Grit spurlos verschwunden. Erst nach einer Woche wird ihre Leiche aus der Elbe gefischt – der aufgedunsene Körper zeigt eindeutige Missbrauchsspuren.

Fünfzehn Jahre später scheint Jette die Erlebnisse von damals endlich verarbeitet zu haben. Bis sie eines Tages eine Frau auf der Straße sieht, in der sie ihre totgeglaubte Schwester wiederzuerkennen glaubt. Doch wie ist das möglich? Jette versucht das mysteriöse Geheimnis um Grit zu lösen – nichtsahnend, dass sie damit das Grauen von damals erneut heraufbeschwört …

Über den Autor

Uwe Voehl, 1959 in Hagen geboren, begann schon während der Schulzeit, Anthologien herauszugeben. Nach dem Abitur studierte er BWL und Jura und arbeitete später als Werbetexter für Agenturen und Versandhäuser. Voehl gilt als einer der besten zeitgenössischen Phantastik- und Krimi-Autoren in Deutschland.

Uwe Voehl

SCHWESTERN-SCHMERZ

Thriller

beTHRILLED

Digitale Neuausgabe

»be« - Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Redaktion: Wolfgang Neuhaus

Lektorat/Projektmanagement: Stephan Trinius

Covergestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de

eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-7914-3

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Komm, Schwesterherz, vertrau mir! Gib mir deine kleine Angst, damit ich sie verschwinden lassen kann. Ich höre dein winziges Hasenherz pochen – pabumm pabumm –, so als trautest du mir nicht. Aber ich bin’s doch nur, Gritti, deine Schwester.

Ich weiß, es ist dunkel hier, aber für dich ist es ohnehin immer Nacht. Also sollte die Finsternis dich nicht stören. Ich mach doch auch nicht so ein Theater, bloß weil ich die Hand vor Augen nicht sehe.

Ich weiß, auch ihr Blinden braucht das Licht. Du hast mir mal erzählt, dass du es zwar nicht sehen kannst, aber spürst. Du gehst seiner Wärme nach, seiner Aura. Genauso ist es mit der Sonne.

»Können Blumen sehen, Jette?«, hast du mich gefragt. Mit deiner hochnäsigen Stimme wolltest du mir mal wieder beibringen, wie dumm ich war, dass ich das nicht verstand.

»Blumen haben doch keine Augen. Du aber schon, Gritti!«

»Aber ich kann mit meinen Augen nichts sehen, ich kann nur fühlen.«

Damals waren wir sechs, und du kamst mir schon damals viel klüger vor. Ich wagte nicht, dir die nächste Frage zu stellen: Ob du mit den Augen fühlen konntest. Stattdessen sagte ich mit der Naivität eines sechsjährigen Kindes: »Aber da sind doch gar keine Fühler dran!«

»Du bist wirklich dumm, Jette! Glaubst du vielleicht, Schnecken sehen mit ihren Fühlern? Warum heißen die wohl Fühler?«

So endete es meistens. Du hast mir die Welt erklärt, die ich auch danach nicht besser verstanden habe.

Heute, Grit, verstehe ich sie. Weißt du, ich glaube, ich habe sie immer schon besser verstanden, als du mir weismachen wolltest. Ich war das große Dummchen und du die kleine schlaue Grit.

Ich spüre deine verschwitzte Hand in meiner, und zum ersten Mal, seit ich zurückdenken kann, fühle ich mich dir überlegen.

Du hattest nie Angst. Wenigstens hast du sie nie gezeigt. Vorsicht, hier geht’s runter in den Keller. Dreizehn Stufen, aber die kennst du ja. Du warst immer sehr stolz, wenn du allein hinuntergeschickt wurdest, um aus dem Vorratsregal ein Glas mit Eingemachtem oder eine Packung Müsli zu holen.

Ich durfte dort nie hinunter. Und heute weiß ich auch, warum. Ich weiß es schon sehr lange, Grit. Du weißt ja selbst, wie neugierig Mädchen sind, wenn sie in ein gewisses Alter kommen. Und spätestens mit elf oder zwölf fragte ich mich, was unsere Eltern mit Onkel Tim und Tante Susi, Onkel Günther und Tante Heidemarie und den vielen anderen, die mit den Jahren kamen und gingen, dort unten wohl machten.

Einmal im Monat hatten Mama und Papa Besuch. Ich weiß, mittlerweile hat es nachgelassen. Sie sind nicht mehr so gesellig wie früher. Im vergangenen Jahr ist gar keiner mehr gekommen.

Pass auf, dass du nicht stolperst, Grit! Du bist nicht nüchtern, du hast zu viel getrunken. Ich kann mich nicht erinnern, dass du schon mal so viel gebechert hast, Schwesterherz.

Mann, hier unten ist es wirklich verdammt dunkel! Wenn nicht von oben ein bisschen Licht reinfiele, wäre ich genauso blind wie du.

Lass meine Hand los. Okay. Und jetzt dreh dich ein paar Mal im Kreis. Gut so. Pass auf, dass du nicht gegen die Wand läufst, dir wird ja ganz schwindlig! Das letzte Glas Sekt war vielleicht doch etwas zu viel, was? Ich hatte dir ja auch noch was von dem schrecklichen Likör reingemischt.

Komm, ein Stück noch den Gang runter. Hier warst du noch nie? Hier sind ja auch keine Vorräte. Da links ist der Heizungskeller. Der war für uns Kinder nie interessant. Ja, jetzt wunderst du dich, was? Natürlich war ich schon hier unten. Viel öfter, als du denkst. Anders als du, war ich schon immer neugierig. Deshalb wollte ich schon damals wissen, was Papa und Mama hier unten mit den vielen Onkels und Tanten trieben.

Jetzt stehen wir direkt vor der Tür, hinter der die Überraschung auf dich wartet. Dazu muss ich dir aber noch was sagen. Ich meine, wie ich herausgefunden habe, was unsere Eltern und die Onkels und Tanten von früher dort machen.

Erinnerst du dich noch an Onkel Max? Wenn er zu Besuch kam, hörte man sein dröhnendes Lachen schon, bevor er geklingelt hat. Dann lief ich immer ganz schnell zur Tür, damit ich auch ja die Erste war. Was habe ich gequiekt, wenn er mich dann hochhob und wie eine Akrobatin durch die Luft wirbelte. Dann hat er Süßigkeiten aus der Tasche gezogen, auch mal einen Ring oder ein Armband oder ein Haarreif, und er hat ganz freundlich unsere Mutter angestrahlt und gesagt: »Dein kleines Püppchen wird auch immer hübscher!«

Warum ich Onkel Max so mochte? Weil er der Einzige war, der nicht immer zuerst dich beachtet hat.

Aber irgendwann hat sich das dann geändert. Ich weiß noch, wie ich im Wohnzimmer auf Onkel Max’ Schoß saß. Eigentlich war ich schon zu alt dafür, um wie ein kleines Kind auf seinem Schoß zu sitzen, aber ich war es von klein auf gewohnt. Jedenfalls scheuchte er mich plötzlich runter, und dafür nahm er das erste Mal dich auf den Schoß. Papa mochte das gar nicht, das sah ich ihm an. Aber er sagte nichts.

Von da an war ich abgemeldet.

Einmal im Monat kamen Onkel Max und die anderen zu uns. Zuerst tranken sie im Wohnzimmer Bier und Wein, und Papa legte Musik auf. Ganz früher mussten wir dann irgendwann zu Bett, und Mama gab uns einen Gutenachtkuss. Als wir älter waren, schickte man uns nur in unser Zimmer. Als wir dann in unseren Betten lagen, schloss Mama oder Papa von draußen ab, »damit sich keiner in euer Zimmer verirrt«, wie sie immer sagten. Ich mochte es genauso wenig wie du, bei verschlossener Tür zu schlafen.

Doch einmal habe ich den Schlüssel versteckt, sodass sie nicht abschließen konnten, und bin nachts raus, hab mich auf nackten Füßen in den Keller geschlichen.

Und dann habe ich gelauscht.

Direkt hier, vor dieser Tür, Grit, habe ich gestanden und mein Ohr gegen das kalte Metall gepresst.

Und dann habe ich durchs Schlüsselloch geguckt …

Ich weiß, was hinter der Tür ist, Grit. Ich weiß es seit vielen Jahren. Jetzt wirst auch du es erfahren. Ich weiß, es hat dich nie sonderlich interessiert, was es mit dem »Partykeller« auf sich hat. Die besonderen Überraschungen soll man sich ja für besondere Gelegenheiten aufbewahren. Heute ist so eine Gelegenheit. Das war doch eine tolle Party bis jetzt?

Und nun, Grit, erwartet dich der Höhepunkt!

Tritt ein! Hab keine Angst.

Die Höllenpforten öffnen sich für dich. Nur für dich.

JETZT!

*

Grit!

Nein, es konnte nicht Grit sein, unmöglich!

Und doch war ich mir sicher, dass sie es war. So sicher, wie ich wusste, dass ich gerade aus dem Büro meines Notars gekommen und die Große Bleichen in Richtung Jungfernstieg entlanggegangen war. So sicher, wie ich noch Dr. Möllers letzte Worte im Ohr hatte. Und so sicher, wie ich das Kreischen der Bremsen hörte. Ich hatte für den Moment nur Grit gesehen und nicht auf die Ampel geachtet.

»Sind Sie lebensmüde?«

Eine kräftige Männerhand legte sich von hinten auf meine Schulter und zog mich zurück auf den Bürgersteig. Ich schüttelte die Hand ab, blieb aber stehen. Der mehrspurige Jungfernstieg glich um die Rushhour einer Autobahn.

Ich starrte hinüber, hatte nur Augen für Grit. Sie stand auf der anderen Straßenseite inmitten einer Menschentraube. Sie schien unschlüssig, ob sie die Straße überqueren oder doch die Außenterrasse des Restaurants Alex ansteuern sollte. Mit ihrem weißen Blindenstock ertastete sie zögernd ihre Umgebung, als stünde sie zum ersten Mal an der Stelle.

Ohne den Stock hätte man sie für eine ganz normale Passantin gehalten. Sie trug eine modische Kurzhaarfrisur, eine beige Daunenjacke und Jeans. Die hohen schwarzen Lederstiefel endeten unterhalb des Knies und betonten ihre langen Beine. Und nur Eingeweihte hätten darauf getippt, dass die Brille mit den schwarzen Gläsern keine Sonnenbrille war, sondern ihre pupillenlosen Augen verbarg.

Und noch etwas unterschied Grit von den anderen Frauen, die hier entlangstolzierten: Sie trug keine Shopping-Bag mit dem Label einer der vielen Luxus- und Trendstores in dieser Gegend.

Ungeduldig wartete ich, bis die Ampel endlich auf Grün sprang.

Grits Blindenstock verharrte. Sie schaute in meine Richtung. Natürlich konnte sie mich nicht sehen, und doch war ich sicher, dass sie mich erspürt hatte. Es war meine Aura, die sie spürte. Ich sah, wie sie erstarrte, wie ihr Mund sich öffnete. Ich glaubte sogar, die Panik in den verborgenen Augen hinter den schwarzen Gläsern zu erkennen.

Es wurde Grün. Im selben Moment raste ein Lieferwagen vorbei. Als ich endlich loslaufen konnte, war Grit verschwunden.

Zumindest konnte ich sie nicht mehr sehen. Unter den Fußgängern, die mir von der anderen Seite entgegenkamen, war sie nicht. Ich rempelte die Leute an, bekam unflätige Beschimpfungen zu hören, schaute mich immer wieder um, ob Grit nicht doch an mir vorübergegangen war. Vielleicht hatte ich sie in dem Pulk übersehen.

Schließlich stand ich noch immer mitten auf der Straße, als die Ampel schon wieder auf Rot stand. Ich kam mir vor wie eine Verrückte. Wahrscheinlich dachten das auch die vielen Autofahrer, die mich ratlos dastehen sahen und in den nächsten Sekunden wieder anfuhren.

Ich sah zu, dass ich auf die andere Straßenseite kam. Auch hier war von Grit weit und breit nichts zu sehen. Es waren zu viele Leute unterwegs.

Verzweifelt hielt ich Ausschau nach ihr, lief den Jungfernstieg einmal auf und ab, bis ich schließlich einsah, wie sinnlos es war.

Dann stand ich ratlos vor dem Alsterpavillon und überlegte, was ich tun sollte. Einfach weitergehen, das konnte ich nicht. Ich war überzeugt davon, dass ich Grit gesehen hatte. Und sie mich – auf ihre Art. Ich konnte jetzt nicht einfach in meine Pension fahren, den ganzen Abend die Wand anstarren oder ziellos an der Elbe entlanglaufen, wenn ich es nicht mehr aushielt.

Grit war ein paar Augenblicke da gewesen. Aus Fleisch und Blut, zum Greifen nah. Wenn ich sie jetzt wieder verlor, wäre das so, als würde ich ein zweites Mal in einen Abgrund stürzen.

Vielleicht war sie ja in den Alsterpavillon verschwunden, ohne dass ich es mitbekommen hatte. Ich stieg die wenigen Stufen hinauf zur Terrasse. Fast alle Tische waren besetzt. Eigentlich war es noch zu kalt zum Draußensitzen, aber die Heizpilze verströmten eine behagliche Wärme.

Ich fragte die erstbesten Gäste, die in der Nähe der Treppe saßen, ob sie eine blinde Frau gesehen hätten. Sie verneinten und starrten mich an, als hätte ich etwas Ansteckendes. Wahrscheinlich hatten sie mich schon länger beobachtet.

Ich fragte weiter, lief über die Terrasse und durch das Restaurant, nervte Gäste und Kellner. Sogar auf der Herrentoilette schaute ich nach, bis mir schließlich selbst klar wurde, dass ich mich lächerlich machte.

An anderen Tagen wäre ich vielleicht geflohen, hätte mich eingeschlossen und mich zu Tode geschämt. Doch heute konnte ich einfach nicht weglaufen. Ich spürte, dass Grit noch in der Nähe war und gab die Hoffnung nicht auf, dass sie zurückkam. Jetzt gleich oder erst morgen. Notfalls würde ich hier bis in alle Ewigkeit warten.

Ich wusste selbst, wie absurd meine Gedanken waren, aber das war mir egal.

Dann aber kam das Zittern. Ich hatte Angst, durchzudrehen. Aber auch die ganz reale Angst, dass mir der Boden unter den Füßen weggezogen und ich zusammenklappen würde.

Ich ging wieder zurück auf die Terrasse, schnappte nach frischer Luft und ließ mich auf einen Stuhl fallen. Der Tisch war gerade erst frei geworden.

Mir war heiß. Ich wischte mir über die Stirn. Sie war schweißnass.

Wie eine Süchtige klaubte ich die Zigarettenschachtel aus dem Rucksack, nestelte eine Kippe heraus und steckte sie mit zitternden Fingern an.

Nach drei, vier tiefen Zügen konnte ich wieder klar denken. Und zum ersten Mal, seitdem ich Grit wiedergesehen hatte, wurde mir bewusst, was passiert war.

Ich hatte eine Tote gesehen.

*

Komm, Grit, komm. Tritt näher!

Hier beginnt das verbotene Reich. Ich weiß, es hat dich nie interessiert. Hast du überhaupt je etwas davon mitbekommen? Nein, du hättest mir wahrscheinlich die Zunge rausgeschnitten und nachträglich die Augen ausgestochen, hätte ich dir erzählt, was Mama und Papa hier unten treiben. Und die Tanten und Onkel, allen voran der liebe Onkel Max, der uns auf den Knien geschaukelt hat. Nein, du würdest nie erlauben, dass jemand unsere Eltern in den Schmutz zieht.

Aber, liebe Grit, hier unten waren sie nicht unsere Eltern. Und der liebe Onkel Max war nicht lieb. Hier unten im Keller war das Schmutzige Zuhause, und mindestens einmal im Monat kamen Mama, Papa, Onkel Max und all die anderen und wälzten sich im Dreck.

Damals, mit zehn oder elf, als ich das erste Mal durchs Schlüsselloch gespäht hatte, wusste ich noch nicht, was sie trieben. Ich hörte sie lachen, aber ich hörte sie auch schreien, und ich hörte sie weinen.

Heute weiß ich, was Gruppensex ist, was Partnertausch und Swinger-Orgien bedeuten. Aber in diesem Kellerraum geschah noch mehr, Grit. Irgendwann verstummte das Lachen. Dafür wurden die Schreie lauter, und sie klangen nicht danach, als hätten die Leute Spaß. Im Gegenteil: Sie hatten Schmerzen, große Schmerzen.

Aber vielleicht machte ihnen ja gerade das Spaß.

Schade, Grit, dass du all die merkwürdigen Dinge nicht sehen kannst, die es hier zu bestaunen gibt. Warte mal, hier … nimm das mal in die Hand. Na? Ahnst du, was es ist? Der Griff einer Peitsche. Ich gebe zu, das war einfach. Und das hier? Na, was ist das? Ein Massagestab, mehr sage ich dazu nicht, du würdest zu widerwärtig finden, was man damit anstellen kann. Zumal es kein gewöhnlicher Stab ist. Hier liegt sogar noch die Beschreibung bei:

Pure Lust im Schoß erleben! »Platziere Hercules direkt auf deinem Lustzentrum und führe dir den prallen Liebesstab ein, und deine Lust katapultiert dich bis ins All! Der Prall-Penis vibriert und rotiert in deiner Liebesgrotte und bringt jeden deiner Lustnerven zum Erzittern!«

Ich sehe schon, das alles prallt an dir ab. Du willst es gar nicht wissen, oder? Also wirklich, da bin ich schon ein bisschen enttäuscht, Grit. Ich hatte gedacht, du staunst ein bisschen, wenn ich dir das Geheimnis hinter der Kellertür zeige. Wenigstens ein kleines »Oh« oder ein klitzekleines »Ah« würde mir schon reichen. Oder ein zartes, jungfräuliches Erröten deiner Wangen.