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Ludwig Roman Fleischer – Verwandter zahlreicher Burgenländer - erzählt Erzähltes, Erlebtes und Ersonnenes aus der Puszta, einem Land, dessen weiter Horizont Beobachtungsgabe und Phantasie anregt. Der Autor läßt eine cis- und eine transatlantische Gruppe von Seewinklern zu einem "Projekt Doppelte Heimat" zusammenkommen: an zwei Nachmittagen unterhält und provoziert man einander mit Geschichten. In halb authentischen und frei erfundenen Sagen, zartbitteren Satiren und realistischen Berichten ersteht eine Bezugswelt von unverwechselbarem Charakter. Es geht um Wein, Jahrgänge und Lagen, Geschmack, Erträge und Erbschaften, die Suche nach einem Gott, der leben läßt, und einer Welt, in der man leben kann, und immer wieder um Fleischers zentrales Thema des Exils: eines beteiligten Nicht-Dazugehörens.
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Seitenzahl: 115
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© Ludwig Roman Fleischer und Sisyphus 1998 und 2012 Printerstauflage: 1998 www.sisyphus.at
Ludwig Roman Fleischer
wurde 1952 in Wien geboren und lebt da als Lehrer und Schriftsteller. 1990 gewann er beim Bachmann-Wettbewerb den Ernst Willner-Preis. Seither sind von ihm ein knappes Dutzend Bücher erschienen; zuletzt »Edam und Ava« (Ein Schüttelreimepos nach John Milton, Sisyphus 2004) und »Weihnachten im Entzug« (Roman, Sisyphus 2004).
Seewinkler Dodekameron
Ludwig Roman Fleischer – Verwandter zahlreicher Burgenländer – erzählt Erzähltes, Erlebtes und Ersonnenes aus der Puszta, einem Land, dessen weiter Horizont Beobachtungsgabe und Phantasie anregt. Der Autor läßt eine cis- und eine transatlantische Gruppe von Seewinklern zu einem "Projekt Doppelte Heimat" zusammenkommen: an zwei Nachmittagen unterhält und provoziert man einander mit Geschichten. In halb authentischen und frei erfundenen Sagen, zartbitteren Satiren und realistischen Berichten ersteht eine Bezugswelt von unverwechselbarem Charakter. Es geht um Wein, Jahrgänge und Lagen, Geschmack, Erträge und Erbschaften, die Suche nach einem Gott, der leben läßt und einer Welt, in der man leben kann, und immer wieder um Fleischers zentrales Thema des Exils: eines beteiligten Nicht-Dazugehörens.
Das Projekt "Doppelte Heimat" läuft, seit ich mit einerBurgenländerin zusammenlebe. Da wir verheiratetsind, bin ich mit großen Teilen des Seewinkelsverwandt, diesseits und jenseits des Atlantiks. DieFolgen sind erfreulich: Mein Sohn wird dereinst einenTeil des diesseitigen und einen Teil des jenseitigenSeewinkels erben, und schon jetzt ist die Qualitätmeines Weinkellers weit besser als seinerzeit, da ichnoch keine pannonischen Verwandten und Freundehatte. Immer, wenn ich mit meinen Seewinklernzusammenkomme, werden Geschichten erzählt. Soauch diesmal. Im Rahmen des Projektes "DoppelteHeimat" hatten sich allerlei Dies- und Jenseitigezusammengefunden, und zwei Tage lang wurdeerzählt. Ich will, was ich gehört und mir gemerkthabe, weitererzählen, und dort, wo mich meineErinnerung im Stich läßt, meinen Erzählern an dieHand gehen. Mögen sie es mit Wohlwollen undNachsicht geschehen lassen.
"Manchmal fehlt uns eben das tägliche Leben in derTradition, das tägliche Auffinden des Überlieferten.
Es fehlt uns aber auch die Muße, das Neue und dasAktuelle festzuhalten, auf daß es Überlieferung undTradition fortsetze und selber Überlieferung undTradition werde."
Der Bürgermeister Sattler sprach mit einemgleichermaßen vertraut und verfremdet klingendenAkzent: Ergebnis einer zweiundfünfzig Jahrewährenden Abwesenheit von seinem Geburtsort.
"Und so hoffe ich, daß uns diese zwei Tage wertvolleAnregungen bringen, vor allem aber dem Zieledienen werden, unsere Heimatbande zu erneuern,die ja nie ganz abgerissen sind."
Der Bürgermeister trug eine Art schwarzenSalonsteirer mit Hirschhornknöpfen. ("Kunststoff," hatte er gesagt, "aber was Gescheiteres hat dasVersandhaus nicht. Wenn ich das nächste Mal rüberkomm..." "Wir tauschen," hatte daraufhin der andereSattler gesagt).
"Somit eröffne ich unser Beginnen," schloß derBürgermeister Sattler, "mit dem Wort eines unserergroßen Dichter: 'Die Heimat ist dort, wo wir das Herzhaben', und ersuche als erstes, unseren verehrtenHochwürden Pfarrer Luis Iby mit seinem Vortraganzufangen."
Der Genannte schneuzte und erhob sich. Dann huber an, ohne Manuskript, ex pectore, in wohlgesetzterUnbeirrbarkeit, wie bei einer Sonntagspredigt.
Seit undenklichen Zeiten liegt der See zwischen fruchtbare Felder und Rieden hingebreitet, von schmucken Ortschaften gesäumt, einGottesgeschenk, dem Menschen und der Natur zum Segen. Viel ist über den See und sein Entstehen erzählt worden, Märchen und Sagen umranken ihn, Hoffnungen und Ängste, Freud und Leid. Die folgende Mär ist die vielleicht schönste, da sie nicht nur den See entstehen läßt, sondern auch, was ihn umgibt: ein Land des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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