Seewölfe Paket 35 - Fred] [AUTHOR McMason - E-Book

Seewölfe Paket 35 E-Book

Fred] [AUTHOR McMason

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Beschreibung

Am Strand erschien ein dürres Individuum, das von Carberry gleich als "seltsamer Heiliger" bezeichnet wurde. Der Kerl sah in der Tat merkwürdig genug aus. Er hatte lange und strähnige schwarze Haare, die ihm bis weit über die Schultern fielen, und trug um den dürren Oberkörper einen Fetzen, der sich früher mal Hemd genannt hatte, jetzt aber überwiegend aus Löchern bestand. Um die Hüfte war eine Art Lendenschurz geschlungen, an der Seite hing ein abgewetzter alter Lederbeutel. Das merkwürdige Individuum war rein aus dem Häuschen, als es die Schebecke auf die Insel zuhalten sah. Es schrie und keifte, hüpfte von einem Bein aufs andere und benahm sich wie ein Irrer, der einen Veitstanz aufführt. Der Kerl vollführte dann einen Handstand, sprang wieder auf die Füße und kratzte sich mit beiden Händen den Kopf, als wolle er sich die Haare raufen...

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Impressum

© 1976/2021 Pabel-Moewig Verlag KG,

Pabel ebook, Rastatt.

eISBN: 978-3-96688-109-8

Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

Inhalt

Nr. 681

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Nr. 682

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Nr. 683

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Nr. 684

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Nr. 685

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Nr. 686

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Nr. 687

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Nr. 688

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Nr. 689

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Nr. 690

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Nr. 691

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Nr. 692

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Nr. 693

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Nr. 694

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Nr. 695

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Nr. 696

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Nr. 697

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Nr. 698

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Nr. 699

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Nr. 700

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

1.

Eine Gruppe religiöser Eiferer hatte den Plan ausgeheckt. Ihr Anführer war Nasir ud-daula und ihre ausführenden Organe sollten Malindi Rama und Chandra Muzaffar sein. Die beiden waren Fanatiker, die bedenkenlos über Leichen gingen, um an ihr Ziel zu gelangen.

Sie hockten in einer schäbigen Hütte in der Nähe von Tuticorin an dem übelriechenden und moskitoverseuchten Nebenarm eines kleinen Flusses, der in den Golf von Mannar mündete.

An diesem Morgen war es unerträglich heiß und schwül. Über dem kleinen Fluß stand die Luft wie eine Mauer. Myriaden winziger Stechmücken schwebten über dem braunen Wasser.

Nasir ud-daula war ein graubärtiger Inder, der sich auf die Kunst des Tätowierens verstand. Vor ein paar Tagen hatte er Malindi Ramas Schädel kahlgeschoren und eine Karte darauf tätowiert, die die Tempelanlage von Kandy zeigte.

„Laß sehen“, sagte Nasir und beugte sich über Malindi. Er betrachtete die Karte und nickte zufrieden vor sich hin. Die winzigen Wunden waren verheilt, und auf der Tätowierung sprossen wieder dunkle Haare.

Schon in ein paar Tagen würde die Zeichnung nicht mehr zu sehen sein, die Haare bedeckten sie dann vollständig.

„Ja, das sieht gut aus“, sagte er. „Natürlich wirst du mit Chandra noch ein paar Tage hierbleiben müssen, aber wir haben Zeit, außerdem muß alles sorgfältig geplant sein. Es wird eine lange und sehr beschwerliche Reise, die mit allerlei Gefahren verbunden ist. Aber ihr seid ja zu zweit und werdet es schon schaffen.“

Die anderen Inder, die sich noch in der Hütte aufhielten, blickten auch noch einmal auf die Karte.

Sie war ein kompliziertes Werk und sehr sorgfältig und genau gearbeitet. Es gab nicht viele, die den genauen Ort des Tempels kannten. Nur wenige Eingeweihte wußten, wo er lag.

Die Fanatiker hatten es auf den größten Schatz der Singhalesen abgesehen, eine heilige Reliquie. Es war der Weisheitszahn Buddhas, das einmalige Heiligtum, das im Tempel des Zahns, dem Dalada Maligawa, aufbewahrt und von Priestern und anderen heiligen Männern scharf bewacht wurde.

Fiel diese Reliquie in die Hände der Fanatiker, dann bedeutete das Krieg und blutige Fehden, denn die Singhalesen würden diese Schmach nicht auf sich sitzen lassen.

Bei dem Gedanken an ein blutiges Gemetzel grinste der alte Inder jedoch nur. Sein ganzes Leben lang hatte er daran geplant und gearbeitet, um diesen Weisheitszahn sein eigen nennen zu können, und es hatte viele Jahre gedauert, bis er das Versteck kannte.

Aber er selbst war den Strapazen nicht mehr gewachsen, er war zu alt, um den langen und gefährlichen Marsch ins Landesinnere von Ceylon antreten zu können.

„Anhand dieser Karte werdet ihr euch zurechtfinden“, sagte er. „Niemand wird das Geheimnis erfahren, nur ihr kennt es und ein paar Eingeweihte. Ihr kennt jetzt auch den Weg, und wenn ihr ihn verfehlt, dann könnt ihr euch an der Karte orientieren. Solltest du, Chandra, durch ein unergründliches Geschick dein Leben verlieren, dann wird Malindi allein weitergehen. Du brauchst nur in die stillen Wasser eines Sees zu blicken, und schon hast du die Orientierung wieder, denn die Karte wird sich im Wasser spiegeln. Sie ist dann seitenverkehrt, aber das weißt du ja.“

Malindi nickte ergeben. „Es sei, wie du sagst, großer Subedar.“

Nasir ud-daula ließ die respektvolle Anrede widerspruchslos über sich ergehen und lächelte unergründlich. Er war schon seit undenklichen Zeiten kein großer Subedar mehr, seit ihn die Singhalesen von diesem Verwalterposten entfernt hatten. Aber die Anrede gefiel ihm, und seine Anhänger hatten sie beibehalten, denn sie hatten alle großen Respekt vor seinem Wissen.

„Du weißt auch, mein Sohn, was geschieht, wenn dich unterwegs das unergründliche Schicksal ereilt.“

Malindi wußte das, es war ihm oft genug erklärt worden, und es störte ihn nicht im geringsten.

„Dann wird mir Chandra die Kopfhaut abschneiden, sie in der Sonne trocknen lassen und sie auf eine kleine Trommel spannen, wenn sie dünn wie Papyrus geworden ist.“

„Du wirst davon nichts mehr spüren, mein Sohn. Denke immer daran, daß die Reliquie wichtiger ist als euer Leben, das ihr aber trotzdem nicht leichtfertig aufs Spiel setzen dürft. Einer von euch muß mit dem Weisheitszahn des Erleuchteten wieder zurückkehren.“

„Wir versprechen es, großer Subedar“, sagten die beiden feierlich.

„Wir bringen das Heiligtum zurück, es ist unser größter Schatz.“

„Noch ist es der größte Schatz der Singhalesen“, berichtigte der bärtige Mann nachsichtig lächelnd. „Ich habe viele Jahre damit verbracht, herauszufinden, wo man ihn verwahrt. Sie hüten das Geheimnis und geben es nicht preis, auch um ihr Leben nicht. Und noch etwas: Ihr werdet auf den heiligen Kandy-See stoßen, aber meidet seine Fluten. In ihnen lauern die gefräßigen Räuber, die die Priester dort ausgesetzt haben. Widersteht der Versuchung auf ein kühles Bad. Die Krokodile würden euch zerfleischen.“

Sie wußten alles, der große Subedar hatte es ihnen unzählige Male erklärt, aber er erinnerte sie immer wieder daran.

Nasir ud-daula vertraute ihnen seit Jahren, und nie wäre er auf die Idee verfallen, daß einer abtrünnig werden könnte.

Doch so war es, ohne daß er es ahnte. In Malindi Rama hatte sich der Gedanke festgesetzt, diese Reliquie für sich allein zu stehlen, ohne sie dem großen Subedar zu bringen. Wer den Weisheitszahn Buddhas besaß, der würde ins Nirwana eingehen und der glücklichste Mensch auf dieser Erde werden.

Der Gedanke daran war so überwältigend, daß Malindi von einem Schauer überrieselt wurde, der ihn zittern ließ und der durch alle Fasern seines Körpers drang.

Unbewußt schlugen seine Zähne wie im Fieber aufeinander. Es war wie ein wilder Rausch, der ihn erfaßte.

Dem großen Subedar entging die Veränderung nicht, aber er legte sie falsch aus und zweifelte nicht an der Ehrlichkeit Malindis.

„Was fehlt dir, mein Sohn?“ fragte er besorgt. „Dich wird doch nicht das tückische Fieber befallen haben?“

„Nein, großer Subedar“, antwortete Malindi keuchend. „Es ist der bloße Gedanke an dieses Heiligtum, der mich zittern läßt. Ich kann den Tag kaum erwarten. Es wird viel Aufregung geben.“

„Ja, es wird sehr viel Ärger und Aufregung geben, Malindi. Viel mehr als du ahnst. Die Insel wird in Aufruhr geraten, und der Aufruhr wird auch das Festland erschüttern. Man wird in Anuradhapuraya den heiligen Bo-Baum befragen, unter dem Buddha seine Erleuchtung fand, und die heiligen Männer werden ausschwärmen, um den Frevel zu sühnen. Wahrscheinlich wird es ein furchtbares Blutbad geben, Aufstände, Krieg und Leid. Aber das alles ist nichts, um in den Besitz dieser einmaligen Kostbarkeit zu gelangen. Und ihr beide seid dazu ausersehen, ganz Indien zu erschüttern.“

„Dieser Gedanke läßt auch mich wohlig erzittern, großer Subedar“, sagte Chandra Muzaffar.

Er war ein mittelgroßer Mann mit schwarzen, enganliegenden Haaren und wilden, fanatischen Augen, die wie Kohlestückchen glühen konnten.

Malindi war dagegen fast unglaublich dürr. Er hatte vorher lange, schwarze und fettige Haare gehabt. Jetzt ähnelte er einem ausgemergelten, fanatischen Wanderasket, dessen Blicke wie Dolche brannten. Er war etwa zehn Jahre älter als Chandra Muzaffar, aber hinterhältig und tückisch.

„Wir haben die letzten Einzelheiten noch nicht festgelegt, großer Subedar“, sagte Malindi nach einer Weile, in der sie schwiegen und nur das Summen der Mücken zu hören war. „Und das Boot haben wir auch noch nicht gesehen. An welchem Tag soll es losgehen?“

„Das Boot liegt bereit und ist längst besorgt. Ihr werdet Wasser, Reis, Melonen, getrocknete Fische und Bananen als Proviant mitnehmen, und ihr werdet euch immer als Fischer ausgeben. Das wird auch gleichzeitig euren Speiseplan bereichern, denn fischen müßt ihr selbst. Für Fische, Muscheln, Krebse und Garnelen müßt ihr selbst sorgen. Eure Reise beginnt dann, wenn deine Haare so weit nachgewachsen sind, daß man die Karte nicht mehr sieht, Malindi. Das wird bei deinem dichten Haar in etwa einer Woche der Fall sein.“

„Und wie werden wir uns orientieren?“ fragte Chandra. „An den Sternen, wie du es uns gelehrt hast, großer Subedar?“

„Nein“, sagte der alte Mann, zahnlos lächelnd. „Die Sterne können sich hinter Wolken verbergen, oder der Kal-baishakhi kann sie mit seinem Grollen und den Blitzen vertreiben. Dann seid ihr hilflos. Auf dem Meer erreicht ihr das Heiligtum aber schneller und sicherer als durch die Berge und Wildnisse des Landes. Ein großes Stück werdet ihr natürlich durch den Dschungel wandern müssen. Ihr habt es ja gelernt und versteht euch darauf.“

„Dann segeln wir also an der Küste entlang?“

„Ja, an der Küste entlang nach Süden, sobald ihr die Perle Indiens erreicht habt. Ihr könnt sie nicht verfehlen. Ihr werdet in die Nähe von Negombo segeln und euch dort als Fischer ausgeben. Irgendwo in den wilden Mangroven versteckt ihr das Boot und geht von dort aus schnurgerade nach Osten. Wenn ihr den Dschungel hinter euch und die Berge überwunden habt, werdet ihr den Kandy-See erblicken, aber er wird euren Augen wieder entschwinden, und dann müßt ihr die Karte benutzen. Wischnu wird über euch wachen. Ich habe hier noch eine kleine Hilfe für euch. Ihr werdet staunen. Es ist wie Zauberei, wie magische Kräfte.“

Chandra und Malindi sahen gespannt zu, wie der alte Nasir ein dünnes Brettchen hervorholte.

Auf diesem Brettchen befanden sich allerlei Symbole und feine oder gröbere Striche. In der Mitte des Brettchens war ein dünner Nagel angebracht, so dünn und spitz, daß man sich daran verletzen konnte.

Der Alte holte nun mit einem geheimnisvollen Lächeln ein lackiertes Kistchen hervor und entnahm ihm eine zerbrechlich wirkende Nadel, die er auch den anderen zeigte.

„Was ist das?“ fragte Chandra. „Ein Glücksbringer?“

„Eine Zaubernadel, ausgestattet mit magischen Kräften. Die Götter wirken mit ihrem göttlichem Atem auf die Kräfte ein.“

Alle scharten sich jetzt um den Subedar, der die Nadel vorsichtig in die Hand nahm und ebenso vorsichtig auf den Nagel im Brettchen setzte.

Die Nadel begann zu zittern, obwohl niemand sie berührte. Ohne jeden erkennbaren Anlaß begann sie sich zu drehen, bis sie zitternd auf einen Punkt zeigte und auf ihm stehenblieb. Die Spitze dieser wundersamen Nadel war bläulich verfärbt.

Der Alte sagte noch nichts, er lächelte nur sein zahnloses Lächeln und berührte die Nadel wieder. Ganz vorsichtig drehte er sie herum, bis die bläuliche Spitze in entgegengesetzte Richtung wies.

Die anderen sprangen entsetzt zurück, als die Nadel wieder zu zittern begann, sich drehte und schließlich auf demselben Punkt stehenblieb, den sie auch vorher schon eingenommen hatte.

„Ihr könnt sie drehen, wie ihr wollt“, erklärte der Alte. „Die Spitze der Nadel wird immer wieder zu diesem geheimnisvollen Punkt zurückkehren. Dieser Punkt liegt im Norden, wo das blaue Symbol steht. Das ist der Mittelpunkt des Universums, von dem alle geheimnisvollen Kräfte auf dieser Welt ausgehen.“

„Aber wie ist das möglich?“ fragte Malindi verstört. „Sie bewegt sich ja von ganz allein.“

„Die Naturkräfte bewegen sie – Götteratem, Strahlung und die Kraft der Allmacht. Gib mir mal dein Messer, Malindi.“

Die Männer waren anfangs von dieser unsichtbaren Kraft entsetzt, aber jetzt faszinierte sie diese Nadel, die ständig unruhig zitterte, aber trotzdem auf das blaue Symbol zeigte und nicht davon abwich.

Der Subedar nahm das scharfgeschliffene Messer und deutete mit der Spitze auf die Nadel, indem er es dicht davorhielt.

Für die Inder geschah schlicht ein Wunder.

Die Nadelspitze folgte dem Messer, egal in welche Richtung es der Alte bewegte. Sie lief der Messerspitze nach wie ein Hündchen, drehte sich um sich selbst, oder begann schnell zu kreisen, wenn der Subedar das Messer entsprechend schneller bewegte.

„Dann – dann steckt ein Geist in dieser Nadel“, stieß Malindi atemlos hervor. „Ist es so?“

„Eine geistige Kraft, die mir immer anzeigt, wo ihr gerade seid, oder was ihr tut. Ich werde euch diese Zaubernadel mitgeben, denn mit ihrer Hilfe könnt ihr die Himmelsrichtungen feststellen. Ich habe noch eine zweite Nadel. Sie wird mit der anderen in ständiger, unsichtbarer Verbindung stehen. Jetzt werde ich euch erklären, wie ihr mit Hilfe dieser Nadel die Himmelsrichtung feststellen könnt.“

Malindi erschrak heftig, aber er ließ sich nichts anmerken.

Mit Hilfe dieser Zaubernadel konnte der große Subedar also feststellen, wo sie gerade waren oder was sie taten? Unheimlich war das, kaum zu begreifen! Oder war es nur ein Trick des Alten?

Malindi forschte unauffällig in seinem Gesicht. Aber Nasir ud-daula ließ keine Regung erkennen. Seine Gesichtszüge waren so ruhig und ausgeglichen wie immer.

Bei dem Gedanken, daß Nasir sie beobachten konnte, selbst wenn sie noch soweit entfernt waren, fühlte sich Malindi gar nicht wohl. Ob der große Subedar auch bei Nacht sehen konnte? fragte er sich beklommen, oder galt das nur für den hellen Tag?

Chandra Muzaffar schien sich nicht daran zu stören, daß der Subedar sie ständig beobachten konnte. Aber das war kein Wunder, er hatte ja nicht die Absicht, den Alten zu betrügen.

Malindi hatte schließlich die rettende Idee. Wenn sie diese geheimnisvolle Nadel unterwegs durch einen unglückseligen Umstand verloren, dann war der Bann gebrochen, und die Verbindung konnte nicht mehr funktionieren. So einfach war das.

Er beglückwünschte sich zu diesem Gedanken und fühlte sich im Augenblick mindestens genauso schlau wie der Alte. Natürlich würde er auch Chandra nichts davon sagen.

Er wagte jedoch einen kleinen Vorstoß.

„Was passiert, großer Subedar, wenn diese Nadel verlorengeht? Finden wir uns dann nicht mehr zurecht?“

„Warum sollte sie verlorengehen?“

„Wir könnten in ein Unwetter geraten“, meinte Malindi. „Oder böse Geister könnten sie uns rauben.“

„Diese Nadel scheint dich sehr zu interessieren“, sagte der Alte mit einem nachsichtigen Lächeln. „Sie soll aber nicht verlorengehen, der große Geist könnte das übelnehmen und verärgert sein. Wenn dieser Fall jedoch eintritt, dann orientiert ihr euch am Verlauf der Küste bis nach Negombo.“

Mehr sagte der Alte darüber nicht.

Malindi nahm sich vor, irgend etwas zu inszenieren, damit diese Wundernadel möglichst unauffällig verschwand. Der große Geist mußte nur überlistet werden.

Die Erklärung des Alten über die Funktionsweise der Nadel dauerte länger als eine ganze Stunde. Aber jetzt wußten sie wenigstens, wie die Nadel funktionierte. Man konnte mit ihrer Hilfe alle Himmelsrichtungen unterscheiden, und zwar aus dem Grund, weil sie beständig nach Norden zeigte, ohne jemals von diesem Punkt abzuweichen.

Anschließend wurde über die heilige Reliquie gesprochen, und daran erhitzten sich stundenlang die Gemüter.

2.

Nach acht Tagen fanden sich Malindi und Chandra wieder in der baufälligen Hütte ein.

Malindis Haar war zwar noch nicht so lang wie früher, aber es waren schon schwarze Stoppeln, die jetzt seinen Kopf bedeckten. Von der tätowierten Karte war auf den ersten Blick nichts mehr zu sehen.

Über dem Fluß hingen wieder riesige Schwärme von Stechmücken, und die Luft war heiß und stickig.

„Das sieht sehr gut aus“, sagte der große Subedar und betrachtete aufmerksam Malindis Kopf. „Die Haare sind so stark nachgewachsen, daß man nichts mehr erkennen kann. Damit steht eurer Abreise nichts mehr im Weg. Wir werden jetzt die allerletzten Kleinigkeiten besprechen, und dann nehmt ihr das Boot. Bis ihr drüben seid, vergehen nochmals etliche Tage. Niemand wird dann noch etwas auf deinem Kopf bemerken. Sobald ihr nicht mehr weiter über euren Weg im klaren seid, wird Chandra dir den Kopf rasieren, und danach trägst du einen Turban. Ich hoffe aber, daß es nicht nötig sein wird.“

Zuerst brachte er das Kästchen mit der Wundernadel und dem dazugehörigen Brett, in dem der kleine Nagel steckte. Fast feierlich überreichte er es den beiden.

„Ihr wißt ja jetzt, wie es zu handhaben ist. In dem Boot ist eine kleine Vertiefung auf einer der Duchten. Dort stellt ihr es hinein. Habt ihr das verstanden?“

„Ja, großer Subedar.“

Malindi beschlich wieder dieses unangenehme Gefühl von jemandem beobachtet zu werden, den man selbst nicht sehen konnte, der aber doch über alles Bescheid wußte.

Die Anhänger der religiösen und fanatischen Sekte verließen die Hütte und führten die beiden Männer zu dem Boot.

Sie haben wirklich keine Kosten gescheut, dachte Malindi, als er das an einem winzigen Holzsteg vertäute Boot sah.

Es hatte zwei Riemen und einen kleinen Mast mit einem Segel, und es ähnelte einem der üblichen Fischerboote. Es war nur ein wenig größer und geräumiger. Ein Mann konnte in dem Boot bequem schlafen, wenn er müde war, während der andere dann an der Pinne saß. So konnten sie sich gegenseitig abwechseln.

Die beiden staunten über die Vorräte, die sich in dem Boot befanden.

Der Subedar schlug ein Stück Segeltuch zur Seite und deutete stumm mit der Hand unter die vordere Ducht, unter die ein länglicher, hölzerner Kasten eingelassen war. Der Kasten war mehrmals unterteilt und ließ sich zusätzlich mit einem Deckel verschließen. Alles war vor eindringendem Seewasser geschützt.

In dem einen Kasten befand sich als Notproviant getrockneter Fisch, daneben lagen Angelgeräte und ein Netz, wie es die Fischer vor der Küste verwendeten. Ein Kasten war voller Bananen, der andere bis obenhin mit großen Melonen gefüllt. Zwei Fässer mit Trinkwasser befanden sich im nächsten, und im anderen war Reis.

Der Subedar und seine Anhänger hatten auch Holzkohle und die nötigen Utensilien, um ein Feuer zu entfachen, nicht vergessen. Es war wirklich an alles gedacht worden, was für eine längere Reise erforderlich und lebensnotwendig war.

Zum Abschluß erhielt jeder vom großen Subedar noch eine Goldmünze.

„Das ist für den Fall größter Not, oder wenn ihr in eine sehr heikle Situation geraten solltet“, sagte er. „Versteckt es gut, und zeigt es nicht herum. Der große Geist wird über euch wachen. Wir werden euch sehnsüchtig erwarten. Ich bin sicher, daß ihr es schafft, das größte aller Heiligtümer zu uns zu bringen.“

„Wir schaffen es“, sagte Chandra zuversichtlich.

Malindi nickte aufgeregt, er konnte nichts sagen und starrte nur immer bewundernd auf das Boot und seinen Inhalt.

„Dann kann eure Reise jetzt beginnen. Habt ihr auch die Messer?“

Die Messer hatten sie – scharfgeschliffene schmale Dolche, die sie immer bei sich trugen.

Der Subedar und seine fanatischen Anhänger entließen sie mit allen guten Wünschen.

Die beiden nahmen in dem Boot Platz, verneigten sich nach allen Seiten und begannen dann zu pullen. Das Segel konnten sie erst dann setzen, wenn sie aus dem schmalen Nebenarm heraus waren. Hier ging nicht der geringste Lufthauch.

„Bringt die heilige Reliquie!“ rief der Subedar ihnen nach. „Und bringt sie bald! Wir warten auf euch!“

„Wir bringen sie!“ rief Malindi heiser. „Und wenn es unser Leben kosten sollte, wir bringen sie!“

Aber seine Worte waren nur ein bloßes Lippenbekenntnis. Wenn er den Weisheitszahn Buddhas erst einmal hatte, dann würden die anderen Männer nie wieder etwas von ihm hören. Dieser Zahn würde ihm Reichtum, Glückseligkeit und ewiges Leben bescheren. Er schauderte bei dem bloßen Gedanken daran und spürte, wie es ihn heiß und kalt überlief.

Hinter ihnen versank die morastige und sumpfige Landschaft mit ihren Mückenschwärmen und dem Geruch nach fauligem Wasser. Im Schlamm stand ein magerer Wasserbüffel, der ihnen nachsah.

Das fanatische Geschrei achteraus verklang langsam. Jetzt hörten sie nur noch das Schwirren der Mücken und Stechfliegen und das gräßliche Summen, wenn sie sich näherten.

Es war so heiß, daß der Sumpf längst hätte ausgetrocknet sein müssen. Gnadenlos brannte die Sonne von einem milchig-blauen Himmel herunter.

Das sumpfige Wasser hatte die Farbe von Gold und Silber, und es reflektierte die Sonnenstrahlen so stark, daß sie nur eine unbestimmte, glitzernde Fläche sahen.

Eine knappe halbe Stunde pullten sie angestrengt und schweigend. Der Schweiß lief ihnen in Bächen über die Gesichter, aber es half nicht, ihn abzuwischen.

Hin und wieder blickte Malindi auf die Ausbuchtung in der einen Ducht, wo die Wundernadel leicht zitterte. Er wandte den Blick wieder ab und pullte verdrossen weiter. Es paßte ihm nicht, daß in dieser Nadel magische Kräfte steckten und ihn jemand beobachten konnte. Aber er ließ sich nichts anmerken.

Der große Subedar sollte nicht mißtrauisch werden.

Nach einer Ewigkeit, wobei ihre Körper nur so trieften, hatten sie es endlich geschafft und den stickigen Flußnebenarm verlassen.

Sie blickten auf den Golf von Mannar und atmeten erleichtert auf.

Hier war alles ganz anders. Die Luft roch frisch nach Salzwasser, und einen laue Brise, schlug ihnen in die Gesichter. Gegen das Brackwasser war es hier im Golf herrlich erfrischend.

Sie zogen die Riemen ein und ließen sich ein paar Augenblicke treiben, bis der Schweiß auf ihren Körpern verdunstete und sie freier atmen konnten.

„Jetzt können wir endlich das Segel setzen“, sagte Malindi, froh drüber, nicht mehr pullen zu müssen und auch die lästigen Stechfliegen hinter sich zu haben. „Ich denke, es wird eine prächtige Überfahrt.“

Chandra Muzaffar reckte sich. Sein Blick fiel auf die Nadel, und er verneigte sich leicht vor ihr.

„Das Auge Subedars wird auch weiter über uns wachen“, sagte er feierlich. „Ohne die geheimnisvollen Kräfte würden wir es allein nicht schaffen.“

„Wie lange werden wir bis zur Küste brauchen?“

„Bei gutem Wind etwa zwei bis drei Tage. Vielleicht werden es auch vier Tage. Die längste Strecke ist der Küstenabschnitt bis Negombo.“

Malindis Blick fiel wieder auf die Nadel. „Ob der große Subedar auch unsere Worte hören kann?“

„Natürlich kann er das“, sagte Chandra überzeugt. „Er kann uns sehen und jedes unserer Worte hören. Manchmal glaube ich, daß er auch unsere Gedanken lesen kann.“

Er sah nicht, wie Malindi heftig schluckte.

Nein, das kann nicht wahr sein, überlegte er. Wenn der große Subedar Gedanken erfassen konnte, dann hätte er ihn wohl nicht auf die Reise geschickt und sich der ganzen Mühen unterzogen. Der Subedar hätte dann ja wissen müssen, daß er, Malindi, für diese Aufgabe unbrauchbar war, weil er den Weisheitszahn für sich behalten wollte.

Zum ersten Male kamen ihm Zweifel an den Fähigkeiten des Subedar. Vielleicht war er gar nicht so groß, wie er immer vorgab? Vielleicht konnte er sie nicht mal sehen und gab das nur vor, um sie einzuschüchtern und zum Gehorsam zu zwingen.

„Warum grinst du so?“ fragte Chandra.

„Ich bin froh, daß das Abenteuer beginnt und wir beweisen können, was in uns steckt, und ich bin froh darüber, daß wir das Meer erreicht haben und eine kühle Brise unsere Körper kühlt.“

„Ja, darüber bin ich auch froh. Wir werden wie Helden gefeiert werden, sobald wir mit dem Zahn des großen Erleuchteten zurückkehren. Jetzt aber sollten wir den Mast aufrichten und das Segel setzen.“

Sie trieben dicht unter der Küste. Die Sonne stand fast im Zenit, und Chandra beugte sich über die Nadel und die geheimnisvollen Zeichen auf dem Brettchen, die jetzt, da er sie kannte, längst nicht mehr so geheimnisvoll waren.

Die zitternde Nadel gab ihm die beruhigende Gewißheit, daß alles in Ordnung war und der Subedar über sie wachte. Sie zeigte mit ihrer bläulichen Spitze nach Norden und blieb immer auf diesen Punkt ausgerichtet, während das Boot sich um die Nadel bewegte. Es war faszinierend und einfach unglaublich. Ständig schien einer der Götter über die Nadel zu wachen.

Der Mast war schnell aufgerichtet und das Segel gesetzt. Es war nur ein kleines Mattensegel, aber der Wind blähte es und schob das Boot ziemlich rasch über das Wasser.

Malindi setzte sich an die Pinne und bewegte das Ruder so, bis sie genau nach Osten segelten. Zitternd zeigte die Nadel nach Norden. Es war ganz einfach, das Boot nach ihr auszurichten, sobald man erst ein wenig Übung darin hatte.

Chandra nahm sein Messer und zerteilte damit eine der großen Wassermelonen. Er schnitt sie in halbe Scheiben und reichte eine davon Malindi.

Das Fruchtfleisch war rosarot und sehr saftig, und es löschte hervorragend den Durst.

Von jetzt an ging alles spielend leicht, und sie hatten nichts weiter zu tun, als sich alle paar Stunden an der Pinne abzulösen.

Schon nach kurzer Zeit versank der Küstenstrich hinter ihnen und wurde zu einem dunstigen Gebilde, das sie nach einer weiteren halben Stunde aus den Augen verloren.

„Bis hierher fahren die Fischer immer hinaus“, sagte Chandra. „Ich glaube, soweit, wie wir jetzt draußen sind, ist noch kein Fischer jemals hinausgefahren.“

„Bestimmt nicht. Ich war auch noch nie soweit draußen, aber das ist ja erst der Anfang. Wir müssen noch viel weiter hinaus.“

Nach einer Weile wurde allen beiden etwas unbehaglich zumute. Nirgendwo war mehr Land zu sehen. Sie bewegten sich fast lautlos auf einer riesigen Fläche, die scheinbar keinen Anfang und kein Ende hatte.

„Keine Angst“, sagte Malindi und gab sich etwas überlegen. „Wir schaffen es schon. Es ist nur etwas ungewohnt, und wir müssen beten, daß kein Sturm losbricht.“

Weil sie alle beide Angst hatten, flehten sie die Götter an, ihnen keinen Sturm zu schicken.

Die Götter erhörten ihre Gebete jedoch nicht, und auch der große Subedar schien die Kontrolle über sie verloren zu haben.

Am späten Nachmittag jagten dunkle Wolkenbänke heran, die rasch größer wurden und immer stärker aufquollen. Sie ballten sich zusammen, bis sich der Himmel verfinsterte.

„Das ist der Kal-baishakhi“, flüsterte Chandra. „Der Gewittersturm, den wir schon vor ein paar Tagen erlebt haben. Er hat sich verspätet, wie er das oft tut.“

Malindi nickte nur und blickte in den finsteren Himmel. Dort, wo Himmel und Wasser sich scheinbar berührten, war alles schwarz, und man konnte oben und unten nicht mehr unterscheiden.

Überall sah es jetzt so aus. Auch der Wind flaute merklich ab, um neue Kräfte zu sammeln.

Sie kannten diesen Gewittersturm, der mit verheerender Gewalt über das Land und Meer raste. Er fegte auch durch die Sümpfe und knickte Bäume und Sträucher, und er wühlte im Sumpf, den er zu großen Blasen aufwarf, bis er zu kochen schien.

Nach einer Weile war es totenstill um sie herum geworden. Das Meer war dunkel, tief und ruhig wie schwarzes Glas, durch das man nicht hindurchsehen kann. Das Segel hing schlaff vom Mast, und die ganze Welt hielt den Atem an.

„Wir sollten das Segel wegnehmen“, sagte Malindi heiser. „Wenn der Wind einfällt, kann er es zerfetzen. Dann sind wir hilflos.“

In aller Eile holten sie das Segel ein und sahen nach, ob auch die eingebauten Holzkammern dicht waren.

„Das Auge Subedars ruht nicht mehr wohlgefällig auf uns“, sagte Chandra verzweifelt. „Was haben wir falsch gemacht?“

Malindi dachte an seine bösen Gedanken und wurde erneut von Zweifeln gemartert. Es konnte sein, daß der Geist der Nadel sie nur auf die Probe stellen wollte. Es konnte aber auch sein, daß er etwas gemerkt hatte und jetzt böse wurde.

Inzwischen hatte sich der Himmel noch weiter verfinstert. Es war jetzt so dunkel wie bei der kurzen Dämmerung. Auch das Meer hatte die gleiche, unheimliche Farbe angenommen.

Da sahen sie, wie der dunkle Himmel sich spaltete. Er zeriß übergangslos in zwei riesige Teile.

Ein gewaltiger Blitz hieb ins Meer. Bevor er verschwand, verästelte er sich wie ein Baum. Ein gewaltiges Donnergrollen war zu hören. Es ertönte von überallher und brüllte in ihren Ohren, und es schien kein Ende mehr zu nehmen. Auch roch die Luft plötzlich so ganz anders.

Die beiden zuckten zusammen und kauerten sich zwischen den Duchten nieder. Angstvoll starrten sie auf das sich ankündigende Unwetter.

„Hilf uns!“ flehte Malindi.

Er blickte auf die Nadel und zuckte abermals zusammen, als sie immer stärker zu zittern begann. Als wieder ein Blitz niederfuhr und der Donner in ihren Ohren wild und tosend rumorte, drehte sich die Nadel wie verrückt im Kreis und fand nur sehr schwer in ihre übliche Lage zurück.

Über das blanke Meer fuhr ein Lufthauch, der es nervös kräuselte. Winzige Trichter erschienen im Wasser und drehten sich rotierend um ihre eigene Achse. Dem Lufthauch folgte ein wilder Atem, der wütend über die gekräuselte Oberfläche blies und sie weiter aufwühlte.

Nach dem dritten Blitz mit seinem ohrenbetäubenden Krachen und Donnern begann es über der See zu rauschen.

Eine Wasserwand rückte auf sie zu wie eine dunkelgraue Mauer, die sich aus dem Meer erhob.

Der Regen prasselte nur so nieder. Wind fuhr in ihn hinein und trieb ihn fast waagerecht über das Wasser. Der Regen tat weh, obwohl er lauwarm war. Er bohrte sich scharf in die Haut und peitschte sie wild.

Chandra und Malindi lagen jetzt zusammengekauert unter den Duchten und wagten nicht, sich zu rühren.

Der Regen rann über ihre Körper und sammelte sich im Boot. Es schien kein Ende mehr zu nehmen.

Noch schärfer wurde der Wind. Er fuhr mit tausend Armen über das Wasser, das in immer stärkere Bewegung geriet und sich zu hohen Wellen auftürmte. Das Boot begann wild zu schaukeln.

Die beiden Inder ließen alles über sich ergehen. Sie hatten keinerlei Erfahrung auf See und wußten nicht, wie sie sich verhalten sollten.

An Land wären sie einfach in die nächste Hütte gerannt, um sich darin zu verkriechen. Hier konnten sie aber nur kauern und warten, bis alles vorbei war.

Das Boot schlingerte jetzt so wild, daß sie sich verzweifelt an die Duchten krallen mußten. Es legte sich weit über, und jedesmal schoß ein dicker Wasserstrahl hinein. Schon nach kurzer Zeit schwamm die kleine Gräting auf, weil sich unter ihr ein kleiner See gebildet hatte.

Sie merkten nicht, daß sie laut brüllten und heulten. Sie flehten alle Götter an, und sie schwiegen erst dann entsetzt, als ein unglaublich harter Schlag das Boot erschütterte und halb auf die Seite warf.

Da nahm Malindi an, sein und Chandras letztes Stündlein habe geschlagen.

Das Boot torkelte hilflos durch die See, gepeitscht vom Wind und vom fauchenden Regen, hochgeworfen von den sich auftürmenden Wogen und wieder in tiefe Wellentäler zurückgeschleudert. Jedesmal krachte und knackte es, als würde das Boot sich auflösen.

Sie scheuerten sich die Hände wund, ihre Knie bluteten, und mehr als einmal schluckten sie salziges Wasser, das im Hals brannte und Übelkeit erzeugte.

Stundenlang ging das so. Sie hoben aus lauter Angst nicht mal die Köpfe. Sie waren fertig und erledigt und fest davon überzeugt, jeden Augenblick sterben zu müssen.

Nach einer Weile hob Malindi vorsichtig den Kopf. Chandra starrte ihn aus großen, entsetzten Augen an. Das fürchterliche Tosen hatte aufgehört, und das Rauschen war verklungen.

Langsam erhoben sie sich und sahen sich ungläubig um.

Ganz hinten an der Kimm schien wieder die Sonne durch die sich langsam verziehenden Wolkenbänke. Es regnete nicht mehr, nur die See war noch aufgewühlt und schaukelte das Boot hin und her. Die riesige Wolkenwand zog mit ihren Wassermassen und den fürchterlichen Blitzen weiter.

„Wischnu hat uns errettet“, sagte Chandra atemlos. „Wir haben es überlebt.“

„Ja, wir haben …“ Malindi brach ab und starrte entsetzt auf die Ausbuchtung in der Ducht, wo das Auge Subedars gewacht hatte.

Jetzt war die magische Nadel mit dem Brettchen verschwunden und die Ausbuchtung war voller Wasser.

„Oh, großer Geist!“ rief er aus. „Die magische Nadel …“

„Sie ist weg!“ schrie Chandra. „Das Meer hat sie geholt! Jetzt sind wir verloren!“

Das verlorengegangene Auge Subedars war ein herber Verlust für sie, den selbst Malindi fürchtete. Aber irgendeine ferne Stimme in ihm frohlockte auch. Sie hatten jetzt keinen Aufpasser mehr, und es hatte sich gezeigt, daß auch das magische Auge der Götter verletzlich war und nicht die Kraft hatte, den wütenden Elementen zu trotzen.

Sie standen bis zu den Knien im Wasser und blickten sich ratlos an.

Ringsum war nichts als die gigantische Wasserfläche ohne Land, eine Wüste, die lebte und atmete, wenn sie sich hob und senkte.

„Wir müssen nach Osten segeln“, sagte Malindi. Er versuchte, sich am Stand der Sonne zu orientieren, aber es fiel ihm schwer. „Weißt du die Richtung genau?“

„Ich bin mir nicht ganz sicher. Die Sonne hat mich getäuscht, als sie verschwand.“

Die setzten wieder das Segel und sahen nach, ob ihr Proviant das Unwetter heil überstanden hatte.

Die Melonen hatten ein paar Druckstellen, aber sonst schien alles in Ordnung zu sein.

Das Boot lief jetzt nur ganz langsam und behäbig. In jedem Wellental schlug wieder Spritzwasser hinein.

Chandra nahm eine halbe Kokosnußschale und reichte eine andere Malindi. Damit östen sie das Wasser aus, und es dauerte eine Ewigkeit, bis es wieder da war, wo es hingehörte.

Dabei entdeckte Chandra das Brettchen. Es hatte sich unter Wasser in der Gräting verklemmt und war dort verkeilt. Mit einem glücklichen Lächeln zeigte er es Malindi.

„Das Brettchen nutzt uns nichts“, erklärte Malindi Rama fast verächtlich. „Ohne die magische Nadel ist es nur ein wertloses Stückchen Holz und nichts weiter. Wir können es drehen, wie wir wollen, es wird uns keine Richtung anzeigen oder immer die, die wir gerade haben wollen. Wirf es über Bord.“

„Nein, das werde ich nicht tun. Wir behalten es, auch wenn es ohne den Geist wertlos geworden ist.“

Chandra Muzaffar legte das Brettchen wieder in den ausgehöhlten Teil der Ducht zurück.

Sie östen weiter, bis auch das letzte Wasser aus dem Boot war. Als sie die Gräting wieder einsetzten, sah Malindi es an einer Stelle über der Plicht fahl glänzen und bückte sich.

Das Auge des Subedar sah ihn an mit seinem silbrigen Schimmer. Es lag ganz ruhig da, ohne sich zu bewegen – so, als sei es tot und für alle Zeiten erloschen.

Malindi blickte es unauffällig an, um nicht Chandras Aufmerksamkeit zu erregen. Wie unabsichtlich stellte er den Fuß über die Nadel und mühte sich mit der Gräting ab.

Wenn das Auge Subedars da liegen bleibt, dachte er, bin ich den Spion endlich los, der uns immer belauert. Ich kann es ja einfach übersehen haben, und solange die magische Nadel nicht in ihrem Brett auf dem. Nagel sitzt, ist sie kraftlos und hat anscheinend keinerlei Einfluß. Dann kann mich auch keiner mehr beobachten.

Aber das Auge Subedars war unberechenbar und tückisch. Er rutschte auf dem glatten Teil der Gräting ab und schrie laut auf, als etwas Spitzes in seinen Fuß drang. Er hob das Bein hoch und sah einen Blutstropfen, der herablief.

Die magische Nadel hatte ihn gestochen, der Geist, der in ihr wirkte, ihn mahnend daran erinnert, nicht leichtfertig zu sein.

„Was hast du denn?“ fragte Chandra, der gerade die Pinne übernehmen wollte. „Laß mal sehen.“

Er fand natürlich die Nadel und klatschte laut in die Hände, ohne sich um die kleine Wunde Malindis zu kümmern.

„Ich wußte es!“ rief er erfreut. „Ich habe gewußt, daß das Auge über uns wacht. Es hat uns geholfen, und es wird uns wieder den richtigen Weg weisen.“

Wie ein Heiligtum nahm er die Nadel und setzte sie wieder auf die alte Stelle zurück. Kaum berührte sie den Nagel, da begann sie auch schon zu zittern und zu kreisen, bis sie wieder auf den alten Punkt wies, wo sich das Zentrum der unbekannten Macht befand.

Jetzt war es nur noch ein Kinderspiel, den Kurs auszurichten und weiter nach Osten zu segeln.

Sie segelten in die Nacht hinein. Der Himmel war voller Sterne wie aufgezogene Perlenschnüre, und auch der Mond schien hell und silbern auf das Wasser.

In seinem silbrigen Schein schien die Spitze der Nadel zu glühen und zu blinken und wies ihnen auch weiterhin den Weg.

Sie aßen etwas, tranken dazu das mitgenommene Wasser und starrten schweigend über die Unendlichkeit des Meeres. Irgendwo, noch weit vor ihnen, mußte Ceylon liegen, die Perle Indiens, das Juwel des Ostens, wie es die Araber nannten.

Von den Aufregungen des Tages müde geworden, suchte sich Chandra ein Plätzchen zum Schlafen unter der vorderen Ducht, während Malindi an der Pinne hockte und finster in die Nacht starrte.

Der Subedar oder sein Geist war wieder bei ihm, und er war auch nicht loszuwerden. Malindi fragte sich, was wohl geschehen würde, wenn er das Brettchen in die Hand nahm und ins Wasser warf. Würden die Geister wieder an die Oberfläche zurückkehren und Rache an ihm nehmen? Oder würden sie ganz still und friedlich in dieser unauslotbaren Tiefe für alle Zeiten versinken?

Er wußte es nicht, und als er einmal die Hand ausstreckte, da war ihm, als tauche der große Subedar mit seinem weißen Bart aus der See auf und schüttele drohend den Kopf.

Sofort zog er die Hand zurück, als habe sie Feuer berührt.

Ein paar Stunden später verspürte er Schmerzen im Fuß, wo ihn die Nadel gestochen hatte. Im Mondlicht sah er, daß der Fuß dick angeschwollen war und bei jeder Bewegung weh tat.

Er weckte Chandra, damit der ihn ablöste und zeigte ihm das Bein.

„Das sieht aber schlimm aus“, sagte Chandra besorgt. „Die Geister haben dir die Wunde beigebracht“, weil du sie mit Füßen getreten hast.

„Ich habe sie nicht gesehen“, log Malindi. „Ich bin nur aus Versehen draufgetreten.“

„Vielleicht hattest du schlechte Gedanken, die dem großen Subedar nicht gefallen haben, und er hat dich dafür bestraft.“

„Quatsch, ich habe keine schlechten Gedanken. Ist denn der Gedanke an den Raub der Reliquie schlecht?“

„Nein, das glaube ich nicht. Wir erzürnen dadurch ja nicht die Götter, sondern nur die Singhalesen.“

Sie säuberten die Wunde, so gut sie konnten, aber nach zwei weiteren Stunden wurde Malindi schlecht, und er fieberte.

Er fing an zu phantasieren und redete fortlaufend von dem wilden Auge, das ihn ständig verfolgte. Manchmal flehte er auch laut die Götter und geheimen Kräfte an, sie mögen ihm vergeben wegen seiner schlechten Gedanken.

Am anderen Morgen hatten die Götter ein Einsehen, offenbar weil Malindi zerknirscht um Gnade gebeten hatte. Die Schwellung ging zurück, und das Fieber klang ab.

Mit einem wechselnden Gefühl aus Haß und Liebe blickte er auf die geheimnisvolle Nadel.

Er nahm sich vor, in Zukunft sehr vorsichtig zu sein.

3.

Am Vormittag des dritten Tages verschluckte sich Malindi vor Aufregung an einer Melonenscheibe. Er biß gerade hinein, als er einen dunstigen Strich voraus sah.

„Land!“ rief er. „Land, Chandra, da vorn!“

Das Segel war so weit ausgebaumt, daß Chandra es nicht gleich bemerkt hatte. Er blickte genauer hin und verriß vor Aufregung die Pinne.

„Wahrhaftig, Land“, sagte er andächtig. „Das Auge Subedars hat uns zum Land geführt.“

„Und der Wind“, sagte Malindi schnell. „Der hat natürlich auch noch kräftig mitgeholfen.“

„Jetzt haben wir es geschafft.“

„Noch lange nicht“, widersprach Malindi. „Jetzt haben wir das Allerschlimmste erst noch vor uns, die Fahrt an der Küste, den Marsch durch den Dschungel und über die Berge bis nach Kandy. Und da erwarten uns noch viel mehr Unannehmlichkeiten, denn die Tempel sind scharf bewacht und keinem Menschen zugänglich. Wenn wir diese Küste wieder im Rücken haben und den Zahn des Buddha bei uns, dann haben wir es so gut wie geschafft, aber vorher nicht.“

„Aber wir haben schon eine harte Probe hinter uns.“

„Es werden noch mehr von uns verlangt werden.“

Der dunstige Strich wurde langsam klarer, und sie bemerkten einen Küstenstreifen, der dicht mit Palmen bewachsen war. Eigentlich sah es an dieser Küste genauso aus wie drüben, von wo sie losgesegelt waren. Aber dennoch war alles neu und aufregend.

Die Küstenlinie war langgezogen und erstreckte sich weit zum Horizont, der wieder dunstig und verwaschen war. Zum Süden hin waren ein paar der Küste vorgelagerte kleine Inseln zu erkennen. Sie ragten hügelig und dunkelgrün aus der See und waren dicht bewachsen.

Sie segelten genau auf das Land zu, bis sie jede Einzelheit erkennen konnten, und sie sahen sich auch alles genau an.

Die Palmen waren viel weiter weg, als sie anfangs gedacht hatten. Der Eindruck hatte nur getäuscht.

In Wirklichkeit gab es hier keinen Sandstrand, sondern Dschungel, der bis dicht ans Wasser wuchs. Davor gab es sandige und flache Mangrovenbuchten, und erst weiter hinten überragten Kokospalmen den wildwuchernden Dschungel.

Auch Geräusche waren jetzt zu hören, die ersten außer dem Branden und Rauschen vor der Küste.

Da brüllten Affen schauerlich im Dschungel, und anderes Getier fiel mit allen möglichen Stimmen laut ein.

Vor der Lagune eines Mangrovendickichts stoben ganze Schwärme weißer, großer Vögel auf, als sie sich mit dem Boot näherten. Es war wie eine weiße Wolke, die sich plötzlich in die Lüfte erhob und unter wildem Gekreische davonstob.

Nein, es sah hier doch ein wenig anders aus als an ihrer Küste, und sie wurden recht unsanft daran erinnert, daß es immer wieder dann Überraschungen gab, wenn man am wenigsten damit rechnete oder ganz einfach für ein paar Augenblicke unachtsam war.

Ein langer Ast schrammte am Boot entlang und legte sich langsam quer vor den Bug. Das Boot wurde ein bißchen herumgedrückt und lag dann wie vor einer Sperre im Wasser.

Chandra erhob sich und nahm einen der Riemen, um den Ast oder vermoderten Baumstamm wegzuschieben. Er stellte sich vorn im Bug des Bootes hin und drückte den Riemen auf den Ast.

Für einen Augenblick glaubte er, ein kleines, starres Auge zu sehen, das ihn ausdruckslos musterte.

Dann drückte er zu und stemmte sich dagegen.

Das Wasser bewegte sich plötzlich in einem wilden Wirbel. Ein mächtiger Schwanz zuckte durch das Wasser, ein riesiges, langes Maul öffnete sich und scharfe lange Zähne bissen zu. Sie wurden mit wilder und ungestümer Kraft in den Riemen geschlagen, dessen unteres Ende krachend zersplitterte. Der fürchterliche Rachen öffnete sich ein zweites Mal.

Chandra war so überrascht und entsetzt, daß er den zersplitterten Riemen festhielt oder sich daran festhalten wollte.

Die Bestie, es war ein dösendes Salzwasserkrokodil von unglaublicher Länge, peitschte jetzt wild das Wasser. Ihr Echsenschwanz knallte an den Rumpf des Bootes, und es gab einen dumpfen Schlag.

Chandra Muzaffar wurde von der wilden Wucht ins Wasser geschleudert und stieß einen lauten Schrei aus, ehe er versank.

Malindi war starr vor Entsetzen, als er das fürchterliche Riesenmaul mit den scharfen Zähnen sah. Auch er wollte schreien, doch der Schrei blieb in seiner Kehle stecken. Er brachte ihn nicht mehr heraus.

Wie gelähmt starrte er ins Wasser auf jene Stelle, wo Chandra untergegangen war. Dort kochte und brodelte es.

Er hatte das Ungeheuer nur kurz gesehen, aber er wußte, daß es ein Krokodil war, allerdings ein Krokodil von etwas anderem Aussehen, als er sie kannte.

Ein grausiges Bild zog blitzschnell an seinem Auge vorüber. Die Erinnerung überfiel ihn schlagartig.

Er, Malindi, war damals etwa sechs Jahre alt gewesen und mit seinem Vater in einem kleinen Nachen oft zum Fischen hinausgefahren. Das lag schon viele Jahre zurück, aber es hatte sich für den Rest seines Lebens in seine Erinnerung eingebrannt.

Sie hatten in einer Mangrovenlagune gefischt, und beim Einholen des Netzes hatte sich ein riesiges Ungeheuer in dem kleinen Netz verfangen. Es war ein Krokodil, das zu toben begann und mit dem Schwanz um sich schlug. Sein Vater hatte das kostbare Netz nicht losgelassen und war dabei über Bord gegangen.

Der Rest war schrecklich und grauenvoll gewesen. Die riesige Bestie hatte das Netz zerrissen und dann nach seinem Vater geschnappt. Malindi hatte noch einen verzweifelten Schrei gehört und gesehen, wie sich das Wasser der Lagune blutrot färbte.

In der Zwischenzeit war der Nachen durch einen weiteren Schlag der Panzerechse gekentert, und Malindi hatte auf dem Kiel des Bootes gehockt und mit ansehen müssen, wie ein zweiter dieser gefräßigen Räuber auftauchte.

Sie hatten seinen Vater in die Tiefe gerissen und ihn regelrecht zerfleischt und gefressen.

Die Erinnerung an das furchtbare Unglück schlug wie ein Blitz in sein Gehirn, und auch jetzt sah er unter Wasser eine rosarote Wolke, die in alle Richtungen quoll und sich ausbreitete.

Der Inder handelte wie in Trance. Was er tat, geschah instinktiv und nicht aus Überlegung. Er konnte einfach nicht anders.

Er griff nach dem dünnen scharfen Messer, nahm es in die rechte Hand und stürzte sich kopfüber ins Wasser.

Erst als das Wasser hochaufspritzte, fiel ihm ein, daß er überhaupt nicht schwimmen konnte. Er hatte es nie gelernt.

Er paddelte wild herum, kriegte das Boot zu fassen und hielt sich mit einer Hand daran fest.

Mit der Messerhand stach er zu, als der gepanzerte Rücken der Echse auftauchte. Immer wieder stach er zu, traf manchmal ins Leere, gab aber nicht auf.

Blut färbte jetzt das Wasser rot. Malindi konnte nicht unterscheiden ob es Chandras Blut oder das des Krokodils war.

Er hieb solange ins Wasser, bis seine Kräfte erlahmten und die Echse längst nicht mehr zu sehen war. Er hätte auch fast noch auf Chandra eingestochen, als der auftrieb.

Mit allerletzter Kraft half er Chandra ins rettende Boot, wo sie lange über den Duchten hingen und vor Erschöpfung keinen Ton hervorbrachten.

Malindi starrte den anderen an. Er bemerkte, daß von Chandras Arm Blut tropfte und auf die Gräting fiel, und er sah auch, daß die scharfen Zähne der Riesenechse eine lange Fleischwunde gerissen hatten.

Er sah sich die Wunde genauer an und nickte schließlich. Sein Atem pfiff beim Sprechen immer noch.

„Du hast Glück gehabt, Chandra. Das Biest hätte dich zerfleischen können. Die Götter haben dir beigestanden.“

Chandra war weiß im Gesicht und blickte auf die Wunde, die schlimmer aussah, als sie war. Aber sie blutete stark.

„Ein Wunder ist geschehen“, sagte er keuchend. „Es war mein Glück, daß ich gut schwimmen kann, aber es hätte wirklich nicht viel gefehlt, und ich wäre …“ Er brach ab, erschöpft, ausgelaugt von der langen Zeit unter Wasser, wo er nicht atmen konnte.

„Wie mein Vater“, sagte Malindi dumpf. „Den hat auch ein Krokodil angegriffen und – und …“

„Dein Vater ist von einem Krokodil getötet worden?“ fragte Chandra entsetzt.

„Ja“, sagte Malindi einsilbig. „Und jetzt wollen wir deinen Arm verbinden, damit du nicht verblutest. Tut es sehr weh?“

Chandra nickte heftig und verzog das Gesicht. Er erhob sich mühsam, stand auf und kniete sich über die Ducht. Dann erbrach er sich, und erst jetzt setzte der Schreck bei ihm ein.

Danach untersuchte Malindi die Wunde, die die scharfen Zähne gerissen hatten. An einigen Stellen war das Fleisch zerfetzt und hing lose herab.

Der große Subedar hatte ihnen auch ein paar Salben und Pülverchen mitgegeben. Auch ein paar Stücke grobes und feines Tuch befanden sich in der kleinen Kiste.

„Es wird ein bißchen weh tun“, sagte Malindi, „aber so können wir den Arm nicht lassen.“

Als er sein Messer nahm und es vorsichtig abwischte, schloß Chandra die Augen und preßte die Lippen zusammen.

Malindi blickte über Bord und sah der rosaroten Wolke nach, die jetzt auseinandertrieb und zu einem bläßlichen Rosa wurde. Von den Salzwasserkrokodilen war nichts mehr zu sehen.

Chandra schrie nicht, als er das Messer ansetzte. Die Wunde wusch er mit Seewasser aus und paßte höllisch auf, daß sich keins dieser gefräßigen Monster in der Nähe zeigte.

Er strich Salbe auf die Wunde und verband sie mit einem der kleinen Stoffetzen. Jetzt konnte er nur hoffen, daß alles von selbst heilte, denn in der ärztlichen Kunst war er nicht bewandert.

Am späten Nachmittag segelten sie weiter, immer dicht unter der Küste entlang, denn der Wind frischte wieder auf, und falls es ein plötzliches Unwetter geben sollte, konnten sie schnell das Land aufsuchen und Schutz in einer der vielen einsamen Buchten finden.

Noch lag eine weite Strecke vor ihnen.

Drei Tage später hatten sich die Wundränder geschlossen, ohne daß Komplikationen aufgetreten waren. Chandra war auch vom Fieber verschont geblieben, das meist auf solche gefährlichen Verletzungen folgte.

Einmal liefen sie eine kleine Bucht an, die frei von Krokodilen war. Dort erlegten sie einen großen Vogel, der sich zwischen den Mangroven ein Bein abgeknickt hatte.

Sie entzündeten ein Feuer und verspeisten den Vogel.

In einem nahen Wäldchen schnitten sie einen überhängenden, starken Ast ab und fertigten daraus einen provisorischen Riemen. Den alten hatte das Krokodil total zerbissen.

Am fünften Tag tauchte vor ihnen eine riesige Landzunge auf, der eine ebenso riesige Einbuchtung folgte. In der Einbuchtung lagen verstreut etliche kleine Inseln, fast eirund und mit dichten Kokospalmen bewachsen. Sie hielten auch die vorragende Landzunge anfangs für eine große Insel, bis sie ihren Irrtum bemerkten.

„Da können wir nicht durchsegeln“, sagte Malindi. „Das Land schließt sich später wieder und dann sitzen wir wie in einer riesigen Falle.“

Sie stritten darüber, denn Chandra behauptete genau das Gegenteil.

„Dann segel nur weiter!“ höhnte Malindi. „Später werden wir mindestens einen Tag brauchen, um wieder zurückzusegeln. Das kostet uns dann schon zwei volle Tage.“

„Wir haben ja Zeit.“

Nach ein paar Stunden erkannte Chandra jedoch, daß es keine weitere Verbindung zum Meer gab und sie tatsächlich in einer Falle sitzen würden, wenn sie weitersegelten.

Beschämt wendete Chandra das Boot und übersah das Grinsen Malindis.

„Wenn du nicht mehr weiter weißt, kannst du ja auf der Karte auf meinem Kopf nachsehen. Ich war auch noch nicht hier, aber ich habe die Einzelheiten alle genau im Kopf. Der nächste Ort, den wir passieren, müßte Puttalam sein.“

„Wahrscheinlich hast du recht.“

An diesem Tag herrschten Unstimmigkeiten zwischen ihnen, und sie sprachen kaum miteinander.

Malindi starrte manchmal auf das Auge des Subedar und ärgerte sich wieder darüber, daß andere sie belauschen oder sehen konnten. Wenn sich eine günstige Gelegenheit ergab, würde er die Wundernadel durch einen Zufall verschwinden lassen.

Das wichtigste für ihn war jedoch, das Heiligtum der Singhalesen in seinen eigenen Besitz zu bringen, und da hatte er noch einiges an Rätseln herauszufinden und zu lösen. Aber da er selbst Singhalese war, sollte das nicht allzu schwer fallen.

Das Fischerdorf Puttalam sahen sie erst am nächsten Tag, bevor die Sonne den Zenit erreichte. Es bestand nur aus ein paar kleinen Hütten am Rand des Dschungels, und sie konnten es auch nur dann sehen, wenn sie sich im Boot erhoben und die Köpfe reckten.

Malindi Rama hatte eine größere Ansiedlung erwartet, und so war er ein wenig enttäuscht.

Weitere zwei Tage später stießen sie abermals auf ein. Dorf und waren überrascht.

Sie bewegten sich gerade auf eine Landzunge zu und segelten bei ziemlich schwachem Licht dicht unter der Küste.

Gerade als sie die Landzunge passierten, blickten sie in die Bucht. Sie war tief eingekerbt und führte schlauchartig ins Land hinein. Hier gab es einen feinen Sandstrand mit Kokospalmen und kleinen Hütten. Die Bucht war seicht und eine Lagune, die vormals aus Mangroven bestanden hatte. Jetzt war ein Teil der Bucht versandet, und die Mangroven waren abgestorben.

„Welcher Ort ist das?“ fragte Chandra überrascht.

„Puttalam jedenfalls nicht“, erwiderte Malindi ratlos.

„Ich denke, du hast jede Einzelheit deiner Karte genau im Kopf? Das scheint mir aber nicht der Fall zu sein. Dieser Ort ist ganz sicher nicht auf der Karte eingezeichnet.“

Sie luvten ein bißchen an und verringerten die Fahrt, um nicht gleich von den Einwohnern gesehen zu werden, doch man hatte sie offenbar schon bemerkt. Ein paar dunkelhäutige Gestalten, nur bekleidet mit einem knappen Lendenschurz, winkten ihnen zu.

„Nein, der Ort ist nicht auf der Karte“, sagte Malindi ärgerlich. „Es scheint ihn noch nicht lange zu geben. Vielleicht hat man die Hütten erst vor kurzer Zeit gebaut.“

Jetzt, da man sie doch bemerkt hatte, segelten sie langsam weiter.

In der Lagune waren Pfähle in den flachen Boden gesenkt worden. Die Pfähle befanden sich dort, wo das Wasser etwa brusthoch war.

Auf fast jedem dieser Pfähle hockte ein Mann. Es waren hagere, von der Sonne ausgemergelte dunkle Gestalten. Außer ihrem Lendenschurz trugen sie nur einen schäbigen Turban. Sie hockten fast regungslos auf den dünnen Pfählen im Schneidersitz und angelten mit langen Schnüren.

Die Angler winkten ihnen zu, redeten aufgeregt miteinander und riefen dann etwas, was die beiden nicht verstanden. Die Entfernung war noch zu groß.

„Ob das Tamilen sind?“ fragte Chandra. „Sie sind dunkler als wir.“

„Ich bin mir nicht sicher. So tief im Süden ist mir kein Ort bekannt, in dem Tamilen leben. Sie scheinen aber sehr freundlich zu sein.“

Am Strand tauchten jetzt immer mehr Leute auf. Männer, Frauen und kleine Kinder. Auch ein paar magere Hunde waren dabei, die aufgeregt zu kläffen begannen.

Ein schmales Boot löste sich vom Ufer und hielt auf sie zu. Es wurde von zwei kleinen Männern durchs Wasser bewegt.

„Wir sollten lieber verschwinden“, sagte Chandra. Seine Stimme klang besorgt. „Wir haben eine heilige Aufgabe zu erfüllen, und wenn es Tamilen sind, kann es Ärger geben.“

Ein paar der ausgemergelten Gestalten verließen jetzt ihre Pfahlsitze und sprangen ins Wasser.

„Willkommen, willkommen!“ hörten sie deutlich.

Diese Gastfreundschaft zu mißachten, wäre unhöflich gewesen. Es entsprach nicht den Gepflogenheiten, solche Grüße einfach zu ignorieren.

Malindi hielt mehr auf das Ufer zu, obwohl Chandra ihm riet, die Aufforderung zu ignorieren.

„Es sind Singhalesen wie wir“, sagte Malindi. „Sie werden uns nach Neuigkeiten ausfragen und ein bißchen tratschen wollen.“

„Und was sagen wir ihnen?“

„Wir sind Fischer aus Negombo und kehren wieder zurück. Wir haben die Küste abgesegelt und sind auf dem Heimweg.“

„Na gut, aber mir gefällt das nicht.“

Inzwischen war es jedoch schon zu spät zum Umkehren. Der Wind wehte nur noch ganz schwach, und sie liefen kaum Fahrt.

Da war auch schon das schmale Boot mit seinen beiden Insassen heran, und ein paar halbnackte Männer hatten sie ebenfalls erreicht und hielten sich mit den Händen am Dollbord fest.

In dem Boot saß ein alter Mann mit einem faserigen eisgrauen Bart, der ihm bis auf die Brust reichte.

„Willkommen“, sagte er freundlich.

Er äugte neugierig in das Boot, blickte verwirrt auf die schimmernde Nadel und forderte sie auf, die Gastfreundschaft des Dorfes zu genießen. Der Alte war der Patriarch, jedenfalls bezeichnete er sich so ähnlich.

Umringt von nassen, braunen Armen wurden sie in Richtung des hellen Strandes gezogen.

Chandra Muzaffar war unbehaglich zumute. Es waren zwar Singhalesen wie sie, aber die Gesichter gefielen ihm nicht. Die Leute hatten etwas Gieriges und Fanatisches in den Augen, was ihn beunruhigte.

Auch Malindi bemerkte die Blicke. Der Patriarch starrte immer wieder in das Boot.

„Ihr habt sicher viel zu erzählen“, sagte er mit einer seltsam hohen und pfeifenden Stimme. „Woher seid ihr?“

„Aus Negombo“, erwiderte Malindi. „Wir sind Fischer, und manchmal tauchen wir auch nach Perlen.“

„Wie heißt dieses Dorf?“ fragte Chandra. „Wir haben es auf der Hinfahrt nicht gesehen, weil wir weit weg vor der Küste segelten.“

Der Alte stand bis zur Brust im Wasser. Er war von mindestens fünfzehn Männern umgeben, die neugierig in das Boot starrten. Malindi fiel auf, daß sie hauptsächlich auf die schimmernde Nadel blickten.

Auch der Patriarch starrte ständig auf die Nadel, aber er und die anderen schienen sich auch sehr für das Boot und seinen Inhalt zu interessieren.

Jedenfalls erhielten sie auf ihre Frage keine Antwort. Der Alte deutete auf die zitternde Nadel.

„Was ist das?“

Die Situation schien gefährlich zu werden, wie Malindi Rama viel zu spät erkannte. Diese Männer hatten nicht vor, ihnen Gastfreundschaft zu gewähren. Sie wollten etwas anderes. Sie wollten das Boot.

Malindi stieß die Nadel leicht an. Sie zitterte, bewegte sich und kehrte wieder auf ihren Punkt zurück.

„Das heilige Auge des großen Subedar“, sagte er feierlich. „Er ist der Geist der Naturgewalten, und er sieht und hört alles. Seine Kraft ist in der magischen Nadel verborgen.“

„Du lügst“, sagte der Patriarch heiser. „Er ist ein Dämon, ein Zauberer mit dem bösen Blick.“

„Das auch. Er tötet jeden, der ihn anfaßt, und wird Unheil über jene bringen, die ihm nicht gehorchen.“

Einen Augenblick lang schwiegen die Männer eingeschüchtert. Der Patriarch überlegte und grinste dann bösartig.

„Ein wunderschönes Boot“, sagte er, wobei er sich immer noch mit den anderen am Dollbord festklammerte. „So eins können wir nicht bauen. Man kann weit auf See damit hinaus. So ist es doch, das habt ihr selbst gesagt. Ihr seid ja weit draußen gewesen. Dieses Boot könnte uns ungeahnten Reichtum bescheren. Wir brauchten nicht mehr von den Pfählen zu angeln.“

„Das habe ich mir gedacht“, knirschte Chandra leise. „Ist das vielleicht euer Willkommensgruß?“ fragte er dann scharf.

Die anfängliche Freundlichkeit fiel von den Gesichtern ab. Der Alte rüttelte mit seinen dürren Händen an dem Boot. Sein Blick war feurig und wild.

„Ihr kriegt das schmale Boot“, sagte er, „und wir nehmen dafür das Boot hier. Es ist nur ein Tausch, weiter nichts.“

„Subedar wird euch vernichten, wenn ihr das tut!“ schrie Malindi. „Das Boot gehört uns. Wir wollen nicht tauschen. Es würde nur Unglück über euer Dorf bringen.“

„Noch mehr Unglück kann es nicht geben“, erwiderte der Alte hitzig. „Wir haben Hunger, aber die Buchten und Lagunen sind leergefischt. Deshalb brauchen wir ein großes Boot. Manchmal sitzen wir tagelang auf den Pfählen, ohne daß wir auch nur einen Fisch fangen.“

„Dafür sind wir nicht verantwortlich.“

„Nein, sicher nicht. Aber das Schicksal hat euch zu uns geführt und uns den Weg gewiesen, wie wir besser fischen können. Draußen gibt es große und prächtige Fische, in der Lagune nur sehr kleine, meist aber gar keine. Ihr tut nur ein gutes Werk, wenn ihr uns das Boot gebt. Wenn ihr es aber nicht gebt …“

„Was dann?“ fragte Malindi hitzig und tastete unauffällig nach seinem scharfen Messer.

„Dann nehmen wir es uns“, sagte der Patriarch wie selbstverständlich.

4.

Seine schmale Hand schoß vor und stieß das Brettchen um. Die Nadel fiel heraus und landete irgendwo unter der Gräting.

Malindi glaubte, jetzt müsse die Welt einstürzen.

Aber es geschah gar nichts. Der große Subedar mit seinen geheimnisvollen Kräften unternahm nicht das Geringste, um ihnen zu helfen oder beizustehen. Er ließ sie einfach im Stich.

„Euer Dämon schläft“, sagte der Alte gehässig. „Wo sind denn seine teuflischen Kräfte?“

Chandra war ebenfalls entsetzt, als sich nichts tat. Wo blieb die geheimnisvolle Kraft? Was taten die Götter, um sie zu beschützen?

Die Singhalesen johlten jetzt und rüttelten so heftig an dem Boot, daß es zu kentern drohte.

Braune Hände packten zu, zerrten Melonen heraus und warfen sie ins Wasser. Das Geschrei und Gejohle wurde lauter.

Ein Kerl mit Augen wie glühende Kohlen krallte sich an Malindi fest und versuchte, ihn aus dem Boot zu zerren. Ein anderer schlug mit den Fäusten nach Chandra, und der Patriarch feuerte sie durch lautes Geschrei an.

Vom Ufer erschienen noch mehr Leute, die sich ins flache Wasser stürzten, um den anderen zu helfen. Ein paar warfen mit Steinen nach ihnen.

Malindi geriet in rasende Wut. Sein Blut kochte innerhalb weniger Augenblicke, und er sah nur noch tanzende Kreise vor seinen Augen.

Er nahm das Messer und stach auf den höhnisch grinsenden Patriarch ein. Er stach wie ein Wilder um sich und stürzte sich auf die braunhäutigen Männer.

Ein wildes Handgemenge begann.

Die Lagunenfischer waren nicht bewaffnet, aber sie waren dafür in der Überzahl und hofften so, die beiden durch die Masse zu überwältigen. Doch sie waren an zwei heißblütige Fanatiker geraten, die kein Erbarmen mehr kannten. Jäh loderten Haß und Wut in ihnen auf, und Chandra griff nach dem Riemen, den sie gerade erst angefertigt hatten.

Obwohl sein verletzter Arm wild brannte und schmerzte, hieb er mit dem Riemen auf Köpfe, Rücken und Gesichter ein und schrie dabei laut und gellend.

Der Patriarch sank mit einem Gurgeln ins Wasser zurück und ließ das Dollbord los. Zwei andere waren so benommen, daß sie im brusthohen Wasser taumelten und versanken.

Aber jetzt geriet Malindi erst richtig in Wut. Er lief Amok.

Das Messer in der Rechten, sprang er über Bord und stach brüllend auf jeden ein, der sich in seiner Nähe zeigte.

Innerhalb weniger Augenblicke waren vier oder fünf der Lagunenfischer tot und trieben im Wasser.

Einige flüchteten bereits zum Ufer, von dem weitere Steine heranflogen.

„Ich bin der Dämon!“ schrie Malindi und stach einen weiteren Mann nieder.