Seewölfe - Piraten der Weltmeere 617 - Burt Frederick - E-Book

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 617 E-Book

Burt Frederick

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Beschreibung

Gerade wollte Kapitän Toolan von dem gemeinsamen Mahl an der provisorischen Tafel der Siedler ein Gebet sprechen, da wurde der Braten auf dem Tisch mit einem Pfeil gespickt. Der Schaft vibrierte unter der Wucht des Einschlags. Eine Frau schrie gellend. Frauen und Männer sprangen von den grob gezimmerten Sitzbänken auf. Schreie und Gebrüll mischten sich. Auch die Kinder schrien jetzt, angesteckt von der Panik der Erwachsenen. Sie behinderten sich gegenseitig, als sie versuchten, sich aus der Enge zwischen Tischen und Bänken zu befreien. Etliche stürzten. In die Angstschreie mischten sich Laute der Wut. Kapitän und Offiziere herrschten die Mannschaften an, sich mit Waffen zu versorgen. In desem Augenblick setzte der Pfeilhagel ein. Ein unheimliches Schwirren brach über die Hastenden und Schreienden ein...

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Seitenzahl: 124

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Impressum

© 1976/2020 Pabel-Moewig Verlag KG,

Pabel ebook, Rastatt.

eISBN: 978-3-96688-031-2

Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

Burt Frederick

Blutige Küste

Das Leben in der Neuen Welt beginnt mit Panik und Tod

Es war, als hätten sie das Paradies entdeckt.

Das Paradies im Paradies.

Seit ihrer Ankunft in der Neuen Welt waren erst wenige Tage vergangen. Die Eindrücke waren überwältigend, das Land von unvorstellbar üppiger Pracht. All das Schöne vermochte auch durch die Schrecken der Indianerangriffe nicht getrübt zu werden. Jung und voller Hoffnung, wie Laura und Michael waren, sahen sie die Zukunft in den schillerndsten Farben.

Und nun, da sie auf ihrem Streifzug das idyllische Fleckchen gefunden hatten, fühlten sie sich in ihren kühnsten Erwartungen bestätigt.

„Hiermit nehme ich diese Bucht in Besitz!“ erklärte Michael Anderson feierlich.

Laura Stacey schmiegte sich an ihn und blickte lächelnd zu ihm auf …

Die Hauptpersonen des Romans:

Michael Anderson – der junge Siedler bezahlt seine Sorglosigkeit mit einer schweren Pfeilwunde.

Laura Stacey – seine Verlobte wird von Indianern geraubt und erlebt Stunden des Grauens, die sie nie vergessen wird.

Gordon Jameson – gerät mit zwanzig anderen Siedlern in eine Falle und soll mit ihnen am Marterpfahl sterben.

Rory Calloway – hat mit einer Gruppe anderer Siedler die Nase voll, übernimmt mit ihnen die „Explorer“ und will nach England zurücksegeln.

Philip Hasard Killigrew – die Atlantiküberquerung war ein Pappenstiel gegen das, was er und seine Arwenacks an der Küste der Neuen Welt erleben.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

1.

„Glaubst du, daß sich jemand danach richtet?“

„Jeder“, erwiderte er im Brustton, der Überzeugung. „Ab sofort ist dies Anderson Bay. Kolumbus hat die Neue Welt entdeckt. Ich bin der Entdecker dieser Bucht. Sie gehört uns.“

„Meinst du das wirklich so, wie du es sagst?“ Ihr Blick forschte in seinen ernsten Gesichtszügen.

„Aber ja!“

„Dann ist es ungerecht.“

„Was?“ Auf einmal sah er verblüfft aus. „Was redest du da?“

Laura warf mit einer kecken Kopfbewegung ihr schulterlanges blondes Haar zurück. Es schimmerte seidig im Licht der Morgensonne. „Es ist ungerecht, wenn du die Bucht Anderson Bay nennen willst. Wir haben sie gemeinsam entdeckt. Du warst nicht einen Schritt vor mir da. Die korrekte Bezeichnung müßte also lauten: Anderson Stacey Bay. Oder noch besser: Stacey Anderson Bay. Ladies first, nicht wahr?“

Er blies die Wangen auf und schickte einen Blick zum Himmel. „Überflüssig, völlig überflüssig!“

„Hör mal!“ protestierte sie. „Was meinst du mit ‚überflüssig‘? Willst du auf einmal behaupten, daß Frauen unwichtig seien? Wir haben England hinter uns gelassen und wollen freie Menschen sein. Also habe ich ebenfalls gewisse Rechte, oder? Immerhin trägt dieses Land beispielsweise einen Frauennamen: Virginia.“

Michael lächelte. „Sir Walter Raleigh hat darunter wohl weniger einen Namen verstanden als vielmehr eine Anspielung auf Königin Elizabeth. Eine allerdings respektvolle Anspielung auf ihre Jungfräulichkeit, vermute ich.“

„Lenke nur nicht vom Thema ab. Es geht hier nicht um Sir Walter, nicht um die Queen und auch nicht um Virginia. Es geht um …“

Er legte ihr den Zeigefinger auf die Lippen. „Verschwende deine Gedankenkraft auf etwas anderes, liebe Laura. Der Name Stacey wird schon bald keine Rolle mehr spielen.“

„Wie bitte? Bist du noch bei Trost? Mein Name soll unwichtig sein?“

„Das habe ich nicht gesagt. Wenn du allerdings meinst, daß alle kirchlichen und weltlichen Gesetze hierzulande nicht mehr gelten sollen, ist es vielleicht etwas anderes. Ich war davon ausgegangen, daß eine Frau den Namen ihres Ehemannes annimmt.“

Sie starrte ihn an. Ihre Augen wurden groß. „Aber …“

„Es gibt kein Zurück“, sagte er in gespielt drohendem Ton. „Wir sind verlobt. Du hast dich mir versprochen. Punktum! Ich werde dich nicht freigeben. Wenn du mich loswerden willst, müßtest du mich vergiften.“

Sie küßte ihn. „Michael“, hauchte sie. „Warum auf einmal so eine Eile? Wir haben doch noch nicht einmal richtig Fuß gefaßt.“

Er lächelte und zog die Schultern hoch. „Es muß wohl an diesem paradiesischen Fleckchen Erde liegen. Es wirkt so anregend auf die Unternehmungslust. Wir sind irgendwie auserwählt. Ist dir das noch nicht klargeworden?“

Laura lachte. „Du bist verrückt.“

„Es macht Spaß, verrückt zu sein. Glaubst du, auch nur irgend jemand in England könnte sich etwas wie das hier vorstellen?“

„Vom Paradies kann man nur träumen.“

„Eben drum“, sagte Michael mit einem ernsthaften Nicken. „Ich glaube, es ist uns überhaupt noch nicht richtig bewußt geworden.“

„Was meinst du?“

„Daß wir wahrhaftig das Paradies für uns entdeckt haben.“

„Michael, ich bitte dich!“ Laura schlang die Arme um seinen Nacken und blickte zu ihm auf. „Laß uns aufhören, so übermütig zu sein! Es führt zu nichts Gutem.“

„Seit wann bist du abergläubisch?“ Er lachte, umfaßte ihre Hüften und hob sie ein Stück hoch. „Wir haben dem Tod ins Auge gesehen – als die Cholera an Bord ausbrach. Wir haben die schlimmsten Stürme auf See überstanden. Erinnerst du dich noch? Zeitweise war es so furchtbar, daß wir alle glaubten, wir würden von der Hölle verschlungen.“

„Oder von einem dieser schrecklichen Meeresungeheuer.“

Michael ließ seine Verlobte wieder zu Boden sinken. „Ja, es ist wahr. Alle diese Schrecken haben wir heil überstanden. Das hat eine tiefere Bedeutung. Wir müssen es uns nur einmal richtig vor Augen führen. Ich habe es gesagt: Wir sind auserwählt. Das meine ich wirklich nicht in einem überheblichen Sinn. Wenn wir an die vielen armen Menschen denken, die unterwegs den Tod gefunden haben – durch Krankheit oder durch Naturgewalten –, ist es da nicht irgendwie logisch, daß das Schicksal noch etwas für uns vorgesehen hat? Etwas Großes und Bedeutendes?“

Laura wurde nachdenklich. Sie preßte die Lippen aufeinander.

„Nein, Michael“, sagte sie schließlich, „ich glaube doch, daß es nicht gut ist, so zu reden. Du meinst es nicht überheblich, gewiß nicht. Aber es ist doch eine Art von Übermut darin.“

„Du meinst – Übermut tut selten gut?“ Er lachte abermals.

„Lach mich bitte nicht aus, Michael. Ich finde, Demut sollte unser Denken und unser Tun bestimmen.“

„Hast du dich von den frommen Brüdern auf der ‚Explorer‘ beeinflussen lassen? Dann berücksichtige bitte, daß sie bei all ihrer Barmherzigkeit vor allem eines im Kopf hatten: sich möglichst schnell und möglichst kräftig zu bereichern.“

„Du bist ungerecht. Sie waren fehlgeleitet von Mister Gould. Auch Kapitän Toolan hat sich zu sehr beeinflussen lassen. Aber ich bin sicher, daß sie alle beeindruckt hat, was Sir Hasard ihnen vor Augen führte. Sie sind ja wie umgewandelt.“

Michael nickte. „Wir sind alle nur Menschen. Jeder von uns hat seine kleinen oder großen Schwächen und Fehler, die er nicht entdecken kann, wenn er nach Belieben handeln darf, ohne daß ihm jemand auf die Finger klopft.“

„So gesehen“, entgegnete Laura mit spitzbübischem Lächeln, „wäre es dann wohl doch von Vorteil, wenn wir so bald wie möglich heiraten.“

Er staunte. „Woher rührt dein plötzlicher Sinneswandel?“

„Es wäre nur zu deinem Guten. Du würdest endlich jemanden haben, der dir auf die Finger klopft, wenn nötig. Du würdest deine schlechten Angewohnheiten ablegen lernen – überhaupt: Du würdest schließlich ein vollkommener Mensch werden.“

Michael brauchte eine Weile, bis er den Mund wieder zukriegte. „Ist es das, was Ehefrauen bewirken? Aus ihren Männern perfekte Menschen zu bilden?“

„Aber ja. Jede Frau ist sicher, daß sie das schafft.“

„Himmel“, sagte er erschrocken, „dann muß ich mich beeilen.“

„Wobei?“

„Noch schnell ein paar Sachen zu tun, die sich nicht gehören.“

„Zum Beispiel?“

„Dies!“ rief er und packte sie, ehe sie sich sträuben konnte. Sie zappelte und kreischte, und er lachte, als er sie auf seinen muskulösen Armen in das seichte Wasser der Bucht trug. Unter seinen Schritten schien es sich in kristallene Perlen zu verwandeln, die glitzernd im Sommerlicht emporstiegen.

Das einfache Leinenkleid war völlig durchnäßt und lag wie eine zweite Haut auf Lauras jugendlich straffem Körper. Sie prustete, als Michael sie erneut auf seine Arme nahm. Sie legte die Hände um seinen Nacken und küßte ihn, während er sie zum Ufer trug.

„Und jetzt noch etwas Verrücktes“, sagte er leise, indem er sie sacht absetzte. Er lehnte sich an die knorrigen Luftwurzeln eines dieser mächtigen Bäume, die die Bucht umsäumten. „Wenn wir schon im Paradies sind …“

Er brauchte nicht weiterzusprechen. Laura nickte. „Ich würde mir sowieso den Tod holen in diesen nassen Sachen. Du auch. Wir lassen das Zeug an der Sonne trocknen.“

Augenblicke später liefen sie Hand in Hand über den weißen Sand, ohne einen Fetzen Stoff auf dem Leib. Sie genossen die Sonne auf ihrer nackten Haut, und sie tollten wie Kinder in dem Wasser, das so wundervoll klar und erfrischend war. Die Bucht schien wie dafür geschaffen, zwei Menschen das Alleinsein zu ermöglichen.

Laura und Michael wußten das um so mehr zu würdigen, als sie das wochenlange Eingepferchtsein an Bord der Galeone ebenso schwer ertragen hatten wie die anderen Siedler. Es war ein Gefühl grenzenloser Freiheit, sich von den kristallenen Fluten umschmeicheln zu lassen und auf die Weite des Albemarle Sounds hinauszublicken.

Die Schiffe und die Siedlung waren von hier aus nicht zu sehen. Weit reichten die Landzungen, die die Bucht zu nahezu drei Vierteln eines Kreises umschlossen. Laura und Michael hatten sich in der ersten Arbeitspause dieses Tages abgesondert und waren in Ufernähe nach Westen gewandert.

Das Land war von einer faszinierenden Wildheit. Buntgefiederte Vögel schwirrten von Baum zu Baum, und im Unterholz waren die merkwürdigsten Laute von Tieren zu hören, die dort ihr geheimnisvolles Leben führten, ohne sich dem Menschen zu zeigen.

Laura hatte sich anfangs gefürchtet, aber Michael hatte sie beruhigt. Die Tiere griffen Menschen nicht an, wenn man sie nicht herausforderte. Und von blutgierigen Bestien war hier schon gar nichts bekannt. Michael hatte es von jenen Siedlern gehört, die schon nach einer früheren Überfahrt in Virginia gelandet waren.

Wenn man sich im übrigen nicht zu weit vom Lager entfernt, ging man praktisch keinerlei Risiko ein. Der Weg durch den Uferwald war nicht beschwerlich gewesen, das Unterholz keineswegs undurchdringlich. Und nichts deutete darauf hin, daß sich hier jemals menschliche Wesen aufgehalten hatten. Es gab keinerlei Spuren, keinerlei Trampelpfade.

Laura und Michael waren sich der Tatsache bewußt, daß sie gewissermaßen auf jungfräulichen Boden vorgedrungen waren. Die Bezeichnung, die Sir Walter diesem Land gegeben hatte, gewann eine neue, zusätzliche Bedeutung.

Sie umarmten sich im hüfthohen Wasser und horchten gegenseitig auf ihren Herzschlag und ihren Atem. Die Sonne schien in den letzten Minuten noch an wärmender Kraft gewonnen zu haben.

„Du mußt schwimmen lernen“, sagte Michael. „Wir werden bestimmt an einer Bucht oder an einem Fluß wohnen. Da muß man schwimmen können. Ich werde es dir beibringen. Denn du mußt es unseren Kindern beibringen.“

Sie lachte hell. „Warum ich?“

„Weil ich meine Zeit damit verbringen werde, unser täglich Brot zu verdienen.“

„Ach! Heißt das, daß meine Tätigkeit von geringerer Bedeutung sein wird?“

„Himmel, nein! Unsere Kinder brauchen das Rüstzeug für ihr künftiges Leben. Dazu gehört, daß sie die nötigen Fähigkeiten erwerben, um Gefahren gewachsen zu sein.“

„Ich fange an, vor mir selbst Ehrfurcht zu gewinnen.“ Laura setzte abermals ihr spitzbübisches Lächeln auf. „Und außerdem: Du sprichst von unseren Kindern. Woher weißt du, daß es sie geben wird? Nur weil du es willst?“

Er hob sie hoch und versetzte ihr einen Klaps auf die Kehrseite. Als sie zu zappeln begann, ließ er sie sinken. Er setzte einen finsteren Blick auf und sah ihr drohend in die Augen. „Ist dir das nicht klar? Es gibt auch ein paar Punkte, über die der Mann zu bestimmen hat. Ich verfüge hiermit, daß wir beide mindestens zehn Kinder haben werden. Basta!“

Laura erschrak. „Halt mich fest“, ächzte sie. „Ich bin noch nie in Ohnmacht gefallen, aber ich fürchte, jetzt passiert es.“

Er ließ sie los und lachte. „Einschüchtern lasse ich mich nicht. Nutzen wir die Gelegenheit zur ersten Schwimmlektion. Sieh genau her, das Wasser ist klar genug. Ich zeige dir, wie man die Arme und Beine bewegt.“ Bevor sie widersprechen konnte, glitt er nach ins Wasser, von ihr weg.

Seine Bewegungen erschienen so einfach und selbstverständlich, daß Laura nicht begreifen konnte, warum man das Schwimmen nicht von selbst beherrschte, ohne es erst lernen zu müssen. Daheim in London lernten es die meisten Jungen. Für die Mädchen dagegen schickte es sich nicht, sich im Wasser zu balgen und sich so durchnäßt zu zeigen, daß man gewisse körperliche Einzelheiten erkennen konnte.

„Siehst du?“ rief Michael. „Es ist überhaupt nichts Geheimnisvolles daran!“

Er schwamm einen Bogen, um zu Laura zurückzukehren. Ein scharfes Zischen durchtrennte die Luft. Es endete in einem dumpfen Laut.

Michael schien im Wasser zu rollen. Eine Wucht, die stärker war als er, hatte ihn herumgeworfen.

Eine dunkelrote Wolke entstand unter seinem Oberkörper, vergrößerte sich rasch und ließ an ihren Rändern wabernde Fetzen entstehen. Michaels Gesicht tauchte in die Blutwolke. Sie warf einen düsteren Schatten auf den von der Sonne erhellten sandigen Grund der Bucht.

Michaels Schulter hob sich aus dem Wasser. Laura vermochte nicht einmal zu sagen, ob es die linke oder die rechte Schulter war. Ein Pfeil ragte heraus, so lang wie ein Männerarm. Das Schaftende war gefiedert, die Federn leuchteten in allen Farben des Regenbogens.

Laura schrie gellend. Ein Krampf erfaßte ihren Körper. Sie war nicht imstande, sich zu rühren, obwohl alles in ihr danach schrie, loszustürzen, um Michael zu helfen. Sein blondes Haar wurde im Blut gebadet und färbte sich rot.

Laura begann zu zittern. Mit jedem Atemzug wurde das Zittern stärker, und dann fühlte sie sich wie von einer unsichtbaren Faust gepackt, die sie durchschüttelte. Sie konnte sich nicht dagegen auflehnen, ihre Muskeln gehorchten ihr nicht mehr. Ihr Schrei wurde zu einem Wimmern.

In ihrem Entsetzen erkannte sie nicht, daß Michael abtrieb. Er bewegte sich nicht mehr und lag mit dem Gesicht nach oben im Wasser. Die Wolke aus Blut hatte sich weiter vergrößert. Ausläufer einer Strömung erfaßten ihn, doch Laura nahm nichts davon wahr.

Schleier stiegen vor ihren Augen auf und trübten ihren Blick. Die Umgebung verschwamm. Das Bild, das sie sah – Michael in seinem Blut –, verbarg sich mehr und mehr hinter einem Nebel, wobei sich die Ränder des Bildes im Nichts verloren.

Nach langen Sekunden wurde sich Laura der Gefahr bewußt, in der auch sie schwebte. Erst jetzt dämmerte ihr, was dieser buntgefiederte Pfeil bedeutete. Es zerriß ihr das Herz, Michael nicht helfen zu können. Nichts wünschte sie sich in diesem Moment sehnlicher, als schwimmen und tauchen zu können, um Michael mit sich zu ziehen und gemeinsam mit ihm der tödlichen Gefahr zu entrinnen.

Erneuter Schreck durchzuckte sie. Woher nahm sie die Gewißheit, daß er überhaupt noch am Leben war?

Ihre Gedanken waren wie ausgelöscht, als sie sich umdrehte.

Es waren Gestalten, die wie Statuen aussahen.

Bronzestatuen.

Angst und Ausweglosigkeit raubten Laura alle Kraft. Es gab keine Richtung, in die sie fliehen konnte. Es war nur noch ihr Instinkt, der ihr das sagte. Sie starrte und starrte und konnte sich nicht bewegen. Es war wie der Anblick des mörderischen Raubtiers, der das hilflose Reh lähmte. Dabei hatten die Männer eher etwas Würdevolles als etwas Blutrünstiges an sich.