Sein Leben schreiben - Emil Angehrn - E-Book

Sein Leben schreiben E-Book

Emil Angehrn

0,0
17,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Das Buch erkundet Wege und Umwege des Gedächtnisses in Philosophie und erzählender Literatur. Es fragt nach der existentiellen Bedeutung der Erinnerung, die ihren Ausdruck auf unvergleichlich prägnante Weise in einigen der bedeutendsten Werken der literarischen Moderne findet – paradigmatisch zunächst bei Marcel Proust in der „Suche nach der verlorenen Zeit“, aber auch bei Vladimir Nabokov, Jorge Semprun, Patrick Modiano und Peter Kurzeck. Wieso verlangt der Mensch nach Erinnerung? Wonach strebt die Suche nach der verlorenen Zeit? Lebenserinnerung verfolgt ein zweifaches Ziel: die zerrinnende Zeit anzuhalten und sich in seinem Leben gegenwärtig zu werden. Sie wehrt sich gegen das Vergehen und Vergessen, in ihr sucht der Mensch sich zu finden und sich über sein Leben zu verständigen. Erinnerung vollzieht sich in mannigfachen Formen. Das Vergangene kann in spontanen Bildern wiederkehren oder verschlossen sein und sich nur der beharrlichen Arbeit des Gedächtnisses öffnen; Erinnerungen können in Leidenserfahrungen und in Glücksversprechen wurzeln. Sich erinnern entspricht einem ursprünglichen Bedürfnis der Menschen und geht ein in den Vollzug eines gelingenden Lebens.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Emil Angehrn

Sein Leben schreiben

Wege der Erinnerung

KlostermannRoteReihe

für Monique

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Originalausgabe

© 2017 · Vittorio Klostermann GmbH · Frankfurt am Main

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere die des Nachdrucks und der Übersetzung. Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Werk oder Teile in einem photomechanischen oder sonstigen Reproduktionsverfahren oder unter Verwendung elektronischer Systeme zu verarbeiten, zu vervielfältigen und zu verbreiten.

Satz: post scriptum, www.post-scriptum.biz

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017

ISSN 1865-7095

ISBN 978-3-465-04299-0 (Print)

ISBN 978-3-465-34299-1 (mobi)

ISBN 978-3-465-24299-4 (epub)

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Einleitung: Die Frage nach der Erinnerung

I. Die Zeit des Lebens

1. Das sich verstehende Leben

1.1 Das Selbstverhältnis des Lebens

1.2 Bewusstes Leben

1.3 Selbstbeschreibung

(a) Sprache und Sinnbildung

(b) Ausdruck und Selbstbeschreibung

(c) Lebensbeschreibung und Selbstwerdung

2. Leben in der Zeit

2.1 Zeit und Zeittranszendenz

2.2 Die Zeit des Lebens

(a) Dimensionen des Zeitlichen

(b) Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft

2.3 Die Herausforderung der Zeit

2.4 Alter und Sein zum Tode

II. Die Kunst der Erinnerung

3. Die Aneignung des Vergangenen

3.1 Der Widerstand gegen das Vergessen

3.2 Das Lesen des Lebenswegs

3.3 Ganzheit und Identität

3.4 Räume und Formen der Erinnerung

(a) Objektive und subjektive Erinnerung

(b) Formen der Erinnerung

4. Unwillkürliche Erinnerung: Die Präsenz des Vergangenen

4.1 Plötzlichkeit

4.2 Erkenntnis und Wiedererkenntnis

4.3 Gegenwärtigkeit

4.4 Glück

4.5 Unwillkürliche Erinnerung als Modell und Maßstab?

5. Vermittelte Erinnerung: Die Wiedergewinnung des Vergangenen

5.1 Von der unmittelbaren zur vermittelten Erinnerung

(a) Das gemeinsame Ziel

(b) Der Umweg der Kunst

5.2 Mittelbare Vergegenwärtigung (I): Spurensuche, Zurückgehen, Wiedererleben

5.3 Mittelbare Vergegenwärtigung (II): Sprache als Ausdruck und Reflexion

III. Das erzählte Selbst

6. Zeit und Erzählung: Selbstfindung in der Zeit

6.1 Narrative Identität

6.2 Narrative Kohärenz und Lebensbeschreibung

6.3 Autobiographische Selbstfindung

7. Selbsterzählung und Endlichkeit: Das Problem der narrativen Selbsteinholung

7.1 Der Ausgriff auf das Ganze und das Vorlaufen zum Tod

7.2 Das ganze Leben erzählen

7.3 Der Wettlauf mit der Zeit

IV. Die Zukunft des Vergangenen

8. Das unerledigte Vergangene

8.1 Der Entzug des Vergangenen

8.2 Das Vergangene, das nie gegenwärtig war

8.3 Das Nichtgeschriebene lesen

8.4 Das unvergangene Vergangene

9. Leidenserinnerung

9.1 Aporien der Erinnerung

(a) Ohnmacht des Gedächtnisses

(b) Die Herausforderung des Negativen

(c) Leiden und Versagung des Erinnerns

9.2 Notwendigkeit der Erinnerung

9.3 Wege und Umwege der Erinnerung

(a) Unfreie Erinnerung und Wiederholung

(b) Durcharbeiten – Lesen und Schreiben des Vergangenen

(c) Rettende Erinnerung

(c1) Der Anspruch des Vergangenen

(c2) Die Darstellung des Nicht-Darstellbaren

(c3) Das Zeugnis des Nicht-Bezeugbaren

10. Glückserinnerung

10.1 Leidenserinnerung und Glückserinnerung

10.2 Modell Kindheitserinnerung

(a) Lebensanfang und Ursprung der Erinnerung

(b) Ursprünglicher Verlust und Sehnsucht

10.3 Der Ort der Kindheit in der Lebenserinnerung

(a) Glück und ursprüngliche Fülle

(b) Heimat und Geborgenheit

(c) Anfang und Offenheit

(d) Versprechen und Verlangen

10.4 Nachholende Erinnerung

10.5 Zwischen Leidenserinnerung und Glücksversprechen

(a) Die zweifache Unabgegoltenheit

(b) Zweifache Erinnerung

V. Erinnerung und Selbstfindung

11. Die wiedergefundene Zeit

11.1 Erinnern und Vergessen

11.2 Erinnerung als Wiederholung

(a) Wiederkehr und Wiedererkenntnis

(b) Leben als Wiederholung

12. Das wiedergefundene Selbst

12.1 Nichts ist verloren

12.2 Selbsteinholung und Selbsterkenntnis

12.3 Die Selbstgegenwart im Leben

Literaturverzeichnis

Namenregister

Anmerkungen

Einleitung

Die Frage nach der Erinnerung

»Que celui qui pourrait écrire un tel livre serait heureux.«1

Wie wäre der glücklich, der sein Leben zu schreiben vermöchte! – so lässt Marcel Proust seinen Erzähler sinnieren, der nach langen Lebensjahren den Entschluss fasst, sein Leben in einem Buch niederzuschreiben. Das Vorhaben, das ihm vor Augen steht und dessen Durchführung ihm als hohes Glück erscheint, zielt nicht einfach darauf, vergangene Geschehnisse zu registrieren und über die Zeit festhalten. Vielmehr soll es darum gehen, jene Fülle und Gegenwärtigkeit des Lebens, die der Erzähler in bestimmten Erlebnissen und Begegnungen spontan erfahren hatte, in ihrer Wahrheit zu erschließen und sie im Schreiben lebendig werden zu lassen. Es ist ein Unterfangen, dessen äußerste Schwierigkeit, aber auch Dringlichkeit dem Erzähler gleichermaßen vor Augen stehen. Eine große Mühsal, meint er, hätte der Autor eines solchen Werks auf sich zu nehmen, er müsste es sorgfältig

»wie eine Offensive vorbereiten, es ertragen wie die Qual der Ermüdung, wie eine Ordensregel auf sich nehmen und wie eine Kirche erbauen, ihm folgen wie einer ärztlichen Weisung, es überwinden wie ein Hindernis, erobern wie eine Freundschaft, hegen und pflegen wie ein Kind, es schaffen wie eine Welt.«2

Gleichzeitig mit der alle Kräfte herausfordernden Aufgabe lastet die Zeit auf dem Erzähler, drängt ihn die Furcht, zu spät zu kommen und das Vergangene nicht mehr einholen, sein Werk nicht mehr verwirklichen zu können:

»Ich hatte gelebt wie ein Maler, der einen Weg hinaufgeht, unter dem ein See sich breitet, dessen Anblick ihm ein Vorhang aus Felsen und Bäumen verdeckt. Durch eine Lücke erblickt er ihn; er hat ihn ganz und gar vor sich; er greift zu seinem Pinsel. Doch schon kommt die Nacht, in der man nicht mehr malen kann und über der sich kein neuer Tag erheben wird.«3

Das Anliegen, das Proust in seiner eminenten Bedeutung und Schwierigkeit so eindringlich beschreibt und dem er selbst mehr als zehn Jahre seines Lebens gewidmet hat, ist das Projekt, sein Leben schreibend einzuholen, im Schreiben sich selbst wiederzufinden. Dass solche Erinnerungsarbeit nicht nur Mühsal bedeutet, sondern auch Befriedigung, ja höchstes Glück verheißen kann, ist von vielen bedacht worden. Paul Ricœur hat die ungezählten Formen des Erinnerns und Vergessens, die er in seiner umfassenden Untersuchung La mémoire, l’histoire, l’oubli vor Augen führt, unter den »Leitstern« einer mémoire heureuse gestellt, Inbegriff jenes Glücks, dessen die Menschen im Erinnern teilhaftig werden.4 Das Glück der Erinnerung ist – parallel zur Mühe, auch zum Schmerz des Erinnerns – zu einem Leitmotiv der Reflexion über Erinnerung geworden. Indessen ist das Motiv, so emphatisch es vertreten wird und so hohe lebensweltliche Plausibilität es in der Sehnsucht nach dem Vergangenen gewinnen kann, in hohem Maße aufklärungsbedüftig. Namentlich drei Fragen verbinden sich mit der von Proust ausgebreiteten Vision.

Zum einen bleibt zu verdeutlichen, worin das Glück des Erinnerns eigentlich besteht. Wieso verlangt der Mensch nach Erinnerung; nach welcher Erfüllung strebt die Suche nach der verlorenen Zeit? In welchem Sinne gelangt der Mensch im Wiederfinden des Einst zum Ziel seiner Sehnsucht? Worin liegt die seinsmäßige Verschränkung zwischen dem Erinnern und dem Erleben von Glück?

Zum anderen stellt sich die Frage, wie solche Erinnerung, solche Beglückung zustande kommt. Welche Art von Erinnerung liegt der Erfüllung zugrunde? Wie verhält sich die spontane Freude des Wiedererkennens zum Glück in der hartnäckigen Arbeit des Gedächtnisses?

Worin liegt schließlich das Hindernis im Erinnern und Schreiben des Lebens – jene große Schwierigkeit, gar Unmöglichkeit, welche Prousts Erzähler die Durchführung seines Vorhabens hinausschieben, seine Verwirklichung in den Irrealis setzen lässt?

Dies sind Fragen, deren Beantwortung sich nicht von selbst versteht. Sie weisen auf ein weites Feld phänomenaler Differenzierungen und begrifflicher Klärungen, durch welche hindurchzugehen nötig ist, um dasjenige, worum es in der Suche nach der verlorenen Zeit geht, deutlicher zu erfassen. Wenn wir uns in der ersten Sondierung dieses Terrains vom Werk Marcel Prousts leiten lassen, der dieses Anliegen ins Äußerste getrieben hat, so deutet sich unmittelbar eine Richtung der Konkretisierung der Problemstellung an.

Die außergewöhnliche, schier unüberwindliche Schwierigkeit des Unterfangens, die er so vielfältig beschwört, liegt ja nicht einfach in dessen ausgreifendem Anspruch und der Komplexität des Gegenstandes: nicht nur darin, dass wir das Leben in seinen vielfältigen Schichten und Verästelungen nicht zu umfassen, dass wir es in seiner Dunkelheit und Verworrenheit nicht zu durchdringen vermögen, dass wir die vergangene Zeit nicht einzuholen, ihr Entgleiten nicht aufzuhalten vermögen. Jede Beschreibung ist ein Sichabarbeiten an dem, was sich dem Verständnis entzieht, jedes Erinnern ein Widerstand gegen das Entschwinden und Vergehen. Darüber hinaus aber besteht die eigentliche Herausforderung darin, eine abgründige Kluft zu überbrücken, die zwei Weisen des Erinnerns voneinander trennt. Proust beschreibt sie als Kluft zwischen der mémoire involontaire, der unwillkürlichen Erinnerung einerseits, wie sie sich in herausgehobenen Erlebnissen einstellt, die uns schlagartig in eine frühere Zeit, eine frühere Empfindung zurückversetzen, und der Rekonstruktion vergangener Zeiten in einer schrittweisen Aufarbeitung und Darstellung andererseits. Es ist der Unterschied zwischen unwillkürlicher und bewusst hervorgerufener Erinnerung, zwischen dem plötzlichen Einbrechen des Vergangenen ins Jetzt und dem geduldigen Bemühen um die Vergegenwärtigung früherer Zeiten und Geschehnisse.

Dabei fungiert die erste, spontane Erinnerung in gewisser Weise nicht nur als Maß der wahren Präsenz des Gewesenen kraft ihrer Intensität und unwiderleglichen Gewissheit, sondern ebenso als Inbegriff einer Glückserfahrung. In eindringlichen Passagen beschreibt Proust die eigentümliche Entrückung, die Seligkeit, in welche der Erzähler durch eine besondere Wahrnehmung, durch das Aufbrechen einer alten, scheinbar verdeckten Empfindung versetzt wird, und ebenso die Bemühung, dieses Überwältigtwerdens habhaft zu werden, das Glückserleben zu verstehen, seinen Grund zu erfassen. Es ist die Erfahrung einer außergewöhnlichen Gegenwart und Erfüllung, deren er in solchen Erlebnissen teilhaftig wird. Wenn der Erzähler nun auch das Projekt, sein Leben zu schreiben, in den Horizont eines Glücksversprechens stellt, so ist doch offenkundig, dass es nicht um dieselbe Erfüllung und unvermittelte Präsenz des Vergangenen gehen kann, die in diesem Schreib- und Rekonstruktionsprozess angestrebt, womöglich gefunden wird. Die Arbeit der Erinnerung, der er sich hingeben will, ist von jenem Ineinanderschießen der Zeiten, jenem Aufbrechen des Vergangenen im Jetzt ebenso weit entfernt wie die ihr immanente Befriedigung vom Glück jenes plötzlichen Einswerdens mit sich und dem einst Erlebten. Um sich über das große Vorhaben einer Suche nach der verlorenen Zeit Klarheit zu verschaffen, ist es als erstes erforderlich, die strukturelle Differenz beider Formen der Erkundung des Vergangenen, aber auch die Nähe und Ferne des ihnen zugrundeliegenden Strebens, der von ihnen erhofften Erfüllung zu verdeutlichen. Die einschüchternde Schwierigkeit des geplanten Werks, die dem Erzähler vor Augen steht, ist ja auch durch das Gewahrwerden des Abgrunds bedingt, der beide Erinnerungsmodi voneinander trennt – die dennoch in ihren Fluchtlinien aufeinander verweisen. Auch die bewusste, schrittweise Aufarbeitung des Vergangenen ist durch jenen idealen Leitstern des glücklichen Erinnerns erleuchtet, der für das Wiederfinden, die Auferweckung des Gewesenen steht. Die den Erzähler beunruhigende Frage ist, ob und in welcher Weise die Kunst einholen kann, was das spontane Erleben gewährt. Es ist die Frage, mittels welcher Technik, auf welchen Wegen und Umwegen die beharrliche Arbeit sich jenem Ziel annähern kann, in welches uns die unwillkürlichen Erinnerung je schon versetzt. Angesichts der grundlegenden Andersartigkeit der beiden Gedächtnisformen mag dieses Ziel als utopisch, die Aufgabe als unlösbar erscheinen. Und dennoch scheint es so, dass auch die Kultur des Gedächtnisses, die ars memoriae ein Interesse artikuliert und ein Ziel verfolgt, das dem Menschen kein nebensächliches ist, sondern sein Leben zuinnerst bestimmt. Das Glück der Erinnerung geht nicht in der Unmittelbarkeit der Präsenz auf.

So bleibt beides genauer zu bestimmen: die Glückseligkeit des Einswerdens mit dem Vergangenen und die Freude der geduldigen, beschwerlichen Arbeit der Memoria, und ebenso die ihnen korrespondierenden, unterschiedlichen Modalitäten des Erinnerns, des Zurückgehens ins Vergangene und Gegenwärtigwerdenlassens des Gewesenen. Offensichtlich ist nicht einfach die eine Gedächtnisform die Norm der anderen, sowenig sie ihre Grundlage oder ihren Horizont bildet. Gleichwohl sind sie, bei aller Fremdheit, nicht losgelöst voneinander. Sie verweisen aufeinander in ihrem Vollzug wie ihrer subjektiven Erfüllung. Diese Verweisung aufzuhellen gehört zur Verständigung über Begriff und Praxis des Erinnerns. Dazu legt es sich nahe, von der unwillkürlichen Erinnerung, als Präsenz- und Glückserlebnis, auszugehen, um in einem zweiten Schritt der Frage nachzugehen, auf welchem Weg und mit welchen Mitteln die bewusste, methodische Erkundung des Vergangenen, das Schreiben des Lebens ein Analogon jener Gegenwart und jener Erfüllung erstreben, möglicherweise herbeiführen kann. So soll der erste Schritt vom Glückserlebnis, dem eigentümlichen emotionalen Überwältigtsein ausgehen und von ihm aus erforschen, in welcher Weise hier Vergangenes gegenwärtig, das Vergehen überwunden wird. Der zweite Schritt geht gewissermaßen in Gegenrichtung von der Erforschung und Sammlung des Vergangenen aus, um die Frage anzuschließen, in welcher Weise solche Suche und Vergegenwärtigung einem Bedürfnis und einer Sehnsucht menschlichen Lebens entspricht.

Dabei bieten die beiden Schritte die Möglichkeit, die Erinnerungsproblematik in zwei für sie konstitutive Dimensionen hinein auszuweiten, in die Dimension der Zeit und diejenige der Sprache. Auf der einen Seite markiert die mémoire involontaire eine herausgehobene Figur existentieller Zeitlichkeit, genauer des modalen, in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aufgespannten Zeitbewusstseins, indem sie das unablässige Vergehen aller Dinge auf die reine Gegenwart des Erlebten hin überschreitet, in gewisser Weise die Zeit selbst auf die Zeitlosigkeit hin transzendiert. Vom Erleben dieser Koinzidenz aus ist Erinnerung als solche im Horizont der Temporalität des Lebens in ihrer Bedeutung, ihrer Macht und ihren Grenzen zu reflektieren. Auf der anderen Seite vollzieht sich die intentionale Ver-Gegenwärtigung des Vergangenen nicht rein bewusstseinsimmanent, sondern greift aus auf Formen der Vergegenwärtigung, allen voran die Sprache, in welcher Gewesenes festgehalten und interpretiert, Prozesse strukturiert und angeeignet werden. Hier kommt Erinnerung als eine besondere Form der umfassenden Darstellung und Reflexion in den Blick, in welcher der Mensch sich über sich selbst, über sein Leben und die Welt verständigt; die Sprache, höchstes Vermögen und Auszeichnung des Menschen, bildet das Medium, in welchem er sich auf Vergangenes, Gegenwärtiges und Künftiges bezieht, sein Leben schreibt. Die Frage nach der Erinnerung gilt dem Rückblick in der Zeit ebenso wie dem Selbstsein als Ausdruck und reflexiver Selbstfindung. Eine Verständigung über Erinnerung ist nicht ablösbar von Überlegungen zur Zeit, zur Sprache und zum menschlichen Selbst. Zeit und Sprache sind Wesensbestimmungen der menschlichen Lebensform, die zugleich auf Grundfragen der Philosophie verweisen, die hier nicht in ihrer ontologischen und erkenntnistheoretischen Weite, sondern in ihrem existentiellen Bezug aufzugreifen sind. Von ihnen soll die folgende Untersuchung ihren Ausgang nehmen. Sie spannen den Horizont auf, innerhalb dessen es darum geht, das Faszinosum der Erinnerung zu ergründen und ihre Binnenstruktur ebenso wie ihren Ort im menschlichen Leben zu erhellen.

I.

Die Zeit des Lebens

1. Das sich verstehende Leben

1.1 Das Selbstverhältnis des Lebens

Menschliches Leben gilt als die höchste Form des Lebens. Dies nicht einfach deshalb, weil in ihm das Lebendige seine höchsten Fähigkeiten entwickelt und seine höchste Gestalt ausbildet, weil sich das Leben im Menschen von der Bewegtheit des Natürlichen zum Leben des Geistes erhebt. Genauer liegt die Steigerung darin, dass sich im Menschen der Grundzug des Lebens, selbstbezügliche Bewegung zu sein, in neuer Form ausprägt. Menschliches Sein hat Teil an der spezifischen Prozessualität, welche das Leben als solches ausmacht und die sich durch Selbstbezüglichkeit auszeichnet, als eine Bewegung, die aus sich kommt und auf sich selbst gerichtet ist. In basaler Form ist die Reflexivität diejenige des Lebens, das sich selbst bejaht und das Leben will. Das dem Leben immanente Streben ist eines, das nicht nur auf irgendwelche Ziele und Leistungen gerichtet ist, sondern in reflexiver Form nach der Erhaltung, ja, Steigerung des Lebens selbst strebt. In der klassischen Naturphilosophie ist diese Prozessform als teleologische gefasst worden, als zweckmäßige Gerichtetheit der Naturwesen, die in ihrem Aufbau und ihrer Bewegung, im Einschlagen von Wegen, Koordinieren der Teile und Verwenden von Mitteln auf ein Ziel, zuletzt auf das Sein des Lebendigen selbst gerichtet sind. Durch ihre gestaltende und synthetisierende Kraft strukturieren Lebewesen die Funktionsweise des Organismus und dessen Entwicklung in der Zeit. Wenn auch menschliches Dasein an der funktionalen Selbstregulierung und selbstbezüglichen Dynamik des Lebendigen teilhat, so besteht die Steigerung, welche die höhere Seinsform des Menschen kennzeichnet, nicht in einer bloßen Optimierung der Selbstregulierung und dynamischen Potenzierung des Lebens. Vielmehr geht es darum, dass der Selbstbezug des Lebens auf eine andere Ebene gehoben, in einer anderen Form realisiert wird. Menschliches Leben ist bewusstes Leben, von sich wissendes, sich über sich verständigendes, sich beschreibendes Leben.

1.2 Bewusstes Leben

Menschliches Leben ist, wie tierisches Leben, für sich seiendes Leben. Es ist nicht nur ein objektiver, final strukturierter Prozess und auch nicht nur ein funktional-selbstbezüglicher, auf das Wohl und Weiterbestehen des Organismus gerichteter, ihm zugute kommender Verlauf. Es ist für sich in dem Sinne, dass es dem lebenden Subjekt explizit gegeben ist, als Gegenstand vor Augen steht, so dass es sich bewusst auf sein Leben beziehen, sich zu ihm verhalten kann. Dieses bewusste Verhalten zu seinem Leben hat eine theoretische und eine praktische, eine kognitive und eine voluntative Dimension. Menschliches Leben ist von Beginn an ein sich spürendes, sich gewahrendes, sich selbst erfahrendes Leben. Phänomenologische Beschreibungen haben die basale Selbstaffektion und Selbstwahrnehmung aufgezeigt, die dem lebendigen Existieren je schon innenwohnt. Die Intentionalität, die das Merkmal bewussten Lebens bildet, geht nicht auf im Gerichtetsein auf äußere Gegenstände, sondern enthält immer auch das Für-das-Subjekt-Sein dieses Bezugs; Bewusstsein von etwas geht mit dem zumindest impliziten Bewusstsein seiner selbst einher. Darüber hinaus aber gibt es das ausdrücklich dem eigenen Selbst, der seelischen Befindlichkeit und dem eigenen Körper zugewandte Bewusstsein, wie es namentlich in einer von der Leiblichkeit ausgehenden Analyse betont wird. Das Lebendigsein des Menschen ist nicht nur ein objektiver Befund, sondern verbindet sich von vornherein mit dem subjektiven Zustand des Bewusst-Seins, des Wachseins als Basis jeder spezifizierenden Selbstwahrnehmung und Verhaltensweise.

Jenseits der Basis der Bewusstheit und elementaren Selbstwahrnehmung – die im Wesentlichen ein Erkennen im Modus der Passivität, des Erlebens und Affiziertwerden ist – ist menschliches Leben kognitiv auf sich bezogen, indem es Wege der expliziten Erkundung seiner selbst beschreitet. Es sind Wege der Erforschung, der Interpretation und des Bemühens um Verständnis, auf denen das Leben mit sich selbst vertraut wird, sich in seiner strukturellen Verfassung wie seiner je besonderen Bestimmtheit kennenlernt. Zur menschlichen Existenz gehört das Bedürfnis nach Selbsterkenntnis, das sich in verschiedenen Bereichen und variierenden Formen äußert. Eine integrale Selbsterfassung und Selbsttransparenz kann geradezu zum Ideal einer reflektierten Lebensführung werden.

Dabei geht solche Transparenz über das Registrieren und kategoriale Ordnen vorgefundener Bestände des Lebens hinaus. Erkenntnis bemüht sich um ein erklärendes Verstehen und geht über in die interpretierende Auslegung vollzogener Handlungen und gemachter Erfahrungen, mündet in eine Selbstauslegung, in deren Medium das Leben sich Gestalt gibt und zum konkreten Dasein des Einzelnen oder der Gruppe wird. Der Mensch ist das sich selbst interpretierende Lebewesen1 und hebt sich darin, sowohl kraft seiner Nicht-Festgelegtheit und Freiheit wie durch die Leistung der eigenen Formgebung, von anderen Lebewesen ab. Zur Diskussion steht dabei nicht nur die Frage nach der Wesensbestimmung, nach dem, was der Mensch ist, sondern ebenso die Gerichtetheit und konkrete Gestaltung des Lebensprozesses. Der Mensch ist nicht nur das sich erkennende, sondern das sich über sich verständigende, sich suchende, sich orientierende und sich Bestimmtheit gebende Lebewesen. Menschliches Leben ist vom komplexen Prozess des Verstehens und Sich-Verstehens nicht ablösbar, in welchem es allererst seine Bestimmtheit und konkrete Form findet. Zum Tragen kommt ein Grundgedanke der Existenzphilosophie, demzufolge der Mensch nicht in einer vorausliegenden substantiellen Wesensbestimmung, sondern im Vollzug seines Lebens über sich Aufschluss erhält.2 Die Frage nach dem Selbst findet ihre Antwort nicht über eine Begriffsdefinition, sondern im Prozess des Lebens als einem Vollzug der Selbsterkundung, der kreativen Selbstdeutung und der unabgeschlossenen Verständigung über sich selbst.3

Nun ist solche Selbstverständigung ebensosehr eine Selbstaufklärung des Menschen darüber, was er ist, wie darüber, wer er sein will, ein Akt der Selbstfindung wie der Orientierung und willentlichen Bestimmung seiner selbst. Die Selbstbezüglichkeit menschlichen Lebens ist auch auf der reflektierten Ebene, jenseits der vitalen Selbstaffirmation, Ausdruck eines Interessiertseins am eigenen Sein und des Besorgtseins um sich. Es geht, so Heidegger, dem Menschen in seinem Leben um sein Leben4, nicht nur um das Weiterexistieren, sondern um die Art und Weise des Lebens; nach Aristoteles hat Leben sein inneres Ziel im guten Leben. Es ist, wie Dieter Henrich ausführt, das je eigene Leben, welches ausmacht, was der einzelne für sich selbst ist, das er verstehend zu durchdringen und als das seine anzueignen, letztlich nicht nur zu vollziehen, sondern zu führen hat: Das Wissen des Menschen von sich und sein Sich-Verhalten zu seinem Leben durchdringen sich wechselseitig.5 Sowohl sein Leben zu führen wie sich im Leben über sich selbst zu verständigen stehen für jene herausgehobene Reflexivität, welche das menschliche Leben als solches auszeichnet. Es ist eine Reflexion, in welcher der Mensch sich nach Henrich auf sein Leben als ganzes bezieht und letztlich, in einer Sammlung des Lebens, auch mit der Frage konfrontiert, wieweit er sein Dasein nur als Faktum anzunehmen oder es in einer letzten Lebensaffirmation zu bejahen hat.6 Sich-Verstehen aus dem Zusammenhang des Lebens, Sich-Verständigen über den Grund und das Ganze des Lebens und bewusstes Führen seines Lebens sind Momente des einen, umfassenden Vollzugs menschlicher Existenz.

1.3 Selbstbeschreibung

(a) Sprache und Sinnbildung

Verständigung über sich verbleibt nicht im Binnenraum des Selbst. Sie vollzieht sich nicht nur im Raum subjektiver Bilder, Vorstellungen, Gefühle und Einstellungen. Sie bedarf, um über sich Klarheit zu gewinnen und für das Subjekt selbst zu einem stabilen Orientierungsrahmen zu werden, der Artikulation des Gedanken in der sprachlichen Äußerung. Sprache ist das Medium des Sinns, in welchem Erlebnisse und Ereignisse ihre Bestimmtheit gewinnen und für das Subjekt konkret fassbar, in ihrer Bedeutung, ihren Voraussetzungen und Folgen verstehbar werden. Sprache ist nicht nur das Organ der Kommunikation mit anderen, sondern zuvor für den sprechenden Menschen selbst das Medium der Erschließung der Welt und seiner selbst. In der Versprachlichung durchdringt der Mensch seine Erfahrung, erarbeitet er sich ein Verständnis der Dinge und Geschehnisse, ordnet er die erlebte Geschichte und die wahrgenommene Umwelt. Mittels der Sprache, des Bemühens um den richtigen Ausdruck wird er sich über die eigenen Empfindungen und Meinungen klarer, gliedert und strukturiert er diffuse Befindlichkeiten und Absichten, unternimmt er eine Deutung seines Lebens und gibt diesem eine identifizierbare Gestalt. Sprache ist das originäre Medium der Sinnbildung, der Transformation der Fakten und Stoffe in verstehbare Gegenstände, die untereinander in Konstellationen treten und vom Subjekt in bestimmter Weise aufgefasst werden. Dabei kommt der ›Sinn‹ nicht primär in der normativen Bedeutung eines Zwecks oder einer höheren Bestimmung (wie in der Rede vom Sinn eines Opfers, Sinn des Lebens) ins Spiel, sondern in der hermeneutischen Verwendung als ›verstehbare Bedeutung‹ (wie beim Sinn eines Zeichens, eines Satzes). Sinnbildung heißt zunächst, Ereignisse, Handlungen oder Institutionen darauf hin zu erfassen, ›als was‹ sie gemeint sind oder in einem bestimmten Zusammenhang fungieren. Sprechend vollziehen wir diese Als-Wahrnehmung oder Als-Interpretation, durch welche die uns umgebende Welt ihre Stummheit verliert, etwas bedeutet und zu uns spricht.

Darin wird Sprache zum genuinen Medium des Erkennens. Indem der Mensch sein Sein und Erleben zur Sprache bringt, indem er die gesellschaftlich sedimentierte sprachliche Formierung der Welt entziffert, erkennt er sich selbst und die Welt. Sprache beschreibt nicht nur ein schon Erkanntes, sondern ist selbst ein Instrument des Erkundens, des Identifizierens, Klassifizierens und Deutens; sie reproduziert nicht ein Vorgegebenes, sondern ist selbst ein Mitttel des Hervorbringens, der Konstitution der gegliederten Welt und des eigenen Selbst. Menschliches Sprechen hat in gewisser Weise an der Schöpfungsmacht des göttlichen Wortes teil, indem es zwar nicht wie dieses aus dem Nichts oder zur Gänze schafft, wohl aber Seiendes in jener Bestimmtheit entstehen lässt, in der es für uns sinnhaft fassbar wird und unsere Welt, unseren Lebenskreis ausmacht. Erst als sprachlich imprägnierte wird die Welt zu der Welt, in welcher wir leben; erst als sprachlich ausformulierte wird Selbstverständigung zum Gefäß der Existenz.

Nun ist innerhalb der Sprache ein kulturtechnischer Schritt von Belang, der dem Übergang vom diffusen zum geformten Gedanken, der Herausbildung der konkreten Welt zusätzliches Profil und Gewicht verleiht. Es ist der Schritt der Schrift, der äußerlichen Fixierung der Sprache im lesbaren Zeichen. Schrift ist keine universelle Komponente menschlicher Verständigung und menschlicher Kultur. Gesellschaften können sich organisieren und sich eine institutionelle Verfassung über orale Traditionen und praktizierte Konventionen geben. Auch die Äußerung, deren eine reflektierte Selbstverständigung bedarf, kann in schriftloser Artikulation, in einer elaborierten Erzählung und differenzierten Kommunikation ohne textuelle Fixierung vonstatten gehen. Dennoch ist der Übergang zur Schrift keine kontingente Zutat, sondern, einmal vollzogen, wie eine irreversible Grundgegebenheit der sprachlichen Welt- und Selbstkonstitution. Sie ermöglicht nicht nur eine größere – soziale und temporale – Reichweite, sondern eine gesteigerte Reflektiertheit der Verständigung. Schrift, die den Ausdruck festhält, erlaubt eine besondere Weise des Reidentifizierens, aber auch des Zurückkommens, Befragens, Vertiefens und Weiterführens, der kritischen Auseinandersetzung mit sinnhaften Gebilden, Traditionen und Theorien. Sie kann Grundlage der Starrheit einer Lehre sein, aber ebenso der Entdogmatisierung dienen, indem sie divergierende Lesarten und verworfene Alternativen festhält und der diskursiven Verflüssigung zugänglich macht. Nach ganz verschiedenen Hinsichten bildet Schrift das Element der kognitiven Durchdringung, sozialen Begründung, historischen Konsolidierung und reflexiven Aneignung der Welt. Sie bildet eine spezifische Grundlage und ein strukturierendes Ingrediens der individuellen und sozialen Lebenswelt. In gewisser Weise wird die konstitutive Leistung sprachlicher Artikulation und Schöpfung durch die Verschriftlichung erweitert und in sich potenziert. Nicht umsonst gilt die schriftstellerische Tätigkeit als Paradigma der erschließenden, gestaltenden und kreativen Durchdringung des eigenen Lebens und der gemeinsamen Welt. Der Prozess der Sinnbildung erfolgt über eine vergegenständlichenden Äußerung, wie sie auch der bildende Künstler vollzieht und wie sie exemplarisch der Schriftsteller realisiert, für den nach Claude Simon der Sinn nichts Vorgegebenes ist, das er dem Publikum zu zeigen und weiterzugeben hätte, sondern etwas, das er im Laufe seiner Arbeit in der Sprache erzeugt, deren Resultat unendlich reicher als die anfängliche Intention ist. Es ist eine Arbeit, deren Unwegsamkeiten Simon in seiner Nobelpreis-Rede ähnlich beschreibt wie sie Proust geschildert hatte: »L’écrivain progresse laborieusement, tâtonne en aveugle, s’engage dans des impasses, s’embourbe, repart – […] toujours sur des sables mouvants.«7 Doch nicht nur die Mühsal, sondern ebenso die eminente Macht der sprachlichen Vergegenwärtigung, die Ausdruck wie Entdeckung und schöpferische Gestaltung ist, tritt uns im Werk des Schreibens entgegen. Sie nähert die Leitidee der Selbstverständigung dem Motiv der Selbstbeschreibung an.

(b) Ausdruck und Selbstbeschreibung

Nach Richard Rorty gibt es für Menschen nichts Wichtigeres, als sich immer wieder selbst neu zu beschreiben.8 Die pointierte Formel knüpft an eine Grundeinsicht der existentiellen Hermeneutik an, welche besagt, dass menschliches Leben ein grundlegend verstehendes Leben ist, worin Menschen immer schon ein bestimmtes Verständnis ihrer selbst haben, Bilder von sich und Interpretationen der Welt entwerfen, in deren Horizont sie leben. Im Gedanken der Selbstbeschreibung führt Rorty die beiden vorausgehenden Leitideen, die Reflexivität des sich über sich verständigenden Lebens und die schöpferische Kraft sprachlichen Ausdrucks, zusammen, indem er sie zugleich mit der Idee eines emphatischen Selbstseins verbindet, das sich selbst behauptet und in der Selbstbeschreibung zu sich selbst findet. Solche Selbstfindung kommt nicht in der Introspektion, sondern über den Ausdruck zustande. Nicht indem er in sich geht, sondern indem er sich äußert und sich in seiner Äußerung erkennt, kommt der Mensch zu sich, versteht er sich selbst. Die Figur entspricht dem hermeneutischen Grundsachverhalt, den Wilhelm Dilthey dem menschlichen Sein und aller kulturellen Wahrnehmung zugrunde legte, dem »Zusammenhang von Leben, Ausdruck und Verstehen«9; was für Dilthey das Fundament geisteswissenschaftlicher Forschung bildet, definiert gleichermaßen den Kern subjektiver Selbsterkenntnis und Selbstbeschreibung. Des näheren lassen sich im Konnex von Ausdruck und Selbstverständnis zwei Stoßrichtungen ausmachen, die sich in der Figur der Selbstbeschreibung verschränken: die Ideen der Selbstfindung und der Selbsthervorbringung.

Auf der einen Seite entdecken wir uns selbst im Ausdruck. Wir werden mit uns bekannt, finden die eigene Stimme im Gespräch mit anderen. Wir lernen unsere Leidenschaften und Gefühle kennen, begegnen unseren Ängsten und Phantasien im Versuch, sie auszudrücken und differenziert zu beschreiben. Wir werden uns klarer über uns selbst, können uns im Ausdruck gleichzeitig hinterfragen, Vorurteile aufdecken, uns selbst korrigieren und uns um Übereinstimmung mit uns bemühen.10 Der Ausdruck ist Arbeit an uns selbst, eine Tätigkeit des Durchleuchtens und Genauer-Sehens, möglicherweise auch des Zurückkommens und Zurechtrückens. Selbsterkenntnis auf den Wegen des Ausdrucks, auch den erst zu bahnenden, freizulegenden Wegen des Ausdrucks ist nicht nur ein Registrieren, sondern eine Selbstaufklärung und ein Mit-sich-ins-Reine-Kommen – wenn auch nie gefeit vor der Gefahr des Sich-Täuschens, ja, des Sich-Verdeckens und Sich-Verstellens.

Darin wird gleichzeitig die andere Seite der Selbstbeschreibung sichtbar, die Seite der Selbsterfindung und Selbsthervorbringung. Selbstbeschreibung, wie Rorty sie ins Auge fasst, dient der Selbstinterpretation, dem Entwurf der eigenen Identität, womit Konnotationen der Konstruktion, aber auch der Befreiung und Selbstbejahung verbunden sind. In radikaler Version bedeutet solche Selbstbeschreibung, sich von metaphysischen Menschenbildern, von einer vorgegebenen Wesensbestimmung zu verabschieden; doch auch wo sie nicht im engen Sinne als Selbstschöpfung konzipiert ist, bedeutet sie, dem eigenen Sein und Sosein die konkrete Prägung zu geben, an der sozial und biographisch bedingten Identität herumzumodeln, ihr Profil zu gestalten und ihre Bedeutung im eigenen Leben zu verankern. Zumeist und zuletzt sind beide Seiten, die rezeptive und die konstruktive Dimension der Selbstbeschreibung, nicht getrennt; sie durchdringen sich und gehen gemeinsam in die konkrete Selbstwerdung des Einzelnen wie der Gruppe ein. Viele Autoren haben im künstlerischen Schaffensprozess das Wechselspiel von Verstehen und Sagen, Lesen und Schreiben betont, beim Maler, der im Bild erscheinen lässt, was sich ihm zeigt und sich offenbart, beim Komponisten, der Gehörtes erklingen lässt. Generell hat phänomenologische Hermeneutik das Vermögen und die Aufgabe des Menschen beschrieben, die Sprache der Dinge zu vernehmen und demjenigen Ausdruck zu verleihen, was in den Phänomenen erscheint, sich dem Menschen öffnet, im Wirklichen zu Wort kommt. Im Selbstverhältnis ist diese Interferenz zwischen Hören und Antworten unhintergehbar, und sie durchzieht das Empfinden, das Tun und Sichäußern des Menschen und macht in dieser Doppelseitigkeit das Potential der Selbstbeschreibung aus. Im Ganzen affiziert solches Schreiben die Sache selbst. Anders als bei der deskriptiven Vermessung äußerer Gegenstände geht das Beschreiben des eigenen Tuns und Erlebens, das Sichschreiben und Sichausdrücken des Subjekts in das von ihm Geschriebene ein. Selbstbeschreibung ist keine nachträgliche Erfassung, sondern ein inneres, konstitutives Moment des Selbstseins und der Führung seines Lebens.

(c) Lebensbeschreibung und Selbstwerdung

Sich selbst beschreiben heißt zuletzt sein Leben (be)schreiben. Über die Erkundung seiner Fähigkeiten und Wünsche, die Orientierung in seinem Handeln und die Verständigung über seine Ziele hinaus gilt die Selbstaufklärung der faktischen Gestalt und dem Verlauf des Lebens. Mich kennenzulernen heißt auch, mein gelebtes Leben zu vergegenwärtigen, es zu entziffern, es niederzuschreiben. Eine basale Weise der Selbstfindung ist das Sich-Finden im Laufe seines Lebens, ein zentraler Pfeiler der Identitätskonstruktion ist die verantwortungsvolle Übernahme der unverwechselbaren Lebensgeschichte. Dies meint nicht eine Moralisierung des eigenen Gewordenseins, als ob dieses zur Gänze meinem Wollen und Handeln entstammte und ich für alles, was mein Leben ausmacht, das von mir Verschuldete wie das mir Zugestoßene Rechenschaft abzulegen hätte. Die Lebensgeschichte ist, wie Geschichte überhaupt, nur zum Teil Ergebnis meiner Intentionen und Taten, daneben zu einem erheblichen Teil nicht-intendierte Folge meines Handelns und Resultat der Überkreuzung meines Tuns mit äußeren Ereignissen und fremden Handlungen. Gleichwohl setze ich mich zu ihr in ein nicht nur kognitives, sondern auch praktisches Verhältnis, stehe ich vor der Frage, in welcher Weise ich sie als die meine übernehme und für sie einstehe. Die Identifikation über die Geschichte ist ein anderer Modus der Selbstfindung als die Verständigung über Lebensentwürfe, Normen und Ideale; doch bildet auch sie einen wesentlichen Teil der lebensweltlichen Selbstvergewisserung und des Einswerdens mit sich.

In der identitätskonstituierenden Funktion der Lebensbeschreibung lassen sich unterschiedliche Kristallisationspunkte auseinanderhalten.11 Ein erster liegt in der Gestalt und inneren Konsistenz des Lebenslaufs. Sein Leben beschreiben heißt zuallererst die Kontinuität einer Geschichte ausbreiten, die zeitliche und bedeutungsmäßige Verknüpfung ihrer Episoden konstruieren. Die Erzählung schließt Früheres und Späteres als Teile eines Ganzes zusammen, keineswegs als notwendige Sequenz oder Entwicklung, sondern zunächst einfach im Modus der sinnhaft lesbaren Aufeinanderfolge, welche bereits als solche eine minimale Stringenz gegen Zerstreuung und Diffusion realisiert. Es ist eine Leistung der narrativen Konstruktion unabhängig von der historischen Streitfrage, wieweit reale Kontinuitäten vorliegen oder Brüche und Lücken durch Einheitsfiktionen überwölbt und verdeckt werden. Über die chronologische Folge hinaus ist die Einheitsbildung sodann die eines Sinnzusammenhangs, innerhalb dessen Ereignisse nach ganz verschiedenen Hinsichten – als Vorstadien, Ursachen, Gegenbewegungen, Erfüllungen – bedeutungsmäßig auf andere beziehbar und damit in eine Erzählung integrierbar sind. Diese Beziehungen geben der Geschichte als ganzer ihr bestimmtes Profil, ihren Sinn, durch welchen sie ihre Bedeutung und ihren Ort in unserem Leben finden. In der narrativen Strukturierung lässt der Mensch die Lebenszeit nicht einfach verstreichen, sondern gibt ihr die bestimmte, konfigurierte Gestalt, in welcher sie zum Raum seines Lebens wird. Die Weisen solcher Gestaltgebung können nach unterschiedlichen Modellen und Kriterien praktiziert, aber auch kritisiert, korrigiert, aufgenommen und weitergeführt werden – Kriterien der objektiven Wahrheit oder der ästhetischen Gestalt, der kognitiven Durchdringung und der lebensweltlichen Eignung. Immer geht es darum, wie der Mensch in der Aneignung seines Lebens mit sich zurechtkommt, wobei das Ideal einer erzählbaren Geschichte nur ein – doch ein zentrales, nicht kontingentes – Modell des Einswerdens mit sich und seinem Leben darstellt.

Wieweit sich die Strukturen des Lebens und des Erzählens von sich aus zueinander fügen und ob das narrative Modell das Leben als ganzes umfasst oder seinen genuinen Ort nur innerhalb des Lebens, als Gefüge einzelner Epochen und Episoden besitzt12, mögen offene Fragen sein. Ein entfremdeter, desintegrierter Lebensverlauf kann sich der erzählenden Formgebung und subjektiven Aneignung widersetzen.13 Unabhängig davon zeigt sich die biographische Arbeit als eine Weise, sich mit der Zerrissenheit und Fragilität des Selbst auseinanderzusetzen, gegen Diffusion und Desintegration feste Gestalt und Identität zu gewinnen. Sie kann ihr Ziel darin haben, sich mit seinem Leben zu versöhnen, über Lebensekel und Leiden hinauszukommen, ja, sie kann sich darüber hinaus unter Leitvorstellungen des erfüllten Lebens, des Glücks stellen, die Erzählung selbst zu einem Moment des guten Lebens werden lassen. Ob solche Ideale erreicht werden, ob die Lebensbeschreibung gelingt oder scheitert, wieweit sie stabilisierungsfähig ist oder prekär bleibt, einer wahren Selbstfindung zugutekommt oder der Selbsttäuschung zuarbeitet – all dies ist vom realen Leben wie seiner konkreten Beschreibung gleichermaßen abhängig.

Nach einer anderen Hinsicht ist das Telos der Lebensbeschreibung mit der zeitlichen Verfassung des Lebens verwoben, der Besinnung auf das Vergangene und dem Ausgriff auf das Ganze. Wenn die narrative Form ihr Grundgerüst ist, so ist der Rückblick ihre originäre Blickrichtung; der retrospektive Vorgriff bildet die Kernstruktur des narrativen Satzes14, das Präteritum ist die Zeitform der Erzählung.15 Lebensbeschreibung handelt von Vergangenem, ihr Antrieb und ihre Leistung liegen nicht zuletzt im Widerstand gegen das Vergehen und Entschwinden des Lebens. Sie hält für die Gegenwart fest, was nicht mehr da ist; sie sucht, gräbt aus, rekonstruiert, was teils im Gedächtnis und in Dokumenten niedergelegt ist, teils unsichtbar und abwesend ist, sich der Vergegenwärtigung entzieht. Lebensbeschreibung ist Ausdruck des Bedürfnisses, sich in seinem Leben zu sammeln, sich im Zusammenhang seines Lebens als ganzem zu erkennen. Der Wunsch, sich in seinem Leben gegenwärtig zu werden, ist Movens des Schreibens des Lebens. Rilke spricht von der Notwendigkeit, das »Diktat des Lebens« nachzuschreiben.16 Die Rede vom Diktat und Nachschreiben spielt darauf an, dass es etwas zu hören, zu lesen gilt, dass das Leben selbst spricht und einen Sinn transportiert, der vom Diktatschreiber in Wahrheit aber nicht nur registriert und transkribiert, sondern zur Sprache gebracht, in seiner Bedeutung entfaltet und herausgestellt werden muss. Dem Bedürfnis des Menschen, sein Leben zu schreiben, korrespondiert die Notwendigkeit des Lebens, artikuliert zu werden und eine Sprache zu finden.

Menschen leben so, dass sie sich zugleich ihr Leben erzählen. Die Reflexivität menschlichen Lebens erstreckt sich über das Gewahrwerden seiner selbst und das Sich-über-sich-Verständigen hinaus auf das Erinnern und Sicherzählen. Sein Leben erzählen, aus seinem Leben erzählen ist nicht eine äußere Zutat zum Leben, sondern inneres Moment einer Lebensform. Wenn Selbstverständigung als praktische Orientierung originär zukunftsgerichtet ist, so ist die narrative Selbsterfassung ursprünglich dem Vergangenen zugewandt; zugleich ist sie auf das Ganze geöffnet, mit der unabgeschlossenen singulären Geschichte des Selbst befasst. Das Schreiben des Lebens kann ebenso offen sein wie das Leben selbst, wie dies bei Tagebüchern der Fall ist, welche ein Leben nachdenkend begleiten, oder bei Werken, die ins Offene, Unabschließbare gehen.17 Solches Schreiben geht in das Leben selbst ein und kann dem Leben zugutekommen. Auch wenn dies nicht in dem Sinne der Fall sein muss, dass der einzelne gleichsam antizipierend als Historiograph seiner selbst sein Leben führt, sondern er sich über sein gegenwärtiges Handeln und Erleben verständigt und sich rückblickend seines Lebens vergewissert, kann diese Reflexion zum inneren, substantiellen Element seines Lebens werden. Lebensbeschreibung wird Teil der Bewegung des Lebens selbst. Sie partizipiert an dessen Offenheit und unterliegt zuletzt seiner Endlichkeit. Der Versuch, aufzeichnend sich selbst und sein Leben einzuholen, vollzieht sich im Leben und in der Zeit des Lebens, steht selbst im Wettlauf mit der Zeit.18 Erst am Ende könnte der Mensch seine Lebensbilanz ziehen, über sein Leben und dessen Gelingen Rechenschaft ablegen, wie wir nach Aristoteles das Glück eines Menschen erst nach seinem Tod beurteilen können. Auch Rilke spitzt seine Forderung dahingehend zu, »das ganze Diktat des Daseins bis zum Schluss nachzuschreiben; denn es möchte sein, dass erst der letzte Satz jenes kleine, vielleicht unscheinbare Wort enthält, durch welches alles mühsam Erlernte und Unbegriffene sich gegen einen herrlichen Sinn hinüberkehrt.«19 Indessen bleibt dieser Ausgriff, ob er nun mit einer versöhnlichen oder einer ängstigenden Vision verbunden sei, in der Schwebe, bleibt der Wunsch, das Leben »auf seinem letzten Stand zu ertappen«, so Christa Wolf, »ein unstillbares, vielleicht unerlaubtes Verlangen«.20 Dem Menschen verbleibt das von Proust beschriebene Gefühl der Dringlichkeit, die Angst, in der Selbstbeschreibung und Erfassung seines Lebens zu spät zu kommen. Auch dieses Gefühl, Kehrseite der nicht zu schließenden Offenheit, gehört zur existentiellen Verfassung des Lebens und seines Fürsichwerdens.

2. Leben in der Zeit

2.1 Zeit und Zeittranszendenz

Zeit ist dem Menschen so fundamental wie die Sehnsucht nach der Freiheit von der Zeit. Der Urgegensatz zwischen der Zeit und ihrem Anderen weist in die ältesten Ursprünge der Denkgeschichte zurück. Für klassische Metaphysik ist das wahrhafte Sein ein zeittranszendentes Sein, jenseits des Entstehens, des Wandels und des Vergehens. Schon Parmenides, wichtigster Wegbereiter metaphysischen Denkens, beschreibt das Seiende als eines, das weder war noch sein wird, sondern jetzt, zusammen, ganz, eins ist1: Reine Gegenwart ist das absolut Andere der Zeit, jenseits des Flusses des Werdens und Veränderns, der Zerstreuung ins Gewesene und Noch-nicht-Seiende. Zeit erscheint als Negativum, als Seinsmangel. Was zeitlich ist, was in der Zeit existiert, ist nur in defizitärer Weise seiend.

Dieses Spannungsverhältnis, das in der Philosophie in seinen ontologischen und logischen Konsequenzen durchmessen wird, affiziert von vornherein das menschliche Leben. Der Mensch lebt in der Zeit, er ist glücklich in der Zeit und er leidet unter der Zeit, er sehnt sich nach dem Jenseits der Zeit. Im Folgenden soll die Frage nach der Zeit in dieser existentiellen Bedeutung, nicht ihrer metaphysischen und epistemologischen Weite verhandelt werden. Indessen ist auch in dieser eingeschränkteren Perspektive relevant, dass die systematische Dichotomie zwischen der Zeit und ihrem Anderen keine einfache ist und der gängige Begriffsgegensatz von Zeit und Ewigkeit das in Frage stehende Verhältnis nicht abschließend beschreibt. Jenseits der zeitlichen Prozessualität lassen sich unterschiedliche Gegeninstanzen auseinanderhalten: die reine Zeitlosigkeit dessen, was nicht temporal verfasst ist (logische Verhältnisse, Zahlen), die Dauerhaftigkeit des Seienden, das keinem Entstehen und Vergehen unterworfen ist (die Gestirne bei Aristoteles), die ›ewige‹ Immergleichheit dessen, was sich endlos in derselben Weise bewegt und reproduziert (die Wiederkehr des Gleichen, das mythische Verhängnis), die Ewigkeit des ewigen Lebens als jene Zeittranszendenz, die nicht die innere Bewegtheit hinter sich lässt, sondern sie auf einer höheren Ebene vollzieht, schließlich die Ewigkeit in der Zeit (als Teilhabe des Lebens am Ewigen, Mimesis ans Ewige, zeitloses Verweilen).2 Im Blick auf diese strukturelle Vielfalt geht es etwa in metaphysikkritischen Diskussionen darum, die von metaphysischen Positionen anvisierte ›Ewigkeit‹ als eine des Zeitfremden oder zwanghaft Immergleichen zu entlarven und ihr gegenüber die in einem höheren Leben vollzogene Transzendenz des Vergänglichen zu kontrastieren. Ebenso stellt sich mit Bezug auf den lebensinternen Umgang mit der Zeit die Frage, in welche Formen er sich ausdifferenziert und inwiefern in diesen zugleich die übergreifende Polarität von Zeit und Zeittranszendenz ausgetragen wird. Im Ganzen bleibt die Differenz zwischen der Zeit und ihrem Anderen für die Frage nach der Zeit kulturgeschichtlich und anthropologisch grundlegend. Nach der Zeit zu fragen heißt auch nach ihrer Grenze, ihrer Überwindung und ihrem Jenseits zu fragen.