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»Wann werde ich euch finden?« Getrieben von der Suche nach ihren leiblichen Eltern, findet sich Sera in einer unbekannten Umgebung wieder. Grenzenlos. Geheimnisvoll. Gefährlich. Talim hat ihr ein Versprechen gegeben und zeigt Sera eine Welt, die scheinbar frei ist. Überrumpelt von den Eindrücken und Entwicklungen stellt sie sich zusammen mit Soela den neuen Situationen, über denen ein bedrohlicher Schatten liegt. Undurchschaubar. Geduldig fügt sie sich jeder Gegebenheit und wächst an ihren Herausforderungen, doch Talims stetige Ausflüchte zehren an ihren Nerven - bis sich mit einem Schlag alles ändert und Seras Welt erneut auf den Kopf gestellt wird. Wird sie es schaffen? Begleite Sera auf ihrer Reise und lerne neue Inseln, faszinierende Begleitwesen kennen.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Rebecca L. Knippen
Sera - Verlorene Vergangenheit
Highfantasy-Roman
Erstauflage
Copyright © 2025 Rebecca L. Knippen
Lektorat & Korrektorat: Rieke Conzen
Covergestaltung und Wesen: Jana Stehr
Ornament und Buchsatz: Rebecca L. Knippen
Impressum: Rebecca L. Knippen
c/o WirFinden.Es
Naß und Hellie GbR
Kirchgasse 19
D-65817 Eppstein
Social Media: r.l.knippen_books
eMail: [email protected]
Veröffentlicht über tolino media
»Weil jeder in seinem Leben eine beste Freundin auf vier Pfoten braucht!«
H.S.
Du warst immer für mich da.
Diese Geschichte entstand in meinem Kopf – ihre Schauplätze, ihre Charaktere, ihre Wesen und ihre Entwicklung.
Wie das Leben ist, ist der zweite Teil:
Überraschend.
Manchmal grausam.
Zu oft unwirklich.
Highfantasy ist für mich nicht nur magisch und ein Abenteuer, sondern beinhaltet auch Wendungen, die alles andere als „schön“ sind.
Dass du diese Zeilen liest, bedeutet, dass dich meine Geschichte nicht mehr los gelassen hat und du wissen willst, wie es weiter geht – was mich sehr freut!
Ich möchte, dass du diese Reise weiter beschreitest, ohne zu wissen, was auf dich zukommt. Das macht für mich ein gutes Buch aus.
Daher werde ich auf Stichwörter, die den Inhalt des Buches vorwegnehmen, verzichten.
Ich wünsche dir viel Spaß beim Lesen und Eintauchen in meine Welt!
Dunkelheit. Sera umgab eine Leere, die sie erfüllte, durchströmte, beherrschte. Arias weit aufgerissene Augen waren das Letzte, was sie auf Maaron gesehen hatte.
Wut.
Sorge.
Verzweiflung.
Ihre Schwester hatte sie nicht wiedererkannt. Arias Blick hatte sie verraten, denn der warme Ausdruck darin hatte gänzlich gefehlt. Doch Sera erkannte den Grund nicht. Und umso mehr sie sich darauf konzentrierte, desto gleichgültiger wurde diese Tatsache.
Schwerelos trieb sie dahin, abgeschottet von jeglichen Empfindungen. In ihrer Brust verharrte eine Taubheit, die sie erdrückte, betäubte und ihr kam es so vor, als würde sie einen Impuls zurückhalten. Der Körper wurde ihr entrissen.
***
Staub und Asche.
Mit dem ersten Augenaufschlag sah sie nur Grau und Schwarz. Seras Kopf dröhnte und ihre Erinnerungen kamen Stück für Stück zurück. Vorsichtig hob sie den Arm und legte ihn an ihre Stirn.
Das Portal.
Ihre Schwester und Keno.
Talim.
Schlagartig wurde ihr heiß, ihre Wangen begannen zu glühen, kleine Schweißtropfen bildeten sich an ihrem Haaransatz im Nacken. Er hatte ihr die Wahrheit erzählt. Doch warum hatten ihre Eltern ihn geschickt, um sie zu finden? Wenn sie am Leben waren, wieso sind sie nicht selbst zurückgekommen?
Sie kugelte sich zusammen, zog die Knie an und ließ ihren Tränen freien Lauf. Das eingegangene Wagnis und die Ungewissheit drückten sie zu Boden. Sie sehnte sich nach Antworten, mehr denn je. Doch der Weg – die Entscheidungen, die sie getroffen hatte – schmerzte. Sie war das erste Mal in ihrem Leben allein, ganz und gar auf sich gestellt, was ihr eine erstickende Angst einjagte. Schluchzer bahnten sich ihren Weg die Kehle hinauf, endeten in aschegetauchter Erde.
Wie lange sie dort lag, war ihr gleichgültig. Zeit und Raum waren nicht von Bedeutung. Hinter Seras Stirn breitete sich ein Schmerz aus, der sie zurückholte. Der sie an ihr Vorhaben erinnerte und ihr auf eine subtile Weise Kraft gab.
Aufgeben ist keine Option.
Sie rollte sich auf den Rücken, streckte die Arme und Beine von sich, beruhigte ihre Atmung. Immer langsamer hob und senkte sich ihr Brustkorb, mit Bedacht schlug sie ihre Augen erneut auf.
Der Himmel war wolkenverhangen, versteckte die Sonne, die mit aller Kraft durch eine kleine Spalte herunterschien. In weiter Ferne hörte sie das Meer. Bei den Eindrücken sortierten sich ihre Gedanken, reihten sich in einer sinnvollen Anordnung auf.
Erstens: Sie brauchte einen Überblick über die Lage. Sie war nicht verletzt, zumindest nicht ernsthaft. Knochen drückten gegen die angespannten Muskeln und jede Faser stand noch unter dem Einfluss des Adrenalins.
Zweitens: Wo war Talim? Wo war Soela?
Wiederkehrende, leichte Erschütterungen des Bodens lenkten ihre Gedanken zurück in das Hier und Jetzt. Sera rollte sich auf den Bauch und winkelte die Arme an, stützte sich ab und musterte ihre Umgebung, spähte in die Richtung, aus der sie die Ursache vermutete.
Fahle Bäume umringten sie, bildeten einen Kreis. Einige waren bis auf den Stumpf gerodet worden, andere lagen morsch neben ihrer Verankerung. Nur wenige ragten dem tristen Himmel entgegen. Die Landschaft war ein Trauerspiel aus dunklen Färbungen. Baumstamm und Erde waren ein gleitender Übergang, Kontraste waren eine Seltenheit. Schwache Sonnenstrahlen schenkten winzigen Flächen Wärme und eine Nuance mehr Farbe.
Sera schwenkte den Kopf weiter. An einem der Bäume lehnten zwei verhüllte Personen. Stechende lila Augen fixierten sie und sie vermutete anhand der Statur, dass es ebenfalls Menschen waren. Ein Kloß bildete sich in ihrer Kehle. Langsam drehte sie sich um, setzte sich auf. Die staubige Erde unter ihr knirschte seltsam bei jeder Bewegung. Sämtliche Muskeln protestierten, waren bis aufs Äußerste angespannt und forderten mehr Adrenalin, um den Schmerz zu vertreiben. Ihre Bruna zerrte an ihrem Hals und Sera zog an dem Stoff, der sich schwer anfühlte.
Zwei Augenpaare verfolgten sie, bohrten sich in ihre Augäpfel. Unfähig, ein Wort herauszubringen, hob sie die Hände. In einer neuen Umgebung, die ihr unbekannt war, durfte sie nicht voreilig handeln.
Der aufkeimende Kloß fand den Weg hinunter und gab ihrer Zunge den Speichel zurück, den sie zum Sprechen benötigte. »Mein Name ist Sera«, sagte sie zögernd und leise.
Der Größere stellte sich schützend vor seine Begleitung. Mit zusammengekniffenen Augen starrte er ihr entgegen und wirkte bereit anzugreifen.
Ihre Muskeln erstarrten.
Kein Risiko eingehen!
»Ich tue euch nichts«, beschwichtigte sie ihn und verharrte.
Es dauerte einige Momente, bis die beiden ihren Blick von Sera lösten und schnelle Zeichen mit den Händen formten. Nie zuvor hatte sie etwas Derartiges gesehen.
Warum sprechen sie nicht?
Sie beobachtete aufmerksam die Bewegungen, fand aber keinen Zusammenhang zwischen ihnen und den Handzeichen. Je länger sie wartete, desto energischer fuchtelte die kleinere Person mit ihren Händen umher. Aus dem Nichts stieß sie die größere von sich und stapfte auf Sera zu.
Es dauerte einen Wimpernschlag, bis sie bei ihr war. Ruppig legten sich schlanke Finger um ihr rechtes Handgelenk und zogen sie auf die Beine. Unsicher, ob ihr Gelenk das aushalten würde, stolperte sie der kleinen Person nach.
Was mache ich jetzt?
Ein winziger Hoffnungsschimmer stärkte ihre Brust. Vielleicht war sie in der Lage, ihre Fähigkeit einzusetzen. Angestrengt horchte sie in sich hinein.
Doch …
Nichts geschah.
Ergeben und enttäuscht ließ sie die Schultern hängen und sich mitziehen. Die andere verhüllte Person eilte ihnen entgegen und schüttelte nur den Kopf. Niedergeschlagen, verwirrt, immer noch erschöpft folgte sie den beiden. Was für eine Wahl hatte sie schon? Auf einer fremden Insel mit keinem vertrauten Gesicht wäre es nicht ratsam, die Konfrontation zu suchen.
Ein Schmerz durchzuckte ihre Gliedmaßen. Soela fehlte ihr. Sie nahm sie nicht wahr, vernahm ihre Anwesenheit nicht, und egal wie sehr Sera sich anstrengte, die Stimme ihrer Wölfin hallte nicht durch ihren Verstand.
Überreste der waldigen Bewohner zogen an ihr vorbei. Die Erde sah gequetscht, ausgehungert und zertreten aus.
Asche und Bäume. Mehr gab es hier nicht.
Tränen bahnten sich erneut ihren Weg an die Oberfläche und Sera bemühte sich, sie zurückzuhalten, aber die Ereignisse der letzten Zeit hatten sie gezeichnet. Sie hatte die Entscheidung getroffen und war hierhergekommen.
Selbst wenn sie sich dazu zwingen würde, zurückzukehren, würde es nichts ändern. Es gab weitere Inseln, diese Tatsache war unmöglich zu ignorieren. Die Kengori logen Maarons Bevölkerung an, täuschten eine Lüge vor. Sie bereute den Schritt nicht, dennoch schlugen zwei Herzen in ihrer Brust. Eines, das ihre Familie, ihre Freunde und ihre Heimat liebte, und eines, das sich nach der Wahrheit sehnte.
Sera hob den Kopf und zwischen den beiden Menschen sah sie, wie sich die Bäume lichteten. Sie traute ihren Augen kaum.
Nachdem sie die Baumreihen hinter sich gelassen hatten, blieb sie wie angewurzelt stehen. In der Ferne ragte ein riesiger Berg in den Himmel. Es war ein Abbild.
Schwarz.
Bedrohlich.
Gigantisch.
Überreste kleinerer Siedlungen verteilten sich vor ihr, wie die Bezirke auf ihrer Heimatinsel. Doch diese hier waren zerfressen von Lavaströmen, Feuer, Glut und Asche. Sie machte den Sumpf aus, erkannte die gleichen Strukturen wie auf Maaron.
Sera traute dem nicht.
Wo bin ich hier gelandet?
Mit Nachdruck zog die kleinere Person an ihrem Arm. Aus dem Augenwinkel nahm sie den besorgten Blick wahr. Ihre Augen hafteten an der Landschaft und zeigten ihr Bilder ihrer Heimat. Lebendig. Kräftig. Bunt. Aber dies war hier nicht der Fall, karg und öde breitete sich die eintönige Umgebung vor ihr aus.
Ruckartig zerrte die größere Person an ihrem linken Arm, knurrte sie bedrohlich an, was Sera aus ihrer Starre befreite. »Grrr«, brummte derjenige ihr ins Gesicht. Fast wäre sie hingefallen, doch rechtzeitig fing sie sich ab.
Hinter dem verhüllten Antlitz vermutete sie einen Mann. Die Augenpartie war kantig, die Augenbrauen dichter und buschig. Seine Haut wirkte farblos. Lediglich das kräftige Lila hob ihn von der Umgebung ab.
»Ich komm ja schon«, sagte Sera leise.
Sie richtete ihren Blick wieder nach unten, ließ die Schultern hängen und schwieg.
Ruinen, verbrannte Stämme, verkohlte Mauern zeichneten das Landschaftsbild. Es kam ihr unwirklich vor, hier zu sein. Jedes Gebäude, jeder Weg waren genau dort, wo sie ebenfalls auf Maaron lagen.
Sie atmete tief ein, hielt die Luft an und schritt an der Bezirksmauer vorbei. Der breite Weg, der um die Stadt verlief, führte sie zu dem großen Tor. Jedoch ragten hier keine riesigen Bäume vor der Stadtmauer empor. Tiefe Risse, ganze Teile fehlten und Sera erkannte nur aus ihrer Erinnerung die Mauer wieder. Diese Insel war ein zerstörtes Duplikat ihrer Heimat.
Der Kies unter ihren Füßen dröhnte in ihren Ohren. Erst jetzt bemerkte sie, dass keine Tiere oder anderen Bewohner zu sehen, geschweige denn zu hören waren.
Aus dem Augenwinkel vernahm sie eine Bewegung. Sie drehte ihren Kopf der Mauer zu und hätte sich fast an ihrer eigenen Spucke verschluckt.
Hinter den riesigen Steinen kamen immer mehr Vermummte zum Vorschein. Unzählige lila Augenpaare starrten sie an. Manche von ihnen gaben Handzeichen, schüttelten den Kopf oder drehten sich schnell weg, sobald sich ihre Blicke kreuzten.
»Was ist das hier für ein Ort?«, fragte Sera leise.
Die kleinere Person lockerte den Griff um ihr Handgelenk und warf ihr einen vielsagenden Blick zu.
Mitleid.
Neugier.
Trauer.
Diesem Ort bleiben selbst die glücklichen und erfüllenden Emotionen fern.
Lava und Asche. Sera war es unerklärlich, wieso diese Menschen freiwillig auf solch einer tristen und trostlosen Insel lebten. Dafür musste es einen Grund geben. Anders war es für sie nicht nachvollziehbar. Auch die Tatsache, dass alle gleich gekleidet waren und dieselbe Augenfarbe teilten, musste einen Sinn haben.
Ihre beiden Begleiter führten sie nach links. Die riesigen Flügel des Stadttores waren durch lange Leinenbanner ersetzt. Löcher, zerfledderte Enden und einzelne Fäden zierten den dunklen Stoff. Darauf zu sehen war ein fünfzackiger Stern, der von einem Kreis umschlossen war. Es erinnerte Sera an das Wappen der Kengori. Die massiven Steine zu beiden Seiten wurden von unzähligen Wurzeln zusammengehalten.
Immer mehr Fragen drängelten sich in ihr Bewusstsein, doch sie fand keine Antworten. Ihre Hoffnung war Talim. Wenig Zeit hatte Sera bis jetzt mit dem Jungen verbracht, dennoch empfand sie eine tiefe Freundschaft für ihn. Vermutlich weil er ihr die Wahrheit gesagt hatte … zwar nicht von Anfang an, aber mittlerweile schon. Er würde ihre Fragen beantworten. Doch erst mal musste sie ihn finden.
Ihr Blick blieb an dem wehenden Stoff hängen. Seicht wogten die Banner im sanften Wind, der am Boden nicht umherwanderte. Ein kalter Schauer lief ihre Wirbelsäule hinunter. Die Farblosigkeit an diesem Ort hatte etwas Bedrohliches an sich. Sera kam sich wie ein Farbklecks auf einem eintönigen Bild vor.
Unpassend.
Deplatziert.
Ungewollt.
Ihr rechter Arm wurde nach vorne gezogen und sie wurde gezwungen, geradeaus zu sehen. Am Wegesrand standen Dutzende Menschen, alle in lange schwarze, befleckte Gewänder gehüllt. Hinter ihnen erhoben sich Mauerwerke, nichts wirkte prunkvoll wie in Criene. Genauso wie die Stadtmauer waren die Gebäude heruntergekommen, zerfressen von Lava. In der Ferne vernahm sie gedämpfte Geräusche, die sie nicht zuzuordnen vermochte.
»Hmm«, drängten sie die beiden und zogen energisch an ihren Armen.
Sie schritt auf das Zentrum der Insel zu, von der gläsernen Fassade war nichts mehr übrig. Graue Pflanzen bedeckten den Palast, der in ihrer Erinnerung glänzte. Die umherstehenden Menschen schlossen sich an und versammelten sich hinter ihr. Alle stimmten in ein eintöniges Gebrumme ein.
Seras Herz schlug unaufhörlich.
Mit jedem Schritt, den sie dem Pflanzenpalast näher kamen, zerrte etwas Beängstigendes an ihr. Unregelmäßig drang Luft in ihre Lunge. Am liebsten hätte sie sich losgerissen und wäre zurückgerannt.
Ich will da nicht rein.
Ereignisse erschienen vor ihrem inneren Auge, die sie in diesem Gebäude erlebt hatte, obwohl sie nie zuvor einen Fuß auf die Insel gesetzt hatte. Die Narben auf ihren Unterarmen fingen an zu pochen, Übelkeit stieg ihre Speiseröhre hinauf.
»Nein!« Sie schrie das Wort heraus und augenblicklich hielt die Menschenmasse um sie inne, verstummte. Unzählige Augenpaare lagen auf ihr, fraßen sich durch ihre Kleidung und nahmen ihr die Luft zum Atmen.
»Lasst sie los!«, rief eine Stimme aus der Richtung des Palasts.
Seras Blick suchte den Ursprung der Worte und starrte in ein bekanntes Gesicht.
Monaris.
Wie ist er hierhergekommen?
Ihre letzte Begegnung war seltsam verlaufen und sie war sich nicht sicher, wie er sich ihr gegenüber verhalten würde. Zögernd ließen die beiden ihre Handgelenke los, die Stellen brannten. Von dem ständigen Ziehen war die Haut aufgeraut und Sera fuhr sich vorsichtig darüber.
Alle wichen weiter zurück, brachten Abstand zwischen sie und den Berater der obersten Familie. Ihre kleinere Begleitung blieb an ihrer Seite und gestikulierte wild in die Richtung des Neuankömmlings.
»Schon gut, ich weiß, dass du dir Sorgen machst, aber sie ist keine Verstoßene.«
Monaris kam näher und ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen.
Verstoßene?
Ihre Gliedmaßen bebten. Was hatte das zu bedeuten?
Hektisch trat die Kleine von einem Bein auf das andere, bewegte ihre Arme, doch Sera sah auf den ausdruckslosen Hinterkopf.
»Ja, schon in Ordnung. Ich erkläre ihr alles«, beruhigte Monaris sie, legte eine Hand auf ihre Schulter und nickte.
Sera gefror das Blut in den Adern. Für jemanden, der ausschließlich Maaron kannte, war das zu viel. Sie war eingeengt in einem Kerker, aus dem sie nicht entkam. Jeder um sie herum verstand die Gegebenheiten außer sie selbst.
Schnappatmung.
Tanzende Punkte bildeten sich vor ihren Augen.
»Du musst die sein, von der Talim erzählt hat.«
Die Worte waren ein Schlag in die Magengrube. Was hatte er ihm gesagt? Monaris kannte sie sein Leben lang, was spielte er hier für ein Spiel?
»Aber … du …«, stotterte Sera hilflos.
Weiße Zähne erschienen zwischen seinen Lippen. »Du hast so jemanden wie mich schon einmal gesehen, nicht wahr?«, fragte er wissend.
Sie brachte keinen Ton heraus. Ihr Kopf bewegte sich von selbst nach oben und unten. Was meinte er damit? So jemanden wie ihn? Es gab nur einen Monaris. Oder?
Fragen über Fragen stauten sich an und Seras Haupt spannte. Gleich würde alles auseinanderbrechen.
»Komm, ich erkläre es dir. Aber nicht hier draußen«, sagte er mit bedachter Stimme und bat die kleinere verhüllte Person, sie weiterzuführen. Ihr Verstand hatte abgeschaltet, es war zu vieles ungewiss.
Funkelnde lila Augen strahlten ihr entgehen und wenn sie sich nicht täuschte, lächelte die kleine Person sie an. Sie vermutete ein junges Mädchen. Aber wenn das hier Verstoßene waren, wieso war auch ein Kind darunter? Alles um sie herum verschwamm. Der Schmerz unter ihrer Schädeldecke drohte sie zu übermannen.
Einatmen.
Ausatmen.
Einatmen.
Monaris lief vor ihr und nickte den Umherstehenden zu seiner Rechten und Linken abwechselnd zu. Das Knirschen unter ihren Schuhsohlen rückte in die Ferne, ein dumpfes Pochen übernahm die Oberhand in ihren Ohren.
Vage nahm sie wahr, wie sie durch ein Tor ins Innere eines Gebäudes trat und einem breiten Gang folgte. Selbst der Kerzenschein wirkte fahl und kraftlos. Seras Sichtfeld klarte auf und sie fand sich wieder in einem geräumigen Zimmer. Hier hatten die Lava und Asche nicht gänzlich Besitz von der Einrichtung genommen.
»Bitte, nimm Platz.«
Monaris holte ein längliches Gefäß hervor und einen Korb, der mit einem weißen Tuch abgedeckt war. Die kleine Person bugsierte sie zu einem Sofa und setzte sich im Schneidersitz darauf. Auffordernd klopfte das Kind auf den freien Platz neben sich. Aufregung spiegelte sich in dem vermummten Gesicht wieder. Sera folgte, ohne einen klaren Gedanken zu fassen. Ihr Körper reagierte nur auf die Aufforderung. Ihr Mund war trocken wie die Asche vor den Toren dieses Gebäudes.
»Ich bin nicht der, für den du mich hältst. Aber … ich kann dir bestimmt einige Fragen beantworten.«
Sera starrte in die kühlen Augen ihres Gegenübers. Sie musterte seine Züge, seine Haltung, sein weißgraues Haar. Er war es, daran hatte sie keinen Zweifel, doch passten die Worte, die er aussprach, nicht zu denen, die sie erwartete.
»Aber wenn du nicht Monaris bist, wer bist du dann?« Die Frage überquerte ihre Lippen selbstständig. Sie starrte in das Gesicht, das ihr bekannt und auf den zweiten Blick unbekannt vorkam.
Kleine Grübchen bildeten sich neben seinen Mundwinkeln. »Den Namen habe ich eine Ewigkeit nicht mehr gehört. Wie geht es meinem Bruder?«, fragte er und stellte jedem von ihnen einen Becher mit kristallklarem Wasser hin.
Sera riss die Augen auf und starrte verdutzt den Mann an.
Seinem Bruder?
Der Berater der Kengori hatte keine Familie, soweit sie von Aria wusste. Im selben Moment kam ihr der Gedanke schwachsinnig vor. Ihr Leben lang hatte sie eine Lüge gelebt. Vieles, was sie zu wissen schien, entsprach nicht der Wahrheit. Warum dann hier?
Sie griff zittrig nach dem Becher, nahm erst einen Schluck, nachdem ihr Gegenüber einen genommen hatte.
»Verzeih mir, doch ich weiß wirklich nicht, wovon du sprichst«, erklärte sie und genoss die kühle Flüssigkeit, die ihre Kehle hinunterlief. Es war reines, belebendes Wasser.
Ihr Blick wanderte von dem Abbild des obersten Beraters zu ihrer kleinen Begleitung. Diese hatte ihre Kopfbedeckung und die Bandagen vor ihrem Gesicht heruntergenommen und genehmigte sich ebenfalls einen großen Schluck.
»Ahhh«, drang aus der Kehle des Mädchens. Sera hatte recht mit ihrer Vermutung.
Strahlend blonde Locken fielen ihr über die Schultern und waren ein extremer Kontrast zu der dunklen, faden Umgebung und Kleidung. Mit den kleinen Händen fuhr sie sich durchs Haar und verbannte sie aus ihrem Gesicht. Ein zurückhaltendes Lächeln bildete sich auf den Lippen des Mädchens, als sich ihre Blicke trafen.
Sera beobachtete aufmerksam die langsamen Handbewegungen, die ihre Sitznachbarin vollbrachte. Aber sie verstand sie nicht.
»Ihr Name ist Mejra. Sie ist seit einigen Jahren eine Verstoßene, dennoch hat sie ihre Gutmütigkeit und Neugier niemals verloren«, übersetzte Monaris’ Bruder.
Es dauerte einen Moment, bis Sera seine Worte begriff. Sie sah zu dem Kind neben sich und ohne Vorwarnung schlang das Mädchen ihre Arme um Seras Körpermitte. Überrumpelt von den Informationen und Mejras offener Art hielt sie die Hände hoch und bewegte sich nicht mehr.
»Was sind Verstoßene und wie passt das alles zusammen?« Sie drehte den Kopf und ihr Blick fand die grauen Iriden des Mannes.
»Leider ist mein Wissen um die Insel Maaron in den letzten Jahren in Vergessenheit geraten. Es ist eine Ewigkeit her, seitdem jemand von der Insel zu uns kam.« Er räusperte sich. »Ich bin die Seele der Insel. Mein Name ist Siranom. Auf jeder der fünf Inseln gibt es einen von uns. Wir sorgen für das Gleichgewicht, kümmern uns um ihre Bewohner und die Natur selbst.«
Seras Gedanken kreisten. Der fünfzackige Stern auf den Bannern schob sich in ihr Bewusstsein.
Wie ist das möglich?
»Wie alt bist du?«, platzte sie heraus. Es war die erste Frage, die ihr in den Sinn kam.
»So alt wie Ceeran selbst. Wir können nur sterben, wenn das Land stirbt.«
Sie ließ die Informationen in ihr Unterbewusstsein sickern. Monaris war so alt wie die Insel, eine Art Hüter. Dann kannte er die Wahrheit über alles.
Warum sich Maaron abgeschottet hatte.
Wer dafür verantwortlich war.
Wie ihre Eltern damals entkommen waren.
Die Erkenntnis drückte auf ihre Brust. Sera malte sich aus, wie Monaris und die oberste Familie alles vertuscht hatten, genauso wie bei dem Verschwinden von Duna und Hiala.
»Aber wie …«
»Das weiß ich nicht. Doch als sich Maaron damals von ihren Zwillingsinseln abwandte, spaltete das die Gesellschaft und eine neue Ära der Versken brach herein.«
Siranom erzählte Sera vieles.
Es gab vier weitere Inseln. Sie waren auf Ceeran, der Insel der Verstoßenen. Hier wurden die Versken – so wurden Menschen genannt, die Fähigkeiten besaßen – hergebracht, wenn sie ihre Fähigkeiten missbrauchten. Die Zunge wurde ihnen entfernt und mithilfe von Wesen, den Blomus, entzog man ihnen ihr Injor.
Ihr rauchte der Kopf. Das alles zu sortieren, bedurfte mehr Zeit, die sie aber von der Inselseele nicht bekam.
Wächter waren Versken.
Fähigkeiten waren das Injor.
Und es gab deutlich mehr Wesensarten.
Mejra hörte während der Geschichtsstunde, die Monaris’ Bruder Sera erteilte aufmerksam zu und rutschte wieder weiter an sie heran – sie lehnte schon halb auf ihrem Schoß. Es war ein beklemmendes Gefühl, dem kleinen Mädchen so nah zu sein. Sie erinnerte Sera an ihre jüngere Schwester. Anija hatte in ihrer Kindheit oft auf Arias oder ihrem Oberschenkel gesessen und gemeinsam hatten sie den Worten ihrer Mutter gelauscht.
Ihr Brustkorb schnürte sich erneut zu. Das Atmen fiel ihr schwer, ein kurzes Zittern durchzog ihren Körper und sie erstarrte in der Position. Sie driftete in Gedanken ab, verlor den Halt. Ihr Heimweh traf sie unvorbereitet.
Leer.
Verlassen.
Einsam.
Ihre Familie hatte ihr Geborgenheit und den Antrieb gegeben, weiterzumachen. Auch wenn ihr das damals nicht immer bewusst war. Aber hier gehörte sie nirgends hin. Ihr Herz verkrampfte sich, schlug in einem unnatürlichen Rhythmus. Sera hatte Mühe, es unter Kontrolle zu bringen. Sie fasste sich an die Brust und drückte ihre Finger auf die Haut. Der Schmerz beruhigte sie, zwang sie, die Gefühle beiseitezuschieben und sich auf die wichtigeren Fragen zu konzentrieren.
Das Gewicht wich von ihren Beinen und lila Augen musterten sie besorgt. Sera bemerkte ihre kleine Beobachterin nur am Rande, setzte ein Lächeln auf, das hoffentlich Mejras Zweifel vertrieb. Die Verstoßene wirkte nicht sonderlich überzeugt, richtete sich auf und drehte sich zu Siranom, fuchtelte aufgeregt mit den Händen und Armen.
Monaris’ Abbild stützte sich mit den Ellenbogen auf seinen Knien ab und musterte sie eindringlich. »Ich weiß nicht, wie es in dir aussieht, aber sicherlich nicht … erfreut«, sagte er und sein Blick wanderte über Seras Erscheinungsbild. Sorgenfalten bildeten sich zwischen seinen Augenbrauen, er räusperte sich. »Bevor du mehr erfährst, solltest du dich besser ausruhen.«
Ihr fehlten die Worte, sie war überschwemmt, niedergeschmettert und zermürbt. Jeder neue Eindruck, jede neue Information hinterließ einen dunklen Schatten in ihrer Erinnerung an Maaron.
Ihr Kopf bewegte sich wie von selbst, formte ein Nicken. Die beiden Einheimischen verabschiedeten sich von ihr und verließen rasch den Raum. Sera folgte ihnen mit ihren Augen und erst nachdem die Tür zugezogen worden war, brachen die Tränen hervor. Sie war ahnungslos, hatte keine Vorstellung, wie das Leben auf diesen Inseln, in diesem System war.
Sie zog ihre Bruna über den Kopf, legte sich unter sie und schloss die Augen. Augenblicklich breitete sich der schmutzige Stoff aus und bedeckte ihren Körper gänzlich. Mit eisernem Griff umklammerte sie den Anhänger ihrer Kette. Unnachgiebig bohrte sich das Silber in ihre Handfläche und schenkte ihr ein geringes Gefühl der Geborgenheit. Sera versuchte, sich auf einen Gedankenstrang zu konzentrieren, doch sobald sich einer ansatzweise formte, entwischte er ihr. Niedergeschlagen und schluchzend driftete sie in den Schlaf, in der Hoffnung, zumindest die Stimme ihres Begleitwesens wieder zu hören.
***
Es war eine unbeständige, kräftezehrende Nacht. Bei jedem Geräusch war Sera aufgewacht, hatte sich orientiert und war wieder in den Zustand gesunken, der ihren Geist wach und ihren Körper schlafend hielt.
Gurgelnde, eigenartige Laute drangen durch das Gebäude. Die Menschen waren dazu nicht imstande, jedoch waren die Verstoßenen ehemalige Versken. Schlagartig fiel ihr eine wichtige Sache ein. Wenn die heimischen Wächter Fähigkeiten besessen hatten, hatte jeder von ihnen ein Begleitwesen.
Wo sind sie?
Gemächlich blitzte die Sonne hinter dem Horizont hervor, streckte ihre strahlenden Lichtsäulen aus und vertrieb die Dunkelheit und den Nachthimmel. Eine Mischung aus Gold und Grau zeichnete die Umgebung und verbannte den eintönigen Eindruck des gestrigen Tages.
Sera war hellwach und einschlafen würde sie jetzt nicht mehr. Sie reckte ihre Gliedmaßen, gähnte ausgiebig und streckte die Beine. Das erste Mal sah sie sich in dem Raum um.
Das Sofa stand in einem großen Saal, der von der Natur zurückerobert worden war. Kletterpflanzen, brüchiges Gestein und Felsbrocken, die aus der Decke herausgebrochen waren, verwilderten die Umgebung. In ihren Gedanken suchte Sera nach dem Raum, der diesem auf Maaron glich, doch sie kam nicht darauf.
Kopfschüttelnd stand sie auf und mit wenigen Handgriffen lag ihre Bruna wieder um ihre Schultern und der Staub war abgeklopft. Mit gemischten Gefühlen näherte sie sich einer Tür, vermutlich der, durch die sie Siranom geführt hatte. Es war eine Mischung aus Verbotenem und Abenteuer, ein sanftes Kribbeln überzog ihre Haut.
Werde ich Soela und Talim je wiedersehen? Und was wird mich auf dieser Insel erwarten?
Sera verdrängte ihr flaues Magengefühl und schlüpfte durch die Tür. Die morgendliche Sonne schickte ihre Vorboten durch die Risse und schmutzigen Fenster des Bauwerks. Vorsichtig schritt sie den Flur entlang, bedacht setzte sie einen Fuß vor den anderen, achtete darauf, kein Geräusch von sich zu geben. Kahl waren die Wände und mit dunklen Flecken übersät. Eine weitere Tür unterbrach die Steinfassade. Jetzt erkannte sie es – weder Kerzen noch Bedienstete waren zu sehen. Es war der Schattenzwilling des Palastes auf Maaron. Sein genaues Gegenteil. Vereinzelte Blätter zierten den Weg, Wurzeln schlängelten sich durch das Gestein und brachen es entzwei.
Die Natur erobert ihren Lebensraum zurück.
Flink huschte sie von einer freien Fläche zur nächsten.
Ein Gurgeln.
Ein Kreischen.
Ein Fiepsen.
Sera drehte den Kopf nach oben, wo sie den Ursprung vermutete. Ihre Neugier gewann die Oberhand, verdrängte das immer stärker werdende Kribbeln in ihren Fingerspitzen.
Ich darf hier sein.
Sie wiederholte die vier Worte im Geiste. Einmal, zweimal, bei jedem Schritt, den sie nahm. Eine riesige Wurzel durchschnitt die Fliesen und ragte hinauf in den ersten Stock. Mit größter Mühe schlang sie ihre Arme um den Ausläufer des Baumes und rollte sich darüber. Kleine, spitze Dornen drückten sich in ihre Handfläche. Sera biss sich auf die Unterlippe und atmete durch die Nase ein und gepresst durch den Mund wieder aus. Augenblicklich ließ sie die Pflanze los, zog die Luft scharf ein und begutachtete ihre Hände, eine offene Wunde war das Letzte, was sie jetzt brauchte. Jedoch hatte sie Glück, die Dornen hatten nur tiefe Abdrücke hinterlassen und die Haut nicht durchstoßen.
In geduckter Haltung folgte sie der Wurzel hinauf und behielt die Flure im Blick. Jeder Schritt hallte durch die Umgebung, aber deutlich gedämpfter, als es auf Maaron der Fall wäre.
Es kam ihr wie ein Traum vor, den Palast verwüstet, entstellt und menschenleer aufzufinden. So etwas war auf ihrer Heimatinsel unvorstellbar. Das Herzstück der Insel beherbergte immer Menschen, mindestens die Bediensteten huschten umher. Bei dem Gedanken an das Nest der Antalintus durchfuhr sie ein Blitz. In diesem Gebäude hatte sie nichts als Leid erfahren. Egal wie glühend die schönen Erinnerungen waren, der Palast zählte nie zu ihren Lieblingsorten.
Keno.
Der Zweitgeborene war ihr unter die Haut gegangen, doch so wie er sich auf dem Mondscheinball verhalten hatte, so widersprüchlich, hatte er ihr gezeigt, dass sie nur Mittel zum Zweck war.
Ihr Atem und polternder Herzschlag vereinnahmten ihr Gehör und vertrieben das Gesicht des Kengori aus ihrem Geist. Die Asche schwebte in der Luft und tanzte im aufgehenden Sonnenlicht spielerisch. Sera schluckte und konzentrierte sich auf die Geräusche, die nicht von ihr stammten.
Ein Grunzen.
Ein Schaben.
Ein Fiepsen.
Ihr Blick erkundete die Umgebung. Überall wucherten Pflanzen von den Decken, teilweise ragten Äste aus Stämmen und Blätter aus Wänden, Rinde lag herum. Ihre Augen blieben an einer ungewöhnlichen Gegebenheit haften. Dort, da war sie sich sicher, wo die Bäume eng aneinandergereiht wuchsen, war sonst ein Durchgang. Bei genauerer Betrachtung entdeckte sie eine Schneise, die eindeutig keinen natürlichen Ursprung hatte. Fein säuberlich, kaum ersichtlich, verlief die Lücke zwischen den Baumranken.
Da!
Sie drehte sich auf der Stelle und schritt den Bäumen entgegen. Ein muffiger Geruch wurde mit jedem Meter, den sie zurücklegte, intensiver. Angewidert rümpfte Sera die Nase und zog ihre Bruna hoch. Augenblicklich verengte sich das Gewebe des Kleidungsstücks und legte sich wie eine zweite Haut um ihr Gesicht. Es wurde erträglicher, auch wenn der Gestank nicht verschwand. Dennoch war sie, wem auch immer, dankbar für dieses kostbare Geschenk.
Langsam drückte sie sich durch die Stämme, aber hinter der ersten Reihe hörte das Durcheinander der Pflanzen nicht auf. Dicke Lianen versperrten den Weg, erschwerten jeden Schritt. Doch sie kam den seltsamen Geräuschen immer näher.
Lauter.
Dringlicher.
Deutlicher.
Ein plötzliches Ziehen erfüllte ihre Brust. Unnachgiebig schob sie die Pflanzen beiseite, Liane für Liane. Schritt für Schritt. Am Ende des Gangs erhellte sich die Umgebung.
Gleich hab ich’s.
Sera verlor das Gleichgewicht. Sie hatte eine schmale Wurzel übersehen und war mit ihrem Fuß hängen geblieben.
»Aah«, stieß sie kurz hervor, unterdrückte einen weiteren Aufschrei.
Ihre Gliedmaßen verfingen sich in den Pflanzen. Sie hatte keinen Kontakt mehr zum Boden. Sie schwebte, umschlungen von Lianen und fixiert. Mit zusammengebissenen Zähnen zerrte sie an dem pflanzlichen Tau, das ihre Hände fesselte. Nichts geschah. Unnachgiebig wehrte sich ihr Körper gegen die Gefangennahme.
Die Pflanze ließ sie nicht mehr los. Bei genauerer Betrachtung wand sich die Schlinge um ihren Bauch wie eine Schlange und drückte zu. Sera zischte, stieß die Luft gepresst aus und suchte nach einem Ausweg. Mit wild umherhuschendem Blick analysierte sie den Organismus, hoffte, eine Schwachstelle zu finden, doch sie entdeckte nichts. Mit zusammengekniffenen Augen spannte sie ihre Muskeln an, aber vergebens.
Erdrückt von einer Pflanze – so habe ich mir mein Ende vorgestellt.
»Lass los«, keuchte sie, ihr fiel keine bessere Alternative ein. Es war ihre Rettungsleine und …
Eine graue Aura legte sich um den schlängelnden Baum und sie mobilisierte all ihre verbliebenen Kräfte, nahm einen tiefen Atemzug.
»Lass mich los«, forderte sie mit gestärkter Stimme.
Die Zeit blieb für einen Moment stehen. Jede Ranke erstarrte, wartete ab, was als Nächstes passieren würde. Jeglicher Druck um ihren Körper verschwand. Stützend lagen die Pflanzen unter ihrem Rücken und halfen ihr auf. Gemächlich zogen sie sich zurück und ließen Sera genügend Platz. Keine Ranke wagte es mehr, sich ihr zu nähern.
Verwundert starrte sie die Lianen an. Es war wie bei Nemira – das, was sie forderte, wurde erfüllt.
Ihre Fähigkeit.
Damit hatte es zu tun, oder?
Die Ausbildung ihrer älteren Schwester kam ihr in den Sinn. Sie benötigte ebenfalls eine solche Unterweisung, sonst wäre sie verloren und nicht in der Lage, ihre Fähigkeit gezielt einzusetzen.
Immer mehr Geräusche drangen zu ihr. Sera riss ihren Kopf herum, starrte gegen eine modrige Wand. Bei genauerer Betrachtung erkannte sie massive Stahlträger, die als Stützpfeiler dienten und eine zarte Tür unscheinbar wirken ließen.
Gefunden.
Sie war sich sicher, dahinter lag der Ursprung der Geräusche. Mit jedem weiteren Schritt füllte sich ihre Lunge mit Sauerstoff, mehr und mehr. Sie verharrte vor der Flügeltür und horchte hinein, legte ein Ohr an das dunkle Holz. Die Laute waren leiser, kaum hörbar und doch waren sie da. Mit einer langsamen Bewegung schob Sera die rechte Seite auf.
Mit angehaltenem Atem trat sie durch den Türbogen und was sie entdeckte, ließ ihr Herz aussetzen. Ein riesiger Raum, beleuchtet mit unzähligen schwebenden Lichtkugeln. Spärlich erhellten sie die Umgebung, dennoch ausreichend, um alles zu erkennen. Unendlich viele Käfige standen an den Wänden, fünf Reihen hoch und aneinandergedrückt. Gitterstab neben Gitterstab, die Schatten ins Innere der beengten Gefängnisse warfen.
Gähnen.
Fletschen.
Zerren.
Wesen krochen aus den Schatten hervor, drückten sich an die Metallstäbe und richteten ihren Blick auf Sera.
Jegliche Wärme wich aus ihrem Körper. Ihr Herz vergaß zu schlagen, die Finger gefroren zu Eis, ihre Gelenke ertaubten.
Was haben diese Wesen verbrochen, um unter diesen Umständen eingesperrt zu werden?
Die Geräusche drangen wie durch Glas an ihr Ohr. Fäkalien, Essensreste lagen, hingen, verwesten zu ihren Füßen. Es war abscheulich. Bilder der Gefangennahme der Wesen erschienen vor ihr, wie sie unterdrückt und gefesselt wurden. Sera schlug sich die Hand auf den Mund.
»Das hättest du nicht entdecken sollen!«
Mit aufgerissenen Augen, gelähmten Gliedmaßen drehte sie sich herum und starrte in das Gesicht der Inselseele. »Wa…«
»Soweit ich mich erinnere, ist das Leben auf Maaron geordnet. Eingeengt, aber gütig. Bei euch gibt es keine Verstoßenen, niemanden, der sich den Gesetzen widersetzt. Hier schon.«
Langsam schritt er an ihr vorbei, nahm einen Besen, der neben der Tür lehnte, und fing an, den Schmutz zusammenzufegen.
Sera blieb wie angewurzelt stehen und beobachtete stumm, wie Siranom kleine Haufen zusammenkehrte. Er wirkte gefasst, mit einer Leichtigkeit bewegte er sich zwischen den Käfigen. Sie rechnete damit, dass die Begleitwesen nach ihm schnappen, ihn verachten würden. Doch in ihren Augen sah sie Hoffnung und Zuneigung. Ein beklemmendes Gefühl breitete sich in ihr aus.
Hier … schon.
Er hatte die Worte in einer seltsamen Geschwindigkeit, zu langsam, aber gleichzeitig zu schnell, ausgesprochen. So, als würde er ihr nicht alles offenbaren … zum wiederholten Mal.
Liebevoll streckten sich die Wesen ihm entgegen. Er streichelte jedes, schenkte aufmunternde Worte und holte aus einer Tasche Essbares.
Bedacht folgte sie ihm, sah sich die Kreaturen in den Käfigen genauer an. Valintus, ein Orin, Dutzende Pienias und Arten, die sie nicht kannte. In den oberen Reihen waren die Kleineren untergebracht. Andere sahen aus wie seltsame Käfer, wanden sich um sich selbst und klackerten gefährlich.
»Was sind das für Wesen und warum sind sie hier?« Sera hatte ihre Stimme wiedergefunden und ein unausgesprochener Verdacht formte sich in ihren Gedanken.
»Das sind alles Tiere, die auf und um unsere Inseln heimisch sind, mehr darf ich dir dazu nicht sagen. Talim …« Abrupt brach die Inselseele ab. Mit einer fließenden Bewegung schenkte er ihr ein trauriges Lächeln über die Schulter. »Hier haben die Wesen einen anderen Wert«, er hielt inne. »Doch das wirst du noch früh genug erfahren. Talim hat mir einiges über dich berichtet. Du warst gezwungen in einem Bezirk zu leben und zu sterben. Es war vorgegeben und geregelt, doch du warst nirgends wirklich zu Hause, passtest nicht ins Bild.«
Was hat Talim alles erzählt und woher wusste er das, bevor er sie hierhergebracht hat?
»Aber …warum sind sie eingesperrt?« Seras Stimme zitterte, sie malte sich nicht aus, wieso, dieser grausamen Vorstellung gab sie sich nicht hin. Er hatte versprochen, ihr die Wahrheit zu sagen und mit jeder Faser ihres Körpers sehnte sie sich danach, endlich alles zu erfahren.
Wo ist Talim nur?
Die Seele der Insel hielt inne, drehte sich zu ihr herum und fixierte sie. Sera befeuchtete ihre Lippen, es war seltsam, in ein Gesicht zu sehen, das sie ihr Leben lang kannte, das aber einem Fremden gehörte.
»Sera, das steht mir nicht zu. Ich stehe unter einem Eid, den ich nicht vorhabe zu brechen.«
Seine Worte trafen sie schwer. Schon wieder stand sie vor einer Frage, die ihr nicht beantwortet wurde. Eine andere schob sich sogleich in den Vordergrund. »Weißt du etwas über meine Eltern? Über Duna und Hiala?«
Ein Ziehen in ihrer Brust rüttelte die restlichen Gliedmaßen wach, zerrte an ihrer Mobilität und bereitete Sera mental und physisch auf die Antwort vor.
Monaris’ Zwillingsbruder stockte in der Bewegung. Seine Nackenpartie spannte sich an und sie erkannte, wie unangenehm ihm dieses Thema war.
»Ich … ich bin nicht befugt, dir mehr über deine Eltern zu sagen. Aber vielleicht erlöse ich dich von einer Sorge.« Er drehte sich um, sein Gesicht war ausdruckslos. »Sie warten auf dich.«
Ein elektrisierender Schlag zuckte durch ihre Gliedmaßen. Siranoms Worte hallten durch ihren Verstand und setzten ihren Körper unter Strom. Ihr Wagnis hatte sich gelohnt. Sera würde endlich erfahren, wer ihre leiblichen Eltern waren. Sie würde sie in den Arm nehmen und ihnen alle Fragen stellen, die ihr einfielen.
Tränen der Erleichterung rannen ihre Wangen hinunter. Kein Ton verließ ihre Lippen.
Die Wesen gaben mitleidige Geräusche von sich und zogen sich zurück. Eine Hand berührte fürsorglich ihre Schulter. Sera blinzelte einige Male, wischte sich übers Gesicht und fixierte die unleserlichen Iriden ihres Gegenübers.
»Das muss alles überwältigend sein. Doch ich bin nicht derjenige, der dir deine Fragen beantworten wird. Talim teilte mir mit, dass ich auf dich achtgeben soll, solltet ihr getrennt werden«, erklärte er sich.
»Aber wo ist er und wie lange wird es noch dauern?«, fragte sie. Sera wartete auf den Augenblick, sehnsüchtig.
Die Inselseele zuckte mit den Schultern, was ihr zwar nicht genügte, aber ihre Vorfreude auch nicht milderte. Ihr Freund würde sein Versprechen halten, er hatte sie nicht belogen. Der kleine Funke, der sie an ihm zweifeln gelassen hatte, verpuffte und flog davon, wie die Aschepartikel in der Luft.
Die nächsten Stunden half Sera dabei, die Wesen zu versorgen. Es war kein angenehmer Anblick, doch Siranom offenbarte ihr alles, bei dem er sich sicher war, dass es ihm gestattet war. Die Versken waren nichts ohne ihre Begleitwesen, durch sie erhielten sie ihre Stärke, ihr Wissen und ihren Willen, sich jedem entgegenzustellen. Und es war nur ihnen vorbehalten eine Verbindung aufzubauen. Es hatte etwas mit den Fähigkeiten zu tun, dass eine Seelenverbindung entstand.
Wie die Wächter auf Maaron, doch hatte Sera sich nie Gedanken darüber gemacht, dass diese beiden Arten eine Symbiose eingingen und voneinander abhängig waren.
Jeder Verstoßene ist ein Mitglied der Versken. Aber was hatten sie angestellt?
Alle Versken hatten eine Aufgabe, niemand ruhte sich aus. Jeder trug seinen Teil zum Allgemeinwohl bei. Sie halfen dort, wo es für sie Arbeit gab: bei der Überfahrt zwischen den Inseln, bei der Gewinnung von Rohstoffen, bei der Unterweisung der Lehren und bei dem Erhalt der Strukturen.
»Man arbeitet für sein Wohlbefinden, nichts ist umsonst.«
Er erklärte es Sera unkompliziert und nachvollziehbar, dennoch schlich sich ein seltsamer Unterton in seine Stimme.
Es gibt immer einen Haken. Dieser Gedanke mischte sich unter alles, was Siranom ihr erzählte. Anders war es nicht möglich.
»Wieso dann die Verstoßenen? Was haben sie und ihre Wesen verbrochen? Und warum …« Sie stockte. Die Frage brannte ihr auf den Lippen, aber sie fürchtete sich davor, die Worte auszusprechen.
»Und warum töten wir sie nicht einfach?«, fragte er herausfordernd.
Sera erstarrte. Eine seltsame Stimmung legte sich über den Raum. Sämtliche Wesen starrten sie mit weit aufgerissenen Augen an und keines traute sich, einen Mucks von sich zu geben.
Sera verstand nicht, wieso es so viele Verstoßene gab, wenn doch jeder seinen Teil zum Allgemeinwohl beitrug. Sie beobachtete Siranom, wie er das letzte Häufchen Schmutz durch ein kleines Loch im Boden fegte.
»Dort, wo es Licht gibt, wird es immer auch Schatten geben.« Eine Bitterkeit lag in seiner Stimme, die Sera einen Schauer über den Rücken jagte. Jedes seiner Worte wurde von einem Gefühl der Geheimniskrämerei begleitet.
»Aber was soll das bedeuten?«, bohrte sie nach, so leicht ließ sie sich nicht mehr abspeisen.
Die Seele der Insel rieb sich die Hände, verstaute sie dann in den Taschen der Robe. In seinen silbergrauen Augen spiegelten sich Ereignisse wider, die sie nicht zu deuten vermochte. »Sie haben ihre Fähigkeiten missbraucht, um sich einen eigenen Vorteil zu verschaffen. Dieses Vergehen wird von einer kleinen, auserwählten Gruppe durchgesetzt«, erklärte er leise und führte Sera hinaus.
Die Worte waren ihm nur schwer über die Lippen gekommen. Winzige Schweißperlen lugten unter dem silbergrauen Haaren hervor. Hatte er zu viel verraten?
Sie schaute sich ein letztes Mal um, ihr Herz brach beim Anblick der Wesen, die eingepfercht vor sich hin vegetierten.
Das ist grausam.
Ihre Füße waren schwer, sie sehnte sich mehr denn je nach ihrem Begleitwesen und horchte in sich hinein.
Nichts.
Leere.
Stille.
Lediglich das leichte Ziehen in ihrer Brust vernahm sie.
Und wenn Soela etwas zugestoßen war?
Wenn sie aufgehalten worden war?
Wenn sie niemals durch das Portal gekommen war?
Sera schluckte schwer. Sie hatte ihren Soulija erst kennengelernt und jetzt ohne ihn zu sein, war schmerzhaft. Sie vermisste Soela, sehnte sich nach den bissigen Kommentaren und dem Gefühl, nicht alleine zu sein.
Monaris’ Bruder führte sie hinunter, streckte seine Hand aus und vollbrachte eine schnelle Bewegung damit, wodurch sich die Pflanzen zurückzogen. In Gedanken vertieft folgte sie ihm.
Die Insel erwachte zum Leben, die Verstoßenen kamen aus den Gebäuden. Nach der Größe und der Statur waren es häufig Menschen, die so alt waren wie sie oder älter. Mejra bildete die Ausnahme.
Siranom zeigte ihr beim Hinausgehen die wichtigsten Räume und wo ein Behälter zum Waschen stand. Hier war alles an der gleichen Stelle wie auf ihrer Heimatinsel. Mejra hatte ihr ein kleines Bündel mit Brot und Gemüse auf das Sofa gelegt, damit sie nicht verhungerte.
Draußen angekommen setzte Sera sich, nachdem sie sich von der Inselseele verabschiedet hatte, auf einen Stein, nicht weit von den Eingangstoren des Palastes, und beobachtete die Umherlaufenden. Auf den ersten Blick war es ein friedvoller, zufriedener Anblick. Jeder behandelte sich mit Respekt, achtete auf den anderen und sie halfen sich gegenseitig. Eine kleine Gruppe verließ das Innere der Stadtmauer, hatte Körbe und Stöcke dabei. Sera erinnerte diese Konstellation an die Bewohner aus dem 1. Bezirk auf Maaron. Doch wo fanden sie auf dieser tristen Insel Nahrung? Im selben Moment verwarf sie die Frage wieder. Wenn man lang genug nach etwas suchte, entdeckte man es.
Die Verstoßenen hatten gelernt, hier zu überleben. Ihr Blick löste sich von den Körben und legte sich auf die Menschen, die in ihrer Nähe standen. Es war zu leise, das war sie von so einer großen Menschenansammlung nicht gewöhnt.
Kleine Lavaströme verliefen knapp unter der Oberfläche und schimmerten sanft darunter hervor.
Eine Schattenwelt.
Sera kannte die Strukturen, die Gebäude und die Umgebung, sie würde sich ohne Probleme zurechtfinden, dennoch war es nicht wie auf Maaron. Hier sprach man eine andere Sprache, lebte nach fremden Regeln und verhielt sich entweder so, wie es angeordnet war, oder bezahlte einen hohen Preis.
Sie schluckte den aufkeimenden Kloß hinunter.
Bevor sie sich von ihren verzehrenden Gedanken hinunterziehen ließ, kehrte sie in das Hier und Jetzt zurück. Leuchtende lila Augen warfen ihr freundliche, aber teils feindliche Blicke zu. Sie zog die Bruna enger um ihre Schultern, vertrieb das Frösteln, das die Augenpaare hinterließen. Ihre Atmung verlief in schweren Zügen, in ihrem Inneren tobte ein Wirbelsturm.
Angst.
Hoffnung.
Sehnsucht.
Hat es sich geschlossen?
Er hatte direkt neben ihr gestanden, ein Tag war vergangen und noch immer keine Spur von ihm.
Was war auf Maaron nach ihrem Verlassen geschehen?
Sie brauchte Talim, doch wo war er?
Ihre Kehle schnürte sich zu. Verzweiflung und Hilflosigkeit beherrschten ihren Körper. Wilde Fantasien nahmen Gestalt an und hielten ihr vor Augen, was sie fürchtete. Allein, verlassen und verzweifelt, fremd in einer Welt, die sie nicht kannte.
Einatmen.
Ausatmen.
Einatmen.
Seras Blick ruhte auf ihren Händen, geballt und zittrig lagen sie auf ihren Knien. Sie war ihrem Ziel einen Schritt näher gekommen, doch stand vor neuen Herausforderungen.
Wie würde sie ihre Eltern finden? Wenn Siranom Duna und Hiala kannte, waren sie hier durchgekommen. Er hatte ihr von weiteren Inseln erzählt, ihr Blick flog zu dem Stadttor mit den Leinentüchern.
Fünf Zacken.
Fünf Inseln.
Maaron war eine davon und hatte sich aus irgendeinem Grund abgeschottet, aber wieso? In der Nachricht ihrer Eltern stand »wegen eines machthungrigen Individuums«, doch wer war gemeint? Legon?
Ein bekanntes Gesicht schob sich in ihr Sichtfeld und unterbrach ihre Gedanken.
Mejra.
Sie strahlte, hatte ihre Wangen, Nase und Mund nicht verhüllt. Die lila Iriden huschten aufgeregt über Sera Züge. Das Mädchen zeigte abwechselnd auf sich selbst und auf sie, vollführte eine Handbewegung, die sie als ein »Komm mit« deutete.
Seras Hände öffneten sich und augenblicklich lagen kleinere darin und umschlossen fest ihre Finger. Mit einem kräftigen Ruck half ihr Mejra auf die Beine. Eilig liefen sie zum Stadttor. Sera wurde überschwemmt von der Emotionsgewalt des Mädchens. Sie umgab eine graue Aura, die ihr bekannt vorkam, dennoch war sie nicht voreilig, sondern wartete, was geschehen würde.
Die langen Leinenstoffe wehten stumm im Wind, zeigten den Weg fort von der Stadt, fort von den Verstoßenen. Sera kam die Umgebung lebendiger, aufgeweckter vor. Mejra zog und zog, war nicht zu bremsen.
»Nicht so schnell«, prustete sie und hatte Schwierigkeiten, ihr zu folgen.
Gemeinsam liefen sie den Weg entlang, den Sera gestern erst gekommen war, und eine Vorahnung breitete sich in ihr aus.
War er hier?
War sie hier?
Mit neu gewonnener Motivation eilte sie zusammen mit dem Mädchen zum Wald. Unaufhörlich hämmerte ihr Herz gegen ihre Rippen, Sera bekam kaum Luft, doch das war ihr egal.
Die Felder voll von ausgekühlter Lava flogen an ihrem Blickfeldrand vorbei. Sie wagte den Versuch, horchte in sich hinein und stellte die Frage: Bist du hier?
»Ja.«
Soelas vertraute Stimme hallte durch ihren Kopf.
Ein Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus, Freudentränen bahnten sich ihre Wangen hinunter. Ihr Begleitwesen heulte in ihren Gedanken und Sera vernahm die Nähe ihrer Wölfin. Mejra hatte sie hinter sich gelassen, jetzt war sie es, die voranlief.
Die Bäume bauten sich immer weiter vor ihr auf, sie erkannte den Trampelpfad, sprang über Wurzeln, wich Ästen aus und erspähte zwischen den pflanzlichen Riesen Soela. Sie sah nach hinten, motivierte das Mädchen, schneller zu laufen.
Kribbeln.
Herzrasen.
Rauschen.
»Ich hab dich wieder«, verkündete ihr weißer Soulija und sprang über die Büsche.
Sera löste ihre Hand aus der Umklammerung und schlang die Arme um Soelas Hals. »Du …« Ihre Stimme brach, ein Zittern vereinnahmte ihren Körper. Die Anspannung, die Ängste, all die Zweifel wurden gelindert. Weiches Fell schmiegte sich an ihr Gesicht und ein zufriedenes Knurren drang aus der Kehle des riesigen Wesens. Eine angenehme Wärme umfing ihre Gliedmaßen und beruhigte ihre Sinne.
»Anscheinend kann man dich auch mal alleine lassen«, neckte der Soulija sie.
Ihr rechter Mundwinkel schoss weiter nach oben. Es war ein Bruchteil ihres Lebens, den sie gemeinsam erlebt hatten, und doch hatte es sich wie Jahrzehnte angefühlt, seitdem sie das Fell ihrer Wölfin das letzte Mal gestreichelt hatte.
Schweigen, sowohl in ihrem Kopf als auch in der Umgebung, breitete sich aus und schloss den Augenblick ein.
»Ich hab dich so vermisst!«
Und ich dich erst.
Nach einer Weile löste sie sich von ihrem Begleitwesen und wischte sich die Tränen mit dem Ärmel ab. Freudig und besorgt musterte Sera ihre Wölfin. Äste, Blätter und kleinere Erdbrocken hingen in dem Fell, das sonst makellos war.
»Was ist passiert? Wo warst du?«, platzten die Fragen aus ihr heraus.
Soela senkte den Kopf, zog den Schwanz ein und legte die Ohren an. Sera überkam ein mulmiges Gefühl. Ihr Magen rumorte und zog sich schmerzhaft zusammen.
»Wir wurden aufgehalten, aber zum Glück sind wir im letzten Moment noch durch das Portal gekommen«, erklärte Talim, der hinter ihrem Wolf auftauchte.
Erleichterung.
Sorge.
Zweifel.
Sie war froh, ihren Freund zu sehen, schritt zu ihm und zwang ihn in eine Umarmung. Sein Brustkorb drückte gegen ihren, er atmete schwer und zitterte. Sera zog die Augenbrauen zusammen, hielt ihn an den Schultern fest.
»Wo wart ihr? Wieso hat das so lange gedauert?«, fragte sie, sah aber auch bei ihrem Freund Spuren der Verwüstung. Sie sah zu ihrem Begleitwesen und entschied, dass sie dafür später Zeit haben würden. »Kommt erst mal zur Ruhe, dann erzählt ihr mir alles.«
Dankbar nickte er und musterte die Umgebung. Sein Blick blieb an etwas haften, was ihn nicht erfreute, zumindest nahm sie es wegen seiner angespannten Kieferpartie an. Sera drehte sich vorsichtig um und sah, wie das Mädchen Soela und einen schwarzen Isoirvi beäugte. Langsam und bedächtig streckte Mejra ihre kleinen Hände aus und versuchte, die Begleitwesen zu streicheln.
»Harez, komm«, presste Talim genervt hervor.
Das fuchsartige Wesen zuckte zusammen, sprang auf und nahm neben ihm Platz. Der Isoirvi wirkte verstört, distanziert und auf eine Art gedrillt, die Sera nicht angemessen fand. Sie betrachtete die Kreatur genauer. Ein Stück seines linken Ohres fehlte, Narben zeichneten den Körper und verhinderten dort weiteren Fellwuchs.
Jetzt erkannte sie den Isoirvi wieder. Es war Talims Begleitwesen, er hatte ihren Freund auf dem Rücken zum Faldes-Wald gebracht.
»Sie wollte Harez doch nur streicheln«, sagte Sera verwirrt und sah zwischen ihnen hin und her. Bei der raschen Bewegung wankte die Umgebung. Sie blinzelte einige Male und alles sah wieder normal aus. Die Verstoßene hatte auch einmal eins, schoss es ihr durch den Kopf – bestimmt sehnte sie sich ungemein danach.
In ihren Augen hatte Mejra nichts Falsches angestellt. Soela stupste das Mädchen an, legte den Kopf schief, was ihr ein zaghaftes Lächeln auf die Lippen zauberte.
»Diese Person ist es nicht mehr würdig, ein Wesen zu berühren, sie hatte ihre Chance.«
Sera traute ihren Ohren nicht. Solch eine Einstellung hätte sie am allerwenigsten von ihm erwartet. Perplex starrte sie ihn an und ordnete ihre Gedanken. Der Talim, den sie auf Maaron kennengelernt hatte, passte nicht zu dem, der vor ihr stand. Zumindest im Zusammenhang mit dieser Aussage.
Er setzte sein typisches Grinsen auf, vertrieb die ernste Laune mit einer Handbewegung und zog Sera erneut in eine Umarmung. »Ich bin froh, dich zu sehen«, sagte er gegen ihr Haar. »Es war kein Spaziergang dich zu finden und dich hierher mitzunehmen.«
Das glaube ich dir.
Talim nahm sie bei der Hand, nickte seinem Begleitwesen zu und führte Sera durch die Bäume zurück. Ein Kribbeln breitete sich durch seine Berührung auf ihrer Haut aus, sie störte sich an dem harschen Ton, der in ihren Erinnerungen hing. Mejra war eine Verstoßene, ja, aber dennoch ein Mensch und sie kannte die Wesen – wieso hatte er so reagiert?
Was hat sie angestellt?
Auf dem Rückweg wurden Seras Beine immer schwerer und die Ränder ihres Sichtfelds nahmen unscharfe Konturen an. Keiner von ihnen sagte ein Wort. Ein Blick über ihre Schulter verriet ihr, dass Soela mit dem Mädchen spielte, was ulkig aussah, da der Größenunterschied enorm war. Doch das freudige Strahlen, das die Kleine immer in Seras Umgebung versprühte, fehlte.
Sie vernahm das anklagende Augenpaar im Rücken, Mejra war genauso wenig von Talim angetan wie er von ihr. Was war zwischen den beiden vorgefallen? Wenn sie Ruhe hatten, würde sie ihn darauf ansprechen.
»Wie … geht es dir mit all dem hier?« Seine Stimme war ein Flüstern, getragen vom seichten Wind.
Die Frage holte sie aus ihren Überlegungen, Sera räusperte sich. »Es ist überwältigend, doch Siranom hat mir einiges erzählt. Alles, was ich kannte, was ich für wahr hielt, ist … nicht ganz richtig und das muss ich erst verarbeiten. Es gibt noch so viele Fragen.«
Der gestrige Tag spielte sich wie ein Film vor ihrem inneren Auge ab. Bis jetzt wirkte es surreal. Wie ihr Traum. Doch mit Talims Ankunft veränderte sich ihr Gefühl, ihre Wahrnehmung.
Echt.
Unverfälscht.
Gewaltig.
Ihre Knie gaben nach und sie sank zu Boden, riss an dem Arm ihres Freundes. Nur schwer drang Luft in ihre Lunge, ihre Glieder zuckten.
»Sera, komm, du musst dich ausruhen«, sagte Talim in weiter Ferne, obwohl er direkt vor ihr war.
»Sera!«, rief ihr Begleitwesen.
»Mir … geht es gut, es ist nur …«
»Überwältigend.«
Sie legte ihr Gesicht in die Hände und zwang sich, langsam und kontrolliert zu atmen. Im Inneren ihres Kopfes brannte, pochte es und verbreitete sich wie ein Lauffeuer über ihre restlichen Nerven.
»Beruhige dich – es ist zwar einiges, was du verarbeiten musst, aber viel schlimmer als auf Maaron wird es schon nicht sein.«
Dieses seltsame Ziehen in ihrer Brust verstärkte sich, nährte sich an ihrem Schmerz, ihrer Furcht, ihren Zweifeln.
Sie presste ihre Faust auf ihr Herz, kämpfte gegen die Empfindung an und ihre Sicht klarte auf. Am oberen Blickfeldrand ruhten zwei Füße, eine schwarze Pfote und im Nacken kitzelte sie ein angenehmer Windhauch. Ihr Blick folgte den Beinen nach oben und sie sah in die bekannten, unterschiedlichen Iriden.
Moosgrün und Rubinrot.
Seine Augenbrauen waren zusammengezogen und auf seiner Stirn glänzten durch die feinen Sonnenstrahlen kugelige Schweißperlen. Talims Mimik verriet ihr nur das, was er sie sehen ließ.
Ist er so geschickt, seine Absichten, seine Gedanken abzuschirmen?
»Das ist nicht dein Ernst, oder?«, fragte Soela schnippisch.
Sera akzeptierte den Kommentar ihres Begleitwesens und ignorierte ihn willentlich.
»Du brauchst Ruhe! Komm, ich bringe dich zu Siranom.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, kniete sich Talim hin, legte seine Arme unter sie und hob sie hoch.
Scham.
Verwunderung.
Erschöpfung.
Sera lehnte sich an ihn, war überfordert mit der Situation und nach wenigen Schritten fielen ihr die Augen zu.
***
Sie zwinkerte. Ein weiteres Mal. Nahm ihre Umgebung verschwommen wahr, dann immer schärfer. Ihr Körper lag auf dem Sofa, auf der sie die vorherige Nacht verbracht hatte. Jemand hatte ihre Bruna heruntergezogen und behutsam über sie gelegt. Etwas Weiches mit einem festen Kern lag unter ihrem Kopf. Eine angenehme Wärme umschloss sie und wog sie in Geborgenheit, für den Moment.
Ihr Schädel brummte, rumorte, trieb die Gedankenstränge voran, entwirrte sie.
Sera rieb sich den Nacken, richtete sich langsam auf und erstarrte.
Talim.
Er hatte seinen Kopf auf die rechte Hand gestützt und atmete gemächlich ein und wieder aus. Ihr Freund schlief tief und fest. Hitze stieg in ihre Wangen, Sera riss die Bruna von ihrem Oberkörper. Schnell wandte sie den Blick ab und sah vor der Sitzgelegenheit ihre Begleitwesen.
Soela lag eingerollt zu ihren Füßen. Der riesige Brustkorb hob und senkte sich in einem gleichbleibenden Rhythmus. Jemand hatte das weiße Fell gereinigt und jetzt glänzte es ihr förmlich entgegen in dieser tristen Umgebung. Ihr Soulija strahlte Gelassenheit aus. In einiger Entfernung lag Harez, seine Ohren standen kerzengerade nach oben und mit dunklen Augen fixierte das Wesen sie. Ein unangenehmes Kribbeln überzog ihre Haut. Der Isoirvi blinzelte nicht, seine Schnauze steckte zwischen seinen Vorderbeinen.
Sera schluckte, schüttelte das seltsame Gefühl ab und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder Soela zu. Die riesige Wölfin war eine Stütze, sie gab ihr Halt, würde ihr überallhin folgen. Eine Tatsache, die sich in Seras Brust ausbreitete und ihr Kraft gab. Ein Brunnen, aus dem sie Energie schöpfte.
Sie rollte die Schultern, streckte die Arme erneut und gähnte. Ihre Kehle kratzte und lechzte nach Wasser. Augenblicklich suchte sie die Karaffe, die Siranom gestern bereitgestellt hatte. Aber außer staubigen Möbeln entdeckte sie nichts.
Sera zog ihre Bruna an, schwang die Beine über die Kante und mit einem leisen, kräftigen Schwung standen ihre Füße auf festem Untergrund.
Ein Knurren.
Bedrohlich.
Endgültig.
Schlagartig wurden ihre Handflächen feucht, aufblitzende Augen fesselten sie. Harez’ Kopf war in die Höhe geschnellt. Ein lauernder Ausdruck lag darin. Mordlust.
Weiße Ohren zuckten unaufhörlich hin und her. Sera sah aus dem Augenwinkel, dass Soela langsam aus ihrem Schlaf erwachte. Streckte die Pfoten, rammte die Krallen in den Boden und gähnte genüsslich.
»Warum spinnt der schwarze Wurm so früh schon?« Der Bemerkung folgte ein schmatziges Gähnen und ihr Begleitwesen richtete sich zur vollen Größe auf.
Ich glaube, er soll mich im Auge behalten.
»Echt, wie hast du das nur herausgefunden?«
Der schnippische Kommentar stachelte sie an. Soela war direkt und sie hatte das vermisst, ja. Dennoch war es ihrer Meinung in manchen Situationen unangebracht. Wie jetzt. Sera presste die Kiefer aufeinander, schluckte die anschwellende Standpauke nieder und atmete bewusst laut aus.
Siranom hatte etwas zu trinken hiergelassen. Hoffentlich.
Sie drängelte sich an ihrem großen Soulija vorbei, streckte den Rücken durch und ignorierte die durchlöchernden Blicke der beiden Begleitwesen.
»Sera, warte. So war das nicht gemeint.«
Sie hörte die Schritte von Soela, drehte sich um und brachte den weißen Wolf ins Straucheln. Der Abstand zwischen ihr und der Schnauze war so gering wie der Durchmesser eines Schilfblatts.
»Du …« Seras Stimme brach.
Sie war erleichtert, ihren Soulija endlich bei sich zu haben, doch der unnötige Kommentar, die durchdringenden Fuchsaugen brachten sie aus der Ruhe.
Sera schmiss sich regelrecht gegen die riesige Schnauze und schlang ihre Arme darum. »Ich brauche dich an meiner Seite, du musst mir helfen, das hier alles zu überleben«, brummte sie in das weiche Fell.
Ihre Augenlider waren geschlossen, jegliche Aufregung, die aufbrausenden Gefühle verschwanden immer mehr, je länger sie dastanden. Die Atmung ihrer Wölfin passte sich ihrer an und so verharrten sie ohne Regung in der Dunkelheit.
Einatmen.
Ausatmen.
Einatmen.
»Du bist der Grund, warum ich hier bin. Dir folge ich überallhin.«
Bei den Worten setzte ihr Herz aus. Sera kannte die Geschichte der Begleitwesen auf Maaron, doch stimmte sie? Wie war es auf den restlichen Inseln?
»Wir werden das schaffen, in Ordnung? Eine Etappe nach der anderen und als Erstes brauche ich etwas zu trinken und zu essen«, sagte sie leise und löste ihre Umklammerung.
Sera trat einen Schritt zurück, strich ihre Kleidung glatt und suchte die großen Iriden ihrer Wölfin. Ein vertrauter Funke lag darin und schenkte ihr Ruhe, Stärke.
Gemeinsam verließen sie den Schattenpalast und frische Morgenluft, die nicht durch Asche grau getränkt war, hieß sie willkommen. Niemand war auf den Straßen vor dem Palast unterwegs. Tiergeräusche erklangen gedämpft in der Ferne und Sera holte die Erinnerung ein.
»Ich habe noch keine anderen Wesen außer dieses schwarze Schaf gesehen.«
Soela nickte nach hinten und Seras Augen folgten der Bewegung. Im Schatten der halb offenen Tür verbarg sich Harez.
Er bewacht uns … aber warum?
Ihre Füße pressten den darunterliegenden Aschebelag zusammen und legten eine Spur für ihren Freund.
Unbehagen.
Missmut.
Skepsis.
Sera verdrängte die aufkommenden Zweifel, die leise an ihr Bewusstsein klopften. Talim war ihr Freund. Doch er war anders. Sie dachte an ihre Familie auf Maaron und an Keno. Bei dem Gedanken an den zweitgeborenen Herrschersohn vernahm sie das Ziehen kräftiger, es legte ihr Herz für einen Moment lahm. So plötzlich es aufgetaucht war, so schnell verflog es auch wieder.
Es lagen unausgesprochene Fragen zwischen Soela und ihr. Wie erklärte sie ihr das alles nur? Die Verstoßenen, ihre Eindrücke, Befürchtungen? Ohne Stunden zu vergeuden.
»Zeig es mir, das ist das Einfachste«, forderte ihr Soulija.
Sera blieb stehen und sah sie fragend an. Wie funktioniert das denn?
»Denk an die Momente, die du mir zeigen willst«, erklärte Soela weiter und stellte sich dicht neben sie.