Sergeant Paine - Velvet Morgan - E-Book

Sergeant Paine E-Book

Velvet Morgan

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Beschreibung

Als dem knallharten Navy Sergeant Vincent Paine in einem Auslandseinsatz das Augenlicht genommen wird, ahnt er nicht, dass die Stunde der größten Dunkelheit ihm eine große Chance geben könnte. Wieder in der Heimat angekommen, muss Vincent lernen, sich in einem Leben zurechtzufinden, das er so nicht führen möchte. Blind. Einsam. Dienstuntauglich. Das dabei ausgerechnet der Mann an seiner Seite ist, den er immer nur mit »Sir« ansprechen durfte, ist für ihn nichts als Hohn und Spott. Schließlich war es der Befehl des Captains, der ihn in den Hinterhalt lockte. Gezeichnet von Schuld will Captain Josh Baker alles dafür tun, damit Vincent sich nicht aufgibt. Ausgerechnet er, der den schwulen Mann immer zu Zucht und Ordnung gedrillt hat, nur um seine eigenen Gefühle für Vincent zu verstecken. Gefühle, die er jetzt nicht mehr kontrollieren kann, wo Vincent endlich nicht mehr der perfekte Marine ist ... Gay Romance mit Herzschmerz, Drama und dem ganz großen HappyEnd! Abgeschlossener Einzelband!

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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SERGEANT PAINE

VELVET MORGAN

INHALT

Einleitung

Prolog

1. Vincent

2. Josh

3. Vincent

4. Josh

5. Vincent

6. Josh

7. Vincent

8. Josh

9. Vincent

10. Josh

11. Vincent

12. Josh

13. Vincent

14. Josh

15. Vincent

16. Josh

17. Vincent

18. Josh

19. Vincent

Epilog

The Monarch Hill University 2024

Copyright © Velvet Morgan 2024

Velvet Morgan c/o TEXTWERKSTATT

Sabrina Cremer, Körfken 80, 44227 Dortmund

[email protected]

Couverture : Shutterstock

Correction : Textwerkstatt - Sabrina Cremer

Traduction : DeepL

Conception de la couverture : NK Design (Nadine Kapp) Contact : [email protected] Tous droits réservés.

Toute reproduction ou autre utilisation est strictement interdite sans l'autorisation écrite des auteurs. Toutes les actions et personnes sont fictives. Toute ressemblance avec des personnes vivantes ou décédées est purement fortuite et non intentionnelle. Les lieux, les noms de marque et les chansons sont utilisés dans un contexte fictif. Les événements locaux ont été partiellement adaptés au déroulement de l'histoire. Tous les noms de marques et les marques déposées utilisés dans cette histoire sont la propriété de leurs détenteurs respectifs.

EINLEITUNG

Sergeant Paine

Als dem knallharten Navy Sergeant Vincent Paine in einem Auslandseinsatz das Augenlicht genommen wird, ahnt er nicht, dass die Stunde der größten Dunkelheit ihm eine große Chance geben könnte.

Wieder in der Heimat angekommen, muss Vincent lernen, sich in einem Leben zurechtzufinden, das er so nicht führen möchte. Blind. Einsam. Dienstuntauglich. Das dabei ausgerechnet der Mann an seiner Seite ist, den er immer nur mit »Sir« ansprechen durfte, ist für ihn nichts als Hohn und Spott. Schließlich war es der Befehl des Captains, der ihn in den Hinterhalt lockte.

Gezeichnet von Schuld will Captain Josh Baker alles dafür tun, damit Vincent sich nicht aufgibt. Ausgerechnet er, der den schwulen Mann immer zu Zucht und Ordnung gedrillt hat, nur um seine eigenen Gefühle für Vincent zu verstecken. Gefühle, die er jetzt nicht mehr kontrollieren kann, wo Vincent endlich nicht mehr der perfekte Marine ist ...

Gay Romance mit Herzschmerz, Drama und dem ganz großen Happy End!

PROLOG

Mein Name ist Vincent Paine. Paine mit e. Mein Name hat nichts mit Schmerz zu tun.

Das hatte er zumindest nie ... bis zu jenem Tag.

Ich war immer der toughe Soldat gewesen.

Der Mann, der keine Angst kannte, keinen Schmerz spürte, kein Risiko scheute.

Ich war der verrückte Typ, der sich in die gefährlichsten Situationen stürzte, ohne mit der Wimper zu zucken.

Was hatte ich auch zu verlieren?

Es gab niemanden, der zu Hause auf mich wartete.

Niemanden, der mich vermissen würde.

Ich war der einsame Krieger, der einsame Held, der Mensch, der schon seit Ewigkeiten zu kämpfen schien. Vielleicht sogar länger, als es gut war. Länger, als ein Mensch kämpfen sollte.

Aufgewachsen in einem kleinen Örtchen, in dem jeder jeden kannte.

Als Sohn des größten Farmers der Region. Mitten in Texas.

Ich sollte auf der Farm arbeiten.

Den Familienbetrieb fortführen.

Den Namen Paine noch größer machen.

Bis ich ihnen sagte, dass ich schwul war.

Ein schwuler Junge aus Texas.

Es war der Tag, an dem ich meine Sachen packen und ausziehen durfte.

Nicht, dass ich mit einer anderen Reaktion gerechnet hätte. Deshalb war ich vorbereitet gewesen. Ich wollte zur Army und genau dorthin war ich gegangen.

Der schwule Junge aus Texas. Der Soldat. Der Vollidiot, der nie einen Hehl aus seiner sexuellen Orientierung machte.

Ich hatte mich lange genug versteckt. War lange genug zu feige gewesen, um wirklich ich selbst zu sein.

Zu ängstlich vor dem Zorn meines Vaters, der schon immer gerne seine Hand oder seinen Gürtel sprechen ließ, wenn ich nicht seinem perfekten Bild entsprach.

Ich hatte die Angst in Texas gelassen. Zusammen mit der Scham, der Selbstverachtung und allem, was dazugehörte.

Ich war schwul. Ich liebte Männer. Und trotzdem konnte ich Soldat sein.

Und nicht nur Soldat.

Sergeant.

Der Mann, der etwas zu sagen hatte.

Der Mann, der Entscheidungen traf. Der Befehle austeilte.

Der Mann, auf den man sich verlassen konnte.

Und verdammt ja, ich genoss das Ansehen meiner Kameraden. Ihr Vertrauen.

Ich hatte so viele Jahre lang zu spüren bekommen, dass es nicht okay zu sein schien, Männer zu lieben. Dass es die Gesellschaft nicht wünschte, wenn man nicht dem Mutter-Vater-Kind-Bild entsprach.

Und doch war ich nicht nur weit gekommen, ich war fast am Ziel meiner Träume gewesen.

Eines Tages Captain sein. Vielleicht sogar mehr.

Das waren meine Träume gewesen.

Träume, die sich jetzt nicht mehr erfüllen würden. Nicht mehr erfüllen konnten, weil mir verdammt noch mal alles genommen worden war, wofür ich gekämpft hatte.

Meine Karriere – zerstört.

Meine Ziele – zerstört.

Meine Träume – zerstört.

Von meinem Leben mal ganz zu schweigen.

Kriegsveteran.

Das war jetzt mein Dienstgrad.

Für den Rest meines Lebens.

Wegen einer verdammten Fehlentscheidung, durch den Mann, den ich für den Rest meines Lebens hassen würde.

Der Mann, der alles verändert hatte.

In so vielerlei Hinsicht.

Captain Josh Baker.

Manchmal spielt das Leben ein merkwürdiges Spiel und das Schicksal lacht dir ins Gesicht, während es dir hinterrücks die Kehle zudrückt.

Oder andersherum.

Vielleicht drückt es dir auch die Kehle zu und reicht dir gleichzeitig eine rettende Hand.

Oder raubt dir dein Augenlicht und schenkt dir damit ein anderes Leben.

Das Schicksal ist nicht besiegbar. Das Leben nicht planbar. So viel habe ich gelernt, auch wenn es mir verdammt schwerfällt, es zu akzeptieren.

Verstehen will ich es erst gar nicht, denn dabei würde ich sowieso scheitern.

Das Schicksal kann man genauso wenig logisch betrachten wie den Weg der Liebe. Denn was ist unergründlicher als Gefühle?

Ich habe die Sonne untergehen sehen. Ich bin abgetaucht in die unendliche Schwärze. Ich bin gefallen ins absolute Nichts.

Und doch war dort diese Hand, die ich nicht nehmen wollte. Die ich hasste. Die ich brauchte. Die ich liebte. Die ich wollte.

Das hier ist unsere Geschichte ...

1

VINCENT

»Serge! Hey, Serge!« Sofort richtete ich mich auf, als Teddy Hopps in die Unterkunft stürmte und mich unsanft aus meinem Schlaf riss. Wenn man es denn überhaupt als Schlaf beschreiben konnte. Es war mehr ein Schlummern. Jederzeit bereit, aufzustehen und das letzte Gefecht zu kämpfen, wenn wir attackiert werden sollten.

Jederzeit in Alarmbereitschaft.

Denn das war mein Leben hier im Einsatz.

Es war nicht das erste Mal, dass ich im Ausland diente. Genau genommen war es mein vierter Einsatz in Afghanistan. Gemeinsam mit den Jungs, mit denen ich schon so manche Schlacht geschlagen hatte, auch wenn sich die Truppe immer wieder änderte.

Hopps, Bucanen, Foster und Montgomery: Wir vier waren unzertrennlich. Wir hielten zusammen, zogen gemeinsam in den Krieg. Seit dem ersten Tag, nur dass ich ihnen mittlerweile als Sergeant vorstand. Etwas, womit keiner der Jungs Probleme hatte, ganz im Gegenteil zu dem verdammten Arschloch von Captain, dem wir in diesem Einsatz unterstellt waren.

Ich war in meinem Leben und besonders bei meiner Karriere hier in der Army vielen Leuten begegnet, die ein Problem mit mir hatten, oder besser gesagt mit meiner sexuellen Ausrichtung und der Art und Weise, wie ich damit umging.

Ich war schwul.

Ich stand auf Männer.

Und trotzdem war ich in der Army und arbeitete ganz normal mit Männern zusammen.

Es gab so viele beschissene Vorurteile.

So viele unsinnige Dinge, die man mit homosexuellen Männern assoziierte.

Nein, ich liebte keine Frauenkleider.

Nein, ich schminkte mich nicht.

Nein, ich hatte keine High Heels.

Nein, ich sprach nicht hoch.

Ich war ein ganz normaler Kerl, der Männer liebte.

Und trotzdem war ich in der Lage, dreckige Witze zu machen, mit den Jungs dummes Zeug zu reden und Beziehungsprobleme zu diskutieren, denn im Endeffekt war es einfach scheißegal, ob zu Hause eine Frau auf einen wartete oder ein Mann. Wenn man sich liebte, waren die Probleme einfach gleich.

Probleme, um die ich mir bei diesem Einsatz keine Gedanken mehr machen musste.

Die Sache mit Dan und mir hatte sich während meines letzten Aufenthalts in Afghanistan erledigt. Als ich nach Hause kam, war er ausgezogen.

Es war nicht leicht, der Mann an der Seite eines Soldaten zu sein, und genau das hatte unsere Beziehung zerstört. Ich war nicht wütend, weil er gegangen war. Ganz und gar nicht, denn ich konnte ihn verdammt gut verstehen. Ich war mir selbst nicht sicher, ob ich die Rolle des wartenden Mannes zu Hause ertragen hätte.

Vermutlich nicht.

Jetzt war er mit einem Investmentbanker liiert und glücklich und das war definitiv alles, was zählte.

Er war glücklich und ich würde irgendwann bestimmt auch wieder einen Mann finden, der mich so annahm, wie ich war.

Unerschrocken. Draufgängerisch. Furchtlos. Angeknackst ...

Dieser Krieg, die Dinge, die wir sahen, die wir erlebten, unser tägliches Handeln ... wer wäre ich, wenn ich behaupten würde, dass das alles vollkommen spurlos an mir vorbeiging? Ein elendiger Lügner, so viel stand fest.

Hopps, Foster, Montgomery, sie alle hatten schon einmal Hilfe in Anspruch genommen. Hilfe, um das Geschehene besser verarbeiten zu können, und wieder an diesen Ort zurückzukehren. Nur Bucanen und ich bissen uns selbst durch, was vermutlich ein verdammter Fehler war.

Doch ich konnte keine fremde Hilfe in Anspruch nehmen. Allein der Gedanke daran, mit jemandem über das zu reden, was mir nachts den Schlaf zu rauben versuchte, lag weit außerhalb meiner Vorstellungskraft.

Ich war okay.

Ich kam klar, ganz im Gegensatz zu manch anderem Kameraden, der die Hölle des Krieges nicht einfach abschütteln konnte.

Wie auch, wenn man sich einmal vor Augen führte, was wir tagtäglich sahen, was wir durchlebten, was wir tun mussten, um unsere eigene Haut und unser Land zu verteidigen.

Krieg war eine extrem beschissene Sache. Wer etwas anderes behauptete, war noch nie dabei gewesen, wenn Familien durch ideologischen Irrglauben auseinandergerissen wurden.

Ich versuchte, das alles nicht zu nah an mich herankommen zu lassen, auch wenn ich wusste, dass es mir an manchen Tagen nicht gelingen konnte. Jeder einzelne Einsatz ging unter die Haut.

Mal mehr, mal weniger.

»Der Captain will eine Einsatzbesprechung«, beendete Hopps seinen Satz, der mich sofort aus dem Bett springen ließ. Es war mitten in der Nacht. Zumindest glaubte ich das.

Wir waren seit Wochen einem großen Mullah auf der Spur und wenn der Captain mitten in der Nacht zur Lagebesprechung rief, dann gab es wohl eine neue heiße Spur.

»Sergeant«, sagte er mit ernster Stimme, als ich das Quartier betrat, in dem unsere Einsatzzentrale aufgebaut worden war.

»Captain«, erwiderte ich kalt. Ich wusste, dass er mich hasste. Dafür, dass ich schwul war. Es war nicht ungewöhnlich angefeindet zu werden, doch niemand trug eben diese Missachtung so offen zur Schau wie Captain Baker.

Ich kannte ihn erst seit diesem Einsatz und zuerst war er mir wirklich nett vorgekommen, zumindest bis zu dem Moment, in dem er gehört hatte, dass ich schwul war.

Seitdem nahm er mich deutlich härter ran. Vielleicht weil er, wie viele vor ihm, der Meinung war, dass ich nicht in der Army sein sollte, weil schwule Männer keine richtigen Männer waren. Doch da hatte er bei mir auf den Falschen gesetzt und ich wusste, dass er es so langsam, aber sicher ebenfalls merkte.

Nicht nur, dass mir die Männer grenzenlos vertrauten, nein, auch meine Einschätzungen sowie mein operatives Handeln im Einsatz waren immer tadellos.

Ich war keine Pussy. Kein Weichei. Kein Softie. Und genau dafür hasste er mich scheinbar noch mehr.

»Wir haben eine neue Spur zum Mullah«, sagte er und deutete auf den Monitor, wo eine verpixelte Videoaufnahme uns neues Material lieferte, das wir definitiv gegen diesen Mistkerl verwenden konnten.

Ich blickte den Captain kurz an, der seinen Blick auf mich gerichtet hatte, ihn aber sofort abwandte, als wir uns in die Augen sahen. Es war nicht das erste Mal, dass mir auffiel, wie genau er mich beobachtete. Mit seinen durchdringenden blauen Augen und seiner emotionslosen Miene.

Ich wusste nichts über diesen Mann. Rein gar nichts. Weder ob er verheiratet war noch ob er Kinder hatte. Er war ein großes Fragezeichen und das, obwohl Kameradschaft hier in der Army großgeschrieben wurde.

Über die anderen Jungs wusste ich alles. Gottverdammt, ich kannte sogar ihre Familien. Doch der Captain ließ sich nicht hinter seine eiserne Fassade blicken.

Er sprach nie auch nur ein privates Wort. Ich würde wahrscheinlich nicht mal seinen Vornamen kennen, hätte ich ihn nicht irgendwann einmal auf einem Formular gelesen.

Er war Captain Baker. Der Mann, der mir Befehle erteilte, dem ich blind vertrauen musste.

Egal, wie schwer es mir durch sein Verhalten auch fiel.

Aus seiner Kehle stieg ein frustrierter Ton empor, als klar wurde, dass es nicht so einfach werden würde, an den Mullah heranzukommen, wie wir es im ersten Moment gehofft hatten. Er fuhr sich mit der Hand über seine kurzen schwarzen Haare, während seine Augen den Bildschirm fixierten.

Wäre er ein schwuler Mann, würde ich wahrscheinlich alles dafür geben, um ein Date mit ihm zu bekommen. Die hohen Wangenknochen, das markante Kinn, der durchtrainierte Körper und diese durchdringenden Augen ...

Es sah mir nicht ähnlich, so über meine Kameraden zu denken. Klar gab es den einen oder anderen, der attraktiv war, aber ich war keine wandelnde Testosteronschleuder.

Wieder so eine Sache, die mich wirklich daran störte, wie die Gesellschaft zum Teil über Schwule urteilte. Warum sollte ich nicht mit einem Haufen Männer zusammenarbeiten können? Weil ich jeden von ihnen gerne verführen und ins Bett bekommen wollte? Garantiert nicht.

Das war Schwachsinn.

»Vorschläge?«, fragte er und sah mich dabei an. Schon als ich aufblickte, wusste ich, dass er meinem Blick nicht lange standhalten würde. So war es bis jetzt immer gewesen. Und das, obwohl er mein Captain war. Doch er konnte mir einfach nicht lange in die Augen sehen. So wie auch dieses Mal.

»Sagen wir mal so, es liegt offensichtlich auf der Hand, dass ein Drohnenschlag ausfällt. Wir werden wohl reingehen müssen«, sagte ich, was der andere Sergeant mit einem Nicken quittierte.

»Es ist eine brandgefährliche Scheiße, aber ich sehe es wie Paine. Uns wird nichts anderes übrigbleiben, wenn wir dieses Schwein kriegen wollen.«

»Lebend kriegen! Wir brauchen ihn noch. Das muss jedem verdammt klar sein, bevor ihr reingeht«, erwiderte der Captain. Also war es für ihn auch schon eine beschlossene Sache, uns in diese hochbrisante Situation zu schicken.

»Ja, Sir«, antwortete ich, nicht ohne innerlich zu grinsen. In meinen Gedanken hieß er oft Captain Sir Baker. Weil er auch immer wieder darauf bestand, mit Sir angesprochen zu werden.

Wahrscheinlich geilte ihn seine verdammte Autorität auf. Ich würde es vermutlich niemals erfahren, denn dafür musste ich mit diesem Kerl sprechen, was definitiv nicht möglich war. »Und wir brauchen einen verdammt guten Plan, damit die Angelegenheit nicht zu heiß wird. Neben dem Mullah wäre es nett, wenn auch die gesamte Mannschaft lebend aus diesem Höllenritt herauskommen würde«, ergänzte ich, was mir ein kurzes ärgerliches Funkeln des Captains bescherte.

»Danke für diesen ach so sachdienlichen Hinweis, Sergeant. Mittlerweile müsste eigentlich klar sein, dass die Sicherheit der Leute immer oberste Priorität hat.« Gott, wie gerne ich jetzt aufgelacht hätte, doch das hatte ich mich bei diesem Captain nur einmal gewagt.

Danach war ich die halbe Nacht mit Liegestützen und sonstigen »disziplinierenden Maßnahmen« darauf vorbereitet worden, was er unter »strenger Führung« verstand.

Sein Wort war Gesetz.

Ich verkniff mir nicht nur das Lachen, sondern auch jeden weiteren Kommentar. Baker war wie ich. Ein verdammter Cowboy. Er war ein Hitzkopf, dem der Erfolg einer jeden Mission über allem stand. Vermutlich weil er die Karriereleiter immer schneller, immer weiter emporsteigen wollte. Er war Captain, mit seinen gerade mal vierunddreißig Jahren, seine Ziele und seine Fähigkeiten waren klar und deutlich ersichtlich.

Vielleicht war er auch deshalb so. Er wollte hier keine Freunde finden, sondern einen neuen Eintrag in die Siegerliste.

»Gut. Morgen früh um acht Uhr treffen wir uns zur detaillierten Besprechung. Bis dahin sollte Nachtruhe herrschen. Ich brauche jeden Einzelnen von Ihnen morgen fit, ausgeruht und fokussiert. Wenn uns dieser Schlag gelingt, werden wir alle als Helden zurückkehren.« Vor allem er. Als Captain. Es passte einfach genau in mein Bild.

Ich legte mich wieder zurück auf mein wirklich nicht allzu unbequemes Feldbett und schloss die Augen, während ich mich in meine Wohnung in Georgia zurücksehnte.

Gefühlt war es ewig her, seit ich zuletzt dort geschlafen hatte, auch wenn es gerade einmal zwei Monate waren.

Jeder Tag im Einsatz kam einem gefühlt doppelt so lang vor, wie er eigentlich war. Vor allem, wenn das Ziel so nah und doch so fern erschien.

Wie die Festnahme des Mullahs. Auf diese Festnahme, auf die Informationen, auf die Folgen der Inhaftierung war die gesamte weitere Mission aufgebaut. Es musste uns nur erst einmal gelingen, ihn zu erwischen.

Mit diesem Gedanken fiel ich zurück in meinen Dämmerschlaf, nur um schon wenige Stunden später wieder vor dem Captain zu stehen und mit ihm den weiteren Einsatz zu planen.

Er wirkte ernst wie immer in meiner Gegenwart und ich fragte mich, ob er wohl jemals lachte.

Ich hatte Gerüchte darüber gehört, dass er über ein Lachen verfügte, doch ich wollte ihnen keinen Glauben schenken. Wir alle machten uns lustig über ihn. Natürlich vollkommen geheim. Wie konnte man sich auch nicht lustig machen über einen Mann, der sich so präsentierte. Der sich abschottete und einfach unnahbar war.

Ich hatte es bis jetzt immer erlebt, dass ein Captain auch Teil einer Einheit war. Dass er Zeit mit den Jungs verbrachte, sein Team kennenlernte, Vertrauen aufbaute, doch darauf konnte man bei diesem Kerl wohl lange warten.

Menschen schienen halt einfach nicht sein Ding zu sein.

Drei Tage später atmete ich tief durch, während der Hummer, mit dem wir uns in die Nähe des Lagers durchschlagen würden, sich in Bewegung setzte. Wir mussten es wie eine gewöhnliche Patrouille aussehen lassen, damit niemand Verdacht schöpfte.

Wenn ich auch viel über den Captain lästerte und ihm jegliche soziale Kompetenz absprach, so musste ich ihm doch seine Fachlichkeit lassen. Seine Planungen waren gut, wenn nicht sogar sehr gut. Er war immer auf alle möglichen Szenarien vorbereitet, sofern man sich denn vorbereiten konnte.

Nur dieses Mal war ich nicht vollkommen einverstanden. Ich hätte mir gewünscht, mit einer stärkeren Truppe loszuziehen, was er allerdings abgelehnt hatte. Es würde zu viel Aufsehen erregen. Vielleicht würde er aber auch nur unnötig viele Männer in Gefahr bringen, was er natürlich niemals so ausdrücken durfte.

Doch das waren nur meine eigenen Gedanken, die ich niemals laut aussprechen würde.

Ihm so etwas zu unterstellen wäre mit Sicherheit falsch gewesen. Vielleicht spielte einfach meine Abneigung gegen seine Art viel zu viel in meine Gedanken hinein. Außerdem gab es jetzt weiß Gott Wichtigeres, auf das ich mich konzentrieren musste. Den nahenden Einsatz. Die Gefahr, die jederzeit um uns herum herrschte.

Wie sehr ich diesen Job hasste ... wie sehr ich den Adrenalinkick liebte. Das alles hier war eine verdammte Hassliebe. Spätestens nach der zweiten Tour in Afghanistan hatte ich mir geschworen, aufzuhören und einen Schlussstrich unter diesen ganzen Mist zu ziehen ... Und doch war ich noch immer an diesem Ort. Weil ich nicht ohne die Army konnte. Nicht ohne diesen Nervenkitzel, ohne die Jungs, ohne dieses verdammte Zusammengehörigkeitsgefühl, das ich so noch nie zuvor erleben durfte und das ich so garantiert auch nicht mehr erleben würde, außerhalb dieser verschworenen Mannschaft.

Ich würde nicht aufhören. Nicht nach dieser Tour, nicht nach der nächsten und wahrscheinlich auch nicht nach der übernächsten. Das hier war mein Leben. Dieser Job und alles, was damit zusammenhing. Ich konnte und wollte nichts anderes tun.

»Serge, du guckst mir viel zu ernst«, kommentierte Hopps meinen Gesichtsausdruck von hinten, während ich mich fragend zu ihm umdrehte.

»Du siehst mich doch gar nicht«, konterte ich verwirrt, da er direkt hinter mir saß und mich von seiner Position aus unmöglich sehen konnte.

»Stimmt, aber du schweigst und hast deine Schultern angezogen. Das ist bei dir immer ein verdammt schlechtes Zeichen. Also, was ist? Müssen wir uns Sorgen machen oder vertrauen wir Captain Stinkstiefel?«

»Es gibt keinen Grund zur Sorge. Hätte ich die, würde ich garantiert nicht mit euch in diesem Fahrzeug sitzen. Wer rennt schon freiwillig mit offenen Armen in eine Kreissäge?«

»Tun wir das nicht alle jeden Tag aufs Neue? Ich komme mir jedenfalls so vor«, konterte Montgomery, der den Wagen fuhr, während ich ihm einen kurzen Seitenblick zuwarf.

»Eigentlich sind wir doch nur hier für den guten Whiskey nach dem Einsatz, oder?«, fragte ich, was ein Lachen durch den Hummer schickte.

»Ja, falls Captain Schweigegebot nicht wieder ausrastet, wenn wir die Flasche öffnen«, warf Bucanen ein.

Ich konnte mich noch zu gut an unseren Abend nach einem wirklich erfolgreichen Einsatz erinnern, als er einen unglaublichen Aufstand gemacht hatte, nachdem wir die Flasche geöffnet hatten.

Spätestens seit dieser Aktion war er nicht nur bei mir vollkommen unten durch. Es gehörte mittlerweile zu unseren liebsten Hobbys, ihm immer neue Spitznamen zu geben.

»Captain Alkoholverbot wird mit Sicherheit nicht wieder die Spaßbremse spielen. Dieses Mal wissen wir halt ganz genau, dass wir das Zeug heimlicher saufen müssen als normalerweise.«

»Richtig so, Serge!«, rief Foster lachend, während Hopps mir von hinten auf die Schulter klopfte.

Ich würde nicht mit dieser Tradition brechen. Niemals. Wir hatten sie eingeführt, bevor wir überhaupt eine Ahnung hatten, dass es auf dieser Welt einen Captain Baker gab. Er würde sie uns nicht nehmen. Niemand würde das. Nicht so lange unsere Truppe gemeinsam existierte und sich mit offenen Armen in die Kreissäge stürzte. So wie heute.

Ich hatte in meiner Zeit bei der Army weiß Gott schon viele brenzlige Einsätze gehabt. Meist ohne Vorwarnung. Manche aber auch so wie jetzt gerade. Einsätze, die schon vorab einen Knoten im Magen auslösten. Ich konnte nur hoffen, dass wir alle unbeschadet aus dieser Nummer herauskamen.

Eine Garantie dafür gab es nie.

Erst in der letzten Woche war ein Kamerad einer anderen Einheit im Einsatz gefallen. Tatenlos hatten wir dabei zusehen müssen, wie sein toter Körper vom Sergeant ins Lager zurückgebracht worden war. Eine Situation, die mir vielleicht auch irgendwann bevorstand, an die ich aber verdammt noch mal nicht denken wollte.

Wir alle waren Freunde. Eine Familie. Brüder. Wenn ich einen von ihnen verlieren würde, dann würde ich automatisch auch einen Teil von mir selbst verlieren.

Vielleicht hätte ich schon allein deshalb viel früher aufhören müssen. Bevor diese Gedanken es überhaupt geschafft hatten, in meinen Kopf durchzudringen, doch dafür war es schon längst zu spät.

Irgendwann würde es passieren. Nur keiner wusste, wann oder wen es traf.

Der Hummer stoppte an den vereinbarten Koordinaten, von wo aus wir uns zu Fuß weiter durchschlagen würden. Allerdings erst bei Dunkelheit. Bis dahin würden wir auf unsere vorher genau festgelegten Punkte zur Ausspähung gehen.

Der Captain war über Funk mit uns verbunden und hatte Sicht auf das Objekt, das wir in der heutigen Nacht stürmen würden. Dann, wenn alle schliefen. Alle außer uns.

Die Zeit bis zum Zugriff verbrachten wir in einer seltsam angespannten Stille. Uns allen war verdammt bewusst, wie schief dieser Einsatz gehen konnte. So wie jedes Mal. Nur dass es dieses Mal noch unvorhersehbarer schien.

Um Punkt zwei Uhr in der Nacht folgten die Männer meinem stummen Handzeichen, bei dem wir uns in Bewegung setzten. Ab jetzt war alles genau durchgeplant, wobei wir natürlich nicht genau wussten, ob unsere Theorie auch nur ansatzweise mit der Praxis übereinstimmen würde. Wir mussten schnell handeln, flexibel bleiben und stets wachsam sein. Nicht nur, was unsere eigene Situation anging, sondern auch die der Kameraden. Wir waren ein eingeschworenes Team. Jeder achtete auf jeden, sofern es uns denn möglich war.

Gekonnt schlichen wir uns ein, verständigten uns per Handzeichen und dann ging alles so verdammt schnell, dass ich mich im Nachhinein wahrscheinlich kaum noch an jedes Detail würde erinnern können.

Hopps warf die Blendgranate, dann stürmten wir hinein. In ein Objekt, das wir in- und auswendig kannten, so sehr hatten wir die Grundrisse studiert. Nur dass hier nichts auch nur ansatzweise so war, wie aufgezeichnet. Und genau das war der fatale Fehler. Es gab hier noch ein weiteres Haus, das sich im Untergrund befand. Es war nicht neu für uns, wie schnell wir reagieren und uns umstellen mussten, doch es waren einfach zu viele Leute dort. Leute, mit denen wir nicht gerechnet hatten. Leute, die das Haus während unserer Überwachung niemals durch die Tür betreten hatten, aber durch die unterirdischen Gänge, wohin auch immer sie führten.

Gänge, von denen niemand etwas wusste ...

»Captain, hier Paine. Die Lage ist unübersichtlich. Es gibt ein unterirdisches Tunnelsystem ...«

»Kein Rückzug. Ich wiederhole, kein Rückzug. Wenn wir jetzt gehen, werden wir den Mullah niemals erwischen«, unterbrach er mich, bevor er mich überhaupt anhörte. Und dann begann der Kugelhagel.

Ich warf mich hinter einen Schrank, richtete mich auf und erwiderte das Feuer. Es war nicht das erste Mal in meinem Leben, dass ich unter Beschuss stand, nur so aussichtslos wie jetzt war es mir dabei selten vorgekommen.

Ich wusste, dass ich mich auf die Jungs verlassen konnte, so wie sie sich auf mich verlassen konnten. Keiner von uns durfte jetzt die Nerven verlieren, denn dann waren wir alle verloren. Und so handelten wir. Genauso, wie wir es erlernt, geprobt und erprobt hatten.

Es war kein kopfloses Handeln. Keine übertriebenen Aktionen.

Nach und nach schalteten wir die Gegner aus. Töteten was und wen auch immer, der sich uns in den Weg stellen wollte. Natürlich war uns allen klar, dass der Mullah diese Zeit dazu nutzen würde, durch den unterirdischen Gang zu entfliehen. Falls er nicht schon längst über alle Berge war.

Das hier war ein verdammter Hinterhalt. Ein Hinterhalt, in den wir geschickt worden waren. Mit offenen Armen in die Kreissäge. Jetzt war genau das passiert.

Mein verdammtes Bauchgefühl hatte den ganzen Tag über versucht mich zu warnen, doch ich hatte diese verdammten Warnungen einfach ignoriert.

Ich hatte mein Bauchgefühl ignoriert.

Wie konnte ich nur so dumm sein.

Nach all den Jahren.

Nach all meinen Erfahrungen ...

»Vordringen«, rief ich, nachdem kein Gegenfeuer mehr erwidert wurde. Wir mussten runter in diesen Gang und sehen, wohin er führte. Wir mussten den Mullah erwischen, koste es, was es wolle. Der Captain hatte recht. Wenn wir jetzt gingen, war eine monatelange Arbeit umsonst und es gab nichts, was wir daran ändern konnten. Alles hing jetzt von uns und dem Einsatz unseres Teams ab.

Langsam und koordiniert arbeiteten wir uns vor. Der Captain hatte durchgegeben, dass Luftunterstützung eingetroffen war und weitere Teams sich näherten. Teams, die mir jetzt gerade einen Scheiß nützten in diesem Tunnelsystem, in dem wir uns rein gar nicht auskannten.

Wir durften jetzt weder die Nerven noch die Orientierung verlieren. Und dann geschah genau das. Ohne Vorwarnung wurde ich von hinten gepackt. Von dort, wo ich dachte, dass sich eine Wand befinden würde. Verdammt, ich hatte den Kerl nicht kommen sehen. Er hielt mir den Mund zu und gab mir keine Chance, die anderen Jungs auch nur irgendwie zu warnen.

Er zog mich mit sich, während ich mich nicht einmal wehren konnte. Erst später, als er mich zu Boden legte und sich lachend über mich beugte, wurde mir klar, dass er mir etwas injiziert haben musste, denn ich konnte mich nicht bewegen, mich nicht zur Wehr setzen.

Er warf die Spritze neben mich, während ich versuchte, mich aufzurichten. Meine Gliedmaßen gehorchten mir nicht mehr. Und dann wurde alles schwarz.

Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich ausgeschaltet gewesen war. Keine Ahnung, was in der Zwischenzeit geschehen war. Und auch die Ereignisse, an die ich mich eigentlich erinnern sollte, brauchten eine Weile, bis sie ihren Weg zurück in mein Gedächtnis fanden.

Es war stockdunkel in dem Raum.

Ich konnte nichts hören.

Keine Stimme. Keine Autos, aber vor allem keinen Kugelhagel mehr. Ob sie mich von dort weggebracht hatten?

Mein Team!

O Gott, ich konnte einfach nur hoffen, dass es ihnen allen gut ging.

Fluchend schob ich die dunklen Gedanken zur Seite und versuchte, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

---ENDE DER LESEPROBE---