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Ob in Filmen, Musikvideos oder der Mode – "Sex sells" ist ein allgegenwärtiges Motto. Damit geht oft ein sexualisiertes Frauenbild einher, dem auch Jugendliche und Kinder ständig ausgesetzt sind. Joy Baruna geht in dieser Publikation der Frage nach, wie sich die medial vorgelebten, sexualisierten Verhaltensweisen auf das Selbstbild von Mädchen auswirken. Dabei untersucht die Autorin auch, welche Folgen dieser mediale Einfluss auf die Präventionsarbeit gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen hat. Aus dem Inhalt: - sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen; - Gewaltprävention; - Sexualisierung; - Medieneinfluss; - sexuelle Selbstbestimmung - sexueller Missbrauch.
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Seitenzahl: 57
Veröffentlichungsjahr: 2018
Impressum:
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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitende Bemerkungen
2 Sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen
2.1 Kritische Betrachtung der Bezeichnung ‚Sexueller Missbrauch‘
2.2 Definitionen, Häufigkeit und Auswirkungen sexueller Gewalt an Kindern
2.3 Täterprofile und Täterstrategien
2.4 Kindzentrierte Präventionsansätze als Antwort auf Täterstrategien
3 Mediatisierung und Sexualisierung der Kindheit
3.1 Begriffsbestimmungen und Beschreibung der Wechselwirkung zwischen Mediatisierung und Sexualisierung
3.2 Zur Verbreitung und Bedeutung von Medien im kindlichen Lebenslauf
3.3 Der Sexualisierungsdiskurs unter besonderer Berücksichtigung der medialen Repräsentation von Frauen und Symbolik der Mädchenfigur
4 „Das Recht auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung“ – Diskussion einer Präventionsbotschaft bezüglich sexueller Gewalt im Kontext der Selbstsexualisierung frühadoleszenter Mädchen
5 Fazit und Implikationen für die Prävention sexueller Gewalt von Kindern und Jugendlichen
Literaturverzeichnis
„Die Modefirma, die sexy Hotpants für 8-jährige Mädchen herstellt, junge Frauen, die im Wettbewerb um ein Fotoshooting nackt in Discos auftreten, oder die vielen entwürdigenden Castingshows im Fernsehen sind lediglich Symptome ein und desselben gesellschaftlichen Zustands“ (Voigt, 2016, S.132).
Im Kontext dieses gesellschaftlichen Zustands könnte die Proklamation des Rechtes auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung, eines der Kernthemen hinsichtlich der Prävention von sexueller Gewalt (Deegener, 2010, S.180), aus der Sicht von Kindern und Jugendlichen widersprüchlich wirken. „Dein Körper gehört ganz allein dir“ (Deegener, 2010, S.180) hören sie einerseits und sehen andererseits im Fernsehen, Internet, etc. sexualisierte Darstellungen, insbesondere von Frauen, die unter Umständen das Gegenteil implizieren. Im Rahmen der vorliegenden Ausführungen soll eine Auseinandersetzung mit den ambivalenten Botschaften erfolgen, denen Kinder und Jugendliche, insbesondere Mädchen, ausgesetzt sind und die hinsichtlich der Prävention von sexueller Gewalt relevant sind.
Prävention wird hier vor dem Hintergrund einer Gesellschaft diskutiert, die einerseits sexuelle Gewalt und Prävention nach der Aufdeckung einer Reihe von Vorfällen in schulischen und kirchlichen Einrichtungen im Jahr 2010[1] öffentlich zu thematisieren beginnt (Fegert & Rassenhofer, 2015, S.4), andererseits zur Sexualisierung und gar Pornografisierung (Schuegraf & Tillmann, 2011) tendiere, welche unter anderem eine sexualisierte „‘Aufheizung‘ des elektronischen Raums der Medien“ (Richard, 2010, S.185) bewirke. Digitale, mediale Räume werden wiederum zunehmend auch von Minderjährigen genutzt (Feierabend, Plankenhorn & Rathgeb, 2017; Feierabend, Karg & Rathgeb, 2016) und in Mitten dieser erhitzten Atmosphäre, umgeben von sexualisierten Botschaften und (Selbst-)Darstellungen in sozialen Netzwerken, Musikvideos, Filmen, in der Werbung, vermittelt über Mode und Spielsachen (u.a. Gunter, 2014; Schuegraf & Tillmann, 2011), wird von Kindern und Jugendlichen in westlichen Gesellschaften[2] erwartet, dass sie lernen ein positives Selbst- und Körperbild zu entwickeln und Grenzen zu setzen, um sich vor sexueller Gewalt schützen zu können – eine anspruchsvolle Aufgabe.
Da zum Einen Sexualisierung, zumeist im Zusammenhang mit Frauen und Mädchen thematisiert wird (siehe 3.3) und die von sexueller Gewalt betroffenen Personen zu einem großen Teil weiblich sind (Bieneck, Stadler & Pfeiffer, 2011, S.40), zum anderen um den Umfang zu begrenzen, steht innerhalb der vorliegenden Ausführungen die indirekte Sexualisierung und daraus resultierende Selbstsexualisierung von Mädchen im Fokus. Doch an dieser Stelle soll betont werden, dass auch Jungen und Männer durch medial vermittelte (Körper-)Ideale sowie die daraus resultierende (Selbst-)Objektifizierung in ihrem Selbstbild beeinflusst werden können (Vandenbosch & Eggermont, 2013). Dies sollte im Zuge von Präventionsarbeit mit Jungen ebenfalls berücksichtigt werden.
Zu Beginn wird ein Überblick bezüglich sexueller Gewalt an Kindern geboten, wobei auch Täterstrategien und die daran anknüpfenden, allgemeinen Präventionsthemen beschrieben werden. Es folgt eine Auseinandersetzung mit aktuellen Sexualisierungs- und Mediatisierungsprozessen[3] unter besonderer Berücksichtigung kindlicher Lebenswelten. Als Schwerpunkt wird hier die gesellschaftliche Konstruktion beziehungsweise mediale Repräsentation von Frauen sowie die Bedeutung der Mädchenfigur als Emblem für Unschuld in der postfeministischen Ära und betrachtet.
Um das Spanungsfeld, in welchem sich Mädchen befinden exemplarisch zu verdeutlichen, erfolgt im Anschluss eine Diskussion kindzentrierter Botschaften auf Grundlage des Präventionsthemas „Das Recht auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung“ (Deegener, 2010, S.180) im Kontext der Selbstsexualisierung frühadoleszenter Mädchen, welche als Folge der Introjektion medial vermittelter Sexualisierung gelten kann. An dieser Stelle wird sich auf Untersuchungen von Voigt (2016), Dangendorf (2012) sowie Renold und Ringrose (2011) bezogen.
Obwohl die Bezeichnung ‚Sexueller Missbrauch‘ sowohl im klinischen und rechtlichen Kontext, als auch im alltäglichen Sprachgebrauch weit verbreitet ist (Gründer & Stemmer-Lück, 2013) und selbst die Initiative des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (2016) den Titel „Kein Raum für Missbrauch“ trägt, wird innerhalb der vorliegenden Ausführungen auf den Begriff ‚Missbrauch‘ verzichtet, da er „impliziert, dass Menschen gebraucht oder missbraucht werden“ (Stemmer-Lück, 2013, S.15) und von einigen Betroffenen abgelehnt wird (Winter, 2015, S.11). Zwar sei bekannt, dass Täter angaben, ihre Opfer wie „Sexualobjekte“ (Deegener, 2010, S.22) oder „Gebrauchsgegenstände“ (Gründer & Stemmer-Lück, 2013, S.15) ‚miss-braucht‘ zu haben, doch ein ‚zweckmäßiger Gebrauch‘ einer Person zur sexuellen Befriedigung einer anderen sei schlichtweg nicht möglich (Kappeler, 2014, S.8; Winter, 2015, S.11). Der Gebrauch einer Person spricht für sexuelle Objektifizierung, und damit im weitesten Sinn für Entmenschlichung, und stellt bereits ein Merkmal der Sexualisierung dar, wie unter Punkt 3.1. näher ausgeführt wird. Kappeler (2014) betont darüber hinaus, dass es sich bei dem Begriff ‚Missbrauch‘ um eine Vokabel der „Sprache der Verschleierung und Verharmlosung“ (S.8) handele, wie es auch bei Umschreibungen wie „‚Er hat sich vergriffen‘ oder ‚vergangen‘“ (S.8) der Fall sei. Demzufolge werden im Rahmen dieses Textes die Bezeichnungen sexuelle oder sexualisierte Gewalt verwendet.[4]
Es existiert keine einheitliche psychologische Definition sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen (Gründer & Stemmer Lück, 2013, S.15). Die Diskussion und Bewertung sei durch den jeweiligen kulturellen und ideologischen Kontext geprägt (Bange, 2003, S.21; Bundschuh, 2001, S.40). Derzeit gebräuchliche sozialwissenschaftliche Definitionen orientieren sich am Konzept des wissentlichen Einverständnisses (informed consent), wonach sexuelle Gewalt im Allgemeinen sexuelle Handlungen an oder vor Personen einschließe, denen diese aufgrund ihres allgemeinen Entwicklungs- und Wissensstandes nicht zustimmen können, weil sie nicht in der Lage sind, die Folgen zu ermessen (Basile, Smith, Breiding, Black & Mahendra, 2014, S.11; Deegener, 2010, S.20-22). Kinder können somit nicht in sexuelle Kontakte einwilligen, da sie gegenüber Erwachsenen nicht als gleichberechtigte Partner*innen gelten würden (Bange, 2003, S.22). Eine vermeintliche Einwilligung des Kindes ist auch rechtlich hinsichtlich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung[5], des StGB, im Speziellen gemäß §176 ‚Sexueller Missbrauch‘ an Kindern irrelevant: Sexuelle Handlungen an und mit Personen unter 14 Jahren sind in jedem Fall strafbar (Jud, 2015, S.54). Eine von Tätern oft zu ihrer Entlastung angegebene Zustimmung des Kindes (Jud, 2015, S.54), sei als „Unterwerfung oder Anpassung an die Wünsche des Täters“ (Gründer & Stemmer-Lück, 2013, S.16) aufzufassen[6]