Sherlock Holmes - Bakerstreet 221B 03: Sherlock Holmes und der Gefangene im Tower - Ian Carrington - E-Book

Sherlock Holmes - Bakerstreet 221B 03: Sherlock Holmes und der Gefangene im Tower E-Book

Ian Carrington

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Beschreibung

Im Tower of London sitzt Sergeant Horatio Baigent, der Mörder des Ersten Leibarztes des Königs. Er allein scheint zu wissen, wer die Drahtzieher des Pest-Komplotts sind, welches das britische Empire an den Rand des Abgrunds geführt hat. Allerdings ist auch der Sergeant nur eine Marionette im perfiden Spiel der Großmächte. Sherlock Holmes versucht, das Geflecht aus Manipulationen, Lügen und falschen Fährten zu durchdringen. Währenddessen wird Mrs. Hudson entführt. Ihr Leben hängt am seidenen Faden. Die Printausgabe des Buches umfasst 156 Seiten Die Exklusive Sammler-Ausgabe als Taschenbuch ist nur auf derVerlagsseite des Blitz-Verlages erhältlich!!!

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SHERLOCK HOLMESBAKER STREET 221B LONDON

In dieser Reihe bisher erschienen

3901 G. G. Grandt Sherlock Holmes und der Zorn Gottes

3902 G. G. Grandt Sherlock Holmes und der Schwarze Tod

3903 Ian Carrington Sherlock Holmes und der Gefangene im Tower

Ian Carrington

SHERLOCK HOLMESBaker Street 221B London

Sherlock Holmes und der Gefangene im Tower

Basierend auf den Charakteren vonSir Arthur Conan Doyle

Diese Reihe erscheint als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt.Infos unter: www.BLITZ-Verlag.de© 2021 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: Mario HeyerLogo: Mario HeyerVignette: iStock.com/neyro2008Satz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-385-8Dieser Roman ist als Taschenbuch in unserem Shop erhältlich!

Was bisher geschah:

September/Oktober 1903: In der Londoner Buck’s Row wird die junge Prostituierte Molly Bayheart bestialisch ermordet und verstümmelt. Der Täter hinterlässt einen kryptischen Zettel, den Sherlock Holmes dechiffriert: Des Namen heißt Schwarzer Tod. Unterschrieben ist mit Jack.

Der Detektiv und der befreundete Virologe Dr. Adelbert Meyfried gehen zunächst davon aus, dass das Opfer eventuell mit der Pest infiziert sein könnte. Bei einer dementsprechenden Inaugenscheinnahme der Leiche durch den deutschen Wissenschaftler bestätigt sich dieser Verdacht jedoch nicht. Indes beauftragt König Edward VII. seinen stellvertretenden Leibarzt Sir Ernest Waddell mit der weiteren Begutachtung der Leiche, der in der Folge Inspektor Bradstreet das Leben schwer macht. Denn Sir Ernest strengt eine ganz eigene Intrige an, will er doch den Ersten Leibarzt, Sir Clark Baryn, aus dem Amt vertreiben, um dessen Position sowie die des Vorsitzenden des Royal College of Surgeons of England zu übernehmen.

Kurze Zeit später stirbt im Elendsviertel der Taschendieb Timothy Hanson an der Pest. Neben ihm wird erneut ein Stück Papier gefunden: Der Mann lag nackt bei der Nackten. Wieder gezeichnet mit Jack. Daraufhin werden sämtliche Bordelle in Whitechapel geschlossen, die Dirnen medizinisch untersucht. Allerdings lehnen der Polizeipräsident, Commissioner Curran, sowie Premierminister Arthur James Balfour trotz Drängen von Bradstreet, Holmes und Dr. Meyfried es ab, das ganze Armenviertel abzuriegeln. Dr. Watson entnimmt dem Toten Hanson eine Pestgewebeprobe, die der deutsche Virologe analysieren will, um den Infektionsweg herauszufinden. Nur so können die seuchenprophylaktischen Maßnahmen gezielt durchgeführt werden.

Nach einer kurzfristigen Audienz der Freunde bei König Edward VII. wird schließlich Whitechapel, in dem immer mehr Menschen der Pest zum Opfer fallen, abgeschottet und unter Quarantäne gestellt. Dr. Watson hingegen wird selbst mit dem Pesterreger infiziert, kann aber von Dr. Meyfried geheilt werden.

In den Elendsvierteln geschieht ein weiterer Mord. Auch die Prostituierte Selma Brown fällt mutmaßlich Jack zum Opfer. Neben ihr findet sich ein Zettel, den Holmes dechiffriert: Denn sie sündigen tödlich. Er kommt zum Schluss, dass Jack the Ripper nicht etwa erneut zugeschlagen hat, sondern es sich lediglich um einen Nachahmer handelt.

Zudem erkennen er und Dr. Meyfried einen Zusammenhang zwischen den Ratten und der Pestübertragung auf Menschen, und zwar durch ­Rattenflöhe, die von einem Wirtskörper zum anderen springen. Der Meisterdetektiv ist davon überzeugt, dass auch der Menschenfloh den Pestbazillus übertragen kann. Ebenso, dass nicht die Wanderratte die größte Gefahr bedeutet, sondern vielmehr die Hausratte. Sir Ernest Waddell hingegen konzentriert sich auf die Vernichtung der Wanderratten in den Elendsvierteln und liegt damit falsch. Denn trotz allem verbreitet sich der Schwarze Tod weiter.

Damit schlägt Sir Clark Baryns große Stunde! Der erste königliche Leibarzt, der überraschend von der scheinbaren Grippe wieder genesen ist, erklärt Edward VII., dass sein Stellvertreter völlig unfähig sei, der Seuche den Garaus zu machen. Er selbst jedoch wüsste die Lösung und fordert dafür die Absetzung Sir Ernests, den Adelstitel eines Duke sowie monatlich aus der royalen Schatulle eine stattliche Summe für seinen Landsitz. Dem König bleibt nichts anderes übrig, als auf diese Forderungen einzugehen.

Sir Clark folgert dieselben Rückschlüsse wie Holmes und lässt jetzt auch die Hausratten aus­rotten. Damit ist die Pest eingedämmt und der erste königliche Leibarzt der strahlende Held. Bei der Feier im Buckingham Palace, bei der Sir Clark, der inzwischen zum Duke avanciert ist, vom König ein Orden verliehen werden soll, kommt es jedoch zum Eklat. Denn Holmes überführt den Leibarzt vor den Augen der Anwesenden als Mörder von Molly Bayheart und Selma Brown. Dem Duke bleibt nichts anderes übrig, als zu gestehen. Das alles war Teil eines Plans, um Sir Ernest zu vernichten, weil dieser wiederum ein Komplott gegen ihn anstrengte. Allerdings ist der Meisterdetektiv davon überzeugt, dass die katastrophale Tragweite eines initiierten Pestausbruchs in einer Stadt wie London nicht mit den von Duke Baryns offenbarten Motiven zu rechtfertigen ist. Er will wissen, wer die wahren Drahtzieher dieser Verschwörung sind und welche Ziele sie tatsächlich verfolgen. Doch kurz bevor sich der Leibarzt zu einem Geständnis durchringen kann, wird er von einem Mitglied der im Palast anwesenden Militärkapelle erschossen ...

Vorrede Dr. Watson

Während ich in der Eigenschaft als Chronist meines Freundes Sherlock Holmes diese Zeilen niederschreibe, komme ich nicht umhin, mit großem Schaudern an die zurückliegenden Ereignisse zu denken.

Der Fall, mit dem wir zu jener Zeit betraut waren, und der mit nachgestellten Jack-the-Ripper-­Morden und einem Pestausbruch im East End begann, erreichte derartige Ausmaße, die ich mir nicht ­einmal in meinen schrecklichsten Albträumen vorstellen konnte. Die Tragweite der Geschehnisse, mit der wir im Folgenden zu tun bekamen, resultierten aus den Sünden der Mächtigen, zumindest aber aus Herrschaftsstreben, Arroganz, Konkurrenzdenken und Rachegelüsten.

Mir ist durchaus bewusst, dass ich melodramatische Worte für diese Vorrede verwende. Doch glauben Sie mir, ich habe jedes Einzelne davon mit der vollen Überzeugung seiner Wirkung gewählt.

1. Kapitel

Obwohl es erst Oktober war, wehte bereits ein so bitterkalter Wind durch London, als würde er den nahen Winter ankündigen. Es war ziemlich früh am Morgen, als wir mit einer Kutsche durch die noch stillen Straßen zur Charing Cross Station ratterten.

Neben mir saß mein Freund und Partner Sherlock Holmes und uns gegenüber Dr. Adelbert Meyfried, der deutsche Virologe des renommierten Königlich Preußischen Instituts für Infektionskrankheiten in Berlin-Wedding und Kollege des berühmten Robert Koch. Vor Kurzem erst hatte er mich mit grauer Salbe und Sublimat, also Quecksilbersalz, die mit Extrakten aus Amber, Minze, Kampfer und allerlei sonstigen speziell von ihm gemischten ­Essenzen angereichert war, von der Pest geheilt. Hierfür würde ich ihm zeit meines Lebens in tiefer Dankbarkeit verbunden bleiben.

Der Grund unserer morgendlichen Fahrt zum Bahnhof war der Tatsache geschuldet, dass Dr. Meyfried nach Berlin zurückreiste. Da er zusammen mit Holmes maßgeblich dafür gesorgt hatte, dass der Schwarze Tod, der vor allem im East End gewütet hatte, ausgerottet wurde, wollten wir ihn bis zu seiner endgültigen Abreise begleiten.

Die Fahrt verlief zumeist mit oberflächlich geführter Konversation, mitunter im tiefen Schweigen, weil jeder von uns seinen eigenen Gedanken nachhing oder es betrauerte, dass lieb gewonnene Freunde auseinandergingen.

Die Charing Cross Station befand sich im Zen­trum der britischen Metropole, östlich des Trafalgar Square und nordöstlich der Whitehall, in der Nähe des Unterhaltungsviertels Covent Garden. Auf dessen Markt wurden exotische Güter aus der ganzen Welt die Themse hinauf geschafft.

„Was gedenken Sie, nach Ihrer Rückkehr in Berlin zu tun, Doktor?“, fragte Holmes und blickte den hoch aufgeschossenen Virologen an, der hager von Statur war, mit kurzem Oberkörper, langen Armen und Beinen, schmalen Schultern und dünnen, schwarzen Haaren. Bekleidet war er wie immer mit einem Gehrock, einem Hemd mit makellosem ­Kragen und einer hellen Hose. Der gut gepflegte Zylinder lag neben ihm auf seinem schweren Mantel.

Die blassen Augen des Angesprochenen, die über seiner charakteristischen Hakennase in dem knochigen Wieselgesicht saßen, strahlten, während sich der bleistiftdünne Mund zu einer Antwort verzog: „Ich werde mit Robert Koch mein hier in London erworbenes praktisches Wissen über den Pesterreger teilen. Das wird sicher auch für ihn von Nutzen sein.“

In der Tat war Koch einer der bedeutendsten deutschen Wissenschaftler. Dem Mediziner, Mikrobiologen und Hygieniker gelang es bereits 1876, den Erreger des Milzbrands außerhalb des Organismus zu kultivieren. Sechs Jahre später entdeckte er den Tuberkulose-Bazillus. Zusammen mit seinem französischen Kollegen Louis Pasteur wurde er der Begründer der modernen Bakteriologie und Mikrobiologie. Ganz sicher war es eine große Ehre für Dr. Meyfried, direkt an seiner Seite und an dessen Institut zu arbeiten.

Schließlich kam das Fuhrwerk vor dem Bahnhof mit dem gigantischen schmiedeeisernen Dach, das in einem einzigen Bogen alle sechs Bahnsteige überspannte, zum Stehen. Gleich daneben erhob sich das Charing Cross Hotel mit seiner an die Renaissance angelehnten Fassade.

Wir stiegen aus der Kutsche und baten die Fahrer, zu warten. Dr. Meyfried hatte nur einen ­ledernen ­Koffer dabei, den er nun einem Gepäckträger übergab, der diesen zunächst in einem left luggage ­storage aufbewahrte.

Wir hatten noch eine gute halbe Stunde, die wir nutzten, um gemeinsam in einem der Warteräume einen heißen Tee zu trinken.

Schließlich meldete der Vorsteher die Einfahrt des Zuges. Es wurde Zeit für uns, von dem deutschen Freund Abschied zu nehmen. Natürlich wollten wir in Kontakt bleiben. Dr. Meyfried versprach, uns aus Berlin zu schreiben.

Ich weiß nicht, wie es Holmes erging, ich jedenfalls hatte ein schweres Herz, als der Virologe in sein Abteil stieg und die Eisenbahn mit pfeifender und qualmender Lokomotive anfuhr. Stumm sahen wir ihr nach, bis sie vollends in den grauen Nebelschwaden, die wie Geisterfinger über die Themse wehten, verschwunden war.

Das nächste Ziel unserer morgigen Fahrt war Her Majesty’s Royal Palace and Fortress of the Tower of London, der seit dem Jahr 1900 zum Metropolitan Borough of Stepney gehörte und im Osten der Grafschaft County of London lag. Bei dem Tower, der bereits im 11. Jahrhundert erbaut worden war, handelte es sich um einen befestigten Gebäudekomplex am Nordufer der Themse. Über Dekaden hinweg wurde er als Residenz von Königen, Waffenkammer, Gefängnis, und Hinrichtungsstätte benutzt. Wohl am geläufigsten war in der Öffentlichkeit die Tatsache, dass in der dortigen Schatzkammer die britischen Kronjuwelen aufbewahrt wurden.

Aber um Kronen, Zepter, Reichsapfel, Schwerter, Ringe und Diamanten ging es uns wahrlich nicht, war unser Besuch doch einem ganz anderen Umstand geschuldet.

Wie bereits erwähnt, diente der Tower vom 12. bis zum 13. Jahrhundert auch als Zuchthaus für London und die umliegenden Regionen, was die unmittelbare Nähe des Komplexes an der Themse, die starken Festungsmauern sowie die Anwesenheit militärischer und polizeilicher Truppen hervorragend möglich machte. Danach wurde diese Funktion durch das Newgate-Gefängnis ersetzt, sodass im Tower lediglich noch Kriegsgefangene oder höhergestellte und wichtige Arrestanten inhaftiert wurden.

Dazu gehörte zweifellos auch Horatio Baigent. Der Sergeant der Militärkapelle hatte bei einem Festakt im Buckingham Palace im Beisein seiner Majestät König Edward VII., seiner Gemahlin Alexandra und etwa 150 Adligen, von der Musikantengalerie aus Duke Clark Baryn erschossen. Zuvor hatte Holmes den ersten königlichen Leibarzt und Vorsitzenden des Royal College of Surgeons of England als Mörder zweier Dirnen und Initiator des Pestausbruchs in London überführt. Allerdings war dieser nicht der eigentliche Drahtzieher dieses Komplotts, sondern nahm das Wissen darum mit ins Grab. Natürlich war es von immenser Wichtigkeit, zu erfahren, wer die tatsächlichen Hintermänner waren, ging von diesen doch nach wie vor eine Gefahr für das Vereinigte Königreich aus. Aus diesem Grund waren Holmes und meine Wenigkeit, wie bereits zuvor, von Seiner Majestät damit beauftragt worden, zusammen mit Scotland Yard diese Intrige vollends aufzudecken. Die einzige Person, die in Gewahrsam war und dabei weiterhelfen konnte, war Sergeant Baigent. Ihm durfte nichts zustoßen, deshalb war er auch als Sondergefangener im Tower verwahrt und nicht in einem der herkömmlichen Gefängnisse in London.

Bradstreet, der eine erste Vernehmung alleine durchführen wollte, hatte uns bereits am gestrigen Tag mitgeteilt, dass der Mörder sich trotz aller Vernehmungsraffinessen, die der Inspektor an den Tag legte, nicht gerade auskunftsfreudig gezeigt hatte. Nun sollten wir versuchen, möglicherweise mehr Licht ins Dunkel der abscheulichen Tat zu bringen.

„Wissen Sie eigentlich, dass Heinrich VIII. im Tower zwei seiner Gattinnen hinrichten ließ?“, unterbrach Holmes meine Gedankengänge.

Ich nickte. „Soweit mir erinnerlich, handelte es sich um die 1. Marquess of Pembroke Anne Boleyn sowie eine seiner einstigen Hofdamen und späteren Gemahlin Catherine Howard.“

„Ich zolle Ihnen meine höchste Anerkennung dafür, dass Sie ein solch immenses historisches Wissen aufweisen, Watson.“ Der Meisterdetektiv sah mich vergnügt an. „Können Sie mir auch beantworten, mit welchem Scherznamen Heinrich seine Catherine bedachte?“

Ich legte die Stirn in Falten, kam aber beim besten Willen nicht darauf, wusste jedoch, dass mein Gegenüber ungeheure Kenntnisse in Sensations­literatur besaß. Deshalb wartete ich, bis er es mir sagte.

„Heinrich nannte Catherine Howard Rose ohne Dornen“, belehrte mich Holmes.

Bevor ich etwas darauf antworten konnte, kam der Wagen zum Stehen. Wir hatten unser Ziel erreicht. Wir stiegen aus, entlohnten den Kutscher und baten ihn, uns in zwei Stunden wieder an derselben Stelle abzuholen.

Vor uns erhoben sich die mächtigen, im Mittel­alter errichteten Außenmauern des Towers. Seit jener Epoche gab es zahlreiche An- und Umbauten sowie Neugestaltungen. So wurden beispielsweise die Türme im 19. Jahrhundert im neugotischen Stil neu geschaffen.

Wir passierten das Haupttor ohne Probleme, weil Holmes eine Depesche des Königs vorweisen konnte, die uns sämtliche Vollmachten für eine Vernehmung des zurzeit wohl wichtigsten Gefangenen des Britischen Empires erlaubte. Auch die anderen Formalitäten in der Wachstube, wie etwa der Eintrag ins Gästebuch, waren schnell erledigt.

Im Innern des Tower-Komplexes befanden sich Quartiere für die militärischen und polizeilichen Garden, Verwaltungs- und Büroraume, die Schatzkammer, das Gefängnis sowie weitere Einrichtungen.

Das triste Zentralgebäude, dessen Fassade aus Backsteinen bestand, die bereits an vielen Stellen bröckelten, war mit hohen, schmutzig grauen Mauern versehen. Die Zellentrakte liefen stern­förmig aus, sodass die Aufseher alle Gebäudeteile von einem zentralen Punkt aus einsehen konnten und das Gefängnis deshalb auch als ausbruchsicher galt.

Ein Wärter mit Holzknüppel in der Gürtelschlaufe, der voller Ehrfurcht die royale Vollmacht las, die ihm mein Freund ebenfalls unter die Nase gehalten hatte, führte uns mit militärisch stockgeradem und steifem Gang durch die kahlen Flure direkt zu den Kerkerzellen. Unterwegs schloss er verschiedene Türen auf. Überall roch es nach Schimmel und Feuchtigkeit. Der schneidende Wind, der von der Themse her wehte, schien durch jede noch so winzige Ritze im Mauerwerk zu kriechen und sorgte für kühle Temperaturen.

Dennoch waren hier die Haftbedingungen und hygienischen Verhältnisse weitaus besser als in den anderen Gefängnissen der Stadt. Außerdem wurden die Häftlinge keineswegs wie etwa im Newgate zu Handwerksarbeiten, beispielsweise dem Weben oder dem Rupfen von Kokosfasern für die Seilerei, verpflichtet, weil sie zu den höhergestellten oder wichtigen Sonderarrestanten zählten.

Endlich kamen wir bei der Zelle an, in der Sergeant Baigent einsaß. Diese glich eigentlich mehr einem kühlen, düsteren Kellergewölbe, das mit einer extradicken, eisernen Gittertür gesichert war. Der Auf­seher entriegelte sie und stellte die gusseiserne Gaslampe, die er die ganze Zeit über mitgeführt hatte, draußen neben sich auf den kahlen Gang­boden. Das flackernde Licht reichte aus, um die Hälfte der Kerkerzelle auszuleuchten.

Nacheinander traten Holmes und ich ein, während hinter uns die Tür wieder ins Schloss fiel.

Schnell gewöhnten sich meine Augen an das schummrige Licht. Die Zelle war rund fünfzehn Fuß lang, zehn Fuß breit und neun Fuß hoch. Weil der Kerker im Kellergewölbe lag, gab es natürlich auch kein Fenster, durch das Tageslicht hätte herein­fallen können. Die Wände bestanden aus rohen ­Mauersteinen, in die frühere Gefangene ihre ­Initialen, Inschriften, Zeichnungen oder gar Bibelsprüche geritzt hatten. Zeugnisse von Verdammten, die viele einsame Monate und Jahre im Tower verbracht hatten. Die meisten von ihnen sahen jedoch die Sonne nur noch beim schweren und letzten Gang zu ihrer Hinrichtungsstätte.

Wir verharrten vor der einzigen Pritsche, auf der der Inhaftierte hockte, stumm zu uns aufsah und keinerlei Anstalten machte, aufzustehen.

---ENDE DER LESEPROBE---