Sherlock Holmes und die Theatermorde - Nicholas Meyer - E-Book
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Sherlock Holmes und die Theatermorde E-Book

Nicholas Meyer

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Beschreibung

Vorhang auf für den Meisterdetektiv!

London, 1895. Grausame Morde erschüttern das West End und die dort ansässige Theaterszene. Pikanterweise sind einige der bekanntesten Persönlichkeiten des Theaterdistrikts in den Fall verwickelt: ein verarmter Schreiberling namens Bernard Shaw, der mysteriöse Theaterangestellte Bram Stoker, und nicht zuletzt ein umstrittenes Genie namens Oscar Wilde. Scotland Yard tappt im Dunklen, doch für Sherlock Holmes scheint der Fall klar: Ein Psychopath geht um - und sein Name lautet Jack ...

Dieser Sherlock-Holmes-Pastiche ist in früheren Ausgaben unter dem Titel "Der Mann des Schreckens" erschienen.

Weitere historische Kriminalromane mit dem berühmten Ermittler: "Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud", "Sherlock Holmes und das Phantom der Oper", "Sherlock Holmes und die Riesenratte von Sumatra", "Sherlock Holmes und der Fall Houdini".

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.


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Seitenzahl: 238

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Inhalt

CoverÜber dieses BuchÜber den AutorTitelImpressumWidmungVORWORTEINFÜHRUNGKAPITEL 1 – Zu Hause bei Sherlock HolmesKAPITEL 2 – Einladung zu einem AuftragKAPITEL 3 – In South CrescentKAPITEL 4 – In Sachen BunthorneKAPITEL 5 – Der Herr des LebensKAPITEL 6 – Der zweite MordKAPITEL 7 – ÜberfälleKAPITEL 8 – Mama, der Krebs und andereKAPITEL 9 – SullivanKAPITEL 10 – Der Mann mit den braunen AugenKAPITEL 11 – Theorien und AnschuldigungenKAPITEL 12 – Der Parse und Porkpie LaneKAPITEL 13 – Der verschwundene PolizistKAPITEL 14 – Der Schrecken des West EndKAPITEL 15 – Jack PointEPILOGNACHWORTANMERKUNGEN

Über dieses Buch

Vorhang auf für den Meisterdetektiv!

London, 1895. Eine Reihe grausamer Morde erschüttert das West End und die dort ansässige Theaterszene. Pikanterweise sind einige der bekanntesten Persönlichkeiten des Theaterdistrikts in den Fall verwickelt: ein verarmter Schreiberling namens Bernard Shaw, der mysteriöse Theaterangestellte Bram Stoker, und nicht zuletzt ein umstrittenes Genie namens Oscar Wilde. Scotland Yard tappt im Dunklen, doch für Sherlock Holmes ist der Fall klar: Ein Psychopath geht um – und sein Name lautet Jack …

Dieser Sherlock-Holmes-Pastiche ist in früheren Ausgaben unter dem Titel »Der Mann des Schreckens« erschienen.

Über den Autor

Nicholas Meyer ist ein US-amerikanischer Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur. Bekannt geworden ist er durch seine Regie- und Drehbucharbeiten an mehreren Star Trek-Spielfilmen, Sommersby und The Day After. Meyer ist Drehbuchautor und Mitproduzent der neuen Star Trek-Serie Discovery. Der New York Times-Bestsellerautor hat zudem drei erfolgreiche Sherlock-Holmes-Pastiches geschrieben.

Nicholas Meyer

und die Theatermorde

Ein Detektiv-Krimi mit Sherlock Holmes und Dr. Watson

Aus dem amerikanischen Englisch von Victoria WockerNeu bearbeitet von Stefan Bauer

beTHRILLED

Digitale Erstausgabe

»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Für die Originalausgabe:

Copyright © 1976 by Nicholas Meyer

Titel der amerikanischen Originalausgabe: »The West End Horror«

Originalverlag: W.W. Norton & Co.

Für diese Ausgabe:

Copyright © 1995/2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Titel der deutschsprachigen Erstausgabe: »Der Mann des Schreckens«

Copyright © der deutschen Übersetzung 1977 by Marion von Schröder Verlag GmbH, Düsseldorf

Lektorat: Stefan Bauer

Covergestaltung: Thomas Krämer unter Verwendung von Motiven © shutterstock: Richard Peterson | BestPix | Subbotina Anna | Repina Valeriya

eBook-Erstellung: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7325-5530-7

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Für Elly und Leonore

VORWORT

Zu den interessantesten Folgen der Veröffentlichung von Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud gehört die Anzahl von Briefen, die ich – als Herausgeber – aus aller Welt erhalten habe. Wie ich zum Zeitpunkt seines Erscheinens voraussagte, ist das Manuskript Mittelpunkt einer hitzigen Kontroverse geworden, und Leser haben mir auf allen möglichen Sorten von Briefpapier und in unterschiedlicher Grammatik, Rechtschreibung und Interpunktion mitgeteilt, wie sie die Authentizität des Buches einschätzen. Zu meinen Korrespondenten zählt unter anderen ein Oberschüler aus Juneau, Alaska, der mich eines Morgens – wohl in der Annahme, es wäre in Los Angeles eine Stunde später – in aller Herrgottsfrühe anrief, um mir zu verkünden, dass er mich für einen Schwindler halte. Zu den eher bizarren Konsequenzen der Veröffentlichung gehört das Auftauchen einer Reihe anderer ›verloren gegangener‹ Watson-Manuskripte, nicht weniger als fünf an der Zahl, die mir sämtlich zur Beurteilung zugeschickt wurden. Die Absender der Manuskripte waren so mannigfaltig wie die erstaunlichen Inhalte: der Pilot einer Luftfahrtgesellschaft in Texarkana, Texas; ein in Argentinien lebender Diplomat; eine Witwe aus Racine, Wisconsin; ein in der Schweiz lebender Rabbi (sein Manuskript war auf Italienisch verfasst!) und ein pensionierter Herr unbestimmbaren Berufs in San Clemente, Kalifornien.

Alle diese Niederschriften waren lesenswert, und alle enthielten Hinweise auf ihre Herkunft, die ihr verspätetes Auftauchen und die Umstände ihrer Entstehung erklärten. Mindestens zwei von ihnen waren – wenn auch durchaus reizvoll – offensichtlich Fälschungen (eine davon eine getarnte Pornographie), eine dritte war eine kaum verschleierte politische Abhandlung, eine weitere enthielt die Phantasien eines gestörten Geistes, den vierten Versuch, Holmes’ jüdische Abstammung nachzuweisen (diese stammte nicht von dem schweizerischen Rabbi), und eine ...

Der Fall, der dem Leser hier vorliegt, entstammt dem Manuskript einer Frau C. K. Verner aus Racine, Wisconsin. Bevor es mir zuging, erhielt ich folgenden, über meinen Verleger in New York an mich gesandten Brief:

14. Dezember 1974

Lieber Herr Meyer,

ich habe mit aufrichtigem Interesse das von Ihnen herausgegebene Manuskript ›Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud‹ gelesen. Mein verstorbener Mann Carl stammte von der Verner-Familie1 ab, der, wie Sie wohl wissen werden, auch Sherlock Holmes angehörte.

Vielleicht würden Sie gerne einen Blick auf ein weiteres ›lange verloren geglaubtes‹ Manuskript Dr. Watsons werfen, nur dass dieses genau genommen niemals verloren ging. Carl, mein Mann, hatte es von seinem Vater, dem es (wie er uns öfters erzählt hat) von Mr Holmes persönlich vermacht worden war.

Es ist von Hand geschrieben und hier und da ein wenig schwierig zu entziffern, vor allem wegen des Wasserschadens, den es in den dreißiger Jahren erlitten hatte, als Carls Vater nicht das Geld hatte, um das Speicherdach reparieren zu lassen.

Carls Vater (Großpapa Verner - er starb im Jahr ’46) hat das Manuskript nie einem Verleger gezeigt, da aus seinem Anfang hervorgeht, dass Mr Holmes es nicht veröffentlicht haben wollte. Inzwischen ist aber eine Menge Wasser den Berg hinuntergelaufen, und alle diese Leute sind ohnehin nicht mehr am Leben.

Ich habe letzte Woche in der Zeitung gelesen, was man gerade alles über Gladstones Privatleben herausgefunden hat, und ich kann mir nicht denken, dass dieses Manuskript mehr Schaden anrichten wird.

Carl ist im Februar letzten Jahres von mir gegangen, und wie Sie wissen, ist die Wirtschaftslage nicht besonders. Ich werde möglicherweise die Farm verkaufen müssen und könnte etwas Bargeld gut gebrauchen. Wenn Sie die Papiere sehen wollen und sich dafür interessieren, dann kommen wir sicher zu einer Verständigung über das Geld. Ich werde allerdings wohl dem Beispiel Ihres Onkels Henry folgen und das Original verkaufen! Ich glaube, ich habe im TIME-Magazin den Namen eines Typen in New Mexico gelesen, der so was sammelt, und von dem er einen ordentlichen Batzen dafür gekriegt hat.

Mit den besten Empfehlungen

Ihre (Frau) Marjorie Verner

Dies war der erste von zahlreichen Briefen, die zwischen mir und Mrs Verner ausgetauscht wurden. Sie konsultierte auf meinen Rat hin ihren Rechtsanwalt, und dieses Individuum stellte sich (auf meine Kosten) als Kenner seines Faches heraus. Schließlich und endlich war aber alles geregelt, und ich flog nach Racine, um das Dokument abzuholen, von dem mehrere Fotokopien angefertigt worden waren.

Es war stellenweise außerordentlich schwer zu lesen und bot Probleme, die von denen seines Vorgängers gänzlich verschieden waren.

Das Wasser hatte enormen Schaden angerichtet. Hier und dort waren Worte, sogar ganze Sätze ausgelöscht und unentzifferbar. Ich war gezwungen, Spezialisten zu Rate zu ziehen (und möchte an dieser Stelle Jim Forrest und den Laboratorien der U.C.L.A.2 meinen besonderen Dank aussprechen), die bei der Wiederherstellung fehlender Passagen technische Wunder vollbrachten.

Allerdings war oft alle Mühe umsonst. In solchen Fällen blieb mir nichts anderes übrig, als das Wort oder die Wendung einzusetzen, die mir den Satz oder die Seite zu ergänzen schienen. Ich habe mein Bestes getan, aber ich bin nicht Watson, und so wird der Leser gelegentlich Misstöne entdecken. Für diese darf nicht der gute Doktor verantwortlich gemacht werden, sondern allein meine Wenigkeit. Ich habe erwogen, im Buch auf diese Passagen hinzuweisen, kam aber zu dem Schluss, dass solche Anmerkungen störend wirken würden. Ich bin sicher, dass die schwersten Verfehlungen ohnehin deutlich erkennbar sind und meine ungeschickte Hand preisgeben werden.

Vom Wasserschaden abgesehen war das vertrackteste Problem die Datierung des Manuskriptes. Aus der Erzählung selbst geht hervor, dass sie am 1. März 1895 ihren Anfang nimmt. Den Zeitpunkt der Niederschrift festzusetzen, ist jedoch etwas ganz anderes. Es war (jedenfalls für mich) augenscheinlich, dass das Manuskript sehr viel später entstand. Watson spricht nicht nur von jahrelangen Pausen zwischen seinen Versuchen, Holmes’ Zustimmung zu dem Projekt zu erlangen. Er weist auch darauf hin, dass der Tod mehrerer der Hauptfiguren sich zugunsten einer solchen Zustimmung auswirken müsste. Soweit die Namen dieser Personen nicht geändert wurden (und wie Holmes selbst bemerkt, war das praktisch unmöglich), sind die Daten ohne große Schwierigkeiten zu bestimmen. Sie lassen einen relativ späten Zeitpunkt für die Niederschrift, zweifellos nach 1905, vermuten. Die Tatsache allerdings, dass das Manuskript von Watsons eigener Hand stammt, macht ebenso klar, dass er noch nicht von Arthritis verkrüppelt war. Darüber hinaus lässt sich nicht leicht etwas sagen. Ich selbst habe das Gefühl – und es ist nicht mehr als das –, dass die ›Theatermorde‹ irgendwann nach dem Ersten Weltkrieg und vor Holmes’ Tod im Jahre 1929 geschrieben wurden. Unter anderem halte ich ein so spätes Datum deshalb für wahrscheinlich, weil Watson – wie im Fall ›Sigmund Freud‹ (wenn auch nicht so häufig) – fortfährt, Dinge zu beschreiben, die offensichtlich nicht mehr existieren. Dass Watson nach Holmes’ Tod nie versucht hat, das Manuskript wieder an sich zu bringen, legt die Vermutung nahe, dass seine eigenen Leiden ihn ereilt hatten (möglicherweise die ersten Attacken der lähmenden Arthritis, die ihn im letzten Jahrzehnt seines Lebens plagte) – ein weiteres Argument für eine späte Datierung.

Es wird dem Leser nicht entgehen, dass Watson sich auch in diesem Manuskript gelegentlicher ›Amerikanismen‹ bedient, und das bedarf, glaube ich, einer Erklärung. Leser, die der Echtheit von Sherlock Holmes und der Fall Sigmund Freud skeptisch gegenüberstehen, begründen ihre Argumente zum Teil mit diesen Amerikanismen, die ihnen ›verräterisch‹ erscheinen. Aber sie lassen zwei entscheidende Fakten außer Acht. Erstens tauchen diese Amerikanismen in sämtlichen Berichten Watsons auf; zweitens gibt es dafür einen ganz einfachen Grund. Zwischen 1883 und 1886 arbeitete Watson als Arzt in San Francisco, Kalifornien, um einen Teil der Schulden seines Bruders abzahlen zu können. Wie jeder Kenner der ausgezeichneten Holmes-und-Watson-Biographie von W. S. Baring-Gould3 weiß, heiratete er dort seine erste Frau, Constance Adams. Um Holmes’ Bemerkung zu Watson in Sein letzter Fall zu zitieren (nachdem er zwei Jahre in Amerika gelebt hatte): »Mein Born englischer Sprache scheint auf immer getrübt zu sein.« Soviel zu den Amerikanismen.

Was die Fußnoten angeht, so habe ich mich auch diesmal bemüht, sie auf ein Minimum zu beschränken; allerdings fanden sich so viele nachweisbare Fakten (die für die Echtheit des Manuskriptes sprechen), dass mir in vielen Fällen ihre Erwähnung unerlässlich erschien.

Abschließend noch eine kurze Anmerkung zur Echtheitsfrage. Wir haben keine Möglichkeit, solche Dinge zu beweisen. Gesunde Skepsis verlangt sogar, dass wir zweifeln. Die Entdeckung einer verschwundenen Niederschrift Watsons mag wie ein Wunder erscheinen; ein zweiter Fund ist schon ein recht verdächtiger Zufall. Zu meiner Selbstverteidigung erinnere ich daran, dass ich auf die eigentliche Auffindung beider Dokumente keinen Anspruch erheben kann und dass das zweite Manuskript, wie Mrs Verner bereits feststellte, nicht wirklich verschwunden war.

In dieser Frage der Authentizität muss der Leser für sich selbst entscheiden, und ich bin mir im Klaren darüber (und wie!), dass diese Erzählung Kontroversen auslösen wird. Zum Abschluss weise ich alle meine Leser auf jenes liebenswerte Gedicht Vincent Starretts hin, in dem er so schön sagt: »Nur was das Herz glaubt, ist wahr.«

Nicholas MeyerLos AngelesAugust 1975

EINFÜHRUNG

»Nein, Watson, meine Antwort bleibt sich leider gleich«, sagte Sherlock Holmes. »Sie sind dabei, die ›Theatermorde‹ niederzuschreiben«, fuhr er fort und lachte leise über mein erstauntes Gesicht. »Machen Sie nicht solch große Augen, mein Lieber. Ihre Gedankengänge waren so einfach zu durchschauen. Ich sah Sie am Schreibtisch, wie Sie sich Ihre Notizen zurechtlegten. Dann kam Ihnen etwas vor Augen, das Sie vergessen hatten; Sie hielten inne, hoben eine Notiz hoch, studierten sie und schüttelten dabei den Kopf mit der ungläubigen Miene, die mir so vertraut ist. Dann wanderte Ihr Blick zu unserer Sammlung von Theaterprogrammen und danach zu meiner kurzen Monographie alter englischer Urkunden. Schließlich warfen Sie einen verstohlenen Blick auf mich, der ich ins Stimmen der Geige vertieft war. Voilà.« Er seufzte und strich zögernd den Bogen über die Saiten des Instruments auf seinen Knien. »Ich fürchte, die Antwort ist nach wie vor Nein.«

»Aber warum?«, gab ich energisch zurück, ohne seinen geistigen Taschenspielereien weitere Anerkennung zu zollen. »Sie denken vielleicht, ich würde dem Fall nicht gerecht werden – oder Ihnen selbst?«

Diese Bemerkung hatte einen ironischen Beigeschmack, denn seine anfängliche Kritik an meinen Bemühungen, seine Arbeit zu dokumentieren, war sehr scharf gewesen. Sie hatte sich zu etwas weniger als voller Anerkennung gemildert, nachdem ihm mit der Zeit klar geworden war, dass meine Berichte ihm eine nicht unbedeutende Menge willkommener Berühmtheit brachten. Der Gedanke daran schmeichelte seiner nicht unbeträchtlichen Eitelkeit.

»Im Gegenteil. Ich befürchte, dass Sie ihm gerecht werden.«

»Ich kann die Namen ändern«, schlug ich vor, denn mir wurde allmählich klar, wo das Problem lag.

»Eben das können Sie nicht.«

»Es wäre nicht das erste Mal.«

»Aber diesmal geht es nicht. Überlegen Sie doch, Watson! Noch nie haben wir so berühmte Klienten gehabt! Die Öffentlichkeit mag sich über die wahre Identität des Königs von Böhmen4 streiten; sie mag sich über den wirklichen Titel des Herzogs von Holderness den Kopf zerbrechen. Aber in diesem Fall wären Zweifel nicht möglich – es gibt keine erfundenen Personen, mit denen Sie die Hauptfiguren in dieser Affäre ersetzen könnten. Um sie ausreichend zu tarnen und Ihre Leser in die Irre zu führen, müssten Sie sich bis zum Hals in Fantasien verstricken.«

Ich gab zu, dass ich dieses Hindernis nicht in Betracht gezogen hatte.

»Außerdem«, fuhr Holmes fort, »müssten Sie auch unser Verhalten in der Sache wiedergeben. Man kann es zwar kaum als unethisch bezeichnen, aber auch nicht gerade als legal. Das Beiseiteschaffen einer Leiche ohne Wissen der Behörden ist eine klare Gesetzesübertretung und könnte in diesem Fall als Unterschlagung von Beweismaterial ausgelegt werden.«

Hier nahm – wie üblich – das Gespräch ein Ende, und ich räumte meine Notizen zu der ganzen unglaublichen Geschichte fort für den Tag, an dem ich – vielleicht in ein bis zwei Jahren – wieder auf sie stoßen und das Thema erneut anschneiden würde.

Holmes zu einer Sinnesänderung zu bewegen, wenn er sich einmal eine Meinung zu eigen gemacht hatte, kam dem Versuch gleich, die Richtung des Erdumlaufs zu ändern. Drehten sich seine Gedanken einmal auf ihrer Bahn, war es praktisch unmöglich, ihren Antrieb zu bremsen oder gar die Achse zu verschieben. Eine Idee setzte sich in seinem Gehirn fest, schlug dort Wurzeln und gedieh wie ein Baum. Dieser ließ sich nicht ausreißen, höchstens fällen – und auch das nur, wenn ihm ein besserer Gedanke kam. Zu jenem Zeitpunkt war er der unverrückbaren Überzeugung, dass die Welt für die ›Theatermorde‹ (wie er die Affäre gerne nannte) noch nicht reif und eine Enthüllung nur mit Folgen möglich war, die er zu vermeiden wünschte.

Eine Kombination von Umständen ließ ihn schließlich seine Meinung ändern. Der Ablauf der Jahre und das Ableben mehrerer Hauptfiguren sowie der sich ändernde Sittenkodex der Gesellschaft milderten allmählich seine Halsstarrigkeit. Dann brachte ich ein geschicktes Argument vor, das ich mir zurechtgelegt hatte, um seine Furcht vor Veröffentlichung zu beschwichtigen.

Ich machte ihm klar, dass es mir in erster Linie darum ging, den Fall als historisches Material festzuhalten (er gab zu, dass dies von Nutzen sein könnte), nicht als Sensationsliteratur für die skandallüsterne Presse. Statt einen Verleger einzuschalten, bot ich Holmes das alleinige und ausschließliche Besitzrecht an dem Manuskript an, mit dem er tun konnte, was er wollte, wann er es wollte. Meine einzige Bedingung war, dass es nicht zerstört werden durfte.

Er zögerte nach diesem Angebot mehrere Tage, während derer er unsere Aussprache gänzlich vergessen zu haben schien (ich glaube, dass er wohl versuchte, sie zu vergessen), und beschäftigte sich mit seinem Kriminalarchiv, das ständiger Überprüfung bedurfte, um seinen Zweck erfüllen zu können. Ich setzte ihm nicht weiter zu, denn ich wusste, dass er die neue Möglichkeit überdachte, ohne weiteren Zuspruch von mir zu brauchen.

»Wie könnten Sie nur System in die Sache bringen?«, fragte er mich eines Tages, als wir im türkischen Bad waren. »Die Liste der Personen und Ereignisse ist lang und diffus. Sie bietet Ihnen nicht die kompakte Symmetrie meiner typischeren Fälle, nicht die Art von Material, mit dem Ihnen zu arbeiten so leicht fällt.«

Ich erwiderte, dass ich einfach die Geschehnisse so niederschreiben würde, wie sie vorgefallen waren.

»Oho«, lachte er. »Sie bedienen sich der Schliche einfacher Schreiberlinge, wie? Niemand wird Ihnen Glauben schenken, das wissen Sie ja wohl.«

Ich reihte diese Bemerkung in meine Liste von Argumenten für eine Veröffentlichung ein und gab sie an ihn zurück. Er brütete in dem aufsteigenden Dampf darüber nach und sagte nichts weiter.

Eine weitere Woche verging, dann sah er ganz unvermittelt von seinem chaotischen Archiv auf und sagte gelassen: »Nun gut, Sie sollen Ihren Willen haben. Aber vergessen Sie nicht, mir das Manuskript zu geben, wie versprochen, wenn Sie fertig sind.«

Ich traute mich nicht, eine Bemerkung zu machen, die ihn von seinem Entschluss hätte abbringen können, sondern stimmte ebenso gelassen zu. Und ich werde mein Versprechen auch halten, muss allerdings noch eine Bemerkung voranstellen: Da in den folgenden Fall eine große Anzahl britischer Bühnengrößen verwickelt ist, ist die Versuchung heute stark, sich beim Schreiben der Geschichte nachträglich vorhandener Kenntnisse zu bedienen, um zu behaupten, man habe immer schon gewusst, wer zur Größe bestimmt sei und dergleichen mehr. Es wird dem künftigen Leser – sollte Holmes dieses Manuskript jemals aus der Hand geben! – auch auffallen, dass manche meiner damaligen Verdächtigungen schon ans Absurde grenzen. Ich werde der Versuchung widerstehen, diese meine Vermutungen zu verändern oder zu verwässern. Ich war damals wie heute der Meinung, dass eine machtvolle oder einflussreiche Stellung im Leben einen Verdächtigen nicht vor Nachforschungen schützen dürfe. Meine Verdächtigungen mögen heute lachhaft erscheinen, aber ich werde sie dennoch stehen lassen und die Geschichte so erzählen, wie sie sich abgespielt hat.

KAPITEL 1

Zu Hause bei Sherlock Holmes

Londons gesamte Theaterwelt redete und rätselte über den Mord an Jonathan McCarthy, sobald die Nachricht davon in der Presse erschienen war. Es wimmelte von Theorien über den boshaften Kritiker und die vielen Feinde, die er sich mit seiner Feder geschaffen hatte. Aber Neugier, die unbefriedigt bleibt, stirbt schließlich an der Langeweile. McCarthys Mörder wurde nie ausfindig gemacht, geschweige denn gefasst, und da sich keine neuen Fakten ergaben, sah sich die Polizei schließlich gezwungen, sich dem allgemeinen Publikum mit dem Eingeständnis zuzugesellen, dass sie auch nicht weiterwusste. Der Fall wurde nie abgeschlossen, aber die allgemeine Aufmerksamkeit wurde unvermeidlich von neueren Ereignissen abgelenkt. Der geheimnisvolle Tod einer Schauspielerin im Savoy-Theater beschäftigte dieselben Klatschmäuler wochenlang, und Scotland Yard wurde es recht leid, das sonderbare Verschwinden seines Polizeiarztes zu erklären, der unter Mitnahme zweier Toter aus dem Leichenschauhaus auf Nimmerwiedersehen verschwunden war. In McCarthys Fall übersah die Polizei denn auch den bizarren Schlüssel zur Lösung, den der Tote hinterließ (oder sie vergaß ihn, weil sie sich keinen Reim darauf machen konnte).

Wie hätte die Bevölkerung gezittert, wäre die Bedeutung dieses Schlüssels klar geworden! Statt müßig (oder im Fall der Polizei von Berufs wegen) an einer Affäre Interesse zu nehmen, die sie persönlich nichts anging, auch wenn sie voller Sensationen steckte, stattdessen also hätten sie sich – allesamt! – ganz real in ein Verbrechen von solcher Grässlichkeit verwickelt gesehen, dass es drohte, das neunzehnte Jahrhundert mit einem Schandfleck zu versehen und den Lauf der gesamten Geschichte zu verändern.

Der Winter 1894/1895 war fürchterlich gewesen. Soweit die Erinnerung zurückreichte, war London nie so eingeschneit worden; soweit die Erinnerung zurückreichte, hatte niemals ein solcher Wind in den Straßen geheult, hatten sich keine solchen Eiszapfen an Regentraufen und Dachrinnen gebildet wie im Januar 1895. Das Wetter blieb den ganzen Februar über rau und hielt die Straßenfeger unablässig und bis zur Erschöpfung auf den Beinen.

Holmes und ich blieben gemütlich zu Hause in der Baker Street. Keine neuen Fälle tauchten aus den Schneewehen auf, was wir mit unverhohlener Erleichterung begrüßten. Ich verbrachte die meiste Zeit damit, meine eigenen Notizen zu ordnen, nachdem ich zunächst einmal Holmes das Versprechen abgenommen hatte, sich chemischer Experimente zu enthalten. Ich wies ihn darauf hin, dass es bei mildem Wetter möglich sei, sich dem Gestank, den er mit seinen Reagenzgläsern und Retorten verbreitete, durch Öffnen der Fenster und einem Spaziergang im Freien zu entziehen, dass wir uns aber unweigerlich zu Tode frieren würden, sollte er sich seinem Steckenpferd gerade jetzt hingeben.

Darüber murrte er nicht wenig, hatte aber ein Einsehen und begnügte sich für eine Weile mit Scheibenschießen, einem seiner bevorzugten Vergnügen. Während ich am Schreibtisch saß und versuchte zu arbeiten, lag er für jeweils eine Stunde auf dem Rosshaarsofa, die Pistole zwischen den Knien, und entließ eine Ladung nach der anderen auf die Wand über dem Holztisch, der seine Chemieapparaturen beherbergte.

Es war ihm gerade gelungen, den Namen Disraeli mit Einschusslöchern zu buchstabieren, als ihm auch dieser Zeitvertreib verweigert wurde. Mrs Hudson klopfte an unsere Tür und teilte ihm mit unverblümten Worten mit, dass er die Nachbarschaft gefährde. Es gebe, so sagte sie, Beschwerden von einer kränklichen alten Dame im Haus nebenan, die fürchte, dass Holmes’ Artillerieübungen sich schädlich auf ihre bereits geschwächte Konstitution auswirken könnten.

Außerdem hatten die Einschüsse mehrere große Eiszapfen zu Fall gebracht, bevor diese zu einem harmlosen Umfang hatten schmelzen können. Einer dieser Stalaktiten hatte, so schien es, beinahe den Kopf des Müllmannes durchbohrt, der nun unserer Hauswirtin mit einem Gerichtsverfahren drohte.

»Wirklich, Mr Holmes, man sollte meinen, ein erwachsener Mann wie Sie würde besser mit seiner Zeit umzugehen wissen!«, rief sie mit vor Erregung wogendem Busen. »All die schönen Bücher, die Sie haben und die nur darauf warten, gelesen zu werden. Und da«, – sie zeigte auf mehrere verschnürte Pakete –, »eine Menge, die Sie noch nicht mal ausgepackt haben.«

»Schon gut, Mrs Hudson, Sie haben gewonnen. Ich werde mich in die Lektüre vertiefen.« Er geleitete sie missmutig hinaus und kehrte mit einem verärgerten Seufzer zurück. Ich war froh, dass wir nicht länger Kokain im Hause hatten, denn in früheren Zeiten hätten solche Frustration und Langeweile ihn sofort Trost in diesem dubiosen Mittel suchen lassen. Stattdessen befolgte Holmes den Rat der Hauswirtin und begann mit einem kleinen Taschenmesser die Schnüre seiner Buchpakete durchzuschneiden und ihren Inhalt zu inspizieren. Er war ein Zwangsbibliophiler und kaufte ständig neue Bände, die er in unsere Wohnung schicken ließ, aber aus Zeitmangel niemals las. Jetzt hockte er sich in ihrer Mitte nieder und fing an, sich die Namen von Werken zu besehen, von denen er vergessen hatte, dass er sie besaß.

»Oh, Watson, sehen Sie nur«, hub er an, ließ sich dann aber ganz auf den Boden sinken, das Buch in der einen Hand, während er mit der anderen abwesend nach der Pfeife in der Tasche seines Morgenrocks tastete.

Er verschlang das Buch zusammen mit mehreren Pfeifen Shag (beinahe so übelriechend wie einige seiner Chemikalien) und ging zu einem anderen Band über. Er hatte begonnen, sich für altenglische Charten zu interessieren, und bereitete sich nun auf ein ernsthaftes Studium des Themas vor. Diese Betätigung überraschte mich nicht besonders. Ich wusste, dass sein Interessengebiet weitreichend, vielseitig und gelegentlich etwas unkonventionell war. Er hatte eine Reihe obskurer Themengebiete gemeistert – Themengebiete, die mit der Arbeit des Kriminaldetektivs nichts zu tun hatten – und konnte sich (wenn er wollte) brillant über so verschiedenartige Dinge auslassen wie das Kriegsschiff der Zukunft, künstliche Bewässerung, die Motetten von Lassus und die Paarungsgewohnheiten des südamerikanischen Jaguars.

Jetzt waren es englische Charten, denen er sich mit derselben Leidenschaft widmete, mit der er seinen enormen Intellekt bei anderen Betätigungen einsetzte. Er hatte sich offenbar schon vor einiger Zeit für sie erwärmt, denn die meisten der Bücher, die er angeschafft (und dann zu öffnen versäumt) hatte, behandelten diese ausgefallene Thematik, und nach Ablauf einer Woche war der Boden unseres Wohnzimmers mit ihnen geradezu gepflastert. Schließlich befand er sämtliche vorhandenen Werke als unzureichend für seine Zwecke und sah sich gezwungen, sich seinen Weg durch den Schnee ins Britische Museum zu bahnen, um Verstärkung herbeizuholen. Diese Beutezüge nahmen mehrere Nachmittage der letzten Februarwoche in Anspruch; die Nächte verbrachte er mit der sorgfältigen Übertragung seiner Notizen. Es war an einem kalten, sonnigen Morgen, dem 1. März, als er voller Widerwillen seinen Bleistift quer durchs Zimmer warf.

»Es hat keinen Sinn, Watson«, sagte er, »ich werde nach Cambridge fahren müssen, wenn ich mich mit dieser Sache ernsthaft befassen will. Hier gibt es einfach nicht genug Material.«

Ich gab zu bedenken, dass sein Interesse sich in eine Manie zu entfalten drohe, aber er schien mich nicht zu hören. Er begab sich auf die Jagd nach dem zu Boden geschleuderten Stift, um die Arbeit an den Notizen wieder aufzunehmen. Dabei verkündete er mit einer didaktischen Formalität, die in einem sonderbaren Kontrast dazu stand, dass er sich auf allen vieren befand: »Der Geist ist ein weites Feld, Watson. Es kann nur urbar gemacht werden, wenn es mit Vernunft bestellt und von Zeit zu Zeit brachgelassen wird. Ein Teil meines Geistes – der berufliche – macht zurzeit Ferien. Während seiner Abwesenheit kultiviere ich einen anderen seiner Bereiche.«

»Was für ein Jammer, dass Ihr beruflicher Geist gerade außer Haus ist«, bemerkte ich, während ich durchs Fenster die Straße beobachtete.

Er folgte meinem Blick vom Boden aus. »Warum? Was sehen Sie?«

»Mir scheint, dass uns ein Besucher ins Haus steht, jemand, der sich für das Feld Ihres Intellekts interessiert, das zurzeit brachliegt.« Draußen war – zwischen den Spaten der Schneeschaufler und dem Besen des Hausmädchens behände herankommend oder vielmehr heranhüpfend – eine der eigenartigsten Gestalten zu sehen, die mir je vor Augen gekommen waren.

»Er sieht mir ganz nach einem geeigneten Kandidaten für einen Besuch in Nummer 221 b aus«, fuhr ich fort, in der Hoffnung, meinen Freund von den Büchern abzulenken, die ihn so enttäuschten.

»Ich bin nicht in der Stimmung, Besucher zu empfangen«, erwiderte Holmes missgelaunt und stieß die Fäuste in die Schlafrocktaschen. »Wie sieht er aus?« Die Frage kam automatisch über seine Lippen.

»Zunächst einmal trägt er keinen Mantel. Er muss von Sinnen sein, an einem solchen Morgen.«

»Kleidung?«

»Eine Gürteljacke und Knickerbocker – bei diesem Wetter! Sie sehen sogar auf diese Entfernung ziemlich abgetragen aus. Er rückt sich ständig die Manschetten zurecht.«

»Wahrscheinlich falsche. Alter?«

»Etwa vierzig, mit einem enormen, etwas rötlichen Bart, dieselbe Farbe wie sein Haar, der ihm beim Gehen über die Schulter weht.«

»Größe?« Ich konnte hören, wie hinter mir ein Streichholz angezündet wurde.

»Ich würde sagen, eher groß, über Durchschnitt.«

»Gangart?«

Ich ließ mir Zeit, um den hüpfenden, springenden Gang des Neuankömmlings richtig zu beschreiben. »Der Mensch geht wie ein gigantischer bocksbeiniger Kobold.«

»Was? Das hört sich ja an, als wäre es Shaw.« Holmes tauchte hinter mir auf. Seine Lebensgeister wurden in erheblichem Maße geweckt, während wir gemeinsam die herankommende Gestalt beobachteten. »Ja, wirklich, es ist Shaw. Ich will zum Teufel gehen, wenn das nicht Shaw ist!«, rief er vergnügt. Die Pfeife hatte er zwischen die Lippen geklemmt. »Was in aller Welt lockt ihn an einem solchen Morgen ins Freie? Und wieso hat er sich anders besonnen und stattet mir einen Besuch ab?«

»Wer ist er?«

»Ein Freund.«

»Ein Freund?« Vertraut, wie ich mit dem Privatleben und den Gepflogenheiten Sherlock Holmes’ war, nahm ich diese Äußerung mit dem größten Erstaunen entgegen. Von mir selbst, seinem Bruder und einigen berufsbedingten Bekanntschaften abgesehen, pflegte Holmes keinerlei Freundschaften. Der sonderbare Kauz dort unten war jetzt dabei, die Hausnummern sorgfältig zu studieren, bevor er auf unsere Türschwelle hüpfte und dort anhielt. Es wurde mehrere Male mit Nachdruck geschellt.

»Ich habe ihn vor ein paar Jahren bei einem Sarasate-Konzert5 getroffen«, erklärte Holmes und wandte sich dem Zimmer zu, um hastig etwas Ordnung in unser Chaos zu bringen. Er stieß mit Fußtritten ein paar Bücher beiseite, um eine Art Pfad von der Tür zum Sessel am Kamin zu bahnen. Ich begleitete ihn nur noch sehr selten zu Konzerten oder in die Oper, da ich leichtere Formen der Unterhaltung vorzog, die ihm trivial erschienen.

»Wie ich mich entsinne, stritten wir uns ziemlich heftig über Sarasates Talent, versöhnten uns aber zum Schluss. Er ist ein hochbegabter Ire.« Holmes nahm die Pistole von dem Sessel, den er unserem Gast anbieten wollte, und legte sie auf den Kaminsims. »Ein hochbegabter Ire, der noch nicht sein Metier gefunden hat. Aber er wird es finden. Sie werden auf alle Fälle Spaß an ihm haben. Er ist voll der sonderbarsten Ideen.«

»Woher wissen Sie, dass er hochbegabt ist?«

Vom Fuß der Treppe konnten wir eine gedämpfte Konversation – zweifellos zwischen unserem Besucher und Mrs Hudson – vernehmen.

»Woher ich das weiß? Oh, das hat er mir selbst gesagt. Er neigt nicht dazu, sein Licht unter den Scheffel zu stellen. Außerdem«, er sah mich an, den Kohlenkasten in den Händen, »versteht er Wagner. Er versteht ihn durch und durch. Das allein bestimmt ihn für eine gloriose Laufbahn. Zurzeit ist der Unselige so arm wie eine Kirchenmaus.«

Wir hörten nun schnelle Schritte die Treppe heraufkommen. »Was tut er?«