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Der Abschluss der zweiten Staffel Mordkommission Leipzig von Stefan B. Meyer. Du musst kämpfen, solange du es noch kannst ... Im Fluss wird ein nackter, misshandelter Toter gefunden. Zunächst gibt es keine Hinweise auf seine Identität. Ein Ausbruchsversuch während einer Gerichtsverhandlung gerät außer Kontrolle – es gibt Geiseln und dann fallen Schüsse. Stehen beide Verbrechen in einem Zusammenhang? Zum Abschluss der zweiten Staffel der Moko Leipzig geraten die Männer um Hauptkommissar Frank Starke an den Rand ihrer Belastbarkeit, zumal ihre Kollegin Nadja Mückenberg wie vom Erdboden verschluckt scheint. Band 4 der zweiten Staffel Moko Leipzig: Showdown Jedes Buch der vierteiligen Reihe behandelt einen eigenständigen Kriminalfall. In Band 4 werden zusätzlich die Ereignisse aus dem Ende des dritten Romans wieder aufgegriffen. Vier Leipziger Autoren geben vier Kommissaren der Leipziger Polizei eine Stimme. Band 1: Blender von Marcus Hünnebeck Band 2: Satansbrut von David Gray Band 3: Blutzoll von Kirsten Wendt
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Seitenzahl: 162
Veröffentlichungsjahr: 2019
Titelseite
Inhaltsverzeichnis
Über den Autor
Über das Buch
Impressum
Nadja
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Patrick
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Moko Leipzig
Kriminalroman
TitelseiteÜber den AutorÜber das BuchImpressum
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Moko Leipzig
Stefan B. Meyer, 1963 in Erfurt geboren, lebt heute in Leipzig. Neben verschiedenen beruflichen Tätigkeiten hat er gegen Ende des letzten Jahrhunderts mit dem Schreiben begonnen. Bisher sind von ihm drei Kriminalromane und mehrere Kurzgeschichten erschienen. Nebenbei spielt er gerne mal Tennis in einem seinem Alter gemäßen moderaten Tempo, wobei durchaus schon mal der ein oder andere Schlag so gut gelingt, dass er vor dreißig Jahren als Weltklasse durchgegangen wäre. Seine in unseren Breiten natürliche Begeisterung für Fußball gilt allein dem schönen Spiel. Er schaut sich gerne an, wenn Madrid gegen Gelsenkirchen spielt, findet es aber schade, dass dabei nur wenige Spieler aus den jeweiligen Regionen gegeneinander antreten. Den Zeiten, in denen Armin Romstedt, Kimme Heun und Konsorten im Erfurter Dress (so nannte man damals die Trikots) die zusammengekauften Jungens von Carl-Zeiss-Jena im sportlichen Wettkampf besiegten, trauert er nicht nach. Aber er erinnert sich gern daran.
Du musst kämpfen, solange du es noch kannst ...
Im Fluss wird ein nackter, misshandelter Toter gefunden. Zunächst gibt es keine Hinweise auf seine Identität.
Ein Ausbruchsversuch während einer Gerichtsverhandlung gerät außer Kontrolle – es gibt Geiseln und dann fallen Schüsse.
Stehen beide Verbrechen in einem Zusammenhang?
Zum Abschluss der zweiten Staffel der Moko Leipzig geraten die Männer um Hauptkommissar Frank Starke an den Rand ihrer Belastbarkeit, zumal ihre Kollegin Nadja Mückenberg wie vom Erdboden verschluckt scheint.
Band 4 der zweiten Staffel Moko Leipzig: ›Showdown‹
Jedes Buch der vierteiligen Reihe behandelt einen eigenständigen Kriminalfall. In Band 4 werden zusätzlich die Ereignisse aus dem Ende des dritten Romans wieder aufgegriffen. Vier Leipziger Autoren geben vier Kommissaren der Leipziger Polizei eine Stimme.
Band 1: ›Blender‹ von Marcus Hünnebeck
Band 2: ›Satansbrut‹ von David Gray
Band 3: ›Blutzoll‹ von Kirsten Wendt
Showdown - Mordkommission Leipzig Staffel 2, Band 4
© 2018 Stefan B. Meyer
Alle Rechte vorbehalten
1. Auflage, November 2018
Covergestaltung: Daniel Morawek und David Gray
unter Verwendung von einem Bild von Shutterstock
www.shutterstock.com (Amati Studio)
Lektorat: Alexandra Gentara
www.lektorat-gentara.de
Korrektorat: Kirsten Wendt
Herausgeber:
Stefan Langenhan
Am Lindenhof 13
04277 Leipzig
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung ist nur mit schriftlicher Zustimmung der Autoren zulässig.
Alle in diesem Roman geschilderten Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
… Mückenberg blinzelte Patrick Gerbers Silhouette an und schüttelte energisch den Kopf. Das fensterlose Zimmer war nicht beleuchtet, der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft stand vor dem Türrahmen. Hinter ihm schimmerte schwaches Licht.
»Trink!«, wiederholte Gerber, und diesmal klang es nicht wie eine Bitte.
Sie hätte sich das Kopfschütteln sparen sollen. Die Beule begann wieder, zu pochen, und als wäre das ein Signal gewesen, meldeten sich auch all die anderen Schrammen und Platzwunden wieder.
Mit der freien rechten Hand griff Nadja nach der Plastikflasche, die er ihr entgegenhielt. Vorsichtig nippte sie. Lauwarmes Wasser. Widerwärtig.
»Damit kommen Sie nicht durch« sagte sie, und wollte ihm die Flasche zurückgeben.
»Trink!«, befahl er noch mal und fügte etwas weniger barsch hinzu: »Du musst doch durstig sein.«
Nadja fühlte sich matt und schmutzig. Auf Wange, Stirn und in ihrem Haar klebte angetrocknetes Blut. Sie brauchte eine Dusche, ein Aspirin und einen harten Drink. Sie tat so, als ob sie ein zweites Mal nippte und versuchte dabei, sich zu orientieren. Die letzten Stunden, von denen sie nicht sagen konnte, ob es zwei oder sechs gewesen waren, hatte sie in völliger Dunkelheit verbracht.
»Was haben Sie vor?«, sprach sie aus, was sie sich während dieser Zeit andauernd gefragt hatte.
»Ich denke, wir bleiben beim Du«, sagte Gerber, dessen Gesicht nur als ein dunkelgrauer Fleck im Gegenlicht erschien. Ein Fleck mit einem dicken schwarzen geschwungenen Strich. Dort, wo seine Augenbrauen waren.
»Schau dich ruhig um«, fuhr er fort. »Hier gibt es nichts. Nicht mal MacGyver würde hier was finden.«
Nadja vermutete, dass er über seinen faden Witz grinste. Dieses bescheuerte Pierce-Brosnan-Grinsen, das ihr anfangs tatsächlich, wenn auch nur kurz, gefallen hatte.
»Trink aus!«
»Du willst, dass wir beim Du bleiben?«
Patrick Gerber nickte.
»Dann fick dich!«, schrie Nadja in einem plötzlichen Anfall von Wut und Ohnmacht. Sie warf die Flasche an ihm vorbei durch die Tür. Spritzend prallte sie gegen eine Wand und fiel zu Boden. Deformiert, aber nicht geplatzt. Gluckernd entwich Wasser und bildete eine Pfütze auf dem rohen Betonboden.
Gerber wandte sich wortlos um. Etwas unter seinen Schuhen knirschte. Er verschwand durch die Tür, ohne sie zu schließen.
Hektisch schaute sich Nadja um. Im Halbdunkel war tatsächlich nicht viel zu erkennen. Nur ein Tisch mit einem kleinen Fernseher darauf, ein Stuhl, ein paar Wasser- oder Heizungsrohre in einer Ecke, ein Lichtschalter, eine Steckdose und die Matratze samt Gestell, an dem ihre Füße und eine Hand mit Kabelbindern befestigt waren. Und etwas Zersplittertes auf dem kahlen Betonboden – die Reste ihres Smartphones, das ihr jetzt sowieso nichts genutzt hätte, denn der Akku war schon gestern Abend so gut wie leer gewesen.
Gerber kam zurück. Er schob einen Radiator durch die Tür, schloss ihn an die Steckdose an und schaltete ihn ein. Dann ergriff er Nadjas freie Hand und fesselte diese an das Bett, richtete sich auf und sagte: »Ich komme wieder, wenn du Durst hast.«
Als die Tür ins Schloss fiel, lauschte Nadja den draußen verhallenden Schritten und zählte instinktiv mit. Auch die Treppenstufen, die Gerber anschließend hinaufstieg. Aber irgendwann wurden die Schritte vom Gebläse des Radiators übertönt, dessen warme, ja geradezu heiße Luft geradewegs in ihre Richtung blies. Entsetzt starrte sie auf die winzige rote Funktionsleuchte des Gerätes, und sie begriff, welche Art von Durst Gerber gemeint hatte. Es konnte nicht lange dauern, bis hier drin über dreißig Grad herrschten.
Ich hätte ihm nicht drohen sollen, als ich noch in seinem Wagen gesessen habe.
Nadja atmete tief ein, legte den Kopf auf die Matratze, schloss die Augen und versuchte, nachzudenken.
In der Nacht zum Samstag hatte es ein heftiges Gewitter mit kurzem Starkregen gegeben – etwas, woran man sich laut Aussagen der meisten Meteorologen gewöhnen müsste. Das Gras war noch nass, aber der Pegel der Pleiße, einem der schmalen Flüsse, die auf ihrem Weg auch die Stadt passierten, war kaum angestiegen. Hier, auf der begradigten Strecke zwischen Markkleeberg und Leipzig, war die Strömung ohnehin etwas schneller als in den mäandernden Gewässern des städtischen Auwaldes, in denen die Bootsverleiher an sonnigen Tagen Hochkonjunktur hatten.
Henner Baumann vergewisserte sich mit einem letzten prüfenden Blick, dass der am Ufer hängen gebliebene Leichnam nicht fortgespült werden konnte. Dann trat er von der Böschung zurück, lüftete seine Dienstmütze und strich sich mit den Fingern durchs Haar. Die Sonne stieg unaufhaltsam höher, und seiner Erfahrung nach konnte dies ein sehr langer Samstag werden.
»Die Elite rückt an«, erinnerte ihn seine Kollegin Corinna König an den Arbeitsalltag, und blickte mit einem schiefen Grinsen zur Brücke, von der sich die Mordermittler Maik Keller und Hubertus Knabe näherten. Insbesondere mit Knabe verband König eine unangenehme Erinnerung, bei der eine Motorradfahrt des jungen Kriminalpolizisten unter Alkoholeinfluss eine Rolle gespielt hatte.
»Hat er sich bei dir entschuldigt?«, fragte Baumann.
»Auf seine Art.« König nickte. »Ist lange her.«
»Schön.« Baumann betrachtete die Kollegen der Moko, die sichtlich ungehalten durch die nasse Wiese pflügten.
»Hallo!«, rief Keller schon von weitem. »Was habt ihr hier für uns?«
Knabe machte eine kurze Kopfbewegung und sah König und Baumann missmutig an. Womöglich war er verkatert.
»Männliche Leiche«, sagte Baumann. »Nackt, so wie‘s aussieht. Ist hier am Ufer hängen geblieben. Staatsanwaltschaft ist informiert, und Kriminaltechnik ist unterwegs.«
»Anzeichen für ein Tötungsdelikt?«, fragte Keller, wie immer auf das Wesentliche fokussiert.
»Sehr wahrscheinlich«, antwortete Baumann. »Aber schaut‘s euch selber an.«
Keller trat ans Ufer und beugte sich vor, um den zwischen Pflanzen und Totholz hängen gebliebenen Körper zu betrachten. Er erkannte sofort offensichtliche Merkmale von Gewalteinwirkung. Vor allem dort, wo man ein Gesicht erwartet hätte, sah er nur eine zermatschte Masse.
»Verdammt!«, entfuhr es ihm.
»Wer hat ihn gefunden?«, wollte Knabe wissen.
König deutete mit dem Kinn zu einem asphaltierten Weg, der ungefähr 20 Meter entfernt parallel zum Fluss verlief. Die junge Frau und ihr Hund, der den Toten aufgespürt hatte, warteten immer noch dort. Drei weitere Spaziergänger und zwei weitere Hunde hatten sich unterdessen neben ihr versammelt.
»Kümmere dich um die Leute«, sagte Keller zu Knabe, dann wandte er sich an die Uniformierten. »Absperrung, ihr wisst schon. Und wir brauchen hier Taucher!«
Baumann gab König ein Zeichen, woraufhin diese ihr Telefon zückte und sich entfernte.
Keller stemmte die Hände in die Hüften und schaute zur etwa einen Steinwurf entfernten Brücke hinauf. Dann musterte er die Umgebung. Hinter den Bäumen auf dem gegenüberliegenden Ufer rollte unüberhörbar der Verkehr über die B2, einer der südlichen Hauptachsen. Die Brücke war die Querverbindung zwischen Leipzigs südlichsten Stadtteilen und Markkleeberg West, der nächste Autobahnanschluss war in fünf Minuten Fahrzeit zu erreichen.
»Was meinst du?«, fragte Keller. »Hat man ihn oben von der Brücke geworfen?«
Baumann konnte die Gedanken des Ermittlers nachvollziehen. »Wenn, dann kann er von überall hierhergebracht worden sein.«
»Genau.« Keller nickte. »Und er sieht nicht so aus, als würde er schon lange im Wasser liegen.«
»Nicht länger als eine Nacht«, pflichtete Baumann bei.
»Trotzdem.« Keller kramte sein Handy hervor und tippte die Kurzwahl zum Büro ein. »Wir sollten mal nachfragen, ob es neue Vermisstenmeldungen gibt.«
Als sich am anderen Ende jemand meldete, waren Kellers erste Worte allerdings: »Wo ist eigentlich Nadja?«
… Gerber schaltete den Radiator aus und beugte sich über Nadjas Gesicht. Es sah aus, als hätte sie geweint. Vorsichtig berührte er mit dem Rücken seines Zeigefingers ihre Wange, strich zärtlich über den öligen Schweißfilm und ließ den Finger bis zu ihrer glatten Stirn hinaufgleiten, auf der ein paar Haarsträhnen klebten.
Nadja schien unfähig, sich zu regen. Sie starrte ihn aus ängstlichen Augen an und ihr Mund öffnete sich, aber sie brachte kein Wort hervor. Nur ein leises Fauchen, das tief aus ihrem Inneren kommen musste.
Gerber entfernte den Kabelbinder an ihrem rechten Handgelenk, half ihr, sich aufzurichten, und hielt eine geöffnete Wasserflasche in ihre Reichweite. Diesmal griff sie gierig zu, und während sie den Kopf nach hinten warf und trank, bewunderte er ihren schlanken, feuchten, pulsierenden Hals und ihr durchgeschwitztes Shirt, das wie eine zweite Haut an ihren Rundungen klebte.
Sie leerte den halben Liter, ohne abzusetzen. Als sie fertig war, ließ sie die Flasche achtlos fallen.
»Was starrst du mich so an?«, fragte sie plötzlich, und ihre Stimme war zwar noch nicht die alte, aber dieser selbstgewisse fordernde Tonfall, den er bei Frauen so abstoßend fand, klang eindeutig durch.
»Ich starre nicht«, widersprach er. »Ich schaue dich an.«
»Ich bin hier unten fast dehydriert! Willst du mich trocknen und dann in dein Album kleben?«
»Werd nicht albern!«
Erst jetzt meldete sich seine Nase. Er registrierte den Gestank, der in dem kleinen Raum festhing. Als seien die Wände mit tierischen Ausdünstungen gestrichen worden. Kein Mensch, schon gar keine Frau sollte solche Gerüche verbreiten.
Patrick Gerber trat einen Schritt nach hinten, und seine Gestalt verdeckte das Licht aus dem Gang. Der Schatten, den er schlug, legte sich über Nadjas Körper. Trotzdem konnte er ihren erstaunten Gesichtsausdruck erkennen.
»Was?«, fragte sie, fast schon kreischend.
Patrick Gerber versuchte, sich die Nacht in Nadjas Wohnung, die so harmonisch begonnen und so jäh und unschön geendet hatte, in Erinnerung zu rufen. Er war überrascht, wie schwer ihm dies im Moment fiel, obwohl er seit eben dieser Nacht kaum an etwas anderes gedacht hatte.
»Nadja«, sagte er, und rang sich zu den folgenden Worten durch: »Bitte gib mir, gib uns doch eine Chance!«
Sie kämpfte. Sie dachte nach. Gerber konnte erkennen, wie es in ihr arbeitete. Sie sah ihn an. Sie mochte ihn noch, ganz sicher. Dann wurde ihr Blick unstet. Sie wandte sich ab, rieb sich mit der freien Hand über die Augen.
»Mir wird schlecht«, sagte sie und ließ sich auf die Matratze fallen. »Scheiße, Patrick, was … war … in … Wasser?«
Nichts, dachte er. Nichts Schlimmes. Nur ein paar Tropfen zur Beruhigung.
War das ein Lächeln? Kurz bevor sie den Kopf zur Seite drehte und wegsackte? Sie mochte ihn, so viel stand fest.
Patrick Gerber betätigte den Lichtschalter und betrachtete zufrieden die Frau, die da so friedlich vor ihm lag und gerade in eine Art Dämmerzustand überging. Gleich würde sie bereit sein.
Maksim Orda, Weißrusse und derzeit Untersuchungshäftling in der Untersuchungshaftanstalt Leipzig, spritzte sich am Waschbecken kaltes Wasser ins Gesicht, trocknete sich ab und holte sein Handy aus der Hosentasche. Er schaltete es ein, setzte sich auf das Zellenbett und wartete, bis das Gerät bereit war. Dann wählte er eine Nummer.
»Maksim«, meldete sich Wital.
»Alles vorbereitet?«, wollte Maksim wissen.
»Ja, aber es gab Probleme.«
»Probleme?«
»Wir mussten einen Mann austauschen, aber der Plan ändert sich nicht.«
Maksim Orda holte tief Luft, bevor er sich vergewisserte, ob er richtig gehört hatte. »Austauschen?«
»Ja, musste sein.«
»Unauffällig, nehme ich an?«
»Klar.«
Von draußen hörte Orda, wie die Tür entriegelt wurde.
»Wir sehn uns«, sagte er und beendete das Gespräch.
Als der Schließer die Zelle betrat, lächelte er und steckte das Handy lässig weg.
»Übertreib’s nicht, Max«, sagte der uniformierte deutsche Justizbeamte, der nicht halb so ausgeschlafen aussah wie die meisten Gefangenen hier.
Maksims Lächeln wurde süßlich und er breitete die Arme aus. »Chef«, sagte er. »Sie wissen, ich komme übermorgen hier raus!«
»Ja, schon klar«, sagte der Schließer. Praktisch jeder im Gebäude, die Gefangenen eingeschlossen, wusste, dass am Montag Maksim Ordas Strafprozess begann. Und nahezu jeder ging davon aus, dass er zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt werden würde.
»Jetzt heb deinen Arsch! Hofgang!«
***
Draußen hielten sich etwa zwanzig Inhaftierte auf. Mehr wollte die Gefängnisleitung gleichzeitig nicht zulassen, wegen fehlendem Personal und zu vieler rivalisierender Gruppen. Was dazu führte, dass die meisten Insassen nicht mehr als eine Stunde am Tag an der frischen Luft verbringen konnten.
Maksim Orda zündete sich eine Zigarette an, lehnte sich an eine Wand und hielt Ausschau nach bekannten Gesichtern. Der gedrungene, kraushaarige Araber, der sich nach ein paar Minuten zu ihm gesellte, gehörte, soweit er sich erinnerte, zu den Tunesiern, aber nicht zu deren Bossen.
»Was willst du?«, versuchte es Maksim Orda auf Deutsch.
Der Arab druckste rum.
»What?«
Der Tunesier kam näher und fragte in schlechtem Englisch, ob er sein Telefon leihen könnte, nur für die Zeit des Prozesses.
Maksim Orda schaute den Mann an, als hätte der nicht alle Tassen im Schrank. Doch der fuhr in flehendem Tonfall fort, dass er mit seiner Familie telefonieren müsste. Unbedingt, dringend, Leben und Tod, so was. Maksim Orda blieb ungerührt. Antwortete, er solle sich an seine eigenen Leute wenden, denn das Handy bekäme schon Andrej, er wisse doch, wer Andrej sei, und wenn er es jetzt ihm geben würde, würde Andrej es ihm sowieso wieder abnehmen lassen.
Wenn er richtig verstand, behauptete der Tunesier nun, dass genau dessen eigene Leute das Problem sein sollten, deshalb bekräftigte Orda noch mal auf Englisch, so gut er konnte:
»If I give it you, Andrej comes and take it away, you know? Go to your own fucking bosses!«
Der Kraushaarige drehte enttäuscht ab, hatte wohl endlich kapiert. Die Arabs hatten hier mittlerweile größtenteils das Sagen, gab ja auch immer mehr von ihnen. Nur an die Russen, und für sie war Maksim ein Russe, trauten sie sich noch nicht ran. Und Andrej war hier einer der Oberrussen, Andrej aus der Ukraine.
Maksim Orda zündete sich eine neue Zigarette an. Montag früh würden ihn die Bullen abholen, und dann hieß es für ihn, sich auf andere Dinge zu konzentrieren.
... stank wirklich bestialisch. Patrick Gerber trug die schlanke Frau auf seiner rechten Schulter nach oben. Ihr wundervoll geformtes Gesäß ruhte neben seinem Kopf, und er fand die Diskrepanz zu der sich klebrig anfühlenden Haut und dem penetranten Geruch bemerkenswert.
Das Badezimmer war ein großzügig angelegtes Paradies. Nachdem er das Haus vor fünf Jahren erworben hatte, hatte er die Wand zwischen dem Schlafzimmer und dem alten Bad entfernt und sich bei Ausbau und Einrichtung von diversen Lifestyle-Magazinen inspirieren lassen. Nadja dürfte sich hier wohlfühlen.
Beim Anblick des blütenweißen flauschigen Teppichläufers, der einen hübschen Kontrast zu den Terrakottafliesen bildete, kam Patrick Gerber ins Grübeln. Unmöglich konnte er sein ursprüngliches Vorhaben, Nadja auf dem Teppich abzulegen, in die Tat umsetzen. Er ging mit ihr im Gepäck zu der Edelstahltonne, in der er seine benutzte Wäsche aufbewahrte, kramte ein Bettlaken hervor, warf dieses über den Teppich und schob es umständlich mit den Füßen zurecht. Dann ließ er sich auf die Knie nieder und hob die betäubte Frau von seiner Schulter. Vorsichtig achtete er darauf, dass jedes ihrer Körperteile auf dem Laken landete. Zufrieden erhob er sich, öffnete den Wasserhahn der Badewanne und stellte mithilfe der Innenseite seines Handgelenks die Temperatur ein.
Anschließend zog er sein Hemd aus, wischte sich damit die Hände ab und warf es in die Tonne. Zuerst musste er den Gestank an sich selbst loswerden. Er entkleidete sich vollständig und trat vor den Spiegel. Er sah einen entschlossenen Mann in den besten Jahren. Er drehte sich zu Nadja um und lächelte. Wenn sie ihn jetzt so sehen könnte ... Aber sie würde noch ein Weilchen schlummern müssen, bevor sie in den Genuss seiner betörenden Anwesenheit käme.
Er wandte sich zum Regal, wählte einen Badezusatz mit Lavendelduft und schüttete reichlich davon in die Wanne. Eine Weile beobachtete er, wie sich weißer wohlriechender Schaum unter dem plätschernden Wasserstrahl bildete, dann warf er noch einen Blick auf Nadja und verschwand unter der Dusche.
Nach fünf Minuten spülte er sich mit kaltem Wasser ab. Er war kein Freund von ausladenden Orgien unter fließendem Wasser. Er trocknete sich ab, schlüpfte in einen seiner flauschigen Frotteebademäntel, drehte den Hahn der Badewanne zu und putzte sich am Waschbecken die Zähne. Er stellte die Zahnbürste zurück in den Becher und wandte sich Nadja zu. Der Lavendelduft hatte mittlerweile den Raum erobert, also schritt er beherzt zur Tat. Er krempelte die Mantelärmel hoch, zog Nadja die sportlichen Schuhe von den Füßen, hob sie auf und ließ sie behutsam in die Badewanne gleiten. Der Schaum reichte ihr bis unters Kinn, und er achtete darauf, dass sie nicht tiefer rutschte. Jetzt musste er sie ihrer schweißgetränkten Sachen entledigen. Vorsichtig öffnete er den Bund ihrer Hose.
***