Silens - Kerstin Merkel - E-Book

Silens E-Book

Kerstin Merkel

0,0

Beschreibung

DAS STILLE ECHO DER FLUT … KANNST DU ES HÖREN? Skylar wollte immer mehr sein als die Geräuschlosigkeit ihres Körpers. Aus ihrer Gemeinschaft verstoßen, macht sie sich auf die Suche nach ihrem verschollenen Bruder und findet Arbeit an Bord eines Schiffes, dessen Besatzung ihr nicht fremder sein könnte. Die seltsame Sprache der Seemänner und ihre völlig unverständliche Kultur schüchtern sie ein. Auch das erneute Auftauchen des Schwarzen Schiffes, vor dem sie sich während ihrer gesamten Kindheit verstecken musste, stellt sie vor ein Rätsel. Dennoch beginnt sie in den Geschichten der Seemänner sich selbst und ihre vom Meer bedeckte Welt anders zu sehen. Ihre sturmgetriebene Reise führt sie schließlich an einen unmenschlichen Ort, an dem sie Abschied von dem Mann nimmt, den sie liebt. Bei ihrem Versuch, sich ein neues Leben aufzubauen, stößt sie jedoch auf ein Netz aus Lügen und Schweigen. Zu spät begreift Skylar, welche Rolle sie selbst darin spielt … Und das Schwarze Schiff mit seiner grauenvollen Wahrheit scheint immer weniger als eine Wellenlänge voraus zu sein.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 1436

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Sammlungen



Kerstin MerkelSilens

Die Geschehnisse in diesem Fantasyroman sind reine Fiktion. Sämtliche Handlungen und Charaktere sind frei erfunden.

silens (lat.): schweigend, still

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet abrufbar über http://dnb.ddb.de© 2018 CW Niemeyer Buchverlage GmbH, Hamelnwww.niemeyer-buch.deAlle Rechte vorbehaltenUmschlaggestaltung: C. RiethmüllerEPub Produktion durch CW Niemeyer Buchverlage GmbHeISBN 978-3-8271-8345-3

Für den, der Fossilien in mein Leben brachte.

Kerstin Merkel, 1970 in Frankfurt am Main geboren, studierte nach dem Abitur Germanistik und Kunstpädagogik. Nach ihrem Abschluss zog es sie in den Buchhandel und seit über fünfzehn Jahren arbeitet sie in der Frankfurter Innenstadtfiliale der Buchhandlung Hugendubel. Gerne möchte sie jeden einladen, sie einmal dort zu besuchen, denn der Buchhandel hat sich sehr verändert und ist spannender denn je.Kerstin Merkel lebt mit ihrem Sohn in einem kleinen Ort in der Nähe von Frankfurt. Sie sieht sich regelmäßig auf der ganzen Welt unter Wasser um. Egal, bei welchen Temperaturen. Und egal, ob in Seen, Flüssen oder Meeren.Nach „INZANI – Die Macht des Bandes“ legt sie nun mit „SILENS“ ihren zweiten Roman vor (aber ihr geistern durchaus noch immer weitere Geschichten im Kopf herum …).

Erstes Buch Vergangenes ist vergangen

Kapitel 1

Oh, die Flut soll mich holen!

Skylar duckte sich augenblicklich zurück an die Außenseite der Bordwand. Weitere stumme Verfluchungen ausstoßend, versuchte sie den Schmerz in ihren vor Kälte starren Fingern zu ignorieren, während sie sich erneut an die Strickleiter klammerte. Dieser ganze Auftrag war nichts als eine furchtbare Zeitverschwendung!

Der Mond stand bereits eine Handbreit über der Insel, so lange hatte sie dieses Schiff beobachtet. Endlos lang hatte sie unter dem Landungssteg gekauert, das Ende ihres Zopfes kauend, bis sie schließlich das Eis von ihren Haaren lutschen konnte, und hatte gewartet, bis die Besatzung endlich von Bord ging. Und nun hatte sie auch noch zwei der Seeleute übersehen!

Oaklin hätte jetzt sicher einiges an ihr zu kritisieren, durchgefroren und übellaunig, wie sie hier an der Bordwand hing. Skylar hörte förmlich ihre knorrige Stimme in ihrem Kopf, wie sie ihr immerzu vorwarf, sie sei zu wenig bereit, für das Wohl aller zu arbeiten. Sie sei in der einmaligen Situation, der Gemeinschaft einen enormen Vorteil zu verschaffen, indem sie die Ladung der Schiffe auskundschaftete, bevor es zu Verhandlungen über Mengen und Preise kam. Auf diese Weise konnte keiner der Kapitäne die Frauen im Handel übervorteilen, und es sei Skylars Pflicht, dieses Opfer zu bringen.

Bei einem Großteil der Kritik würde sie Oaklin vermutlich sogar recht geben, aber sie konnte nicht einsehen, dass sie etwas Unrechtes für das Wohl aller tun sollte, auch wenn es, laut Oaklin, heute zum letzten Mal geschah. Oaklin, die jedes Mal Skylars Skrupel schnaubend mit den Worten abwehrte, das Beschaffen von Informationen sei schwerlich ein Unrecht, denn schließlich beginge Skylar keinen Diebstahl, um ihrer Pflicht nachzukommen. Sie könne nicht leichtfertig die positiven Handelsabkommen riskieren, die mit ihrer Hilfe zustande kamen.

Einerlei jedoch was Oaklin ihr vorwerfen mochte, leichtfertig war Skylar niemals. Sie hatte noch eine gute Zeit weitergelauscht, nachdem die Seemänner das Schiff verlassen hatten, um sich zu versichern, dass sie allein hier draußen in der Nacht war, und ganz gewiss hatte nichts auf die Anwesenheit dieser beiden Männer auf dem Schiff hingedeutet. Kaum hatte sie jedoch die Strickleiter bis zur Reling erklommen, sah sie sie vom Mond in kaltes Licht getaucht am Bug stehen! Wie hatte ihr das nur passieren können? Das war, weiß der Ozean, nicht das erste Mal, dass sie sich an Bord eines Schiffes schlich!

Sie hasste das, was sie hier tat, aber aufgeben war nie eine Option für sie gewesen. Zentimeter für Zentimeter hob sie nun ihren Kopf, bis sie die beiden Männer schließlich erneut im Blickfeld hatte. Sie sprachen in ihrer sonderbaren Zeichensprache, aber während die anderen Männer ihre Handzeichen mit Versatzstücken von gesprochener Sprache ergänzt hatten, vollzog sich dieser Austausch hier schweigend. Deswegen hatte Skylar die Männer nicht bemerken können!

Einer der beiden schnürte jetzt, unterbrochen von abgehackten Gesten, seine Tunika auf. Der andere starrte ihn an und bewegte bedrohlich seine Hände zur Antwort. Sie stritten! Und das war ihre Chance, begriff Skylar augenblicklich. Die Männer würden sie nicht bemerken, wenn sie weiterhin ihre Blicke so ineinanderbohrten. Und noch dazu war der Größere der beiden gerade im Begriff, sich zu entkleiden. Vermutlich würde er sich im nächsten Moment die jetzt geöffnete Tunika über den Kopf streifen. Skylar warf einen letzten, kurzen Blick auf den anderen, der nun wütend auf die See hinauszustarren schien, und in dem Moment, als der Große seine Arme über den Kopf hob, sprang sie über die Reling und kauerte sich im Schatten hinter dem Maststuhl zusammen.

Der große Mann am Bug ließ abrupt die Arme mit dem Kleidungsstück vor seinem Körper sinken. Er wandte sich in ihre Richtung und starrte auf die Stelle, an der Augenblicke zuvor ihre Füße nach dem Sprung auf den Planken gelandet waren. Er kniff die Augen zusammen und suchte mit seinem Blick den Raum um sie herum ab, so als wisse er, dass sie hier war. So als erahne er im schwarzen Schatten hinter dem Mast ihre Gestalt. So als hätte er sie gehört …

Und Skylar erstarrte in der Kälte dieser Nacht. Er hatte sie gehört! Allein dieser Gedanke versetzte sie in pures Erstaunen, denn das war gar nicht möglich! Beinahe hätte sie lachen mögen. Kein frohes Lachen, nein, das Lachen einer Irren, die sich lächerlich machen würde. Sie hatte gewiss kein Geräusch gemacht, als ihre Füße die Planken berührten! Ihr Körper machte keine Geräusche! Nie!

„Du wirst auf der Stelle aufhören, so scharf zu werfen, Skylar, sonst lasse ich dich beide Körbe allein zum Warenhaus schleppen!“, schrie Baylar von unten zu ihr hinauf, nachdem erneut eine Nona­frucht sie hart an der Schulter getroffen hatte.

„Entschuldige! Passiert nicht noch einmal!“, rief Skylar nach unten. Sie hatte Baylar nicht absichtlich treffen wollen, aber nun, da es passiert war, tat es ihr auch nicht leid.

„Das will ich dir auch geraten haben! Was ist denn los mit dir?“, schrie Baylar zurück.

„Ich bin nur abgelenkt!“, flüsterte Skylar in Gedanken versunken. Sie wusste, Baylar erwartete keine Antwort von ihr, im Gegenteil, sie wäre wahrscheinlich überglücklich, nie mehr ein Wort mit Skylar wechseln zu müssen, und das beruhte auf Gegenseitigkeit. Baylar war ein gemeines Biest, und sie legte es bei jeder Gelegenheit darauf an, Skylar zu demütigen. Heute nicht, schwor Skylar sich.

Erneut huschte ihr Blick hinunter in Richtung des Hafens, zum Landungssteg und dem schlanken Segelschiff, das dort vor Anker lag. Sie hatte seine andersartige Bauart jeden Winter von Neuem bewundert. Seine Schnelligkeit auch bei fast gänzlicher Windstille und natürlich auch seine fremdartige Besatzung. Männer des Ozeanvolkes, dessen Existenz vor dem ersten Auftauchen ihres Schiffes vor drei Wintern nur ein Gerücht gewesen war. Ein Volk, das auf einer schwimmenden Insel lebte, weitab von den Insellanden. Eine Geschichte, die Matrosen von ihren Reisen mitbrachten, wie etwa das Auftauchen riesiger Fische, die von ferne aussahen wie Land inmitten der See. Diese Männer mit ihrer eigenen Sprache und ihrem ungewohnten Aussehen hatten Skylar immer neugierig gemacht. Sie nannten ihr Schiff Oceanbird, und das war es, ein Vogel in den Wellen.

Skylar streckte sich nach einer neuen Nona, drehte sie aus den Blättern heraus und ließ sie einfach fallen. Wenn sie jetzt zu dem Schiff im Hafen hinuntersah, war es nicht Neugier, die sie dazu bewog. Es war das, was in der letzten Nacht geschehen war. Wieder und wieder spulten sich die Bilder vor ihren Augen ab, so als sei sie noch immer dort und hätte das Schiff niemals verlassen. Die ganze Nacht über war das so gewesen, einerlei, ob sie die Augen geschlossen oder in die Dunkelheit ihrer Kammer gestarrt hatte.

Als sie es gestern Nacht schließlich zuwege gebracht hatte, von Bord zu fliehen, war sie zu aufgewühlt gewesen, um Oaklin unter die Augen zu treten. Sie hatte ihren Auftrag nicht erfüllt, denn natürlich war sie nicht mehr in den Laderaum gestiegen. Aber Oaklin wartete nie auf sie, wenn die Mitte der Nacht vorüber war, und obwohl ihre Glieder vor Kälte schmerzten, hatte sie den langen Weg über die Klippen genommen, um Zeit zu schinden, und sich in die Höhle gesetzt, die sie vor so vielen Wintern mit Bent entdeckt hatte. Es war ihr Ort gewesen, der Ort ihres Geheimnisses, und in der letzten Nacht hatte sie den Frieden, der dort für sie wohnte, dringend gebraucht, um wieder zu Verstand zu kommen.

Sie hatte ihre Fundstücke aus dem Felsspalt genommen und sie eines nach dem anderen in den Fingern bewegt. Die schimmernde Muschel, eine Hälfte eines Ganzen. Die andere Hälfte hatte Bent mitgenommen, als er vor vier Wintern von hier fortgehen musste. Die Steine, manche flach und milchig-durchsichtig, andere gefurcht und wie zusammengebackener Sand. Und die glänzende Scheibe, die ganz rund und außen gezackt war. Neben der halben Muschel das Einzige, was ihr Bruder ihr von sich dagelassen hatte. Das Einzige, was er von dort mitgebracht hatte, von wo er mit ihrer Mutter gekommen war und wohin er zurückkehren wollte, nach seinem Ausschluss. Skylar hatte alles berührt, angesehen, Erinnerungen geweckt, aber die Bilder wollten nicht verschwinden.

Immer wieder sah sie den großen Mann mit nacktem Oberkörper am Bug stehen. Sie sah, wie sein Zopf herumschwang, während er seinen Kopf wachsam in ihre Richtung wandte. Es war etwas, das sie niemals erwartet hatte. In Wahrheit war es sogar etwas, das derart unvorstellbar war, dass sie nicht mal eine Idee davon entwickeln konnte. Sie hatte sich immer auf die Lautlosigkeit ihres Körpers verlassen, weil sie eine Tatsache war. Sie war ein Teil von ihr. So wie die Hand, die nun erneut nach einer der Früchte griff. Aber dieser Mann hatte sie gehört! Wie konnte man Stille wahrnehmen? Es war ebenso unmöglich, wie Farben in der schwarzen Dunkelheit erkennen zu können.

Skylar atmete durch. Zumindest hatte er sie nicht gesehen. Er hatte einen Moment innegehalten und aufmerksam in ihre Richtung geblickt, um sich dann wieder seinem Gesprächspartner zuzuwenden, der nicht mehr gestikulierte, sondern fragend seine Augenbrauen hob. Mit einer wegwerfenden Bewegung, die aussah, als würde er mit beiden Zeigefingern und Daumen Kreise bilden, diese dann vor seinem Oberkörper zueinanderführen, um sie gleich wieder auseinanderzureißen, hatte der Große seine Tunika fallen lassen, war auf die Reling gestiegen und von dort aus in das eisige Meer gesprungen.

Sie fröstelte bei dieser Erinnerung und drehte die Frucht in ihren klammen Fingern. Es war Winter. Jede Nacht brachte jetzt Frost. Es war die Reifezeit der Nonafrüchte, aber sicher nicht die Zeit, im Meer zu schwimmen, wenn man nicht gerade sein Grab dort suchte. Sie wusste selbst, wie kalt das Wasser sein konnte. Das alles war zu seltsam! Dieser Mann, dieses ganze Ozeanvolk, das, was letzte Nacht passiert war … all das war viel zu seltsam. Aber tief in sich selbst war Skylar niemand, dem Seltsames fremd war, und sie würde sich nicht länger von der gestrigen Nacht beeindrucken lassen. Sie musste heute Abend nur vor Oaklin erscheinen, die Fakten erläutern, und in dem Moment, in dem sie die Geschehnisse aussprechen würde, würden die seltsamen Teile an ihren logischen Platz fallen und Sinn ergeben. Zumindest redete sie sich ein, dass es so sein würde.

„Was machst du denn so lange?“, nörgelte Baylar nun.

Skylar schrak aus ihren Gedanken. „Nichts! Ich muss ein Stück höher hinauf, hier ist alles abgeerntet“, redete sie sich heraus und kletterte weiter. Sie fuhr dabei demonstrativ mit den Armen durch das trockene Laub und knickte absichtlich einige Zweige, damit Baylar sie hören würde. Der alte Baum tat ihr leid, aber das war es, was sie tat, um ihre Lautlosigkeit zu verbergen.

Sie warf einen Blick hinab auf die Körbe, die fast voll waren. Noch etwa fünf Früchte, dann würden sie sich zum letzten Mal für heute auf den Weg zum Warenhaus machen müssen. Sie liebte es, hier oben zu sein, aber es dämmerte bereits. Das graue Licht des Tages machte einem noch graueren Platz, und der Wind kroch ihr unter die Kleidung. Die Nonaernte hatte gerade erst begonnen, und vor ihr lagen mindestens noch zwei Wochen, die sie in den Bäumen verbringen konnte. Der Winter war ihr die liebste Jahreszeit, und keine der Frauen teilte sie während der Ernte zu einem anderen Dienst ein, weil sie die Beste war.

Andere Dienste, die es beinhalteten, sich körperlich im Freien zu beschäftigen, wie das Hüten der Tiere oder das Pflügen und Säen in den Feldern, übernahm sie gern, weil sie meistens schweigend, wenn nicht gar in Einsamkeit an den Klippenhängen stattfanden, während etwa das Waschen, Färben oder Backen Arbeiten waren, die mit Gelächter und Tratsch einhergingen. Sie fühlte sich dabei fehl am Platz. Die Arbeiten interessierten sie nicht und das Gerede der Frauen noch viel weniger. Das Quälendste jedoch war, dass die anderen Frauen Skylar immer merken ließen, dass sie sich in ihrer Gegenwart unwohl fühlten, und das konnte sie ihnen nicht verdenken.

Sie warf einen schnellen Blick auf die Bucht und das Schiff am Steg, pflückte dann eine letzte Nona, zielte damit auf Baylars Kopf und warf sie dann doch in ihre geöffneten Hände. „Ich komme herunter! Wir haben genug!“, rief sie ihr grinsend zu.

Skylar kletterte schnell zu der Astgabel, in die sie ihre Kiesel gelegt hatte. Sieben glatte, milchige Kiesel für jede ihrer Schürzentaschen. Meistens zählte sie sie, teilte sie ihrer Laune entsprechend nach Farben auf oder ersetzte sie durch neue Fundstücke. Es erlaubte ihr, Regeln neu zu bilden oder sie einzuhalten, wie es ihr beliebte, weil es ihre eigenen Regeln waren. Jetzt jedoch hatte sie keine Zeit. Sie steckte die Kiesel ein, und sofort hörte sie bei jeder Bewegung ihre Geräusche, wenn sie in ihren Taschen zusammenstießen. Es erinnerte sie an das Geräusch der Kiesel am Strand, wenn eine Welle sie bewegte.

„Wird auch langsam Zeit!“, rief Baylar ihr zu und schlang sich die Arme um ihren Körper.

Es hatte merklich abgekühlt, aber Skylar ließ sich dennoch Zeit mit dem Abstieg und den Geräuschen, die sie dabei willentlich verursachte. Sie war nicht wild auf alles, was heute noch geschehen mochte. Hinzu kam, dass heute einer der regelmäßigen Gemeinschaftsabende stattfand. Endlose Debatten über Ernteerträge und die Planung der Lebensmittelrationierungen erwarteten sie und vermochten nicht, ihr Interesse zu wecken, da sie die Zahlen bereits kannte. Oaklin hatte sie Buchstaben und Zahlen gelehrt, als sie noch ein Kind war. Es war verboten, und niemand durfte wissen, dass Skylar Oaklin bei der Abrechnung unterstützte, seit sie denken konnte, und auch nicht, dass diese Aufzeichnungen überhaupt existierten.

Als sie zu den Ästen nahe dem Boden kam, traf sie kurz Baylars missbilligender Blick.

„Skylar, mach bloß deinen Zopf auf, bevor die Frauen im Warenhaus dich sehen! Ich will wegen dir nicht schon wieder Ärger bekommen!“

„Wann hattest du das letzte Mal wegen mir Ärger?“, fragte Skylar nach und runzelte die Brauen. Es musste viele Winter her sein, denn sie erinnerte sich nicht daran. Den Ärger bekam immer nur sie selbst.

„Ist doch einerlei!“, wehrte Baylar achselzuckend ab und fügte verächtlich hinzu: „Nur mach deine Haare auf! Du siehst aus wie ein Junge!“

Skylar zuckte lediglich die Achseln. Wenn Baylar nur wüsste, wie wenig sie sich darum scherte. Sie interessierte sich nicht für das Aussehen anderer und noch weniger für ihr eigenes. Sie war seit ihrem dreizehnten Winter unaufhaltsam in die Höhe geschossen, und an den Stellen, an denen die anderen Mädchen in ihrem Alter Kurven entwickelt hatten, hatten ihre Glieder sich lediglich gestreckt. Sie würde ihren siebzehnten Jahreszeitenlauf nächsten Mondlauf vollenden, aber wenn sie ihr langes, schwarzes Haar nach hinten flocht, sah sie tatsächlich aus wie ein Junge, was unter den Frauen nicht gebilligt wurde. Es gefährdete ihre Zukunft.

„Dass du immer so wild darauf bist, dort hinaufzuklettern! Die Äste hängen ja förmlich über die Klippe!“, schüttelte Baylar den Kopf, als Skylar vom untersten Ast aus zu ihr hinuntersprang. „Und bei dem Wind heute …“

Skylar löste den hinteren Teil ihres Rockes aus ihrem Gürtel, ließ ihn hinabsinken und schüttelte ihn dann, sodass er lang bis zum Boden fiel, dann schob sie die Holzstange durch die Henkel der beiden Körbe, damit sie und Baylar sie zusammen tragen konnten. Sie sah Baylar nicht an, denn sie hatte nicht vor, ihren Köder zu schlucken. Sie wusste sehr genau, dass Baylars Worte, die nahezu wie ein Kompliment klingen mochten, in Wahrheit der Anfang einer ihrer fortwährenden Sticheleien war, und sie würde sich heute gewiss nicht provozieren lassen. Sie hatte genug, das ihren Kopf anfüllte. Wie sollte sie Baylar auch erklären, dass sie sich dort in den Baumwipfeln fühlte, als sei sie eins mit der Welt. Wenn sie zum Horizont sah, dann verschwand die Insel aus ihrem Blickfeld. Sie konnte nur das Meer sehen, das den Himmel spiegelte, und es war, als sei sie der einzige Mensch in dieser grenzenlosen Weite. Sie und ihre Stimme im Gesang.

„Ich mag es eben!“, antwortete sie knapp und nickte Baylar zu, die andere Seite der Stange zu fassen. Auf ein stilles Kommando hin nahmen sie die Körbe auf und legten sich die Stange auf die Schultern. Es freute Skylar jedes Mal im Stillen, dass Baylar dabei die Hauptlast trug, da sie so viel kleiner war als Skylar.

„Ich verstehe dich nicht! Jeden Winter fieberst du auf die Nona­ernte hin, und wenn es so weit ist, bist du die Erste, die in die Bäume steigt. Dabei hast du doch sonst solche Angst vor Höhe!“, redete Baylar weiter, und ihre Stimme klang jetzt fast höhnisch, als gäbe es etwas Lächerliches daran, gerne auf Bäume zu steigen.

„Ich habe keine Angst vor der Höhe!“

„Ach, und warum hilfst du dann nie beim Baudienst?“

„Ich helfe beim Baudienst!“, erwiderte Skylar nun trotzig.

„Ja, solange er auf dem Boden stattfindet!“ Baylar wandte sich kurz zu ihr um und verdrehte sichtbar entnervt die Augen.

Skylar schob sich das Ende ihres Zopfes in den Mund, um nicht aus der Haut zu fahren. Sollte Baylar doch denken, was sie wollte. Skylars Angst drehte sich niemals um Höhe, sondern sie fürchtete die Vorstellung zu fallen. Auf halb befestigten Häuserbalken herumzuklettern, nicht zu wissen, wohin ihr nächster Schritt sie führen oder ob er gar ins Leere gehen würde, lähmte sie vor Panik. Auf den Bäumen fühlte sie sich sicher, auch wenn sie unter ihr schwankten. Dort wusste sie, wohin jeder nächste Schritt sie führte.

„Du benimmst dich über alle Jahreszeiten wie ein feiges Baby, aber sobald …“

„Ich bin kein Feigling!“, explodierte Skylar. Die Wut rauschte plötzlich ohrenbetäubend in ihren Ohren und löschte ihre Stille aus. Nun, so viel dazu, sich nicht provozieren zu lassen … Aber sobald das Wort Feigling fiel, sah sie rot. Es schlug in ihr eine Saite an, von der sie nicht sicher war, warum sie so schrill in ihr klang, aber die Farbe des Klanges war ein sattes Rot.

Baylar zuckte kurz zusammen. Einen Moment lang schwieg sie, vielleicht sogar aus Betroffenheit, man konnte es bei ihr nie genau wissen, aber im nächsten Augenblick begann sie zu lachen und sagte dann süßlich: „Ach, Skylar! Immer so leicht zu provozieren!“

Skylars Wut schlug noch immer in ihr hoch, und sie dachte an Bent, der ihr immer gesagt hatte, sie solle schreien und ihre Wut nach außen abgeben, sonst würde sie ihr den Hals zuschnüren, bis sie keine Luft mehr bekam. Als Kind war sie tatsächlich manches Mal in Ohnmacht gefallen. Noch öfter jedoch hatte sie sich aus den Händen der Wut befreit. Sie hatte geschrien und um sich geschlagen. Sie konnte danach weiteratmen, als sei nichts geschehen. Oaklin jedoch hatte sie jedes Mal mit Küchendienst gestraft, bei dem sie am Ende des Tages nie das erforderliche Ergebnis erzielte, was zur Strafe noch mehr Küchendienst nach sich zog. Meistens so lange, bis Rootlin, die Speisefrau, ihr Ergebnis entnervt künstlich hochsetzte, um sie loszuwerden.

„Hast du gehört, dass Catlin nach heute Abend gehen muss?“, fragte Baylar dann, als sei nicht das Geringste zwischen ihnen vorgefallen.

Skylar traute ihrer Stimme noch nicht und brummte daher nur verneinend in Baylars Rücken. Sie hatte es nicht gewusst.

„Glaubst du, die Abschiedszeremonie wird genau so sein wie bei den Jungs?“

„Ich weiß es nicht. Kannst du dich noch daran erinnern, wie es war, als die andere Frau damals wegging?“, fragte Skylar nach.

„Ich war zu klein.“ Baylar schüttelte vor ihr den Kopf und seufzte dann theatralisch: „Sie muss mit den Ozeanmännern fahren, die Arme!“

Skylar starrte verständnislos auf Baylars Hinterkopf: „Warum sagst du das? Die machen sich nichts aus Frauen! Sicherer als mit ihnen kann keine Frau reisen!“

„Skylar!“, rief Baylar daraufhin schrill aus. „Das sind Wilde! Ein Seemann hat mir erzählt, sie würden beim Essen auf dem nackten Deck am Boden sitzen und aus einem Topf essen, wie die Schweine! Sie haben ja nicht mal eine richtige Sprache!“

„Natürlich haben sie eine Sprache!“

„Sie lassen Wörter weg, und alles ist dadurch unmöglich zu verstehen! Das ist keine Sprache!“, empörte sich Baylar weiter.

Skylar, die schon immer schnell darin gewesen war, andere Sprachen zu begreifen, schüttelte den Kopf: „Du sagst ja auch nicht, Inklit sei keine Sprache, nur weil du sie nicht verstehst!“

„Die gesamte westliche Inselgruppe spricht Inklit! Natürlich ist das eine Sprache! Die Ozeanmänner sprechen unsere Sprache, aber nur das Skelett davon! Weil sie Wilde sind!“

Skylar hatte keine Lust, weiter mit Baylar über die Sprache der Ozeanmänner zu debattieren. Sie hatte sie im Gespräch beobachtet und dabei das Gefühl gehabt, dass ihre Handzeichen bedeutsamer waren als die gesprochenen Worte, die sie begleiteten, auch wenn sie natürlich nichts davon verstehen konnte. Das war gewiss kein Skelett, sondern im Gegenteil erschien es ihr höchst lebendig. Wie sollte sie das Baylar erklären? Es war nur ein Eindruck.

„Catlin hat erst letzte Woche ihren Sohn entbunden. Sie sollte nicht so schnell fortgeschickt werden!“, rührte sich nun ein seltenes Mitgefühl in ihr.

„Warum nicht? Schließlich geht sie auf eigenen Wunsch, um mit dem Vater des Kindes zu leben!“ Baylar seufzte erneut, als sie das Warenhaus erreichten: „Na, wenigstens ist das Kind kein Verlust für uns! Es ist ja nur ein Junge!“

Als Skylar aus dem Warenhaus trat, war es bereits fast dunkel. Sie war zufrieden mit sich und atmete erleichtert die kalte Abendluft ein. Es war eine Wohltat, einmal wieder das Gefühl zu haben, etwas richtig gemacht zu haben. Ihr Ergebnis konnte sich sehen lassen, und keine der anderen Zweiergruppen hatte ähnlich viele Nona geerntet wie sie und Baylar. Die Zahl war trotzdem um einiges kleiner als die, die sie früher zusammen mit Bent erzielt hatte. Ihr Bruder war als Fänger unschlagbar gewesen. Vor allem hatte er sich dabei auf Skylars Tempo konzentriert und nicht nur nörgelnd in die Gegend gestarrt, wie es Baylars Art war.

Skylar rief sich in Erinnerung, was sie heute noch zu tun hatte, und damit verflog ihr kleines Hochgefühl. Mit Catlins Abschiedszeremonie, wie auch immer die Ältesten sie begehen mochten, würde sich vermutlich die Zeit für Debatten während der Versammlung verringern. Wenn einer der Jungens ging, nahmen die Abschiedsgesänge die meiste Zeit des Abends ein. Darauf zumindest konnte sie sich freuen. Sie liebte das Geflecht der Lieder und die Art, wie alle Stimmen zusammenkamen, um jedes Mal etwas anders zu klingen, woran sie selbst einen großen Anteil hatte. Aber diesmal sandten die Frauen damit keinen ihrer erwachsenen Söhne in die Welt, sondern eine aus ihren eigenen Reihen. Einerlei jedoch wie der Ablauf aussehen mochte, das Abendessen würde ganz sicher während der Versammlung gereicht werden, und Skylar musste es nicht aus dem Kochhaus abholen, um mit Oaklin zu speisen. Sie hätte in diesem Fall bestimmt keinen Bissen herunterbekommen, weil Oaklins Verhör über ihr Scheitern in der gestrigen Nacht ihr den Appetit geraubt hätte.

Geistesabwesend steckte sie die Hände in ihre Taschen, als sie einer Gruppe von Frauen begegnete, die ihr entgegen in Richtung Warenhaus kamen. Sie ließ ihre Finger durch die Kiesel streichen, hörte ihren warmen Klang und grüßte die Frauen im Vorbeigehen. Eine von ihnen war Baylars Mutter, Rainlin, und sie trug einen Korb gesponnener Wolle auf der Hüfte.

„Ist Baylar noch im Warenhaus? Du hast doch heute mit ihr Dienst getan, oder?“, fragte sie, als sie schon beinahe an Skylar vorbeigelaufen war.

Sie sah Skylar dabei missbilligend an, was diese daran erinnerte, dass sie vergessen hatte, ihre Haare zu öffnen. Nun, Rainlin wäre gewiss nicht glücklich darüber zu erfahren, dass ihre Tochter gerade dabei war, sich heimlich eine frisch aufgeschnittene Nona hinter dem Warenhaus einzuverleiben. Einen kurzen Moment lang dachte Skylar darüber nach, wie es wäre, sich an Baylar zu rächen und sie zu verpetzen. Es fühlte sich falsch an.

„Ja, ich habe heute mit ihr geerntet. Sie ist aber gleich nach dem Dienst nach Hause gegangen, um sich für die Versammlung umzuziehen“, antwortete sie und beobachtete, wie Rainlin sie argwöhnisch von oben bis unten musterte, als käme es ihr merkwürdig vor, sich umziehen zu wollen, wenn man doch ganz offensichtlich gar nicht schmutzig war.

Schließlich riefen sie sich Abschiedsworte zu, und Skylar hörte auf, die Kiesel in ihren Taschen zu bearbeiten. Sie wusste, dass sie schlecht log, und wenn sie es tat, hinterließ es ein saures Gefühl in ihrem Magen. Dieses Mal jedoch hätte es zu viel Unheil angerichtet, die Wahrheit zu sagen. Sie bog in die Hafenstraße ein und betrat das große Haus der Handelsfrau durch den Hintereingang. Alle nannten Oaklin so, denn nicht viele konnten sich an eine Zeit erinnern, in der sie nicht diese Stellung innegehabt hatte. Alle anderen Häuser benannte man nach dem Namen ihrer ältesten Bewohnerin, wenn man über sie sprach. Skylar war vermutlich sogar die Einzige, die Oaklin bei ihrem Namen nannte und sie nicht mit Handelsfrau ansprach.

Oaklin war nicht die Älteste der Gemeinschaft, aber sie war, nicht nur was ihre Stellung anbetraf, die Erfolgreichste. Sie hatte sechs Töchter eingebracht und nicht einen einzigen Jungen. Ihre Töchter wiederum hatten ebenfalls überwiegend Töchtern das Leben geschenkt, und in der langen Reihe von Frauen in dieser Familie war bis heute nur ein männlicher Enkel zu vermerken. Bent hatte natürlich mit ihnen zusammengelebt, bis er seinen siebzehnten Winter vollendet hatte und gehen musste, aber er und Skylar waren nicht Oaklins Kinder. Sie waren nicht einmal mit ihr verwandt. Oaklin hatte sie bei sich aufgenommen, als ihrer beider Mutter starb. Sie hatte zu diesem Zeitpunkt keine eigenen Kinder mehr im Haus gehabt und verfügte über den meisten Platz. Die Gemeinschaft entschied, dass Bent, damals fast fünfjährig, und Skylar, die gerade erst geboren war, bei ihr leben würden.

Als Skylar die Tür hinter sich schloss, hörte sie bereits die Stimmen, die aus der Halle drangen. Oaklins Stimme war unverkennbar, aber die andere Stimme war männlich. Skylar war plötzlich nervös, sie bemerkte, dass sie wieder einmal auf ihrem Zopfende kaute, öffnete dann schnell ihre Haare und kämmte sie mit den Fingern durch. Oaklin erwartete von ihr, dass sie zu Verhandlungen mit Seeleuten, welcher Natur sie auch sein mochten, Tee anbot und die kleinen Krapfen aus dem Backhaus. Sie hatte Oaklin vor der Versammlung einiges zu beichten, deshalb beeilte sie sich nun, sich nützlich zu machen. Sie nahm die Kiesel aus ihren Schürzentaschen und legte sie in ihre Stiefel, danach huschte sie in die Küche, um schon einmal das Wasser auf den Herd zu setzen. Sie legte die Kräuter für den Tee heraus und einige Krapfen auf einem Holzbrett zurecht. Dann ging sie zur Hallentür und öffnete sie behutsam. Sie wollte nicht stören.

Schnell ließ sie ihren Blick über die Menschen in der Halle streichen und erstarrte augenblicklich. Mit Oaklin in der Halle befanden sich die beiden Männer von letzter Nacht! Beide saßen mit dem Rücken zur Tür. Oaklin stand und sah hinaus. Sie hatte Skylars Eintreten nicht bemerkt und auch einer der Männer nicht. Der andere jedoch wandte den Kopf interessiert in ihre Richtung, und es war der Mann, der das auch letzte Nacht getan hatte.

Es war die rätselhafte Wiederholung der Ereignisse, die Skylar plötzlich wütend machte. Vielleicht waren es auch Baylars gemeinen Worte oder einfach nur Übermüdung. Jedenfalls war sie es satt, sich von diesem Mann einschüchtern zu lassen.

„Oaklin, ich bin zu Hause! Ich koche Tee!“, sagte sie knapp und starrte dem Mann in die Augen. Sie wartete keine Antwort ab, sondern machte kehrt und zog geräuschvoll die Tür hinter sich zu, nur um sich dann im Flur heftig atmend dagegenzulehnen.

Ihr war, als sei der Boden unter ihren Füßen verschwunden und sie müsse im nächsten Moment fallen. Ihre Fingerspitzen wurden taub, ihr Herz raste. Sie hatte mit ihrem kleinen Ausbruch eben einen sehr kläglichen Versuch unternommen, die Kontrolle zu bewahren. Die Kontrolle über ihr Leben, die, so begriff sie nun zitternd auf dem Weg zurück in die Küche, beträchtlich ins Wanken geraten war, dadurch, dass dieser Mann sie offensichtlich hören konnte. Ihr Körper hatte sie noch nie verraten.

Sie nahm die Kiesel aus ihren Schuhen und ließ sich auf einen der Küchenstühle fallen. Langsam breitete sie die Steine auf dem Tisch aus und begann, sie mit einer Hand zu ordnen, während sie mit der anderen ihre Haare zwirbelte. Zweiergruppen der Größe nach. Danach widmete sie sich den Farben. Grün, blau, durchsichtig und braun. Zweimal sieben Steine, die Symmetrie ließ sie ruhiger atmen. Das Wasser begann zu kochen, und sie musste sich zwingen, die Steine in ihre Taschen zu stecken, um den Tee aufzubrühen. Sie hatte schon zu lange gebraucht, um ihre Selbstbeherrschung zurückzuerlangen.

Bent hätte sie gescholten. Er hatte ihre Ausflüchte nie lange mit angesehen. Wie willst du jemals stark werden, kleiner Schwächling?, hatte er sie dann mitleidig gefragt. Aber sie wollte nicht zurück in die Halle. Sie wollte diesem Mann nie wieder begegnen. Und sie wollte Oaklin nicht Rede und Antwort stehen müssen. All das war jedoch unvermeidbar und so tat sie, was sie immer tat, wenn sie aufgeben wollte, sei es aus Angst oder einem anderen Gefühl heraus. Sie war stark und tat, was von ihr erwartet wurde.

Wann immer Oaklin im Laufe der letzten Winter mit See­leuten verhandelte, die eine der fremden Sprachen der Inseln sprachen, hatte sie darauf bestanden, Skylar möge sich zu ihr und den Seemännern setzen, nachdem sie den Tee aufgetragen hatte. Sie wusste, dass Skylar, warum auch immer, einige Wörter der beiden anderen Sprachen verstehen konnte, und diese Tatsache hatte manchmal tatsächlich dabei geholfen, einen versuchten Betrug aufzudecken. Natürlich hatte Oaklin sie niemals dafür gelobt. Es war einfach ein weiterer Dienst, den sie zu leisten hatte.

Skylar richtete das Tablett mit Bechern und dem Gebäck, dann nahm sie die Kräuter aus der Kanne, nahm das Tablett auf und ging auf die Tür zur Halle zu. Sie lauschte einen Moment, aber die Stimmen waren zu leise, um Worte darin auszumachen. Diese Männer sprachen im Grunde Daklit, dieselbe Sprache wie sie, und Oaklin hatte sich mehr als einmal darüber erstaunt, wie angenehm es war, mit diesem Ozeanvolk Geschäfte zu machen. Skylar war niemals zuvor Teil dieser Verhandlungsrunde gewesen. Vielleicht würde Oaklin sie gar nicht zwingen zu bleiben!

Es half nichts, sie musste dort hinein, und so öffnete sie die Tür mit ihrem Ellenbogen. Im letzten Moment bemerkte sie, dass ihre Haare erneut einen Weg in ihren Mund gefunden hatten. Sie strich sie zurück und bewegte dann absichtlich ihre Schürze, damit die Geräusche der Kiesel sie verraten würden. Ohne den Blick zu heben, ging sie zum Tisch, räumte das Tablett ab und sah dann auf, ohne die beiden Männer zu beachten.

Oaklins Gesicht war hart wie Stein und unlesbar. „Du kannst jetzt gehen! Ich brauche deine Anwesenheit heute nicht!“

Skylar hätte erleichtert sein sollen, aber sie sah den Ausdruck in Oaklins kalten, grauen Augen und verließ die Halle ohne ein weiteres Wort.

Das erste Lied, das die Frauen bei jeder Versammlung anstimmten, war das Willkommen, und Skylars Stimme reihte sich in die der anderen ein. Bei all den vorigen Versammlungsabenden hatte sie oft andere Melodien zu den Liedern erfunden, die sie in den Chor der Frauen einbringen konnte, und ihre Stimme trug diese wie Verzierungen in den Raum. Aber heute nahm sie sich zurück. Dieser Abend war anders. Nicht nur ihre Erlebnisse seit der ges­trigen Nacht waren es, sondern auch die Stimmung, die im Saal herrschte. Es war, als seien die Gefühle aller hier Versammelten so sichtbar wie das Aufziehen von schneeschweren Wolken, die den grauen Himmel verdunkelten. Sogar die Kinder, sonst ein lärmender Haufen, saßen still bei ihren Müttern und ließen Blicke aus großen Augen umherhuschen. Jede hier wusste, dies war der Abend eines Abschiedes, und dass dieser Abschied für die meisten willkommen sein mochte, machte die Situation nur schwieriger.

Skylar ließ ihre Stimme mit den Stimmen um sie herum verschmelzen und sah verstohlen nach vorne zu Oaklin. Es hatte keine Gelegenheit gegeben, mit ihr vor der Versammlung zu sprechen, da die beiden Männer erst gegangen waren, als es bereits Zeit war, sich auf den Weg zum Versammlungshaus zu machen. Während des kurzen Fußmarsches hatten sie kein Wort gewechselt. Oaklin war in Gedanken versunken und hatte sich derart schnell und zielstrebig durch die Gassen bewegt, dass man die Zahl ihrer Winter vergessen mochte. Skylar war neben ihr her gehastet und hatte versucht, nicht ihren Blick zu treffen. Sie war erleichtert darüber gewesen, dass ihr Gespräch aufgeschoben war. Sie wäre auch jetzt noch froh, es gar nicht mehr führen zu müssen, aber auf dem Weg hierher war ihr sehr deutlich geworden, dass auch Oaklin nicht mit ihr hatte sprechen wollen, und das war beängstigend, denn Oaklin bevorzugte stets ein offenes Wort. Sie liebte es zu streiten und recht zu behalten. Oaklin wirkte noch immer nachdenklich, und auch die letzten Töne des Liedes konnten Skylars Unbehagen nicht mindern.

Catlin kniete nicht unweit von Oaklin im vorderen Bereich des Saales und hielt ihr Baby dicht an sich gepresst. Um sie herum saßen die Ältesten und wiegten sich im Rhythmus des ausklingenden Liedes. Viele hatten die Augen geschlossen, aber manche starrten demonstrativ an Catlin vorbei, und ihre Blicke trafen sich mit anderen, die nicht fassen wollten, welche Entscheidung Catlin getroffen hatte. Sie hatte sich für einen Mann entschieden, dafür, mit einem Mann zu leben, und das widersprach allem, an was die Frauen glaubten. Ein Mann wurde gewählt, um Nachwuchs in die Gemeinschaft zu bringen, aber keinem dieser Männer wurde darüber hinaus irgendwelche Aufmerksamkeit zuteil. Catlin hatte gegen die Regeln verstoßen und dass sie Gefühle für einen Mann hatte, macht sie in den Augen der meisten hier schwach, wenn nicht sogar zu einer Verräterin.

Nicht dass eine der anderen Frauen jemals mit Skylar darüber geredet hatte. Niemand hier zog sie jemals ins Vertrauen, aber Skylar hatte Ohren. Sie wollte sich dennoch kein Urteil bilden. Sie kannte Catlin kaum, so wie sie eigentlich auch keine der anderen Frauen hier wirklich kannte. Die Frauen hielten sich von Skylar fern, so wie auch sie sich von ihnen fern hielt. Manchmal bemerkten sie sie nicht einmal, auch wenn sie größer gewachsen war als alle Anderen. Skylar war sichtbar, aber die Stille ihres Körpers, über die nie jemand sprach, obwohl alle davon wussten, schien sie in den Augen aller Anderen auszulöschen. Das war verletzend, und Skylar zog es vor, nicht verletzt zu werden.

Catlin war nur etwas mehr als einen Winter älter als Skylar, und außer, dass ihre Mutter vor über einem Winter verstorben war, wusste Skylar nichts über Catlin. Sie war immer still gewesen, schüchtern in ihrer Art, aber sie nähte die besten Kleider von allen. Kleider, denen man ansehen konnte, dass sie etwas Besonderes waren. Catlin fügte kleine Stickereien ein, änderte die Schnitte minimal ab oder benutzte unterschiedlich gefärbte Stoffe. Jedes Kleid aus ihrer Hand, das eine der Frauen zugeteilt bekam, war erkennbar. Da sie trotzdem höhere Tagesergebnisse als alle anderen erzielte, die zum Nähdienst kamen, ließ man sie gewähren. Manche Frauen, vor allem die jüngeren, trugen Catlins Kleider mit Freude. Andere wollten sie nicht, da sie sich nicht von der Gemeinschaft abheben wollten, und baten daher sogleich um ein anderes Kleidungsstück. Skylar hatte immer gedacht, sie könne Catlin einmal fragen, ob sie ihre Röcke zu Hosen abändern könnte, denn Skylar hatte einige Mühe, dies selbst zu tun. Sie hatte sich jedoch nie getraut zu fragen, denn dann hätte sie darüber sprechen müssen, wofür sie die Hosen brauchte, und schließlich konnte sie niemandem erzählen, wohin sie sich darin in der Dunkelheit schlich.

Der letzte Ton ihres Liedes schwang noch in ihrer Kehle nach, und wieder sah sie diesen Mann vor sich. Wieder sah sie, wie er sich zu ihr umwandte. Wie er sich ihr zuwandte, als sei sie hörbar, und sie begriff, was daran sie so sehr verstörte. Sie fühlte sich schutzlos. Sie hatte nie vorher über ihre Stille als einen Schutz gedacht. Im Gegenteil, sie wollte sich stets über ihre Geräuschlosigkeit hinwegsetzen, sie mit Geräuschen verbergen, die sie willentlich herbeiführte, wie den Klang der Kiesel in ihren Taschen. Sie hatte niemals das Bedürfnis, nicht gehört zu werden. Offensichtlich jedoch verließ sie sich darauf, dass es so war, und das schon ihr ganzes Leben lang.

Als das Lied endete, erhoben sich einige Frauen stumm von ihren Plätzen und begannen, von Rootlin angeleitet, mit Eintopf gefüllte Holzschalen herumzureichen. Skylar nahm ihre Schale entgegen und wartete still, bis alle im Raum mit Essen versorgt waren. An jedem anderen Versammlungsabend wäre dies die Zeit für leise Gespräche und vergnügtes Lachen nach einem arbeitsreichen Tag gewesen. Jetzt jedoch trafen sich nicht einmal Blicke, und Skylar senkte ihren Kopf, um zu verbergen, dass sie erneut ihre zusammengedrehten Haarspitzen im Mund hatte.

„Harte Arbeit ernährt unsere Gemeinschaft!“, eröffnete Rootlin das Essen, und wie üblich antworteten alle ihr mit einem: „Und die Gemeinschaft achtet schweigend!“

Als Skylar nun ihre Schale erhob, fing sie kurz einen entnervten Blick von Baylar auf, als wolle sie mit ihr die Missbilligung über den Inhalt des Essens teilen, aber Skylar wandte ihre Augen ab. Ihr war Essen immer unwichtig gewesen. Sicher, es gab nicht viel Abwechslung in ihrem Speiseplan, aber Skylar machte sich niemals Gedanken darum. Es machte sie satt, und mehr konnte Nahrung ihr nicht bedeuten. Nur die frischen Nona, durch den ersten Frost zur vollen Süße gereift, ließen sie in Wonne lächeln. Nur dann hatte sie jemals das Bedürfnis gehabt, ein Wort über ihre Nahrung zu verlieren, was nicht erlaubt war. Die Gemeinschaft aß schweigend.

Die leeren Schalen wurden eingesammelt, und ein nervöses Raunen ging durch den Raum. Nun erhob sich Barklin, die Älteste, mühsam von ihrem Teppich, und augenblicklich verstummte auch das letzte Geflüster wieder. Sie ließ ihre altersschwachen Augen über die Menge gleiten und räusperte sich dann, ohne jedoch eine Rede zu beginnen. Normalerweise folgten nun ihr Bericht über die Ernteerträge des letzten Mondlaufes und eine kurze Bestandsaufnahme ihrer Nahrungsmittelvorräte und Handelswaren. Auch, wenn sie Söhne verabschiedeten, wurden diese Themen nie ausgelassen. Barklin fasste sich dann allenfalls kürzer, um die feierliche, oft sogar ausgelassene Stimmung der Abschiedszeremonie nicht zu stören.

Als Bent vor vier Wintern gegangen war, hatte er es sogar selbst übernommen, das Essen zu verteilen, und für jede, der er eine Schale reichte, hatte er Worte des Abschieds gehabt. Freundliche Worte und ein Witz oder eine Anekdote über diese oder jene. Bent wurde geliebt und akzeptiert. Seine Fröhlichkeit und Redegewandtheit wurden immer wieder von Neuem gelobt. Er war überall gern gesehen, aber auch ihn hatte man ausgeschlossen, wie es der Brauch war.

Manchmal hatte Skylar das Gefühl, sie sei die Einzige, die noch an ihn dachte. Über ihre Söhne sprach die Gemeinschaft nicht mehr. „Vergangenes ist vergangen!“, antwortete Oaklin ihr stets, wenn Skylar die Sehnsucht überkam, wenigstens mit ihr über Bent zu sprechen. Die Söhne wurden fröhlich in ein anderes Leben voller Möglichkeiten entlassen. Abenteuer erwarteten sie und ein erfülltes Leben jenseits der Gemeinschaft. Bent hatte ihr geschworen, ihr die Zeichen zu senden. Zeichen dafür, dass er ihren gemeinsamen Plan verfolgt hatte, aber sie hatte nie auch nur eines erhalten, auch wenn ihre Hoffnung mit jedem anlegenden Schiff neu aufflackerte. Sie hatte niemals wieder von Bent gehört.

Barklin ließ Momente verstreichen, ohne ein Wort zu sprechen, stattdessen nahm sie nun einen der geschärften Steine, die im Kochhaus benutzt wurden, aus ihrer Schürze und hielt ihn für alle sichtbar für mehrere Atemzüge in die Höhe.

„Wir werden heute einen Schnitt machen“, begann sie unvermittelt mit knorriger Stimme, die jedoch tief in Skylars Brustkorb fuhr: „Wir schneiden eine von uns aus der Gemeinschaft, und das ist eine Schande! Nicht nur für sie, sondern für uns alle! Sie hat gezeigt, dass sie ein Kind austragen kann, und all ihre weiteren Kinder werden nicht zu unserem Leben beitragen.“

Catlin starrte auf die steinerne Schneide und mit ihr alle im Raum, während Barklin langsam hinter sie trat.

„Wir nehmen dein langes Haar zum Symbol deiner Weiblichkeit. Zum Symbol deiner Zugehörigkeit zu unserer Gemeinschaft. Wir nehmen es dir, denn du hast in Zukunft kein Recht mehr, dich damit zu schmücken. Du wirst nunmehr kein Teil von uns sein, sondern allein im Leben dort draußen. Wir haben dir ein Leben unter uns gegeben. Wir nehmen es dir mit diesem Schnitt!“

Mit diesen Worten erhob Barklin erneut die Schneide, fasste Catlins Haar im Nacken zusammen und trennte es mit einer einzigen Bewegung von ihrem Kopf. Skylar umfasste ihr eigenes Haar, zog scharf die Luft ein und mit ihr alle anderen im Raum. Nur ein einziges anderes Geräusch war zu hören, und das war Catlins Aufschluchzen, als sie sich mit einer Hand fassungslos in den Nacken griff. Weinend wiegte sie das Kind in ihrem anderen Arm und schlug die Augen nieder.

„Dieses Haar begraben wir anstelle deines Körpers, denn du gehst von uns und kehrst nie wieder!“, sprach Barklin mit harter Stimme, hielt den langen Zopf hoch und sah mit ihrem getrübten Blick über Catlin hinweg in den Raum. Skylar gefror augenblicklich das Blut in den Adern, denn Barklin starrte direkt in ihre Augen.

„Komm mit mir in die Halle, Skylar!“, sprach Oaklin zu ihr, als sie das Haus betraten, und es klang wie ein Befehl.

„Oaklin, ich bin müde! Können wir dieses Gespräch nicht morgen führen?“, wand sich Skylar, weil sie Unheil befürchtete.

Ihre Rückkehr vom Versammlungshaus war erneut schweigend verlaufen, und sie hatten wieder ihre Blicke gemieden. In der Kälte hatte Skylar bereits den Schnee riechen können, der in dieser Nacht noch fallen würde, und dieser Geruch war ihnen bis ins Haus hinein gefolgt.

Oaklin wandte sich in einer langsamen Bewegung um und sah sie hart an: „Ich glaube nicht, dass du weißt, welches Gespräch wir zu führen haben!“

Skylar nahm ihre Haarspitzen zwischen die Finger, drehte sie ineinander, und ihr Herz sackte in Richtung ihres Magens. Oaklin wusste es! Sie wusste, dass Skylar gestern nicht in den Lagerraum des Schiffes gestiegen war! Sie war also doch entdeckt worden! Was sonst hätten die beiden Seeleute so lange mit Oaklin zu besprechen gehabt?

„Oaklin, es tut mir leid, dass ich letzte Nacht nicht in das Schiff hinuntergestiegen bin! Ich …“, versuchte sie nun die Flucht nach vorn.

Oaklin schätzte Ehrlichkeit, und ihre Bestrafungen fielen dadurch milder aus, aber sie ließ Skylar nicht ausreden. „Bist du nicht?“, fragte sie mit gerunzelter Stirn.

Skylar schüttelte den Kopf und sah Oaklin fest in die Augen. In deinen Augen darf niemand Schwäche sehen!, hatte ihr Bent stets eingebläut.

Oaklin nickte langsam. „Dann muss es eben so gehen! Komm mit in die Halle!“, befahl sie dann noch einmal, aber die Härte in ihrer Stimme war verschwunden.

Skylar folgte ihr durch den Flur und redete sich ein, dass es nicht Mitgefühl gewesen war, das eben in Oaklins Stimme mitgeschwungen hatte, denn das war verstörend. Skylar erwartete Härte, Missbilligung bestenfalls, aber sicher nicht diese Nachsicht. Sie machte ihr Angst.

„Setz dich!“, forderte Oaklin sie auf, als sie die Halle betraten, und schloss dann die Tür hinter ihnen.

Skylar ließ sich auf einen der Stühle sinken und beobachtete, wie Oaklins Schatten zum Kamin huschte. Das Feuer war heruntergebrannt, und eine andere Lichtquelle gab es in diesem nächtlichen Raum nicht.

„Oaklin, es tut mir wirklich leid! Ich konnte nicht in das Schiff steigen!“, versuchte sie es noch einmal, aber Oaklin antwortete nicht, sondern legte still neues Holz auf und setzte sich dann ihr gegenüber an den Tisch.

„Das ist jetzt unwichtig, Skylar!“, erwiderte sie, und es war schwer zu erkennen, was die Schatten auf ihrem Gesicht zu bedeuten hatten.

„Unwichtig?“, echote Skylar und traute ihren Ohren nicht: „Du bestrafst mich nicht?“

Oaklin atmete durch und lehnte sich ein wenig nach vorne, was die Schatten auf ihrem Gesicht veränderte, aber nicht weniger beängstigend wirken ließ: „Du wirst das, was ich dir jetzt zu sagen habe, zur Genüge als Strafe auffassen, aber glaube mir, es ist keine Strafe, sondern deine einzige Chance!“

„Meine einzige Chance? Wovon redest du?“

„Ich rede davon, dass du Catlin morgen begleiten wirst!“

Wie zur Untermalung dieser Worte knackte ein Holzscheit im Kamin und feine Funken stoben empor. Sie erloschen nahe­zu im selben Moment, und der Raum stand still, wie Skylars Verstand.

„Was hast du gerade gesagt?“, fragte sie nach und war überrascht, dass ihre Stimme funktionierte und klang, als hätte sich nicht alles verändert, was es in Skylars Leben gab.

„Du hast mich sehr gut verstanden, Skylar! Wir schicken dich fort, damit du woanders ein Leben haben kannst, denn hier hast du keines!“, antwortete Oaklin sanft.

Diese Sanftheit hätte sie ihr nur einmal in all den siebzehn Wintern zuvor zeigen können. Einmal nur, und Skylar hätte sich darüber gefreut. Sie hätte sich ein einziges Mal geborgen gefühlt und so, als gehöre sie zu Oaklin. Jetzt und in Begleitung dieser Worte fühlte sie sich an wie eine Ohrfeige.

„Ich habe kein Leben?“, schrie Skylar und stemmte beide Handflächen auf die Tischplatte.

Oaklin zeigte keine Regung. „Nicht hier bei uns! Die Ältesten haben ihre Entscheidung getroffen!“

Skylar sprang auf und schrie, sodass ihre Stimme sich überschlug: „Warum?“ Sie schrie dieses einzige Wort mit geballten Fäusten und sah, wie Oaklin nun eine steinerne Schneide aus ihrer Schürzentasche zog und sie auf den Tisch neben ihre andere Hand legte. Dieselbe Schneide, mit der Barklin Catlins Haare abgetrennt hatte.

„Nein!“, schrie Skylar erneut und trat einen Schritt zurück.

Oaklins Mund bildete eine schmale Linie, und die Schatten in ihrem Gesicht ließen sie uralt aussehen. „Du setzt dich auf der Stelle wieder auf diesen Stuhl!“, erwiderte sie leise. Ihre Stimme ein Zischen, wie um Skylars Lautstärke zu kontrastieren.

Skylar schüttelte den Kopf, und ihr wurde schwindelig, sie konnte nicht atmen.

„Du kannst nicht bleiben, Skylar! Und wenn du ehrlich zu dir selbst bist, so willst du es auch gar nicht!“, sprach Oaklin im selben Ton weiter.

„Und das gibt dir das Recht, für mich zu entscheiden?“, keuchte Skylar nun, weil sie ihre Stimme nicht mehr erheben konnte. Schrei!, hätte Bent ihr gesagt, aber sie konnte nicht mehr. Sie ließ sich zurück auf den Stuhl fallen. Ihr Kopf hämmerte, und der Raum drehte sich um sie.

„Diese Entscheidung habe ich nicht allein getroffen!“

Skylar starrte an Oaklin vorbei in die Flammen und wünschte, sie hätte Worte, die sie der alten Frau entgegenschleudern könnte, aber das Rot der Wut füllte jeden Winkel ihres Denkens aus.

„Nicht mehr lange, und du vollendest deinen siebzehnten Jahreszeitenlauf! Es ist deine Pflicht, dann ein Kind zu empfangen! Hast du daran gedacht?“

Skylar schnaubte. Natürlich hatte sie daran gedacht. Jedes Mädchen der Gemeinschaft wurde sein Leben lang auf den Zeitpunkt vorbereitet, eine Empfängerin zu sein. Jede wurde in die Handlungen unterwiesen, die sicherstellten, dass sie bereit war,einen Mann auszusuchen, bei ihm zu liegen und ein Kind zu empfangen.

„Hast du daran gedacht, wie das für dich sein würde, Skylar?“, fragte Oaklin nun eindringlicher. „Hast du daran gedacht, wie du verbergen würdest, dass dein Körper stumm ist?“

„Ich bin nicht stumm! Ich habe eine Stimme!“, wallte ihr Zorn erneut schreiend auf.

Oaklin lehnte sich zurück: „Ja, du hast eine Stimme! Eine Stimme, die den Gesang der Vögel in den Schatten stellt! Wenn du deine Stimme einem Lied überlässt, dann schließen wir alle die Augen und lauschen. Deine Stimme wärmt uns wie die Sonne, wenn sie durch die Wolken bricht! Hab Dank dafür, Skylar!“

Jetzt traten Skylar die Tränen in die Augen, denn sie hörte die Ehrlichkeit in Oaklins Worten, auch wenn sie zunächst Ironie darin hatte sehen wollen. Sie starrte auf die steinerne Schneide neben Oaklins Hand und begriff, dass nichts, was sie jetzt sagen könnte, irgendetwas verändern würde.

„So sehr wir alle deine Stimme im Gesang lieben, so sehr macht sie uns durch deine Streitereien krank, Skylar!“

Sie machte die anderen Frauen krank?

„Wir sind eine friedliche Gemeinschaft. Wir bringen Opfer, um unsere Aufgaben zu erfüllen. Das sichert unser Überleben. Du bist dazu nicht bereit! Du bist nur glücklich, wenn der Frost die Nona reifen lässt, damit du hoch über den Klippen in den Bäumen herumsteigen kannst. Den Rest der Jahreszeiten streitest du um jeden Dienst, der dir zugeteilt wird …“

„Das ist nicht wahr! Ich arbeite gerne draußen mit den Tieren!“, fiel sie Oaklin ins Wort.

„Ja, aber es geht hier nicht darum, was du gern tust! Du solltest alle Dienste gern verrichten, wenn du ein Teil unserer Gemeinschaft wärest!“ Oaklin atmete durch: „Als dein Bruder noch hier war, war es einfacher. Er hat mit ein paar Scherzen den Aufruhr gemildert, den du veranstaltet hast. Alle lachten und gingen wieder ihrer Arbeit nach. Er hat dich auf seine Art beschützt, aber er ist fort!“

„Er wird mir ein Zeichen senden!“ Sie sah Oaklin verzweifelt an, weil sie die Hoffnung daran längst aufgegeben hatte. „Wir gehen dorthin, wo unsere Mutter …“

„Skylar!“, rief Oaklin nun aus. „Du kannst nicht dorthin! Glaubst du nicht, deine Mutter hatte gute Gründe, von den Twincliffs zu fliehen?“

Skylas Augen weiteten sich: „Du hast mir nie gesagt, dass es eine Flucht war!“ Sie wollte es erneut herausschreien, fand aber die Lautstärke nicht. Hier war Oaklin, und sie sprach zum ersten Mal seit Langem über ihre Mutter.

„Was, denkst du, sollte sonst der Grund dafür sein, dass eine Frau den am weitesten von ihrem Geburtsort entfernten Punkt dieser Welt aussucht, um dort um eine neue Heimat für ihre Kinder zu bitten?“

„Also weißt du es nicht sicher?“, stellte Skylar enttäuscht fest. Auch Bent hatte es nicht gewusst. Er hatte ohnehin selten über ihre Mutter gesprochen, aber ganz sicher niemals darüber, warum sie die Twincliffs verlassen hatten.

„Ich weiß es nicht, aber ich habe keinen Zweifel daran, dass sie nicht freiwillig ging! Und das Garnisonsschiff, das immer wieder hier ankerte, um nach ihr zu suchen, bestätigt das nur!“

Ja, das schwarze Schiff der Garnison mit seiner wettergegerbten Mannschaft hatte Skylars Kindheit geprägt. Sie und Bent hatten sich verstecken müssen, solange es im Hafen lag und der Kapitän in jedes ihrer Häuser mit Fragen eindrang.

„Aber wir haben das schwarze Schiff seit vielen Wintern nicht gesehen!“, wand Skylar sich nun.

Oaklin unterbrach sie scharf: „Es geht hier nicht um die Garnison! Und jetzt höre mich an: Du gehst morgen mit Catlin an Bord der Oceanbird!“

Nein!, drang nun Panik in Skylars Bewusstsein, und sie schüttelte wild den Kopf. Jetzt erst wurde ihr klar, dass sie auf der Ocean­bird gezwungen wäre, diesem großen Mann gegenüberzutreten. „Oaklin, ich kann nicht auf dieses Schiff zurück! Zwinge mich nicht dazu, du weißt nicht, was dort passiert ist!“, versuchte sie hastig zu argumentieren, aber Oaklin hob lediglich die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen.

„Die Oceanbird bringt euch nach Openport. Dort gehst du von Bord und suchst die Frau auf, die dort Hafenmeisterin ist. Sie war eine der unseren.“

Oaklins Worte hallten dumpf und bedeutungslos durch den Raum, da Skylar nun erneut immer wieder die Bilder der letzten Nacht vor sich abspulte. „Woher weißt du von dieser Frau?“, sprach sie in die Leere. Sie hätte ebenso gut sagen können, sie möge keinen Wein. Es hätte gleich wenig Sinn gemacht, obschon Openport tatsächlich der Haupthandelsplatz für den Wein aus dem Osten war. Ihre Gedanken rasten, und doch fühlte es sich nach Stillstand an.

„Skylar, komm zu dir! Was redest du denn da?“ Und wieder gab es diese Besorgnis in Oaklins Stimme, so als erwarte sie, dass Skylar den Verstand verlor oder sich körperlich gegen sie wenden mochte. Gleichzeitig klang sie ungeduldig, als wolle sie das alles jetzt schnell hinter sich bringen.

„Wie hattest du Kontakt mit dieser Frau?“

„Das geht dich nichts an!“

Skylar lachte ein verwirrtes Lachen: „Oh, Oaklin, brichst du etwa Gesetze?“

Oaklin sah sich erschrocken um: „Schweig, Skylar!“

Aber Skylar wollte nicht mehr schweigen: „Nein, Oaklin! Du willst mich loswerden, und es wird dir gelingen, aber ich schweige nicht! Du hast mich benutzt, seit ich ein kleines Mädchen war! Weil es so einfach war, die kleine Skylar in die dunklen Schiffe hinunterzuschicken. Sie macht ja kein Geräusch! Darauf konntest du dich verlassen! Und all die Verhandlungen, bei denen ich dir geholfen habe! All die Zeit, die ich über deinen Aufzeichnungen gebrütet habe! Alles im Geheimen! Sprich nicht darüber, Skylar, es ist verboten! Die Garnison hat ihre Ohren überall! Aber du warst es, die mich zwang! Glaubst du nicht, ich habe nur einmal in meinem Leben das Recht, von dir eine einzige Wahrheit zu hören?“

Oaklin saß regungslos in ihrem Stuhl, nur die Schatten wanderten über ihre Gestalt, und schließlich antwortete sie mit leiser, aber dennoch klarer Stimme: „Du und ich, wir sind nicht die Einzigen, die Buchstaben und Zahlen kennen!“

Skylar zog die Luft durch die Zähne ein, denn das war ungeheuerlich. „Darüber sollten wir nicht einmal sprechen!“, flüsterte sie.

„Du warst es, die gefragt hat“, antwortete Oaklin noch immer ruhig, dann stand sie auf, ging langsam zu ihrem Sekretär und nahm etwas aus einer der unteren Schubladen. „Und ich lüge nicht, Skylar! Ich habe dich nie belogen, außer bei dem hier!“

Oaklin kam zurück und leerte dann den Inhalt eines Stoffbeutels vor Skylar auf dem Tisch aus. Im Dämmerlicht des Raumes erkannte Skylar zunächst nicht, was die kleinen Gegenstände waren, die herausfielen, doch dann glänzte eines der Teile im Licht der Flammen auf. Eine runde, glänzende Scheibe, die außen gezackt war. Bents Scheibe! Sein Zeichen!

„Du hast viele Winter lang auf eine Nachricht von Bent gewartet, und während all der Zeit sandte er nichts als diesen Abfall! Ich wollte dich nicht leiden sehen!“

Skylar fuhr mit ihrer Hand eine der Muscheln nach, die nun vor ihr lagen. Eine Hälfte eines Ganzen. Oaklin hatte sie nicht leiden sehen wollen? Natürlich, wenn dies der Abfall wäre, den sie darin sah, dann hätte es Skylars Herz gebrochen und sie wäre überhaupt nicht mehr in der Lage gewesen zu funktionieren. Sie hätte keines der Opfer mehr gebracht, die Oaklin von ihr verlangte. Sie hätte sich der Trauer überlassen. Diese Dinge vor ihr zu verbergen, bedeutete, die Hoffnung in Skylar wachzuhalten. Nur war dies kein Abfall! Es war Bents und ihr Geheimnis. Ihr Plan. Wie hätte Oaklin wissen sollen, dass die Dinge, die hier vor ihr lagen, alles waren, worauf Skylar seit Bents Weggehen gewartet hatte. Jede Antwort auf jede Frage, die Skylar ihm hatte stellen wollen, und schließlich die Aufforderung, ihm zu folgen.

Sie sah direkt in Oaklins Augen, nahm die steinerne Schneide in ihre Hand und hielt sie Oaklin entgegen. „Dann lass uns das hier hinter uns bringen!“, sprach sie dann ruhig.

Oaklin hob die Augenbrauen, und sogar im Schein der Flammen konnte Skylar ihren fragenden Blick sehen. „Du willst mir doch nicht etwa sagen, dass dieser Müll, den die See ausgespuckt hat, dich umgestimmt hat?“, fragte sie.

Skylar hörte sie an, und zum ersten Mal wirkte Oaklin tatsächlich interessiert an dem, was Skylar ihr sagen könnte. Sie schien auf eine Antwort zu warten, die sie jedoch niemals bekommen würde.

Skylar legte die Arme um sich, weil der Wind ihr wieder und wieder unter den Mantel fuhr. Der Riemen ihrer Tasche schnitt ihr in die Schulter, nicht weil die Tasche schwer war, sondern weil ein Knoten diesen Riemen zusammenhielt, seit er vor vielen Wintern gerissen war und sie ihn niemals geflickt hatte. Sie hatte sich vor der Näharbeit gedrückt, weil sie nicht erwartet hatte, diese Tasche tatsächlich einmal mit etwas anderem als Lebensmitteln zu füllen, die sie den kurzen Weg nach Hause trug.

Sie stand im Hafen und blickte hinauf zu den Nonabäumen hoch auf den Klippen. Für einen Moment war die Sehnsucht in ihr wie etwas Festes, das sie hätte schneiden können, so wie Oaklin ihr in der Nacht zuvor ihren Zopf durchtrennt hatte. Ihre dicken glatten Haare, die so schwarz waren wie die Finsternis, hatten den Boden um ihre Füße gefüllt, und ihr Herz hatte plötzlich wie wild begonnen zu klopfen.

„Willst du es nicht begraben?“, hatte sie Oaklin spöttisch gefragt, weil sie ihr keine Tränen zeigen wollte, aber Oaklin hatte sich nur wieder zurück an den Tisch gesetzt und den Kopf geschüttelt. „Du magst eines Tages einen Ort brauchen, und dieser Ort mag dieser sein! So wurde es entschieden!“, hatte sie ihr entgegnet und sie dann mit einer Handbewegung versucht zu Bett zu schicken.

Skylar jedoch hatte erneut die Wut gepackt. Oaklin und die Ältesten glaubten doch nicht im Ernst, sie würde jemals hierher zurückkehren? Nachdem sie sie fortgeschickt hatten, ohne eine Zeremonie! Ohne einen Abschied! Als wäre sie ein Nichts! Aber noch in dem Moment, in dem sie ihre Stimme wieder erheben wollte, war ihr bewusst geworden, dass sie offensichtlich gar nicht ausgelöscht werden sollte. Nicht wie Catlin. Dabei wäre es doch um so vieles leichter, Skylar aus den Erinnerungen der Gemeinschaft zu streichen, da sie niemandes Angehörige war. Vergangenes ist vergangen! Dass niemand ein starkes Zeichen um Skylars Weggehen setzte, ließ eine mögliche Rückkehr offen. Oder es zeigte ihr einfach nur ihre Minderwertigkeit für die Gemeinschaft.

Sie konnte sich nicht vom Anblick der Bäume lösen, die ihr ein Bild ihres Selbstmitleides vorspiegelten. Sie hatte nicht geschlafen, nachdem sie in der Höhle ihre Fundstücke geholt und danach mit ihnen dumpf auf ihrem Bett gesessen hatte. Immer wieder hatte sie sie zu neuen Mustern auf ihrer Bettdecke ausgebreitet. Mal hatte sie Bents Nachrichten hinzugefügt, sie in eine Chronologie gebracht und dann wieder ihrer Bedeutung nach sortiert. Mal hatte sie die reinen Zahlen über die Dinge herrschen lassen und sie in aufsteigenden Gruppen oder logischen Teilmengen zusammengelegt. Am Ende jedoch verschwammen die Muster in ihren Tränen.

Sie hatte alles in ihre Tasche gelegt und die wenige Kleidung hinzugefügt, die sie besaß. Obenauf hatte sie die Decke gefaltet, die man sie nach der letzten Nonaernte hatte weben lassen und die so krumme Kanten hatte, dass keine der Frauen sie in den Bestand des Warenhauses hatte aufnehmen wollen. Sie hatte sie auftrennen sollen, aber stattdessen hatte sie sie mit in ihre Kammer genommen und sich seither mit ihr gewärmt, wenn die Nächte im Frost zu klirren schienen. Sie hatte Gefallen an ihrer Decke gefunden, die keine andere haben wollte.

Als der Morgen anbrach und die Helligkeit in ihre Kammer einzog, war sie in die Halle getreten, hatte sich an den Tisch gesetzt und darauf gewartet, dass Oaklin erscheinen würde. Sie hatte versucht, nicht mehr an den Mann auf der Oceanbird zu denken, und sah dennoch wieder und wieder, wie er sich nach ihr umwandte. Nicht nur einmal hatte sie sich dabei ertappt, wie sie auf ihren Schultern ihre Haare gesucht hatte, um sich die Enden in den Mund zu stecken. Hatte sie das so oft getan, als ihr Zopf noch da gewesen war? Sie hatte sich plötzlich geschämt und sich gefragt, für wie sonderbar sie die anderen wohl tatsächlich halten mussten, wenn sie sie dabei beobachtet hatten. Du passt eben nicht zu ihnen!, hatte Bent immer gesagt, aber seine Worte hatten Skylar heute nicht aufmuntern können.

Schließlich war Oaklin in die Halle getreten, hatte das Feuer erneut angefacht und Skylar einen tadelnden Blick zugeworfen, weil diese nicht längst daran gedacht hatte. Sie hatte nicht viele Worte verloren, sondern lediglich eine zerknitterte Karte vor sich ausgebreitet, um Skylar zu erklären, wohin sie sich zu wenden hatte, sobald sie in Openport von Bord ging. Skylar hatte sich interessiert über die Karte gebeugt, die Oaklin offensichtlich selbst angefertigt hatte, und versucht, so viele Details wie möglich in ihr Gedächtnis aufzunehmen. Sie hatte jedoch schnell aufgegeben, da der Karte natürlich die Beschriftungen fehlten, und stattdessen versucht, Oaklins Worten zu folgen.