Skandal um "Die Nonne" - Walter Brendel - E-Book

Skandal um "Die Nonne" E-Book

Walter Brendel

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Beschreibung

Der Aufklärer Diderot sollte die Polemiken rund um seinen 1796 posthum erschienen Roman "Die Nonne" nicht mehr miterleben und konnte sicher nicht ahnen, dass die Geschichte der Suzanne Simonin auch 170 Jahre später noch, anlässlich von Jacques Rivettes gleichnamiger Verfilmung, nichts an Explosivität eingebüßt hatte. "Skandal um "Die Nonne" spannt den Erzählbogen mit Textauszügen und Filmausschnitten von der Zeit der Aufklärung bis in unsere Gegenwart und taucht ein in den Roman, der sich bis heute als ein Plädoyer für Emanzipation und Widerstand liest. Von der Kirche und der Monarchie wäre das Werk damals als antiklerikale Brandschrift deklariert worden. Heute ist das Werk eine Ode an den Widerstand und das Aufbegehren: "Die Nonne" von Denis Diderot. Erst 1796, zwölf Jahre nach dem Tod des Autors, wird das Werk veröffentlicht, da dies zu Lebzeiten zu riskant war. Der Vordenker der französischen Aufklärung und Mitherausgeber der Enzyklopädie verfasste den Roman Mitte des 18. Jahrhunderts. Zwar sorgte der Roman auch im damaligen postrevolutionären Frankreich schon für Kontroversen, der von Diderot prophezeite Skandal ereignete sich jedoch erst 1966 mit der Verfilmung .

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Walter Brendel

Skandal um „Die Nonne“

Skandal um „Die Nonne“

Diderot auf dem Scheiterhaufen

Walter Brendel

Impressum

Texte: © Copyright by Walter Brendel

Umschlag:© Copyright by Walter Brendel

Verlag:Das historische Buch, 2024

Mail: [email protected]

Druck:epubli - ein Service der neopubli GmbH,

Berlin

Inhalt

Einführung

Der Buchautor

Das Buch

Die Dokumentation

Das Filmverbot

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Quellen

Einführung

Der Aufklärer Diderot sollte die Polemiken rund um seinen 1796 posthum erschienen Roman "Die Nonne" nicht mehr miterleben und konnte sicher nicht ahnen, dass die Geschichte der Suzanne Simonin auch 170 Jahre später noch, anlässlich von Jacques Rivettes gleichnamiger Verfilmung, nichts an Explosivität eingebüßt hatte.

"Skandal um „Die Nonne“ spannt den Erzählbogen mit Textauszügen und Filmausschnitten von der Zeit der Aufklärung bis in unsere Gegenwart und taucht ein in den Roman, der sich bis heute als ein Plädoyer für Emanzipation und Widerstand liest.

Von der Kirche und der Monarchie wäre das Werk damals als antiklerikale Brandschrift deklariert worden. Heute ist das Werk eine Ode an den Widerstand und das Aufbegehren: „Die Nonne“ von Denis Diderot. Erst 1796, zwölf Jahre nach dem Tod des Autors, wird das Werk veröffentlicht, da dies zu Lebzeiten zu riskant war.

Der Vordenker der französischen Aufklärung und Mitherausgeber der Enzyklopädie verfasste den Roman Mitte des 18. Jahrhunderts. Zwar sorgte der Roman auch im damaligen postrevolutionären Frankreich schon für Kontroversen, der von Diderot prophezeite Skandal ereignete sich jedoch erst 1966 mit der Verfilmung durch Nouvelle-Vague-Regisseur Jacques Rivette.

Wie konnte dieser Text aus dem 18. Jahrhundert die französische Gesellschaft auch 200 Jahre später noch entzweien? Die Antwort auf diese Frage gibt Diderots Hauptfigur Suzanne Simonin: Die junge Frau wird gegen ihren Willen ins Kloster gesperrt. Sie findet zunächst Trost bei der Oberin, die jedoch kurz darauf stirbt. Ihre sadistische Nachfolgerin schikaniert Suzanne immer wieder. Schließlich erhält sie die Erlaubnis, das Kloster zu wechseln, findet sich nun aber in den Fängen einer neuen Äbtissin wieder, die sie sexuell belästigt.

Diderots Roman handelt von einer jungen Frau, die dem repressiven religiösen und politischen System ihrer Zeit ausgeliefert ist. Doch Suzanne hat einen unbändigen Freiheitswillen und ist fest entschlossen, ihre Geschicke selbst in die Hand zu nehmen. Auch heute noch liest sich „Die Nonne“ als ein Werk der Emanzipation und des Widerstands. Die Dokumentation beleuchtet die Hintergründe dieses Aufbegehrens, das über die Epochen hinweg Widerhall in der Frauenbewegung der 60er Jahre fand.

Diderot erzählt die Geschichte der Suzanne Simonin, verzichtet aber auf Einschübe und weicht in der Handlungsabfolge nicht ab. Denis Diderot hatte eine Schwester, Angélique Diderot (1720–1749), die einem Ursulinen-Orden beigetreten war und dort in jungen Jahren im Zustand der psychischen Verwirrung starb. Möglicherweise inspirierte ihn dieses Ereignis zu seinem Werk.

Die Nonne Suzanne Simonin erzählt in Briefen ihre Lebensgeschichte. Von den Eltern wird sie gegen ihren Willen zu einem Dasein als Ordensschwester gezwungen, da für eine standesgemäße Heirat die nötigen finanziellen Mittel fehlen, war sie doch ein uneheliches Kind des ehemaligen Geliebten ihrer Mutter. Sie hasst das Klosterleben, obzwar sie zunächst in Verbindung zu einer verständnisvollen Oberin tritt, bleibt ihre Freiheitsliebe ungebrochen. So wird sie unter einer neuen, fanatischen und grausamen Äbtissin zum Ziel von Repressalien und Schikanen durch diese und Mitschwestern. In drei Klöstern wird sie insgesamt mit der Macht von Konventionen und Geld sowie mit Scheinheiligkeit und religiösem Fanatismus konfrontiert.

Der Buchautor

Denis Diderot wurde am 5. Oktober 1713 in Langres geboren und starb am 31. Juli 1784 in Paris. Er war ein französischer Abbé, Schriftsteller, Übersetzer, Philosoph, Aufklärer, Literatur- und Kunsttheoretiker, Kunstagent für die russische Zarin Katharina II. und einer der wichtigsten Organisatoren und Autoren der Encyclopédie. Er gilt darüber hinaus als ein wichtiger Wegbereiter der französischen Revolution.

Zusammen mit Jean-Baptiste le Rond d’Alembert war Diderot, der über ein herausragendes universales, laut Voltaire „pantophiles“ Wissen verfügte, Herausgeber der großen französischen Encyclopédie, zu der er selbst als Enzyklopädist etwa 6000 von insgesamt 72.000 Artikeln beitrug. Als Autor von Bühnenwerken und theaterästhetischen Schriften hatte er großen Anteil an der Entstehung eines bürgerlichen Dramas. Seine Romane und Erzählungen – zumeist, wie La religieuse, Jacques le fataliste oder Le Neveu de Rameau, postum erschienen – leisteten in verschiedener Weise ihren Beitrag zu den großen Themen der Zeit der europäischen Aufklärung, so u. a. zu den Fragen der Selbstbestimmung des Menschen, des Leib-Seele-Problems und des Gegensatzes von Determinismus und Willensfreiheit sowie zur Kritik an der Religion.

In seinen Werken wird eine deutliche Entwicklung von einer theistischen über eine deistische zu einer atheistischen Haltung erkennbar. Doch gibt es auch Hinweise darauf, dass seine materialistischen und atheistischen Vorstellungen schon in den frühen Werken, so z. B. in den Pensées philosophiques (1746), kenntlich werden. Diderots philosophische Gedanken, die sich fast immer auf die Erfahrung individueller Sinneseindrücke oder Wahrnehmungen beziehen, lassen sich in die Kategorie des Sensualismus einordnen.

Denis Diderot, Gemälde von Louis-Michel van Loo, 1767

Diderot trat in seinen Spätwerken für die Popularisierung der Aufklärung, des Atheismus und gegen die seiner Ansicht nach noch zu verbreiteten Erscheinungen des Aberglaubens und der Bigotterie ein. Diderot und seine Mitstreiter, die philosophes, überließen in ihren Werken nicht mehr den religiösen Institutionen und verschiedensten Agenturen die alleinige Deutungshoheit über die Welt und die Wissenschaften. Somit gab es für den Glauben an übernatürliche und irrationale Kräfte im unter aufklärerischen Einfluss stehenden Europa sowie im davon beeinflussten Nord- und Südamerika weniger Raum.

Im Zentrum von Diderots Denken stand das für seine Zeit typische Spannungsfeld zwischen Vernunft und Sensibilität. Vernunft zeichnete sich für Diderot durch die Suche nach wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen und der Überprüfbarkeit der empirisch beobachteten und bewiesenen Fakten aus, ohne dabei in der rein quantitativen Erfassung der Wirklichkeit, in mathematischen Aussagen, befangen zu bleiben. In den Jahren 1754 bis 1765 entwickelte er daneben die Lehre einer universellen Sensibilität.

Die Naturwissenschaften waren nach Diderot dadurch charakterisiert, dass sie nicht nach einem Warum fragen, sondern auf die Frage nach dem Wie eine Antwort suchen. Er beschäftigte sich mit vielen Wissensgebieten, darunter Chemie, Physik, Mathematik, vor allem aber Naturgeschichte sowie Anatomie und Medizin. Als philosophische Position erarbeitete er sich – so zu erkennen in seinen späteren Werken – eine (undogmatische) materialistische Geisteshaltung. Obgleich Diderot kein Philosoph war, der sich mit „begründungstheoretischen“ Problemen oder systematisierenden, analytischen Reflexionen beschäftigte, zählt er zu den vielfältigsten und innovativsten philosophischen Autoren des 18. Jahrhunderts.

Diderot und seine Weggefährten sahen sich durch ihre aufklärerischen Überlegungen und Publikationen wiederholt mit den herrschenden Vorstellungen des Ancien Régime konfrontiert und waren deshalb zahlreichen Repressionen ausgesetzt. Seine Inhaftierung im Jahr 1749 ließ Diderot gegenüber weiteren Kontrollen und Überwachungen durch die verschiedenen Agenturen aufmerksam werden, obwohl ihm und den Enzyklopädisten einige Personen aus dem Kreis der Einflussreichen und Herrschenden – darunter Mme de Pompadour, die Mätresse Ludwigs XV., und auch einige Minister und vor allem der Chefzensor Chrétien-Guillaume de Lamoignon de Malesherbes – insgeheim zur Seite standen. Dennoch war den interessierten Zeitgenossen Diderots, die ihn ausschließlich durch seine Publikationen kannten, nur eine begrenzte Auswahl an Essays, Romanen, Dramen zugänglich, wohl aber alle seine Beiträge zur Encyclopédie.

Diderots persönliche intellektuelle und schriftstellerische Emanzipation fand vor dem Hintergrund eines allgemeinen Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft des Ancien Régime im Gefolge des Grand Siècle statt: Noch um das Jahr 1700 war das französische Wirtschaftssystem fast zur Gänze der Stufe der Subsistenzwirtschaft verhaftet. Fast die gesamte Produktion diente also der unmittelbaren Deckung des Eigenbedarfs, und nur ein relativ geringer Anteil der Gesamtleistung wurde als Überschuss für den Markt produziert. Der wichtigste Sektor war noch immer die Landwirtschaft, die durch die traditionellen, wenig technisierten Anbaumethoden auf meist kleinbäuerlichen Betrieben vergleichsweise geringe Erträge erwirtschaftete und stark von zyklischen Produktionskrisen abhängig war.

Das Handwerk blieb während des späten Ancien Régime ohne nennenswerte quantitative oder qualitative Veränderungen. Manufakturen entwickelten sich im Frankreich des 18. Jahrhunderts zögerlich. Immerhin wurden die Zunftschranken zu Beginn des Jahres 1770 gelockert. Doch konnte Anne Robert Jacques Turgot, der als Contrôleur général des finances in der Zeit zwischen 1774 und 1776 eine gänzliche Abschaffung der Zünfte anstrebte, um die handwerkliche Produktion im Sinne einer merkantilistischen Wirtschaftsförderung zu reformieren, sein Vorhaben nicht durchsetzen. Zugleich erhielt das französische Bürgertum, vor allem in den Metropolen wie Paris, Bordeaux oder Marseille, starke Impulse durch eine Zunahme des außereuropäischen Außenhandels. Es kam zu einer Schwerpunktverlagerung vom Mittelmeer- hin zum Atlantikhandel. Kolonialgebiete wurden so in das europäische Wirtschaftssystem integriert. Eine Voraussetzung für den Aufbau dieser Fernhandelsbeziehungen und vor allem des Seehandels war die schnelle Verfügbarkeit von Kapital durch unkomplizierte Zahlungsverfahren mit Bankkrediten. Profiteure dieser Entwicklung waren die Kaufleute und Handelsgesellschaften (Französische Ostindienkompanie bzw. Französische Westindienkompanie) in den Handelsmetropolen an den Küsten.

Der meinungsbildende Einfluss der hochadeligen höfischen Kultur und ihrer Institutionen verringerte sich in dem Maße, in dem dieses Bürgertum an Konturen gewann. Die Vielzahl an Publikationen (Zeitungen, Intelligenzblätter) bei gleichzeitig vermehrter Lesekompetenz, ferner die Salons und Cafés bestimmten das geistige Leben in vermehrtem Maße. An diesen Orten trafen sich Adel und Bürgertum in einem diskursiven Prozess. Die Diskussionen klärten die eigenen Positionen, sie halfen, Wertvorstellungen und Motive, Einstellungen und Anschauungen weltanschaulich-religiöser wie naturwissenschaftlich-technischer Art zu verändern und diese Veränderungen öffentlich zu machen.

Das entstehende Bürgertum und der komplexe Wandel der ökonomischen und sozialen Situation für weite Teile der französischen Gesellschaft stellten das bestehende politische System des Ancien Régime zunehmend in Frage. Schon in seinem 1751 erstellten Enzyklopädieartikel über die politische Autorität, lehnte Diderot das Gottesgnadentum ebenso ab wie eine naturrechtliche Ableitung der monarchischen Autorität.