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Chuck Wheeler ist ein Einzelgänger, der sich in die Einsamkeit der Rocky Mountains zurückgezogen hat. Den Menschen traut er nicht mehr. Sein einziger Freund ist der Berglöwe Rayo, von dem er sich auch nicht trennen will, nachdem er einen Job als Weidereiter auf der Skull-Ranch angenommen hat.
Bald muss Chuck Wheeler erkennen, dass er einen tödlichen Fehler beging, als er die Berge verließ. Kopfgeldjäger sind hinter ihm her und wollen sein Leben. Dafür wird er kämpfen müssen, wild und einsam wie ein Puma...
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Seitenzahl: 141
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Wild und einsam wie ein Puma
Vorschau
Impressum
Wild und einsam wie ein Puma
von J. H. Wayne
Chuck Wheeler ist ein Einzelgänger, der sich in die Einsamkeit der Rocky Mountains zurückgezogen hat. Den Menschen traut er nicht mehr. Sein einziger Freund ist der Berglöwe Rayo, von dem er sich auch nicht trennen will, nachdem er einen Job als Weidereiter auf der Skull-Ranch angenommen hat.
Doch bald muss Chuck Wheeler erkennen, dass er einen tödlichen Fehler beging, als er die Berge verließ. Kopfgeldjäger sind hinter ihm her und wollen sein Leben. Dafür wird er kämpfen müssen, wild und einsam wie ein Puma ...
Der Puma saß auf einer Felsplatte und ließ den Mann nicht aus den Augen. Chet Quade lag, in seine Decke gehüllt, neben dem heruntergebrannten Feuer. Nicht weit vom Lagerplatz stand das Pferd.
Der Vormann der Skull-Ranch hatte es nicht angepflockt – für den Fall, dass ein wildes Tier plötzlich auftauchte oder irgendetwas Unerwartetes geschah.
Auf dem Rückweg zur Ranch hatte Chet Quade in den Elk Mountains den Entschluss gefasst, an einer geschützten Stelle der Berge zu übernachten. Er hatte einen langen Ritt hinter sich, und sein Pferd war erschöpft gewesen, hätte den Weg durch das Tal und die Sawatch Mountains nicht mehr geschafft.
Nachtvögel strichen mit fast lautlosem Flügelschlag ab, gespenstisch erklang von irgendwoher der Schrei eines Käuzchens, possierlich sprangen Erdhörnchen herum. Adler und Bussarde verließen ihre hoch an den Graten gelegenen Horste, um auf Jagd zu gehen.
Es war schon nach Mitternacht, als Chet Quade, von innerer Unruhe getrieben, die Augen öffnete und dann aufsprang. Irgendetwas war anders, hatte ihn hochgeschreckt.
Im gleichen Augenblick wurde sein Pferd unruhig und meldete sich mit leisem Schnauben. Das hatte etwas zu bedeuten, war eine Warnung für seinen Herrn. Chet Quade drehte sich um, sah zur Felsplatte hinauf, die ihm gegenüberlag.
Der Vormann sah den Puma, der noch immer überlegte, wen er zuerst anspringen sollte – den Menschen oder das Pferd.
Für Chet Quade gab es kaum einen Ausweg. Seine Waffen lagen hinter ihm, und bewegte er sich jetzt vorwärts, würde der Silberlöwe springen. Dasselbe würde das Raubtier tun, wenn er stehenbliebe. Angreifen würde der Puma so oder so.
Noch immer unschlüssig, was er tun sollte, knurrte der Puma, und Chet Quade kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, um besser sehen zu können... jedenfalls so weit, wie es das silberne Mondlicht gestattete.
Es war ein noch junges Tier, nicht ganz zwei Fuß hoch, was jedoch nicht bedeutete, dass es weniger gefährlich war als ein ausgewachsenes.
Jäh schnellte sich die Raubkatze von der Felsplatte ab.
Chet Quade sah den langgestreckten schlanken Leib auf sich zu fliegen, wartete den Bruchteil einer Sekunde... und sprang buchstäblich im letzten Moment zur Seite.
Dumpf klatschte der Körper des Silberlöwen neben dem Vormann auf den felsigen Boden. Wütendes Fauchen erklang, die Raubkatze wirbelte herum, setzte erneut an, sprang.
Es blieb Chet Quade nichts anderes übrig, als sich einfach fallenzulassen, sich wie ein Igel zusammenzurollen und jäh hochzuschnellen.
Wieder fauchte der Puma. Es klang zorniger als zuvor, weil er seine Beute verfehlt hatte. Das Tier war platt aufgeschlagen und lag nun auf dem Rücken. Seine Pranken mit den scharfen Krallen waren dicht an Quades Kopf vorbeigefahren.
Ehe sich der Puma mit einer schnellen Bewegung seines geschmeidigen Körpers drehen konnte, war der Vormann über ihm. Quades Arme fuhren blitzschnell vor, umklammerten die Kehle des Raubtiers. Der Silberlöwe wehrte sich mit allen Kräften, aber Chet Quade stemmte sich mit den Füßen gegen den Boden, drückte fest zu.
»Lassen Sie ihn los, Mister!«, erklang da plötzlich eine Stimme über ihnen. »Und du, Rayo, benimmst dich vernünftig! Rayo, down!«
Chet Quade war so verblüfft, dass er den Puma losließ. Noch überraschter aber war er über das Verhalten des Tieres. Der Silberlöwe nämlich benahm sich wie ein dressierter Hund, legte sich hin und bettete den Kopf auf die Vorderpfoten.
Aus dem Schatten einer Felsnase trat ein Mann. Er war nicht ganz so groß wie der Vormann der Skull-Ranch und gekleidet wie ein Weidereiter.
»Wenn ich nicht wüsste, dass es ein Puma ist, würde ich an einen gutdressierten Hund glauben«, stieß Chet Quade hervor. »Mann, wer sind Sie?«
»Chuck Wheeler, Mister«, klang es zurück. »Rayo tut Ihnen nichts! Er gehorcht aufs Wort. Tut mir leid, aber er hielt Sie wahrscheinlich für einen Feind.«
Quade wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. Sein Blick wanderte zwischen dem Mann und dem Tier hin und her. Offensichtlich traute er dem Frieden nicht so recht.
Der Puma atmete mit heraushängender Zunge, die Augen auf den Vormann gerichtet. Chet kam es so vor, als lachte das Tier ihn aus. Langsam drehte er sich um, sah nach seinem Pferd, das Zeichen von Unruhe zeigte.
»Keine Sorge, Mister, Rayo tut auch Ihrem Pferd nichts«, erklang wieder die Stimme des Mannes. Langsam kam er näher. Als das Mondlicht voll auf sein Gesicht fiel, erkannte der Vormann, dass Chuck Wheeler noch sehr jung war, sicherlich noch keine zwanzig.
»Mann, o Mann, Sie machen mir Spaß«, meinte Quade. »Ich hab' ja schon viel erlebt, aber einen dressierten Puma noch nicht. Vielleicht sollten Sie mir einiges über sich und Ihr Kätzchen erzählen. Was tun Sie hier in den Bergen?«
»Hm.« Chuck Wheeler rieb sich das Kinn. »Eigentlich suchte ich einen Job, wissen Sie. Aber dann stolperte ich förmlich über ein totes Pumaweibchen. Irgendjemand hatte es angeschossen. Das Tier musste sich tagelang herumgequält haben, ehe es schließlich verendete. Und dann tauchte Rayo auf. Damals war er noch viel kleiner. Wir wurden Freunde, und ich blieb in den Bergen. Das ist eigentlich alles, Mister. Tut mir leid, dass er Sie erschreckt hat.«
»Erschreckt?« Chet Quade lachte salzig. »So war's nun nicht.« Er deutete mit der Rechten auf den jungen Puma. »Ein Silberlöwe kann mich nicht aus der Ruhe bringen. Suchen Sie immer noch einen Job?«
»Ja und nein.« Chuck Wheeler hob die Schultern, ließ sie wieder fallen. »Es ist wegen Rayo, wissen Sie? Ich hab' ihn ins Herz geschlossen. Na ja, welcher Rancher nimmt schon einen Weidereiter, der...«
Chet Quade unterbrach ihn.
»Okay, Sie haben einen Job. Wir brauchen nämlich gerade Leute. Aber ich muss das letzte Wort dem Boss überlassen. Wegen des Pumas. Wenn Sie wollen, kommen Sie mit!«
Sekundenlang überlegte Chuck Wheeler. Im Silberlicht des als kreisrunde Scheibe am Himmel hängenden Mondes wirkte Wheelers Gesicht nicht unsympathisch. Plötzlich lachte er leise.
»Einverstanden. Ihr Angebot kommt zur rechten Zeit. Für ein, zwei Tage hätte ich's noch ausgehalten, dann wären meine Vorräte zu Ende gewesen. Und viel Geld hab' ich auch nicht mehr. Ist es weit bis zu der Ranch, auf der Sie arbeiten, Mister?«
Chet Quade streckte ihm die Hand entgegen, nicht ohne einen misstrauischen Blick auf die Raubkatze zu werfen. Doch Rayo blieb ruhig liegen.
»Ich bin Chet Quade, Wheeler, Vormann der Skull-Ranch. Einige Meilen sind es schon.« Er wies mit ausgestreckter Hand zu den Schroffen und Graten der Sawatch Mountains hinauf, die sich bizarr vom Nachthimmel abhoben. »Jenseits der Berge.«
Chuck Wheeler nickte. »Gut. Dann hol' ich meine Sachen und mein Pferd. Weiter oben steht eine alte Jagdhütte. Dort hab' ich die letzten Monate gehaust.«
»Ich kenne die Hütte«, meinte Quade. »Von uns kommt selten jemand in die Elk Mountains. Haben Sie keine Bären gesehen?«
»O doch«, klang es zurück. »Zwei. Aber sie ließen mich in Ruhe. Sicher weil Rayo da war.«
»Darauf hätte ich mich nicht verlassen. Sie sind Texaner? Darum auch der spanische Name, nicht?«
Wheeler grinste. »Stimmt. ›Blitz‹ passt doch auf ihn. Meinen Sie nicht auch?«
»Ein passender Name«, stimmte Chet Quade zu. »Ich reite bei Sonnenaufgang.«
»Geht in Ordnung. Wir werden zusammen reiten, Vormann! Unterwegs werd' ich Ihnen alles über mich erzählen.«
John Morgan, Boss und Gründer der im Bluegrass Valley gelegenen Skull-Ranch, hat Bedenken gehabt, als sein Vormann mit Chuck Wheeler und dem Puma Rayo zurückkam und vorschlug, den jungen Weidereiter einzustellen.
»Puma bleibt Puma«, sagte er damals vor fast drei Monaten. »Er ist eine Raubkatze und bleibt eine.«
Dann kam Mary-Lou hinzu, Johns junge, hübsche Tochter. Sie interessierte sich sofort für den jungen Silberlöwen, der sich von ihr streicheln ließ und sich an ihre langen Beine schmiegte.
Sie ergriff Partei für Wheeler und Rayo. Und als der Cowboy versprach, einen Zwinger zu bauen und auf den Silberlöwen gut aufzupassen, gab John Morgan schließlich nach. Ganz wohl ist ihm dabei allerdings nicht gewesen.
Der Rancher wollte abwarten. Aber bis jetzt hat sich Rayo manierlich verhalten. Mit fast allen auf der Skull-Ranch hat er Freundschaft geschlossen – mit zwei Ausnahmen: Doc Smoky, der Koch, traut dem Frieden genauso wenig wie John Morgan. »Ein zahmer Puma auf 'ner Rinder-Ranch«, hat er gesagt, »das ist genauso unsinnig, als würde man Brazos in die Küche schicken und ihn ein Son-of-a-Gun-Stew machen lassen!«
Die zweite Ausnahme ist General Lee, der Schäferhund. Auch er mag den Puma nicht. Kommt er in die Nähe des Zwingers, bellt er wütend, was zur Folge hat, dass der Silberlöwe mit zornigem Fauchen antwortet. Wenn sich Ranchkoch und Schäferhund niemals einig sind, weil sich General Lee oft als Fleischdieb betätigt... Rayos Anwesenheit auf der Ranch zwingt sie zu seltener Einmütigkeit.
Und tatsächlich kommt es so, wie es John Morgan befürchtet und wie es der Ranchkoch vorausgesagt hat.
Leise dringt das schwache Rauschen des Creeks aus der Niederung bis zu den etwas höher gelegenen Weiden nördlich der Sangre de Christo Mountains.
In dieser Nacht hat Jimmy Twodance Wache bei einer Herde, die am Tage zusammengetrieben wurde. John Morgan hat die Tiere bereits verkauft, sie sollen sich noch ein paar Tage sattfressen, ehe der Trail beginnt.
Jimmy Twodance, der auf seinem Pinto gemächlich um die Herde kreist, pariert sein Pferd plötzlich, denn einige Longhorns sind unruhig geworden, stehen auf und geben dumpfe Laute von sich.
Von irgendwoher erklingt Fauchen. Jimmy Twodance verspürt ein Kribbeln auf der Haut, seine Nackenhärchen stellen sich auf. Er flucht leise, zieht die Saddle Gun aus dem Scabbard, als er einen flachen, geduckten Schatten im schwachen Mondlicht davonhuschen sieht.
»Ich hab's geahnt«, murmelt er und schießt.
Ein orangefarbener Feuerblitz erhellt für Sekundenbruchteile die Umgebung, doch der Schatten ist längst verschwunden, und die Kugel wirbelt nur Erde hoch.
Ein Rind brüllt angstvoll, langgezogen. Und dann ist die Hölle los, die ganze Herde stürmt los, rast nach Norden. Jimmy Twodance reißt sein Pferd herum, jagt den Rindern nach, überholt einige Tiere, schreit und gibt mehrere Schüsse in die Luft ab.
Der Weidereiter schafft es. Die Stiere an der Spitze werden verwirrt, drehen ab nach Osten. Am Creek wird die Herde zum Stehen kommen. Der Weidereiter ist trotz der Nachtkühle ins Schwitzen gekommen und wischt mit dem Hemdsärmel über die Stirn.
»Verdammt«, murmelt er, »Chet und der Boss werden denken, ich hätte geschlafen!«
Dann sieht er einen dunklen Klumpen im Gras liegen und reitet darauf zu.
Es ist ein Rind, und es starrt ihn mit verdrehten Augen an, wälzt sich hin und her. Jimmy Twodance schluckt einige Male, ehe er aus dem Sattel rutscht, das Gewehr in den Scabbard steckt, den Sechsschüsser aus dem Holster zieht, den Lauf bis dicht vor den Kopf des Rindes bringt und abdrückt.
Irgendwo, jetzt weiter entfernt, erklingt wieder wütendes Fauchen. Erneut flucht der junge Weidereiter, zieht sich in den Sattel und galoppiert zum Creek.
Jäh taucht vor ihm der langgestreckte Schatten auf. Reaktionsschnell reißt Jimmy Twodance das Gewehr aus dem Scabbard. Zweimal drückt er ab, hört ein schmerzliches Jaulen, dann ist der Schatten verschwunden.
»Ich hab' ihn getroffen«, murmelt der Cowboy, reitet weiter und sucht den Boden ab, so weit es das ungewisse Licht zulässt. Schließlich findet er eine frische Spur im hohen Gras, die weder von einem Rind noch von einem Pferd herrührt. An einigen Grashalmen findet er im zuckenden Licht eines Zündholzes Blutspritzer.
Er hat also getroffen, nur nicht gut genug.
Zwei Reiter kommen über die Weide. »He, Jimmy, was ist los?«, ruft einer. Es sind die beiden anderen Cowboys. Sie haben in der Weidehütte geschlafen und sind durch die Schüsse wach geworden.
»Ein Puma war hier«, berichtet Jimmy Twodance, als sie ihn erreicht haben. »Hat ein Tier gerissen. Ich hab' geschossen, auch getroffen, aber er ist entkommen.«
»Hm«, brummt einer der beiden anderen, »du denkst an Wheelers Puma? Es kann aber auch ein anderer gewesen sein.«
»Das werden wir ja sehen«, knurrt Twodance. Er deutet zum Himmel, wo sich bereits rote und violette Streifen zeigen. »Es dämmert, Jungs! Und meine Wache ist sowieso gleich um. Ich reite zur Ranch. Erstens will ich sehen, ob der Puma unverletzt und im Zwinger ist, und zweitens sollten der Boss und Chet informiert werden!«
Dagegen ist nichts einzuwenden, und so macht sich der junge Cowboy auf den Weg.
Auf der Skull-Ranch schläft noch alles. Leise knarrend dreht sich das Windrad auf dem hölzernen Turm im leichten Wind, der von den Sawatch Mountains her durch das Bluegrass Valley streicht.
Die Tür des Bunkhouse öffnet sich. Chuck Wheeler kommt heraus, verharrt kurze Zeit und reckt sich. Er ist stets der erste am Morgen.
Doc Smoky hantiert bereits in der Küche. Man hört ihn mit Pfannen und Töpfen hantieren; aus dem aus Lehmziegeln gemauerten Kamin steigt Rauch, wird vom Wind erfasst und zerflattert.
Langsam setzt sich Chuck Wheeler in Bewegung, überquert den Hof, lässt die Schmiede links liegen und erreicht einen Geräteschuppen, hinter dem sich Rayos Zwinger befindet.
»Hölle«, entfährt es ihm, als er den Puma sieht. Die Raubkatze ist nicht im Zwinger, sondern liegt daneben und leckt das Fell am Hals. Das Drahtgitter hat ein großes Loch, Rayo hat es durchgebissen.
Chuck Wheeler hockt sich neben das Tier, streicht über das Fell und zieht die Hand plötzlich zurück, hebt sie hoch und erstarrt. Sie ist voller Blut.
Der Puma hat den Kopf schief gelegt und gibt leise Laute von sich. »Das hättest du nicht tun sollen, Rayo«, sagt Wheeler leise. »Ich hab' mir verdammt viel Mühe mit dir gegeben! Und ich habe immer dafür gesorgt, dass du genügend Fleisch kriegtest! Sollten der Boss und dieser verdammte Koch doch recht haben?«
Schritte lassen Chuck Wheeler plötzlich hochfahren. Jimmy Twodance biegt um die Ecke des Geräteschuppens. »Hallo, Chuck!«, sagt der Cowboy.
Wheeler kneift die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. »Jimmy!« Er spricht leise und gepresst. »Was tust du hier?«
Neben ihm erhebt sich der Puma, knurrt leise. Sein Nackenfell hat sich gesträubt. Wheeler fährt herum. »Sei still, Rayo!«
»Du weißt, dass ich Wache bei der verkauften Herde hatte!« Es klingt mehr als Feststellung denn als Frage. Jimmy Twodance sieht Wheeler gespannt an.
»Ja. Und?«
»Und... und?«, echot Jimmy Twodance. »Ein Puma schlich sich an die Herde und riss ein Tier. Ich musste es erschießen, Mann!«
Wheeler lacht. Es klingt sarkastisch. »Sieh mal an... ein Puma.« Sein schmales Gesicht verhärtet sich, in seine Augen tritt drohendes Funkeln. So hat Jimmy den anderen noch nie gesehen. Zum zweiten Mal in ein paar Stunden spürt er das Kribbeln auf der Haut.
»Du hast dich nicht verhört«, erwidert er. »Und ich hab' auf ihn geschossen. Im Gras fand ich frisches Blut. Was wird der Boss wohl sagen, wenn er's erfährt? Soweit solltest du John Morgan kennen – er mag es nicht, wenn er ein Rind verliert. Dazu kommt noch, dass es ein Tier aus der verkauften Herde ist, Wheeler.«
Der andere verschränkt die Arme vor der Brust. »Und warum erzählst du mir das alles?«
Jimmys Blick streift den Puma, der sich wieder gelegt hat und die beiden Männer nicht aus den Augen lässt.
»Komische Frage. Dein Zwinger hat ein Loch, dein Puma...«
»Shut up!«, fährt ihn Chuck Wheeler an. »Du sagst, es wäre ein Silberlöwe gewesen. Ist das sicher?«
Jimmy Twodance lacht salzig. »Glaubst du, ich könnte keine Spuren lesen? Und hören kann ich auch. Es war ein Puma, der gefaucht hat.«
»Möglich, dass es einer war«, zischt Chuck Wheeler. »Aber Rayo nicht! Und jetzt lass mich endlich mit dem Blödsinn in Ruhe, Jimmy!«
»Mir machst du nichts vor«, klingt es wütend zurück. »Ich hab' geschossen und getroffen. Ihn dort!« Er zeigt auf den Puma. »Schaff ihn weg!«
Wheeler ballt die Fäuste. »Bist du verrückt? Ich hab' Rayo in den Bergen gefunden, ihn aufgezogen und an mich gewöhnt. Und hier? Hab' ich nicht den Zwinger gebaut? Und gefüttert habe ich Rayo auch immer. Er hat gar keinen Grund, ein Rind zu reißen.«
»Da bin ich anderer Ansicht«, kontert Jimmy Twodance. »Er ist 'n Raubtier und wird's auch immer bleiben. Erschieß ihn, einen anderen Rat kann ich dir nicht geben. Dem Boss sagst du, du hättest es getan, weil er ausgebrochen ist.«
Ohne sich weiter um Chuck Wheeler zu kümmern, stapft der Cowboy davon.
Jimmy Twodance steht neben dem Küchenhaus und starrt Chuck Wheeler nach, der eben die Ranch verlässt. Rayo läuft neben ihm her.
Chet Quade kommt aus dem Ranchhaus, bleibt neben dem Cowboy stehen und fragt: »Was ist los mit ihm? Wohin reitet er, Jimmy?«
»Ich weiß nicht«, erwidert der Weidereiter. »Rayo hat ein Rind gerissen. Ich musste es erschießen.«