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Ein harter, arbeitsreicher Tag liegt hinter den vier Cowboys von der Skull. Jimmy Lane blickt gedankenvoll zum nachtklaren Sternenhimmel hinauf. Er sieht Shirley vor sich, ein hübsches blondes Mädchen, das er in Hotdog City kennengelernt hat. Noch ein halbes Jahr, dann hat er so viel Geld zusammen, dass er seinen Job auf der Skull aufgeben, ein Stück Land erwerben, eine kleine Ranch aufbauen und Shirley heiraten kann.
Doch die Männer, die in der Dunkelheit lauern und die Jimmy nicht sieht, werden diese Träume zerstören - für immer...
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Seitenzahl: 142
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Bleigewitter in den Rockies
Vorschau
Impressum
Bleigewitterin den Rockies
von J. H. Wayne
Ein harter, arbeitsreicher Tag liegt hinter den vier Cowboys von der Skull. Jimmy Lane blickt gedankenvoll zum nachtklaren Sternenhimmel hinauf. Er sieht Shirley vor sich, ein hübsches blondes Mädchen, das er in Hotdog City kennengelernt hat. Noch ein halbes Jahr, dann hat er so viel Geld zusammen, dass er seinen Job auf der Skull aufgeben, ein Stück Land erwerben, eine kleine Ranch aufbauen und Shirley heiraten kann.
Doch die Männer, die in der Dunkelheit lauern und die Jimmy nicht sieht, werden diese Träume zerstören – für immer ...
Sehnsüchtig blickte Jimmy Lane zum dunkelblauen, sternenübersäten Himmel hinauf. Seine Gedanken sind weit weg – viele Meilen weit in Hotdog City. Sie beschäftigen sich mit einem blonden Mädchen, das den klangvollen Namen Shirley trägt.
Noch ein halbes Jahr, dann hat er so viel Geld zusammen, dass er vier Dinge tun kann: Seinen Job auf der Skull-Ranch aufgeben, ein Stück Land erwerben, eine kleine Ranch aufbauen und natürlich Shirley heiraten.
Doch das Schicksal hat anders entschieden.
Jimmy Lane gibt seinem Schecken etwas Schenkeldruck und trabt weiter. Vor ihm – als dunkle Masse erkennbar, liegt die Herde, die er zu hüten hat. Alles Zuchttiere, zu deren Bewachung John Morgan, Boss der Skull, vier Weidereiter bestimmte.
Weiter hinten – am Nordrand des Bluegrass Valley, wo der Mischwald beginnt –, liegt das Weidecamp, wo die anderen drei Cowboys schlafen. Das Feuer ist heruntergebrannt und nicht mehr zu sehen. Vor einer guten halben Stunde hat Jimmy Lane seinen Kumpel abgelöst. Carl Seltzer schläft jetzt bestimmt schon den Schlaf des Gerechten.
Leise summt Jimmy Lane die Melodie von »Black-Eyes Susie«, vor sich hin und träumt dabei von einem blonden Wuschelkopf, von großen blauen Augen und einem roten Mund mit lockenden, feuchtschimmernden Lippen.
Plötzlich unterbricht er sein Summkonzert, stützt den Kopf auf den rechten Arm, der auf dem Sattelhorn ruht.
In diesem Augenblick erhellt ein gelbroter Feuerblitz die Nacht, die Schussdetonation zerreißt die Stille.
Das liebliche Gesicht und der blonde Mädchenkopf verschwinden vor Jimmy Lanes Augen und weichen einer unergründlichen Finsternis, aus der es kein Zurück mehr gibt.
Ohne einen Laut von sich zu geben, kippt Jimmy Lane aus dem Sattel, schlägt dumpf auf den grasbedeckten Boden. Sein Pferd galoppiert erschreckt davon.
Am Waldrand kommen die drei Schläfer blitzartig hoch. Sie haben mit den Waffen neben sich geschlafen, reagieren instinktiv und feuern in die Richtung, aus der die Detonation kam.
Aber nicht ein einzelner Mann befindet sich auf der Weide der Skull-Ranch, sondern vier. Und aus vier Richtungen schlägt den drei Cowboys wildes Gewehrfeuer entgegen.
Sie haben keine Chance und sind tot, bevor sie überhaupt richtig begriffen haben, was um sie herum geschieht.
Nach Minuten tauchten die Mordschützen auf, nähern sich vorsichtig den reglosen Gestalten im Camp.
»Wir haben sie alle vier erwischt, Jungs«, sagt einer. »Dann los, wir haben keine Zeit zu verlieren!«
»Hölle, was ist das?«
Doc Smoky, der Ranch-Koch, betritt den Hof und reibt sich die Augen. Er ist stets der erste am Morgen und nimmt seine Aufgabe ernst. Cowboys wollen ein gutes Frühstück, und das braucht nun mal seine Zeit.
Dass er sich wundert, hat seinen Grund. Denn am Brunnen steht ein Schecke mit hängendem Kopf.
Doc Smoky reibt sich das Kinn. »Verdammt, wenn ich nicht genau wüsste, dass ich wach bin, müsste ich glauben, dass ich träume. Das ist der Gaul von Jimmy Lane. Da stimmt was nicht!«
Minuten später hat er John Morgan, den Boss und Gründer der Ranch, sowie Chet Quade, den Vormann, geweckt. Die beiden Männer kommen auf den Hof.
»Du hast dich nicht getäuscht, Doc«, meint Chet Quade. »Das ist sein Pferd. Schmeiß Brazos, Shorty und Jimmy Twodance aus den Kojen! Wir reiten sofort los!«
»Was denn, Chet«, wundert sich der Koch, »ohne was im Bauch zu haben? Die Jungs werden meutern!«
John Morgan winkt ab. »Sie sollen dran denken, dass...«
Doc Smoky ist bereits unterwegs. »Hab' schon verstanden, Boss!«, ruft er und verschwindet im Bunkhouse.
Gleich darauf hört man ihn brüllen, und dann kommen die drei Weidereiter auf den Hof getaumelt, noch halb im Schlaf. Und schon dringt ihnen die Stimme des Vormanns entgegen: »Beeilt euch, Jungs! Auf der Nordweide ist irgendetwas los! Jimmy Lanes Gaul steht hier. Ohne Reiter!«
Dieses »ohne Reiter« ist wie ein Alarmruf. Die drei sehen sich kurz an, spritzen sich ein paar Tropfen kaltes Wasser aus dem Brunnen ins Gesicht, verschwinden blitzartig und tauchen Minuten später reitfertig wieder auf.
Auch Chet Quade ist zurück. Er ist bereits dabei, seinen Hengst zu satteln.
»Morgenstund' hat Gold im Mund'«, deklamiert Shorty, der kleine, säbelbeinige Weidereiter.
»Behalt deine Weisheiten für dich, du Laus«, knurrt Brazos. »Denk lieber daran, was mit den Jungs passiert sein kann. Und beeil dich mit deiner Rosinante! Sonst reitest du in unserer Staubwolke.«
Mit Rosinante ist Shortys Pferd gemeint. Es ist ziemlich hässlich, dafür aber zäh und ausdauernd.
Shorty schweigt beleidigt. Aber er ist schneller fertig als Brazos, der nicht nur als Cowboy in der Mannschaft reitet, sondern zugleich auch Ranch-Schmied ist.
Jimmy Twodance ist schweigsam. Der junge Cowboy denkt an die Kameraden auf der Nordweide, von denen Ben Robbins sein bester Freund ist.
Chet Quade ist fertig, schwingt sich in den Sattel und jagt davon. Die anderen drei haben Mühe, ihm zu folgen. John Morgan nickt Doc Smoky zu und geht nachdenklich ins Haus zurück.
»By Jefferson and Grant!«, murmelt der Koch. »Ich hab' das verdammte Gefühl, dass ich bald wieder in den Sattel steigen muss!«
Chet Quade und seine drei Begleiter sagen zunächst kein Wort, als sie vor den vier ermordeten Weidereitern stehen.
Erst nach einer ganzen Weile meint Shorty mit erstickter Stimme: »Verdammt, Chet, wer kann das gewesen sein?«
Der Vormann wendet ihm das Gesicht zu. »Viehdiebe! Oder siehst du einen Kuhschwanz auf dieser Weide? Diese Hundesöhne haben den Jungs keine Chance gelassen, haben sie einfach abgeknallt.«
»Lane hat's zuerst erwischt«, murmelt Brazos, der den toten Cowboy zum Camp gebracht hat. Jimmy Lane haben sie als ersten gefunden.
»Der Boss wird das Blaue vom Himmel herunterfluchen«, meinte Shorty. »Immerhin war's 'ne Zuchtherde.«
Der Vormann starrt nachdenklich vor sich hin. Es können nur Rustler gewesen sein. Von den Ranchern im County kommt keiner in Frage. Zudem sind vier Cowboys getötet worden, dazu gäbe sich keiner der anderen Rancher her.
Dann fallen ihm plötzlich die Männer jenseits der Sawatch Mountains ein: Abe Slugger, seine drei Söhne und ihre raue Mannschaft.
»He, Chet, denkst du dasselbe wie ich?«, fragt Shorty. »An diese Sattelwölfe im Rabbit Valley?«
Quade nickt grimmig. »Genau an sie denke ich, Freund!«
»Dann sollten wir sie unter die Lupe nehmen, Chet!«
»Das werden wir auch tun, Shorty! Aber erst bringen wir die Jungs auf die Ranch! Dann füllen wir uns die Bäuche, reiten hierher zurück und werden nach Spuren suchen. Ohne eine zu hinterlassen, kann man keine Herde treiben!«
Shorty ist skeptisch.
»Meinst du? Die Strolche hatten 'ne Menge Zeit. Und wenn sie die Herde in die Berge getrieben haben? Dort findest du kaum eine Spur. Wenn ich an den Ärger denke, den wir schon erlebt haben...«
Chet Quade winkt ab.
»Wir werden sehen, Shorty!«, sagt er. »Packt die Jungs auf ihre Gäule. Shorty, du reitest bei Brazos mit. Dein Pferd wird Jimmy Lane tragen.«
»Okay, Chet.« Keiner der vier verliert ein Wort darüber, dass sie Lanes Pferd hätten mitnehmen können.
Sie kommen alle auf den Hof der Skull-Ranch, als der traurige Zug in Sicht kommt. John Morgan und seine junge Tochter Mary-Lou verlassen die Veranda, auf der sie gesessen haben. Doc Smoky und die Cowboys, die auf den Weiden nicht gebraucht werden, stehen am Brunnen.
Sofort sind hilfreiche Hände zur Stelle, um die toten Kameraden von den Pferden zu heben. »Bringt sie in die Sattelkammer«, ordnete der Vormann an und geht mit schweren Schritten zum Haus.
»Ich habe so etwas befürchtet, Chet«, sagt der Rancher. Sein Gesicht ist maskenhaft starr. Mary-Lou blickt traurig drein. »Wieso haben wir nichts gehört?«
Chet Quade nickt. »Eine gute Frage, John. Wenn der Wind während der Nacht von Süden kam, hat er die Schussdetonationen nach Norden geweht. Die Herde ist verschwunden. Die Strolche haben ganze Arbeit geleistet.«
»Alle vier tot«, murmelt John Morgan. »Wer hatte Wache?«
»Jimmy Lane. Ihn fanden wir auf der Weide. Die anderen drei im Camp. Dass die Rustler die Pferde nicht mitnahmen, deutet darauf hin, dass sie sie nicht brauchen können. Wahrscheinlich werden sie sie nicht los. Es ging ihnen nur um die Rinder. Ich bin sicher, dass sie genau wussten, um was für wertvolle Tiere es sich handelt, John. Und ich habe nachgedacht. An irgendwelche Rustler glaube ich nicht. Ich tippe auf die Leute im Rabbit Valley.«
»Das ist gar nicht so abwegig«, meint Morgan. »Weder die Sluggers noch ihre Leute sehen vertrauenerweckend aus. Wir reiten hin, Chet! Ich komme mit.«
Chet ist einverstanden.
»Okay, John. Wir nehmen Brazos und Shorty mit. Das genügt erst einmal. Vor allem brauchen wir Beweise. Ich wollte zur Nordweide und die Spur der Herde verfolgen. Dann gehe ich jetzt was essen. Es wird nicht lange dauern.«
»Chet«, meldet sich da Mary-Lou, »lass dir Zeit. Dad hat auch noch nicht gefrühstückt.«
Der Vormann nickt nur und geht zum Bunkhouse hinüber, um mit Brazos und Shorty zu sprechen. Inzwischen wird Mary-Lou für das Frühstück sorgen. Chet Quade wohnt im Ranchhaus und nimmt auch dort die Mahlzeiten ein.
»He, Chet«, Doc Smoky kommt auf den Vormann zu. »Hast du was dagegen, wenn ich mitkomme? Jimmy Twodance kann für das Essen sorgen. Ist alles so weit vorbereitet.«
Chet Quade sieht den Koch an. In dessen zerfurchtem Gesicht wetterleuchtet es. Doc Smoky ist voller Grimm und zornig bis in Mark hinein. Vier tote Weidereiter können verlangen, dass ihre Mörder aufgespürt und ihrer gerechten Strafe zugeführt werden.
»In Ordnung, Doc, reite mit! Dann sag auch Brazos und Shorty Bescheid. In einer Viertelstunde! Wo ist Spade?«
»Der?«, knurrt Doc Smoky. »Leroy ist doch nie da, wenn man ihn benötigt. Entweder treibt er sich in den Bergen herum, oder er raspelt Süßholz im Shepherd Valley bei der schönen Myriam!«
Leroy Spade, ehemals Scout und jetzt Raubwildjäger, hat eine Schwäche für die Schafzüchterin Myriam Sunbeam. Doc Smoky hat nichts dagegen, wenn sich ein Mann für eine hübsche Frau interessiert. Schließlich war er auch mal jung. Aber ihm als Rindermann geht es nun mal gegen den Strich, dass sein Freund Leroy ein Auge auf eine Schafzüchterin geworfen hat.
Chet Quade lächelt schmal. Auch er ist Rindermann, hat aber längst seine Abneigung gegen Schafe abgelegt, weil er einsehen musste, dass auch diese Tiere eine Daseinsberechtigung haben. Immerhin hat der Lammbraten, den Myriam mal zubereitet hat, gar nicht so übel geschmeckt.
»Nimm's nicht so tragisch, Doc«, meint er.
Sie könnten Leroy Spade wirklich brauchen. Der ehemalige Scout ist ein erstklassiger Spurenleser und würde vielleicht etwas entdecken. Aber er ist nun mal nicht da. Genau wie General Lee, der Schäferhund. Den hat Leroy Spade mitgenommen. Im Shepherd Valley gibt es nicht nur eine Schafzüchterin, sondern auch eine Hundedame, die General Lee hin und wieder besucht.
Die Spur der geraubten Herde endet dort, wo die Postkutschenstraße nach Hotdog City durch die felsigen Ausläufer der Berge führt. Dort gibt es ein so großes Durcheinander von Spuren, dass die der Herde nicht mehr herauszulesen ist.
Nun stehen John Morgan und seine vier Begleiter an der Stelle, wo die Straße nach Nordwesten abbiegt und wo die von Quertälern durchzogene Senke zwischen den Elk Mountains und den Sawatch Mountains beginnt.
»Jetzt sind wir auch nicht schlauer«, murmelt Doc Smoky.
»Sie haben die Herde bis hierher getrieben, das steht fest.« John Morgan schüttelt den Kopf.
Chet Quade blickt in den tiefen Einschnitt zwischen den beiden Gebirgsmassiven, die zu den Rocky Mountains gehören.
»Wer immer es auch war«, meint er, »hat die Natur für sich. Wenn einer helfen kann, ist es Leroy. Trotzdem sollten wir diesen Leuten einen Besuch abstatten.«
Alle stimmen zu. Und Shorty sagt: »Dann sollten wir bis zum Mormonen-Pass reiten. Oder hat jemand Lust, die vielen Felsbarrieren zu überqueren?«
Auch dieser Vorschlag wird angenommen. Der Mormonen-Pass heißt so, weil angeblich viele Angehörige dieser Sekte über ihn nach Utah gelangten.
So reiten sie zurück bis zur Nordwest-Weide, biegen dann ab nach Süden und jagen an den Wäldern vorbei bis zum Mormonen-Pass. Nachdem sie diesen hinter sich haben, reiten sie nach Norden, wo das Rabbit Valley liegt.
Es mag drei Monate her sein, als Abe Slugger mit seinen Söhnen Seth, Roscoe und Lew im Rabbit Valley auftauchte. Mit ihnen kamen zwölf Burschen, denen anzusehen ist, dass sie alles andere, nur keine Weidereiter sind. Und die Sluggers machen denselben Eindruck.
Sie hatten eine kleine Herde bei sich, bauten Blockhäuser, und es sieht so aus, als wollten sie hier ranchen. Niemand kann etwas dagegen haben. Es ist freies Land. John Morgan hat sich nie dafür interessiert, das Bluegrass Valley ist groß genug, der Boden fruchtbar, das Blaugras saftig und das Tal geschützt, was vor allem im Winter von Bedeutung ist.
Im Rabbit Valley gibt es ebenfalls Gras, aber es hält keinen Vergleich mit dem auf Morgans Land aus. Wasser haben die Sluggers auch, ein Creek fließt durch das Tal.
Man könnte etwas daraus machen. Aber ob die Sluggers mit ihrer Mannschaft es ernsthaft versuchen wollen, erscheint sehr zweifelhaft. Nur einmal sind sie sich begegnet – John Morgan, Chet Quade und der alte Slugger mit seinem ältesten Sohn Seth.
Morgan und sein Vormann erkannten sofort, dass sie keine echten Rinderleute vor sich hatten. Abe Slugger behauptete, Farmer in Oklahoma gewesen zu sein. Es klang wie eine Entschuldigung. Nun wären sie auf den Gedanken gekommen, dass Rinderzucht lukrativer sei.
Sie wechselten ein paar Worte, trennten sich dann wieder. John Morgan und sein Vormann fanden die beiden wenig sympathisch. Und was sie dann später aus Golden City hörten, bestätigte den allgemeinen Verdacht, dass die Sluggers mitsamt ihrer Mannschaft üble Typen sind. Jedes Mal, wenn Männer aus dem Rabbit Valley in der Minenstadt auftauchen, gibt es Trouble. Schlägerei und Schießereien sind dann an der Tagesordnung. Mehr als einmal musste Town Marshal George Rockwell Leute aus dem Rabbit Valley ins Jail sperren und saftige Geldstrafen verhängen, die stets vom alten Slugger bezahlt wurden.
Von angenehmen Nachbarn, wie bei den anderen Ranchern, kann keine Rede sein. Auf der Skull-Ranch sind sich alle einig darüber, dass das Schicksal ihnen Läuse in den Pelz gesetzt habe.
Eigentlich ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis es zu einem Zusammenstoß zwischen den Leuten aus dem Bluegrass Valley und den Sluggers kommt.
Als John Morgan mit seinen Begleitern vor dem größten Blockhaus im Rabbit Valley Halt machen, ist niemand zu sehen. Aber das ändert sich schnell.
Abe Slugger taucht in der Tür auf. Hinter ihm erscheint sein Sohn Seth. Und aus den anderen Blockhäusern tauchen sechs Männer auf. Sie alle sehen schmuddelig und fast heruntergekommen aus. Keiner ist rasiert, alle haben Stoppeln im Gesicht, die Hemden sind fleckig und verschmutzt, mit den Hosen ist es nicht besser. Aber das sehen die Skull-Leute sofort: Ihre Waffen sind gepflegt, einige schleppen sogar zwei Revolver mit sich herum. Ein guter Weidereiter aber braucht nur einen Sechsschüsser. Und die Saddle Gun.
»Was für'n hoher Besuch«, röhrt Abe Slugger und fährt sich mit beiden Händen durch seine graue Löwenmähne, die so aussieht, als habe sie vielleicht vor Jahresfrist zum letzten Male Bekanntschaft mit Wasser, Seife und Kamm gemacht. »Major Morgan bemühte sich zu uns armen Teufeln!«
»Ich bin kein Major, Mr. Slugger«, gibt John Morgan scharf zurück.
»So? In Golden City hab' ich's aber anders gehört«, grinste Slugger.
»Ich war es mal! Und das ist schon lange her.«
»Gut, gut, ich will mich ja nicht streiten, Sir!« Es klingt ironisch. »Nun verraten Sie mir, was Sie hier wollen. Irgendeinen Grund werden Sie wohl haben, wie?«
»Den haben wir auch!« Morgan beugt sich ein wenig im Sattel vor. Er ist ein gerechter Mann, und da es keinen Beweis für irgendeine Täterschaft der Sluggers und ihrer Leute gibt, fügt er hinzu: »Verstehen Sie mich nicht falsch, Mr. Slugger. Heute Nacht wurden vier meiner Cowboys erschossen und eine Zuchtherde geraubt. Darum sind wir hier.«
Bevor Slugger etwas erwidern kann, schiebt ihn sein Sohn Seth zur Seite und springt vor, bleibt dicht neben John Morgans Pferd stehen.
»Mann, soll ich Ihnen die Schnauze polieren? Ist Ihnen klar, was Sie da eben gesagt haben? Wir haben...«
»Shut up, Seth«, fährt ihm der Alte in die Parade. »Benimm dich! Mr. Morgan hat deutlich gesagt, dass wir ihn nicht falsch verstehen sollen! Sir, ich nehme an, Sie möchten wissen, ob wir irgendetwas bemerkt haben?«
John Morgan zwingt sich, ruhig zu bleiben. In ihm gärt es. Seinen Begleitern geht es nicht anders.
»Das meinte ich!«, sagt er nur.
»Wir haben nichts gesehen und nichts gehört, Sir!« Das »Sir« genießt Abe Slugger richtig. Er dehnt das Wort und gibt ihm eine besondere Betonung. »Aber sollten Sie mir nicht glauben – bitte! Sehen Sie sich bei uns um!«
»Hey, bist du verrückt, Oldman?«, schreit Seth Slugger. Er steht noch immer neben Johns Pferd. »Du erlaubst diesen Typen, bei uns rumzuschnüffeln? Steigen Sie ab, Morgan! Ich werde Ihnen die Nase nach hinten drehen!«