Snowflakes All Around Us. A Royal Christmas Romance (Wunderschöne Winter-Romantik im verschneiten Skandinavien) - Sarah Saxx - E-Book

Snowflakes All Around Us. A Royal Christmas Romance (Wunderschöne Winter-Romantik im verschneiten Skandinavien) E-Book

Sarah Saxx

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Beschreibung

Snowflakes are kisses from heaven. Ein Praktikum in einer Konditorei in Fjarora, dem skandinavischen Königreich! Schon bei ihrer Ankunft ist Emelie von der Schneelandschaft verzaubert – bis ihr ein Hundeschlitten in wahnsinnigem Tempo den Weg abschneidet. Emelie hält dem Besitzer eine Standpauke, bevor sie merkt, dass der Unbekannte nicht nur sehr zerknirscht, sondern ebenso geheimnisvoll ist. Doch es war nicht ihre letzte Begegnung, denn Emelie soll für den Palast backen. Und der Schlittenführer ist Frederik, Prinz von Fjarora. *** Every love story is like a snowflake: different in its own beautiful way. *** "Snowflakes All Around Us" ist ein herrlich romantischer Schmöker für gemütliche Winterabende auf dem Sofa. Ein wunderschönes skandinavisches Winter-Setting und charmante Royals laden zum Träumen ein.

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Seitenzahl: 509

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© privat

Ihre Liebe zu romantischen Romanen brachte Sarah Saxx vor Jahren zum Schreiben. Seither hat die 1982 geborene Tagträumerin erfolgreich eine Vielzahl an Geschichten veröffentlicht, die tief im Herzen berühren und dieses gewisse Kribbeln auslösen. Sarah schreibt, liebt und lebt in Oberösterreich und verbringt ihre freie Zeit am liebsten mit ihrem Mann, ihren beiden Töchtern und Labrador Buddy.

Mehr über die Autorin unter www.sarahsaxx.com und auf Instagram unter @sarahsaxx.

Originalausgabe Als Ravensburger E-Book erschienen 2022 Die Print-Ausgabe erscheint in der Ravensburger Verlag GmbH, Postfach 2460, D-88194 Ravensburg © 2022 Ravensburger Verlag GmbH Text © 2022 Sarah Saxx Dieses Werk wurde vermittelt durch die Textbaby Medienagentur, www.textbaby.de Umschlaggestaltung: Romy Pohl unter Verwendung von Fotos von Shutterstock (© NikaMooni, Pogorelova Olga und Mischoko) Lektorat: Franziska Jaekel Alle Rechte vorbehalten ISBN 978-3-473-51136-5ravensburger.com

Für A und E. Ich hab euch so unendlich lieb.

Für alle, die auf ihren Prinzen warten – und für jene, die ihn bereits gefunden haben.

Playlist

All of Me – John Stephens, Toby Gad, KO

Everybody Wants To Rule The World – From: »The Hunger Games: Catching Fire« Soundtrack – Lorde

Limelight – Charlie Chaplin, Maximilian Hornung

Gymnopédie No. 1: Lent et douloureux – Erik Satie, Olga Scheps

Hello / Lacrimosa – The Piano Guys

White Christmas – Dundas

Stargazing (feat. Bergen Philharmonic Orchestra) – Orchestral Version – Kygo, Justin Jesso, Bergen Philharmonic Orchestra

Little Drummer Boy – Rhett Week

King – Zayd Wølf

The Queen’s Nose – Slow Club

Kingdom Fall – Claire Wyndham

Viviann (Bievá Biette Viviann) – Sofia Jannok

Tomten jag vill ha en riktig jul – Måns Zelmerlöw

We Three Kings – Chilly Gonzales

Santa Tell Me – Taylor Manns

I. Adagio sostenuto – Ludwig van Beethoven, Arthur Rubinstein

Baby, It’s Cold Outside – Lydia Liza, Josiah Lemanski

Good King Wenceslas – Chilly Gonzales

Sami eatnan duoddarlid – Sofia Jannok

Kings and Queens – Thirty Seconds To Mars

Varje snöflinga som faller – Svante Thuresson

Canon in D Major for Strings and Continuo – Johann Pachelbel, City of London Sinfonia, Andrew Watkinson

Oh My Dear Lord – The Unlikely Candidates

Royals – Lorde

Fight Song /Amazing Grace – The Piano Guys

Liebestraum (3), notturnos for piano (after songs LW N18), S. 541, LW A103 – No. 3 – Boston Pops Orchestra, Arthur Fiedler

The Christmas Song (arr. piano) – Stephan Moccio

All I Want For Christmas Is You – Chilly Gonzales

Silver Bells – Chilly Gonzales

Stilla natt – Carola

Diese Playlist findest du auch auf Spotify unter »Snowflakes all around us – a Royal Christmas Romance – by Sarah Saxx«

Kapitel 1

Emelie

O Gott, ich bin im Finale … Ich hab es tatsächlich geschafft!

Langsam sickerte zu mir durch, was sich hier abspielte. Die Enttäuschung von Caren, die neben mir stand und gerade ausgeschieden war. Der Applaus des Publikums und der anderen Teilnehmer, von denen nur noch wenige im Rennen waren. Der Druck, der von mir abfiel, weil meine Erwartungen an mich selbst bei diesem Konditorenwettbewerb bei Weitem übertroffen wurden. Der Druck, der wieder anstieg, als mir bewusst wurde, dass es für mich damit nicht vorbei war – immerhin bestand nun sogar die Chance, es auf den ersten Platz zu schaffen.

Ich wurde von den Konkurrenten umarmt, während ich Caren tröstend an mich drückte, die tapfer lächelte, obwohl ihr Tränen über die Wangen liefen. Sie murmelte etwas auf Englisch, doch ihre Worte wurden von denen des Moderators übertönt.

»Herzlichen Glückwunsch, Mario Valentino aus Italien, Sophia Clavier aus Frankreich und Emelie Hoffmann aus Deutschland. Ihr tretet im Finale ab morgen gegeneinander an und habt die Chance auf den Hauptgewinn. Einhunderttausend Euro, die euch bei der Verwirklichung eures Traumes helfen werden.« Der attraktive Medienprofi, den ich auf Anfang dreißig schätzte, schenkte uns sein Zahnpastalächeln, das in dem Moment verblasste, als die Regie das Ende der Aufnahmen ankündigte.

Geräuschvoll atmete ich aus und fühlte mich, als würde ich gerade von meiner schwebenden Wolke langsam in der Realität ankommen. Das Gewusel der Leute um mich herum nahm zu. Erschöpft wischte ich mir über das Gesicht, das erhitzt war vom Scheinwerferlicht, von der Anstrengung des heutigen Tages und der Aufregung der letzten Viertelstunde, in der sich die vierköpfige Jury beraten und ihr Ergebnis verkündet hatte.

»Du warst wirklich großartig, Emelie.« Carens Wangen zierten kleine dunkle Spuren des verwischten Make-ups. »Das muss ich ganz neidlos zugeben. Dein Teig ist so fluffig geworden, das konnte ich sogar von meinem Platz aus erkennen. Und wie kunstvoll du den Fondant verarbeitet hast … Man merkt einfach, dass du in der obersten Liga mitspielst. Selbst Profis mit jahrzehntelanger Erfahrung könnten neben dir einpacken.«

Tränen der Rührung standen mir in den Augen. Nicht wegen ihres Kompliments – mit dem sie völlig übertrieben hatte. Denn auch Sophia und Mario waren unglaublich gut und ich hatte sie vom ersten Tag an bewundert. Nun waren wir schon über eine Woche in London, wo wir für eine TV-Serie unsere Back- und Konditoreikünste zur Schau stellten und um den Hauptpreis konkurrierten, wobei schon viele große Talente ausgeschieden waren.

Wir waren allerdings nicht nur wegen des Ruhms hier, denn hinter jeder Teilnehmerin und jedem Teilnehmer steckte eine Geschichte – mit dem gleichen Ziel: eine Konditorei zu eröffnen.

Sophia stammte aus einer sehr technikaffinen Familie, die sie bei ihrem Traum nicht unterstützen wollte. Damit sie ihn sich erfüllen konnte, benötigte sie Startkapital, für das sie nun erneut eine Runde weiter war. Mario hatte bereits jahrelang eine eigene Konditorei in Italien geführt, diese jedoch durch ein Feuer – und die fehlende Versicherung – verloren. Über Letzteres konnte ich nur den Kopf schütteln, doch jetzt war er hier, weil er für sich und sein gesamtes Team das Geld gewinnen wollte, um das Unternehmen neu aufzubauen.

Caren kam aus Liverpool und hatte durch die Krankheit ihres Mannes vor drei Jahren alles aufgeben müssen. Sie war Anfang vierzig und hatte gehofft, sich durch den Hauptpreis auch wieder ihrer beruflichen Leidenschaft widmen zu können – ein Traum, der durch ihr Ausscheiden wie eine Seifenblase zerplatzt war. Sie tat mir unglaublich leid – nicht nur, weil ich ihr aufgrund ihrer Vorgeschichte den Sieg am meisten gegönnt hatte. Sie war mir von allen am sympathischsten und dass sie in der finalen Runde nicht dabei sein würde, fühlte sich falsch an.

Mein Grund, an dem Wettbewerb teilzunehmen – und mich überhaupt für die Show zu qualifizieren –, ging bis in meine Kindheit zurück. Ich war in einer Bäckerfamilie in Fuchstal aufgewachsen, einer kleinen Gemeinde etwa fünfundsiebzig Kilometer südwestlich von München, und unsere Bäckerei war bis zur bayrischen Landeshauptstadt für unser Biobrot und den Urteig bekannt. Genau wie von meinem älteren Bruder Philipp wurde von mir erwartet, in das Familienunternehmen einzusteigen. Bereits mit drei Jahren hatte ich meine ersten Semmeln geformt. Das Backen gehörte schon immer wie selbstverständlich dazu – bis ich mit neun in München an einer Konditorei vorbeigekommen war, in deren Schaufenster die kunstvollsten Torten, Cupcakes, Plätzchen und Pralinen ausgestellt waren, die ich bis dahin gesehen hatte. In diesem Moment war mir klar geworden, dass das Leben mehr für mich bereithielt als Brot und Brötchen. Ein Jahr später hatte ich die Geburtstagstorte für Philipp gebacken, mit zwölf schließlich die erste dreistöckige Hochzeitstorte. Ich liebte es einfach, mit süßen Zuckermassen zu arbeiten, zu modellieren und sie in fantasievolle Gebilde zu formen, die auf den ersten Blick zu schade waren, um sie zu essen – und gleichzeitig so lecker, dass man nach dem ersten Kosten nicht damit aufhören wollte.

Es gab nichts, was mich aufhalten konnte – auch nicht die Tatsache, dass mein Vater auf einer Bäckerlehre bestand, die ich vor zweieinhalb Jahren erfolgreich abgeschlossen hatte. Seitdem arbeitete ich als ausgebildete Bäckerin im Familienbetrieb mit und half gelegentlich auch im Verkauf aus.

Meine Eltern brachten meiner neu entdeckten Leidenschaft leider nicht die Begeisterung entgegen, die ich mir gewünscht hätte. Sie schätzten meine Arbeit, betrachteten sie aber eher als Hobby. Als Zeitvertreib, der zwar ganz nett war, mich jedoch von meiner eigentlichen Aufgabe ablenkte: nämlich Brot und Gebäck zu backen und zu verkaufen.

Dafür unterstützte mich meine beste Freundin Stefanie, die ich während meiner Ausbildung kennengelernt hatte. Leider hatte sie von ihrem Chef nicht freibekommen, weshalb ich allein nach London hatte reisen müssen. Sonst wäre sie jetzt bei mir und würde sich mit mir freuen.

Mir war klar, dass meine Eltern sich ihren Ruf hart erarbeitet hatten. Sie waren ihrem Traum gefolgt, doch meiner war ein anderer. Deshalb war ich hier – um mir mit dem Preisgeld meinen eigenen Traum von einer Konditorei zu erfüllen.

»Wir sollten diesen Abend unbedingt feiern.« Mario tauchte neben Caren und mir auf und legte seine schlanken Arme auf unsere Schultern. »Wir haben es so weit geschafft, wir alle sind Gewinner, egal, wie das Finale ausgehen wird.«

»Aber komm bloß nicht auf die Idee, uns abzufüllen und dir so den Sieg unter den Nagel zu reißen.« Sophia stieß dem grauhaarigen Italiener in die Seite, der lauthals lachte.

»Keine Sorge, das käme mir nie in den Sinn.« Er zwinkerte mir zu und ich war mir nicht sicher, ob er uns gerade anflunkerte.

»Okay, dann treffen wir uns später in der Hotellobby«, schlug Sophia vor. »Du kommst doch mit, Caren?« Die Französin schaute sie flehend an. Carens Ausscheiden hatte wohl nicht nur mich heftig getroffen und überrascht.

»Ich weiß nicht … Eine Party ausgerechnet heute? Das fühlt sich …«

»… genau richtig an«, fiel ihr Mario ins Wort.

»Er hat recht, Caren. Du musst unbedingt mitkommen, immerhin bist du genauso ein Teil der Show«, sagte ich. Dass die knapp zwanzig anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus allen Ecken und Enden Europas ebenfalls dazugehörten, erwähnte ich nicht. Mal davon abgesehen, dass einige von ihnen bereits abgereist waren, hatte ich die meisten gar nicht richtig kennengelernt, weil sich die Teilnehmerzahl schon an den ersten drei Tagen auf ein Drittel reduziert hatte.

Nach einem tiefen Seufzer stimmte Caren endlich zu.

Nachdem ich mir im Hotel die Bäckerstärke und die Farbpigmente vom Dekorieren aus den Haaren und von der Haut gewaschen, mich umgezogen und gestylt hatte, setzte ich mich aufs Bett und rief zuallererst Stefanie an. Ich wusste, sie würde sich mit mir freuen.

»Hey, meine Heldin, wie geht es dir?«, begrüßte sie mich völlig aufgedreht. Womöglich wartete sie seit Stunden neben dem Telefon auf eine Nachricht von mir.

»Sitzt du?«

»Ja, warte … jetzt! Was ist los?« Sie klang mindestens so aufgeregt, wie ich mich fühlte.

»Ich bin im Finale«, platzte es aus mir heraus. Zwar hatte ich eine Verschwiegenheitsklausel unterschrieben, aber neben meiner engsten Familie durfte ich meine beste Freundin einweihen. Etwas anderes wäre für mich auch gar nicht vorstellbar gewesen, denn mit irgendjemandem musste ich schließlich meine Freude teilen.

Ihre Antwort bestand aus einem ohrenbetäubenden Quietschen, in das ich einfach einsteigen musste, während ich auf und ab hüpfte.

»Ich wusste es, Emelie, du bist einfach die Beste!«

»Na ja, noch ist nichts gewonnen. Ich freue mich riesig, es so weit geschafft zu haben, aber jetzt geht es um alles. Das macht mich nervös und für morgen und die nächsten Tage muss ich konzentriert und ruhig bleiben.«

Nach einem zustimmenden Murmeln fragte sie: »Und was sagen deine Eltern dazu?«

»Die wissen noch nichts davon. Ich werde sie aber gleich anrufen.«

Stefanies geräuschvolles Seufzen drang an mein Ohr. »Lass dich bloß nicht von ihnen demotivieren, hörst du? Du bist großartig! Das, was du geschafft hast, muss dir erst einmal jemand nachmachen.«

»Ich weiß. Vielleicht ändert das ja sogar ihre Einstellung.«

»Hoffentlich. Ich wünsche es dir von Herzen«, sagte sie.

»Danke.«

»Und für morgen wünsche ich dir alles Gute. Ich denke an dich und feuere dich in Gedanken an. Egal wie es ausgeht, du kannst unglaublich stolz auf dich sein.«

Ihre Worte waren wie Balsam auf meiner Seele. »Du Liebe, ich wüsste nicht, was ich ohne dich machen würde.«

»Du wärst auf jeden Fall jetzt nicht in London. Immerhin habe ich dir von diesem Wettbewerb erzählt.« Im Geiste sah ich sie vor mir, wie sie mir frech die Zunge entgegenstreckte.

»Da hast du allerdings recht. Und wie geht es dir? Ist es immer noch so stressig auf der Arbeit?«

»Ach, frag nicht. Es ist schon wieder jemand krank. Ein Wunder, dass der Laden noch läuft. Wenn das so weitergeht, kündige ich doch noch und fange bei deinen Eltern an.« Ich wusste, sie machte nur Spaß. Vor etwas über einem Jahr war sie zu ihrem Freund Constantin nach Köln gezogen, die beiden waren ein Herz und eine Seele. »Also, dann halte ich dich nicht länger auf. Bring es hinter dich. Rede mit deinen Eltern und lass dir bloß nicht einreden, dass du nicht gut bist.«

Ich schmatzte ihr zum Abschied einen Kuss ins Telefon, dann verabschiedeten wir uns und ich war plötzlich ganz wehmütig, weil sie nicht hier bei mir sein konnte, um mich anzufeuern.

Meine Eltern wussten natürlich, wo ich steckte und weshalb ich hierhergekommen war. Ihre Freude hatte sich jedoch in Grenzen gehalten – nicht zuletzt, weil ich zu Hause nicht mithelfen konnte.

Dass sie – oder hauptsächlich mein Vater – mir ein schlechtes Gewissen einreden wollten, verletzte mich. Dennoch versuchte ich, einfach darüberzustehen. Jetzt hatte ich es ins Finale geschafft und damit endlich den Mut, mich zum ersten Mal, seit ich in London war, bei ihnen zu melden – mit einer positiven Nachricht. Bestimmt hatten sie nicht erwartet, dass ich so weit kommen würde. Immerhin hatte ich selbst nicht daran geglaubt, auch wenn ich es mir natürlich von ganzem Herzen gewünscht hatte.

Das heftige Pochen in meiner Brust ignorierend, nahm ich also mein Handy in die Hand und wählte die Nummer von zu Hause. Angespannt wartete ich auf das Freizeichen und hoffte, dass meine Eltern nicht unterwegs waren. Vor allem hoffte ich jedoch darauf, dass sie sich für mich freuten. Dass sie stolz auf mich waren, weil ich unter den letzten drei war, und dass sie mir für den Endspurt die Daumen drückten.

»Hoffmann?« Mama klang, als hätte sie sich gerade prächtig amüsiert. Ich hatte noch einen Gesprächsfetzen von ihr mitbekommen, bevor sie sich gemeldet hatte, jetzt lachte sie ins Telefon.

»Hallo, Mutti, ich bin’s, Emelie.« Okay, nun spürte ich den Herzschlag sogar im Hals. »Wie geht es euch?«

»Hey, mein Schatz!« Sofort wurde ihre Stimme weicher. »Gut, und dir? Warte, ich stell dich auf Lautsprecher, dein Papa ist neben mir. Bist du schon auf dem Weg nach Hause?«

Dass sie mir diese Frage stellte, als hätte sie nichts anderes erwartet, versetzte mir einen Stich. »Nein, ich bin nach wie vor im Rennen. Ich hab es heute ins Finale geschafft.«

»Aha.« Das kam von Papa. Und es klang nicht gerade begeistert. »Dann kommst du also erst morgen zurück?«

Angespannt biss ich mir auf die Unterlippe. »Der Wettbewerb dauert noch drei Tage und wir vermuten deshalb, dass die Finalrunde noch aufwendiger wird, also nein. Ehrlich gesagt dachte ich, dass ihr euch für mich freut und dass ihr mir die Daumen drückt – und nicht, dass ihr damit rechnet, dass ich gleich wieder nach Hause komme.« Ich konnte meine Enttäuschung nicht länger verbergen.

»Ach, Liebes, so war das doch nicht gemeint. Natürlich freuen wir uns für dich. Aber du darfst nicht vergessen, dass wir dich hier ebenfalls brauchen.«

Ich wusste, dass ihnen eine helfende Hand fehlte, doch ich war nicht unersetzbar. Philipp hatte die Bäckerei gut im Griff und er hatte mir vor meiner Abreise versichert, schnell jemand Neues einzustellen, sollte ich den Wettbewerb gewinnen. Dass er unseren Eltern davon nichts erzählt hatte, war klar. Offenbar hatte er mir nur verschwiegen, dass er die Sache genauso wenig ernst nahm wie die beiden.

»Ich schätze es wirklich sehr, dass ihr mich braucht. Aber um es erneut zu sagen: Ich möchte mir diesen Traum unbedingt erfüllen und ich werde es schaffen, ob ihr mich dabei unterstützt oder nicht.« Das auszusprechen kostete mich unfassbar viel Kraft. Weil ich damit nicht nur meine Eltern, sondern auch mich selbst überzeugen wollte. Die Zweifel nagten einfach zu heftig an mir.

»Emelie, versteh mich nicht falsch, es ist wirklich toll, dass du bei dem Wettbewerb so weit gekommen bist«, sagte mein Papa. »Letztendlich ist es jedoch nur eine Show. Das alles hat nichts mit dem echten Leben zu tun. Mit den Schwierigkeiten, den Tücken, die dich erwarten, wenn du eine eigene Konditorei aufmachst. Und das Startgeld ist zwar schön und gut, aber es hilft dir eben nur beim Start. Du musst auch die laufenden Kosten decken: Miete, Strom, Lebensmittel. Da kommt eine Menge auf dich zu. Solange du keinen Meistertitel trägst, müsstest du sogar jemanden dafür einstellen. Ganz zu schweigen davon, dass du dir auch deinen eigenen Lohn auszahlen musst, denn allein von der Liebe zum Handwerk kannst du nicht leben. Und bis du dir einen Namen gemacht hast, dauert es nun mal. Das ist nicht zu vergleichen mit der Bäckerei – und selbst wir brauchten eine Anlaufphase.«

Das waren nicht die Worte, die ich jetzt hören wollte, auch wenn mein Papa mich damit vor einer großen Enttäuschung bewahren wollte. Aber ich hatte nicht vor, den Mount Everest zu besteigen oder zum Mond zu reisen – ich plante nur, meine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Dass ich nicht sofort in Geld schwimmen würde, war mir bewusst, und ich war bereit, jede Hürde zu nehmen, die sich mir in den Weg stellte.

»Nimm es bitte nicht persönlich, Emelie, wir wollen nur das Beste für dich«, versuchte Mama, Papas Worte etwas zu mildern. Doch der Schmerz saß. Genau wie meine Entschlossenheit.

»Reden wir weiter, wenn ich wieder zu Hause bin.« Nachdem ich gewonnen habe, fügte ich in Gedanken hinzu, wagte aber nicht, mir vorzustellen, es wirklich auf den ersten Platz zu schaffen. Ich wollte nicht zu niedergeschlagen sein, sollte es doch nicht reichen. »Ich muss jetzt auflegen, wir gehen feiern.«

»Dann viel Spaß!« Mama klang entschuldigend, während Papa nur ein knappes »Tschüss« murmelte. Bestimmt sah er mich bereits tränenüberströmt am Flughafen stehen, mit zerplatzten Träumen und enttäuscht von mir selbst. Dann würde er mir erklären können, dass er mich gewarnt hatte. Doch diesen Triumph wollte ich ihm nicht gönnen.

Also reckte ich mein Kinn nach oben und straffte die Schultern. Meinem Spiegelbild nickte ich entschlossen zu und schwor mir, meinen Eltern – und mir selbst – zu beweisen, dass sie falschlagen.

Die nächsten Tage erlebte ich wie in Trance. Am Abend des Halbfinales hatten wir auf unserer kleinen Feier noch spekuliert, was unsere Aufgabe sein würde. Gefühlt fünfzig verschiedene Ideen für mögliche Themen hatten wir in den Raum geworfen – angefangen von London über Winter bis hin zu Europa, berühmte Gebäude, All around the World und vieles mehr. Doch mit all unseren Vermutungen lagen wir daneben. Nur dass es eine große, mehrstöckige Motivtorte sein würde, stellte sich als richtig heraus.

Als die Jury dann das Thema verkündete, mussten wir alle lachen. Es war Weihnachten – so naheliegend, dass wir es gar nicht in Betracht gezogen hatten. Immerhin war erst Mitte Oktober. Doch das Finale der Show sollte am zwanzigsten Dezember ausgestrahlt werden, da bot sich das Motto natürlich an.

Ich entschied mich ganz klassisch für einen Weihnachtsbaum. Eine Torte, die auf den ersten Blick mit ihren Details überzeugen und schließlich mit ihrem Geschmack gewinnen sollte.

Kaum hatte der Countdown gestartet, hatte ich begonnen, eine Skizze zu zeichnen. Ich hatte die Zutaten zusammengesucht und vermengt und die verschiedenen Ebenen gebacken – in doppelter Ausführung, nur zur Sicherheit. Außerdem hatte ich bereits einen Teil der Dekoration vorbereitet und auch hier den Lebkuchenteig gebacken. Am zweiten Tag, als alles ausgekühlt war, hatte ich begonnen, die drei Ebenen des Tannenbaumes zu füllen und ihn in die perfekte Form zu schneiden. Ich hatte die Lebkuchen verziert und an der restlichen Deko gearbeitet, die in Form von beinahe echt wirkendem Baumschmuck aufgehängt werden sollte. Der dritte Tag war jetzt ganz dem letzten Feinschliff gewidmet, was Fingerspitzengefühl und vor allem viel Geduld erforderte.

Die ganzen drei Tage über war ich in meiner eigenen Welt versunken gewesen, um so viel Weihnachtszauber wie möglich einzufangen. Doch jetzt, kurz vor Schluss, fühlte ich mich mit meinen Kräften und Nerven am Ende. Ich hatte gesehen, was die anderen zauberten, und kämpfte nicht zum ersten Mal die Selbstzweifel nieder, ob meine Idee ausreichen würde, um gegen die beiden zu bestehen.

Als die letzten dreißig Minuten eingeläutet wurden, stieg meine Anspannung auf ein neues Level, genau wie die Angst, nicht rechtzeitig fertig zu werden. In immer kürzer werdenden Abständen schaute ich zu Mario und Sophia, die genauso hektisch geworden waren wie ich. Die vier Jurymitglieder saßen am großen Tisch und berieten sich. Sogar dem Publikum, in dem ehemalige Teilnehmer, Freunde und Familienangehörige saßen, war der steigende Nervenkitzel anzumerken. Ein paarmal war die Jury während der letzten Tage zu uns gekommen, hatte uns gefragt, was wir planten, welche Zutaten wir verwendeten und welches Konzept wir uns überlegt hatten.

Selbst wenn ein Teil von mir fürchtete, dass ich den Geschmack der Jury nicht getroffen haben könnte, war ich stolz auf mein Kunstwerk. Ich hatte sogar eine echte Lichterkette und eine glitzernde Schneedecke aus flüssigem Fondant und essbarem silbernem Glitzerspray auf den Zweigen verteilt. Lebkuchen baumelten von den Ästen herab, genau wie Äpfel aus Marzipan und kleine Orangen aus Vanillebiskuit, getränkt mit Orangenlikör und gefüllt mit kandierten Orangenschalen sowie Weihnachtsgewürzen. Ich hatte sie mit weißer Kuvertüre umhüllt und mit orangem Velvet Spray eingesprüht, um die Orangenhaut perfekt nachzubilden. Und ja, das Gesamtkunstwerk war mir wirklich gut gelungen.

Pünktlich auf die Sekunde hängte ich den letzten Lebkuchenstern an den Baum. Ich hatte sie mit weißer Zuckerglasur verziert und war froh, dass sie schön weich und saftig geworden waren. Genau, wie sie sein sollten.

Auch Sophia und Mario waren rechtzeitig fertig geworden – und sie waren würdige Gegner.

Sophia stand vor einer Torte aus Geschenken, die wirklich toll aussah. Sie hatte verschiedenfarbigen Fondant verwendet und unzählige liebevolle Details eingearbeitet. Mit Airbrush, Pinsel und essbaren Farben hatte sie alles so realistisch gestaltet, als hätte man echte Weihnachtsgeschenke vor sich, die man sofort auspacken wollte. Zudem bestand jede Etage aus einem anderen Teig mit unterschiedlichen Füllungen. Dabei spielten vor allem die klassischen Weihnachtsgewürze wie Zimt, Kardamom, Anis und Nelken eine Rolle, wie Sophia der Jury gestern vor laufender Kamera erklärt hatte.

Mario hatte Santa auf seinem Schlitten nachgebildet. Der Sack, den er geladen hatte, war mit bunten Schokodrops gefüllt, die herauspurzelten, wenn man ihn anschnitt, wie ich am Rande mitbekommen hatte. Und ich musste neidlos gestehen, dass Mario wirklich großartige Arbeit geleistet hatte. Der Weihnachtsmann sah süß aus mit seinen roten Bäckchen und dem dicken Bauch, und die beiden Rentiere, die den Schlitten zogen, waren mindestens genauso niedlich geworden.

»Die Zeit ist um und wir sind nun gespannt auf eure Präsentation.« Der Moderator lächelte uns an, als wäre das nicht gerade ein Moment, der das Leben von einem von uns für immer verändern würde. Wenn ich das heute überstanden hatte, brauchte ich wirklich eine Pause von diesem ständigen Stress und Nervenkitzel. Vor Nervosität sprang mir fast das Herz aus der Brust.

Nach und nach kam die Jury zu uns und ließ sich noch einmal für die Zuschauer zu Hause erklären, was wir uns zum Thema Weihnachten überlegt und wie wir unsere Idee umgesetzt hatten. Dann mussten wir die Torte anschneiden und ihnen Stücke zum Probieren präsentieren, mit denen sich die vier außer Hörweite zurückzogen, um sich zu beraten.

»Mon dieu, wenn das vorbei ist, brauche ich einen Schnaps.« Sophia war ganz blass um die Nase und vermutlich sah ich nicht anders aus. Marios Gesicht hingegen war rot wie das von Santa Claus, was nicht bedeutete, dass er weniger nervös war als wir. Auf seiner Stirn standen Schweißperlen, was deutlich seine Anspannung und den Druck der letzten Tage widerspiegelte.

»Die Jury hat eine Entscheidung gefällt«, erlöste uns der Moderator nach einer gefühlten Ewigkeit. Mit feierlicher Miene fuhr er fort, während Übelkeit in mir aufstieg und meine Knie weich wurden. »Liebe Zuckerbäckerinnen und Zuckerbäcker: Tretet vor, um euch das Ergebnis anzuhören.«

Gleich war es so weit. Jeden Augenblick würden wir erfahren, wer den ersten, zweiten und dritten Platz belegt hatte …

Mit blanken Nerven standen wir der Jury gegenüber und hielten uns an den Händen. Diese letzten Tage hatten uns fest zusammengeschweißt und uns eine Menge abverlangt. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Show – selbst die bereits Ausgeschiedenen – waren verdammt gut. Ich konnte unmöglich sagen, wer von uns die beste Arbeit abgeliefert hatte. In der Haut der Jury wollte ich nicht stecken – wobei die vier sicher auch nicht mit uns tauschen würden. Die Anspannung war wirklich kaum noch auszuhalten.

»Eine knappe Entscheidung, die gefällt werden musste, ein Kopf-an-Kopf-Rennen, wenn ich das hinter den Kulissen richtig mitbekommen habe. Ihr habt euch mit dieser Abschlussarbeit selbst übertroffen und könnt unglaublich stolz sein, es bis hierher geschafft zu haben. Eure Kunstwerke sind alle einzigartig geworden. Nun will ich euch jedoch nicht länger auf die Folter spannen. Liebe Jury, bitte verkündet das Ergebnis.«

Ove Karlsson, ein Bäcker- und Konditormeister, der – soweit ich das mitbekommen hatte – aus Schweden stammte, übernahm das Wort. »Ihr habt wieder alles und mehr gegeben. Die Entscheidung ist uns auch heute sehr schwergefallen. Eure Werke sind gut durchdacht, optisch perfekt gelungen und sie schmecken fantastisch. Trotzdem mussten wir eure Arbeiten bewerten.«

Er sah uns nacheinander an, um die Spannung zu steigern – mit Erfolg. Mein Puls war so hoch, dass ich Angst hatte, jeden Moment umzukippen.

»Auf den dritten Platz haben wir eine Kreation gewählt, die zwar auf den ersten Blick vielseitig wirkt, im Vergleich zu den anderen jedoch ein etwas weniger aufwendiges Gesamtkonzept vorgelegt hat. Nichtsdestotrotz ist es eine unglaublich beeindruckende Arbeit und wir alle sind uns sicher, dass diesem Talent eine große Zukunft bevorsteht.«

O Gott, mein Herz setzte beinahe aus. Wen von uns meinte er damit?

Ein Kloß formte sich in meinem Hals, den ich hinunterzuschlucken versuchte.

»Ein großartiges Kunstwerk, das einen großartigen dritten Platz verdient hat … Sophia!«

Tränen schossen mir in die Augen. Tränen der Erleichterung und des Bedauerns, weil mir meine lieb gewonnene Kollegin leidtat. Sie nickte tapfer und wir drei umarmten uns schweigend. Aus Trost – und weil es für Mario und mich noch nicht vorbei war.

»Kommen wir nun zum Höhepunkt. Beeindruckender Ideenreichtum, Abwechslung verschiedenster Techniken, Geschick, was die gesamte Statik betrifft. Eine unverwechselbare Handschrift und Detailgenauigkeit, die uns alle überzeugt hat. Ganz zu schweigen von der Geschmacksexplosion auf unseren Gaumen.«

Konnte das ich sein?

Ich wusste es nicht.

Wollte es nicht hoffen …

Mein Puls erreichte einen neuen Höhepunkt.

»Der erste Platz geht an …«

Ich schaute jedem der vier Jurymitglieder in die Augen, drückte Marios Hand, die kalt und schweißnass in meiner lag.

»Mario! Herzlichen Glückwunsch!«

Meine Welt stockte, als hätte sie eine Vollbremsung hingelegt. Und genauso fühlte ich mich. Der Aufprall in der Realität war hart und ernüchternd. Er tat weh und doch mühte ich meine Mundwinkel zu einem Lächeln. Ich umarmte Mario, gratulierte ihm, während ich innerlich gegen neue Tränen ankämpfte. Gegen die Enttäuschung und das Wissen, dass meine Eltern leider doch recht behalten hatten.

Kapitel 2

Frederik

»Hier steckst du also.« Meine drei Jahre ältere Schwester Anika tauchte hinter mir auf und lehnte sich an den Zaun des Geheges, in dem meine sechzehn Hunde spielten oder einfach faul die anderen aus dem Rudel beobachteten. »Mutter sucht nach dir.«

Ich unterdrückte ein schweres Seufzen und wuschelte der Huskydame Algea durch das Fell. Dann erhob ich mich und wandte mich Anika zu. »Weswegen?«

Sie zuckte mit den Achseln. Ihr blondes Haar hatte sie wie immer zu einer kunstvollen Frisur geflochten, bei der ich mich jedes Mal fragte, wie sie es schaffte, sich dabei nicht die Finger zu verknoten. Zudem trug sie, seit sie achtzehn war, fast ausschließlich schicke Businesskostüme. Nur selten hatte ich sie in Jeans oder anderen bequemen Hosen gesehen, und inzwischen war sie fünfundzwanzig. Sie ging voll und ganz in ihrer Rolle als Thronfolgerin auf.

Mir war das nur recht.

Ich steckte Algea und Arvid ein Leckerli zu, dann warf ich einen Schneeball, dem sie voller Freude hinterherjagten, bevor ich das Gehege verließ. »Ich hoffe, sie liegt mir nicht wieder mit der Jobsuche in den Ohren.« Seit ich meine Ausbildung in der Armee abgeschlossen und vor zwei Jahren das Wirtschaftsstudium an der Privatuniversität in Fjarora begonnen hatte, war das ein ständiges Thema. Regelmäßig suchte sie das Gespräch mit mir und war fest davon überzeugt, dass ich mich schon jetzt nach einem bedeutsamen Job in einem einflussreichen Unternehmen hier oder im Ausland umsehen sollte. Dabei hatte ich schon nach einem Semester gemerkt, dass ich nicht der Typ war, der mit Anzug und Krawatte den ganzen Tag in einem Büro hocken wollte.

»Sie hat mir leider nicht verraten, worum es geht. Aber falls du meine Meinung hören willst: Sie hat nicht ganz unrecht, wenn sie dich dazu bringen will, dir schon jetzt Gedanken über deine Zukunft nach dem Studium zu machen. Auch wenn du den Thron nicht besteigen wirst – das Volk sieht zu uns auf, wir fungieren als Vorbilder.«

»Und Vorbildern ist es verboten, das zu tun, was ihnen Spaß macht und wofür sie brennen?« Verächtlich schnaubte ich, denn ich konnte es nicht fassen, dass Mutter nun auch Anika von diesem Standpunkt überzeugt hatte und auf mich hetzte.

»Selbstverständlich kannst du Spaß haben. Sieh mich an. Du tust ja gerade so, als ob ich zu meinem Schicksal genötigt und gegen meinen Willen gezwungen werde, die royalen Pflichten zu übernehmen.«

Kopfschüttelnd hielt ich ihr das große Eisentor auf, durch das der Weg zurück zum Palast führte. »Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Und du bist ganz anders als ich. Du liebst deine Aufgabe als Thronfolgerin …«

»Falsch, Frederik«, fiel sie mir scharf ins Wort. »Ich akzeptiere meine Bestimmung und bin stolz darauf, eines Tages diese Position von Vater übernehmen zu dürfen. Ich weiß, dass ich nichts daran ändern kann, und mache das Beste daraus. Dazu gehört auch, dass ich alles genieße, was mir an meiner Aufgabe Freude bereitet. Und wenn du mal rausgehen, dich mit den Menschen unterhalten und aufhören würdest, dich selbst zu bemitleiden, würdest du schnell merken, dass viele einen Job machen müssen, der nicht ihrer ersten Wahl entspricht. Trotzdem sind die Leute glücklich und haben Spaß an ihrer Arbeit. Oder tun zumindest alles dafür, damit es so ist.«

Wir hatten endlich den Palast erreicht, wo uns ein Diener mit einer angedeuteten Verbeugung die Tür öffnete.

»Tja, also ich habe mich mit Menschen unterhalten, die rundherum glücklich sind mit ihrem Job. Für sie ist es keine Arbeit, sondern ihre Leidenschaft. Weil sie das tun, was sie lieben. Und da fühlen sich die Dinge nicht übel an, die man vielleicht nicht so gern erledigt.«

Anika schenkte mir einen strengen Blick und schwieg für ein paar Schritte. »Du weißt, ich bin die Letzte, die etwas gegen deine Hunde hat. Und es hat nie jemand gesagt, dass du sie aufgeben sollst. Dennoch brauchst du etwas … Repräsentatives.«

Augenrollend bog ich neben ihr in den Gang ab, der zum Blauen Salon führte, in dem Mutter gern ihre Nachmittage verbrachte. »Ich bin Prinz und kein Schauspieler. Ich werde dem Volk nicht vorspielen, wie toll es ist, sich mit Wirtschaftsrecht, Konjunkturpolitik, dem Staatshaushalt oder wirtschaftlichen und politischen Beziehungen und deren Auswirkungen auf Güter- und Finanzmärkte auseinanderzusetzen, während mir dabei die Galle hochsteigt.«

»Manchmal frage ich mich echt, wie du es schaffst, dein Studium zu überleben.« Sie hielt schmunzelnd vor dem Salon, wo unsere Mutter auf der Chaiselongue saß und mehrere Bilder neben sich ausgebreitet hatte.

»Danke, Anika. Ich wusste, auf dich ist Verlass.« Mutter gab ihr ein Zeichen, woraufhin meine Schwester knapp nickte und uns allein ließ.

Mutters Anspielung war mir natürlich nicht entgangen – dass auf mich nämlich kein Verlass war. Und auch wenn es mich wurmte, entsprach es in ihren Augen der Wahrheit. Während meine ältere Schwester verantwortungs- und pflichtbewusst war, war ich schon immer der Rebell in der Familie gewesen.

»Setz dich, Frederik.« Sie deutete auf den Stuhl ihr gegenüber und ich nahm Platz.

»Nein, ich habe nicht mit Janne Bergström über sein Angebot gesprochen.« Gestern hatte sie mir eine weitere potenzielle berufliche Startmöglichkeit zugetragen, die so uninteressant geklungen hatte wie alle vorherigen. Janne war ein langjähriger Freund der Familie und Inhaber einer Hotelkette. Na gut, für ihn zu arbeiten, klang nicht ganz so trocken und langweilig wie die bisherigen Stellen, die sie mir vermitteln wollte. Dennoch sträubte sich alles in mir, ihn anzurufen und mit ihm über eine Anstellung nach meinem Studium zu reden.

Ein trauriges Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Das ist schade, aber deswegen wollte ich nicht mit dir sprechen. Ich bin gerade dabei, die Dekoration für den diesjährigen Winterball auszuwählen, und wollte dich bei dieser Gelegenheit fragen, wer deine Begleitung sein wird.«

»Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.« Das war nicht einmal gelogen, denn ich hatte wenig Lust auf ein weiteres gesellschaftliches Ereignis, bei dem ich mich benehmen und den anständigen Prinzen spielen musste. An hübschen Frauen, die sich gern an meiner Seite sehen würden, mangelte es jedenfalls nicht. Im Gegenteil, wenn ich wollte, könnte ich sie an einem Ballabend im Halbstundentakt wechseln. Aber ich hatte genug davon, dass es ihnen nicht um mich, sondern nur um meine königliche Abstammung ging.

»Nun, das trifft sich gut«, unterbrach sie meine Gedanken. »Ich möchte, dass du Britta Eklund einlädst.«

Ich kannte Britta nur flüchtig. Sie war eine der drei Töchter der Eklunds, die zu den letzten Adelsfamilien hier in Fjarora gehörten. Ich hatte sie als unscheinbares schüchternes Mädchen in Erinnerung und sie zudem seit über zehn Jahren kaum zu Gesicht bekommen. Mit ein Grund, warum ich über Mutters Vorschlag nicht glücklich war.

»Dein Vater und ich halten sie für eine gute Wahl, auch wenn wir dir nicht vorschreiben möchten, mit wem du zusammen sein sollst.«

Widerwillig hielt ich den Protest zurück, der in mir aufstieg. Denn ja, ich wusste, dass sie sich weder bei Anika noch bei mir einmischen würden, was die Liebe betraf. Aber auch unsere Eltern waren einander vorgestellt worden in der Hoffnung, dass sie sich ineinander verliebten. Ein Zusammenschluss einflussreicher Familien war schließlich nie verkehrt. Und bei ihnen hatte es funktioniert – was mich für sie freute. Die zwei hielten zusammen wie Pech und Schwefel und führten eine harmonische Ehe, soweit ich das beurteilen konnte. Sie hatten vieles anders gemacht als ihre Eltern, die noch unter sehr verstaubten Ansichten großgezogen worden waren. Zudem hatten sie sich um die Erziehung von Anika, mir sowie unseren neunjährigen Zwillingsgeschwistern Finnja und Thorben weitestgehend selbst gekümmert, was meiner Großmutter übel aufgestoßen war. Sie war der Ansicht gewesen, dass es dafür Kindermädchen gab, denn ein Königspaar hatte weitaus wichtigere Aufgaben. Dass meine Eltern nur ab und zu ein Dienstmädchen baten, ein Auge auf uns Kinder zu haben, wenn sie selbst mit ihrer Arbeit eingedeckt waren oder Termine hatten, hatte Großmutter nicht verstanden. Heute brauchten Anika und ich natürlich keine Aufsicht mehr, aber für Finnja und Thorben stand nach wie vor Edita auf Abruf bereit.

»Kann ich mich darauf verlassen, dass du Britta einlädst?«, hakte sie nach, als ich nicht sofort reagierte.

»Natürlich, Mutter.« Mühsam presste ich die Worte hervor und fragte mich gleichzeitig, ob mein Widerwillen auf ihr Drängen in diese Richtung zurückzuführen war oder weil sie sich erhoffte, dass sich zwischen Britta und mir mehr entwickeln könnte. Vielleicht wollte sie mich auch nur von meinen lockeren Frauengeschichten ablenken. Womöglich dachte sie sogar, Britta könnte mich »zähmen« … Schon allein bei diesem Gedanken spürte ich eine innere Ablehnung, obwohl Britta gar nichts dafürkonnte.

»Gut. Für heute Abend haben wir Familie Eklund zum Dinner eingeladen. Die perfekte Gelegenheit für dich, Britta zu bitten, dich zum Winterball zu begleiten.«

Statt einer Antwort nickte ich knapp. Wenigstens war ich vorgewarnt. Doch in mir brodelte es und ich musste mich zusammenreißen, nicht etwas zu sagen, was ich später bereuen würde. »Wenn du mich jetzt entschuldigst …«

Sie schenkte mir ihr mütterlich liebevolles Lächeln, das ich nicht erwidern konnte.

Ohne ihr ein weiteres Mal in die Augen zu sehen, stand ich auf und verließ den Salon.

Wenige Stunden später saß ich mit meiner Familie und unseren Gästen im Speisesaal. Meine Eltern unterhielten sich mit Niklas und seiner Frau, Anika schien in Brittas großer Schwester eine Gesprächspartnerin gefunden zu haben. Auch Britta redete die ganze Zeit und erzählte mir von ihren beiden Pferden, ihrem Philosophiestudium an einer Uni in Schweden und dass sie ein Auslandssemester in Dänemark plante. Doch ich hörte ihr nur mit einem Ohr zu. Stattdessen war ich damit beschäftigt, meinen Blick zwischen ihren eisblauen Augen, ihren geschwungenen Lippen und ihrem Dekolleté hin und her wandern zu lassen. Denn mit dem unscheinbaren Mädchen, das sie vor Jahren gewesen war, hatte sie heute nichts mehr gemeinsam. Im Gegenteil, sie hatte sich zu einer attraktiven Frau entwickelt. Doch abgesehen davon war das Dinner unglaublich öde.

Als die Dessertteller abgeräumt wurden, sah ich meine Gelegenheit, der Langeweile zu entkommen. »Was hältst du davon, wenn ich dich ein bisschen im Palast herumführe?«

Ihre Augen leuchteten auf und ein Lächeln schob sich auf ihr Gesicht. »Das klingt großartig.«

Wir entschuldigten uns und ich begleitete sie aus dem Speisesaal hinaus, vorbei an den Bediensteten, die für das Wohlergehen meiner Familie und der Gäste sorgten.

»Wie lange ist es her, dass du zuletzt hier gewesen bist?«

Britta löste ihren Blick von dem Ölgemälde meines Großvaters, das zwischen zwei edlen Wandteppichen hing. »Zehn Jahre. Du erinnerst dich? Unsere Väter waren jagen und unsere Mütter … keine Ahnung, was sie gemacht haben.«

»Ein Wellness-Wochenende.«

Sie lächelte wissend. »Ah, genau.«

Wir Kinder hatten deshalb genügend Zeit zum Spielen gehabt, selbstverständlich unter Editas Aufsicht. Danach hatte ich Britta und ihre Schwestern nur sporadisch gesehen, was nicht zuletzt daran lag, dass ein kleiner Skandal unsere Familien überschattet hatte, in dem meiner Mutter und Brittas Vater ein Verhältnis angedichtet worden war. Ein Geflecht aus Lügen, um der Krone zu schaden. Wer diese Vorwürfe geäußert hatte, wussten unsere Eltern angeblich bis heute nicht. Und bis Gras über diese Sache gewachsen war, hatte es einige Zeit gedauert.

»Also … falls du es nicht mehr weißt, das hier ist eine unserer Bibliotheken.« Ich öffnete die große schwere Holztür und gab den Blick auf edle Regalwände voller Bücher frei. Ich liebte den Geruch von altem Leder, Papier und Holz.

»Stimmt, hier haben wir uns vor unseren Schwestern versteckt.« Sie kicherte bei der Erinnerung.

Wir waren den drei älteren Geschwistern davongelaufen, genau wie dem Kindermädchen, und hatten uns hier verkrochen. Es hatte lange gedauert, bis sie uns gefunden hatten.

»Wir saßen eine gefühlte Ewigkeit da drüben bei den dicken Gedichtbänden.« Schmunzelnd dachte ich an den Tag zurück.

Britta ging auf die Regale zu und ließ ihren Blick über die Buchtitel gleiten, ehe sie sich zu mir umdrehte. »Weißt du eigentlich, dass ich damals die ganze Zeit neben dir überlegt habe, wie ich es anstellen soll, dich zu küssen?«

Überrascht runzelte ich die Stirn. »Du warst wie alt? Zehn? Elf?«

Britta zuckte mit den Schultern. »Du warst eben damals schon der hübscheste Junge, den ich kannte.« Nun kam sie auf mich zu und blieb direkt vor mir stehen. Ihr blumiger Duft stieg mir in die Nase und ihr Atem streifte mein Gesicht, als sie weitersprach: »Und du hast dich kaum verändert. Also … schon, du bist mindestens genauso attraktiv, aber auch … männlicher.« Mit diesen Worten reckte sie mir ihr Kinn entgegen, bis sich unsere Lippen fast berührten.

Spontan umfasste ich ihre Taille.

Sie legte ihre Hände an meine Brust, zog mich am Revers zu sich und küsste mich. »Männlicher und … königlicher.« Sie hauchte diese Worte – doch auf mich wirkten sie wie eine kalte Dusche.

Schnell löste ich mich von ihr und brachte Abstand zwischen uns. »Ich denke, wir sollten wieder zurück zu den anderen gehen.«

»Was …? Aber wieso?« Erneut rückte sie zu mir auf, ihre Verunsicherung war förmlich greifbar. »Was habe ich falsch gemacht? Habe ich … o Gott, ich hab doch nicht etwa Mundgeruch?« Schamröte stieg ihr in die Wangen.

»Nein, ich … halte es nur für einen Fehler. Bitte akzeptiere meine Entscheidung einfach.« Den Grund dafür, dass sie – wie alle vor ihr – in mir nur den Prinzen sah, erwähnte ich nicht. Klar, sie fühlte sich von meinem Titel angezogen, was ich ihr nicht einmal verübeln konnte. An einem anderen Tag hätte ich meinen Frust darüber vielleicht ausgeblendet und ihr eventuell sogar meine privaten Wohnräume gezeigt. Doch Mutters Worte hingen nach wie vor in der Luft und sorgten dafür, dass sich mir alle Haare aufstellten. Denn falls ich mich jemals in eine Frau verlieben würde, wäre es sicher keine, die mich nur aufgrund meines Titels wollte. Leider hatte ich in diesem Punkt bisher keine Erfahrungen machen können – einer der Gründe, weshalb ich es lieber auf belanglosen Affären beruhen ließ, anstatt mich längerfristig auf eine Frau einzulassen. Denn wenn sie nur den Prinzen liebten und nicht mich, mit all meinen Stärken und Schwächen, war noch nicht die Richtige unter ihnen.

Britta schien beleidigt zu sein, doch sie schwieg. Und als wir wenige Minuten später wieder zu den anderen stießen, die inzwischen in den Weißen Salon gewechselt waren, ließ sie sich von meiner Abfuhr nichts anmerken.

Dass ich sie nicht zum Winterball eingeladen hatte und das auch nicht tun würde, verschwieg ich meiner Mutter. Wie lange ich das jedoch für mich behalten konnte, war nur eine Frage der Zeit. Vermutlich würde sie mich schon morgen damit nerven und spätestens übermorgen den nächsten Vorschlag liefern.

Kapitel 3

Emelie

Dass ich den zweiten Platz beim Wettbewerb belegt hatte, sollte mich freuen. Ich sollte glücklich und stolz auf mich sein – genau wie Stefanie es auf mich war, was sie mir vorhin noch einmal in einer Textnachricht geschrieben hatte. In gewisser Weise war ich das auch. Doch gleichzeitig saß da diese Enttäuschung tief in mir, die ich vermutlich nicht so heftig empfunden hätte, wenn ich bereits vor Tagen ausgeschieden wäre. Vielleicht wäre sie sogar bei einem dritten Platz geringer ausgefallen. Aber die Zwei? Das war so haarscharf am ersten Platz vorbeigeschlittert, dass mir jedes Mal die Tränen in den Augen brannten, wenn ich darüber nachdachte.

Selbst jetzt, auf der großen Abschiedsparty, zu der wir alle geladen waren. Nicht nur wir drei Finalisten, auch die Teilnehmer, die es nicht so weit geschafft hatten, aber noch in London geblieben waren. Gemeinsam mit der Jury, dem Moderator und den Kameraleuten, den Tontechnikern, der netten Frau aus der Maske, deren Name ich ständig falsch aussprach, und allen anderen Beteiligten hinter den Kulissen feierten wir gemeinsam mit Freunden und Familienmitgliedern die vergangenen stressigen Tage.

Alle waren in ausgelassener Stimmung und ich sollte es ebenfalls sein. Doch das fiel mir verdammt schwer. Ich hatte nicht einmal meine beste Freundin bei mir, geschweige denn meine Familie.

»Da liegt eine großartige Zeit hinter uns, die wir alle nicht vergessen werden.« Ove Karlsson, der Juror aus Schweden, hatte sich zu mir an den Stehtisch gesellt. Er lächelte freundlich und hielt ein knallrotes Getränk in der Hand.

»Hm, allerdings.« Ich versuchte es mit einem positiven Gesichtsausdruck, scheiterte jedoch vermutlich.

Ove räusperte sich und sah sich um, dann lehnte er sich in meine Richtung. »Du warst meine Favoritin. Ich wurde nur leider von den anderen überstimmt.«

Überrascht schaute ich ihn an. Augenblicklich schlug mein Herz schneller.

Er nippte an seinem Glas. »Aber verrate keinem, was ich dir gerade anvertraut habe, Emelie.«

»Nein, keine Sorge. Und danke, dass du es mir gesagt hast.«

Er zuckte mit den Schultern. »Ich finde, du solltest es wissen. Weißt du schon, was du jetzt machst?«

»Wie, jetzt?«

»Nach der Show. Wie geht es bei dir weiter? Wirst du wieder zurück nach Deutschland gehen? Weiterhin in der Bäckerei arbeiten?«

Ich unterdrückte ein Schnauben. »Ich habe keine andere Wahl. Mein Traum von einer eigenen Konditorei muss leider warten.«

Ove runzelte die Stirn. »Na ja, du könntest dich erst mal als Konditorin bewerben und irgendwo anstellen lassen. Immerhin hast du mit dem zweiten Platz bei dieser Show beste Referenzen.«

Nachdenklich legte ich den Kopf schräg. »Das mag sein, aber ich habe das Handwerk nicht gelernt, sondern mir selbst beigebracht – und viele achten auf einen echten Abschluss. Außerdem gibt es bei uns im Ort keine Konditorei. Und die in der Umgebung sind … nun ja, sie machen normale Torten, nicht diese Tortenkunst, die mir so viel Spaß macht. Verstehst du, ich will keinen Rückschritt machen und am Ende womöglich in einer Konditorei versauern, in der ich nichts mehr lernen und mich keinen Herausforderungen stellen kann.«

Er nickte brummend. »Aber möchtest du gern an einem Ort arbeiten, wo man diese Kunst schätzt und anwendet? Wo du tagtäglich dein Handwerk ausüben und dazulernen kannst?«

Okay, worauf wollte er hinaus? Das klang sehr … spannend.

»Also wenn sich die Gelegenheit auftut, würde ich definitiv nicht Nein sagen.«

»Wärst du dafür eventuell auch bereit, ins Ausland zu gehen?«

Nun raste mein Herz noch schneller als zuvor. »Sicher«, antwortete ich, ohne zu überlegen.

Ein Lächeln schob sich auf sein Gesicht. »Dann hätte ich ein Angebot für dich. Wie wäre es, wenn du für mich arbeitest? Ich bin Chef Pâtissier des königlichen Palastes in Fjarora und würde dir gern ein dreimonatiges Praktikum anbieten.«

»Wow, Moment mal … des königlichen Palastes?«

»In Fjarora, genau. Das ist ein kleines Königreich zwischen Schweden und Norweg…«

»Ich weiß, wo Fjarora liegt«, fiel ich ihm aufgeregt ins Wort. »Meine Mutter stammt von dort. Also … sie ist dort aufgewachsen, war jedoch seit über zwanzig Jahren nicht mehr in ihrer Heimat. Ich war auch noch nie in Fjarora, aber … ich spreche fließend Schwedisch und ich wollte mich schon immer mal auf die Spuren meiner Familie begeben.«

Ove wirkte mehr als zufrieden. »Sehr gut. Schwedisch? Ein weiterer Pluspunkt. Ich würde vorschlagen, wir sehen uns vor deiner Abreise morgen früh in der Hotellobby zu einem Gespräch über die Formalitäten. Aber jetzt genießen wir erst mal die Party.«

Zwei Wochen später stand ich völlig überdreht am Flughafen in München, einen Koffer neben mir und das nächste große Abenteuer vor mir. Glücklicherweise hatte sich Philipp bereit erklärt, mich zu fahren. Nun standen wir in der Schlange zur Gepäckabgabe an und ich war froh, nicht allein sein zu müssen.

Nachdem ich vor gut zwei Wochen Mama und Papa von dem Gespräch und der finalen Zusage von Ove am darauffolgenden Tag erzählt hatte, hatten sich beide wahnsinnig aufgeregt. Seitdem war die Stimmung zu Hause noch unerträglicher gewesen. Zum Glück hatte Stefanie am Wochenende Zeit bei ihren Eltern verbracht, und ich war ehrlich gesagt froh gewesen, dass ich zu ihr hatte fahren können, um vor meiner Abreise noch etwas Abstand zu meinen Eltern zu bekommen. Sie hatte mich aufgebaut und mich darin bestärkt, diesen Traumjob anzunehmen.

Papa war nach wie vor sauer auf mich, weil ich die Bäckerei hinter mir lassen wollte und mir meinen Traum nicht ausreden ließ, als Konditorin zu arbeiten. Und Mama stand die Enttäuschung ebenfalls ins Gesicht geschrieben, aber aus ganz anderen Beweggründen. Sie fühlte sich von mir verraten, weil ich ausgerechnet nach Fjarora ging – ihre ehemalige Heimat, die sie vor vielen Jahren wegen eines Familienstreits hinter sich gelassen hatte, über den sie nie wirklich reden wollte.

Philipp schien zu merken, dass mich diese Themen nicht völlig kalt ließen. Stirnrunzelnd schaute er mich an. »Du bist dir sicher, dass du das tun willst? Obwohl du nicht einmal mehr Mama auf deiner Seite hast?«

»Bin ich. Herz und Bauch sagen mir, dass ich es tun muss. Das ist im Moment meine einzige Chance, verstehst du? Außerdem bekommt man so ein Angebot nur einmal im Leben. Ich wäre wirklich verrückt, es abzulehnen.«

Philipp schmunzelte und zwinkerte mir zu. »Da ist was dran. Und mach dir keine Sorge um die Bäckerei, wir kommen zurecht. Ich konnte Papa davon überzeugen, doch noch jemanden einzustellen. Und für dich haben wir trotzdem immer einen Platz.«

»Das weiß ich doch.« Dankbar umarmte ich ihn. »Du musst aber nicht die ganze Zeit mit mir hier warten, ich schaffe das schon.«

Zögernd schaute er mich an. »Du hast recht, du bist erwachsen«, sagte er dann. »Sorry, für mich bleibst du trotzdem immer meine kleine Schwester, die ich überall hinbegleiten muss.«

»Hey, ich war gerade erst allein in London.«

Lachend kratzte er sich über seine kurz geschorenen Haare. »Stimmt! Okay, also … dann wünsche ich dir eine aufregende Zeit im Land unserer Wurzeln. Melde dich und vergiss uns nicht, hörst du? Und … guten Flug! Hab dich lieb.«

»Ich dich auch, großer Bruder.« Erneut drückte ich mich an ihn und schluckte den Kloß der Rührung hinunter, der sich in meinem Hals breitgemacht hatte.

Ein letztes Mal zwinkerte er mir zu, bevor er sich umdrehte und davonspazierte. Nun war ich wirklich auf mich allein gestellt.

Die steigende Aufregung atmete ich geräuschvoll weg, doch das kräftige Pochen in meiner Brust ließ sich trotzdem nicht beruhigen. Mit aller Kraft versuchte ich, das schlechte Gewissen meinen Eltern gegenüber zu ignorieren, weshalb ich sofort eine Nachricht an Stefanie schrieb.

Ich bin in München und steige gleich in mein Flugzeug.

Aaah, so aufregend! Du musst dich unbedingt gleich melden, sobald du gelandet bist. Und mach Fotos!

Das werde ich! Danke, dass du mich in den letzten Tagen moralisch so unterstützt hast.

Aber das ist doch selbstverständlich.Hab dich lieb, guten Flug!

Ich hab dich auch lieb und vermisse dich. Bis dann.

Stunden später war von meiner Vorfreude jedoch nicht mehr viel übrig. Verärgert lief ich bereits zum fünften Mal den kleinen Flughafen von Fjarora ab – doch es schien niemand da zu sein, um mich abzuholen. Dabei hatte mir Ove versichert, dass er rechtzeitig jemanden vorbeischicken würde. Nun wusste ich nicht, ob er es vergessen hatte oder etwas dazwischengekommen war.

Kurz tippte ich eine Nachricht an meine Mama, damit sie und Papa Bescheid wussten, dass ich gut angekommen war. Über den Rest verlor ich kein Wort. Für ein weiteres demotivierendes Gespräch hatte ich gerade keine Nerven. Stattdessen wählte ich die Nummer meiner besten Freundin.

»Hi, Stefanie, ich bin gelandet.«

»Dafür, dass du gerade happy sein solltest, klingst du aber sehr niedergeschlagen. Was ist los? Ist dein Koffer nicht angekommen?«

Ich erzählte ihr von meiner einsamen Lage.

»Ach, Mist. Kannst du denn deinen Chef nicht kontaktieren?«

»Ich habe blöderweise keine Telefonnummer von ihm. Aber ich könnte ihm eine E-Mail schicken.«

»Ja, mach das. Und lass den Kopf nicht hängen. Bestimmt klärt sich die Sache gleich auf.«

Zustimmend brummte ich.

Stefanie wünschte mir viel Glück und verabschiedete sich schließlich, da ihr Chef sie wegen des Telefonats ermahnt hatte.

Und weil ich nicht noch länger hier warten wollte, wie bestellt und nicht abgeholt, schrieb ich Ove eine E-Mail. Ich wartete noch eine Viertelstunde, doch es kam keine Antwort von ihm, um das Missverständnis zu klären oder mir zu sagen, was ich tun sollte. Also beschloss ich, mir selbst ein Taxi zu organisieren.

Als ich nach draußen ging, hob sich meine Laune ein wenig, weil hier tatsächlich überall Schnee lag. Vom Flugzeug aus hatte ich bereits die weiße Landschaft bewundert, aber nun die mindestens dreißig Zentimeter dicke Schneedecke direkt vor mir zu sehen, war einfach großartig. Zu Hause hatten wir viel zu wenig Winter.

Nur der Taxistand war leider leer. Gut, der Flughafen von Fjarora war nicht ansatzweise mit dem von München vergleichbar. Abgesehen von meinem Flugzeug würde laut Anzeige in der Ankunftshalle heute nur noch eine Maschine landen. Das erklärte auch, warum hier keine Taxis standen und auf Fahrgäste warteten. Die Wahrscheinlichkeit, Geld mit Laufkundschaft zu machen, war wohl eher gering.

Also beschloss ich, ein Taxi zu bestellen, und ging wieder hinein. Ich peilte direkt die kleine Information an, die still und verlassen in der Eingangshalle lag. Zum Glück entdeckte ich eine Klingel wie an der Rezeption eines Hotels, und als ich sie bediente, kam auch gleich eine Frau mit freundlichem Gesichtsausdruck aus dem Raum dahinter. Vilja stand auf ihrem Namensschild.

»Hej, was kann ich für dich tun?«

Unwillkürlich lächelte ich zurück. Ihr Schwedisch zu hören war herrlich. Mama redete nur noch selten mit Philipp und mir in ihrer Muttersprache, seit Omi gestorben war. Vielleicht erinnerte es sie zu schmerzlich an diesen blöden Familienstreit und daran, dass sie nun niemanden mehr aus ihrer Heimat hatte, mit dem sie reden konnte.

Viljas Duzen rief mir ins Gedächtnis, dass man in der schwedischen Sprache gar nicht siezte – was für mich nach wie vor ziemlich befremdlich war, obwohl ich es von Mama kannte. Immerhin hatte ich mich bisher nur mit Mama, Philipp und Omi auf Schwedisch unterhalten, nie mit fremden Leuten. Gewöhnungsbedürftig war auch, dass man sich hier ausschließlich mit dem Vornamen ansprach, egal in welcher Beziehung man zueinander stand oder welchen Beruf man hatte.

»Hej. Ich bräuchte bitte ein Taxi.«

»Hast du die Fahrt im Vorfeld bestellt?«

»Ähm … nein, ich wusste nicht, dass das nötig ist.«

»Tut mir leid, dann wirst du kein Glück haben. Nordin und Nea sind die einzigen, die hier Taxi fahren. Und die beiden sind so gut wie immer ausgebucht.« Entschuldigend schaute sie mich an.

So ein Mist.

»Oh, okay. Und wie komme ich von hier weg, wenn mich niemand abholt?«

»Hast du einen Führerschein?«

Ich nickte.

»Gut, dann kannst du ein Auto mieten. Wäre das eine Option für dich?«

»Ähm … ja, das ginge.« Ich hasste es zwar, mit fremden Autos zu fahren, aber ich wollte auch auf keinen Fall noch länger hier warten, ohne zu wissen, ob mich überhaupt noch jemand abholen kam.

»Ich bräuchte bitte nur deinen Führerschein und eine Unterschrift hier.« Sie schob mir ein Blatt Papier über den Tresen.

Nachdem alle Formalitäten erledigt waren, begleitete mich Vilja nach draußen, wo ein kleiner blauer Volvo stand. Erleichtert atmete ich auf, da ich befürchtet hatte, irgendeinen großen Wagen fahren zu müssen. Aber dieser hier war in etwa mit Mamas Golf vergleichbar, den ich mir ab und zu geliehen hatte.

Die Frau half mir sogar, mein Gepäck in den Kofferraum zu hieven, und erklärte mir kurz die Grundfunktionen. Als sie das Navi einschaltete, ertönte eine weibliche Computerstimme, die auf ein Update der veralteten Software hinwies.

»Keine Sorge, bisher hat es noch keine Probleme mit irgendeiner Adresse gegeben. Du kommst also bestimmt an dein Ziel«, meinte sie überzeugt.

Ich antwortete mit einem »Okay«, auch wenn mich diese Tatsache nur zusätzlich nervös machte. Doch sie beruhigte mich noch einmal, was mir einen Teil der Unsicherheit nahm. Anschließend wünschte sie mir eine gute Fahrt und ich war wieder auf mich allein gestellt.

Bevor ich losfuhr, checkte ich ein letztes Mal meine E-Mails und schrieb Ove zur Sicherheit eine Nachricht, dass ich nun mit einem Mietauto zur Adresse meines zukünftigen Zuhauses fahren würde. Nicht dass in der Zwischenzeit doch jemand auf dem Weg war und mich vergeblich am Flughafen suchte. Ove hatte bestimmt einen triftigen Grund, weshalb er oder einer seiner Leute es nicht hierher geschafft hatten.

Ich gab die Adresse ins Navi ein, die Ove mir genannt hatte, und betete, dass jemand vor Ort war. Und hoffentlich lag die Unterkunft nicht zu weit von meiner Arbeit entfernt. Gespannt, ob sich bald alles aufklären würde, startete ich den Motor und fuhr los.

Da auch die Straßen mit Schnee bedeckt waren, kam ich zunächst nur im Schneckentempo voran. Ich brauchte ein paar Kilometer, bis ich mich an das Gefühl gewöhnt hatte – was bestimmt auch an dem fremden Auto lag.

Irgendwann wurde ich etwas sicherer und konnte sogar die verschneite Umgebung genießen. Ich fühlte mich wie in einer Postkarten-Winterlandschaft. Die Sonne würde wahrscheinlich bald untergehen, denn ich wusste, dass Sonnenauf- und – untergang nicht mit Deutschland vergleichbar waren. Hier stand die Sonne viel tiefer und die Nächte waren allgemein länger. Mama hatte Philipp und mir früher ab und zu von aufregenden Wintern, uralten Mythen und den Nordlichtern erzählt. Dieses Naturschauspiel nun vielleicht sogar selbst erleben zu dürfen, fühlte sich noch etwas surrealistisch an – und schürte gleichzeitig meine Vorfreude.

Ich fuhr über schmale Straßen, vorbei an vereinzelten Häusern mit roten Holzfassaden und weißen Fenster- und Türrahmen, die alle so hübsch aussahen, dass ich am liebsten vor jedem gehalten und ein Foto gemacht hätte.

Ein kurzer Blick auf das Navi verriet mir schließlich, dass ich nur noch sieben Minuten von meinem Ziel entfernt war. Weit und breit war jedoch nichts zu sehen bis auf weite schneebedeckte Flächen und Wald. Ich fragte mich, ob ich vielleicht doch ein Stück mit dem Auto zur Arbeit fahren musste. Oder lagen der Palast und meine Unterkunft hinter diesem Waldstück, auf das ich zusteuerte? Die Straße führte immerhin direkt hindurch.

Hoffentlich brach das GPS-Signal nicht ab, sonst wäre ich wohl komplett verloren. Ich hatte keine Ahnung, wo ich hinmusste. Jetzt bereute ich es, dass ich mir den Weg vom Flughafen zu meinem neuen Zuhause und zu meinem Arbeitsplatz nicht vorher angeschaut hatte. Ich hatte mich zu sehr darauf verlassen, dass mich jemand abholen und mir alles zeigen würde.

Im Wald war es bedeutend diesiger. Sofort musste ich an die Trolle denken, von denen Mama uns mehrere schaurige Geschichten erzählt hatte, als wir noch kleiner waren. Diese Wesen lauerten angeblich hinter den Bäumen und stürzten sich auf Wanderer, um sie zu verspeisen.

Natürlich wusste ich, dass das alles erfunden war. Als Kind hatte ich mich auch nie wirklich gegruselt, aber jetzt, bei diesem düsteren Licht auf der geschlängelten Straße durch den Wald, lief mir doch ein kalter Schauer über den Rücken. Als ich um die nächste Kurve fuhr, musste ich über mich selbst und meine Reaktion lachen – doch schon im nächsten Moment riss ich erschrocken die Augen auf. Nur wenige Meter vor mir schoss etwas zwischen den Bäumen hervor. Kein Troll, sondern ein Hundegespann mit einem Schlitten. Instinktiv stieg ich auf die Bremse. Die Reifen blockierten, doch es war zu spät. Das Auto rutschte weiter und ich schrie auf, als ich den Schlitten mit einem dumpfen Rums erwischte.

Durch den Zusammenstoß hatten sich wohl die Hunde gelöst, denn sie jagten in wildem Tempo davon.

Mein Herz raste, während der Wagen zum Stehen gekommen war.

»O Gott. O Gott, o Gott!« Meine Hand zitterte, als ich den Motor abstellte und ausstieg, um nachzusehen, ob die Person, die ich erwischt hatte, noch lebte – oder ob ich keine zwei Stunden nach meiner Ankunft in Fjarora bereits ein Leben auf dem Gewissen hatte.

»Hallo?«, sagte ich am ganzen Körper schlotternd.

Ich hörte ein Stöhnen. Ein gutes Zeichen. Oder ein schlechtes? Denn es klang nicht, als wäre die Person unverletzt geblieben.

Kapitel 4

Frederik

Ah, verdammt!

Was zur Hölle war das? Gerade noch war ich mit meinen Kumpels Sven und Lars mit den Hundeschlitten durch den Wald gejagt – okay, ich hatte mich etwas zurückfallen lassen, weil die zwei heute wieder völlig irre unterwegs waren – und dann schoss mit einem Mal ein Auto auf dieser Waldstraße um die Kurve, die seit Jahren gesperrt war.

Dennoch hatte ich Glück im Unglück gehabt. Die Hunde hatte es nicht erwischt. Nur der Schlitten war gebrochen, aber dadurch hatten sich Algea und die anderen lösen können. Wenigstens wusste ich, dass sie den Weg allein zurück zum Palast fanden. Aber diese Verrückte hatte mich erfasst und nun lag ich halb unter dem kaputten Hundeschlitten meines Großvaters auf der Fahrbahn.

»O nein, das tut mir leid. Gib mir deine Hand, ich helfe dir hoch.«

Ich konnte den Kopf nicht weit genug drehen, um die Frau zu erkennen, aber entweder war sie etwas schwer von Begriff oder sie stand unter Schock. »Fahr deine Karre zurück, die hat sich mit meinem Schlitten verkeilt!«

»Oh! Sicher, Moment.«

Schnee knirschte, eine Autotür wurde geöffnet und wieder geschlossen, der Motor gestartet. Doch dann passierte erst mal gar nichts. Was tat sie denn? Musste sie überlegen, wie man den Rückwärtsgang einlegte?

Das typische Knacken des Getriebes war zu hören, als sie endlich den Ganghebel betätigte. Schließlich setzte das Auto langsam zurück und ich konnte den Schlitten von mir schieben.

Ächzend stand ich auf und fand mich einer hübschen Frau gegenüber, die etwa in meinem Alter sein musste. Ihre kinnlangen dunkelbraunen Haare lugten unter einer weißen Mütze hervor und sie musterte mich mit großen Augen von oben bis unten.

»Gott sei Dank, du kannst aufstehen. Bist du verletzt? Es tut mir so leid, aber du bist einfach aus dem Nichts aufgetaucht. Ich konnte nicht schneller reagieren.«

Sie ließ einen ganzen Wortschwall auf mich los. Kurz überlegte ich, woher sie kam, denn ich nahm einen schwachen Akzent bei ihr wahr, den ich noch nie gehört hatte.

»Es dürften nur leichte Prellungen sein, sonst ist mir nichts –«

»Mist, du blutest.« Sie zeigte erst auf ihre Wange, dann auf meine.