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Endlich in Rente, denken die Frauen und Männer in diesen kurzweiligen Episoden. Endlich machen können, was man will. Doch das ist gar nicht so einfach, wie mancher dachte. Denn nun heißt es, seinen Tag selbst zu strukturieren und ihm einen Sinn zu geben. Das wirft viele aus der Bahn - oder manchmal auch den Partner. Die Geschichten handeln von Geldsorgen, Streit, Alkoholismus, Spiel- und Eifersucht und dergleichen mehr … Doch nicht selten finden die Paare eine Lösung und oft auch wieder zueinander. Aber manch eine schon lange geplagte Ehefrau nutzt die neue Freiheit und befreit sich aus dem Joch der Ehe. Es sind Geschichten, die das Leben schreibt.
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Seitenzahl: 386
Veröffentlichungsjahr: 2022
Inhaltsverzeichnis
Impressum 2
Alois und Rosa 3
Irmi und Fritz 17
Erich und Dorli 54
Egon und Andrea 98
Hanni und Berni 134
Julia und Bayram 157
Lotte und Philip 178
Oma Hermine 199
Steffi und Walter 220
Tante Wilma oder eine Villa geht den Bach runter 232
Danksagung 249
Impressum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
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© 2022 novum publishing
ISBN Printausgabe: 978-3-99107-414-4
ISBN e-book: 978-3-99107-415-1
Lektorat: Isabella Busch
Umschlagfoto: Ammentorp | Dreamstime.com
Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh
www.novumverlag.com
Alois und Rosa
Rosa war von Kindheit an ein verzogenes Einzelkind, dem jeder Wunsch von den Eltern erfüllt worden war und das nie gelernt hatte, auch mal zu verzichten. Sie hatte ein total übersteigertes Ego und war nie darüber hinweggekommen, dass ihr Mann einmal untreu gewesen war. Zusätzlich schleppte Rosa auch noch ein altes, nie überwundenes anderes Problem mit sich herum: Sie war sehr jung schwanger geworden. Auch daran war Alois natürlich alleine schuld, weil er sie verführt hatte. Dass Rosa daraufhin zum Heiraten gezwungen worden war, hatte sie Alois ebenfalls nie verziehen. All diese Notlösungen machten Rosa unglücklich und unzufrieden. Ihre Träume und Vorstellungen vom Leben hatten sich nicht erfüllt, sodass sie ständig frustriert war.
Aber Rosa hatte das große Glück, dass sie wunderbare Eltern hatte, die ihr stets zur Seite standen und ihr alle Unannehmlichkeiten aus dem Weg räumten. Sie hatten sich auch liebevoll um ihr Enkelkind gekümmert. Die Kleine war auf den Namen „Hildegard“ getauft, aber nur Hilde gerufen worden. Sie war das genaue Gegenteil von ihrer Mutter: sehr bescheiden und mit beiden Beinen mitten im Leben stehend. Die Großeltern liebten sie von ganzem Herzen und hatten ihr von jeher die Mutter ersetzt, die niemals mit ihr etwas anzufangen gewusst hatte.
Zusätzlich litt Rosa noch unter dem Zwang einer übertriebenen Reinlichkeit, was sehr nerven konnte. Ewig lief sie mit einem Taschentuch oder einem Putzlappen in der Hand herum, um die Türklinken von den Bakterien zu befreien. Rosa öffnete und schloss sogar die Autotür mit einem Tuch. In dieser kinderfeindlichen Umgebung aufzuwachsen, war Hilde dank ihrer Großeltern erspart geblieben. Rosa mochte auch keine Besuche, um danach nicht die ganze Wohnung putzen zu müssen. Hilde durfte nie Freundinnen mit nach Hause bringen. Schon alleine der Gedanke, dass eine Fremde ihr Klo benützen würde, schreckte ihre Mutter ab. Bei ihrer geliebten Oma durfte Hilde all diese Dinge ausleben. Diese erlaubte ihr, so viele Freundinnen mitzubringen, wie sie wollte, was ihrer Kinderseele guttat. Ihre Großeltern waren ein Segen für sie. Den größten Teil ihrer Jugend hatte Hilde bei ihnen verbracht. Die Großeltern wohnten nur einen Katzensprung von Hildes Zuhause entfernt, sodass sie zu jeder Zeit leicht erreichbar waren.
Zu ihrem Vater hatte Hilde ebenfalls ein inniges Verhältnis. Er liebte seine Tochter über alles, was der Mutter ein Dorn im Auge war. Sie empfand ihre Tochter dann als Konkurrentin, wenn der Vater seiner Tochter zu viel Aufmerksamkeit schenkte, und sie sah sie als Mitschuldige für ihr verpfuschtes Leben.
Alles hatte damit begonnen, dass Alois seiner Frau vor vielen Jahren einmal untreu gewesen war. Er hatte ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau aus der gleichen Ortschaft, in der er und seine Rosa lebten, angefangen. Durch Zufall hatte seine Frau von der Affäre erfahren und in ihrem gekränkten Stolz wollte sie sich sofort scheiden lassen und den betrogenen Ehemann über die Untreue seiner Frau aufklären. Alois bat Rosa inständig auf Knien, es nicht zu tun. „Sonst können wir uns im Ort nicht mehr sehen lassen. Man wird hinter unserem Rücken tuscheln und lachen, wenn du das tust“, sagte er. „Was heißt hier hinter unserem Rücken? Du meinst wohl hinter deinem und ihrem Rücken. Was hab ich damit zu tun? Du warst doch untreu?“, sagte Rosa. Sie wollte ihre Rache, ohne geringstes Mitleid mit ihrem Mann zu haben.
„Was hat dieses Weib, was ich nicht habe? Ist sie etwa schöner als ich?“, schrie Rosa. „Nein! Nein! Auf keinen Fall“, versuchte Alois sie zu beruhigen. „Warum hast du mir das dann angetan?“, fragte Rosa. „Ich weiß es selber nicht mehr, es hat sich halt so ergeben“, sagte Alois kleinlaut und erklärte sich zu allem bereit, wenn Rosa nur dem Ehemann seiner Verflossenen nichts davon erzählen würde.
Nach stundenlangen Debatten war Rosa endlich bereit, auf ihren Rachefeldzug zu verzichten. Aber ungestraft sollte Alois nicht davonkommen, das schwor sie sich. Diesen Fehltritt sollte er teuer bezahlen. Darum stellte Rosa harte Forderungen an ihn.
Als Erstes musste er seine Haushälfte auf sie überschreiben lassen, und zusätzlich verdonnerte sie ihn dazu, alle gröberen anfallenden Hausarbeiten zu verrichten. In seiner verzwickten Lage erklärte sich Alois mit allen Forderungen, die Rosa an ihn stellte, einverstanden, damit sie endlich Ruhe gab. Aber danach sollte Alois‘ Martyrium erst richtig beginnen.
Bis zu seinem Ruhestand war Alois als Beamter bei der Bahn tätig. Rosa war immer nur Hausfrau gewesen. Ihr Verhältnis zur Tochter hatte sich seit der Kindheit nie gebessert. Aber mit ihrem Vater hatte Hilde sich immer gut verstanden. Sie kannte die Geschichte von der Untreue ihres Vaters natürlich nicht, sodass sie nicht wissen konnte, dass ihre Mutter die Verletzte war und mit ihrem Mann kein Mitleid kannte. Im Ort wusste niemand von der Untreue des Vaters. Gerne hätte Rosa ihre Rivalin bei deren Gatten verpetzt, aber Alois hatte sie davon abgehalten, weil er sich und der Geliebten die Schande in dem kleinen Ort ersparen wollte. Jedes Mal wenn Rosa besagte Frau auf der Straße über den Weg lief, wurde sie an ihre Demütigung erinnert und kochte innerlich vor Wut, was der arme Alois dann büßen musste. Darum konnte Hilde auch nicht wissen, warum ihre Mutter so böse zum Vater war. Leider hatte sie es einmal gewagt, ihn vor den boshaften Angriffen der Mutter in Schutz zu nehmen. Das erboste ihre Mutter so sehr, dass sie Hilde nicht mehr erlaubte, in ihrem ehemaligen Kinderzimmer zu übernachten, wenn sie zu Besuch kam. Ihre Mutter hatte sie beinhart aufgefordert, bei kommenden Besuchen im Gasthaus zu übernachten. Hilde war sprachlos. Sie konnte es zwar nicht glauben, aber dem war so. Hilde, die schon sehr jung Witwe geworden war, besuchte nämlich regelmäßig einmal im Monat das Grab ihres Mannes, der im Heimatort begraben war. Weil sie dies meistens am Wochenende tat, übernachtete sie im Elternhaus. Ihren Schwiegersohn hatte Rosa auch nicht gemocht und es wäre ihr lieber gewesen, wenn Hilde ihn in Wien begraben lassen hätte. Hilde hatte aber immer noch den Gedanken im Hinterkopf, dass sie in der Pension in ihren Heimatort zurückkehren wollte und das Grab ihres geliebten Mannes dann in ihrer Nähe hatte. Leider konnte ihre Mutter nicht ertragen, dass irgendjemand mit ihrem Mann Mitleid zeigte, wo doch schließlich sie die Verletzte und er der Urheber der Misere war.
Rosa war eine sehr schöne und stolze Frau, selbstbewusst, überheblich und immer voller Vorurteile. Nicht umsonst hatte Alois Trost, Liebe und ein wenig Anerkennung bei einer anderen Frau gesucht. Zu seinem Leidwesen war Rosa dahintergekommen. Die Folge war ihre Rache, die bis heute anhielt. Alois hatte auch des Öfteren an Trennung gedacht. Aber wo sollte er hin, nachdem ihm nichts mehr gehörte? Rosa war immer nur Hausfrau gewesen und erhielt keine eigene Pension. Ihre gemeinsamen Finanzen hatte immer Rosa verwaltet. Da ihr jetzt sozusagen alles alleine gehörte, war er von ihr abhängig. Rosa war sicher auch nicht glücklich mit der Situation. Aber ihr Stolz ließ nicht zu, sich mit Alois zu versöhnen. In ihrer verletzten Eitelkeit gelang es ihr nicht, über ihren eigenen Schatten zu springen. Mit Niederlagen konnte Rosa nicht umgehen. Lieber litt sie einsam, und beide führten dadurch ein freudloses Leben nebeneinander.
Hilde hatte sich immer bemüht, zu beiden Eltern gleich lieb zu sein. Aber sogar das konnte ihre Mutter nicht akzeptieren. Ihr Vater freute sich sehr über jede noch so kleine Zuwendung seiner Tochter in seinem sonst so freudlosen Dasein. Leider empfand ihre Mutter auch das als Verschwörung gegen sich. Um Vater und Tochter zu bestrafen, drohte sie mit drastischen Maßnahmen und ließ durchblicken, dass sie ihr Testament zu Gunsten ihres Enkels Leo ändern würde. Leo war darüber keineswegs traurig. Er war gerade einmal zwanzig Jahre alt und natürlich sehr empfänglich für das in Aussicht gestellte großzügige Erbe seiner Großmutter. Leo verstand es auch geschickt, seine Oma zu hofieren, und diese fühlte sich geschmeichelt und blühte sichtlich auf. Zusätzlich hatte sie ihm ein neues Auto in Aussicht gestellt, wenn er die Führerscheinprüfung beim ersten Mal bestehen sollte.
Mit diesem Vorschlag hatte Rosa es geschafft, Mutter und Sohn gegeneinander auszuspielen. Hilde fühlte sich total übergangen und war sogar ein wenig neidisch auf ihren Sohn, der von ihrer Mutter so bevorzugt worden war. Zu ihrem Leidwesen hielt Leo nur zu seiner Großmutter, was sie besonders kränkte, weil sie immer ein gutes Mutter-Sohn-Verhältnis zueinander hatten. Über das Geld hatte es ihre Mutter geschafft, den Buben an sich zu binden. Von Leos Warte aus gesehen war das verständlich. Welcher junge Mensch kann so einem Angebot widerstehen. Sie war eifersüchtig, dass ihre Mutter ein Auto als Lockmittel benutzte, um ihren Enkel zu kaufen. Aber Hilde wollte es nicht hinnehmen, dass man sie übergangen hatte. Darum machte sie auch einen Überraschungsbesuch bei ihrer Mutter – ohne Leo. Sie wollte unbedingt mit ihrer Mutter alleine reden.
Da sie in Wien wohnte, betrug die Fahrzeit zu ihrer Mutter eine gute Stunde. Unterwegs kaufte Hilde noch in einer guten Konditorei Mehlspeisen und hoffte, dass ihre Mutter ausnahmsweise dazu bereit war, für sie beide einen Kaffee zur Mehlspeise zu kochen. In einer aufgelockerten Atmosphäre ließe die Mutter vielleicht mit sich reden. Hilde wollte ihr sagen, dass sie sich übergangen fühlte und die Enterbung zugunsten ihres Sohnes ihr gegenüber ungerecht war.
Nervös und mit Herzklopfen stand Hilde vor dem Gartentor und läutete die Glocke. Nach kurzer Zeit öffnete sich die Eingangstür, die ungefähr zehn Meter vom Gartentor entfernt war. Ihre Mutter stand da und fragte: „Was machst du denn hier um diese Zeit?“ „Ich möchte gerne mit dir reden“, antwortete Hilde und wartete, dass ihre Mutter endlich den Knopf der Gartentür drückte, damit diese sich öffnete und sie endlich eintreten konnte. Aber nichts tat sich.
Hilde hielt den Karton mit der Mehlspeise hoch: „Ich habe Kuchen zum Kaffee mitgebracht und würde gerne mit dir etwas besprechen – lässt du mich bitte herein?“ „Ich will aber nicht reden – und Kuchen will ich auch nicht. Wenn du unbedingt mit mir reden willst, können wir uns ja einmal in einem Gasthaus treffen, aber nicht jetzt“, sagte ihre Mutter kurz angebunden, drehte sich um und ging zurück ins Haus, machte die Tür hinter sich zu und ließ Hilde ganz einfach vor der Tür stehen.
Darauf war Hilde nicht gefasst. Sie war sprachlos. Hilde kannte ihre Mutter, aber so viel Herzlosigkeit hatte sie trotzdem nicht erwartet. Ihr liefen die Tränen über die Wangen. Sie hängte den Kuchenkarton an die Gartentürklinke, ging zurück zu ihrem Auto und setzte sich weinend hinein. Sie schluchzte herzzerreißend. Das musste sie erst einmal verdauen. Wie konnte sie sie nur so behandeln und sie ganz einfach draußen vor der Tür stehen lassen? Eine liebevolle Mutter war sie nie gewesen. Aber diese Herzlosigkeit übertraf alles, was sie sich bisher geleistet hatte. Als sie so nachdachte, konnte sie sich auch nicht erinnern, dass ihre Mutter jemals liebevoll zum Vater gewesen war.
Warum hatte er der Mutter eigentlich seine Haushälfte überschrieben? Es ging sie ja nichts an, aber es wunderte sie schon und ihr Papa welkte an ihrer Seite dahin. Was war der Grund für diese Bosheit? Was war da vorgefallen, vom dem sie nichts wusste?
Nach kurzer Zeit hatte sich Hilde wieder einigermaßen beruhigt und fuhr zurück nach Hause. Während der Fahrt setzte sie sich gedanklich damit auseinander, wie es mit ihr und der Mutter in Zukunft weitergehen sollte. Ihr war bewusst, dass sie ihre Mutter in Zukunft mit Samthandschuhen anfassen musste, damit sie ihren Erbanteil bekam und der Kontakt zu ihr nicht ganz abbrach. Mit dem Vater alleine zu reden, brachte überhaupt nichts. Er hatte sowieso nichts zu sagen und traute sich auch nicht, gegen seine Frau aufzutreten. Für seine Tochter konnte er nichts tun. Hilde konnte ja nicht wissen, warum er sich von der Mutter so viel gefallen ließ.
Seit der Vater seine Haushälfte seiner Frau überschreiben lassen hatte, war er von ihrer Gnade abhängig. Er tat Hilde so leid. Aber sie konnte nichts für ihn tun, ohne die Mutter noch mehr zu verärgern. Er musste sich selber helfen. Dieser Zustand war auf die Dauer unerträglich für ihn geworden. Ihr war auch aufgefallen, dass der Vater in der letzten Zeit stark abgenommen hatte und es ihm oft nicht gut ging. So sah er auch aus. Wahrscheinlich hatte er schon resigniert. Die Mutter mutete ihm auch zu viel zu. Während des Sommers musste er Holz sägen und hacken für den Winter. Sie hatten kein Gas im Haus und heizten ihre Zentralheizung noch mit einem Kessel im Keller. Im Übrigen schaute Rosa darauf, dass ihr Mann nie Langeweile hatte und fand stets eine Beschäftigung für ihn. Schließlich war es so ausgemacht.
Fürs Kochen und Putzen war Rosa selber zuständig, und das machte sie mit Hingabe. Wenn es ihre Zeit erlaubte, ging sie gerne schön herausgeputzt im Ort einkaufen. Trotz ihres Alters von sechzig Jahren war Rosa noch immer eine ansehnliche, schöne Frau, was ihr sehr wohl bewusst war. War der Einkauf größer ausgefallen, durfte Alois sie als Chauffeur und Träger begleiten. Selbst in der Öffentlichkeit ließ Rosa ihren Mann ihre Dominanz spüren. All diese Demütigungen hinterließen auf Dauer tiefe Spuren bei ihm. Dadurch, dass er stark abgenommen hatte, ging er schon ziemlich nach vorn gebeugt und wirkte sehr alt neben seiner Frau. Aber das ließ Rosa völlig kalt, und Alois kam seinen auferlegten Pflichten mit stoischer Gelassenheit nach.
Nach all den vielen Jahren hatte Alois sich an den Zustand gewöhnt und die Hoffnung auf eine eventuelle Änderung aufgegeben. Aber, dass Rosa jetzt das gleiche böse Spiel mit ihrer Tochter trieb, machte ihn noch trauriger. Er litt sehr darunter, dass er nichts für sie tun konnte. Wenn er doch nur einen Ausweg gewusst hätte, um Hilde zu helfen. Leider sah er keine Möglichkeit. Ihm waren die Hände gebunden und er musste tatenlos zusehen, wie Rosa ihre Tochter ebenfalls demütigte.
Leo hatte sich gänzlich auf die Seite seiner Großmutter geschlagen und war stets in allem ihrer Meinung. Es wurde ihm überhaupt nicht bewusst, wie sehr er seine Mutter damit kränkte. Sie stritten fast täglich und redeten kaum noch ein vernünftiges Wort miteinander. Da er noch bei seiner Mutter wohnte, ließ es sich nicht vermeiden, dass sie einander begegneten. Er warf seiner Mutter sogar vor, dass sie nur neidisch sei und ihm das Erbe seiner Großmutter nicht gönnte. Er wollte nicht verstehen, dass sie sich als Tochter übergangen fühlte. Wahrscheinlich war er noch zu jung, um das verstehen zu können. Im Augenblick zählte für ihn nur die Aussicht auf ein neues Auto, was Leo für alles andere blind machte. Er war eben noch zu unerfahren, um die Machtspiele seiner Großmutter zu durchschauen.
Nach einigen Tagen des Wartens erhielt Hilde endlich einen Termin bei ihrer Mutter für eine Aussprache. Sie machte ihr das Angebot, sich mit ihr am Wochenende zum Mittagessen in einem Gasthaus im Beisein der Familie zu treffen, aber auf keinen Fall alleine. Wohl oder übel nahm Hilde das Angebot ihrer Mutter an. Sie machte sich sowieso keine Illusionen mehr, dass ihre Mutter geneigt war, irgendetwas zu ihren Gunsten zu ändern. Inzwischen war es Hilde auch schon ziemlich egal, was ihre Mutter mit ihrem Besitz machte. Sie hatte die Streitereien satt. Es ging Hilde nicht so sehr ums Geld, als vielmehr ums Prinzip.
Am Sonntag traf sich die kleine Familie in einem etwas nobleren Gasthaus. Die Begegnung mit der Mutter empfand Hilde als frostig. Auch bei Tisch wurde kaum gesprochen, weil keiner so recht wusste, was er sagen sollte. Sie hatten einander auch nichts zu sagen. Als endlich alle mit dem Essen fertig waren, ergriff die Mutter beim Mocca das Wort: „Das Testament habe ich schon zugunsten von Leo ändern lassen, sodass er der Haupterbe nach meinem Tod sein wird. So erspart ihr euch, eine zweimalige Erbschaftssteuer zu zahlen, da Leo sowieso einmal von Hilde alles erbt.“ Alois pflichtete seiner Frau ohne Wenn und Aber bei. Hilde wusste, dass die Mutter hier wieder ganze Arbeit geleistet hatte. Sie hatte den Vater so präpariert, dass er immer voll und ganz ihrer Meinung war und nicht wagte ihr zu widersprechen.
Damit war eigentlich alles gesagt, und Hilde riss sich zusammen, um nicht die Fassung zu verlieren: „Nun gut“, sagte Hilde, damit wäre wohl alles besprochen, und der Fall ist erledigt.“ „So ist es“, sagte ihre Mutter. Kurz und lieblos, wie es von Hildes Mutter nicht anders zu erwarten war, wurde sie abgefertigt, weil sie es gewagt hatte, sie wegen der gemeinen Behandlung dem Vater gegenüber zu kritisieren.
Auf der Rückfahrt nach Wien redeten Mutter und Sohn kein einziges Wort miteinander. Es war auch gut so, weil sie sonst nur wieder gestritten hätten. Hilde musste immer wieder an ihren armen Vater, der weiter mit der Mutter zusammenleben musste und an seiner Situation nichts mehr ändern konnte, denken. Wie lange konnte er die Boshaftigkeiten seiner Frau noch ertragen, ohne dabei vor die Hunde zu gehen? Es war sicher nur eine Frage der Zeit. Der Vater sah verhärmt und abgerackert aus, während die Mutter neben ihm wie das blühende Leben aussah. Sie strotzte förmlich vor Gesundheit und Selbstwertgefühl, während Alois dahinkümmerte.
Aber wie so oft im Leben kommt es anders, als man denkt. Und manchmal gibt es sogar eine ausgleichende Gerechtigkeit. Schon der kommende Winter sollte Rosa zum Verhängnis werden.
Eines Morgens klingelte der Briefträger wegen einer Unterschrift eines amtlichen Dokumentes an Rosas Haustür. Sie drückte den Verbindungsknopf vom Gartentor und ging dem Briefträger entgegen. Da es geschneit hatte und Rosa allzu forsch und ohne zu schauen durch den Neuschnee ging, rutschte sie auf dem Weg aus. Die frische Schneedecke hatte Unebenheiten verdeckt, die Rosa zum Verhängnis wurden. Es riss ihr förmlich den Boden unter den Füßen weg. Im Fall versuchte Rosa noch, an einem Strauch Halt zu finden, was leider misslang. Sie fiel mit voller Wucht auf die rechte Hüfte, sodass sie vor Schmerz laut aufschrie. Trotz des Schmerzes machte Rosa den Versuch, aufzustehen, was ihr aber nicht gelang. Der Briefträger hatte Gott sei Dank erkannt, dass hier Ärgeres geschehen war und verständigte über sein Handy die Rettung.
Aufgeschreckt durch den Aufschrei seiner Frau kam Alois schnell angelaufen, um nachzusehen, was geschehen war. Als er Rosa hilflos im Schnee liegen sah und bemerkte, dass sie nicht aufstehen konnte, erschrak er sehr. Schnell ging er zurück ins Haus, um Decken zu holen. Man konnte ja nicht wissen, wie lange die Rettung brauchen würde. Alois wollte Rosa auf keinen Fall frierend auf dem kalten Boden liegen lassen. Die Rettung brauchte fast eine halbe Stunde, und derweil hielt Alois seiner Frau die Hand und versuchte, ihr Trost zuzusprechen.
Aber trotz der starken Schmerzen, die sie hatte, war sie noch im Stande, mit Alois zu meckern, weil er ihr ihr handgesticktes Kissen im Schnee unter den Kopf gelegt hatte. Dabei hatte er es doch nur gut gemeint. Nie konnte Alois ihr etwas recht machen. Rosa hatte ständig etwas auszusetzen und wie immer steckte er ihre Gemeinheiten wortlos weg.
Als die Rettung endlich da war, wollte Alois seine Frau natürlich ins Spital begleiten. Aber Rosa lehnte ab, weil sie das Haus auf keinen Fall unbeaufsichtigt lassen wollte. „Ich lasse anrufen, in welches Spital man mich gebracht hat“, sagte Rosa zum Abschied.
Nachdem Rosa fort war, ging Alois ein wenig verloren zu seinen Nachbarn. Er erzählte ihnen von Rosas Missgeschick. Die Nachbarn hatten schon geahnt, dass etwas Ärgeres vorgefallen sein musste, nachdem sie die Rettung vor deren Haustür stehen gesehen hatten. Alois wurde von seinen Nachbarn sehr bedauert, was ihm sichtlich guttat und war außerdem froh, dass er jemanden zum Reden hatte. Schließlich bat er seine liebenswerten Nachbarn, ob sie in weiterer Folge während seiner Abwesenheit, wenn er seine Frau im Spital besuchte, aufs Haus schauen würden. Dazu erklärten sie sich selbstverständlich gerne bereit.
Nach dem Gespräch mit seinen Nachbarn rief Alois sogleich bei seiner Tochter an und erzählte ihr von dem Missgeschick ihrer Mutter. Hilde erschrak, als sie erfuhr, was geschehen war. Trotz allem, wie boshaft ihre Mutter auch immer zu ihr war, tat sie ihr unsagbar leid. Schließlich war und blieb sie doch immer ihre Mutter. Hilde hoffte nur, dass der Unfall ihrer stolzen Mutter einigermaßen glimpflich ausgegangen war, damit ihr keine Schönheitsfehler als Makel blieben.
Dem war leider nicht so. Schon am frühen Nachmittag bekam Alois einen Anruf aus dem Krankenhaus mit der Nachricht, dass seine Frau sich mit einem Oberschenkelhalsbruch noch im Operationssaal befände. Es wäre besser, wenn er erst am kommenden Tag seine Frau besuchen würde, da sie bis dahin sowieso nicht ansprechbar sei. Diese Nachricht gab Alois an seine Tochter weiter, und sie verabredeten sich für einen gemeinsamen Spitalbesuch am kommenden Tag.
Als Alois mit Hilde im Spital das Zimmer seiner Frau betrat, bot sich ihnen ein jammervoller Anblick. Blass und klein sah Alois seine sonst so stolze Frau im Bett liegen. Hilde und ihr Vater waren beide erschüttert, wie hilflos die Mutter wirkte. Sie war nicht wiederzuerkennen. Wie würde sie das verkraften? Vater und Tochter wagten kaum zu sprechen. Jeder von ihnen nahm eine Hand der Mutter und streichelte sie liebevoll. Rosa schluchzte herzzerreißend, und die Tränen liefen ihr nur so über ihre eingefallenen Wangen. „Mutter, es wird schon wieder“, flüsterte Hilde ihr ins Ohr und drückte dabei ganz sacht ihre Hand. Im Innersten glaubten beide nicht daran, und ihr Gefühl hatte sie nicht getäuscht.
Am vierten Tag nach der schweren Operation verstarb Rosa an Herzversagen. Niemand konnte es glauben, dass diese vor Gesundheit und Energie strotzende Frau nicht mehr am Leben war. Am allerwenigsten Alois. Für ihn war es unfassbar, dass Rosa plötzlich für immer fort sein sollte. Sie, die ihm das Leben viele Jahre zur Hölle gemacht hatte, vermisste er. Jetzt, da Alois von Rosas Dominanz befreit war, fehlte ihm sogar etwas. Es dürfte die Macht der Gewohnheit gewesen sein, mit der Alois sich abgefunden hatte.
Rosas Begräbnis fand nur im kleinen Kreis der Familie, wenigen Freunden, den Nachbarn sowie einigen Bekannten statt. Rosa hatte Freundschaften eher gemieden. Sie war sich selbst die Liebste gewesen und hatte keine Götter neben sich geduldet.
Nach dem Begräbnis wurden die Trauergäste von Alois in ein Gasthaus zum Essen geladen. Während der Unterhaltung bei Tisch gab Leo so ganz nebenbei eine geschmacklose Äußerung von sich, worüber die Gäste schon etwas verwundert waren. „Den Schuppen von der Oma verkauf ich sowieso gleich. Weil da draußen am Ende der Welt will ich nicht wohnen und das Geld ist mir eh lieber.“ Der Großvater und Hilde erschraken. Richtig, das Haus gehörte ja jetzt zur Hälfte Leo. Seine Oma hatte ihn testamentarisch als Haupterben eingesetzt. Hilde wies ihren Sohn in die Schranken und sagte: „Diese Äußerung ist pietätlos und ist am Tag des Begräbnisses unangebracht!“ Und sie konnte es sich nicht verkneifen, ihren Sohn darauf hinzuweisen, dass er ihr und dem Großvater bei einem eventuellen Verkauf ihren Pflichtanteil auszuzahlen hätte.
Sicher hatte Rosa nie einen Gedanken daran verschwendet, dass sie schon so bald und vor ihrem Mann sterben würde. In ihrer Rachsucht hatte sie sicher unüberlegt gehandelt. Sie konnte ja nicht ahnen, dass ihr geliebter Enkel ihr schönes Haus sofort verkaufen wollte, weil er nur am Geld interessiert war. Leo glaubte natürlich, dass er das Haus jetzt schnell zu Geld machen konnte, weil er den größeren Anteil daran besaß. Er vergaß dabei aber, dass eine Erbschaftssteuer und die Ausbezahlung von seiner Mutter und dem Großvater bei einem Verkauf auf ihn zukommen würden. Im Hinterkopf hatte er sicher nur den Traum vom schnellen Geld.
Aber was wollte er mit dem vielen Geld machen? Wollte er es in Wertpapiere investieren, sich eine Wohnung kaufen oder gar in seine große Leidenschaft – Autos – stecken?“ Das viele Geld nur so zum Fenster hinauszuschmeißen, empfand Hilde natürlich als Sünde. Aber momentan konnte sie mit ihrem Sohn kein vernünftiges Wort reden. Alle Versuche scheiterten. Er war völlig unzugänglich für jeden vernünftigen Vorschlag, den sie ihm machte.
Hilde machte ihrem Vater auf alle Fälle das Angebot, dass er bei ihr wohnen könnte, falls Leo ihm Probleme machen sollte. Das wollte er auf keinen Fall. Was machte er den ganzen Tag in einer Wohnung? Er, der das Leben draußen in der Natur gewohnt war. Hilde arbeitete noch und er wäre tagsüber alleine in ihrer Wohnung. Die Großstadt war nichts für ihn. Er wollte seine gewohnte Umgebung, sonst nichts. Das konnte Hilde verstehen und war seiner Meinung. „Es ist schon was dran an dem Verpflanzen von alten Bäumen“, meinte ihr Vater. Darum machte Hilde sich Gedanken, wie sie Leo überreden konnte, dass er seinen Großvater nicht unter Druck setzte, ihm sein Heim verkaufen zu wollen. Er konnte doch wohl nicht genauso unnachgiebig sein wie seine Großmutter. Wollte er in ihre Fußstapfen treten? Ein schrecklicher Gedanke. Hilde zerbrach sich weiterhin den Kopf und hatte viele schlaflose Nächte wegen des Vaters. Aber es wollte und wollte ihr keine Lösung einfallen.
Am Wochenende fuhr Hilde zu ihrem geliebten Vater, um ihn mit einem guten Essen zu verwöhnen. Er sollte sich auch nicht von seiner Tochter im Stich gelassen fühlen. Beim Essen beratschlagten sie miteinander, wie sie Leo umstimmen könnten, dass er das Haus nicht sofort verkaufen würde. Alois hatte nämlich wie seine Tochter in den langen Nächten, in denen er nicht schlafen konnte, nachgedacht, und war zu folgendem Ergebnis gekommen. „Schau, deine Mutter hat uns strafen wollen und irgendwie ist es ihr ja auch gelungen. Da Leo nicht genügend Geld zur Verfügung hat, um uns auszuzahlen, muss er sich mit dem Verkauf, wenn er das Geld nicht aufbringen kann, bis zu meinem Ableben gedulden. Außerdem existieren noch zwei Sparbücher mit größeren Beträgen aus dem Erbe deiner Mutter, von ihren Eltern und zusätzlich befanden sich in einem Versteck an die hundert Golddukaten, von denen Leo nichts weiß. Ich wusste nämlich, dass die Mutter seit Jahren regelmäßig Golddukaten für schlechte Zeiten gekauft hatte. Diesen Schatz werde ich mit dir teilen, damit du deinen gerechten Erbanteil bekommst. Und den vorhandenen Schmuck deiner Mutter kannst du gleich mit nach Hause nehmen“, meinte der Vater.
Irmi und Fritz
Irmi und Fritz waren 40 Jahre lang verheiratet. Er war Oberkellner, sie Büroangestellte. Da die Ehe kinderlos geblieben war, hatten sie sich gemeinsam ein Haus anschaffen können. Leider … Sie hatten schon seit Jahren große Probleme in ihrer Ehe. Fritz war ständig untreu und sie hatte keine Lust mehr, auch in der Pension nur noch als seine Bedienstete zu fungieren. Sie hatte die Nase endgültig voll und wollte unbedingt getrennt von ihm, in einer eigenen Wohnung, leben. Doch bis jetzt hatte ihr für diesen Schritt meistens der Mut gefehlt. Fritz hatte es auch immer wieder, wenn es kritisch wurde, verstanden, sie einzulullen. Er brachte ihr zum Beispiel einen großen Strauß roter Rosen, kniete sich vor ihr nieder und versprach mit treuherzigem Blick, sich zu bessern. Auf diesen Schmäh fiel Irmi immer wieder herein, weil sie an seine Versprechen glaubte. Die Versöhnung hatte natürlich auch ihren Reiz gehabt. Aber meistens hielt sein Versprechen nicht lange an.
Als Irmi endlich den ersehnten Tag ihrer Pension erreicht hatte, wollte sie diese leidige Beziehung endgültig beenden.
Sie erhielt eine ausreichende Pension, sodass sie finanziell unabhängig war. Ein wenig Erspartes hatte sie auch noch. Eine Mietwohnung konnte sie sich also leisten.
Ein heftiger Streit war gleich der passende Anlass, Fritz reinen Wein einzuschenken, dass sie aus dem gemeinsamen Haus ausziehen würde. Irmi war sogar bereit, ihm das Haus zu überlassen ohne an ihn Ansprüche zu stellen.
Bis jetzt hatte Fritz seine Frau nie ernst genommen, wenn sie mit der Trennung gedroht hatte. Aber dieses Mal hatte er das Gefühl, dass es ihr mit der Trennung ernst war. Das ging ihm natürlich voll gegen den Strich, und er hatte auf keinen Fall die Absicht, auf sie zu verzichteten. Irmi war eine wunderbare Hausfrau und Köchin. Er war von ihr immer sehr verwöhnt worden. Sie wusch und bügelte die Wäsche und hielt das Haus sauber. Er konnte kommen und gehen, wann er wollte, konnte Freundinnen haben, so viele er wollte und konnte ungestört all seinen Freizeitvergnügungen nachgehen. Und immer wenn er nach Hause kam, fand er ein gemütliches Heim und ein wunderbares Essen vor.
Auch in punkto Finanzen war es ihm bei Irmi immer gut gegangen. An den Haushaltskosten hatte er sich kaum beteiligen müssen. Den größten Teil seines Einkommens konnte er für sich behalten. Und all diese Vorteile sollte er jetzt auf einen Schlag verlieren. Nein, dagegen wehrte er sich vehement. Er würde alles versuchen, sie von ihrem Vorhaben abzuhalten. Auf Irmi zu verzichten, kam für ihn nicht infrage!
Irmi hatte inzwischen eine schöne kleine Wohnung gefunden. Als Fritz wieder einmal längere Zeit durch Abwesenheit glänzte, ließ sie mithilfe von Freunden so schnell wie möglich ihre persönlichen Sachen aus dem gemeinsamen Haus in ihre Wohnung schaffen. Sie hatte aus dem gemeinsamen Haus nur einige Möbelstücke, die sie fürs Erste unbedingt brauchte, mitgenommen. Mit dem Rest des Einrichtens konnte sie sich Zeit lassen, die sie in Zukunft zur Genüge haben würde. Den Auszug hatte sie schnell und problemlos ohne Fritz über die Bühne gebracht und sich dadurch viel Ärger erspart. Wenn er nach Hause kam, würde er sicher überrascht sein, sie nicht mehr vorzufinden. Irmi hatte für ihre Aktion genau den richtigen Zeitpunkt gewählt.
Natürlich war Fritz mehr als überrascht, dass Irmi wirklich fort war. Im Haus war es still. Er war mehr oder weniger überrumpelt worden und konnte im Moment an der Tatsache nichts ändern. Aber Fritz war sicher, dass ihm die richtige Strategie, wie immer, einfallen würde, damit Irmi bei ihm blieb.
Irmi hatte auf einem Zettel in kurzen Worten eine Nachricht von ihrem Auszug und ihre Telefonnummer hinterlassen. Fritz wählte sogleich ihre neue Nummer und fragte, ob sie einverstanden wäre, wenn er auf einen Sprung bei ihr vorbeikäme. Sie sagte: „Ja!“ Er machte sich auch sogleich auf den Weg, um sie zu besuchen. Schließlich war er ja neugierig und wollte wissen, wie groß ihre Wohnung war. Natürlich hatte er auf dem Weg noch einen großen Strauß roter Rosen gekauft, die ihre Wirkung bisher nie verfehlt hatten. Bei ihr angekommen, zeigte er sich von seiner charmantesten Seite und heuchelte sogar Verständnis für sie vor. Er machte ihr das Angebot, ihr jederzeit behilflich zu sein, falls sie noch Hilfe brauchen würde. Von seiner Hilfsbereitschaft war sie sehr überrascht, weil sie ihn so nicht kannte. Misstrauisch von so viel Entgegenkommen dachte sie: „Was bezweckt er damit?“ Aber sie machte gute Miene zum bösen Spiel, tat, als ob sie sich freute und sagte: „Lieb von dir, dass du mir helfen willst.“
Da Fritz jetzt erst einmal den Fuß in Irmis Wohnung hatte, konnte er sich einen genauen Überblick über die Räumlichkeiten verschaffen. Die Wohnung bestand aus zwei schönen Zimmern, einem Kabinett sowie Küche, Bad, einem kleinen Abstellraum und Balkon. „Für eine Person viel zu groß“, dachte er. Laut sagte er: „Schön hast du es hier.“ „Ich bin zufrieden und freue mich sehr über meine Wohnung“, antwortete sie.
„Außerdem tut mir der Abstand von dir recht gut. Geschieden sind wir ja nicht. Sollte sich in absehbarer Zeit in unserer Beziehung wirklich etwas ändern, können wir immer noch über dieses Thema reden. Nur momentan wollte ich ganz einfach nicht mehr. Das ständige Warten auf dich, wann du von deinen Touren endlich einmal wieder zu Hause vorbeischaust, wollte ich nicht mehr.“ „Irgendwie verstehe ich dich ja. Aber du hättest mir doch noch einmal eine Chance geben können und erst mit mir reden, bevor du überstürzt ausziehst“, sagte Fritz. „Wie viele Chancen denn noch? Tu nicht so, als ob du jetzt der Verlassene wärst. Einsam war immer nur ich. Wir müssen ja nicht böse aufeinander sein. Aber nur deine Dienstmagd zu sein, ist mir auf die Dauer zu wenig. Jetzt will ich ganz einfach einmal nur an mich denken und ich hoffe, dass du das verstehst“, erwiderte sie. Fritz zeigte Verständnis, um Irmi auf keinen Fall zu verärgern. Schließlich wollte er sich den Zutritt zu ihrer Wohnung nicht verscherzen und verabschiedete sich übertrieben freundlich von ihr.
Als Oberkellner hatte Fritz immer sehr gut verdient und auch genauso viel ausgegeben, aber nur für sich. Zudem leistete er sich teure Hobbys, die viel Geld kosteten. Er spielte Tennis, kaufte sich teure Autos und ging auch hier und da auf den Pferderennplatz wetten. Fritz leistete sich alles, was ihm Spaß machte, und dazu gehörten natürlich auch Frauen. Auch an Segeltörns nahm er teil. Ein einziges Mal war Irmi bei einem Segeltörn dabei gewesen und das hatte ihr völlig gereicht. Jeden Tag feiern und das immer mit zu viel Alkohol. Das war für sie auf die Dauer zu anstrengend gewesen und keine Erholung. In weiterer Folge hatten sie lieber getrennt Urlaub gemacht und Irmi war mit ihren Freundinnen fortgefahren. In diesem Punkt waren sie sich völlig einig gewesen.
Dass Fritz auch außerhalb der Urlaubszeit nächtelang unterwegs war und einfach tagelang nicht nach Hause kam, reichte ihr jetzt nach all den Jahren. Leider war es in seinem Beruf üblich, dass man nach der Sperrstunde noch auf einen Umtrunk in andere Lokale ging, um sich zu amüsieren. So gesehen führten sie im Grunde eine Ehe nebeneinander. Solange Irmi noch arbeitete, machte ihr das Alleinsein weniger aus. Aber seit sie in Pension war, fiel ihr oft die Decke auf den Kopf. Schließlich wollte sie nicht den Rest ihres Lebens zu Hause hocken und auf Fritz warten. Außerdem hatte sie weniger Geld zur Verfügung als mit vollem Gehalt und war nicht mehr bereit, Fritz‘ teure Hobbys mit zu finanzieren.
Den Hauptanteil der Haushaltskosten hatte Irmi übernommen. Fritz beteiligte sich nur geringfügig daran. Es war ihr sehr wohl bewusst, dass sie selber schuld an dieser Aufteilung war. Sie hatte es durchgehen lassen, dass er sein Einkommen fast zur Gänze für sich verwenden konnte. Aber damit war es jetzt vorbei und sie wollte ihre Pension nur für sich haben. Sie wollte ihren Mann nicht länger mitfinanzieren und war stolz, dass sie es dieses Mal geschafft hatte, ihre Drohungen endlich in die Tat umzusetzen. Auch ihre Freundinnen hatten ihr zu diesem Schritt gratuliert und gemeint: „Das hättest du schon viel früher tun sollen.“
Irmi war guter Dinge und fühlte sich sehr wohl in ihrer neuen Wohnung. Sie wollte ihre neu gewonnene Freiheit nutzen, wusste aber nicht so recht, womit sie beginnen sollte. Natürlich war es für sie eine Umstellung, dass sie sich um niemanden mehr zu kümmern brauchte. Das Alleinsein war sie gewöhnt. Trotzdem fehlte ihr jemand, den sie verwöhnen konnte. Dabei dachte sie an eine Katze, die ihr Gesellschaft leisten sollte. Diesen Gedanken setzte Irmi kurzerhand in die Tat um und holte sich als Ersatzpartner eine allerliebste Katze aus dem Tierheim.
Fritz rief regelmäßig an und erkundigte sich nach ihrem Befinden. Stets war er übertrieben freundlich, worüber sie ein wenig verwundert war. Eines Tages, als Fritz sich wieder bei ihr telefonisch meldete, fragte er, ob er auf einen Sprung vorbeikommen könnte. Er wollte sie nämlich um einen kleinen Gefallen bitten. Sie hatte sofort ein unbehagliches Gefühl und nahm sich einen Moment Zeit, um nachzudenken, sie sagte dann: „Kannst du mir nicht gleich telefonisch sagen, was du willst?“ „ Eben nicht, deshalb frage ich ja, ob ich vorbeikommen kann.“ „Also gut, komm halt am Abend vorbei“, gab Irmi nach.
Am frühen Abend kam Fritz in ihre Wohnung. Er hatte wieder einen großen Strauß roter Rosen dabei. „Oje“, dachte Irmi, „wenn Fritz mit Rosen kommt, dann will er mich gnädig stimmen. Was führt er im Schilde?“ Nach der Begrüßung bat sie ihn, schon mal im Wohnzimmer Platz zu nehmen, derweil sie in die Küche ging, um eine Vase für die Rosen zu holen. „Schön hast du es“, sagte Fritz, als Irmi mit den Rosen in einer Vase ins Wohnzimmer kam und diese auf den Tisch stellte. „Wie ich sehe, bist du inzwischen auch schon ziemlich weit mit dem Einrichten vorangekommen.“ „Meine Freundinnen Hanni und Gerda waren mir beim Einrichten eine große Hilfe. Aber jetzt bin ich schon neugierig, was du von mir willst. Wenn du schon mit Rosen kommst, muss es wohl ein sehr wichtiges Anliegen sein“, sagte sie. „Du hast recht, und ich traue mich kaum, es dir zu sagen. Aber ich dachte, fragen kann ich ja. Es ist mir ehrlich gesagt sogar peinlich. Ich habe nämlich einen größeren Schaden im Bad und kann mich weder brausen noch waschen, weil ich kein Wasser habe. Darum dachte ich, bis der Schaden behoben ist, für ein paar Tage bei dir zu übernachten“, meinte Fritz kleinlaut.
„Wie stellst du dir das vor? Du hast doch viele Freunde. Warum gehst du nicht zu einem oder einer von ihnen? Sicher lässt dich irgendeiner deiner Freunde für ein paar Tage bei sich übernachten. Aber bitte nicht bei mir. Warum bin ich sonst ausgezogen, wenn du jetzt bei mir wohnen willst“, antwortete sie. „Ich gebe dir ja recht und ich verstehe dich auch gut. Aber wegen der paar Tage könntest du ja ausnahmsweise mal ein Auge zudrücken. Sollte es am Geld liegen, so bezahle ich dir gerne einen Beitrag“, meinte er. „Es geht doch nicht ums Geld“, Irmi wurde nervös. „Was ist denn schon dabei, wenn ich für ein paar Tage bei dir übernachte? Du siehst mich ja kaum, ich komme doch nur zum Schlafen“, sagte Fritz. Sie überlegte, ob sie wieder nachgeben sollte. Ihr Bauchgefühl sagte ihr: „Nein.“ Stattdessen sagte sie automatisch: Na gut, dann komm halt her und übernachte ein paar Tage im Kabinett. Ich werde dir dort eine Liege herrichten. Aber nur für einige Tage – versprochen?“ „Natürlich nur, bis der Wasserschaden wieder repariert ist. Irmi, du bist ein Schatz.“ Fritz umarmte sie und bedankte sich mit einem Kuss.
Aber Irmi war nicht wohl bei dem Gedanken, dass Fritz bei ihr wohnen würde. Ein ungutes Gefühl in der Magengrube sagte ihr, dass sie eine Fehlentscheidung getroffen hatte. „Sei doch nicht so pessimistisch. Die paar Tage wirst du schon überstehen. Bald wird er wieder fort sein“, versuchte Irmi sich selbst Mut zuzusprechen.
Schon am kommenden Tag zog Fritz bei ihr ein und hatte zwei große Koffer dabei. „Wozu brauchst du für die kurze Zeit so viel Gepäck?“, fragte Irmi überrascht? „Damit ich nicht ständig Wäsche zum Umziehen holen muss, wenn sie schmutzig ist“, meinte Fritz. „Du hättest zwischendurch doch eine Maschine Wäsche bei mir waschen können“, sagte Irmi. „Damit wollte ich dich nicht belästigen“, antwortete er und bedankte sich bei ihr für das Entgegenkommen. Fritz war heilfroh, dass für ihn alles so reibungslos geklappt hatte. Dann gab sie ihm noch einen Wohnungs- und Haustürschlüssel, damit er unabhängig von ihr kommen und gehen konnte, wann immer er wollte. Zusätzlich sagte sie noch: „Um alles Weitere musst du dich selber kümmern, weil ich viel unterwegs bin.“ „Kein Problem, ich komme schon zurecht“, sagte Fritz.
Die meiste Zeit verbrachte Irmi mit ihren Freundinnen. Hie und da half sie auch noch in ihrer früheren Firma aus. Das zusätzliche Geld kam ihr sehr gelegen. Sie verwendete es für Einrichtungsgegenstände in der neuen Wohnung und für eine Reise. Im Großen und Ganzen fand sie, dass ihr der Neuanfang gelungen war. Wenn nur nicht Fritz in ihrer Wohnung hocken würde.
Eines schönen Tages, als sie auf dem Heimweg von ihren Freundinnen war, musste sie immer an deren Worte denken. Sie hatte ihnen nämlich von seinem Einzug bei ihr erzählt, worauf Hanni und Gerda meinten: „Hoffentlich bereust du deine Gutmütigkeit nicht wieder.“ Es sei ja nur für einige Tage, bis sein Bad repariert ist, hatte sie ihnen ihre Bedenken nehmen wollen. Zu Hause angekommen, stand ihre Katze, wie erwartet hinter der von ihr geöffneten Wohnungstür. Zur Begrüßung schmiegte sie sich an ihre Beine. Erfreut über so viel Liebe nahm Irmi ihre Pinki auf den Arm, um sie zu liebkosen und ging mit ihr ins Wohnzimmer. Schon beim Öffnen der Tür, verschlug es ihr den Atem. Es roch nach abgestandenem Zigarettenrauch im Zimmer. Das kam Irmi bekannt vor, wie in alten Zeiten. Fritz hatte vergessen, ordentlich zu lüften. Der volle Aschenbecher stand noch mit den Kippen auf dem Tisch und stank vor sich hin. Sie war sauer und nahm den Aschenbecher, um ihn in der Küche im Mülleimer auszuleeren. Als sie die Küche betrat, sah sie, dass er sein Frühstücksgeschirr ebenfalls nicht weggeräumt hatte. Auch hier durfte sie – wie immer – hinterherräumen. Wenn er heimkam, wollte sie ein ernstes Wort mit ihm reden. Wie recht doch ihre Freundinnen mit ihren Befürchtungen gehabt hatten.
Ganze zwei Tage ließ Fritz nichts von sich hören. Gerade als sie mit ihrer Pinki auf dem Schoß gemütlich vor dem Fernseher saß, öffnete er die Tür und sagte: „Hallo, da bin ich wieder.“ Irmi zeigte sich keineswegs erfreut und antwortete nur knapp mit: „Servus.“ Sie war nicht im Allergeringsten erfreut, ihn zu sehen und dachte: „Hoffentlich ist er bald wieder fort.“ Sie fühlte sich nämlich schon wieder ausgenutzt. Irmi setzte die Katze in die Sofaecke und stellte den Fernseher aus. Unbedingt wollte sie mit Fritz reden und ihm ihre Meinung sagen. Der hatte es sich inzwischen in einem Sessel bequem gemacht und zündete sich genussvoll eine Zigarette an. Das war die Gelegenheit, ihn zur Rede zu stellen: „Fritz, ich möchte dich bitten, in meinen Räumen nicht zu rauchen. Sei so nett und rauche auf dem Balkon oder bei dir im Kabinett.“ Fritz war momentan überrascht, wollte aufbrausen, besann sich aber eines Besseren und bremste sich ein, um einen Streit zu vermeiden. Schließlich wollte er Irmi nicht verärgern, damit sie ihn nicht rausschmiss. Also antwortete er ganz ruhig: „Schon gut, ich geh halt auf den Balkon, um zu rauchen.“ Irmi bedankte sich und fragte ganz nebenbei: „Übrigens, ist die Reparatur in deinem Bad nicht bald fertig?“ „Noch nicht ganz, es gibt Probleme. Darum bin ich auch sauer“, antwortete er. „Soll das etwa heißen, du bleibst länger?“, fragte Irmi. „Könnte schon sein“, sagte er. „Begeistert bin ich nicht. Ich würde dich bitten, dass du da hinterher bist, damit dein Bad so bald wie möglich wieder benutzbar ist. „Was bedeuten schon ein paar Tage mehr oder weniger für dich, da wir doch über vierzig Jahre verheiratet waren. Warum kommt es dir da plötzlich auf jeden Tag an?“, fragte Fritz. „Ich weiß, dass es ein Fehler von mir war, dass ich dich aufgenommen habe. Ich will ganz einfach mein Leben für mich leben und mich nicht rechtfertigen müssen“, sagte Irmi. „Das ist doch lächerlich, warum behandelst du mich so?“, fragte er. „Was heißt hier lächerlich? Du bist unfair. Hast du überhaupt schon einmal einen Gedanken daran verschwendet, warum ich ausgezogen bin? Du warst ständig mit Freunden unterwegs und nur noch ein seltener Gast zu Hause. Vermissen tust du mich nur, weil du es gewohnt bist, dass ich nur noch deine Haushälterin bin. Aber ich habe mich entschlossen, diese Rolle abzulegen. Merk dir das bitte – es ist vorbei“, sagte Irmi energisch. „Jetzt übertreibst du aber maßlos. Wir hatten doch auch schöne Zeiten und wunderbare Urlaube, hast du das vergessen?“, sagte er. „Nein, vergessen habe ich es nicht, das war auch einer der Gründe, warum ich so lange bei dir geblieben bin“, sagte sie. „Aber die meisten Urlaube hast du ohne mich verbracht und hast mich nicht vermisst. Ich musste mich mit meinen Freundinnen begnügen, obwohl die Urlaube mit ihnen auch sehr schön waren. Als Partner hast du völlig versagt. Deshalb bin ich gegangen. Es macht doch keinen Unterschied, ob ich bei dir oder hier alleine bin.“ „Lass uns doch noch ein letztes Mal in aller Ruhe miteinander reden. Ich werde mich bessern und mehr Zeit mit dir verbringen“, versprach er. „Warum willst du mir etwas versprechen, was du nicht halten kannst? Was du in all den Jahren nicht geschafft hast, wieso sollte das plötzlich funktionieren? Lass uns das Gespräch beenden. Es führt doch zu nichts. Außerdem bin ich müde und gehe jetzt schlafen“, sagte sie. „Schade“, meinte er, „vielleicht überlegst du es dir doch noch, gute Nacht!“
Nach diesem Gespräch konnte Irmi nicht einschlafen. Aber sie schwor sich auf alle Fälle, dieses Mal standhaft zu bleiben. Außerdem hatte sie die Absicht, mit Hanni und Gerda eine Kreuzfahrt zu unternehmen und wollte Fritz während ihrer Abwesenheit unter keinen Umständen alleine in ihrer Wohnung haben. All diese Gedanken raubten ihr den Schlaf. Sie ärgerte sich über sich selbst, weil sie wieder so dumm gewesen war und nachgegeben hatte. Es ärgerte sie auch, dass er es immer wieder schaffte, sie einzulullen. Momentan rauchte er zwar auf dem Balkon und ließ auch sonst nichts herumliegen, trotzdem behagte ihr die ganze Situation nicht. Sie wollte Fritz wieder aus ihrer Wohnung haben. Das war schließlich ihr gutes Recht.
Am nächsten Morgen, nach einer schlaflosen Nacht, kam ihr ein wunderbarer Duft von frisch gebrühtem Kaffee entgegen. „Aha“, dachte sie, „Fritz lässt nichts unversucht, mich wieder umzustimmen.“ Aber sie war nach der schlaflosen Nacht nicht in der Verfassung, die Debatte vom Vorabend fortzusetzen und war nicht gewillt, auch nur einen Millimeter nachzugeben.
Ein wenig erfrischt, nach einer ausgiebigen Morgendusche, begab sich Irmi in die Küche. Als sie die Küche betrat, wurde sie von Fritz freundlich begrüßt. Er umarmte sie, drückte sie an sich und wollte ihr ein Busserl geben, wonach Irmi aber keineswegs zumute war und sie sagte darum: „Bitte nicht, lass das.“ „Ich wollte doch nur lieb zu dir sein. Ich konnte nicht ahnen, dass du mich überhaupt nicht mehr magst“, sagte er.
„Mit Mögen hat das nichts zu tun, ich will mir ersparen, dass die alte Leier wieder von vorne beginnt. Übrigens muss ich noch mit dir reden. In zwei Wochen gedenke ich mit Hanni und Gerda eine Kreuzfahrt zu machen und hoffe doch, dass dein Bad bis dahin fertig ist“, sagte Irmi. „In zwei Wochen auf jeden Fall“, sagte er. „Dann bin ich ja froh“, atmete Irmi erleichtert auf. „Wer kümmert sich eigentlich um deine Katze während deiner Abwesenheit? Wenn du willst, kann ich nach ihr schauen“, bot er ihr an. „Nicht nötig, das macht meine Nachbarin. Ich habe es schon mit ihr ausgemacht. Aber danke für dein Angebot“, sagte sie.
Irmi war froh, dass sich nun doch noch alles in Wohlgefallen auflösen würde. Wichtig war nur, dass Fritz noch vor ihrer Abreise aus ihrer Wohnung verschwunden war. Nach seiner Aussage durfte das auch klappen.