Was einem alles passieren kann - Edith Slapansky - E-Book

Was einem alles passieren kann E-Book

Edith Slapansky

0,0
16,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Geschichten, die das Leben schreibt, sind am Ende immer noch die besten. Ganz nebenbei lässt sich mit ihnen ein ganzes Leben erzählen – auf kurzweilige und unterhaltsame Weise. Edith Slapansky nimmt uns mit auf eine illustre Reise durch ihr Leben und das ihrer Bekannten. Mit ihr erfahren wir lustige und traurige Geschichten, bangen und hoffen und freuen uns mit ihr. Da die einzelnen Begebenheiten immer kurz und auf den Punkt geschildert sind, eignet sich die Lektüre hervorragend für eine kurze Pause zwischendurch oder für unterwegs. Der Leser wird nicht enttäuscht werden, kann er sich doch immer wiederfinden und der Aha-Effekt bleibt nicht aus.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 194

Veröffentlichungsjahr: 2024

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2025 novum publishing gmbh

Rathausgasse 73, A-7311 Neckenmarkt

[email protected]

ISBN Printausgabe: 978-3-99146-885-1

ISBN e-book: 978-3-99146-886-8

Lektorat: Isabella Busch

Umschlagfoto: Yana Tatevosian | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

Innenabbildungen: Karl Knüpfer

www.novumverlag.com

Urlaubsgeschichten

Barcelona

Meine Freundin Doris hatte viel Überzeugungsarbeit aufwenden müssen, um mich von einem Städteflug zu überzeugen. Ich war seit einem Jahr Witwe und sie meinte, dass mir eine Ablenkung guttun würde. Deshalb machte sie mir den Vorschlag, für vier Tage mit ihr nach Barcelona zu fliegen. Es klang sehr verlockend, aber ich war noch nie geflogen und obendrein ängstlich. Doris kam mir mit dem üblichen Spruch, dass mit dem Auto weitaus mehr Menschen verunglückten als mit dem Flugzeug. Sie hatte es nicht leicht mit mir. Ich war schwer zu überzeugen, das muss ich schon sagen. Aber sie brachte dieses Kunststück zuwege und ich entschloss mich kurzerhand, mit ihr zu fliegen. Daraufhin buchte sie bei einer Reisegesellschaft den Flug für uns beide, und ich musste mich um nichts kümmern. Bevor es dann wirklich so weit war, hatte ich noch einige schlaflose Nächte vor mir.

Eines Tages war es endlich so weit. Zu einer ausgemachten Zeit trafen wir uns in der Halle des Flughafens. Ich war hier noch Neuling und kannte mich nirgends aus. Aber nach all ihren Flügen hatte Doris diesbezüglich genügend Erfahrung und war mir in allen Bereichen eine gute Beraterin, und ich verließ mich voll und ganz auf sie. Trotzdem war ich immer noch ziemlich aufgeregt. Die Zeit, die uns noch bis zum Abflug blieb, verbrachten wir im Café bei einem Cappuccino, wo wir Pläne schmiedeten, welche der Sehenswürdigkeiten in Barcelona wir uns in den kommenden vier Tagen unbedingt anschauen wollten. Die Unterhaltung galt natürlich als Ablenkung für mich, was mir sehr wohl bewusst war.

Als dann endlich der große Augenblick gekommen war, an Bord zu gehen, war ich einigermaßen gefasst. Mein Gedanke war ganz einfach: „Du hast dich fürs Fliegen entschieden, also bleib ruhig.“ Als ich meinen Platz einnahm, hatte ich das Gefühl, dass ich mich in einem Autobus befand, nur dass es hier ein wenig enger zuging.

Sobald sich die Maschine in Bewegung setzte, schloss ich meine Augen und atmete tief durch, um mich zu entspannen. Nur als die Maschine dann plötzlich abhob, verspürte ich einen starken Druck in den Ohren, was mir ein ungutes Gefühl bescherte. Als die Maschine endlich ihre Flughöhe erreicht hatte und wieder in der Horizontalen flog, ging es mir gleich bedeutend besser. Zu meiner Überraschung bekamen wir auch noch ein Frühstück, eine angenehme Ablenkung für mich. Beim Essen und Reden rückten meine Ängste ein wenig in den Hintergrund, und die Flugzeit verkürzte sich. Gott sei Dank dauerte der Flug nicht lange, und ich war froh, als ich wieder Boden unter den Füßen spürte. Ich war sehr dankbar für die perfekte Landung, die der Flugkapitän hingelegt hatte, und verließ die Maschine mit einem Gefühl der Erleichterung. Dann wurden wir in einem Bus bis zum Flughafengebäude gefahren, wo wir von einem Fließband unser Gepäck holen konnten.

Eine nette Reiseleiterin, die das Namensschild ihres Unternehmens hochhielt, erwartete uns schon. Sie führte unsere kleine Gruppe zu einem Kleinbus, mit dem wir direkt ins Hotel Rialto fuhren, welches zentral lag. Unser Zimmer war klein, aber recht gemütlich eingerichtet, mit Blick in den Hinterhof, was uns wegen des nächtlichen Straßenlärms nur recht war. Schließlich wollten wir in dem Zimmer nur schlafen und nicht wohnen. Da wir die Absicht hatten, in den vier Tagen so viel wie möglich von Barcelona zu sehen, hielten wir uns sowieso nicht lange in unserem Zimmer auf. Wir waren begierig darauf, unsere Besichtigungstour so schnell wie möglich zu beginnen, und machten uns nur ein wenig frisch, bevor wir unseren ersten Ausflug starteten.

Da Doris der Meinung war, die Stadt auf eigene Faust zu erkunden, meldeten wir uns bei der Reiseleitung ab und machten uns eigenständig auf den Weg. Einen Stadtplan hatten wir zwecks Orientierung auf alle Fälle dabei. Da uns noch fast ein halber Tag zur Verfügung stand, entschlossen wir uns, als Erstes die Kathedrale zu besichtigen, die sich in der Nähe unseres Hotels befand.

Das wuchtige mittelalterliche Gebäude sah wie eine Festung aus. Es wirkte ein wenig düster und bedrohlich auf mich. Als wir bei unserem Rundgang in den Hinterhof kamen, sahen wir in einem Verschlag die schnatternden Gänse der heiligen Eulalia. Nach einer Legende hatten Gänse durch ihre Schreie die Menschen nachts vor einer Feuersbrunst gerettet. Aus Dankbarkeit wurden immer einige Gänse im Hof der Kathedrale als Glücksbringer gehalten. Nach der Besichtigung setzten wir unseren Weg zur berühmten Rambla – einer mehr als einen Kilometer langen und sehr breiten Prachtstraße fort. Studenten säumten als lebende Statuen den Weg und verdienten sich damit ein wenig zusätzliches Geld. Sie waren absolute Künstler, die vollkommen bewegungslos dastanden und keine Miene verzogen. Wir brauchten ziemlich lange, bis wir die ganze Schar zur Gänze abgegangen waren. Natürlich gönnten wir uns zwischendurch eine Kaffeepause und genossen die Atmosphäre des Spektakels.

Da wir die Absicht hatten, am Abend gut essen zu gehen, machten wir uns schon bald auf den Weg ins Hotel, um eine kleine Ruhepause einzulegen. Nach einem kurzen Nickerchen waren wir einigermaßen erholt und erfrischten uns unter der Dusche. Dann wählten wir die passende Garderobe für den Abend und machten uns auf den Weg ins nächste Vergnügen. Wir waren inzwischen auch schon hungrig, hatten wir doch tagsüber noch keine warme Mahlzeit gegessen und freuten uns schon auf etwas typisch Spanisches.

Auf der Suche nach einem passenden Lokal durchstreiften wir die Altstadt mit vielen gut erhaltenen mittelalterlichen Bauten. Auf einer Plaza fanden wir das genau für uns richtige Restaurant mit dem wohlklingenden Namen „Paellador de Marisco“. Das Lokal war sehr gut besucht, und wir hatten großes Glück, überhaupt einen Tisch zu bekommen. Ein sehr netter Ober führte uns an einen kleinen Tisch, an dem wir zu zweit gerade Platz genug zum Essen hatten. Er reichte uns die Speisekarte und fragte sogleich nach unserem Getränkewunsch. Wir entschieden uns für Rotwein. Dann fragte er noch: „Einen guten?“ Natürlich wollten wir einen guten Wein und dementsprechend war auch der Preis. Aber nachdem der Wein wirklich sehr gut gewesen war, tat uns das Geld keineswegs leid. Als Hauptspeise wählten wir eine Paella. Ein typisches spanisches Gericht. Auch diese war ausgezeichnet. Wir waren vollauf zufrieden. Nach dem köstlichen Nachtmahl bummelten wir satt und zufrieden noch einmal über die nächtliche Rambla in Richtung Hotel, wo wir uns zum Ausklang des schönen Tages noch einen Schlummertrunk in der Hotelbar genehmigten. Danach waren wir bettreif und begaben uns aufs Zimmer. Der Tag war ziemlich lang und anstrengend gewesen, sodass wir bald einschliefen.

Am nächsten Morgen begaben wir uns nach einem ausgiebigen Frühstück ins „Dorf Poble Espanyol“. Für die Fahrt dorthin benutzten wir öffentliche Verkehrsmittel, mit denen wir uns inzwischen vertraut gemacht hatten. An diesem Ort fühlten wir uns in eine andere Zeit versetzt, so fantastisch war alles originalgetreu aus dem vorigen Jahrhundert aufgebaut worden. Ich hatte das Gefühl, mich in der Kulisse der Oper „Carmen“ wiederzufinden. Mit etwas Fantasie konnte man sich gut vorstellen, dass Carmen plötzlich aus einem Lokal oder um die nächste Ecke kam. Bis zur Mittagszeit durchstreiften wir diesen faszinierenden spanischen Ort. Nach einer kurzen Pause im Café und einem kleinen Imbiss setzten wir unser Tagesprogramm fort. Wir hatten uns für den Nachmittag einen ausgiebigen Spaziergang im „Gaudi Park“ vorgenommen. Wie schon bisher benutzten wir wieder die U-Bahn zum Park, um dann den ganzen Nachmittag ausschließlich dort zu verbringen. Doris und ich sind Jugendstilfans und freuten uns schon auf diesen einzigartigen Genuss. Unsere Erwartungen wurden sogar noch übertroffen und wir kamen voll auf unsere Kosten. Das Auge konnte all diese großartigen Eindrücke kaum erfassen. Wir legten immer wieder kleine Pausen ein und setzten uns auf die meterlange Keramikbank. Selbst die Bank war aus winzig kleinen Keramikabfallprodukten gefertigt und ein Kunstwerk für sich. Um die farbigen Eindrücke in mich aufzunehmen, schloss ich für eine Weile meine Augen. Dann setzten wir unseren Spaziergang fort. Besonders angetan hatte es mir eine farbenfrohe, aus bunten Steinen gefertigte Echse, von der ich einige Aufnahmen machte. Es waren ganz einfach zu viele Eindrücke in zu kurzer Zeit. Aber zu Hause hatte ich die Muße, um mir meine Fotos in Ruhe anschauen zu können. Leider verging auch hier die Zeit wieder viel zu schnell, und der Nachmittag in diesem einzigartigen Park fand ein zu schnelles Ende. Wir waren auch vom ungewöhnlich vielen Gehen geschafft. Unsere armen Füße hatten gelitten. In einer Pause erweckten wir mit einem starken Mocca und einem großen Eisbecher unsere Lebensgeister wieder. Wir durften ja jetzt noch nicht schlappmachen. Schließlich hatten wir noch unser Abendprogramm vor uns, das wir wieder mit einem besonders guten Essen ausklingen lassen wollten. Wir hatten uns vorgenommen, an jedem Tag ein anderes, typisch spanisches Gericht auszuprobieren, um einen Eindruck von der landesüblichen Küche zu bekommen. Also fuhren wir zurück ins Hotel. Frisch geduscht und umgezogen machten wir uns ohne längeren Aufenthalt wieder auf den Weg. Nutze die Zeit, wie es so schön heißt.

Wir überließen es wieder dem Zufall, in welches Lokal wir einkehren würden. Uns fiel ein Künstlerlokal am Weg ins Auge, welches von zwei jungen Männern geführt wurde. Wir waren neugierig, welche Speisen sie zu bieten hatten und kehrten ein. Angeblich hatten sich die jungen Männer auf regionale Hausmannskost spezialisiert, genau das wollten wir. Im Lokal konnte leider niemand ein Wort Deutsch. Wir versuchten, uns auf Englisch zu unterhalten, womit uns aber nicht gedient war. Keiner der beiden Köche konnte uns das Gericht in Englisch erklären, das die beiden Männer uns empfohlen hatten. Also ließen wir uns ganz einfach überraschen. Es stellte sich dann heraus, dass es eine Art Kasserolle mit Fleisch und Gemüse war, gut gewürzt und dazu Weißbrot sowie den passenden Wein. Wir ließen es uns schmecken und waren äußerst zufrieden mit unserer Wahl. An diesem Abend hielten wir uns nicht mehr lange im Lokal auf, da wir von dem langen Spaziergang im Gaudi Park echt geschafft waren. Also traten wir schon bald den Heimweg an. Trotz unserer Müdigkeit nahmen wir den Weg ins Hotel noch über die Rambla, nur nicht mehr ganz so locker wie am Vortag. Aber an der Hausbar gingen wir wegen unseres Schlummertrunks nicht vorüber. Den wollten wir auf keinen Fall missen. Danach waren wir endgültig bettreif und begaben uns aufs Zimmer, um nur noch ins Bett zu fallen.

Am nächsten Morgen, gut ausgeschlafen und nach einem ausgiebigen Frühstück, machten wir uns wieder auf den Weg zur nächsten Besichtigungstour. Nur sollte dieser Tag ganz anders verlaufen, als wir ihn uns vorgestellt hatten. Aber das konnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen.

Diesen Tag wollten wir mit einem Besuch in der „Sagrada Familia“ beginnen, eine ungewöhnliche Kathedrale, auch von Gaudi erbaut und noch immer nicht vollendet. Wie immer fuhren wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mit denen wir auch äußerst schnell ans erwünschte Ziel gelangten. In Ehrfurcht und Staunen versetzt standen wir vor der mächtigen Kathedrale. Sie war ganz außergewöhnlich in ihrer Art. Alle Türme sind in verschiedenen Baustilen erbaut und mit unterschiedlichen Ornamenten versehen. Wir waren beeindruckt. Nur der dort platzierte Kran an der endlosen Baustelle störte das Gesamtbild ein wenig. Irgendwann würde aber auch dieser verschwinden und die ungewöhnliche Schönheit der Kathedrale würde frei zur Geltung kommen, sagten wir uns. Als wir uns an dem Wunderwerk genügend sattgesehen hatten, machte Doris den Vorschlag, anschließend noch einen Flohmarkt, der jeden Samstag in der Nähe stattfand, zu besuchen. Da gerade Samstag war, nichts wie hin. Er war riesengroß und eigentlich nicht anders als anderswo. Natürlich hätte uns dieses oder jenes gefallen, aber der Transport nach Hause hielt uns von etwaigen Torheiten ab. Also hielten wir uns an diesem Ort nicht allzu lange auf. Aber für unsere geplante Schlossbesichtigung war es dann leider zu spät. Darum gingen wir für einen kleinen Imbiss in ein Lokal, um dort zu beratschlagen, was wir statt des Schlosses noch in der Nähe besichtigen könnten. Doris fiel ein, dass zu dem Schloss noch ein wunderschöner Park mit schönen Pavillons und Statuen gehörte. Also sehenswert. Da wir sowieso in der Nähe waren, fuhren wir kurz entschlossen hin und stellten bald fest, dass die Besichtigung auf alle Fälle lohnenswert war. Unterwegs kauften wir noch Kekse und ein Getränk, da wir die Absicht hatten, im Park ohne Hektik länger zu verweilen.

Nach einem ausgiebigen Spaziergang und Bewunderung der schönen Skulpturen in der Parkanlage hatten wir das Verlangen nach einer kleinen Pause. Außerdem war es ganz schön heiß und wir suchten nach einem schattigen Plätzchen, das wir unter einem Baum fanden. Es dauerte nicht lange, und wir waren auf der Bank kurz eingenickt. Nach dem Nickerchen fühlten wir uns wieder fit für weitere Besichtigungen. Vor dem Weitergehen stärkten wir uns noch mit einem Schluck Mineralwasser und einigen Keksen. Interessiert schauten dabei einige Eidechsen zu, die vor unseren Füßen hin und her huschten. Völlig fasziniert von diesen schillernden Tierchen waren wir total abgelenkt und bekamen nur am Rande mit, dass einige Leute sehr forsch in eine Richtung liefen, sodass ich Doris fragte: „Ist da was passiert oder gibt es vielleicht sonst noch eine Attraktion, dass die Menschen alle so eilig in eine Richtung laufen? Sollten wir vielleicht auch schauen, was da los ist?“ „Was kann schon sein, dass es sich lohnt, nachzuschauen? Setzen wir lieber unsere Besichtigungen fort“, meinte Doris.

Also nahmen wir unseren Rundgang wieder auf. Aber beim Gehen fiel uns auf, dass es ungewöhnlich still um uns herum geworden war, und wir sahen einander fragend an. Es waren keine Menschen mehr zu sehen. Was war passiert? Irgendetwas stimmte nicht, und uns war ein wenig mulmig zumute. Wir beschlossen, zum Ausgang zu gehen, um nachzusehen, was die Ursache war. Dann das große Entsetzen. Das Tor war geschlossen. Welch ein Schock. Was sollten wir tun? Nirgendwo jemand, den man fragen konnte. Wie sollten wir aus dieser misslichen Lage befreit werden? Wir schauten uns an und hatten sofort den gleichen Gedanken: Es war uns klar, dass wir irgendjemanden auf uns aufmerksam machen mussten. Also blieb uns nichts anderes übrig, als uns hinters Tor zu stellen, um uns bemerkbar zu machen. Wir winkten und wedelten mit den Armen.

Es war schon ein komisches Gefühl, hinter Gittern zu stehen und zu winken, damit man auf uns aufmerksam wurde. Kaum zu glauben, auf unser Winken reagierten sofort mehrere Menschen. Es gab fast einen Auflauf von Neugierigen, die vor uns standen und uns bedauerten.

Wie hatte uns so etwas nur passieren können? Wir kamen uns vor wie Affen im Käfig, die durchs Gitter schauten und auf Bananen warteten. Aber es war beruhigend, so viele hilfsbereite Menschen vor sich zu sehen. Mit Gesten und ein wenig Englisch versprach man uns, sofort Hilfe zu schicken, um uns aus unserer misslichen Lage zu befreien. Welch ein Glück, so viel gut gemeinte Hilfe auf einmal. Wir waren echt gerührt. Nun konnte es ja nicht mehr allzu lange dauern, bis wir rausgelassen wurden.

Vor Freude umarmten wir einander und machten es uns mit Blick aufs Tor auf einer Bank bequem, damit wir sehen konnten, wenn Hilfe kam. Aber dem war nicht so. Es kam und kam niemand. Mehr als eine Stunde war inzwischen vergangen und wir wurden langsam nervös. Dann sagte Doris: „Es muss doch irgendwo eine Möglichkeit geben, hier herauszukommen. Wir werden ganz einfach schauen, ob wir ein Schlupfloch finden oder irgendwo rüberklettern können.“ Also gingen wir entlang des Zauns und suchten nach einem Schlupfloch. Natürlich fanden wir keines und zum Rüberklettern war der Zaun zu hoch. Außerdem waren die Gitterstäbe oben zugespitzt, sodass wir dieses Risiko sowieso nicht eingehen konnten. Schon langsam machten wir uns mit dem Gedanken vertraut, hier im Park übernachten zu müssen, und ich sagte: „Für die kühlen Nächte hier sind wir etwas zu leicht bekleidet. Wir müssen uns ein Plätzchen suchen, wo wir ein wenig geschützt sind und uns aneinander kuscheln können.“ Aber insgeheim hoffte ich immer noch, dass es einem der vielen Leute gelungen war, jemanden zu mobilisieren, der uns aus unserer misslichen Lage befreien würde. Leider war dem nicht so und Doris meinte: „Lass es uns noch einmal hinter dem Tor versuchen, damit wir Hilfe bekommen.“

Also stellten wir uns wieder hinters Gitter, um zu winken. Aber es kamen keine Menschen mehr vorbei. Ein neuer Schreck, der uns noch mutloser werden ließ. Auf alle Fälle entfernten wir uns keinen Schritt mehr vom Zaun, um nur ja keinen Passanten oder gar ein Auto zu verpassen. Wie wir so dastanden und warteten, sagte Doris plötzlich: „Schau mal auf die Tafel über dem Eingangstor.“ Ich verstand nicht sofort, was sie meinte, bemühte mich aber zu lesen, was da stand. Dann war mir alles klar, weshalb wir hier standen. „An Samstagen ab vierzehn Uhr geschlossen.“ Wir hatten das Schild beim Betreten des Parks nicht gesehen. Auf den Gedanken, dass ein Park schon so früh am Tage die Tore schließen könnte, wären wir nie gekommen.

Endlich hörten wir ein Geräusch, es hörte sich nach einem Auto an und wir streckten schnell alle vier Arme durch den Zaun und winkten heftig, damit wir auf jeden Fall bemerkt wurden. Leider fuhr das Auto an uns vorbei, der Fahrer hatte uns trotz des Winkens nicht bemerkt. Doch dann die Überraschung. Er bremste, legte den Rückwärtsgang ein und blieb direkt vor uns stehen.

Ein junger Mann stieg aus und kam kopfschüttelnd zu uns ans Tor. Er konnte nicht fassen, was er da sah und fragte auf Englisch, warum wir hinter der verschlossenen Tür standen. Wir erklärten ihm ebenfalls auf Englisch, wie wir in diese Situation geraten waren. Der junge Mann stellte sich kurz vor und versprach uns ganz sicher, sein Möglichstes zu versuchen, um uns aus dem Park herauszuholen. Am liebsten hätten wir ihn umarmt, aber durch die Gitterstäbe war es leider nicht möglich. Er hatte unseren Gefühlsausbruch verstanden und machte sich sogleich auf den Weg.

Nach einer guten Viertelstunde stand er wieder mit seinem Auto vor uns am Zaun. Er stieg aus, um uns die freudige Mitteilung zu machen, dass er einen zuständigen Mann gefunden hatte, der von der anderen Seite des Parks kommen würde, um uns rauszulassen. Schade, dass der Zaun dazwischen war, sonst hätten wir ihn vor Freude abgebusselt, wie man bei uns so schön sagt. Stattdessen schickten wir ihm Handküsse und bedankten uns tausendmal. Er verabschiedete sich und wünschte uns noch alles Gute. Dieses Mal waren wir ganz sicher, dass es klappen würde.

Es dauerte auch nicht mehr lange, bis ein uniformierter Herr kam und uns zu sich winkte. Er machte keinen erfreuten Eindruck und schaute uns böse an. Aber in unserer Situation waren wir froh, dass er da war. Er sprach kein Wort mit uns und deutete mit der Hand an, ihm zu folgen. Wie zwei arme Sünder trotteten wir hinter ihm her. Der Weg war sehr lang und führte genau in die entgegengesetzte Richtung des Haupteingangs. Jetzt bemerkten wir erst, wie groß der Park wirklich war. Während des Marsches flüsterten wir uns leise zu, dass wir den Mann für seine Mühe mit einem ordentlichen Trinkgeld belohnen würden. Als wir endlich am anderen Ende des Parks angekommen waren und ihm beim Verabschieden das Geld überreichen wollten, sagte er nur kurz angebunden: „No!“

Wir erschraken direkt, weil das „No“ so schroff aus seinem Mund kam. Die ganze Situation war uns sehr peinlich. Also bedankten wir uns nur bei ihm und wurden aus einer kleinen Hintertür in die Freiheit entlassen. Wir atmeten erst einmal tief durch, schauten uns an und wie auf Kommando mussten wir aus vollem Herzen lachen, obwohl uns vor Kurzem noch zum Heulen zumute gewesen war. Es war ganz einfach ein Befreiungslachen.

Kaum wieder in Freiheit dachten wir schon wieder darüber nach, was wir noch mit dem späten Nachmittag anfangen könnten. Wir beschlossen, auf die Gran Via zu gehen, um uns zumindest noch einige der schönen Jugendstilhäuser von Gaudi aus der Nähe anzusehen. Auf dem Weg dorthin belohnten wir uns für die ausgestandenen Ängste erst noch in der Konditorei „Escriba“ mit einem Mocca und ein wenig Konfekt.

Leider konnten wir nicht mehr allzu viel besichtigen, da der Nachmittag schon ein wenig fortgeschritten war und es bereits zu dämmern begann. Aber zumindest bekamen wir noch einen Eindruck von den Häusern und der wunderschönen Straße, wo sogar der Fußweg mit Fliesen gedeckt war. Die dazu passenden Ampeln standen links und rechts des Gehwegs, natürlich auch im Jugendstil. Wir waren beeindruckt. Als es dann begann dunkel zu werden und wir den letzten Abend noch mit einem guten Abschiedsessen beenden wollten, machten wir uns auf den Weg ins Hotel, um uns umzuziehen. Unterwegs hielten wir kurz in einer Tapas-Bar, um uns für den letzten Abend einzustimmen. Durch den anstrengenden Tag hatte unser Elan ein wenig gelitten, allerdings mit köstlichen Tapas und einem Gläschen Sherry erwachten unsere Lebensgeister aufs Neue.

Frisch gestärkt gingen wir ins Hotel, und nach der üblichen Dusche wechselten wir unsere Kleider und machten uns wieder auf den Weg. Schließlich wollten wir zum Abschluss noch einen schönen, letzten Abend in Barcelona verbringen. Wie schon zuvor überließen wir es dem Zufall, wo wir einkehren würden. Wir verließen uns da ganz auf unsere Intuition. Es dauerte auch nicht lange, bis wir in einer Nebengasse der Rambla ein Lokal nach unseren Vorstellungen entdeckten. Es war eher einfach, aber traditionell, was uns wichtig war. Also traten wir ein, um uns überraschen zu lassen. Ein vielversprechender Duft zog uns sogleich in die Nase und regte unseren Appetit an. Die ganze Atmosphäre passte, und wir nahmen an einem kleinen Ecktisch Platz. Ein netter Kellner überreichte uns die Speisekarte. Er hatte mitbekommen, dass wir hier fremd waren, beriet uns deshalb und empfahl uns ein Gericht, welches sich „Suquet de Peix“ (Geschmorter Fischeintopf) nannte. Dazu empfahl er uns auch den dazu passenden Wein. Vertrauensvoll ließen wir uns auf seine Empfehlungen ein und waren wieder vollauf zufrieden mit dem köstlichen Mahl. Diese Belohnung hatten wir auch bitter nötig nach unserem „Horrorerlebnis“, das uns noch immer in den Knochen steckte und bei Tisch unser Hauptthema war. Nach dem ausgiebigen und guten Essen unternahmen wir noch einen letzten langen Abschiedsbummel über die Rambla. Wir wollten noch einmal die südländische Atmosphäre in uns aufnehmen und gingen deshalb bewusst langsam zurück ins Hotel. Leider war es schon unser letzter Abend in Barcelona.

Im Hotel angekommen, gingen wir wie gewohnt in die Hausbar auf unseren Schlummertrunk. Aber unsere Stimmung war ein wenig getrübt. Darum verweilten wir etwas länger, um die verbleibende Zeit noch ein wenig zu strecken. Außerdem mussten wir ja nicht früh aufstehen. Unser Heimflug war erst am späten Nachmittag, und wir hatten genügend Zeit, in Ruhe zu packen. Nach dem dritten Cognac waren wir endgültig bettreif und verabschiedeten uns von dem netten Barkeeper, der uns immer so freundlich bedient hatte.

Gut ausgeschlafen packten wir am nächsten Morgen noch vor dem Frühstück unseren Koffer, da wir unser Zimmer schon zeitig räumen mussten. Für die Zeit zwischen Abflug und Freizeit gab es einen Raum, in dem wir unser Gepäck zwischenlagern konnten, was wir nach dem Frühstück auch taten. Nur unser Bargeld, welches wir bis zu diesem Zeitpunkt immer im Safe verwahrt hatten, mussten wir jetzt leider mitnehmen. Wir hatten die Ab