SOKO FRIESLAND - Die Insel Föhr und das Spiel mit dem Tod- Ein Küsten-Krimi - Tomos Forrest - E-Book

SOKO FRIESLAND - Die Insel Föhr und das Spiel mit dem Tod- Ein Küsten-Krimi E-Book

Tomos Forrest

0,0
3,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Föhr 1982.
Mein Name ist Hauke Graaf, Polizeioberkommissar in der SOKO Friesland. Meine Kollegen lernte ich bei einem der SEK-Lehrgänge kennen. Als Uwe Petersen den Auftrag er-hielt, eine SOKO für besondere Fälle in Norddeutschland zu bilden, wurde ich in das Team aufgenommen.
Wir arbeiten von Bremen, Hamburg oder Flensburg aus, wo wir zur Tarnung Detektivbüros unterhalten. Die Erfahrung zeigt uns, dass viele Menschen, die in ein Verbrechen verwickelt werden, sich lieber an einen Privatdetektiv wenden als an die Polizei. So auch in diesem Fall, in dem sich die Versicherung weigerte zu zahlen.
Als ich als angeblicher Detektiv gebeten wurde, die Hintermänner eines Pelzdiebstahls zu finden, ahnte ich nicht, dass die Einbrüche in Hamburger Lagerhäuser im Hafen nur am Rande verliefen, die Hauptmitglieder einer Bande jedoch ganz andere Verbrechen durchführten, bei denen es mehrere Morde gab.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2022

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



 

 

 

 

Tomos Forrest & Wolf G. Rahn

 

 

SOKO FRIESLAND

 

Die Insel Föhr und das Spiel mit dem Tod

 

 

 

 

Küsten-Krimi

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv 

Cover: © by Steve Mayer, 2022

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

1. 

2. 

3. 

4. 

5. 

6. 

7. 

8. 

9. 

10. 

11. 

12. 

13. 

14. 

15. 

16. 

17. 

18. 

19. 

20. 

21. 

22. 

23. 

24. 

25. 

Anhang 

Folgende Titel der SOKO FRIESLAND sind in Vorbereitung oder bereits lieferbar: 

 

Das Buch

 

 

Föhr 1982.

Mein Name ist Hauke Graaf, Polizeioberkommissar in der SOKO Friesland. Meine Kollegen lernte ich bei einem der SEK-Lehrgänge kennen. Als Uwe Petersen den Auftrag erhielt, eine SOKO für besondere Fälle in Norddeutschland zu bilden, wurde ich in das Team aufgenommen.

Wir arbeiten von Bremen, Hamburg oder Flensburg aus, wo wir zur Tarnung Detektivbüros unterhalten. Die Erfahrung zeigt uns, dass viele Menschen, die in ein Verbrechen verwickelt werden, sich lieber an einen Privatdetektiv wenden als an die Polizei. So auch in diesem Fall, in dem sich die Versicherung weigerte zu zahlen.

Als ich als angeblicher Detektiv gebeten wurde, die Hintermänner eines Pelzdiebstahls zu finden, ahnte ich nicht, dass die Einbrüche in Hamburger Lagerhäuser im Hafen nur am Rande verliefen, die Hauptmitglieder einer Bande jedoch ganz andere Verbrechen durchführten, bei denen es mehrere Morde gab.

 

 

***

 

 

1.

 

Föhr 1982.

 

Die Wrixumer Mühle fiel den meisten Besuchern der Insel Föhr auf, wenn sie die Fähre verlassen hatten und der Straße in das Innere der Grünen Insel folgten. Nach Wyk war der nächste Ort auf ihrer Strecke Wrixum, und die Erdholländermühle präsentierte sich stolz zur linken Hand am Hardesweg mit ihren fünf Flügeln. Der untere Teil, der aus dem Jahr 1850 stammenden Mühle, war ausgebaut und wurde seit 1971 als Restaurant genutzt. Der Besitzer hielt aber auch im oberen Teil die alte Mühlentechnik in gutem Zustand und präsentierte sie seinen Besuchern auf Wunsch. Hier gab es auch eine kleine Handwerkerstube mit netten Holzarbeiten, die von einem alten Herrn hergestellt wurden. Er war auf der Insel hängengeblieben und machte sein Hobby zu einem kleinen Nebenverdienst.

Hauke Graaf hatte ein paar Tage auf Föhr verbracht und wohnte bei Ricke Rickmers in der Ohl-Dörp-Straße. An seinem letzten Abend hatte er Ricke zum Essen in die Mühle eingeladen. Zum Abschluss ihrer opulenten Abendmahlzeit gab es noch ein Gläschen Friesengeist, eine Föhrer Spezialität, die brennend serviert wurde. Dazu gab es einen kleinen Kupferdeckel mit dem Spruch: »Wie’s Irrlicht im Moor / flackert’s empor / lösch aus … / trink aus … / genieße leise / auf echte Friesenweise / den Friesen zur Ehr / vom Friesengeist mehr!« Den verliest zumeist der Kellner, danach legt man ihn auf das Glas, löscht die Flamme und genießt – behutsam, weil noch heiß – das köstliche Getränk. So machten es auch Ricke und Hauke, und anschließend sagte Ricke lachend: »Heute ehren wir die Friesen mal nicht noch mehr, sonst verpasst du morgen noch deine Fähre!«

Hauke lachte und half Ricke in ihre Jacke.

Sie kuschelte sich eng an ihn, denn heute Abend wehte eine steife Brise vom Meer herüber, als sie die Mühle verließen. Es war nichts Ernstes zwischen den beiden, jeder lebte sein Leben, aber wenn Hauke seine Freizeit auf Föhr verbrachte, dann genossen sie ihre gemeinsame Zeit.

Als sie über den Hardesweg hinüber zu Rickes Haus gingen, fiel beiden der Lärm aus der Nachbarschaft auf. Er kam vom Erdbeerparadies an der Ecke Ocke-Nerong-Straße herüber. Die Disco war wieder einmal gut besucht und die zahlreichen jungen Leute feierten trotz des Windes auch noch vor der Tür.

»Stimmung!«, rief Ricke lachend. »Aber zum Glück haben wir gute Fenster, die den Lärm nicht durchlassen. Stört mich auch überhaupt nicht weiter, aber manchmal ist es in der Umgebung schon heftig, wenn die jungen Feriengäste den Weg nicht in ihr Quartier schaffen und den Inhalt ihres Magens auf die Straße entleeren oder in einem der Vorgärten ihre Exkremente hinterlassen.«

»So schlimm geworden?«, hakte Hauke nach und deutete mit dem Kopf auf eine Gruppe von drei jungen Männern, die ein Stück entfernt von ihnen die Straße überquerten. Ihre schräge Körperhaltung und die lauten Stimmen deuteten auf reichlichen Alkoholgenuss hin. Die Gruppe blieb vor einem der Häuser stehen, in dem auf einer Schaufensterscheibe in großen Buchstaben das Wort Tattoo stand.

»Da will ich jetzt rein!«, rief einer der Jugendlichen mit hörbar schwerer Zunge. »Ich lass mich jetzt so ein Ding stechen!«

Die anderen lachten und wollten ihn weiterziehen.

»Lasst mich in Ruhe, ich will jetzt … will ein Tattoo!«, gröhlte der andere jedoch. »Hier, das ist doch wohl ein superstarkes Teil! Nee, guckt doch mal, hier der Hai! Manno, den will ich haben, los, mach deinen Laden auf, Schlitzi!«

»Komm jetzt weiter, Kalle, der Laden hat längst zu!«

»Du kriegst sowieso Ärger mit deinem Vater, wenn du so was machst!«, erklärte der Dritte.

»Ach, ihr seid doch alle Schisser!«, antwortete der Tätowierwillige, ließ sich aber nun von seinen Freunden weiterziehen.

»Ist mir gar nicht aufgefallen, Ricke! Ihr habt jetzt auf Föhr ein Tätowierstudio?«

»Ja«, lachte Ricke. »Und betrieben wird es von einem Vietnamesen. Der ist schon ein etwas älter Herr und früher selbst zur See gefahren. Aber was ich so gesehen habe, versteht er etwas von seinem Handwerk!«

Während die Jugendlichen weitergezogen waren, gingen Ricke und Hauke jetzt zu der Auslage, und Hauke betrachtete die vergrößerten Farbfotos der verschiedenen Motive. »Der Hai ist ja wirklich irre!«, sagte er schließlich und deutete auf ein Foto. Jemand hatte sich auf den Rücken einen sehr großen Hai tätowieren lassen, der angriffslustig auf den Betrachter zu schwamm, das Maul gefährlich aufgerissen und dabei seine Zahnreihen präsentierend.

»Puh!«, sagte Hauke und schüttelte sich. »Das ist nichts für mich!«

»Aber ein Tiger, oder?«, antwortete Ricke lachend und zog ihn an sich. Als sie ihm einen Kuss auf die Wange hauchte, flüsterte sie leise: »Mein wilder Tiger!«

Lachend eilten die beiden die Ohl-Dörp entlang.

 

 

2.

 

Als der Mann im Lieferwagen den Streifenwagen sah, blendete er kurz die Scheinwerfer auf und fuhr los. Nicht besonders schnell und genau in die Richtung, aus der die Polizei kam.

Frechheit siegt, dachte er. Damit hatte er bis jetzt immer Erfolg gehabt.

Jens Friedrich, der hinter dem Rolltor Schmiere stand, gab das Signal an seine Komplizen weiter. Er wurde panisch.

Der junge Mann hatte sich das Ganze ein bisschen einfacher vorgestellt und ziemlich große Töne gespuckt. Jetzt wünschte er sich, er hätte sich nie darauf eingelassen. Irgendeinen Weg hätte er schon gefunden, um aus seinen Schwierigkeiten herauszufinden.

Das hier war keine Lösung.

»Nur nicht nervös werden«, raunte Frank Gerloff ihm zu. Für ihn war das alles Routine. In seinem Leben hatte er schon eine Menge Geschäfte ausgeräumt. Er blieb dabei genauso ruhig, als würde er seinen Job hinter einem Biertresen ausüben.

Eigentlich hätte seine Ruhe auf Jens Friedrich ansteckend wirken müssen, doch der Zwanzigjährige wusste, dass Gerloff bereits über neun Jahre seines Lebens hinter Gittern verbracht hatte. Auch das war bei ihm zur Routine geworden, und diese Tatsache war denkbar ungeeignet, Friedrichs Bedenken zu zerstreuen.

»Was ist, wenn sie Verdacht schöpfen?«, fragte er flüsternd.

»Sie schöpfen nicht«, kam die lakonische Antwort.

»Wenn aber doch?«

Frank Gerloff kniff die Augen zusammen. Der Kleine hatte die Hosen voll. Das gefiel ihm ganz und gar nicht. Sie hätten ihn nicht mitnehmen dürfen. Das war ein Fehler gewesen, und Fehler konnte man sich bei ihrem Geschäft nicht erlauben.

»Dann lassen wir den Kram eben liegen und verschwinden«, erklärte er seelenruhig. »Die Bullen sind doch schon froh, wenn sie ’nen Bruch verhindert haben. An ’ner Schießerei liegt ihnen nichts.«

Jens Friedrich erschrak.

»Schießerei? Damit will ich nichts zu tun haben, Frank. Es hieß, es könne überhaupt keine Schwierigkeiten geben. Weißt du, was es bedeutet, auf einen Polizisten zu schießen? Die gesamte Bundesrepublik würde uns jagen, jeder kleine Streifenpolizist nach uns Ausschau halten!«

»Du gehst mir auf den Wecker, Mann. Natürlich weiß ich das, und ich bin nicht so blöd, Mist zu bauen, wenn …«

Er brach ab und lauschte.

Ein Wagen hatte vor der Halle gestoppt. Die Stimmen zweier Männer waren zu hören. Eine Wagentür schlug zu.

»Verdammter Mist!«, stieß Jens Friedrich hervor. Sein Gesicht wurde kreidebleich.

Auch der Ältere atmete heftiger, aber er ließ sich nichts anmerken. Er zog eine Pistole aus der Tasche und entsicherte sie.

»Bist du verrückt?«, schimpfte Friedrich.

»Halt ’s Maul!«, fuhr ihn der andere an. »Wir verduften nach hinten. Irgendwo sammelt uns Karsten schon auf.«

Die beiden Männer hasteten über den Vorplatz und turnten zwischen Gerümpel hindurch.

Eine Tonne kippte scheppernd um.

»Idiot!«, fluchte Gerloff. Das hatte man davon, wenn man sich mit Anfängern einließ. Er würde dem Boss seine Meinung zu diesem Thema schon noch sagen.

Die Polizisten waren jetzt hinter ihnen.

Durch den Lärm fanden sie ihren Verdacht bestätigt.

Da hatten sie doch tatsächlich ein paar Einbrecher gestört.

Aber die Ganoven waren sehr schnell. Und vor allem hatten sie einen ziemlichen Vorsprung. Außerdem kannten sie sich auf dem Gelände aus. Sie schienen nicht zum ersten Mal hier zu sein.

»Stehenbleiben!«, brüllte einer der Polizisten.

Er erwartete nicht, dass sein Befehl befolgt wurde, und sah sich auch nicht enttäuscht.

»Hinterher! Du nach links rüber, Weg abschneiden!«, feuerte er seinen Kollegen an.

Sie setzten mit gekonnten Sprüngen über Kistenstapel, folgten den hastigen Schritten, die jetzt schräg links vor ihnen erklangen, und turnten schließlich über einen Bretterzaun.

Zu spät! In einiger Entfernung fuhr gerade ein dunkelblauer Lieferwagen an. Die Beleuchtung seines Nummernschildes funktionierte nicht, was bestimmt kein Zufall war.

»Entwischt!«, stellte einer der beiden Beamten mürrisch fest. »Diese Ganoven werden immer frecher. Der Lieferwagen ist uns doch vorhin entgegengekommen.«

»Da kann man nichts machen. Wenigstens haben die Burschen heute mit Zitronen gehandelt. Denen haben wir die Tour gründlich vermasselt.«

Sie kehrten nicht auf demselben, hindernisreichen Weg zurück, sondern gingen um den ganzen Lagerhausbereich herum.

Wenig später löste sich aus einer dunklen Nische eine Gestalt und hastete in die entgegengesetzte Richtung davon. Ihr Aufatmen war förmlich zu hören. Das war knapp gewesen. Um ein Haar hätten sie ihn erwischt.

Die Polizisten kehrten zu ihrem Ausgangspunkt zurück. Hier fielen sie aus allen Wolken.

»Verdammte Schweinerei!«, tobte einer. »Die Kerle müssen Komplizen gehabt haben, die in der Zwischenzeit den Laden ausgeräumt haben.«

»Sieht so aus«, bestätigte sein Kollege. »Aber der Gipfel der Frechheit ist, dass sie zum Abtransport ausgerechnet unseren Wagen benutzt haben.«

Er hatte recht. Der Streifenwagen war verschwunden.

 

 

3.

 

Der junge Mann drehte sich immer wieder um. Noch war er nicht davon überzeugt, dass er seine Verfolger abgeschüttelt hatte.

Erst als ihm minutenlang niemand folgte, wurde er etwas ruhiger. Er musste überlegen, wie er sich verhalten sollte. Seit er hinter die Riesenschweinerei gekommen war, kämpfte er mit zwiespältigen Gefühlen. Die Situation war völlig neu für ihn.

An wen sollte er sich wenden? Wem konnte er vertrauen? Anscheinend steckte doch die ganze Bande unter einer Decke.

Hatte es einen Sinn, Hamburg zu verlassen? Er zweifelte immer mehr daran. Gerade das wollten sie ja. In einer anderen Stadt kannte er sich nicht aus. Trotz seiner Bedenken trieb es ihn wieder in die Hafengegend. Der Frachter, auf dem er angeheuert hatte, lief morgen früh aus. Er bezweifelte aber, dass er an Bord sein würde. Er musste sich das noch ganz genau überlegen.

Drüben an der Ecke befand sich eine Kneipe. Genau das brauchte er jetzt. Einen kräftigen Schluck und Trubel um sich herum. Vielleicht entdeckte er sogar einen Freund.

Er überquerte die Straße und stieß die Kneipentür auf.

Die dicke Luft warf ihn fast auf den Rücken. Junge, Junge! Hier war wohl seit ewigen Zeiten nicht mehr gelüftet worden. Die Hafenarbeiter und das Schiffsvolk störten sich nicht daran. Ein feister Bursche, dem bestimmt keine Möwe das eine Auge ausgepickt hatte, grölte sogar ein Lied über den einmaligen Duft des Hamburger Hafens. Gleich darauf stimmte ein anderer eine neue Melodie an, die seit einigen Jahren ein Ohrwurm war. Die Rentnerband spielte inzwischen nicht nur in Hamburg ihre Hamburger Deern. Der Text saß nicht so richtig bei dem gröhlenden Einäugigen, aber alle stimmten fröhlich in den Refrain ein: »Oh Hamburger Deern, süße Hamburger Deern …«

Er suchte sich einen Tisch, an dem nicht gesungen wurde. Dafür stierten die Burschen hier voller Andacht in ihre Gläser.

Kaum einer wandte den Kopf, als er sich zum Tresen durcharbeitete. Dass er nicht zur Polizei gehörte, sah man ihm an. Alles andere war egal.

Er verlangte ein Bier und bezahlte es sofort.

Als das Glas vor ihm stand, nahm er einen tüchtigen Schluck. Das Gebräu schmeckte genauso, wie die Luft hier roch. Und das Zeug war nicht mal billiger als in einem appetitlichen Lokal. Es blieb ein Rätsel, was die Männer ausgerechnet hierher trieb.

Das Rätsel löste sich, als sich eine Blondine mit kohlschwarzen Augen durch einen der beiden Perlenvorhänge neben dem Tresen schob. Sie hatte für Männerblicke ganz schön etwas zu bieten, und ein sehnsüchtiges Raunen ging durch den Schankraum. Sogar der Einäugige hörte mit seinem Gesang auf und blickte in die verheißungsvolle Richtung.

Sein Nebenmann schüttete sich gedankenverloren das Bier am Mund vorbei und fluchte dann laut. Jemand zischte vorwurfsvoll hinter ihm. Cecilia oder besser – Cilia – wurde hier anscheinend wie eine Heilige verehrt, und in Gegenwart einer Heiligen war Fluchen selbstverständlich verpönt.

Cilia war alles andere als ein Engel, aber ihr Image gefiel ihr. Es brachte mancherlei Vorteile mit sich. So wurde sie zum Beispiel selten belästigt. Solche Sachen regelten ihre Gäste sehr schnell unter sich. Wer sich Handgreiflichkeiten bei ihr herausnahm, kassierte regelmäßig zwei blaue Augen und musste hinterher eine Runde für die versammelte Mannschaft ausgeben. Da die Kneipe immer gesteckt voll war, konnte das ein teurer Spaß werden, den man sich lieber zweimal überlegte.

Das Barmädchen kannte fast jeden mit Namen. Das neue Gesicht unter den anderen Männern fiel ihr sofort auf. Der Junge gefiel ihr nicht schlecht, obwohl er bestimmt auch schon einige Wässerchen getrübt hatte.

»Wie heißt du, Fremder?«, erkundigte sie sich mit ihrer dunklen Stimme, die die Männer in der Nähe aufseufzen ließ.

Der junge Mann zuckte unwillkürlich zusammen. War das ein Verhör? Hatte jemand die Mieze auf ihn angesetzt? Er war voller Misstrauen. Und das nicht ohne Grund.

»Freddy«, sagte er knapp und zeigte wenig Neigung, das Gespräch fortzusetzen.

Cilia war verschnupft. Andererseits wurde ihr Ehrgeiz angestachelt. Die Erfahrung, dass ihr Dekolleté die Männeraugen nicht kugelig werden ließ, war neu für sie.

---ENDE DER LESEPROBE---