Solaras Traum - Brigitte Anna Lina Wacker - E-Book

Solaras Traum E-Book

Brigitte Anna Lina Wacker

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Beschreibung

Während die junge Sonja an ihrer Lebenssituation verzweifelt, trifft sie auf die geheimnisvolle, sonderbare Esperanza. Mit viel Einfühlungsvermögen hilft die gebrechliche Alte der ratlosen jungen Frau, neue Wege zu beschreiten und somit ihr Leben positiv zu verändern.

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Seitenzahl: 61

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Inhaltsverzeichnis

Das Geschenk

Die hölzerne Kugel

Die Chance

Das Buch der Freude

Das Angebot

Geheimnisse

Veränderungen

Entwicklungsschritte

Die Entdeckung

Solaras Traum

Das Geschenk

Es war eine dunkle regenverhangene Nacht.

Still und einsam stand eine junge Frau am Rand der breiten Straße, die stadteinwärts führte. Sie fühlte sich hilflos und alleine. Vor einer Stunde hatte sie die Wohnung verlassen, die sie mit ihrem Lebensgefährten Marius seit einigen Monaten teilte.

Sie hatten heftig gestritten. An diesem Abend gab es keine Versöhnung, kein liebes Wort. Schweigend war Marius unvermutet in das gemeinsame Schlafzimmer gegangen, um sich zur Ruhe zu legen. Er hatte nicht auf ihre Fragen geantwortet, sondern die ganze Zeit geschwiegen, wie immer.

Der Anlass der Auseinandersetzung lag gewaschen im Kleiderschrank. Sie hatte in einer Boutique einen wunderschönen grünweiß melierten Pullover gekauft, der herrlich zu ihren grünen Augen passte. Das Material war seidig weich und sie liebte dieses Kleidungsstück vom ersten Augenblick an. Statt sich mit ihr zu freuen, hatte Marius sie nur wortlos angesehen. Er mochte diese Farbe nicht, besser gesagt, er konnte grün überhaupt nicht ausstehen und forderte sie mit harter Stimme auf, diesen Pullover sofort umzutauschen, andernfalls würde er mit ihr kein Wort mehr sprechen. Entsetzt bemerkte sie seine heftige Reaktion, war aber nicht bereit, auf seine Forderung einzugehen.

In letzter Zeit waren seine Wutausbrüche immer heftiger geworden. Nichts konnte die junge Frau ihrem Partner recht machen. Entweder die Frisur gefiel ihm nicht oder die Ärmel an der Bluse waren, wie er sagte, wie bei einer Rockerbraut aufgekrempelt. Mal war der Rock zu kurz oder sie hatte den falschen Käse eingekauft. Mal waren es die Brötchen, die nicht schmeckten, mal war es der Kaffee. Wehe, sie hatte unbekannte Gewürze oder Kräuter beim Kochen verwendet. Sogar das Obst war ihm an manchen Tagen zu sauer.

Egal, was die junge Frau tat, es war immer falsch. Dabei gab sie sich wirklich alle Mühe, ihrem Lebensgefährten das Leben so angenehm wie möglich zu machen.

Bis vor kurzem hatte sie als Verkäuferin in einer Modeschmuck-Boutique gearbeitet. Sie galt als freundlich, absolut zuverlässig und aufgeschlossen und hatte zudem ein gutes Gespür für die kommenden Modetrends.

Wann immer eine Kundin besondere Wünsche äußerte, war sie bemüht, diese auch zu erfüllen. Ihre zuvorkommende Art war bei den Kundinnen beliebt. Trotz der guten Umsätze wurde die Boutique vor kurzem geschlossen und die darauf folgende Arbeitslosigkeit war nur schwer zu ertragen. Viel schlimmer jedoch war, dass sie ihre kleine Altbauwohnung aufgegeben und Marius unermüdlichem Drängen, bei ihm einzuziehen, nachgekommen war.

Sie kannten sich seit drei Jahren. Er war immer hilfsbereit, zärtlich und liebevoll gewesen. Doch vor einigen Monaten änderte sich sein Verhalten schlagartig und das Leben an seiner Seite wurde unerträglich. Manchmal kam es ihr vor, als bräuchte es nur noch eine Kleinigkeit, und er würde sie schlagen.

Sie wusste keinen Ausweg aus dieser Situation. Das Arbeitslosengeld war knapp und eine neue Arbeit momentan nicht in Sicht. Der Versuch, im nahe gelegenen Supermarkt eine Anstellung als Kassiererin zu bekommen, schlug fehl, denn der Ansturm auf diesen Job war groß.

Die Verzweiflung trieb die junge Frau des Nachts immer wieder zu der viel befahrenen Bundesstraße. Dort verbarg sie sich hinter den großen Bäumen im Seitenstreifen mit der Absicht, sich bei passender Gelegenheit vor einen der vorbeirasenden Lastkraftwagen zu werfen, um dem Desaster ihres Lebens zu entgehen und für immer Ruhe zu finden.

Der Regen hatte aufgehört, sogar der Wind verstummte. Der nächste Lastwagen kam mit großen Scheinwerfern angefahren. Gleich würde sie soweit sein und den ersten Schritt auf die Straße machen, dann den zweiten und alles wäre vorüber.

Das Mondlicht brach durch die Wolken und glitt silbrig durch das Geäst der Bäume. Gerade als sie sich entschlossen hatte zu gehen, entdeckte sie auf der anderen Straßenseite schemenhaft eine alte gebeugte Frau, die zu ihr herüber schaute. Die junge Frau erschrak. Der schwere Lkw brauste donnernd an ihr vorüber. Die Chance war vertan. Wie gebannt starrte sie auf die gegenüberliegende Straßenseite, doch die Alte war weit und breit nicht mehr zu sehen.

Tränen strömten über ihre Wangen. Schweren Herzens verließ sie ihren Platz zwischen den Bäumen und machte sich zögernd auf den Weg nach Hause.

Leise ging sie in das Badezimmer, um sich zu entkleiden und für die Nacht fertig zu machen. Sie legte sich, ohne noch einmal das Licht anzuschalten, auf ihre Seite des breiten Doppelbettes und fiel in einen unruhigen Schlaf. Als die junge Frau am nächsten Morgen erwachte, war ihr Lebensgefährte bereits zur Arbeit gegangen. An der benutzten Kaffeemaschine sah sie, dass Marius bereits gefrühstückt hatte.

Er schien vom nahen Bäcker nur für sich selbst Brötchen geholt zu haben. Das war seine Art, sie wortlos abzustrafen.

Nach einer erfrischenden Dusche machte sie sich seufzend auf den Weg, um auch für sich selber Brötchen zu holen und sich wenigstens ein kleines Frühstück zuzubereiten. Sie spürte nicht die wärmenden Sonnenstrahlen, die den nahenden Frühling ankündigten, sondern sie schien sich in einem dunklen Kokon zu bewegen. Auch bemerkte sie die lächelnden freundlichen Menschen auf der Straße nicht. Still und stumm bewegte sie sich marionettengleich.

„Warum?“ Fragen über Fragen durchzogen ihre Gedanken.

„Warum bin ich mit ihm zusammengezogen?

Warum habe ich meine Wohnung aufgegeben? Warum habe ich seinem Heiratsversprechen geglaubt? Warum finde ich keine Arbeit? Warum….“

Die Fragen drehten sich wie ein Rad in ihrem Kopf, jedoch fielen ihr keine Antworten ein.

Sie hatte ihre Selbständigkeit aufgegeben und ihr Selbstwertgefühl ebenfalls.

Zu ihrer Mutter gab es keinen Kontakt mehr. Sie war ein Kind der Schande, unehelich, unerwünscht, ein Bastard eben.

Die Großeltern hatte sie nicht kennen gelernt.

Ob diese überhaupt von ihrer Existenz wussten? In der Schule hatte sie lediglich mäßige Leistungen erbracht und war somit froh gewesen, als die Schulzeit endlich vorüber war. Eine Lehre hatte sie nicht machen dürfen, denn schließlich wollte ihre Mutter, dass sie endlich auf eigenen Beinen stehen und Geld verdienen sollte.

Die Arbeit als Verkäuferin brachte zwar nicht viel Geld ein, aber es reichte knapp zum Leben. Ihre 1 ½ Zimmer-Wohnung war für sie ein kleines Paradies gewesen.

In der Zeitung suchte sie täglich nach Stellenanzeigen, doch es gab einfach keine Angebote für eine ungelernte Kraft. Was sollte sie nur anfangen mit diesem Tag? Das Haus war geputzt und das Essen würde sie gegen Abend zubereiten. Es blieb viel zu viel Zeit übrig, die sie nicht zu füllen wusste.

Die junge Frau verließ die Wohnung, um zur nahe gelegenen Eisenbahnbrücke zu gehen und den durchfahrenden Zügen nachzusehen. Die Brücke war alt und schmal. Es gab lediglich einen kleinen Bürgersteig an der einen Seite. Von dort konnte man Richtung Bahnhof schauen. Güterzüge donnerten unter ihr vorbei und hinter ihr rasten die Autos und Lastwagen bedrohlich nahe vorüber.

Wenn sie sich nur ein bisschen weiter über die Brüstung lehnen würde, dann…!

Weiter kam sie nicht mit ihren Gedanken, denn sie bemerkte einen Schatten neben sich. War das nicht die alte gebeugte Frau, die gestern Nacht am Straßenrand gestanden hatte? Plötzlich war die Alte direkt neben ihr.

Mit ihren gütigen Augen und einem freundlichen Lächeln wirkte sie sehr vertrauenerweckend.

„Erschrecken Sie bitte nicht“, sagte sie leise,

„ich sah Sie gestern einsam am Rande der Straße stehen. Und auch jetzt machen Sie einen ganz verlorenen Eindruck. Ich dachte mir, wir könnten ein kleines Stück des Weges gemeinsam gehen und uns ein wenig unterhalten. Sie sehen so traurig aus, vielleicht kann ich Ihnen helfen.“