Sommerkrimi - Olive Feuerbach - E-Book

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Olive Feuerbach

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Beschreibung

Leucate hat den schönsten Strand an der französischen Mittelmeerküste und die meisten Sonnenscheinstunden. Der Kriminalbeamte Martin und seine Freundin Teresa wollten da eigentlich nur Urlaub machen und diesen mit ersten Gehversuchen im Bereich S/M würzen. Vera, ihre Vermieterin, hat ihnen in diesem Punkt nicht nur einige Erfahrungen voraus, sondern beginnt auch noch, intensiv mit Teresa zu flirten. Als eine Bekannte Veras, die Frau eines biederen deutschen Bankbeamten, aus der nahen Naturisten-Anlage nicht zurückkommt und schließlich mit Kopfschuss gefunden wird, geraten Martin und Teresa in die Ermittlungen zu einem Mordfall, in dem die Fronten sonderbar verkehrt sind. Verglichen damit fühlt sich der deutsche Polizist unter ukrainischen Mafiosi fast wie unter Freunden … Derweil erleben Teresa und Vera einen erotischen Rausch, der noch am Aufblühen ist, als die beiden miteinander zurückfahren. Da stellt Vera ihrer jungen Geliebten die Aufgabe, ihre maßlosen devot-erotischen Fantasien in einem Berichtsheft niederzuschreiben, das dem Band als Supplement beigegeben werden kann.

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Olive Feuerbach

Sommerkrimi

konkursbuch  Verlag Claudia Gehrke

Leucate hat den schönsten Strand an der französischen Mittelmeerküste und die meisten Sonnenscheinstunden. Der Kriminalbeamte Martin und seine Freundin Teresa wollen da eigentlich nur Urlaub machen und diesen mit ersten Gehversuchen im Bereich S/M würzen.

Vera, ihre Vermieterin, hat ihnen in diesem Punkt nicht nur einige Erfahrungen voraus, sondern beginnt auch noch, intensiv mit Teresa zu flirten. Als eine Bekannte Veras, die Frau eines deutschen Bankbeamten, aus der nahen Naturisten-Anlage nicht zurückkommt und schließlich mit Kopfschuss gefunden wird, geraten Martin und Teresa in die Ermittlungen zu einem Mordfall, in dem die Fronten sonderbar verkehrt sind. Verglichen damit fühlt sich der deutsche Polizist unter ukrainischen Mafiosi fast wie unter Freunden …

Derweil erleben Teresa und Vera einen erotischen Rausch, der noch am Aufblühen ist, als die beiden miteinander zurückfahren. Da stellt Vera ihrer jungen Geliebten die Aufgabe, ihre maßlosen devot-erotischen Fantasien in einem Berichtsheft niederzuschreiben.

Inhaltsverzeichnis

Titelseite & Klappentext

01    Donnerstag, 23.5., 21.15 Uhr

02    Donnerstag, 23.5., 22.30 Uhr

03    Freitag, 24.5., 8.30 Uhr

04    Freitag, 24.5., 18.00 Uhr

05    Freitag, 24.5., 23.30 Uhr

06    Samstag, 25.5., 9.30 Uhr

07    Samstag, 25.5., 10.00 Uhr

08    Samstag, 25.5., 11.30 Uhr

09    Samstag, 25.5., 13.00 Uhr

10    Samstag, 25.5., 20.00 Uhr

11    Sonntag, 26.5., 10.30 Uhr

12    Sonntag, 26.5., 14.00 Uhr

13    Sonntag, 26.5., 11.00 Uhr

14    Sonntag, 26.5., 16.00 Uhr

15    Sonntag, 26.5., 22.00 Uhr

16    Montag, 27.5., 9.30 Uhr

17    Montag, 27.5., 10.30 Uhr

18    Montag, 27.5., 13.30 Uhr

19    Montag, 27.5., 14.00 Uhr

20    Montag, 27.5., 16.00 Uhr

21    Montag, 27.5., 18.30 Uhr

22    Montag, 27.5., 20.30 Uhr

23    Dienstag, 28.5., 0.30 Uhr

24    Dienstag, 28.5., 8.00 Uhr

25    Dienstag, 28.5., 9.45 Uhr

26    Dienstag, 28.5., 10.00 Uhr

27    Dienstag, 27.5., 10.00 Uhr

28    Dienstag, 28.5., 10.00 Uhr

29    Dienstag, 28.5., 14.30 Uhr

30    Dienstag, 28.5., 15.30 Uhr

31    Dienstag, 28.5., 15.00 Uhr

32    Dienstag, 28.5., 19.00 Uhr

33    Mittwoch, 29.5., 9.00 Uhr

34    Mittwoch, 29.5., 11.00 Uhr

35    Mittwoch, 29.5., 11.30 Uhr

36    Mittwoch, 29.5., 22.30 Uhr

37    Donnerstag, 30.5., 8.00 Uhr

38    Donnerstag, 30.5., 8.30 Uhr

39    Freitag, 31.5.

40    Samstag, 1.6., 10.00 Uhr

41    Sonntag, 2.6., abends

42    Montag, 3.6.

43    Montag, 3.6., 15.00 Uhr

44    Montag, 3.6., 16.00 Uhr

45    Montag, 3.6., 17.00 Uhr

46    Montag, 3.6., 18.00 Uhr

47    Dienstag, 4.6., 9.00 Uhr

48    Dienstag, 4.6., 21.00 Uhr

49    Dienstag, 4.6. 17.00 Uhr

50    Dienstag, 4.6., 23.30 Uhr

51    Mittwoch, 5.6., 21.00 Uhr

52    Mittwoch, 5.6., 22.30 Uhr

53    Donnerstag, 6.6., 11.00 Uhr

54    Donnerstag, 6.6., 17.00 Uhr

55    Samstag, 8.6., 12.00 Uhr

56    Montag, 30.9.

Zur Autorin Olive Feuerbach

Impressum

01    Donnerstag, 23.5., 21.15 Uhr

Glück! Wenn man überhaupt von Glück reden sollte. Bonheur? Satisfaction? – Vera Brecht jedenfalls spürte irgend so etwas.

Wie sie dieses Restaurant liebte! Ganz vorne an der Meeresfront. Ein Gebäude im Art-déco-Stil, nach Zerstörung durch die Deutschen im Krieg identisch wieder aufgebaut, in weiß-blauen Farben, stand es da wie das Ruderhaus eines Ozeandampfers, die Breitseite zum Strand und die Schmalseite zum Hauptplatz des alten Badeortes am Littoral. Vera saß auf der Veranda, auch da alles blau-weiß, nur in den Gläsern staken gelbe Papierservietten, und sie fühlte sich fast wie der Bestandteil eines Ensembles in einem der Diner-Bilder von Edward Hopper.

Es war richtig gewesen, dass sie vor zwanzig Jahren dieses kleine Grundstück am Hang gekauft und vor zehn Jahren darauf ein Ferienhaus gebaut – zu bauen begonnen – hatte, denn trotz einiger geschickter Heimwerkerfreunde war es erst jetzt so weit fertig, dass sie selbst nicht unbedingt jedes Mal mit der Werkzeugkiste im Kofferraum herfahren musste. Keine dringenden Arbeiten mehr. Den Tag über hatte sie Zeitschriften gelesen, das magazine littéraire war hierher abonniert, geschrieben, und am späten Nachmittag die Roststellen an der Balkonbrüstung abgekratzt und mit Hammerit gestrichen.

Am Morgen hatte sie ein langes und schmerzhaftes Telefonat mit der Freundin in Basel geführt und nochmals vergeblich versucht, sie zum Kommen zu bewegen. Gegen Abend war ihr aufgefallen, dass sie seit dem Morgen noch niemanden als nur sich selbst und die Stimmen von France Culture hatte sprechen hören. Zu Hause sagte man ihr nach, sie kenne jede und jeden. Hier konnte sie tagelang schreiben oder werkeln und keinen Menschen treffen. Deswegen hatte sie sich die Regel gegeben, wenigstens einmal am Tag unter die Leute zu gehen. Also war sie zum Essen hierher gekommen.

Sie genoss dieses absurde Verhältnis zwischen drinnen und draußen in der halben Stunde, in der das Licht verschwand. Das Meer, das am Tag blau gewesen war, lag jetzt da in einem stumpfen grünen Grau und zeigte kaum einen Unterschied zum grüngrauen Himmel.

Nur wenige Feriengäste waren noch auf der Strandpromenade. Es irritierte sie, wie viele davon neuerdings in lächerlichen Ferienanzügen und klobigen Turnschuhen daherkamen. Hör auf zu räsonieren, ermahnte sie sich. Die Dämmerung nahm all das in sich auf, es störte kaum mehr. Wer drinsaß im Glaskasten, konnte fast das Gefühl haben, die Dämmerung selbst dringe herein und hole die Aufmerksamkeit ihrer Zuschauerin hinaus, sich am Prozess des Dunkelwerdens draußen zu beteiligen.

Einen Moment sah Vera eine Frau mit windzerzausten Haaren, die schon einige helle Strähnchen zeigten, in der Scheibe gespiegelt und brauchte eine Zehntelsekunde zu lange, um sich selbst darin zu erkennen.

Draußen der Platz mit seinen geparkten Autos, Sperrgittern, Tischen und Stühlen wirkte jetzt wie ein Jahrmarkt ohne Leute. Vor dem anderen Hotel, da, wo es eine hervorragende Fischsuppe gab, leuchtete ein lächerliches ovales Schild und machte Reklame für ein belgisches Bier. An einem abgestellten Van schien oben ein Licht zu blinken, aber dann erkannte es Vera als Spiegelung der ersten blinkenden Leuchtreklame am Platz, die für ein Snack-Restaurant warb, in das wahrscheinlich noch kaum ein Kunde eingekehrt war. Einer der Glasflügel der Veranda hinter der Eistheke wirkte auf sie wie ein Bild; im hellen Rahmen türmte sich in Böcklin’scher Dunkelheit der Steilhang der Falaise, brombeerschwarz hätte Claude Simon, der Dichter des benachbarten Perpignan, das genannt, und darüber wölbte sich ein mysteriöses, noch gelb beschienenes Kugelgebilde. Wer nicht wusste, dass diese Kugel zur Richtfunkstrecke des Fernsehens nach Afrika gehörte, hätte sie für ein Ufo halten können. An derselben Stelle hatte vor sechzig Jahren das erste Radargerät der Kriegsgeschichte gestanden, aufgestellt von der Organisation Todt. Organisation Tod? Flankiert von Superkanonen mit über fünfzig Kilometer Reichweite, in der Erwartung einer alliierten Invasion. Jetzt zielte von derselben Stelle RTF mit seinen Programmen hinaus übers Meer, ebenso vergeblich wie damals die Deutschen. Denn die Invasion der Amis war längst erfolgreich vollzogen. Wir sind kolonisiert und genießen wie die alten Griechen den Reiz der Bedeutungslosigkeit.

Von ihnen, den alten Griechen, hatte der Ort schon seinen Namen bekommen: Leucate, die Weiße. Die steile Abbruchkante des Kalkplateaus, die jetzt schwarz in die Höhe ragte, sie glänzte morgens weiß-lich in der Sonne. Zu Zeiten der Griechen und Römer war das noch eine Insel gewesen, doch seither war die Lagune zum Festland hin versumpft, verlandet und in fruchtbare Weinfelder verwandelt. Doch die Eingesessenen wussten auch, wie prekär der Reichtum war, seit vor hundert Jahren die Spekulation ihre gesamte Weinwirtschaft mit einen Schlag vernichtet hatte, von dem man sich erst nach einem halben Jahrhundert erholte.

Vera hatte einen Salat bestellt und vom offenen Rosé im Krug die erste Hälfte ziemlich schnell in sich hineingeschüttet.

Zwei junge Männer waren hereingekommen und hatten zwei Tische weiter Platz genommen. Sympathische Kerle, schwarze Jeans, schwarze modische Hemden, sie lachten und palaverten mit der Bedienung und machten sich selber lustig über die Mischung aus Englisch, Italienisch und Spanisch, mit der sie sich verständlich zu machen suchten. Techniker oder EDV-Leute, dachte Vera, vielleicht fahren sie heute Nacht noch weiter bis Barcelona.

Die Bedienung brachte den beiden Weißwein und bald darauf große Plateaux de fruits de mer. Ob sie wohl schwul sind?, fragte sich Vera. Der eine, dem sie ins Gesicht sah, war ein wirklich schöner junger Mann, schlank und offensichtlich durchtrainiert, mit einem klaren offenen Gesicht. Der andere, mit dem Rücken zu Vera, war massiger, ein genusssüchtiger Esser, dessen Lachen ansteckend wirkte. Wenn sie redeten, spitzte Vera die Ohren, verstand aber nur, dass sie eine fremde Sprache sprachen, irgendetwas zwischen Portugiesisch, Albanisch und Finnisch. Vielleicht waren sie auch Rugbyspieler von der örtlichen Mannschaft, die immerhin in der Nationalliga spielte.

Eigentlich erstaunlich, dass dieses Hotel noch kein McDonald’s oder Burger-King war, wie das Café de Paris in Narbonne oder die achthundertjährige Loge de la Mer in Perpignan. Vera füllte ihr Glas noch einmal und trank auf die Fremdheit und Idylle von Leucate. Seit den Einbrüchen in ihre villa im vergangenen Jahr fand sie aber die Rückseite der Idylle nicht mehr so uneingeschränkt amüsant.

02    Donnerstag, 23.5., 22.30 Uhr

Vera hatte ihren Salat sehr langsam gegessen. Aber irgendwann stellte sich doch die Frage, ob sie jetzt noch einen Hauptgang, zum Beispiel Jakobsmuscheln in Pastis-Sauce, bestellen sollte oder nur einen Kaffee und die Rechnung. Plat du jour waren Calamars à la romaine, auch nicht schlecht. Die weitere Alternative war, sich ein bisschen aufdringlich zu gerieren, zu den beiden Technikern oder Rugbyspielern hinüberzugehen und mit ihnen eine Unterhaltung loszuschlagen. Vera zögerte. Sie war zwar hergekommen, um unter Menschen zu sein, doch so ganz comme il faut war es ja nicht, wenn man als einzelne Frau zwei junge Männer ansprach, deren Mutter man hätte sein können. Zudem regte sich schon wieder der Wunsch nach ruhiger Lektüre. Vera suchte mit den Augen nach der Kellnerin. Da erschien die lange schlanke Figur von Andreas Kentner in der Tür, gefolgt von seiner eher fülligen Frau Maggie. Sie mussten über den Platz gekommen sein.

»Hallo Vera, du bist ja hier!«

»Grüß euch, wo kommt denn ihr her? Eure Fahr-räder stehen doch bei mir in der Garage!«

»Wir haben sie vorgestern zurückgebracht, als die Tramontane anfing.«

Der Sinn dieses seltsamen Dialogs war nur für die drei verständlich. Maggie und Andreas Kentner waren alte Freunde; die Verbindung war nach dem Studium nie ganz abgerissen und seit die Kentners eine kleine Wohnung in einem der Naturistencamps gekauft hatten, sah man sich öfter. Sie hatten einen Schlüssel zu Veras Garage und stellten dort ihre Fahrräder ab, wenn sie nicht da waren. Als vorgestern die Tramontane begonnen hatte zu blasen, ein andauernder kräftiger Landwind, ähnlich dem Mistral an der Rhone, der in der Regel mehrere Tage anhielt, hatten sie die Räder vorzeitig zurückgebracht. Das bedeutete, dass sie in den nächsten Tagen nach Hause fahren wollten.

Vera holte sie an ihren Tisch und füllte zwei Gläser aus dem pichet. Die beiden waren viel in der Sonne gewesen, das sah man, und so gut gelaunt wie erholt. Sie hatten drüben im anderen Hotel-Restaurant gegessen und lobten die bouillabaisse. Nach den üblichen Fragen und der eingehenden Erörterung des Wetters berichteten die beiden, dass die meist ausländischen Besucher der Naturistencamps neuerdings Zeichen von Nervosität zeigten, seit vor einigen Tagen zuerst ein neuer Mercedes vom Parkplatz im umzäunten Areal gestohlen wurde – vermutlich mit einem Schlüssel, der aus der Wohnung entwendet war. Und wenige Tage später der Mazda einer jungen Frau, die das Restaurant belieferte. Die war aber selber mit schuld, weil sie das Auto mit offener Tür und steckendem Schlüssel hatte stehen lassen, während sie auf der anderen Seite des Hauses mit der Wirtin palaverte. Na ja, man musste eben aufpassen, so gut es ging. Und im Übrigen war ja praktisch jeder versichert. Der Ärger war schlimmer als der wirtschaftliche Verlust.

Irgendwann kamen zwei Gendarmen herein, den einen kannte sie, ein vierschrötiger, gutmütiger Kerl namens Pujol, bei ihm ein anderer, klein und drahtig, den sie nicht kannte. Sie blieben an der Tür stehen, schauten die Gäste durch. Aha, sie wollen Präsenz zeigen, dachte Vera. Die Leute sind beunruhigt wegen der Kriminalität neuerdings, besonders wegen der Diebstähle. Vor ein paar Monaten hatten die Bürgerlichen die Gemeinderatswahl allein mit der Forderung nach mehr Polizeipräsenz überwältigend gewonnen. Seither gab es zwar keine einzige Beamtenstelle vor Ort zusätzlich und wer nachts die Notrufnummer 17 wählte, wurde immer noch nach Carcassonne umgeleitet, hundert Kilometer landeinwärts, aber immerhin meldete sich inzwischen die Telefonistin dort nicht mehr mit Ortsangabe.

»Reden wir von was anderem«, sagte Andreas. »Es war wieder unglaublich schön. Das Meer hat siebzehn oder achtzehn Grad, richtig warm für diese Zeit. Maggie ist schon stundenlang geschwommen. Sie hat ja auch die Isolierschicht, die mir fehlt.«

Maggie nahm das nicht krumm; sie kokettierte mit ihrer Fülle, der sie ständig mit einer neuen Gymnastik oder Diät zu Leibe zu rücken versuchte. Vera erinnerte sich amüsiert an den letzten Herbst, als sie zusammen bei den Austernfischern einkehrten und sie ein Dutzend für jeden bestellen wollte. Da hatte Maggie die Austern strikt abgelehnt, weil sie ja abnehmen wolle – aber dafür nebenher alle Brote und Butterstücke auf dem Tisch verputzt und sogar, weil das Brot so köstlich sei, nochmals Brot und Butter nachbestellt. So war sie, ein bisschen überschwänglich und grenzenlos, und man musste sie so mögen. Im Moment ließ sie sich darüber aus, dass in diesem Jahr die Frauen, »und zwar alle, ich sage, wirklich alle« – unübersehbar in der Naturisten-Anlage –, bis auf sie selbst sich da unten ganz epilieren ließen, sie könne dem nichts abgewinnen.

»Mir würde das bei dir gefallen.« Vera wollte sie necken.

»Nein, nein, mir ist das zu direkt. Man kann ja alles sehen! Die Haare haben schon ihren Sinn. Nämlich den, es zu verbergen.«

»Ich denke, ihr wohnt in einer FKK-Anlage? Die gucken dir schon nichts weg!« Vera kannte die Anlage gut; sie schwamm dort gern. Oft trank sie auf dem Rückweg im kleinen Restaurant in der Mitte ein Zitronenwasser, bevor sie sich wieder anzog.

Vera sagte nicht, dass sie sich selbst schon seit einigen Jahren der Fraktion der Glatten beigesellt hatte. Maggie hatte es nur nicht bemerkt. Viele ihrer Freundinnen mochten es. Zudem gab es ein gutes Gefühl beim Duschen, besonders beim Abtrocknen, beim Schwimmen, überhaupt bei allen Bewegungen.

»Wie lange seid ihr noch da?«

»Sonntag wollen wir zurück.«

Heute war Donnerstag.

»Am Samstag bin ich in Céret. Sollen wir nicht morgen zusammen essen?«

»Gern. Und wo?«

»Wie wär’s mit Carlos? Oder habt ihr das über?« Carlos Diaz war ein Portugiese, der in der benachbarten Naturisten-Anlage ein Fischrestaurant betrieb. Seine sympathische Freundin Régine, Mutter zweier halbwüchsiger Kinder, hatte mit ihm zusammengearbeitet, bis sie im Winter zurück zu ihrer Mutter gezogen war. Wie häufig im Süden waren die beiden nicht verheiratet, damit Mutter und Kinder ihren Anspruch auf Sozialhilfe behielten. Aber sie hatten ein carnet de famille zusammen.

Die Auswahl im Restaurant war minimal: Goldbrasse, loup de mer, Lachssteak, Scholle, Sardellen. Serviert immer mit Tomate gebraten, Tomate frisch, Chips, heißer Knoblauchbutter, mit der Carlos auch die Fische bestrich. Bodenständig, fantasielos, aber ehrlich und schmackhaft.

Im November war Vera Brecht manchmal der einzige Gast gewesen und hatte brandade de morue mit der Familie gegessen. Und Régine, die früher einmal Germanistik studiert hatte, hatte ihre Piercings gezeigt, im Nabel, in einer Brustwarze, einen Diamanten als Stecker im Nasenflügel. Es gab noch eines. Das zeigte sie erst auf Veras Drängen. Unter all den Nackten zeigte Régine sich nie unten ohne. Die Piercings waren wohl ein verzweifelter Versuch gewesen, die Beziehung zu retten.

»Régine ist wieder da!«

»Im Ernst? Mit den Kindern?«

»Die Kinder hat sie in Toulouse gelassen. Bei ihrer Mutter.«

»Vielleicht besser so. Ihretwegen vor allem kommen die Gäste. Wenn er zu wenig verdient, hat sie auch nichts zum Leben.«

Als die jungen Männer nebenan zahlten, winkte Vera der Bedienung und zahlte auch. Draußen stiegen die Kentners in ihr Auto. Die jungen Männer fuhren mit dem Van davon, er hatte eine spanische Nummer. Doch keine Rugbyspieler? Auch einige andere Fahrzeuge fuhren davon, so dass der kleine Platz von einem Moment zum anderen fast leer war. Vera schaute zu der hell erleuchteten Veranda des Restaurants, dachte wieder an die Bilder von Edward Hopper und machte sich zu Fuß gegen den Wind auf den Heimweg.

Der Wind heulte im Kamin, als sie sich nochmals an den Schreibtisch setzte, um das zu redigieren, was sie tagsüber geschrieben hatte. Sie verschloss die Lüftungsschlitze der Kamintür, damit das Heulen erträglich wurde, und arbeitete eine Stunde. Danach holte sie sich ein letztes Glas Wein und hörte noch eine Weile dem Klassikprogramm namens Hector zu. Es war gut, dass sie noch unter die Leute gegangen war.

03    Freitag, 24.5., 8.30 Uhr

In der Frühe sah es so aus, als ob die Tramontane abflauen würde, aber am Vormittag wurden die Wellen drunten auf der Lagune wieder höher; einzelne Gischtkämme schlugen über die Straße.

Vera ließ die tägliche Fahrradfahrt ausfallen und ging zu Fuß an den Kiosk, um Brot und eine Zeitung zu kaufen. Auch dort redeten die Leute über die Autodiebstähle. Ein Nachbar, der wusste, dass Besucher von Vera im vergangenen Herbst selbst betroffen gewesen waren, sprach sie direkt darauf an. Und ein alter Mann setzte, kaum hatte er in ihr eine Deutsche erkannt, zu einem peinlichen Loblied auf Adolf Hitler an, bei dem es so etwas nicht gegeben hätte. Und niemand widersprach ihm. Vera murmelte etwas von »nicht einverstanden« und zahlte schnell. So hatte sie wirklich ausgesehen, die Résistance, in dieser Gegend. Und das war der freie Teil von Frankreich, nicht das Regime von Vichy gewesen! Dabei hatten die Deutschen damals das ganze Stranddorf bis auf zwei Häuser plattgemacht; sie wollten ein freies Schussfeld haben für den Fall, dass hier die Invasion käme.

04    Freitag, 24.5., 18.00 Uhr

Der Wind blies den Tag über mit unverminderter Stärke und ließ erst gegen Abend nach, als Vera ins große Einkaufszentrum fuhr, um ihre Vorräte aufzufüllen und zwei Kartons Cazes zu kaufen, einen aromatischen Weißwein aus Rivesaltes, den sie nach Hause mitnehmen wollte. Im Laden ärgerte sie sich, dass dieser Wein so teuer geworden war, und kaufte nur einen Karton. Im Baumarkt gegenüber schaute sie endlich nach einem Ersatz für den Beschlag an der Haustür, den die Einbrecher letztes Jahr verbogen hatten, fand aber nur Pfusch und nahm sich vor, demnächst am anderen Ende von Perpignan zu suchen. Für heute war es zu spät, sie hatten sich für sieben bei Carlos verabredet.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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