Herzen mit Zuversicht - Patricia Vandenberg - E-Book

Herzen mit Zuversicht E-Book

Patricia Vandenberg

5,0

Beschreibung

Nun gibt es eine Sonderausgabe – Dr. Norden Gold Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen. Dr. Norden war gerade dabei, Frau Kolbe ein Rezept zu schreiben gegen ihre Ischiasschmerzen, als Dorthe Harlings Stimme aus der Sprechanlage tönte: »Notfall, Marthastraße zwölf.« »Liebe Güte, da wohnt doch Frau Gürtner«, rief sie aus. »Ich habe sie schon ein paar Tage nicht mehr gesehen. Es ist ja auch schrecklich, wenn ein alter Mensch so allein im Haus ist.« Dr. Norden hörte es, aber er war schon im Aufbruch begriffen. »Wir sehen uns am Freitag wieder, Frau Kolbe«, sagte er hastig, »Sie verstehen, daß ich schnell weg muß.« Sie verstand es, und die noch wartenden Patienten hatten auch Verständnis, weil jeder von ihnen sich sagte, daß er auch mal in eine solche Situation kommen könnte und dann auf Dr. Nordens Hilfe vertraute. Dr. Norden dachte auf der Fahrt allerdings daran, daß Frau Gürtners Eigensinn schuld war, daß sie so allein in ihrem viel zu großen Haus war. Mit der Schwiegertochter, die eine sehr nette Frau war, hatte sie sich nicht verstanden, nicht verstehen wollen, um es genau zu sagen, da sie eifersüchtig war, denn ihr Sohn hatte erst mit achtunddreißig Jahren geheiratet, und er hatte dann die Konsequenzen gezogen und sich in eine andere Stadt versetzen lassen. Aber sollte er es der kranken alten Frau vorhalten, daß sie ihre Einsamkeit selbst verschuldet hatte! Er wußte, daß Carla Gürtner nicht mehr lange leben würde. Ihre Kräfte wurden aufgezehrt von einem schmerzhaften Nierenleiden. Zur rechten Zeit hatte sie sich gegen eine Operation gewehrt, jetzt war es zu spät. Nun konnte sie nur noch mit starken Betäubungsmitteln dahinvegetieren.

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Dr. Norden Gold – 43 –

Herzen mit Zuversicht

Patricia Vandenberg

Dr. Norden war gerade dabei, Frau Kolbe ein Rezept zu schreiben gegen ihre Ischiasschmerzen, als Dorthe Harlings Stimme aus der Sprechanlage tönte: »Notfall, Marthastraße zwölf.«

»Liebe Güte, da wohnt doch Frau Gürtner«, rief sie aus. »Ich habe sie schon ein paar Tage nicht mehr gesehen. Es ist ja auch schrecklich, wenn ein alter Mensch so allein im Haus ist.«

Dr. Norden hörte es, aber er war schon im Aufbruch begriffen. »Wir sehen uns am Freitag wieder, Frau Kolbe«, sagte er hastig, »Sie verstehen, daß ich schnell weg muß.«

Sie verstand es, und die noch wartenden Patienten hatten auch Verständnis, weil jeder von ihnen sich sagte, daß er auch mal in eine solche Situation kommen könnte und dann auf Dr. Nordens Hilfe vertraute.

Dr. Norden dachte auf der Fahrt allerdings daran, daß Frau Gürtners Eigensinn schuld war, daß sie so allein in ihrem viel zu großen Haus war. Mit der Schwiegertochter, die eine sehr nette Frau war, hatte sie sich nicht verstanden, nicht verstehen wollen, um es genau zu sagen, da sie eifersüchtig war, denn ihr Sohn hatte erst mit achtunddreißig Jahren geheiratet, und er hatte dann die Konsequenzen gezogen und sich in eine andere Stadt versetzen lassen.

Aber sollte er es der kranken alten Frau vorhalten, daß sie ihre Einsamkeit selbst verschuldet hatte! Er wußte, daß Carla Gürtner nicht mehr lange leben würde. Ihre Kräfte wurden aufgezehrt von einem schmerzhaften Nierenleiden. Zur rechten Zeit hatte sie sich gegen eine Operation gewehrt, jetzt war es zu spät. Nun konnte sie nur noch mit starken Betäubungsmitteln dahinvegetieren.

Ein anmutiges junges Mädchen im weißen Kittel öffnete die Haustür der Villa aus der Gründerzeit.

»Janice, was machst du denn hier?« staunte Dr. Norden.

»Ich kümmere mich ein bißchen um Frau Gürtner, sie kann doch nicht den ganzen Tag allein sein. Danke, daß Sie so schnell gekommen sind, Herr Doktor.«

Ja, schnell war er gekommen, aber helfen konnte er nicht mehr. Frau Gürtner stöhnte, starrte ihn blicklos an, spürte die Injektion schon nicht mehr, und dann herrschte Stille.

»Sie wird wohl nicht mehr aufwachen, Janice«, sagte Dr. Norden. »Das Herz ist zu müde.«

»Sie muß schreckliche Schmerzen gehabt haben, wie Frau Spelberg. Aber sie können es doch nicht Mutter in die Schuhe schieben, daß sie so bald nach der Injektion gestorben ist.«

»Das werden sie auch nicht«, sagte Dr. Norden.

»Sie täuschen sich. Mutter ist beurlaubt, und es wird gegen sie verhandelt.«

»Das darf doch nicht wahr sein! Warum hast du es mir nicht schon erzählt, Janice?«

»Ich habe es doch selbst erst erfahren, erst gestern abend. Sie hat es verschwiegen, bis die offizielle Anzeige gekommen ist. Und

nun sagt sie nur immer, daß sie mein Leben auf dem Gewissen hat.«

»Warum denn das, Janice?« fragte Dr. Norden heiser.

»Weil ich ohne Vater aufgewachsen bin und nun auch das noch mitmachen muß. Sie ist überzeugt, daß ich nun auch keine Stellung finden werde, obgleich ich mein Examen als MTA mit Auszeichnung bestanden habe.«

»Eine Stellung kannst du schon morgen haben und zwar in der Behnisch-Klinik, Janice«, erklärte Dr. Norden, »und was deine Mutter anbetrifft, werde ich selbst mal mit ihr reden. Jetzt werde ich dir eine Schwester vom Hilfsdienst schicken, damit du nicht allein bist. Ich muß leider wieder in die Praxis zurück «

»Mutti würde ja kommen«, sagte Janice leise, »aber nachher hängen sie ihr auch noch einen Todesfall an.«

»Den würde man dann wohl mir anhängen müssen, aber in diesem Fall brauchen wir nichts zu fürchten, Janice. Du bist ein tapferes und sehr gescheites Mädchen, deshalb solltest du jetzt auch doppelt zu deiner Mutter halten.«

»Das will ich ja, aber ich möchte auch zu gern wissen, wer ihr das anhängen will, wer dahintersteckt. Anja verhält sich auch sehr merkwürdig, obgleich sie doch ständig behauptet, meine beste Freundin zu sein.«

Und wer sich sonst noch merkwürdig verhielt, wollte sie jetzt lieber nicht sagen, denn das schmerzte am meisten.

»Wir sprechen ein andermal ausführlich miteinander, Janice«, sagte Dr. Norden. »In der Praxis warten Patienten. Und deine Mutter soll um Himmels willen nicht resignieren!«

*

Er kannte Rosemarie Belitz gut. Sie war schon seit Jahren Operationsschwester in einer renommierten Klinik, und bisher hatte niemand an ihrem Können gezweifelt. Wieso jetzt? Warum wollte man ihr einen gravierenden Fehler anhängen?

Und dann noch Anja Schulten! Vertraute Janice ihr nicht zu sehr? Anja war als Lernschwester in der Leitner-Klinik gewesen, aber Schorsch hatte von ihr gesagt, daß sie es leid gewesen sei, immer nur mit Frauen zu tun zu haben, wie es nun mal in einer Frauenklinik war. Und sie hatte auch dort Unruhe gestiftet, wenn ein junger Arzt in Erscheinung trat, oder auch der Ehemann einer Patientin, der gut aussah.

War Janice tatsächlich noch so naiv, solche Eigenheiten nicht zur Kenntnis zu nehmen, oder spielte bei ihr die Tatsache mit, daß sie ein uneheliches Kind war und sie dadurch Hemmungen hatte? Anja Schulten hatte jedenfalls keine, aber Dr. Norden mochte ihr auch nicht zutrauen, daß sie eine ehrliche Freundin sein konnte.

In der Praxis konnte er solchen Gedanken nicht mehr nachhängen. Dorthe nahm es in die Hand, eine versierte Krankenpflegerin zu Carla Gürtner zu schicken, aber die Praxis war noch stark frequentiert, als von dieser schon die telefonische Nachricht kam, daß Frau Gürtner verstorben sei. Tod durch Herzversagen wurde festgestellt, und Dr. Norden benachrichtigte Carlo Gürtner vom Tode seiner Mutter, wie er es der Patientin versprochen hatte. Er hatte ihn auch über die schwere Krankheit informiert, aber Carlo Gürtner hatte seine Mutter nicht mehr besucht. Er hatte sich damit entschuldigt, daß er unabkömmlich sei. Nun würde er wohl doch kommen, der Alleinerbe, der erst spät den Abnabelungsprozeß von der Mutter durchgemacht und überstanden hatte.

Beklagt hatte sich Carla Gürtner nicht über ihren Sohn, alle Schuld an der Trennung hatte sie ihrer Schwiegertochter nachgesagt. Aber bei ihr kam zur Krankheit auch der Altersstarrsinn hinzu und ein beträchtlicher Egoismus. Aber nun war ihr Leben erloschen, nun war für sie alles ausgestanden, was an ihr genagt hatte.

Janice hatte die Tote noch einige Zeit betrachtet. Jetzt sah sie friedlich aus mit den geschlossenen Augen und den gefalteten Händen, und seltsamerweise dachte Janice in diesem Augenblick, daß sie gern gewußt hätte, ob ihr Vater noch lebte oder ob er auch schon tot war, und warum ihre Mutti nie über ihn gesprochen, niemals seinen Namen erwähnt hatte.

Es sei besser so, hatte sie gemeint, es sei eben der große Irrtum ihres Lebens gewesen, und sie könne nur hoffen, daß Janice nicht einem solchen Irrtum Tribut zahlen müsse.

Janice war vorsichtig, ja, sogar übervorsichtig, aber man konnte nicht immer Gefühle verleugnen, und ihr Herz schlug für Robin Mayberg, dessen Vater Verwaltungsdirektor der Klinik war, in der Rosemarie Belitz schon so lange zu aller Zufriedenheit gearbeitet hatte und nun solchen Verdächtigungen ausgesetzt wurde.

Ob Robins Vater dahintersteckt, um uns auseinanderzubringen? überlegte Janice, als sie auf ihrem Rad heimwärts fuhr. Oder ließ Robin nichts mehr von sich hören, weil er ihre Mutter auch für schuldig hielt?

Als sie vor dem Häuserblock ankam, in dem sie mit ihrer Mutter wohnte, hielt ein kleines Auto, und diesem entstieg der, an den sie eben so intensiv gedacht hatte.

»Janice«, rief er, als sie schnell ins Haus eilen wollte, »so warte doch. Warum läufst du denn davon?«

Sie drehte sich um, sah ihn an, und Tränen brannten in ihren Augen, weil sie spürte, wie sehr sie ihn liebte und ihn vermißte. Er war schon bei ihr und ergriff ihre Hände.

»Wir müssen miteinander reden«, sagte er drängend. »Ich nehme das einfach nicht so hin, Janice.«

»Was nimmst du nicht so hin?« fragte sie tonlos.

»Daß wegen dieser dummen Geschichte, die sich aufklären wird, zwischen uns alles aus sein soll.«

»Vergiß bitte nicht, daß dein Vater der Verwaltungsdirektor der Klinik ist und er meine Mutter beurlaubt hat.«

»Es blieb ihm doch nichts anderes übrig, Janice, aber er glaubt nicht an die Schuld deiner Mutter. Bitte, laß uns doch darüber reden.«

Sie sah ihn traurig an. »Ich möchte nicht, daß man mir auch noch nachsagt, ich würde dir nachlaufen, und Mutti meint auch, daß es gut ist, daß du dich nicht mehr gemeldet hast.«

»Aber das darfst du doch nicht mißverstehen. Anja hat gesagt, daß du mich nicht sehen willst und Jürgen dich trösten würde.«

»Das soll Anja gesagt haben?« Bestürzt schaute ihn Janice an. »Wieso Jürgen? Ich habe ihn doch schon ewig nicht gesehen. Und wieso redest du über mich mit ihr?«

»Sag das doch nicht so vorwurfsvoll, Janice. Ich traf sie zufällig in der Klinik. Ich kann dort jetzt mein Praktikum machen.«

»Du hast ja auch gute Beziehungen«, sagte Janice trotzig.

»Ich werde davon nicht viel Gebrauch machen. Ich gehe in drei Monaten nach Nicaragua als Entwicklungshelfer.«

»Nein«, schrie sie leise auf, »bitte nicht, Robin! Du weißt doch, was dort alles passiert.«

»Man darf keine Angst haben, wenn man helfen will, und deshalb spiele ich auch nicht den Beleidigten, weil meine Freundin mir die kalte Schulter gezeigt hat. Ich will mit dir reden, Janice.«

»Dein Vater wird es aber nicht gern sehen, Robin.«

»Es ist meine Angelegenheit. Ich bin fünfundzwanzig Jahre alt und würde mir nicht vorschreiben lassen, mit wem ich mich anfreunden darf, aber abgesehen davon hat mein Vater kein Wort gegen dich gesagt.«

»Aber er hat das Verfahren gegen meine Mutter in Gang gebracht.«

»Um den Beweis zu erbringen, daß sie zu Unrecht verdächtigt wird, Janice. Er hat einen Verdacht, aber er kann nichts beweisen. Das will er dem Ermittlungsrichter überlassen, niemanden sonst, die gar zu gern Mißstände und Mißverhalten vertuschen, um Kollegen ja nicht ins Gerede zu bringen.«

»Kollegen?« fragte Janice.

»Bitte, sprich nicht darüber. Ich kann ja auch nichts dazu sagen. Ich will nur nicht, daß unsere Freundschaft an diesen Gerüchten zerbricht. Da kommt Anja«, fuhr er hastig fort. »Sei vorsichtig, bewahre Schweigen. Kann ich dich morgen treffen?«

Sie nickte stumm. »Ich rufe dich an, und kein Wort zu Anja!«

Sie kam jetzt schon auf zwei Schritt nahe, ein sehr hübsches Mädchen, und sehr von sich überzeugt.

»Ich will euch nicht stören«, sagte sie anzüglich, »ich wollte eigentlich nur mal nach meiner Freundin Janice sehen und konnte nicht ahnen, daß ihr verabredet seid.«

»Ich kam zufällig vorbei«, erklärte Robin, »und schon fahre ich wieder.«

Er hatte Anjas ausgestreckte Hand übersehen, und Janice bemerkte einen eigentümlichen Ausdruck in Anjas Augen.

»Was wollte er denn?« fragte sie direkt.

»Er hat mir guten Tag gesagt.«

»Wirklich nur im Vorübergehen? Du solltest vorsichtig sein, Janice, vielleicht will er dich nur aushorchen.«

»Warum denn? Ich habe ja keine Ahnung, was da eigentlich gespielt wird und warum ausgerechnet meine Mutter zum Sündenbock gemacht wird.«

»Das müßtest du wohl Herrn Spelberg fragen, dessen Frau im Alter von fünfunddreißig Jahren sehr plötzlich nach einer läppischen Operation gestorben ist. Irren kann ja auch die beste Krankenschwester mal. An unserer Freundschaft sollte das doch nichts ändern.«

Janice kam etwas in den Sinn, aber bevor sie es aussprach, meldete sich eine warnende Stimme in ihr, als sie Anja in die Augen blickte und diese schnell den Blick senkte.

»Sei mir bitte nicht böse, aber meine Mutter wartet«, sagte sie hastig.

»Und wie geht es der alten Gürtner? Ist sie nicht sehr anstrengend?«

»Sie ist heute gestorben.«

»Lieber Himmel, dann bist du den Job ja auch wieder los«, sagte Anja. »Mal sehen, was ich für dich tun kann.«

»Nichts, Anja, ich habe schon eine Stellung in Aussicht.«

»Wo denn?« fragte Anja.

»Darüber möchte ich noch nicht sprechen. Du erfährst es schon, wenn es perfekt ist.«

»Wollen wir heute nicht mal zusammen ins Kino gehen, Janice? Es gibt ein paar gute Filme, und du solltest dich ablenken.«

»Das brauche ich doch nicht. Im Fernsehen ist heute auch ein guter Film.«

»Sehen wir uns dann morgen?«

»Ich habe schon etwas anderes vor. Du hast doch so viel Freunde, dir wird es sicher nicht langweilig.«

»Aber du bist doch meine beste Freundin.«

»Es ist nett, daß du so denkst, aber ich bin jetzt nicht sehr gesellig, das wirst du verstehen.«

»Natürlich verstehe ich es. Es tut mir ja auch wahnsinnig leid, was da alles so geredet wird.«

»Das interessiert mich nicht«, erwiderte Janice, und damit nahm sie Anja momentan doch den Wind aus den Segeln.

»Ich werde jetzt rasch noch meine Besorgungen machen«, sagte Anja. »Morgen findet bei mir eine kleine Party statt. Es kommen nette Leute, vielleicht auch Robin. Komm doch auch, Janice.«

»Ich habe wirklich keine Stimmung. Viel Spaß.«

Anja blickte ihr aus zusammengekniffenen Augen nach.

Janice war gespannt auf das Zusammentreffen mit Robin am nächsten Tag, und sie wollte ihn auch fragen, ob er zu Anjas Party gehen würde.

Es war ihr plötzlich, als wäre ein Schleier zerrissen, der vor ihren Augen gelegen und ihren Blick getrübt hatte. Aber seltsamerweise war keine Unruhe in ihr. Sie brachte sogar ein Lächeln zustande, als sie ihre Mutter begrüßte, die nicht mehr so apathisch aussah wie an den vorhergehenden Tagen.

»Geht es besser, Mutti?« fragte sie.

»Es wird wieder bessergehen. Wir haben eine Einladung von Tante Herty bekommen, sie doch einige Wochen in Wien zu besuchen.«

»Du kannst doch jetzt nicht ins Ausland fahren, Mutti, wo die Verhandlung ins Haus steht«, sagte Janice.

»Ich werde einige Wahrheiten sagen, die einigen Leuten nicht behagen werden. Ich bin jetzt zuversichtlich.«

»Und woher kommt dieser Optimismus?«

»Herr Spelberg hat mich angerufen, daß er die Klage zurückziehen wird.«

»Das kommt mir aber sehr merkwürdig vor, Mutti. Du solltest darauf nicht eingehen. Es würde ein Makel haften bleiben, und vielleicht legt es jemand darauf an.«

»Was meinst du denn damit? Denkst du etwa, ich würde wieder an diese Klinik zurückgehen? Nie und nimmer.«

»Und man könnte so schön weitertratschen, daß du doch diejenige gewesen wärest und so weiter. Mutti, du bist doch immer eine kluge und weitsichtige Frau gewesen, und wenn du so sicher bist, alles richtig gemacht zu haben, mußt du auch dazu stehen. Es will dir jemand etwas am Zeug flicken, und du mußt dich dagegen wehren. Das will auch Mayberg.«

»Woher willst du das wissen?«

»Robin hat es mir gesagt. Ich habe vorhin mit ihm gesprochen.«

»Das solltest du aber lieber vermeiden.«

»Ich denke nicht mehr so. Ich werde mich morgen mit ihm treffen, und wir werden uns aussprechen, und Anja gegenüber werde ich vorsichtiger sein.«

»Aber ihr seid doch schon so lange gute Freundinnen.«

»Es wird sich herausstellen, ob das wirklich stimmt.«

»Warum zweifelst auch du plötzlich an jedem?«

»Eine innere Stimme warnt mich.«

Rosemarie ging zum Fenster, sie schüttelte immer wieder den Kopf.

»Was ist nur los in dieser Welt, mit uns?« murmelte sie. »Es ist doch schrecklich traurig, wenn man alles so skeptisch betrachtet.«

»Deshalb braucht man aber nicht zu resignieren, denn es gibt auch viel Schönes, Mutti.«

Rosemarie wandte sich zu ihr um. »Und wie geht es Frau Gürtner?«

»Ihr geht es jetzt sehr gut. Sie ist gestorben und somit aller Sorgen ledig.«

»Sie ist gestorben, und du warst bei ihr.«

»Dr. Norden auch. Er ist gleich gekommen, als ich ihn rief, und er ist auch der Meinung, daß sich alles aufklären wird und man dich von jeder Schuld freisprechen wird. Weißt du, Mutti, wenn alle Ärzte so wären wie er, gäbe es keine Mißstände in den Kliniken, und das gegenseitige Vertrauen würde bestimmend sein.«