SpooKI: Den Geist aufgeben gibt's nicht! - Ruth Rahlff - E-Book

SpooKI: Den Geist aufgeben gibt's nicht! E-Book

Ruth Rahlff

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Beschreibung

Von allen guten Geistern verlassen? Eigentlich ist Robert ein ganz normaler Junge. Wäre da nicht der Umstand, dass er in einer Geisterfamilie lebt. Was ihn immer wieder in ... nun ja ... erklärungsbedürftige Situationen bringt, denn natürlich darf niemand davon erfahren. Aber mittlerweile hat Robert einigermaßen Übung darin, nicht aufzufliegen und seine Familie zu schützen. Doch dann häufen sich auf einmal die merkwürdigen Vorfälle und schnell ist klar: Irgendetwas geht hier nicht mit rechten Dingen zu! Aber zum Glück stehen Robert seine neue Mitschülerin, die Computerspezialistin Isabella, und sein mitunter etwas draufgängerischer Geistercousin Lorenzo zur Seite. Gemeinsam nehmen sie den Kampf auf und die Frage ist nur: Wie trickst man eine künstliche Intelligenz aus? "Eine spannende Abenteuerreihe voll absurder Szenen, die Gespenstergeschichte und alles rund um Künstliche Intelligenz, KI, kombiniert – darum der Titel "SpooKI". Das lockt auch lesefaule Jungs an." NDR Der erste Band der actionreichen SpooKI-Abenteuerreihe um eine KI und jede Menge Geisterspuk: perfektes Lesefutter für Jungs und Mädchen ab 9 – mit magischem Buchumschlag, der im Dunkeln leuchtet! Alle Bände der SpooKI-Reihe: - SpooKI. Den Geist aufgeben gibt's nicht (Bd. 1) - SpooKI. Ins Netz gegangen (Bd. 2) - SpooKI. Der Spuk geht weiter (Bd. 3) - SpooKI. Ausgespielt (Bd. 4)

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Ruth Rahlff:SpooKI - Den Geist aufgeben gibt's nicht! Mit Bildern von Timo Grubing

Das gibt's doch nicht! Der Auftakt zu einer UNHEIMLICH spannenden Abenteuerreihe!

Eigentlich ist Robert ein ganz normaler Junge. Wäre da nicht der Umstand, dass er in einer Geisterfamilie lebt. Was ihn immer wieder in … nun ja … erklärungsbedürftige Situationen bringt, denn natürlich darf niemand davon erfahren. Aber mittlerweile hat Robert einigermaßen Übung darin, nicht aufzufliegen und seine Familie zu schützen. Doch dann häufen sich auf einmal die merkwürdigen Vorfälle und schnell ist klar: Irgendetwas geht hier nicht mit rechten Dingen zu! Aber zum Glück stehen Robert seine neue Mitschülerin, die Computerspezialistin Isabella, und sein mitunter etwas draufgängerischer Geistercousin Lorenzo zur Seite. Gemeinsam nehmen sie den Kampf auf und die Frage ist nur: Wie trickst man eine künstliche Intelligenz aus?

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DIESER ORTDIENTALS PILOTPROJEKT.LIEFERTDAS EXPERIMENTNACHEINHUNDERT TAGENWIEBERECHNETZUFRIEDENSTELLENDE ERGEBNISSE,WERDENDIE MAßNAHMENBISINDENLETZTEN WINKELDER ERDEAUSGEWEITET.//

KAPITEL 1

 

An diesem Montag kam mir das Unheil in Gestalt eines kleinen schwarzen Pudels entgegen.

Natürlich erkannte ich das viel zu spät. Dabei war es Montagmorgen – da passierte mir eigentlich immer etwas Schreckliches. Das war wie eine Art Naturgesetz.

Letzte Woche hatte Damon mein Basketballshirt so fest verknotet, dass ich zwanzig Minuten brauchte, um aus der Stoffwurst wieder ein Kleidungsstück zu machen. Klar, dass ich zu spät zu Sport kam, und genauso klar kassierte ich einen Anraunzer von Herrn von Hageboom, unserem Lehrer in Sport- und Informatik.

Am Montag davor hatte Damon seine Cola über meine Tastatur gekippt – mit voller Absicht. Leider war das für Herrn von Hageboom nicht ganz so offensichtlich und ich musste eine Stunde lang mit feuchten Wattestäbchen alles wieder sauber machen. Nach Schulschluss, natürlich.

Im Vergleich dazu jedenfalls schien ein Pudel mit einem pinkfarbenen Halsband nun wirklich nicht bedrohlich.

Irrtum.

Zuerst bemerkte ich, wie sich Unfugs Nackenfell aufstellte. Stocksteif blieb er einige Schritte vor mir stehen.

»Hey, bleib cool«, versuchte ich ihn zu besänftigen. »Siehst du nicht das Glitzerherzchen an seinem Halsband? Den kann man ja wohl nicht für voll nehmen.«

Unfug beachtete mich gar nicht. Stattdessen kniff er die Augen zu zwei Schlitzen zusammen und senkte angriffslustig den Kopf. Ein tiefes Knurren entwich seiner Kehle.

Wenn ich der Pudel gewesen wäre, hätte ich jetzt schleunigst das Weite gesucht, aber der stolzierte weiter auf uns zu, als wäre der Fußweg die Gangway zu einem Privat-Jet.

Doch kurz bevor er uns erreichte, hielt er plötzlich inne und schnupperte in unsere Richtung. Dann zog er mit einem Mal die Lefzen hoch und machte einen Satz in die Luft, als hätte er sich mit dem Hintern in eine Dornenhecke gesetzt.

Das stachelte Unfug nur noch mehr an.

»Hör mal, der passt unter deinem Bauch durch. Du kannst ihm auf den Kopf pinkeln!«

Ein Zittern durchlief den Pudel. Unsicher drehte er den Kopf nach rechts und links und fing jetzt auch an zu knurren.

Von Unfugs Lefzen tropfte bereits ein langer Sabberfaden, aber ehe ich ihn zurechtweisen konnte, rief jemand: »Luzifer. Bei Fuß!«

Ich zuckte zusammen. Was machte denn Herr Tarantino hier?

Im selben Moment erkannte unser neuer Nachbar mich auch.

»Robert!«

Unfug fletschte ein wenig die Zähne.

»Unfug, lass das!«, flüsterte ich ihm zu.

Beleidigt schaute Unfug mich an.

»Ab nach Hause«, zischte ich.

Er jaulte empört auf.

Tarantino hatte sich währenddessen zu Luzifer hinuntergebeugt und redete beruhigend auf den verstörten Pudel ein.

»Was ist los, Herzchen? Hat dich was erschreckt?«

Unfug hechelte und stupste mich an.

»Nein, du darfst nicht mit in den Unterricht. Wann lernst du das endlich? Wenn ich Abitur mache?«

Tarantino zog die Augenbrauen hoch und guckte mich verwirrt an – kein Wunder! Erst recht, als Unfug nun auch noch enttäuscht winselte.

Prompt wechselte Tarantinos Gesichtsausdruck von verwirrt zu total irritiert.

»Mit wem redest du denn da, Robert?«, fragte er entrüstet. Vielen Dank auch, Unfug!

Auf Tarantinos Frage fiel mir spontan keine Antwort ein. Die Wahrheit hätte er mir sowieso nicht geglaubt.

»Was ist denn das für ein Benehmen? Vielleicht sollte ich mal mit deinen Eltern sprechen.«

Zum Glück schnitt ihm in dem Moment ein lautes Sirren das Wort ab.

Erstaunt schaute er nach oben und ich folgte seinem Blick. Über der Hecke der Hausmeisterwohnung tauchte ein kleiner schwarzer Kasten auf. Eine Drohne!

Augenblicklich vergaß Luzifer alles um sich herum. Er schnappte nach dem Ding, aber mit einer eleganten Wendung flog die Drohne über seinen Kopf hinweg. So schnell ließ sich Luzifer allerdings nicht abschütteln. Er setzte ihr nach, quer über die Straße, worauf sofort ein wütendes Hupkonzert folgte.

»Luzifer!«, rief Tarantino entsetzt.

Natürlich hörte der Pudel kein Stück. Im Gegenteil, er legte noch einen Zahn zu.

Hektisch wartete Tarantino auf eine Lücke im Verkehr. »Was sollte das, Robert? Mit dieser Knurrerei hast du meinen armen Kleinen völlig durcheinandergebracht.«

»Ich?! Aber …« Bevor ich weitersprechen konnte, sah ich, wie jetzt auch Unfug über die Fahrbahn spurtete – mitten durch einen Eiswagen hindurch! Um Unfug machte ich mir keine Sorgen. Aber was Luzifer betraf, befürchtete ich das Schlimmste.

»Unfug!«, brüllte ich.

»Robert!«, brüllte Tarantino.

Hatte ich erwähnt, dass es ein Montagmorgen war?

Im Gegensatz zu Tarantino beachtete mich Unfug nicht weiter, sondern verfolgte wie ein Irrer den Pudel und die Drohne in Richtung Schule. Verdammt! Wenn er Luzifer zu nahe kam … Darauf durfte ich es auf keinen Fall ankommen lassen!

KAPITEL 2

 

Bei der nächsten Lücke im Verkehr sprinteten Tarantino und ich über die Straße und liefen hinterher.

Da – die Drohne drehte ab! Ich wurde langsamer, als sie hinter einem Hausdach verschwand. Leider hatte das auf Luzifer nicht denselben Effekt, denn der raste in unvermindertem Tempo weiter.

Und Unfug hatte ihn fast eingeholt …

»STOPP!«

Die zwei hetzten direkt auf das Schultor zu. Wo ausgerechnet Damon stehen musste! Und das natürlich in Gesellschaft von Ava und Justus. Der Montag wurde immer besser.

Ich rannte schneller. Vielleicht konnte ich ja das Schlimmste … – zu spät!

Luzifer geriet Damon zwischen die Beine, schlug einen Haken und lief weiter. Damon verlor das Gleichgewicht, er suchte nach Halt und dabei streifte seine Hand Unfugs Nackenfell, der immer noch hinter dem Pudel her war.

Ich sah, wie Damon blass wurde und sein Körper erschauerte. Im nächsten Moment war der Spuk auch schon vorbei. Unfug schoss hinter Luzifer um die Ecke und Damon fuhr herum. Sein Blick fiel auf ein fremdes Mädchen mit einem Rucksack über der Schulter. »Spinnst du? Pass gefälligst auf!«, pöbelte er sie an.

Verflixt, das gab Ärger.

Ich bremste ab. Tarantino sprintete an mir vorbei und verschwand mit den Hunden hinter der Schulmauer.

Ich musste ihnen hinterher, aber da packte Damon das Mädchen. »Ey, warum rempelst du mich an? Bist du blind, oder was?«

Das Mädchen blieb erstaunlich cool. Sie runzelte nur die Stirn und löste sich mit einer entschiedenen Bewegung aus Damons Griff.

Ava und Justus traten einen Schritt vor und versperrten ihr den Weg. Ava wollte nach ihrem Arm greifen, doch das Mädchen wich rechtzeitig aus und feuerte dabei einen Blick ab, bei dem Ava blass wurde und die Hand schnell wieder sinken ließ.

Oh Mist! Sollte ich jetzt Unfug einfangen oder mich hier einmischen?

Das Mädchen überragte die anderen zwar um einen halben Kopf, nur waren die eben zu dritt und sie war allein. Außerdem konnte sie nun wirklich nichts dafür, dass Damon Unfug zu nahe gekommen war.

Aber was, wenn dem Pudel wegen Unfug etwas passierte?

Tarantino würde mich mit Sicherheit verantwortlich machen, wenn seinem geliebten Luzifer etwas zustieß. Und dann würde er garantiert mit Mama und Papa sprechen wollen. Und dann … Nein, das musste ich um jeden Preis vermeiden.

In diesem Augenblick läutete es zur ersten Stunde. Vereinzelt strömten ein paar letzte Schülerinnen und Schüler durch den Haupteingang. Gleich fing der Unterricht an. Unsere Klassenlehrerin Frau Watanabe konnte es überhaupt nicht leiden, wenn man zu spät kam. Aber mit solchen Überlegungen belastete Damon sich natürlich nicht. Er grabschte sich den Rucksack des Mädchens und zog den Reißverschluss auf.

Sie wirbelte herum. »Hände weg!«

Ihre Stimme war so laut, dass sich zwei Fünftklässler umschauten. Doch als sie Damon erkannten, verzogen sie sich eilig.

Wütend starrte das Mädchen Damon an. »Gib den sofort zurück.« Ihre Augen blitzten, aber Damon scherte sich nicht darum. Er lehnte lässig an der Mauer, spielte mit dem Reißverschluss und grinste hämisch.

Ich schluckte und straffte die Schultern. Dann trat ich auf die vier zu.

KAPITEL 3

 

»Hey, Leute.«

Zugegeben: Das war jetzt nicht gerade die originellste Begrüßung der Welt.

Damon zog die Stirn kraus. »Hey, Leute?«, äffte er mich nach.

Das fing vielversprechend an.

Damon, Ava und Justus stierten mich an wie ein Insekt, das sie gleich unter den Sohlen ihrer supercoolen Sneakers zerquetschen würden. Währenddessen nutzte das Mädchen die Gelegenheit und griff sich ihren Rucksack.

»Mit dir bin ich noch nicht fertig!«, schnauzte Damon.

Ava und Justus versperrten ihr den Weg. Damon wölbte seine Pseudo-Bodybuilder-Brust und packte mich an den Oberarmen. Jetzt waren wir uns so nah, dass ich seine Sommersprossen zählen konnte. Elf, zwölf …

Er lächelte fies und nahm mich in den Schwitzkasten.

»Ähm … Ist das dein Rad da vorn?« Ich nickte mit dem Kinn, was so ziemlich das Einzige war, was ich im Augenblick bewegen konnte.

Damon reagierte nicht und drückte seinen Unterarm gegen meine Kehle.

»Das grüne Mountainbike?«, presste ich hervor. »Das die Müllabfuhr da gerade abtransportiert?«

Passenderweise machte der Mülllaster hinter Damon wie auf ein Stichwort eins dieser typischen Zischgeräusche und nun ließ Damon mich los und fuhr herum.

Der Laster rollte ein Stückchen weiter und versperrte jetzt den Blick auf die Fahrradständer. Damon reckte den Hals und versuchte, etwas zu erkennen.

Überrascht ließen Ava und Justus von dem Mädchen ab und schauten unsicher zwischen ihrem Anführer und der Müllabfuhr hin und her.

Ich nickte dem Mädchen zu, damit sie schleunigst das Weite suchte. Doch zu meiner Überraschung schüttelte sie den Kopf.

Der Mülllaster fuhr wieder an, und selbst jemandem wie Damon mit der Auffassungsgabe eines Toasters wurde klar, dass ich ihn ausgetrickst hatte.

»Ey!«, stieß er hervor.

Bevor er mich erwischen konnte, machte ich schnell einen Schritt aus seiner Reichweite.

Dafür hatte Justus sich jetzt wieder das Mädchen geschnappt, während Ava von der Seite auf mich zusprang.

Aus einiger Entfernung war ein heiseres Gebell zu hören.

Das hätte ich aus Hunderten von Hundestimmen herausgehört.

»Unfug! Hierher!«

Wenn er mitbekam, dass ich in Schwierigkeiten steckte, würde er in Mach-3-Geschwindigkeit hergerast kommen.

Einige Sekunden lang passierte gar nichts.

Also, WENN er es mitbekam …

Ava grinste boshaft. »Na, Robert, führst du mal wieder Selbstgespräche?«

»Der Freak«, höhnte Damon.

»Glotzt in der Gegend rum und quatscht mit sich selbst«, johlte Justus. Beifall heischend guckte er zu Damon.

Und nun? Sollte Damon ihm den Kopf tätscheln, ein Leckerli geben und sagen: »Fein gemacht, mein Junge«?

»Sonst will ja auch keiner mit ihm reden.« Ava zog ihre perfekt gezupften Augenbrauen hoch und sah mich abfällig an.

Irgendwann im letzten Schuljahr schienen sich die drei vorgenommen zu haben, mir das Leben zur Hölle zu machen – und das musste ich ihnen tatsächlich lassen: DEN Job nahmen sie wirklich ernst.

Ich seufzte. »Ich habe nur nach meinem Hund gerufen.«

»Seit wann hast denn DU einen Hund?« Damons Stimme triefte vor Verachtung. »Davon weiß ich ja gar nichts.«

Tja, das überraschte nicht. Damons gesamtes Wissen passte locker auf einen Post-it. Da konnte man nicht allzu viel erwarten.

»Hey, er hat dich was gefragt«, schnauzte Justus mich an, wobei er das Mädchen immer noch gepackt hielt.

Sie versuchte ihn abzuschütteln, aber dieser Idiot mit der emotionalen Intelligenz eines Tafellappens fasste nur fester zu.

Na schön.

»Damon, du würdest meinen Hund nicht mal erkennen, wenn er dir ans Bein pinkelt«, entgegnete ich wahrheitsgemäß.

Während meine Antwort noch ihren Weg durch Damons Hohlraum von Schädel suchte, blieb es kurz still.

Ich konnte förmlich sehen, wie es bei ihm KLICK machte. Und da holte er auch schon aus und versetzte mir einen Faustschlag gegen die Brust, sodass ich gegen Justus taumelte.

Das nutzte das Mädchen aus. Sie rammte Justus den Ellenbogen in den Bauch und befreite sich aus seinem Griff.

Der war so verblüfft, dass er sie nur fassungslos anstarrte.

Wenn das nicht der perfekte Moment zum Abhauen war!

Da tauchte Frau Watanabe auf der anderen Straßenseite auf.

So viel zum perfekten Moment. Jetzt war Flucht vollkommen ausgeschlossen.

»Ich hoffe, ihr macht euch gerade schon miteinander bekannt«, rief sie uns entgegen. »Damon, ich muss dich nicht an unser Gespräch vom Freitag erinnern, oder?«

Sobald sie uns am Schultor erreichte, lächelte sie uns an.

»Isabella, ich begrüße dich ganz herzlich in unserer Klasse. Großartig, dass du gleich Freunde gefunden hast.« Dabei sah sie von mir zu dem Mädchen und zurück.

Isabella schaute mir in die Augen und lächelte schief.

»Find ich auch«, sagte sie.

KAPITEL 4

 

Ein paar Minuten später betraten wir alle das Klassenzimmer. Erleichtert schlüpfte ich auf meinen Platz. Das zumindest war gut ausgegangen. Jetzt machten mir nur noch Unfug und der Pudel Sorgen. Und Tarantino.

»Das ist Isabella Mendoza, eure neue Mitschülerin«, erklärte Frau Watanabe. Sie stellte Isabella dem Rest der Klasse vor und erzählte uns, dass Isabella gerade mit ihrer Mutter aus Kalifornien hergezogen war, wo sie zwei Jahre gelebt hatte.

Und nun war sie ausgerechnet hier gelandet? Die Ärmste!

»Neben Robert ist noch ein Platz frei.« Frau Watanabe deutete auf den Stuhl neben mir in der letzten Reihe. »Das passt prima, denn wisst ihr was? Ihr wohnt in derselben Straße.«

»Aha«, sagte Isabella.

»Aha«, sagte ich. Und Frau Watanabe lächelte glücklich.

»Bitte sorgt alle dafür, dass Isabella sich bei uns willkommen fühlt«, fuhr sie fort und marschierte zum Pult.

»Haben wir doch schon«, murmelte Damon und warf uns einen hasserfüllten Blick zu. Darin war er richtig gut. Das schien aber auch so ziemlich das Einzige zu sein.

Frau Watanabe setzte sich. »So, meine Lieben, ich habe mit dem Rektor das Thema für unser interaktives Klassenprojekt festgelegt.«

»Cool!«, platzte es aus Ava heraus.

»Ava, das können wir besser«, rügte Frau Watanabe sie milde.

Ava stöhnte leise und reckte den Zeigefinger in die Höhe, wartete aber trotzdem, bis Frau Watanabe ihr ein Zeichen gab.

»Ich wollte nur meiner Freude Ausdruck verleihen«, sagte sie übertrieben förmlich.

Aber wie meistens fiel Frau Watanabe nicht darauf rein. Sie guckte Ava nur stirnrunzelnd an.

»Ähm, worum geht es denn bei dem Klassenprojekt?«, schob Ava eilig nach. »Sie haben uns noch gar nichts verraten.«

Frau Watanabe nickte. »Ja, es ist eine Premiere und ich wollte euch nicht enttäuschen, falls es nichts geworden wäre.«

Frau Watanabe war die einzige Lehrerin, die sich ernsthaft Gedanken um so etwas machte, und das war einer der Gründe, warum ich sie so mochte. Allen anderen Lehrerinnen und Lehrern war es herzlich egal, wie es uns ging. Oder aber sie gehörten zur Spezies unseres Informatiklehrers und sahen ihre vorrangige Aufgabe darin, uns ins größtmögliche Unglück zu stürzen.

»Und was machen wir nun?«, fragte Ahmed und meldete sich schnell nachträglich, als er Frau Watanabes Blick bemerkte.

Sie faltete die Hände und beugte sich ein wenig vor. »Unser Thema für das Klassenprojekt sind diesmal Tiere. Genauer gesagt konzentrieren wir uns auf eure Haustiere.«

Sofort redeten alle wild durcheinander. Das heißt, fast alle. Isabella neben mir schwieg. Und natürlich sagte auch ich nichts, denn außer ein paar Fledermäusen, der einen oder anderen Ratte und der Eule unter dem Dach gab es bei uns keine Haustiere, die ich mitbringen und vor allem zeigen konnte. Oder zählten Irrlichter dazu?

»Ruhe, bitte.« Frau Watanabe hob beschwichtigend die Hände. »Natürlich kommt so etwas wie ein Pony nicht infrage. Aber Hamster, Hund und Katze gehen. Nur bitte kein Tier, das größer als ein Schaf ist. Wer hat denn ein Haustier?«

Zu meiner Überraschung meldeten sich fast alle, sogar Isabella.

»Eine Carolina-Dosenschildkröte«, flüsterte sie, als sie meinen Blick bemerkte.

Aha.

»Wir haben einundzwanzig Langhaar-Meerschweinchen«, erzählte Loretta. »Die fühlen sich nämlich nur im Rudel wohl.«

»Und wir eine siamesische Nacktfellkatze. Ich weiß nur nicht, ob meine Mutter erlaubt, dass ich sie mitbringe. Sie hat schon mehrere Preise gewonnen und ist krass wertvoll«, rief Preeti.

Damon rollte mit den Augen. »Ich nehme meine Schlange Titan mit.«

Preeti guckte entsetzt.

»Wenn sie ungefährlich ist«, sagte Frau Watanabe, »und nur im Terrarium, ja?«

Damon nickte und scannte mit seinem Blick die Klasse ab. »Hey, Freak, was ist denn mit dir?«

Verflucht! Konnte er mich nicht einmal in Ruhe lassen?

»Damon!«, fuhr Frau Watanabe dazwischen. »Ich verbitte mir diese Wortwahl.«

»Aber der Freak hat doch einen Hund, das hat er selbst gesagt«, verteidigte sich Damon. »Los, Freak, warum bringst du den nicht mit?«

»Damon, nicht dieses Wort!«, ermahnte Frau Watanabe ihn.

Ava und Justus kicherten. Damon grinste provozierend und kippelte mit dem Stuhl. »Wahrscheinlich ist er zu feige, seinen Hund mitzubringen. Oder er hat gar keinen.«

Ich hörte nur FEIGE und sämtliche Sicherungen brannten bei mir durch. »Bin ich nicht! Und ich habe einen Hund – einen Irischen Wolfshund.«

»Hä?«, fragte Damon, verlor das Gleichgewicht und knallte gegen seinen Tisch.

Ich verschränkte die Arme und ignorierte ihn. In der Hoffnung, das würden die anderen auch tun.

Leider überlebte meine Hoffnung nur den Bruchteil einer Sekunde, dann zerkrümelte sie zu Asche wie ein Vampir beim ersten Sonnenstrahl. Und es war ausgerechnet Frau Watanabe, die mir den Pflock mitten ins Herz rammte.

Freundlich lächelte sie mich an und sagte, völlig ahnungslos, was sie damit anrichtete: »Robert, wie schön, dass du einen Hund hast. Hunde können auch richtige Freunde sein und einem helfen …«

»Den Hund möchte ich sehen, der diesen Freak zum Freund haben will«, warf Damon ein.

»Damon!«, rief Frau Watanabe empört.

»Aber haben Sie nicht gesagt, wir dürften nichts mitbringen, das größer ist als ein Schaf?«, fragte Loretta.

Sie hielt ihr Handy hoch und tippte auf das Display. »Irische Wolfshunde sind nämlich größer als Schafe.«

Danke, Loretta. Danke! Damit war die Sache also endgültig vom Tisch.

Doch es war ja Montag und daher sagte Frau Watanabe: »Nun, Robert, ist dein Hund denn gut erzogen?«

»Hm, ja.«

»Ach, dann können wir in dem Fall sicher eine Ausnahme machen.« Sie nickte mir lächelnd zu. »Oder hat jemand etwas dagegen einzuwenden?«

»Nö«, sagte Damon. »Wir sind alle scharf auf diesen … Hund. Wenn der auch so ein Freak ist, wird’s lustig.«

»Damon, jetzt reicht es! Nach der Stunde unterhalten wir zwei uns unter vier Augen«, sagte Frau Watanabe mit schneidender Stimme und fügte anschließend wieder freundlicher hinzu: »Damit wäre das entschieden. Die weiteren Details besprechen wir in den nächsten Tagen.«

Sie strich sich ihren schwarzen Dutt glatt und atmete einmal durch. »So, und jetzt schlagt eure Hefte auf. Wir beginnen mit dem Aufsatz.«

Heute lautete das Thema: »Meine Freundinnen und Freunde. Warum sie so wichtig für mich sind.«

Was konnte ich dazu schon groß schreiben? Verzweifelt kaute ich auf meinem Kugelschreiber herum. Ich hatte es verbockt, und zwar richtig. Wie sollte ich Unfug jemals der Klasse vorstellen? Einen unsichtbaren Geisterhund! Was hatte ich mir da bloß eingebrockt?

KAPITEL 5

 

Nach der Stunde warf ich mir meinen Rucksack über die Schulter und schlich zum Computerraum. Ich seufzte innerlich. Der Ärger heute reichte locker für sämtliche Montage des nächsten halben Jahres!

Tja, ein weiterer Irrtum. Denn der Tag hielt noch mehr für mich bereit.

Kaum hatte ich mich auf meinen Stuhl sinken lassen, kam Herr von Hageboom mit großen Schritten auf mich zu.

»Robert, das ist eine glatte Fünf.« Er knallte mir zwei Zettel auf den Tisch.

Alle Köpfe in der Klasse fuhren herum. Loretta schaute mitleidig und Ahmed blinzelte nervös.

Damon dagegen grinste und formte lautlos mit den Lippen: »Du Idiot.«

Herr von Hageboom stützte die Handflächen auf den Tisch und sah mich an.

Er stand so dicht vor mir, dass mir sein teures Aftershave in die Nase stieg. Wie immer trug er einen seiner peinlichen Hoodies, enge Jeans und supermodische Sneaker.

»Hallo! Erde an Robert!« Er wedelte mit der Hand vor meinen Augen herum, dass seine Lederarmbänder fast meine Nase berührten. »Wenn du dich nicht zusammenreißt, dann ist die nächste Arbeit eine Sechs. In Informatik. Das ist nicht cool!«

Coolsein war ihm definitiv enorm wichtig.

»Super uncool«, grinste Damon und Herr von Hageboom guckte zufrieden.

Das mit der Fünf hätte ich ihm erklären können, aber erstens würde er mir eh kein Wort glauben und zweitens würde ich dann nur weitere Probleme bekommen. Und davon hatte ich schon mehr als genug.

»Robert, das hier ist Informatik, kein Voodoo!«

Ava und Justus kicherten.

»Äh … also … es liegt mir einfach nicht«, erklärte ich.

»What? Es liegt dem Herrn nicht?« Herr von Hageboom verschränkte die Arme und blickte mich an, als wäre meine schlechte Note eine Beleidigung für ihn persönlich. »Mensch, Robert! Wer aufgibt, hat schon verloren.«

Loretta nickte eifrig, dabei hatte der Spruch noch nicht mal das Zeug zum Kühlschrankmagneten.

Herr von Hageboom wies auf die Rechner um uns herum. »Hier im Unterricht geht es ja einigermaßen. Aber alle deine Hausaufgaben und schriftlichen Arbeiten fallen total ab. Da machst du nur das Allernötigste.«

Wie sollte es auch anders sein? Das einzige Gerät, das bei uns zu Hause annähernd was mit Technik zu tun hatte, war die Türklingel. Ach ja, und Opas alter Videorekorder. Beides half mir beim Programmierenlernen nur nicht unbedingt weiter. Wenn ich einen Computer brauchte, konnte ich höchstens die in der Bücherei nutzen. Wenn da mal einer frei war …

»Nächsten Monat. Letzte Chance!«, raunte Herr von Hageboom mir ins Ohr. »The ball is in your court.« Er richtete sich auf, wirbelte in einer Wolke aus Aftershave herum und wandte sich an die ganze Klasse. »Wir schreiben einen Test. Wer da nicht performt, fliegt aus dem Kurs. Und das wird ernsthafte Konsequenzen haben. Ich sage nur: V-E-R-S-E-T-Z-U-N-G.« Er warf mir einen bedeutungsvollen Blick zu. »Wer in anderen Fächern auch noch Probleme hat, sollte diesen Test also besser nicht vermasseln.«

Damon grinste mich höhnisch an.

Dass der trotz seines Spatzenhirns in Informatik einigermaßen mitkam, konnte schon als biologisches Wunder gelten. Niemand wusste, warum – er selbst wahrscheinlich am allerwenigsten.

Ich stützte den Kopf in die Hände und stöhnte leise.

KAPITEL 6

Keine andere Straße in der Stadt war so alt wie die Zwieselgasse – das hatte ich von Opa, und der musste es wissen. Schließlich war er dabei gewesen, als damals vor Jahrhunderten die ersten Häuser dort gebaut wurden. Und das Haus, in dem wir wohnten, war definitiv das älteste von allen.

Frau Watanabe hatte uns neulich die Redensart »Jemand oder etwas hat seine besten Zeiten hinter sich« erklärt.

Auf unser Haus traf das wohl eher nicht zu. Denn höchstwahrscheinlich hatte es nie gute Zeiten gehabt. Zumindest sah es auf Opas über hundert Jahre alten Schwarz-Weiß-Fotos auch schon windschief aus. Es befand sich am Ende einer langen, gewundenen Sackgasse, versteckt hinter Büschen und Bäumen. Unser Garten war ziemlich groß, im Gegensatz zu allen anderen Gärten in der Umgebung total verwildert und von einem hohen, rostigen Zaun umgeben, der menschlichen Besuch fernhalten sollte. Wobei wir sowieso nie welchen hatten.

Ständig hatte ich Angst, dass irgendwann mal jemand vom Bauamt auf uns aufmerksam werden würde, so morsch und baufällig war das Haus. Die Fenster hatten Sprünge und die Mauern waren voller Risse. An allen möglichen Ecken waren im Laufe der Jahrhunderte Balkone, Erker und Türmchen ergänzt worden, von denen ich die meisten aber nie freiwillig betreten hätte.

Ich war ja nicht lebensmüde.

Kurz bevor ich unser Gartentor erreichte, hörte ich ein Fiepen im Gebüsch des Nachbarhauses.

Oh! Hatte sich etwa Luzifer dort verkrochen? Oder vielmehr das, was nach seiner Begegnung mit Unfug noch übrig war von ihm?

Bevor ich mich vergewissern konnte, bogen sich die Zweige die Hecke auseinander und Tarantinos Gesicht tauchte vor mir auf.

Heute blieb mir auch nichts erspart.

Er hielt Luzifer im Arm und schnalzte anklagend mit der Zunge.

Soweit ich sehen konnte, war der Pudel unverletzt, wenn auch ziemlich zerzaust. In seinem Fell hingen Dreckklumpen und lange Dornen, und eine hellgraue Staubschicht überzog seinen Körper. Er guckte mich glücklich an und wedelte begeistert mit dem Schwanz – anscheinend hatte er heute richtig Spaß gehabt. Das sah Tarantino offensichtlich vollkommen anders.

»Der arme Kerl ist zu Tode erschrocken.« Vorwurfsvoll streckte er mir Luzifer entgegen. »Das möchte ich wirklich mit deinen Eltern besprechen. Wegen der ganzen Aufregung musste ich mich heute sogar krankmelden.«

Tarantino war eine Art Künstler, jedenfalls erzählte er das jedem. Besonders erfolgreich schien er mit seinen kitschigen Hundeporträts allerdings nicht zu sein. Deshalb arbeitete er halbtags in der Stadtbibliothek.

»Was würden wohl deine Eltern zu so einem Benehmen sagen?«, fragte er streng.

Eine Gänsehaut überzog meine Unterarme.

»Natürlich nichts«, antwortete ich.

»Weil sie nichts davon wissen!«, sagte er triumphierend.

»Nein, weil ich mich nicht schlecht benehme.«

Er zog die Augenbrauen hoch. »Ein Zwölfjähriger, der sich gut benimmt? Das ist wie ein vegetarischer Löwe: ein Mythos!«

»Äh … ja, natürlich.« Ich schulterte meinen Rucksack. »Aber Luzifer ist von ganz alleine weggelaufen.«

Dem stimmte Luzifer offenbar zu, denn er wedelte begeistert mit dem Schwanz.

Tarantino schnappte nach Luft, also sagte ich schnell: »Und jetzt muss ich los.« Mit festen Schritten marschierte ich auf unser Gartentor zu.

»Halt! Warte!«

Tarantino wollte mir hinterherlaufen, aber das dornige Gestrüpp am Zaun versperrte ihm den Weg.

»Richte deinen Eltern etwas aus!«, rief er mir nach. »Nächste Woche ist Nachbarschaftsversammlung. Es geht um die Müllabfuhr in unserer Straße.«

»Wir haben fast keinen Müll«, versuchte ich mich rauszureden. Doch so leicht ließ er nicht locker.

»Unsinn! In jedem normalen Haushalt mit mehreren Personen sammelt sich Müll an. Außerdem ist es wichtig, dass sich alle an der Versammlung beteiligen.«

»Werd ich ausrichten.« Ich lief schneller. Vor mir ragte das Gartentor auf. Meine Rettung!

Mit drei Sätzen brachte ich mich in Sicherheit, schlug das Tor zu und rannte zur Haustür.

Kaum stand ich im Flur und ließ meinen Rucksack auf den Boden fallen, schwebte Mama mir auch schon entgegen.

»Hattest du einen harten Tag, mein Schatz?«, fragte sie. »Komm! Papa hat ein tolles neues Rezept ausprobiert.«

Mein Magen machte einen Salto, allerdings nicht vor Freude. Aber natürlich wollte ich Papa nicht kränken und außerdem wusste ich ja noch gar nicht, was er heute gekocht hatte.

In der Regel gab es für mich normale Sachen wie Pizza, Spaghetti oder Fischstäbchen. Nur leider waren Mama und Papa ein paar Jahrhunderte aus der Übung. Deshalb ging meistens etwas schief, weil Papa entweder wichtige Zutaten vergaß, die Temperatur nicht richtig einstellte oder die Mengenangaben falsch umrechnete.

Abgesehen davon hatte Mama mir mal erzählt, dass die beiden zu Lebzeiten fürs Kochen Angestellte gehabt und sich nur ausnahmsweise in die Küche verirrt hatten.

Das zusammen erklärte also einiges.

Im Salon, wie Mama unser Wohnzimmer nannte, guckte Opa von seiner Zeitung hoch. Auf der Titelseite prangte die Schlagzeile ‚Spektakuläre Landung auf dem Mond!‘.

Nun ja, immerhin war er mittlerweile im Jahr 1969 angekommen.

»Junge, was bist du so blass? Hast du einen Geist gesehen?«, rief er und brach in polterndes Gelächter über seinen Witz aus.

»Was ist denn mit dir los?«, wollte jetzt auch Papa wissen und machte ein besorgtes Gesicht.

»Ist Unfug hier?«, fragte ich und hockte mich neben Papa aufs Sofa, wobei ich tunlichst vermied, mich auf den ausgestopften Hermelinkopf von Mamas Stola zu setzen.

Papa, der seinen rechten Arm bis zur Schulter in einem Zylinder stecken hatte, sah erstaunt auf. »Wieso? Hat er dich nicht abgeholt?«, erwiderte er und zog den Arm langsam heraus.

»Nein, und das ist …«

In dem Moment bewegte sich der Zylinder ein wenig und eine Schnauze mit ein paar Schnurrhaaren kam zum Vorschein.

Er hatte es wieder getan!

»Du hast mir doch versprochen, nicht mehr mit den Kaninchen herumzuzaubern«, sagte ich vorwurfsvoll. »Die bekommen jedes Mal Megaangst.«

Papa zog schuldbewusst die Schultern ein. »Ja … äh … tut mir leid. Das ist mir zufällig in den Zylinder geraten.«

Ich nahm ihm den Zylinder weg, griff mir das zitternde Bündel und brachte es zur Verandatür. Als ich es draußen zwischen den bröckeligen Steinfliesen absetzte, hoppelte es sofort davon.

»Ich weiß wirklich nicht, wie das passiert ist«, versuchte Papa sich rauszureden und fuhr sich verlegen durchs Haar.

»Unsinn, Henry!«, polterte Opa in seinem Sessel. »Das war wieder einer deiner angeblichen Zaubertricks, die schon so oft schiefgegangen sind.«

Papa knetete verschämt seine knochigen Finger und sank in sich zusammen.

»Es ist ja nichts passiert«, tröstete ich ihn.

»Dass du aber auch einfach nicht von dieser elenden Zauberei lassen kannst!«, grollte Opa weiter. »Sieh dich doch an, was es aus dir gemacht hat!«

»Damit bin ich hier ja in guter Gesellschaft«, sagte Papa. »Also, was ist mit Unfug?«

Bevor ich antworten konnte, kam Mama mit einer Suppenschüssel herein.

»Lass es dir schmecken, Robert.«

»Danke«, sagte ich matt und tauchte den Löffel in die tiefrote Flüssigkeit vor mir.

»Bon appetit.« Mama strahlte mich an und schwebte hinüber zum Kamin. »Papa hat Spargelcremesuppe gekocht.«

»Oh.« Ich stutzte und hielt mit dem Löffel kurz vor meinem Mund inne. Weißen Spargel kannte ich und grünen auch … Aber seit wann gab es dunkellila Spargelstangen? Und war die Spargelzeit nicht längst vorbei? Ich ließ den Löffel vorsichtig wieder sinken.

Papa musste mir meine Verwirrung angesehen haben, denn er stand vom Tisch auf und schwebte durch die Wand Richtung Küche.

»Als Plan B habe ich extra Spaghetti Napoli gekocht«, rief er mir zu und kam gleich darauf mit einer dampfenden Portion Nudeln herein. »Ich war mir nämlich nicht ganz sicher, ob das mit dem Rote-Bete-Saft zum Spargel so eine gute Idee war.«

Während ich mich auf die Spaghetti stürzte, erzählte ich, was heute passiert war.

Ende der Leseprobe