SpooKI: Der Spuk geht weiter - Ruth Rahlff - E-Book

SpooKI: Der Spuk geht weiter E-Book

Ruth Rahlff

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Beschreibung

Aufgepasst! Der Spuk ist noch nicht vorbei ... Der 3. Band der UNHEIMLICH spannenden Abenteuerreihe! Spionage-Alarm! Eine winzige Drohne ist auf Robert, Isabella und Lorenzo angesetzt. Ob sie von der KI Medusa geschickt wurde, um Roberts Geisterfamilie auszuspähen? Doch dann passiert etwas Unfassbares: Ein kleiner Roboter steht vor der Tür – mit einer Nachricht von Roberts verschollenen Eltern! Robert ist völlig durcheinander. Was, wenn das Ganze eine Falle ist? Er muss der Sache auf den Grund gehen. Und schon stecken Isabella, Lorenzo und er mitten in einem neuen gefährlichen Abenteuer. Der dritte Band der actionreichen SpooKI-Abenteuerreihe, in der sich eine Geisterfamilie nicht nur gegen die Tücken moderner Technik behaupten muss, sondern auch gegen eine machthungrige KI zu kämpfen hat. Perfektes Lesefutter für Jungs und Mädchen ab 9!

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Ruth Rahlff:SpooKI - Der Spuk geht weiter Mit Bildern von Timo Grubing

Der Spuk geht weiter

Spionage-Alarm! Eine winzige Drohne ist auf Robert, Isabella und Lorenzo angesetzt. Ob sie von der KI Medusa geschickt wurde, um Roberts Geisterfamilie auszuspähen? Doch dann passiert etwas Unfassbares: Ein kleiner Roboter steht vor der Tür – mit einer Nachricht von Roberts verschollenen Eltern! Robert ist völlig durcheinander. Was, wenn das Ganze eine Falle ist? Er muss der Sache auf den Grund gehen. Und schon stecken Isabella, Lorenzo und er mitten in einem neuen gefährlichen Abenteuer.

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VORUNGEFÄHR ZWÖLFEINHALBJAHRENUND ZWANZIGMINUTEN

»Vasco! Bist du taub? Das Telefon klingelt!« Norma schnappte sich den nächstbesten Gegenstand, den sie erreichen konnte – ein scheußlich lilafarbenes Kissen in Form eines Kraken –, und warf ihn in Vascos Richtung. Einer der Krakenarme strich leicht über seinen Kopf, woraufhin Vasco zusammenfuhr und sich zu ihr umdrehte. Endlich!

»’tschuldigung, Liebling. Hast du was gesagt?«, fragte er, während er die Kopfhörer abnahm und auf den Schreibtisch legte. Das Licht der vier Monitore vor ihm ließ sein Gesicht geisterhaft blass erscheinen.

Norma deutete auf das andere Ende des Sofas. Verwirrt schaute Vasco auf das Kissen – eine knallig gelbe Banane –, unter dem es gedämpft schrillte.

»Das Telefon! Ich komm da grad nicht ran.« Liebevoll strich sie Robert über den weichen, dunklen Haarflaum. Er stieß ein zufriedenes Grunzen aus und trank eifrig weiter.

Vasco war inzwischen zum Sofa gehechtet und hatte das Telefon unter der Banane hervorgekramt. Er lächelte beim Anblick seines Sohnes und drückte auf die Taste. Augenblicklich erfüllte eine dunkle Frauenstimme den Raum.

»Norma? Vasco?«, fragte sie, nicht eben freundlich.

»Ich bin’s«, antwortete Vasco. »Norma stillt gerade den Kleinen. Unser Goldstück hat momentan einen mächtigen Appetit. Was kann ich für dich tun, Lucinda?«

Lucinda antwortete nicht sofort. Es war still im Raum, abgesehen von Roberts leisen Schmatzgeräuschen.

»Lucinda, bist du noch dran?«, hakte Vasco nach.

»Dass ihr beiden mich so enttäuscht, hätte ich nie gedacht. Niemals!«, stieß Lucinda hervor. »Ausgerechnet ihr!«

Vasco und Norma wechselten einen verblüfften Blick. Was meinte sie damit?

»Ähm … Lucinda, worum geht es denn überhaupt?«, fragte Vasco.

»Das wisst ihr genau«, fuhr Lucinda ihn an. »Die Beweise liegen hier vor mir auf dem Tisch. Sie sind erdrückend.«

»Welche Beweise?«, rief Norma überrascht, was Robert mit einem empörten Quäken quittierte.

»Kommt mir bloß nicht so! Nach allem, was ich für euch getan habe. Und ihr für mich. Wir waren Freunde! Dachte ich …« Lucindas Stimme brach, aber sie fing sich sofort wieder. »Ohne euch hätte ich meine Organisation niemals aufbauen können. Ihr habt den Secret Friends doch erst richtig zum Erfolg verholfen. Und nun das!«

»Was?«, fragte Vasco mit belegter Stimme.

»In der ganzen Zeit, in der ich glaubte, dass ihr genau wie ich für das Gute kämpft … habt ihr mich hinter meinem Rücken benutzt und belogen. Euch ging es nur um mein Geld.«

»Jetzt mach aber mal einen Punkt, Lucinda«, unterbrach Vasco sie. »Das muss ein Missverständnis sein.«

Lucinda ignorierte ihn. Ihre Stimme klang eiskalt. »Ihr habt genau eine Stunde, um zu verschwinden. Ansonsten wird es verdammt ungemütlich.«

»Lucinda!«, schrie Norma und Robert fing an zu weinen. »Das kann nicht dein Ernst sein. Was haben wir denn getan?«

»Eine Stunde«, wiederholte Lucinda. »Wenn ihr dann immer noch in der Zwieselgasse seid, werdet ihr es bereuen.«

KLICK.

Norma und Vasco starrten sich an. Sie hatte einfach aufgelegt.

»Aber … was meint sie?«, stotterte Vasco.

Norma war blass geworden. Sie zitterte und presste Robert fest an sich. »Was auch immer es ist, sie scheint uns plötzlich zu hassen. Du kennst Lucinda: Solange sie so verbohrt ist, können wir gar nichts mit ihr klären. Wir müssen hier so schnell wie möglich weg.«

»Was? Ist das dein Ernst?« Vasco fuhr sich durch sein verstrubbeltes Haar und zerzauste es nur noch mehr. »Sie kann uns doch nicht einfach so davonjagen. Wir müssen reden. Wir müssen das aufklären …«

Norma lachte bitter auf. »Oh doch, sie kann. Das weißt du genau.«

Vasco schluckte. »Ja, du hast recht!« Er stürzte zum Schreibtisch und begann hektisch, allen möglichen Computerkram in einen Karton zu werfen.

Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie Norma einen kleinen Korb unter dem Tisch hervorzerrte und zwei weiche, rote Kissen hineinlegte, während ihr Tränen über die Wangen flossen. Behutsam wickelte sie Robert in eine Decke und gab ihm seinen Schnuller. Zum Glück hatte er sich wieder beruhigt und schlief schnell ein. Norma küsste ihn zärtlich auf die Stirn und trat mit dem Körbchen zu Vasco. Sie streckte es ihm hin. Ihr ganzer Körper bebte vor Kummer und sie versuchte, ein Schluchzen zu unterdrücken.

»Hier. Bring ihn nach nebenan. Zu dieser Villa. Stell ihn vor die Tür, klingle und verschwinde, so schnell du kannst.«

Vasco ließ den Karton fallen und starrte sie entsetzt an. »Bist du verrückt geworden? Du willst doch nicht etwa Robert weggeben?!«

Sie hielt seinem Blick stand. Ihre dunklen Augen schienen in dem blassen Gesicht wie tiefe schwarze Löcher. »Uns bleibt keine Wahl. Wer oder was auch immer dahintersteckt: Lucinda hat angeblich Beweise, die uns das Schlimmste unterstellen. Uns, nicht Robert. Wir müssen dafür sorgen, dass ihm nichts passiert.«

»Aber wir können doch nicht unser eigenes Kind verlassen. Er ist noch ein Baby«, rief Vasco fassungslos.

Tränen rannen über Normas Gesicht. »Wenn wir ihn bei uns behalten, ist er in größter Gefahr. Wer weiß, was Lucinda mit uns vorhat? Du hast ihre Drohungen doch gehört – sie ist ja völlig von Sinnen.« Sie rang nach Luft. »Sobald wir wissen, was hier eigentlich los, ist und sie überzeugen konnten, dass wir unschuldig sind, holen wir ihn sofort zurück. Aber jetzt müssen wir ihn in Sicherheit bringen!«

Sie drückte ihm das Körbchen mit dem schlafenden Robert in den Arm und wankte zum Couchtisch. Hastig fing sie an, einige Zeilen auf einen Zettel zu kritzeln.

»Liebe Unbekannte!

Voller Verzweiflung wenden wir uns an Sie …«

Vasco konnte nicht aufhören zu weinen. Er presste Roberts Körbchen an sich. »Mein Sohn. Unser Kind. Ich liebe dich!«

»Ich liebe ihn genauso wie du!«, schluchzte Norma und steckte die fertige Nachricht in den Korb. »Und deswegen werden wir ihn schützen.« Jetzt brach auch sie weinend zusammen. Vasco nahm sie in den Arm.

»Also gut. Mach du mit dem Packen weiter, ich bringe Robert nach nebenan«, murmelte er. Noch nie im Leben hatte er sich so elend gefühlt.

»Geh.« Normas Gesicht war tränenüberströmt. »Uns bleibt nicht mehr viel Zeit.«

Kaum hatte sie ausgesprochen, war ein Geräusch aus der Ferne zu hören. Es kam rasch näher. Die Büsche und Bäume rund ums Haus rauschten und bewegten sich in einem heftigen Wind, aber dieser Luftzug hatte keine natürliche Ursache.

Eine Stunde, um zu verschwinden? Von wegen! »Sie schickt den Helikopter!«, brüllte Vasco gegen den Lärm an. Er stürmte mit Robert zur Tür. »Mach die Motorräder startklar. Ich bin gleich zurück.«

KAPITEL 1

Sie war wie aus einer anderen Welt. Ihr Körper schillerte smaragdgrün. Die Flügel waren durchzogen von einem Netz aus hauchfeinen gelben Linien. Fasziniert betrachtete ich die Libelle, die bewegungslos auf der Packung mit den Schoko-Pops saß. Ihre tiefschwarzen Augen wölbten sich so weit hervor, dass sie fast aus dem Kopf quollen.

»Robert, Spinat soll ja äußerst vitaminreich sein. Möchtest du eine Portion?«, fragte Papa und schwebte zum Herd, auf dem noch der Topf mit den Resten vom Abendessen stand.

Im frühen Morgenlicht war Papa wie auch der Rest meiner Geisterfamilie ein wenig durchscheinender als sonst, sodass ich durch seinen Pyjama den Backofen erkennen konnte.

»Oh, ausgezeichnet, Henry!« Mama knotete den Gürtel ihres eleganten Morgenmantels zu. »Vielleicht brätst du Robert auch ein paar Spiegeleier? Für den ersten Schultag nach den Ferien braucht er etwas Nahrhaftes zum Frühstück.«

Im Gegensatz zur Libelle war der Spinat von gestern nicht grün, sondern betongrau. Das in Kombination mit glibberigen Eiern? Als Reaktion auf das Angebot vollführte mein Magen einige Saltos. Papas Eier waren nämlich fast immer roh – ganz egal, ob er sie hart gekocht, als Rührei oder eben als Spiegelei servierte. Ich gab mir alle Mühe, ein Würgen zu unterdrücken.

Gnädigerweise nahm Opa mir die Antwort ab.

»Lasst den armen Kerl doch mit diesem Gemüsezeugs in Ruhe!«, polterte er los. »Bald ist er ein Mann! Und was braucht ein Mann zum Frühstück? Ein großes Steak. Wie ich in meiner Jugend.«

Unfug wedelte begeistert mit dem Schwanz. Ich dagegen schluckte. Solch hemmungsloser Fleischkonsum war inzwischen zum Glück aus der Mode gekommen, aber diese Erkenntnis hatte sich leider noch nicht bei Opa durchgesetzt. Vielleicht, weil er aus einem völlig anderen Jahrhundert stammte.

Er zwinkerte mir zu. »Wenn es blutet, können wir es töten«, brummte er mit tiefer Stimme.

Oh, er hatte heute Nacht wieder Arnold Schwarzenegger geguckt! Aber selbst der aß angeblich kein Fleisch mehr, jedenfalls hatte ich das neulich irgendwo im Internet gelesen.

»Vielleicht sollten wir demnächst mal gemeinsam auf die Jagd gehen«, schlug Opa vor und erwärmte sich zusehends für das Thema.

»Also, als ich seinerzeit mein erstes Wildschwein …«

»Arthur!«, rief Mama empört. »Jetzt quäl den Jungen nicht mit deinen Gräueltaten! Er ist ja schon ganz blass.«

»Na schön, aber keinen Spinat! Hier, die magst du doch so gern, Robert.« Opa griff nach dem Schoko-Pops-Karton und schob ihn zur mir rüber. Das schreckte die Libelle auf. Mit einem leisen Summen setzte sie sich in Bewegung.

Ähm – mit einem Summen?! Seit wann summten Libellen??

Ohne Vorwarnung schoss Unfug hoch und schnappte nach ihr, dabei stieß er einen Stuhl um. Es polterte laut, aber trotzdem hörte ich einen durchdringenden Piepton und dann glühten die Augen der Libelle kurz rot auf.

Das war auch Opa nicht entgangen. »Was zum Teufel …?«, schrie er, riss sich den Kopf vom Rumpf und schleuderte ihn auf die Libelle, aber die wich geschickt aus und sein Kopf landete in Papas Spinattopf.

Es spritzte und graue Soße lief über Opas Stirn.

Papa und Opa stöhnten gleichzeitig auf, aber wahrscheinlich aus völlig unterschiedlichen Gründen.

Die Libelle änderte den Kurs und schwirrte in exakten Zickzacklinien auf das geöffnete Küchenfenster zu. Sie wollte flüchten. Hatte ich es doch gewusst! Sie war zu schön, um echt zu sein. Das war gar keine Libelle! Es war irgendetwas Technisches. Mir lief es kalt den Rücken hinunter. Etwas Technisches?! Ich stürzte zur Hintertür. Wenn ich mich beeilte, konnte ich das Libellending hoffentlich abfangen! Unfug raste an mir vorbei und bellte unaufhörlich. Zu spät! Die Libelle flog eben um die Hausecke. Mist! Ich spurtete hinterher. Warum hatte ich es nicht gleich erkannt? Jetzt beim Fliegen sah sie genauso aus wie das, was sie sehr wahrscheinlich war: eine Drohne im Miniaturformat.

Die Drohne schien es nicht sonderlich eilig zu haben, aber sie blieb immer gerade eben außerhalb unserer Reichweite. Unfug schlug krachend die Zähne aufeinander. Wieder entwischt! Jetzt machte die Drohne einen Bogen über Opas Bestiarium, wo Opa einen Haufen schräger Steinskulpturen aufgestellt hatte. Sie flog so nah an dem römischen Halbgott vorbei, dass sie ihm fast die Nase absäbelte. Anschließend steuerte sie den Nachbarsgarten an. Dummerweise trat dort ausgerechnet jetzt Tarantino mit seinem Pudel Luzifer auf die Terrasse. Schlechtes Timing! Ich sprang hoch und streckte die Hände nach der Drohne aus, als sie eben über dem Zaun schwebte. Knapp daneben! Sie drehte wieder ab und ich hetzte hinterher. Nun überquerte sie die Beete mit den Nachtschattengewächsen, die Mama seit Neuestem anpflanzte.

Ich rannte durch den Vorgarten, während Unfug von der anderen Seite her versuchte, der Libellendrohne den Weg abzuschneiden. Sie flog über seine Nase hinweg, dann stieg sie höher und verschwand zwischen den Ästen eines Baums. Unfug stand vor dem Stamm und bellte wie rasend.

»Lass es gut sein, ich glaube, sie haut ab«, rief ich und stolperte. WOARH! Schon schlug ich der Länge nach hin.

Im nächsten Moment erkannte ich, worüber ich gefallen war. Auf dem Gartenweg lag ein komisches kleines Metallding. Nein, es sah aus wie ein umgekipptes Männchen. Das war ja ein Roboter! Der war gestern Abend aber noch nicht hier gewesen.

Unfug beschnüffelte ihn eifrig. Ich rappelte mich auf und nahm das Teil genauer in Augenschein. Ein bisschen erinnerte er mich an einen der Roboter aus Opas alten Sternenkrieg-Filmen. Er war silbern, hatte Beine, Füße, Arme und Greifhände. Als ich den Roboter hochkant hinstellte, blinkten seine Augen in dem schmalen Kopf rot auf. Er reichte mir ungefähr bis zum Oberschenkel.

»Wo kommt der denn plötzlich her?«, fragte ich laut und Unfug winselte. Fieberhaft ging ich im Kopf die Möglichkeiten durch. Dieses Ding hier hatte keinerlei Ähnlichkeit mit dem selbst konstruierten Roboter meiner besten Freundin Isabella. Abgesehen davon hätte sie es mir garantiert erzählt, wenn sie noch einen zweiten gebaut hätte. Misstrauisch untersuchte ich den kleinen Roboter. An einer Seite gab es ein dunkles Display, wie bei einem Smartphone. Ansonsten war nichts Besonderes zu erkennen, trotzdem spürte ich, wie mein Herz heftig pochte. Erst diese Libellendrohne, nun auch noch ein Roboter. Das kam doch garantiert wieder von Medusa! Verdammt!

Vor Kurzem hatten meine Geisterfamilie und ich unbeabsichtigt eine künstliche Intelligenz namens Medusa auf uns aufmerksam gemacht. Ihr war aufgefallen, dass unser Haushalt andere Daten lieferte als normale Häuser. Isabella, mein Cousin Lorenzo und ich waren ihr auf die Spur gekommen. Die KI hatte uns gerade mal ein paar Wochen in Ruhe gelassen und nun fing ihre Überwachung anscheinend von vorne an. Bei dem Gedanken daran wurde mir ganz schlecht.

»Robert?«, dröhnte Opas Stimme von der Veranda her. »Dieses verfluchte Libellending hat uns bestimmt diese Medusa auf den Hals gehetzt. Hätte ich bloß daran gedacht, sofort zu spuken. Dann wäre das Ding abgestürzt.«

Er hatte recht. Wie blöd, dass wir nicht gleich darauf gekommen waren! Neulich hatte ich zufällig herausgefunden, dass meine Geisterfamilie durch intensives Spuken elektrische Geräte stören und sogar außer Betrieb setzen konnte.

Vorsichtig strich ich über die Oberfläche des Roboters. Was hatte Medusa bloß vor? Klar, ich war nicht davon ausgegangen, dass wir sie nach dem Feuer in der Geisterbahn für immer losgeworden waren. Aber ich hatte doch auf eine längere Atempause gehofft.

Ich stieß einen frustrierten Seufzer aus. Die letzten Wochen mit Isabella und Lorenzo waren schön gewesen. Wir hatten eine Menge toller Feriensachen gemacht: im Stadtsee gebadet, Lagerfeuer, im Park geskatet und stundenlang einfach nur in der Sonne abgehangen. Alles völlig normal also, abgesehen davon natürlich, dass Isabella einen Geistervater hatte, ich als Menschenjunge bei einer Geisterfamilie lebte und Lorenzo durch und durch ein Geist war.

»Wo ist das Biest? Ich mache ihm den Garaus«, brüllte Opa von der Terrasse aus.

»Ist schon weg!«, rief ich und klemmte mir den Metallkörper unter den Arm. Ganz schön schwer, das Ding!

»Sie ist uns leider entwischt.« Dafür hatte ich jetzt den Roboter. Wenn Opa ihn allerdings entdeckte, würde er ihn garantiert mit seinem Spazierstock in Stücke schlagen. Doch das durfte nicht passieren! Noch nicht jedenfalls. Zuerst musste ich den Roboter in Ruhe untersuchen. Und zwar mit einer richtigen Expertin.

KAPITEL 2

»Ich dachte schon, du kommst zu spät«, flüsterte Isabella mir zu.

Stöhnend ließ ich mich auf den Stuhl neben sie fallen. Den ersten Morgen nach den Ferien hatte ich mir entspannter vorgestellt. »Dachte ich auch.«

»Hast du verschlafen?«

Wenn’s nur das gewesen wäre! Eilig erzählte ich ihr, was heute früh passiert war.

Sie riss erschrocken die Augen auf. »Jetzt geht das alles von vorn los«, stöhnte sie und sprach damit genau das aus, was ich vorhin schon befürchtet hatte. Aufgeregt nagte sie an einem Fingernagel. »Dahinter steckt bestimmt Medusa.«

Die Vermutung lag nahe, denn diese KI hatte sich leider als ziemlich hartnäckig erwiesen. Wobei wir immer noch nicht herausbekommen hatten, was sie eigentlich von uns wollte.

»Ob wir ihr mit irgendetwas in die Quere gekommen sind?«, überlegte Isabella.

Ich schnaubte. »Immerhin haben wir neulich zwei ihrer Kommandozentralen aufgespürt und dabei ihre Hauptrechner zum Explodieren gebracht. Das könnte eine KI schon irgendwie reizen.«

Isabella grinste, dann wurde sie sofort wieder ernst. »Wir müssen endlich herausfinden, was sie von uns will. Vorher wird sie keine Ruhe geben.«

Üble Vorstellung, aber uns blieb keine andere Wahl. Während der Ferien hatte mich im Hinterkopf immer mal wieder der Gedanke beschäftigt, ob Medusa nicht doch wieder zuschlagen würde – und wann. Nun war es also so weit. Einerseits war es irgendwie eine Erleichterung, dass das Warten ein Ende hatte. Andererseits graute mir vor dem, was als Nächstes passieren würde. Medusa hatte sich als gefährlich erwiesen, besonders für Mama, Papa, Lorenzo und Opa. Ihnen durfte auf keinen Fall etwas passieren!

Isabellas Miene hellte sich auf. »Wenigstens haben wir einen Ansatzpunkt. Gleich nach der Schule nehmen wir uns diesen Roboter vor.«

Ich nickte. »Sag mal, hat es nicht längst geklingelt?« Alle saßen auf ihren Plätzen. Nur unsere Klassenlehrerin fehlte.

»He, wo bleibt Frau Watanabe eigentlich?« Damon schüttelte sein Smartphone, als wäre es ihm eine Antwort schuldig. »Spinnt meine Uhr oder was?«

»Das wäre noch dein geringstes Problem«, murmelte Isabella.

Er drehte sich zu ihr um. »Was hast du gesagt?«

Ava und Justus feixten und lehnten sich in ihren Stühlen zurück, als würden sie gleich eine exklusive Kinovorstellung bekommen.

»Jetzt keinen Stress«, mahnte Loretta und richtete sich auf. »Frau Watanabe kommt bestimmt jeden Moment.«

»Das ist echt seltsam«, wunderte Ahmed sich. »Sie ist doch sonst immer total pünktlich.«

Damon ignorierte die anderen und baute sich vor Isabella auf. »Ey, ich hab dich was gefragt. Was hast du da gebrabbelt? Wer hat hier Probleme?«

Manchmal konnte er wirklich hartnäckig sein. Allerdings auf eine unangenehme Weise. Wie ein Terrier, der ein Kaninchen im Nacken gepackt hielt und schüttelte.

Isabella ließ das allerdings völlig kalt, ebenso wie die Tatsache, dass er sich die Ferien anscheinend mit Bodybuilding vertrieben hatte, denn unter seinem Shirt spannten sich ein paar Muskeln, die vor ein paar Wochen definitiv noch nicht da gewesen waren.

Sie lehnte sich zurück und deutete auf ihre Brust. »Ich sag es mal so«, meinte sie trocken.

Es dauerte einige Sekunden, bis Damon begriff. Heute trug Isabella ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift: »Wenn ich du wäre, wäre ich lieber ich.«

Tja, damit war wirklich alles gesagt.

Damon wurde knallrot. »Was …?«, fauchte er und trat noch einen Schritt vor. Er stieß fast an Isabellas Tischkante, aber bevor er sein Spatzenhirn auf Trab bringen konnte, wurde die Tür aufgerissen.

Mit weit ausholenden Schritten joggte Herr von Hageboom herein. Was hatte der denn hier verloren?! Es reichte ja schon, dass er uns in Informatik und Sport quälte.

Anscheinend hatte er seinem Outfit über die Sommerferien eine Rundumerneuerung gegönnt, denn anstatt teurer Sneakers und sportlicher Kleidung trug er heute einen cremefarbenen Anzug mit einem schwarzen Hemd. Die Haare waren zurückgegelt und am Handgelenk blitzte eine schwere goldene Uhr. Den Aufzug hätten auch die Leute in Opas alten Gangsterfilmen nicht verachtet.

Loretta starrte ihn mit offenem Mund an. »Wo ist denn Frau Watanabe?«

Herr von Hageboom bleckte die Zähne und strahlte uns alle an.

»Guten Morgen, boyyyyzzz und girrrrrrls. Welcome back in der Schule.«

Alle guckten ihn mehr oder weniger verblüfft an.

Herr von Hageboom machte eine Handbewegung. »Bevor wir anfangen, halten wir uns doch bitte an die guten alten Regeln, ja?« Er nickte Damon zu.

Der brauchte wieder ein paar Sekunden, dann kapierte er die Aufforderung und schlurfte zu seinem Platz.

»Das ist noch nicht vorbei«, zischte er Isabella zu und Ava und Justus nickten so eifrig, als hätten sie über den Sommer Unterricht von einem Wackeldackel bekommen.

»Ich freu mich drauf.« Isabella ließ sich nicht einschüchtern.

Herr von Hageboom klatschte in die Hände. »Great. Also, hört mal zu, folks. Meine liebe Kollegin Frau Watanabe ist in den Ferien zu ihrer Familie nach Japan gereist. Leider hat sie Probleme mit dem Rückflug.«

»Was denn für Probleme?«, platzte Preeti heraus.

»Ich weiß es nicht genau«, antwortete Herr von Hageboom. »Anscheinend gibt es Schwierigkeiten bei der Buchung ihres Flugtickets.«

»Hä?« Isabella zog die Stirn kraus. »Warum kauft sie dann nicht einfach ein Ticket direkt am Schalter?«

Herr von Hageboom hob die Schultern. »I don’t know, Leute. Jedenfalls kann es noch ein paar Tage dauern, bis sie zurückkommt.«

»Aber Frau Watanabe kommt doch wieder?«, versicherte Loretta sich mit einem ängstlichen Ton. »Sie bleibt nicht in Japan?«

Isabella und ich wechselten einen erschrockenen Blick. Das wäre die reinste Katastrophe! Schließlich war unsere Klassenlehrerin mit Abstand am nettesten und fairsten von allen hier. Nur mit ihr war die Schule halbwegs erträglich.

»Nein, nein«, beruhigte Herr von Hageboom uns. »Und zum Glück bekommen wir nachher auch noch eine erfahrene Unterstützung. Unser neuer Lehrer Herr Ziegler-Brandt wird euch ab sofort zusammen mit mir unterrichten.« Er schaute auf seine Uhr. »Ich muss jetzt gleich in meine Klasse. Wir müssen improvisieren, solange Frau Watanabe weg ist. Aaaaall rrriight!« Er klatschte wieder in die Hände. »Wir können den Wind nicht ändern, aber wir können die Segel anders setzen.«

Oh Mann! Das war echt zu viel für einen Morgen. Erst die Libelle und dieser merkwürdige kleine Roboter, dann die Sache mit Frau Watanabe und nun auch noch von Hagebooms Lebensweisheiten.

Herr von Hageboom guckte etwas enttäuscht, als niemand etwas zu seinem Spruch sagte.

»Gut, dann kommt mal alle mit in den Chemieraum. Ich habe ein großartiges Experiment vorbereitet, mit dem ihr euch beschäftigen könnt, bis die Verstärkung eintrifft. Let’s go!«

Im Chemieraum stand auf jedem Platz ein Glas mit Wasser und daneben lagen mehrere Papierstreifen. Auf dem Pult waren verschiedene Getränke aufgereiht.

»Heute messt ihr den pH-Wert von Flüssigkeiten«, erklärte Herr von Hageboom und legte seinen Schlüssel aufs Pult. »Holt euch nacheinander einen Teelöffel Milch, Saft, Kalkwasser und Eistee von hier vorn.« Er schaute auf seine Uhr und fuhr eilig fort. »Bitte notiert eure Ergebnisse. Und wenn ihr selbst noch Getränke dabeihabt, dürft ihr die natürlich auch messen. Nachher vergleichen wir eure Ergebnisse. Good luck!«

Er winkte noch einmal und ermahnte uns, dass wir gefälligst nichts anderes anrühren und absolut leise sein sollten, dann verschwand er nach draußen.

»Das ist so öde!«, stöhnte Damon und schnippte lustlos die Papierstreifen über den Tisch, während Justus zum Pult wieselte und für Damon und sich die Flüssigkeiten abmaß.

Ausnahmsweise musste ich Damon mal recht geben: ein großartiges Experiment? Na ja …

»Komm, wir beeilen uns«, schlug Isabella vor. »Dann haben wir es hinter uns.«

Zusammen mit Ahmed, Preeti und Loretta holten wir die Proben. Isabella tauchte die Teststreifen ein und ich notierte die Ergebnisse auf einem Schmierzettel.

»Hey, messen wir doch mal was Cooleres«, dröhnte Damons Stimme plötzlich durch den Chemieraum.

Er marschierte auf die Schränke zu. Hinter den Glastüren stapelten sich Zutaten, deren Namen meistens aus Buchstaben- und Zahlenkombinationen bestanden. Außer Salpetersäure kannte ich nichts.

Damon zog an einem Türknauf.

»Das kannst du vergessen«, sagte Preeti. »Die sind alle abgeschlossen.«

»Na und? Das hält mich nicht auf«, gab er großspurig zurück. Er rüttelte an der nächsten Tür, aber die war natürlich auch zu. Trotzdem gab er nicht auf, sondern arbeitete sich langsam bis zum letzten Schrank vor.

»Der nervt!« Isabella stöhnte leise. »5,7.«

Ich schrieb den letzten pH-Wert auf. Als ich hochguckte, griff Damon gerade nach dem Schlüsselbund auf dem Pult.

»Ha!« Er rasselte damit so laut wie ein Schlossgespenst mit seiner Kette. Nicht dass ich schon mal eines gesehen hätte. So was gab es ja nur in Märchen.

»Die darfst du nicht nehmen«, gellte Lorettas Stimme durch den Raum. »Das gibt richtig Ärger, wenn du erwischt wirst.«

Damons Augen glänzten. »Na und? Er ist doch selbst schuld! Schließlich hat er uns ein spannendes Experiment versprochen. Sieht so aus, als müssten wir selbst dafür sorgen.«

Justus deutete auf einen Behälter mit knallgelbem Pulver. »Nimm das!«

Ava und Justus johlten, als Damon den Schrank aufschloss und das Pulver herausholte.

»Nicht!«, rief Loretta bestürzt, aber Preeti meinte: »Lass sie doch. Sollen sie sich eben in die Luft jagen oder was auch immer das bewirkt.«

»Jag dich selber in die Luft«, entgegnete Ava schnippisch.

Im Glas sprudelte es wild, sobald das Pulver mit dem Wasser in Berührung kam.

»Cool!«, jubelte Damon.

Und dann legte er richtig los. Er sprintete so schnell zum Schrank und zurück, dass mir beim Zusehen fast schwindelig wurde. Nacheinander kippte er alle möglichen Zutaten in die Gläser von Ava und Justus, die begeistert mitmachten.

»Oh, jetzt hört endlich auf«, schimpfte Loretta.

Damon beachtete sie nicht. »Wir brauchen mehr Platz!« Bevor Isabella und ich reagieren konnten, stellten Ava, Justus und Damon alle ihre Gläser auf unseren Tisch.

»Hey!«, protestierte Isabella. »Räumt sofort das Zeug weg.«

Doch Damon war schon dabei, ein kleines Aquarium aus dem letzten Schrank zu holen. Aber bevor er den Glaskasten auf seinen Tisch stellen konnte, knallte es – und zwar direkt vor mir.

Mit einem Satz brachten Isabella und ich uns in Sicherheit. Knallpinkfarbene Schaumblasen, die immer größer wurden, quollen aus einem der Gläser. Was auch immer Damon zusammengeschüttet hatte, die Reaktion war heftig. Im Nu war unser ganzer Tisch bedeckt mit Blasen. Sie türmten sich auf und tropften auf den Boden. Zugleich breitete sich ein fieser Gestank nach etwas Fauligem im Raum aus. Alle schrien und gestikulierten.

»Fenster auf!« Loretta hielt sich die Nase zu.

»Das verätzt mir ja die Lungen«, japste Ahmed.

Isabella schnappte sich unsere Rucksäcke und Aufzeichnungen und schmiss alles hinter das Pult. Die Blasen wuchsen immer weiter und reichten schon fast bis zur Decke. Ich musste etwas tun! Wasser? Würde das helfen? Egal, mir fiel auf die Schnelle nichts anderes ein. Ich hechtete zu Damon, der immer noch mit offenem Mund dastand und auf unseren Tisch glotzte, und riss ihm das Aquarium aus den Händen. Im Nullkommanix hatte ich es mit Wasser gefüllt. Jetzt zurück zum Tisch! Ich holte aus und …

»Was ist denn hier los?«, brüllte eine Stimme. »Nicht, Robert! Bloß kein …!«