Stürmische Rückkehr in die Arme des Königs - Pippa Roscoe - E-Book

Stürmische Rückkehr in die Arme des Königs E-Book

Pippa Roscoe

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Beschreibung

Zwölf Stunden hat Scheich Odir Farouk Zeit. Dann wird er auf einer Pressekonferenz der Welt erklären, dass sein Vater gestorben ist und er selbst den Thron von Farrehed besteigt. Aber die Zukunft seines Landes hängt nicht nur von ihm, sondern auch von seiner Noch-Ehefrau Eloise ab! Vor einem halben Jahr hat Odir sie aus dem Palast werfen lassen, überzeugt, dass sie ihm untreu war. Doch nun braucht er sie als Königin an seiner Seite. Und obwohl er Eloise zutiefst misstraut, brennt er vor Leidenschaft, als er ihr wieder gegenübersteht …

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Seitenzahl: 198

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IMPRESSUM

JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2018 by Pippa Roscoe Originaltitel: „Conquering His Virgin Queen“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 2383 - 2019 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Michaela Koch

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 04/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733712112

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Zu behaupten, dass Odir Farouk Al Arkrin, ältester Sohn von Scheich Abbas und in der zwölften Generation Thronerbe des Königreichs Farrehed, weltweit bekannt als erfolgreicher Geschäftsmann und Vorstandsvorsitzender eines der bedeutendsten Ölunternehmen, einen schlechten Tag hatte, wäre eine drastische Untertreibung gewesen. Während der Prinz die Enden seiner Fliege band, hatte er das Gefühl, eine gefährlich enge Schlinge um seinen Hals zu legen, die ihm die Luft zum Atmen raubte.

So wie es auch die vielen Menschen in seinem Leben taten, die ihn benutzt und verraten hatten. Allen voran seine Ehefrau, die er seit sechs Monaten nicht mehr gesehen hatte. Die Frau, die sein Herz berührt hatte, um es danach zu brechen.

Doch Odirs Gefühle für sie waren unwichtig. Ebenso wie seine viel zu lange Trennung von ihr.

In einer Stunde würde sie zu ihm zurückkehren, und er würde bekommen, was er brauchte – wie sein Land bekommen würde, was es brauchte.

Seufzend zog er die Fliege an ihren Platz, trat einen Schritt zurück und blickte ernst in den raumhohen Spiegel. Für einen Moment blendete ihn die Sonne, die über der Londoner Skyline unterging, bevor sie hinter seinen breiten Schultern verschwand. Odir zerrte an einer der Manschetten seines maßgeschneiderten Smokings, der genauso unbequem war wie die königlichen Gewänder in seiner Heimat. Jedes von ihnen war ein Pseudonym, ein Kostüm für die Rolle, die er zu spielen hatte. Und heute Abend, in einem der renommiertesten und teuersten Hotels in London, musste er mehr denn je in seiner Rolle glänzen.

Hinter ihm stand Malik, sein persönlicher Leibwächter. Er war sein bester Freund gewesen, seit sie als Kinder zusammen im Palast von Farrehed Verstecken gespielt hatten. Doch was letzte Nacht ans Licht gekommen war, hatte die Freundschaft der beiden Männer ins Wanken gebracht. Frust und Enttäuschung übermannten Odir, als er daran dachte, wie lange er von dem Mann belogen worden war, dem er bis vor vierundzwanzig Stunden sein Leben anvertraut hatte.

Malik, der ihm seine Gedanken stets anzusehen schien, warf ihm einen schuldbewussten Blick zu.

„Hör auf, mich wie ein geprügelter Hund anzusehen“, herrschte Odir seinen Leibwächter an. „Irgendjemand wird es sonst hinterfragen, und das kann ich nicht gebrauchen. Nicht heute.“

Malik öffnete den Mund, um zu antworten, doch Odir schnitt ihm das Wort ab: „Wenn du es nicht schaffst, dich nach außen hin wie früher zu verhalten, schicke ich dich noch heute zurück nach Farrehed. Dort kannst du den Rest deines Lebens damit verbringen, Vaters Schwester zu beschützen. Und glaub mir, das ist eine Drohung, kein Versprechen. Sie lebt einsam wie eine Schildkröte und verbringt ihre Zeit nur damit, zu essen wie ein Kamel. Du wirst innerhalb weniger Monate vor Langeweile sterben, und das würde ich mir nicht verzeihen.“

Malik schluckte hörbar. Doch obwohl Odir zum ersten Mal an diesem Tag das Wort an ihn richtete, sagte er nichts.

Weil jeder der beiden Freunde wusste, dass keine Drohung und kein Versprechen der Welt das zerrissene Band zwischen ihnen flicken konnte.

„Bist du sicher, dass du die jüngsten Entwicklungen verheimlichen willst?“, fragte Malik nach einer kleinen Ewigkeit.

Seltsam, dass er angesichts ihrer Differenzen wagte, gerade diese Frage zu stellen. Ob er wusste, wie oft Odir selbst sich das gefragt hatte?

„Ob ich es will? Nein. Ob ich sicher bin? Ja. Es muss schließlich getan werden.“

Er hörte ein Klopfen an der Tür, kurz bevor sein persönlicher Berater durch den Türspalt lugte. Es war klar und deutlich, dass sein Mitarbeiter sich Odirs schlechter Laune bewusst war und nicht wagte, weiter in die düstere Aura einzutauchen, die seinen Herrn an diesem seltsamen Tag umgab.

„Ist die Pressekonferenz arrangiert?“, fragte Odir und wandte sich wieder seinem smokinggekleideten Spiegelbild zu, an das er sich erst noch gewöhnen musste.

„Ja, Eure Ho…“

„Nennen Sie mich nicht so. Noch nicht.“

„Natürlich, Sir. Ja, die Presse wurde für neun Uhr morgen früh in die Botschaft bestellt. Sir …?“

„Ja?“

„Wir können die Veranstaltung immer noch absagen.“

„Nur Wirtschaftskrisen, Kriege und königliche Hochzeiten haben bisher Ausfälle derartiger Veranstaltungen mit sich gebracht. Alles andere ist kein Grund, abzusagen. Es wäre ein Zeichen von Schwäche, und wir sind nicht schwach.“

Sein Berater nickte, verschwand jedoch nicht sofort zurück auf den Flur. Stattdessen verharrte er auf der Türschwelle, als ob er Odir ansah, dass seinem Arbeitgeber noch eine Frage auf der Seele brannte.

„Die Einladung ist wirklich heute Morgen überbracht und angenommen worden?“ Odir sah seinen langjährigen Mitarbeiter an und nahm erleichtert ein weiteres Nicken zur Kenntnis.

Nachdem der Nachrichtendienst von Farrehed gestern endlich den Namen herausgefunden hatte, den die Prinzessin für ihren gefälschten Pass verwendete, hatten die Beamten in nur dreißig Minuten ihren Aufenthaltsort ausfindig gemacht. Und so hatte Odirs Konsulat in der Schweiz noch gestern Abend die Einladung erhalten und heute Morgen zur Wohnung seiner Frau gebracht. Zu der Wohnung, in die sie nie wieder zurückkehren würde.

„Danke, Sie können gehen“, sagte Odir leise.

Während sein Berater die Tür hinter sich ins Schloss zog, blickte Odir erneut in den Spiegel.

Er erkannte den Mann, den er dort sah, kaum. Die letzten Monate und vor allem die letzten Stunden hatten ihn verändert.

Unwillkürlich dachte Odir an die Unterlagen, die ihm sein Nachrichtendienst letzte Nacht gefaxt hatte. Den eingescannten Pass einer Frau mit vertrautem Gesicht und fremdem Namen. Auch wenn es ein gefälschtes Dokument war, schien es Odir wie ein greifbarer Beweis dafür, dass das Leben, von dem er bis vor einem halben Jahr geträumt hatte, vorbei war. Ein Leben ohne Zwang und Freiheitsbeschränkung. Ein Leben zusammen mit der Frau, der er vor Gott die ewige Treue geschworen hatte. Er war seinem Schwur mit Körper und Seele treu geblieben. Sie hingegen nicht.

Nach sechs Monaten erfolgloser Ermittlungen und Versuche, seine verschwundene Frau aufzuspüren, hatte Malik gestern Abend zugegeben, dass er ihren falschen Namen kannte. Die Tatsache, dass sein bester Freund in diese Verschwörung verwickelt war, hatte in Odir kurzzeitig die Frage aufkommen lassen, wie weit seine Frau Malik in ihren Bann der Untreue gezogen hatte. Doch er hatte nicht die Kraft gehabt, den Gedanken weiterzuverfolgen. Malik hätte Odirs Frau niemals angefasst. Nur ein Mann außer ihm selbst hatte das getan, und auch wenn diese Tatsache Odir das Herz aus der Brust gerissen hatte, würde er sich an diesem Rivalen nicht rächen. Denn er war sein Bruder.

Odir lief vom Spiegel zu seinem Nachttisch hinüber, um zum wohl hundertsten Mal an diesem Tag einen Blick auf die gefaxten Unterlagen zu werfen. Selbst die schlechte Qualität der Schwarzweißkopie tat der Schönheit seiner Frau keinen Abbruch. Der Schönheit, die einmal gedroht hatte, ihn zu vernichten. Aber es war nicht passiert. Und es würde auch niemals passieren. Odir würde Eloise nie wieder in die Nähe seines Herzens lassen.

Diesmal unterdrückte er den Frust und die Enttäuschung, die durch seine Adern brannten, und löste den Blick vom Passfoto seiner Frau. Er musste sich voll und ganz auf die bevorstehende Veranstaltung konzentrieren.

„Hast du ihre Flugdaten?“, fragte er Malik knapp.

„Sie ist vor fünf Stunden in Gatwick gelandet.“

Für einen Moment wich Odirs Anspannung der Hoffnung, dass doch noch irgendwie alles in Ordnung kam. Doch er wusste, dass es so gut wie unmöglich war.

„Vor zwanzig Minuten ist sie vor ihrem Hotel in der Innenstadt in ein Taxi gestiegen“, ergänzte Malik ungefragt. „Ein Mitarbeiter unseres Nachrichtendienstes folgt ihr. Sie muss also jeden Moment hier ankommen.“

Odir nickte nachdenklich. Was sollte er zu ihr sagen? Die Frage, die ihm auf der Seele brannte, konnte er Eloise angesichts der bevorstehenden Veranstaltung unmöglich stellen. Auch wenn es ihn beinahe umbrachte, nicht zu wissen, warum sie sich einen falschen Pass besorgt hatte und untergetaucht war. Warum sie vor ihm ebenso geflohen war wie vor ihrer Familie in Kuwait.

Es war ihm bewusst, dass seine Frau ihre Eltern, die dort seit vielen Jahren als Botschaftsangehörige lebten, seit dem Tag ihrer Hochzeit nicht mehr gesehen hatte. Den ehrgeizigen Vater, der seine Tochter in eine arrangierte Ehe gedrängt hatte, und die depressive Mutter, die keinen Kontakt zu Eloise hielt. Hätte er verhindern können, was geschehen war, wenn er vorab um mehr Details über die Familie seiner Frau bemüht gewesen wäre?

Im Glauben, dass seine Gefühle für Eloise genügen würden, um seine Ehe und damit sein Land in eine sichere Zukunft zu führen, hatte er nur die nötigsten Informationen über Eloise eingeholt. Er hatte sich dem trügerischen Irrglauben hingegeben, dass die Verbindung zwischen ihm und Eloise stark genug war, um Farrehed und Großbritannien zu wirtschaftlichen und politischen Verbündeten zu machen. Denn obwohl Odir immer wusste, dass er für eine arrangierte Ehe vorgesehen war, hatte er bei seiner ersten Begegnung mit Eloise begonnen zu träumen. Davon, dass das Leben für ihn mehr bereithielt als nur Pflichten. Davon, dass es auch für ihn so etwas wie Glück gab.

Heute wusste er es besser: Er war dem Bann einer schönen Frau erlegen, der Leidenschaft und Lust, die ihre Gegenwart mit sich brachte. Und die schwierige Lage, in der er sich nun befand, war der Preis, den er für seine Dummheit zahlen musste.

In Zukunft würde er sich strikt an die Regeln einer arrangierten Ehe halten. Seine Frau musste an seiner Seite bleiben, egal, wie schwer es für sie beide werden würde. Sie hatte keine Wahl, er hatte keine Wahl, und auch wenn es schmerzte – ihre Ehe war nicht mehr als ein Handelsabkommen zwischen zwei Ländern.

„Hol sie bitte zusammen mit meinem Berater an der Rezeption ab.“

„Könnten Sie bitte da vorne an der Ecke halten?“

Eloise wollte auf keinen Fall, dass man die Prinzessin von Farrehed vor dem Heron Tower, wo ihr Mann eine der glamourösesten Wohltätigkeitsveranstaltungen des Jahres gab, aus einem Taxi aussteigen sah. Es hätte für Spekulationen und Gerede gesorgt, die sie an diesem ohnehin nervenaufreibenden Tag nicht ertragen hätte. Sie kannte das riesige Geschäftsgebäude bisher nur von Bildern und starrte für einen Moment durch das Taxifenster auf den Wolkenkratzer aus Glas und Metall, der die Sterne über London zu berühren schien. Er war strahlend. Unerschütterlich. Imposant. Ein angemessenes Symbol für die Macht ihres Ehemannes, den sie seit einem halben Jahr nicht gesehen hatte.

Ein Schauer der Angst rann ihre Wirbelsäule hinab. Eloise atmete tief durch und straffte die Schultern, um den Mut zu finden, den sie in wenigen Minuten brauchen würde. Sie hatte immer gewusst, dass irgendwann der Tag kommen würde, an dem Odir sie fand.

Tatsächlich war sie überrascht, dass es ein gutes halbes Jahr gedauert hatte.

In den ersten Monaten war das Einzige, was sie von dem Gedanken ablenkte, dass Odir jeden Moment in Zürich auftauchen und sie zurück nach Farrehed schleppen würde, der Trost ihrer Freundin Natalia gewesen. Nie könnte sie ihrer ehemaligen Studienkollegin genug dafür danken, dass sie ihr geholfen hatte, ein neues Leben zu beginnen. Trotz ihrer schweren Krankheit hatte Natalia ihr den Mut gegeben, weiterzumachen.

Eloise atmete erneut tief durch und versuchte, all diesen Mut zusammenzunehmen. Warum wollte ihr Mann, dass sie sich gerade bei dieser Gala wiedersahen? Hatte er vor, sie in aller Öffentlichkeit zu demütigen? Wollte er den einflussreichen Gästen und der Presse beweisen, dass sie immer noch verheiratet waren? Oder im Gegenteil, dass er sich von ihr trennen würde? Sie hatte nicht die Spur einer Ahnung. Doch was auch immer an diesem Abend geschehen würde … um Punkt Mitternacht war ihr fünfundzwanzigster Geburtstag und damit der Tag, an dem sie auf die Treuhandfonds ihres Großvaters zugreifen konnte, mit denen er seine Lieblingsenkelin einst abgesichert hatte.

Abgesichert. Sodass sie glücklich und in Freiheit leben konnte. Egal, was andere von ihr verlangten.

Ein Zufall, der die Ereignisse dieses Tages erträglicher machte, versicherte sie sich zum hundertsten Mal und hoffte, es irgendwann zu glauben.

Sie schloss ihre zitternden Finger fest um ihre kleine schwarze Handtasche, in der sie etwas Geld, Make-up und ihr Handy bei sich trug. Und die Einladung, die sie heute Morgen bekommen hatte.

Die Einladung, durch die in einer einzigen Minute ihre Welt auf den Kopf gestellt worden war.

Verschlafen und mit einer Tasse Kaffee in der Hand hatte Eloise die Tür geöffnet und erstaunt den Umschlag angenommen, den ein Polizeibeamter ihr überreichte. Rückblickend konnte sie kaum glauben, dass das erst vor zwölf Stunden passiert war. Nichts hatte die Welt von Eloise je zuvor so sehr ins Wanken gebracht wie die Forderung ihres Mannes, sie heute Abend bei der Wohltätigkeitsveranstaltung in London zu sehen. Nichts. Weder die Depressionen ihrer Mutter noch die Wahrheit über Natalias Gesundheitszustand. Und auch nicht die Erpressungsversuche ihres Vaters.

Der Polizeibeamte hatte Eloise eine Stunde gewährt, um ihre Sachen zu packen. Eine Stunde, in der sie sich ihre Optionen überlegt hatte. Sich bei Natalia im Krankenhaus zu verstecken oder Hals über Kopf aus Zürich zu verschwinden. Doch wenn Odir sie einmal gefunden hatte, würde es wieder passieren. Er kannte den Namen auf ihrem gefälschten Pass, und ohne Hilfe von Malik konnte sie sich nicht so einfach einen anderen besorgen. Es gab kein Entkommen. Zumindest noch nicht.

Doch da sie ab Mitternacht genug Geld besaß, um – diesmal für immer – unterzutauchen, würde sie das Treffen an diesem Abend nutzen, um von ihrem Mann ebenfalls etwas zu fordern. Das Einzige, was sie sich die letzten sechs Monate gewünscht hatte …

Ihr Blick fiel auf den königlichen Ehering an ihrem Finger. Nachdem sie in den letzten Monaten deutlich an Gewicht verloren hatte, saß der Ring viel zu locker, und Eloise fragte sich unwillkürlich, ob es vielleicht ein Zeichen war. Ein Zeichen dafür, dass sie endlich der Schlinge entkommen konnte, die sich um ihren Hals geschlossen hatte, als ihr Vater sie zwang, vor dem Traualtar die zwei kleinen Worte „ich will“ zu sagen.

Irgendwo hinter dem Taxi tönte eine Autohupe durch die Stille der Nacht.

Eloise übergab dem Fahrer den Großteil ihres Geldes und stieg aus, wobei sie sorgfältig den langen Rock ihres schwarzen Abendkleides anhob, das sie vor dem Abflug in der elegantesten Boutique von Zürich gekauft hatte. Der Neckholder-Ausschnitt legte sich eng an ihren Hals. Sie hatte ein Vermögen für das Kleid ausgegeben, mehr als ein Monatsgehalt. Aber es hatte sich gelohnt. Es verbarg die Abwesenheit des teuren Schmucks, den man von der Prinzessin von Farrehed erwartete. Ihre Juwelen hatte sie zusammen mit ihren wenigen persönlichen Habseligkeiten im Palast zurückgelassen, als Odir sie aus seinem Land verjagte.

An ihrem nackten Rücken spürte Eloise den tröstend warmen Wind, der an diesem Sommerabend durch die Straßen Londons wehte. Er gab ihr den Mut, durch die Drehtür in den hell erleuchteten Heron Tower zu treten.

Sobald sie das Foyer erreichte, wurde sie von vier schwarz gekleideten Männern in Empfang genommen, die sie umringten, als ob sie eine Gefangene wäre.

Für einen winzigen Moment erwartete sie, von Odirs Sicherheitsleuten in Handschellen gelegt zu werden. Doch sofort verwarf sie den törichten Gedanken. Ihr Mann mochte wütend auf sie sein, aber er würde nie etwas tun, das dem Ruf der königlichen Familie schadete. Eloise wusste das besser als die meisten anderen. Sie sah in die Gesichter der Leibwächter und war nicht überrascht, Malik zu entdecken.

Er erwiderte ihren Blick – als einziger der Männer. Aber niemand sprach mit ihr. Ob es ein Zeichen von Respekt oder Scham war, konnte Eloise in diesem Augenblick nicht sagen.

Als sie zu fünft in den gläsernen Aufzug traten und die Leibwächter den anderen Gästen den Zutritt versperrten, hatte Eloise das Gefühl, dass man sie zu einem Schafott führte. Allein die Hoffnung, nach dem heutigen Abend für immer frei zu sein, bewahrte sie davor, in Tränen auszubrechen. Ihr Magen drehte sich, als der Aufzug sich in Bewegung setzte und sie immer höher und höher fuhren, in Richtung des Londoner Nachthimmels. Für jeden anderen Menschen wäre der Ausblick wohl spektakulär gewesen.

Doch Eloise nahm nur ihr blasses Ebenbild wahr, das sich in den Scheiben des Aufzugs spiegelte. Ihr langes blondes Haar war nicht fachmännisch von einem Stylisten aufgesteckt worden, sondern sie selbst hatte ihr Bestes getan, sich im Spiegel des billigen Hotelzimmers, das sie für die Nacht gemietet hatte, eine möglichst elegante Frisur anzueignen. Und die beiden Extreme – das billige Hotel und die unglaublich reiche, verschwenderische Welt des Heron Towers – fassten die letzten zwei Jahre ihres Lebens zusammen. Der ärmere Teil war so viel wertvoller für Eloise. Denn er bot Freiheit. Während der reichere Teil mit einem Preis verbunden war, den sie nicht länger bezahlen konnte.

Früher als erwartet stoppte der Lift. Die Türen öffneten sich und gaben den Blick auf einen weiß dekorierten Raum frei, der mit hochrangigen Wirtschaftsbossen, Politikern und weiteren internationalen Mitgliedern der besten Gesellschaft gefüllt war. Jeder der Anwesenden trug Kleidung und Schmuck, die zusammen das Gold der Bank von England an Wert übertrafen.

Eloise blickte sich in dem riesigen Raum um, dessen Atmosphäre von zartem Licht, klirrenden Champagnergläsern und Smalltalk beherrscht war.

Die Party, so schien es, hatte längst ohne sie begonnen.

Doch bei Eloises erstem Schritt im Raum verstummten die Gespräche.

Alle Gäste wandten sich ihr zu und senkten die Köpfe, als Eloise an ihnen vorbeilief. Nicht nur aus Respekt, sondern auch, um sich ihre Neugier und Fragen nicht anmerken zu lassen.

Dessen war Eloise sich seit ihrem ersten Tag als Prinzessin bewusst gewesen.

Und sie hatte es vom ersten Tag an gehasst.

Die große öffentliche Aufmerksamkeit, die man ihr und ihrer Familie immer geschenkt hatte, war durch die Hochzeit mit Odir noch verstärkt worden. Zum wiederholten Mal fragte sie sich, ob die geheuchelte Freundschaft und falsche Zuneigung, die ein Leben in der Öffentlichkeit mit sich brachte, ebenso Schuld am Scheitern ihrer Ehe wie am Schicksal ihrer Mutter trug.

Dann verdrängte sie die dunklen Gedanken und lächelte. Auch wenn sie an diesem Abend alles andere als glücklich war – sie schuldete es ihrem Land, ihre Rolle als Prinzessin ein letztes Mal gut zu spielen.

Erst als sie den Raum durchquert hatte, schienen die Anwesenden ihre Gespräche wieder aufzunehmen.

„Du bist wirklich gekommen?“ Eine vertraute Stimme erklang hinter Eloise.

Sie drehte sich um und sah überrascht in das Gesicht der einzigen Freundin, die sie in der Welt der Reichen und Schönen gefunden hatte.

„Emily! Wie schön, dich zu sehen“, antwortete sie und musste Tränen der Erleichterung verdrängen, als die Freundin sie in eine herzliche Umarmung zog.

„Wo bist du gewesen?“, flüsterte ihr Emily ins Ohr. „Es ist eine Ewigkeit her, El. Die Gerüchteküche brodelt. Ich habe schon befürchtet, dass dein Mann dich im Turm seines Palastes eingesperrt hat.“

Einen Moment lang wollte Eloise ihrer Freundin alles sagen. Von der Freude, die sie darin gefunden hatte, anderen zu helfen, und von der Freiheit, die ihre so einfache Existenz ihr geschenkt hatte.

„Mrs. Santos“, sagte Malik und unterbrach ihre Gedanken. Natürlich konnte sie nichts davon sagen. Denn es würde augenblicklich ihre Abwesenheit von Farrehed offenbaren … und damit ihre Abwesenheit vom Prinzen.

„Malik.“ Emily nickte ihm einen herzlichen Willkommensgruß zu.

„Es ist eine lange Geschichte“, antwortete Eloise leise und lächelte, um den Verdacht der Freundin abzuschwächen, dass etwas nicht stimmen könnte. „Was machst du eigentlich hier? Du bist normalerweise nicht gern auf derartigen Veranstaltungen.“

„Ich könnte dasselbe von dir sagen“, antwortete die dunkelhaarige Emily mit einem Augenzwinkern. Dann wurde ihr Blick traurig. „Meinem Vater geht es gesundheitlich sehr schlecht. Deshalb vertrete ich ihn.“

„Tut mir leid, das zu hören. Und dein Mann?“

„Nicht hier … Gott sei Dank“, antwortete Emily und lachte dann reumütig. „Wo wir gerade von Ehemännern sprechen … Dein Odir wirkt heute auch, als ginge es ihm nicht besonders gut. Fast könnte man den Eindruck gewinnen, als wäre auch er als Gastgeber nicht besonders gern auf dieser Veranstaltung.“

„Wirklich?“, fragte Eloise und gab sich Mühe, ihre eigene Unruhe zu verbergen. Doch bei der Erwähnung des vertrauten Namens klopfte ihr Herz so laut, dass Emily es ganz sicher hören musste.

Die Freundin nickte und wies dann nach links. Und Eloise erkannte die große, schlanke Gestalt des Mannes, den sie seit sechs Monaten nicht gesehen hatte. Sie sah nur seinen Rücken, doch es war das Bild von ihm, das ihr am stärksten im Gedächtnis geblieben war – da sie bei jedem öffentlichen Auftritt als Prinzessin stets ein paar Meter hinter ihrem Mann zu laufen hatte.

Für einen Moment konnte Eloise nicht atmen. Sie musterte den Mann, der einen Kopf größer war als die Männer, die ihn geschäftig sprechend umringten.

Die Erinnerung an Odir holte sie ein wie ein Sandsturm, der sie mit ungeheurer Wucht und Kraft überwältigte.

Sie sah Bilder ihrer ersten Begegnung vor sich, auf dem Gelände der Pferderennbahn von Farrehed, wo er von einem stolzen schwarzen Hengst zu ihr herabgestiegen war. Obwohl ihr anfangs nicht im Geringsten bewusst gewesen war, dass sie den Königssohn vor sich hatte, hatte Eloise vom ersten Moment an die Mauer aus Autorität gespürt, die den attraktiven Fremden umgab. In einem unschuldigen Flirt hatte sie ihn dafür verspottet. Für seine Arroganz, mit der er die Zügel des Pferdes einem Stallburschen zugeworfen hatte, um mit Eloise ein wenig spazieren zu gehen. Er hatte sich ihr nur als Odir vorgestellt, und erst später am Abend, als sie einander offiziell vorgestellt wurden, erfuhr sie, mit wem sie am Rande der Pferderennbahn spazieren gegangen war.

Odir hatte weder seinem noch ihrem Vater etwas von diesem ersten Treffen verraten und damit Eloises Verlegenheit und Beschämen gemildert. Charmant hatte er ihr ins Ohr geflüstert, dass sie beide nun ein Geheimnis verband – und Eloise hatte in diesem Moment ihr Herz an ihn verloren. Was im Nachhinein betrachtet eine riesige Dummheit gewesen war.

Denn tatsächlich war, vom Moment ihrer offiziellen Vorstellung an, alles zwischen ihnen arrangiert und geplant gewesen. Die Verlobung. Die Hochzeit. Die Reisen durch das Königreich Farrehed, die sie an Odirs Seite so sehr genossen hatte. Gemeinsam hatten sie Beduinenstämme besucht, um sie mit Hilfsgütern und Medikamenten zu versorgen. Am Abend hatten sie gemeinsam unter einem Zelt aus Millionen von Sternen gegessen – und geredet, bis am Morgen die Sonne über den Dünen aufging.

Wie oft in den letzten sechs Monaten war Eloise voll Scham bewusst geworden, dass sie Odir in diesen Nächten von ihren geheimsten Hoffnungen und Träumen erzählt hatte. Dass sie jedes seiner Worte und all seine Pläne, Farrehed und seine Bewohner in eine glückliche Zukunft zu führen, geglaubt hatte …

Weil sie sicher gewesen war, dass Odir und sie auch ohne die Pläne ihrer Väter zusammengekommen wären. Dass sie einfach zusammengehörten.

Aber sie hatte sich getäuscht. Sie war nichts als eine gekaufte Braut. Eine Schachfigur, die von den mächtigen Männern in ihrem Leben benutzt wurde.

Plötzlich hatte sie das Gefühl, dass das Gewicht des losen Eherings an ihrer linken Hand sie nach unten zog. Doch sie würde sich nicht länger in die Knie zwingen lassen. Ein Mal in ihrem Leben würde Eloise aufstehen und sich wehren.