Stürmisches Gefecht: Ein Thomas-Kydd-Roman - Band 7 - Julian Stockwin - E-Book
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Stürmisches Gefecht: Ein Thomas-Kydd-Roman - Band 7 E-Book

Julian Stockwin

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Beschreibung

Tödliche Gefahr am anderen Ende der Welt: Der marinehistorische Roman »Stürmisches Gefecht« von Julian Stockwin jetzt als eBook bei dotbooks. Malta, 1798. Endlich hat Thomas Kydd seinen großen Traum von einem eigenen Schiff verwirklicht: Als Kapitän der Briggsloop »Teazer« verteidigt er die Stützpunkte der Royal Navy im Mittelmeer vor französischen Feinden und hinterlistigen Piraten. Als schließlich Frieden ausgerufen wird, kehrt er nach England zurück – doch das Leben einer Landratte ist Kydd fremd geworden. Voller Sehnsucht nach den Weltmeeren übernimmt er das Kommando über das Handelsschiff »Totnes Castle«, das Gefangene nach Terra Australis transportieren soll. Auf seiner Reise begegnet er alten Bekannten und neuen Gefahren – und als die ferne Kolonie sich einer ungeahnten Bedrohung gegenübersieht, hängt ihr Schicksal allein von Kydd und seiner hervorragenden Seemannschaft ab … Ein Highlight der nautischen Romane: »Stockwin wurde zum Bestsellerautor, weil er seine Leser mitten zwischen die Männer stellt, die vor dem Mast fuhren.« Daily Express Jetzt als eBook kaufen und genießen: »Stürmisches Gefecht« von Julian Stockwin – Band 7 der Erfolgsreihe um Thomas Kydd und seinen Aufstieg vom einfachen Matrosen zum Helden der See. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 544

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Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Anmerkungen des Autors

Lesetipps

Über dieses Buch:

Malta, 1798. Endlich hat Thomas Kydd seinen großen Traum von einem eigenen Schiff verwirklicht: Als Kapitän der Briggsloop »Teazer« verteidigt er die Stützpunkte der Royal Navy im Mittelmeer vor französischen Feinden und hinterlistigen Piraten. Als schließlich Frieden ausgerufen wird, kehrt er nach England zurück – doch das Leben einer Landratte ist Kydd fremd geworden. Voller Sehnsucht nach den Weltmeeren übernimmt er das Kommando über das Handelsschiff »Totnes Castle«, das Gefangene nach Terra Australis transportieren soll. Auf seiner Reise begegnet er alten Bekannten und neuen Gefahren – und als die ferne Kolonie sich einer ungeahnten Bedrohung gegenübersieht, hängt ihr Schicksal allein von Kydd und seiner hervorragenden Seemannschaft ab …

Über den Autor:

Julian Stockwin wurde 1944 in England geboren und trat bereits mit 15 Jahren der Royal Navy bei. Nach achtjähriger Dienstzeit verließ er die Marine und machte einen Abschluss in Psychologie und Fernöstliche Studien. Anschließend lebte er in Hong Kong, wo er als Offizier in die Reserve der Royal Navy eintrat. Für seine Verdienste wurde ihm der Orden des MBE (Member of the Order of the British Empire) verliehen, bevor er im Rang eines Kapitänleutnants aus dem Dienst ausschied. Heute lebt er als Autor in Devon und arbeitet an den Fortsetzungen der erfolgreichen Thomas-Kydd-Reihe.

Julian Stockwin im Internet: julianstockwin.com/

Bei dotbooks erscheint in der Thomas-Kydd-Reihe von Julian Stockwin außerdem:

»Zur Flotte gepresst«

»Bewährungsprobe auf der Artemis«

»Verfolgung auf See«

»Auf Erfolgskurs«

»Offizier des Königs«

»Im Kielwasser Nelsons«

»Im Pulverdampf«

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eBook-Neuausgabe Oktober 2019

Dieses Buch erschien bereits 2006 unter dem Titel »Kydd – Stürmisches Gefecht« bei Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin

Copyright © der englischen Originalausgabe 2006 by Julian Stockwin

Die englische Originalausgabe erschien 2006 unter dem Titel »Command« bei Hodder & Stoughton, London.

Copyright © der deutschen Ausgabe 2006 Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin

Copyright © der Neuausgabe 2019 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung eines Gemäldes von William John Huggins und shutterstock/Dja 65

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ae)

ISBN 978-3-96148-915-2

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

***

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***

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Julian Stockwin

Stürmisches Gefecht

Ein Thomas-Kydd-Roman

Aus dem Englischen von Uwe D. Minge

dotbooks.

Großes vollführen ist schwer:Aber das Schwerere ist, Großes befehlen.

Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra

Kapitel 1

»Verdammt sollen Sie sein, Sir! Sie haben meine Stehenden Befehle mißachtet und haben die Tenacious vor den Augen der Flotte der Lächerlichkeit preisgegeben – wie können Sie es da noch wagen, mir eine Entschuldigung für Ihr Vergehen anzubieten?«

Die Worte von Kapitän Rowley waren auf dem gesamten Achterdeck zu vernehmen, trotz des strömenden Regens und des Tobens des Windes.

»Sir, mit allem gebotenen Respekt, aber ich habe es nach Abwägung der Umstände für richtig erachtet, daß es besser wäre ...«

»Sie haben erachtet? Es ist nicht Ihre Aufgabe, etwas zu erachten, Mister Kydd! Nein, Sir! Es ist Ihre verdammte Pflicht, darauf zu achten, daß meine Befehle strikt ausgeführt werden. Alle meine Anordnungen! Und ganz besonders meine schriftlich niedergelegten Ständigen Befehle!« Rowleys Nasenflügel bebten. »Und es ist nicht das erste Mal, seit ich an Bord gekommen bin, daß ich die bedauerliche Notwendigkeit sehe, Sie wegen Ihres Verhaltens bei der Führung des Schiffes zur Rede zu stellen.«

»Sir, das ist ...«

»Genug!« brüllte Rowley. »Sie haben meine Geduld über Gebühr strapaziert, Sir.«

Kydds Magen krampfte sich zusammen.

»Sie werden in Ihrer Kammer unter Arrest gestellt, bis der Oberkommandierende von Ihrem Vergehen informiert worden ist und Sie sich dafür verantwortet haben.«

Auf dem Achterdeck blickte man sich schockiert an. Der angemessene Ort, um einen Offizier durch den Kommandanten derart zusammenzustauchen, war die Abgeschiedenheit der Staatskabine, aber keinesfalls das Achterdeck, wo sich die gesamte Wache in Hörweite befand.

»Aye, aye, Sir«, brachte Kydd heiser hervor und riß die Hand an seinen durchnäßten Zweispitz hoch. Mit dieser Szene waren die Würfel gefallen, und sie konnten nicht wieder in den Becher zurückgeworfen werden. Kapitän Rowley wollte die Angelegenheit offensichtlich an die große Glocke hängen, und so würde sie bei dem Sehr Ehrenwerten Admiral Keith landen, dem Befehlshaber der Mittelmeerflotte.

Kydd drehte sich steif um und ging nach unten. Das war wahrscheinlich das Ende seiner Karriere bei der Royal Navy. Heiße Wut stieg in ihm auf. Es ging ihm gar nicht so sehr um die Schande und die Nichtigkeit des Anlasses, sondern um die Ungerechtigkeit, daß von allen bösen Geistern aus seiner Vergangenheit ausgerechnet Rowley zurückgekehrt war und ihn derartig plagte.

Nach der furchterregenden Seeschlacht bei Abukir vor zwei Jahren hatte sich Kydd auf Menorca und bei der Belagerung von Akka ausgezeichnet. Danach war er während des ereignislosen ständigen Dienstes auf der Tenacious unter dem vorsichtigen, aber gerechten Kapitän Faulkner bei der langen Blockade von Toulon vom Vierten zum Zweiten Leutnant aufgestiegen. Er hatte an Erfahrung und Selbstbewußtsein gewonnen, aber jetzt drohten seine Hoffnungen auf eine entscheidende Beförderung in absehbarer Zeit wie ein Kartenhaus in sich zusammenzubrechen.

Als Rowley neuer Kommandant der Tenacious wurde, schien es ihm offensichtlich nicht zu gefallen, Kydd unter den Offizieren seines Schiffes vorzufinden. Ihre letzte Begegnung hatte in jener Nacht stattgefunden, in der die berühmte Fregatte Artemis auf den Felsen vor den Azoren strandete, und Kydd war damals diensttuender Quartermaster am Ruder gewesen, Rowley der Wachoffizier. Während der nachfolgenden gerichtlichen Untersuchung war Kydd darauf vorbereitet, gegen ihn auszusagen, aber mit anderen Überlebenden aus den Mannschaftsrängen hatte man ihn peinlicherweise überhastet in die Karibik verschifft.

Rowley schien sich nun wegen Kydds Anwesenheit auf seinem neuen Schiff einige Sorgen zu machen, und er begann, ihm das Leben an Bord der Tenacious zunehmend zu erschweren. Für Kydd bedeutete es eine harte Zeit, und jetzt war es zum Eklat gekommen.

Kydd ballte die Fäuste. Während der Morgenwache hatte ein böiger, frühlingshafter Nordwest geweht, der Kydd dazu bewog, die Segel bis auf die Marssegel wegzunehmen. Dann hatte er den Kapitän davon unterrichtet, wie es die Ständigen Befehle verlangten, und die Wache nach oben geschickt, um Mast für Mast bearbeiten zu lassen. Die Freiwache ließ er unter Deck weiterschlafen. Ein oder zwei Glasen vor dem Ende seiner Wache hatten die Böen nachgelassen. Ostindienfahrer und auch andere Kapitäne hatten die angenehme und für die Mannschaft bequeme Angewohnheit, während der Nachtstunden die Segel bis auf die Marssegel zu kürzen, aber in den Ständigen Befehlen des Kapitäns war vorgesehen, daß die Tenacious – wie übrigens die meisten Schiffe der Navy auch – immer unter allen entsprechend der Windstärke möglichen Segeln laufen mußte. Es wäre daher Kydds Pflicht gewesen, die großen Arbeitssegel wieder setzen zu lassen. Allerdings war es viel praktischer, damit bis zum Ende der Wache zu warten, das nur eine Stunde entfernt war. Nach dem Frühstück würden beide Wachen an Deck sein und die Arbeit im Handumdrehen erledigen. Jedenfalls bestand während der endlosen Patrouillenschläge bei der Blockade für das Schiff keinerlei Notwendigkeit, besonders schnell zu sein.

Wenn man es sehr strikt auslegte, dann hatte Rowley natürlich recht mit der Interpretation, daß Kydd seine Befehle mißachtet hatte, und wenn er die Angelegenheit – zusammen mit all den anderen albernen »Verfehlungen« – dem Admiral zur Kenntnis brachte, konnte der selbstverständlich nicht umhin, die Partei des Kommandanten zu ergreifen.

Das Scharren von Füßen und gedämpftes Klappern vor Kydds Kabine zeigten ihm, daß draußen beschämenderweise ein Posten der Seesoldaten aufzog. Kydd würde keinen privaten Freiraum mehr haben, und die anderen Offiziere würden ihn aus Furcht schneiden, auch gebrandmarkt zu werden. Nur der Erste Leutnant würde gelassen und mit kühler Logik reagieren, denn Renzi wußte immer, wie man sich in schwierigen Situationen am besten verhielt. Aber Kydd hatte sich geschworen, seinen Freund nicht in diesen Wahnsinn hineinzuziehen.

Sein Ärger ebbte ab, aber seine Gedanken drehten sich weiter im Kreis. Es war weniger als zwei Jahre her, als er mit blutigem Degen in der Hand auf den Wällen von Akka gestanden und zugesehen hatte, wie sich Bonaparte nach seiner Niederlage verdrückte. Was war seitdem alles geschehen. Mit dreister Tollkühnheit hatte der Mann seine Armee ihrem ungewissen Schicksal überlassen und war nach Frankreich geflohen, wo er sich nach einem dramatischen Machtkampf bis an die Spitze kämpfte und sich selbst zum Ersten Konsul der Republik mit diktatorischen Vollmachten erklärte. Danach wurden die militärischen Ressourcen der gesamten französischen Nation zu einer erschreckenden Kampfmaschine gebündelt.

Für die Briten war die Rückkehr in das Mittelmeer zunächst von Erfolg gekrönt gewesen. Sie hatten Bonapartes große Invasionsflotte bei Abukir vernichtend geschlagen, diesem Sieg folgte die unangefochtene Seeherrschaft. Kürzlich hatte dann noch der letzte französische Stützpunkt, die Festung Malta, nach einer langwierigen Belagerung kapituliert, anschließend war die Mittelmeerflotte frei gewesen und konnte sich darauf konzentrieren, die verbleibenden feindlichen Seestreitkräfte in Toulon einzuschließen, indem sie davor eine enge Blockade aufrechterhielt.

Warum hing dennoch ein Gefühl von Unbehagen, von düsteren Vorahnungen in den Messen der Flotte? Es war Kydd so vorgekommen, als wären die Grundpfeiler des Systems erschüttert worden und hätten sich als brüchig erwiesen. Zu allem Überfluß hatte auch noch sein großer Held Nelson einen kleinen Skandal ausgelöst, als er öffentlich zu seinem Verhältnis mit der Frau des Botschafters in Neapel stand und sich in der Folge in die politischen Intrigen dieser Stadt verstrickte. Kydd hatte ihn entschlossen verteidigt, sogar noch als Nelson von seinem Kommando abgelöst und nach England zurückgerufen worden war.

Größere Besorgnis rief allgemein der Rücktritt von Pitt hervor, des Premierministers, der den Krieg trotz der größten Schwierigkeiten so erfolgreich geführt hatte. Offensichtlich ging es zwar vordergründig um Prinzipien, aber in der Öffentlichkeit war man weithin der Meinung, daß Pitt erschöpft und bei schlechter Gesundheit wäre. Als Nachfolger wurde Addington gehandelt, dessen Regierungsstil farblos und von Korruption geprägt war, und Canning hatte es treffend formuliert: »Pitt verhält sich zu Addington wie London zu Paddington.«

Die gesamte Bevölkerung trauerte bei der Nachricht, daß der König einen Rückfall in seine Geisteskrankheit erlitten hätte, als er von Pitts Rücktritt hörte. Das alles war äußerst bedrückend, und in Kydd stieg eine neue Welle von Bitterkeit auf, als er über seine Zukunft nachdachte ...

Kydds Unterredung mit dem Oberkommandierenden war erfreulich kurz verlaufen, Keith war eine beeindruckende Persönlichkeit, und Kydd hatte ihn bisher nur bei formellen Anlässen gesehen. Die Miene des Admirals hatte sogar deutlichen Abscheu gezeigt, während Rowley glattzüngig seine Litanei über die angeblichen Verfehlungen seines Untergebenen vorgetragen hatte.

Noch ehe der Abend anbrach, war der Befehl an Bord eingetroffen, daß Kydd sich als Passagier auf der leichten Fregatte HMS Stag einzufinden habe. Von deren Deck aus blickte er jetzt düster auf die See und den Konvoi, den die Fregatte nach Malta geleitete. Es hätte schlimmer kommen können. In seinen Befehlen hatte gestanden, daß Kydd sich im fernen Malta zum Dienst melden solle. Er war nicht förmlich von seinem Schiff strafversetzt worden, somit konnte auch keine derartige Eintragung in seiner Dienstakte vorgenommen werden, aber seine Karriere war am Ende. In Malta hatte die Royal Navy ihre Präsenz seit der Kapitulation der Insel vor sechs Monaten stark reduziert und nur noch kleine Einheiten stationiert, die sich den dumpfen Aufgaben widmeten, die in derart »toten« Gewässern üblicherweise anfielen. Das interessante Leben spielte sich ausschließlich auf der anderen Seite des Mittelmeeres ab. Die Offiziere der Fregatte schienen entschlossen, Kydd und seine Stimmung zu ignorieren, und ohne jeden Zweifel machten sie sich ihre eigenen Gedanken über seine Versetzung. Kydd war das gleichgültig, denn er würde ohnehin ihre heile Welt verlassen, und er bereitete sich innerlich auf die Verengung seines beruflichen und gesellschaftlichen Horizonts vor, der in Zukunft sein Leben begrenzen würde.

Auf dem Vordeck sah er erstaunlich viele, ihm gut bekannte Gesichter von der Tenacious: Laffin, Poulden und eine ganze Reihe anderer Seeleute – sie waren Teil einer Mannschaftsverstärkung für den Malta Service1, die man in der gesamten Flotte zusammengekratzt hatte. Da sie der strikten Disziplin und der Langeweile des Blockadedienstes entronnen waren, schienen sie guter Laune zu sein. Einer der Midshipmen, die sich freiwillig gemeldet hatten, war Bowden, und nur der Herr im Himmel wußte, warum so ein intelligenter und erfahrener junger Mann den Möglichkeiten den Rücken gekehrt hatte, den der Dienst in einer großen Flotte unter den Augen eines Admirals bot.

Am Horizont zeigte sich ein unregelmäßig geformter, blaugrauer Fleck, das war eine der Malta vorgelagerten Inseln. Der Konvoi würde also noch vor dem Einbruch der Nacht sicher abgeliefert werden, und Kydds Stimmung stieg etwas durch die übliche Erregung bei jedem neuen Landfall. Aber dann kam ihm wieder der Abschied von Renzi in den Sinn, und Kummer senkte sich auf sein Gemüt herab, wenn er an, das Ende ihrer Freundschaft dachte. Niemals wieder würden sie während nächtlicher Wachen in der Südsee über Philosophie debattieren, nie wieder würden sie in exotischen ausländischen Häfen gemeinsam an Land gehen.

Kydd und Renzi hatten es geschafft, während ihrer gesamten Dienstzeit vor dem Mast zusammenzubleiben, denn nur Freiwillige konnten sich das Schiff aussuchen, auf dem sie dienen wollten, während Offiziere nach Lust und Laune der Admiralität eingesetzt wurden. Es war also schon ein ziemlich großer Glücksfall gewesen, daß sie bis jetzt zusammen auf der Tenacious hatten dienen können, auf der sie zu Leutnants befördert worden waren, und man sie erst jetzt auseinanderriß.

Er fragte sich, ob er Renzi je wiedersehen würde, und es war mehr als wahrscheinlich, daß dieser Fall nicht eintreten würde. Nur wenn ihre jeweiligen Schiffe zur selben Zeit im selben Hafen lagen, bestand eine Chance, daß sie sich treffen konnten, und das wurde zunehmend unwahrscheinlicher, denn der Krieg breitete sich über den ganzen Erdball aus.

Renzis Abschiedsgeschenk für Kydd war seine eigene kostbare Erstausgabe von Wordsworth gewesen, von der Kydd wußte, daß Renzi sie wie seinen Augapfel gehütet hatte, und er war unglücklich darüber, daß er seinem Freund kein annähernd so wertvolles Geschenk machen konnte. Also hatten sie sich nach wenigen Worten schnell getrennt.

Tief in seine Melancholie versunken, zeigte Kydd kein wirkliches Interesse an ihrem Einlaufmanöver. Die Hauptstadt von Malta und zugleich ihr letzter Bestimmungshafen Valetta war im Südosten gelegen. Eine Reihe von großen Festungen verteilte sich über die gesamte Länge der Halbinsel, an deren beider Flanken tiefe Buchten Naturhäfen bildeten, weitere Befestigungen lagen am jeweils gegenüberliegenden Ufer.

Kydd ging unter Deck, um den Handkoffer bereitzustellen, der ihm von Keith' Adjutanten übergeben worden war, denn es war seine Pflicht, den Inhalt bei der ersten sich bietenden Gelegenheit an Land bei den Empfängern abzuliefern. Sein restliches Gepäck konnte an Bord warten, bis Kydd mehr über sein weiteres Schicksal wußte. Dann kehrte er an Deck zurück, wo er auf das Boot wartete und zusammen mit anderen Offizieren hineinkletterte, um sich das kurze Stück bis an den Steinkai pullen zu lassen.

Weitere Boote von anderen Schiffen des Geleits drängten sich in einem gottlosen Durcheinander an der Landungsstelle. Lautstark wurde der Vortritt für höhere Dienstgrade verlangt, und Boote wurden geschickt manövriert, um ihre Passagiere bevorzugt anzulanden. Die Barriera, eine Einzäunung aus Palisaden, hielt die Neuankömmlinge zurück, bis sie dem Einklarierungsoffizier ein einwandfreies Gesundheitszeugnis vorgelegt hatten, denn erst dann durften sie die Stadt betreten. Kydd akzeptierte das Angebot eines Leutnants der Marineinfanterie, der dienstlich mit der Regierung zu tun hatte, gemeinsam eine kleine Pferdekutsche zu mieten, und bald darauf rollten sie eine langgezogene Steigung hinauf, vorbei an massiven Steinmauern und durch Straßen voller goldfarbener, steinerner Häuser.

Seine Depeschen waren zum Teil für den Officer Commanding Troops, General Pigot, bestimmt. Ein zweites, dickeres Paket war mit der Aufschrift versehen: »The Honourable Charles Cameron. Civil Commissioner for the Affairs of Malta and its Dependencies and Representative of His Britannic Majesty in Malta and Gozo«. Kydd war eingeschärft worden, das Paket nur Cameron persönlich zu übergeben.

Als sie den anscheinend höchsten Punkt der Halbinsel erreicht hatte, der gleichzeitig deren Mittelpunkt zu sein schien, bog die Kutsche in den Hof eines imposanten Gebäudes ein, und Diener geleiteten Kydd, der seine Depeschen eng an sich drückte, über lange Korridore zu einem Warteraum.

»Mister Cameron bittet Sie, sich zu gedulden, bis er sich persönlich um Sie kümmern kann«, murmelte ein Schreiber und wies ihm einen Stuhl vor dem Büro an, in dem der Mann residierte, der, wie Kydd klar wurde, der eigentliche Kopf der hiesigen Regierung war.

Dann flog die Tür weit auf, und ein großer Mann erschien, der fatalerweise irgendwie an ein Schwein erinnerte.

»Leutnant, Depeschen, nicht wahr?«

Kydd ließ sich in den Raum schieben.

»Cameron. Vergeben Sie mir meine Ungeduld, Sir. Ha, Nachrichten! Hat Boney seinen nächsten Zug gemacht?«

»Nicht daß ich wüßte, Sir.« Es war das erste Mal, daß Kydd diese Verballhornung von Buonapartes Namen hörte, aber er erinnerte sich, daß man ihm erzählt hatte, daß der Mann selbst seinen Namen, der italo-korsischen Ursprungs war, in Napoleon Bonaparte umgeändert hatte, damit er von seinen französischen Landsleuten besser auszusprechen war.

»Gut. Wenn Sie entschuldigen wollen, ich werde erst mal einen schnellen Blick drauf werfen«, sagte Cameron mit volltönender Stimme. »Ich habe so verdammt lange darauf gewartet.« Er öffnete die zusammengenähte Segeltuchverpackung mit einem kleinen Messer und schüttete den Inhalt auf die Schreibtischplatte. »Ah, der Getreidehandel und die Università. Wie ich es mir gedacht habe!« Seine Stirn legte sich in Falten, als er weiterlas. Ein weiteres Papier ließ die Falten noch tiefer werden, bevor er es zur Seite legte, damit er sich dem nächsten Stapel widmen konnte, der von einem dünnen, roten Band zusammengehalten wurde. Kydd erkannte, daß es das Briefpäckchen der Admiralität war. Cameron grunzte und blickte fröhlich auf. »Endlich! Unsere Seestreitkräfte werden verstärkt.«

Kydd lächelte entschuldigend. »Ich habe meine Befehle noch nicht, Sir, und außerdem weiß ich wenig über Malta.«

»Nun, wir sind keine große Nummer in den Angelegenheiten der Royal Navy, müssen Sie wissen. Wir verfügen nur über ein paar Slups2 und ähnliches Kleinzeug. Wenn es ernst wird, müssen wir uns auf die Schlagkraft der Flotte östliches Mittelmeer verlassen!«

»Und die Verstärkung der Streitkräfte, Sir?« bohrte Kydd beharrlich nach, während Cameron wieder in den Papieren zu wühlen begann.

»Nun, Boney wird deswegen nicht gerade das Herz in die Hose rutschen, würde ich meinen. Es handelt sich nur um so eine komische Brigg, die gerade auf der Werft gebaut wurde, als wir Malta eingenommen haben, und die jetzt fertiggestellt ist.« Er blickte auf, fast entschuldigend. »Sie müssen wissen, daß wir das schon als hochwillkommene Neuigkeit begrüßen, Sir.«

»Natürlich, Sir.« Kydd versuchte eine Spur von Begeisterung in seine Stimme zu legen. »Also tatsächlich wohl eine Briggslup3!« Sogar jede kleine Fregatte würde das zehnfache Geschoßgewicht in ihrer Breitseite aufweisen.

Cameron blätterte noch schnell den Packen von der Admiralität durch, dann zog er mit leichtem Grinsen ein Dokument heraus. »Sagten Sie nicht, Mister Kydd, daß Sie keine Ahnung hätten, was Ihre Aufgaben hier angeht?«

»Bis jetzt, Sir«, erwiderte Kydd steif.

»Dann könnte ich mir vorstellen, daß dies hier für Sie von einigem Interesse sein könnte ...« Er schob ihm das einzelne Blatt zu.

Kydd nahm es stirnrunzelnd in die Hand. Es trug die Unterschrift des Oberkommandierenden, er sah seinen Namen, und unter Camerons scharfem Blick las er weiter – und brach ab. Die Worte sprangen ihn förmlich an; es war, als ob er eine kalte Pütz Seewasser über den Kopf bekommen hätte. Erst langsam wurde ihm der Sinn des Textes klar. Die Hand eines unbekannten Schreibers hatte lodernde, wunderbare, aufregende Sätze zu Papier gebracht, die ihn atemlos werden ließen.

»... Sie, der besagte Thomas Kydd ... werden hiermit zum Commander befördert und als Kapitän eingesetzt ... um Seiner Britannischen Majestät Briggsloop4 Teazer unter Ihr Kommando zu nehmen, welche in der Senglea-Werft, Malta, liegt ... Alle Versäumnisse dort gehen zu Ihren Lasten ...«

Kydd hob langsam die Augen. Cameron kicherte und reichte ihm einen zusammengefalteten Pergamentbogen. »Ihre Beförderung – Herr Kapitän!«

Kapitel 2

Kydd stolperte völlig verwirrt aus Camerons Büro, sein Bündel Befehle fest mit der Faust umklammert. Er wollte sie in seinen Depeschenkoffer stopfen, aber seine Blicke fielen wieder auf die Worte: »Kapitän, HM Sloop Teazer«. Es war eigentlich unmöglich, aber es war dennoch wahr!

Die Besatzung des Bootes wartete vermutlich bereits auf seine Rückkehr, aber dieser Augenblick war zu kostbar, zu überwältigend. Kydd mußte erst seine Fassung wiederfinden, bevor er den Männern gegenübertreten konnte. Er atmete tief durch, ehe er die Hauptstraße hinuntermarschierte, als ob er in wichtigen Geschäften unterwegs wäre.

Ohne Zweifel hatte er mehr Glück als Verstand gehabt. Seine Beförderung mußte zwar noch durch die Admiralität in London bestätigt werden, aber die Entscheidungen eines Oberbefehlshabers vom Range Keith' würde man dort nicht ungebührlich in Frage stellen. Kydd fragte sich, warum man ihn so vielen anderen jungen Offizieren in der Flotte vorgezogen hatte, die alle heftig nach Anerkennung verlangten, und warum er über seine Beförderung auf so ungewöhnliche Weise unterrichtet worden war – durch eine Depesche, die er selbst übermittelt hatte. Doch warum sollte er sich lange den Kopf über diese Fragen zerbrechen? Er war jetzt tatsächlich Commander Kydd, Kommandant Seiner Majestät Briggsloop Teazer, und der glücklichste Mann auf der ganzen Welt!

Eine Träne brannte in seinem Auge; es fehlte nicht viel, und er hätte vor lauter Glück zu weinen begonnen. Viele Passanten blickten ihn neugierig an, doch scherte er sich nicht darum, denn Vorfreude auf die grenzenlose Bewunderung, die ihm bei seiner Heimkehr in Guildford einmal entgegenbranden würde, wechselte sich mit Vorstellungen ab, wie er nun gleich unter dem Schrillen der Bootsmannspfeifen über die Seite seines Schiffes kletterte. Eine Welle schierer Glückseligkeit drohte ihn zu übermannen, so daß er stehenblieb und in das Schaufenster eines Ladens blinzelte.

Schließlich riß er sich zusammen, drehte sich um und setzte seinen Weg zum Kai fort. Der gigantische, von Festungen umgürtete Grand Harbour hatte nun in seinen Augen einen dramatischen Glanz angenommen: ein großer Hafen voller Schiffe aus allen Ländern der Levante und noch ferneren Weltgegenden und ein prachtvoller und herausfordernder Ort, um ein erstes Kommando anzutreten.

Das Boot legte ab. Kydds Gedanken wanderten zu Renzi. Wie würde sein Freund jetzt zu ihm stehen, da sie von einem tieferen Abgrund getrennt wurden, als sie ihn je zusammen hatten überwinden müssen? Renzi verfolgte nämlich nicht im gleichen Maße seine Karriereambitionen wie Kydd, der junge Adelssproß zog vielmehr seine Befriedigung auf ganz eigene Art aus den sich stets verändernden Perspektiven, die das Leben auf See bereithielt. Sie beide hätten immer wieder auf dem weiten Feld der Metaphysik darüber diskutieren können, was es bedeutete, ein Kind des Glücks zu sein – vielleicht, oder ... Aber Renzi gehörte der Vergangenheit an, und Kydd mußte akzeptieren, daß er in Zukunft auf sich allein gestellt war.

Dieser Gedanke setzte sich in ihm fest, und sein plötzlich angespannter Gesichtsausdruck veranlaßte den Midshipman, die Pinne besorgt fester zu packen.

»Sir?« fragte er ängstlich.

Sie näherten sich der ankernden Fregatte, die für kurze Zeit Kydds schwimmendes Zuhause gewesen war, und der Bugmann blickte fragend nach achtern.

»Ich gehe an Bord«, rief Kydd.

Sein Gepäck mußte zusammengepackt und an Land geschafft werden, denn als Wichtigstes mußte er sein Schiff in aller Form übernehmen. Kydds Puls schlug heftig vor Aufregung, als er das Deck betrat. Sollte er jetzt bereits seine für unmöglich gehaltene Beförderung bekanntgeben? Er unterdrückte den Impuls und versuchte kühl zu überlegen, aber es gab nur den Weg, den ihm sein überdrehter Verstand vorschrieb: Er würde noch in dieser Stunde auf sein eigenes Schiff gehen!

Doch das war nicht so einfach. Für den Rest der Welt war er nur ein Leutnant unter vielen. Ehe er nicht die richtige Uniform anziehen konnte, wäre es eine Unverschämtheit, auf seinem neuen Schiff zu erscheinen. Würden aber auf der Insel schon ein guter Uniformschneider und ein Ausrüster aufzutreiben sein, nachdem sie sich erst seit sechs Monaten in englischer Hand befand? Jedoch war sein Verlangen, das Kommando anzutreten, unmöglich zu bezähmen. Würde es vielleicht wieder zu einem Traum verblassen?

Auf jeden Fall, überlegte er, brauche ich einen Platz, wo ich meinen müden Kopf zum Schlaf niederlegen kann. Aber wie war das korrekte Verfahren, um in das Territorium von hundert Männern einzubrechen und ihren bedingungslosen Gehorsam zu verlangen? Alles kam ihm so völlig absurd vor – außer der Tatsache, daß er das wertvolle Schreiben mit seiner Bestallung in seiner Brusttasche trug.

Kydd fegte die gelangweilten Fragen der Offiziere der Fregatte, die bereits genug vom Anblick des Landes hatten, mit einer ungeduldigen Handbewegung zur Seite und strebte den Unterkünften zu. Der diensttuende Posten der Seesoldaten vor der Kabine des Kommandanten zeigte an, daß dieser an Bord war. Kydd klopfte energisch an die Tür.

»Herein!« Die Stimme klang gelassen.

»Sir, vergeben Sie mir bitte, daß ich Sie zu dieser Stunde belästige, ich würde unendlich in Ihrer Schuld stehen, wenn Sie ...«

Nach dem festen Versprechen, sich in naher Zukunft zum Dinner zu treffen, verließ Commander Kydd die Kabine, mit einer geliehenen Epaulette auf seiner linken Schulter, die seinen Rang anzeigte. Ein mit Goldlitze geschmückter Zweispitz saß dwars auf seinem Kopf.

Als er auf dem Deck erschien, verstummte verblüfft alle Konversation. Ein leises »Guter Gott!« war zu vernehmen. Kydd wandte sich um und blickte den Leutnant an, der eilig seinen Hut lüftete. Die anderen taten es ihm nach. Da würde es an diesem Abend in der Offiziersmesse etwas zum Nachdenken geben.

»Wenn Sie bitte Mister Midshipman Bowden rufen lassen würden.« Kydds Kopf war vollgestopft mit Plänen, und er brauchte zur Umsetzung einen treuen Helfer. Er fegte die gestammelten Glückwünsche des Jungen zur Seite, der ihn aus weit aufgerissenen Augen anstarrte, und er schnappte: »Sie haben sich also freiwillig für den Malta Service gemeldet, Mister Bowden? Dann informiere ich Sie hiermit, daß Sie von heute an ein junger Gentleman5 auf der Sloop Teazer sind, die in der Werft ausgerüstet wird.« Dem Papierkrieg wollte er sich später widmen.

»Ja ... jawohl, Sir. Und Sie sind ...«

»Ich bin der Kommandant, Mister Bowden.«

Die Barkasse der Fregatte suchte sich ihren Weg durch den geschäftigen Hafen. Obwohl Kydd scharf darauf war, sein Schiff zu entdecken, hielt er sich formvollendet und blickte ernst.

»Auf Riemen!«

Der Midshipman brachte das Boot am Kai längsseits, und Kydd stieg aus. Matrosen schleppten sein Gepäck an Land, und der Bootssteurer erkundigte sich respektvoll, ob er warten sollte.

»Nein, vielen Dank«, erwiderte Kydd. »Ich werde Sie nicht mehr benötigen. Und nochmals meinen besten Dank an Ihren Kapitän für die glatte Überreise nach Malta.« Das war geschafft, jetzt gab es kein Zurück mehr. »Mister Bowden, bewachen Sie bitte unser Gepäck!«

Mit festen Schritten betrat Kydd die Büros neben dem dreifachen Torbogen, der den Eingang zu einem kleinen Bootsslip und der Werft markierte. Nach seinem Dienst auf einer karibischen Werft kannte der frischgebackene Kommandant bessere Wege, als sich lautstark direkt seinem Ziel zu nähern.

»Guten Morgen, Sir«, flötete er honigsüß dem mißtrauischen Beamten entgegen, der auf ihn zutrat. »Ich habe eine Verabredung mit dem Commissioner, wenn es beliebt.«

»Mit Mister Burdock? Ich kann mich nicht erinnern ...«

»Donnerstag um zehn Uhr?« Kydd zog seine Taschenuhr hervor und betrachtete sie sorgfältig. »Ich bitte um Entschuldigung, falls ich mich bei den Details irren sollte, aber ...«

»Um zehn? Wollen Sie mir bitte folgen, Sir? Hier entlang.«

Der Commissioner blickte stirnrunzelnd auf. »Wer ist das?« fragte er dann leise den Sekretär.

Bevor der Mann seinen Mund öffnen konnte, rief Kydd glattzüngig: »Ah, Mister Burdock! Es ist überaus freundlich von Ihnen, daß Sie mich so früh empfangen – Admiral Keith hat mir versichert, daß ich auf Ihre guten Dienste ...«

»In welcher Angelegenheit?«

»Natürlich in der Angelegenheit, einen Liegeplatz für ein wichtiges einlaufendes Schiff freizumachen, das zur Reparatur und Überholung ansteht!«

»Der Chefaufseher hat mich über ein derartiges Anliegen nicht informiert.«

Kydd legte die Stirn in Falten. »Verdammte Federfuchser! Aber nochmals: Können wir uns darauf einigen, daß sein Kommandant ... wie immer er heißen mag, er und das Schiff sind immerhin so bekannt ...«

»Wer?«

»Admiral Keith hat auf absoluter Diskretion bestanden, verstehen Sie?« bluffte Kydd und sah sich mißtrauisch um. »Genau aus diesem Grund hat er mich vorausgeschickt, um sicherzustellen, daß der Liegeplatz frei ist, bevor ... Nun, man hat mir versichert, daß die Brigg Teazer kurz vor der Fertigstellung steht.«

»Unmöglich. Sie ist in keiner Beziehung seetüchtig!«

»Ach? Wie das, Sir?« erkundigte sich Kydd unschuldig.

»Die Teazer? Sie ist noch nicht mal in Dienst gestellt worden.«

Sofort sah Kydd klar. Instandhaltungsarbeiten, die nur in den Büchern standen oder schnell ausgeführt werden konnten, spülten dem Mann einen viel gleichmäßigeren Fluß von Geldmitteln in die Kasse, als die langwierige und arbeitsintensive Fertigstellung des Schiffes. Jedes Schiff im aktiven Dienst konnte sich nämlich direkt an die Kassenverwalter des Oberkommandierenden der Flotte wenden und war daher in der Lage, die Rechnungen direkt bis auf den letzten Nagel zu bezahlen.

»Nun, Sir, wir können das in Ordnung bringen! Man hat mir im Besonderen aufgetragen, die Brigg in Dienst zu stellen und sie zu bemannen. Ich hatte eigentlich beabsichtigt, mir die Sehenswürdigkeiten der Insel anzuschauen, aber wenn ich Ihnen behilflich sein kann ...«

»Das ist wirklich sehr entgegenkommend, Sir«, entgegnete der Commissioner, seine Stirnfalten glätteten sich. »Wann wollen Sie ...?«

»Wenn Sie mir das betreffende Schiff zeigen würden, dann könnte ich mich der Angelegenheit unverzüglich widmen, Sir.«

Draußen erhob sich der Midshipman.

»Da drüben liegt sie, Mister Bowden«, stellte Kydd mit nur winzigem Zittern in der Stimme fest. Er deutete zu dem Zweimaster hinüber, der an einer Boje ein paar hundert Yards weiter oben im Hafen schwojte. »Machen Sie sich auf den Weg und warnen Sie die Besatzung, daß ich in Kürze an Bord kommen werde.«

»Die Brigg, Sir?«

»So nicht, Mister Bowden«, korrigierte ihn Kydd äußerst selbstzufrieden. »Eine Brigg mag sie sein, aber ihr Kommandant ist ein Commander und kein Leutnant, daher muß sie als Sloop angesehen werden. Es handelt sich also um eine Briggsloop, Sir, und keine hergelaufene Kriegsslup!«

Außer Sicht seines Schiffes lief Kydd langsam auf und ab und stellte sich das Durcheinander vor, das wohl gerade an Bord ausbrach, während sich die Nachricht herumsprach, daß der neue Kommandant in Kürze an Bord kommen würde. Begeisterung und Aufregung packten ihn. So einen denkwürdigen Moment wie diesen würde es für ihn vielleicht nie wieder geben.

Eine Ewigkeit schien vergangen zu sein, bevor eine Punt an der Landestelle anlegte. »Konnte nichts anderes finden«, murmelte der Werftarbeiter, der sich unglücklich an einem Polier festhielt. Ein weiterer stand mit den Skulls bereit.

»Wo ist das Boot des Schiffs?« wollte Kydd wissen. Bei einem Schiff dieser Klasse mußte es zumindest eine Pinasse, eine Gig oder einen Kutter geben.

»Nun, ja, es gibt da ein wenig Ärger mit diesen Dingen ...«

»Und meine Bootscrew, verdammt?«

Der zweite Mann warf sein Ruder scheppernd auf den Boden des Bootes. »Wollen Sie nun auf den Eimer da drüben oder nicht, Sie Gockel?«

Kydd schluckte seinen Ärger herunter. »Los geht's«, knurrte er, denn wer wußte schon, wann es ihm später möglich sein würde, an Bord zu gelangen. Er konnte nicht einfach so auffällig an der Wasserfront herumstehen – und er wollte verdammt sein, wenn er sich diesen kostbaren Moment heute versauen ließ! Also versuchte er so würdig wie möglich in das flachbodige Boot einzusteigen.

»Absetzen, Mick«, grunzte der erste Mann und setzte an der Steinmauer einen gewaltigen Stoß ab; er hoffte wohl, daß Kydd das Gleichgewicht verlieren würde, aber der hatte die Bewegung vorhergesehen und stand sicher, während die Punt nach draußen auf die Brigg zudrehte.

Natürlich bedurfte es mehr als der Mätzchen dieser zwei Werftloddel, um Kydd die Laune zu verderben. Seine Augen saugten sich an den Linien des Schiffes fest, während er sich ihm näherte. Es war ein schmuckes Ding mit nackten Masten und einem ausgeprägten Sprung, das Heck wurde von einer niedlichen Galerie verziert. Kydds Herz flog ihm zu. Die Teazer ragte hoch aus dem Wasser, und ihre acht leeren Geschützpforten auf jeder Seite und das Fehlen jeglicher Takelage verliehen ihr einen seltsam erwartungsvollen Ausdruck. Am Bug befand sich als weiße Galionsfigur ein zierliches Mädchen mit langem, fließendem Haar. Noch bevor sie es erreicht hatten, wußte Kydd, daß er sich verliebt hatte.

Er richtete sich wichtigtuerisch auf. Auf dem Deck waren nur wenige Besatzungsmitglieder zu sehen, aber schließlich war die Punt auch viel niedriger als der mäßige Freibord der Teazer. Kydds Herz raste, beruhigte sich dann aber.

Die Punt drehte herum und schob sich an die Teazer heran. Bowdens besorgtes Gesicht erschien über der Reling und verschwand wieder, dann polterte eine Lotsenleiter direkt vor den Großrüsten an der Bordwand herunter und hing erwartungsvoll bereit. Normalerweise wäre die Höhe eines Schiffsbootes ausreichend gewesen, um ein einfaches Übersteigen auf das Deck der Brigg zu ermöglichen, aber das war unter diesen Umständen nicht möglich. Kydd fühlte sich deshalb um seinen großen Auftritt betrogen, bei dem er majestätisch das Deck hatte betreten wollen, und angesäuert packte er die schaukelnde Leiter und hievte sich mit beiden Händen nach oben.

Eine einsame Bootsmannspfeife zwitscherte unsicher, als Kydds Kopf auf Deckshöhe erschien. Kydd fand nur den schamvoll erröteten Bowden vor, der auch die Bootsmannspfeife geblasen hatte, und drei mit den Füßen scharrende Werftarbeiter, die offensichtlich für diese Gelegenheit zusammengetrieben worden waren. Der Salut verklang in der folgenden Stille, Kydd nahm enttäuscht seinen Hut ab.

»Es ist keine Besatzung auf dem Schiff, Sir«, flüsterte Bowden entschuldigend.

»Wir stellen in Dienst«, grollte Kydd und marschierte in die Mitte des Achterdecks, dort zog er das Dokument hervor, entfaltete den Pergamentbogen und verkündete mit volltönender Stimme den leeren Decks, daß der neueste Zugang zu Seiner Majestät Marine die Briggsloop Teazer war, die nun auch offiziell unter Kydds Kommando stand.

Er wandte sich an Bowden, blickte zu den nackten, gestutzten Masten empor und reichte ihm eine Rolle aus weißer Seide. »Sehen Sie zu, daß Sie das hier da oben gesetzt bekommen.«

Es war der Kommandowimpel, und er würde von nun an Tag und Nacht an der Mastspitze der Teazer wehen.

Bowden tat sein Bestes. Ohne die Stengen war da oben nur das Zapfenloch im Eselshaupt des Großmasts, aber bald könnten all diejenigen an Land, die Augen dafür hatten, sehen, daß eil von einer Fregatte gepumpter Langwimpel tapfer an dem Großmaststumpf von HMS Teazer wehte. Sie hatte in Dienst gestellt. Kydd blickte einen langen Augenblick nach oben. Dann löste er widerwillig seinen Blick und schaute über das Deck. Er sah die größte Herausforderung seines Lebens vor sich.

»Mister Bowden, fahren Sie zurück auf die Fregatte, richten Sie dem Kapitän meine besten Empfehlungen aus und daß es mir durchaus angenehm wäre, wenn er meine Männer auf die Teazer schicken würde.«

»Ihre ... Ihre Männer, Sir?«

»Natürlich!« brummte Kydd streng. »Die vom Oberkommandierenden zum Dienst im Malta Service abgestellt worden sind, damit hat er uns gemeint – oder wen denn sonst?«

Mit einer gehörigen Portion Glück und durch schnelles Handeln konnte Kydd seine Auswahl treffen und die Namen in die Bücher eintragen, bevor die eigentlich berechtigte Behörde auf die Idee kam, die Männer anzufordern.

»Aye, aye, Sir. Äh ... Mit wie vielen Männern soll ich zurückkommen?«

Eine Briggsloop dieser Größe würde zwischen achtzig und hundert Männer benötigen. »Ich nehme alle Männer von der Tenacious, das sind nicht sonderlich viele, also, sagen wir mal, noch etwa fünfzig weitere Kerle, sofern unter ihnen erstklassige Matrosen sind.«

Kydd wußte, daß er ziemlich optimistisch war, aber in der Gratulation des Kommandanten der Fregatte hatte aufrichtige Wärme mitgeklungen, die sich vielleicht in Sympathie verwandeln ließ. Mit Männern an Bord würde die Teazer zum Leben erwachen. Boote konnten bemannt, Arbeitskommandos zusammengestellt werden, und der Rhythmus des Bordlebens konnte beginnen.

Kydds Laune verbesserte sich. »Ach ja, seien Sie bitte so gut, und richten Sie mit meinen besten Empfehlungen im Büro des Commissioners aus, daß ich sehr erfreut wäre, wenn man meine Deckoffiziere benachrichtigen würde, daß ihre Anwesenheit ab sofort an Bord erforderlich ist.«

Jedes Schiff verfügte über einen Stamm von Deckoffizieren, die ständig auf ihm blieben, sogar wenn es aus dem aktiven Dienst genommen wurde. Diese Herren würden ohne jeden Zweifel jetzt den Frieden in einem gemütlichen Versteck an Land zu genießen wissen, während die Werft in aller Ruhe vor sich hin werkelte.

Bowden verschwand mit der Punt, und Kydd blieb mit ein paar neugierigen Kalfaterern allein zurück. Abgesehen von einigen dumpfen Schlägen eines Hammers im Vorschiff, war das Schiff eine leere, hallende Höhle mit nur wenigen Lebenszeichen. Dennoch war genau jetzt der richtige Zeitpunkt, um sich mit diesem lieblichen Geschöpf bekannt zu machen. Kydd schaute sich um. Die Teazer war auf den ersten Blick ein Glattdecker, ein durchlaufendes Deck erstreckte sich von vorne bis achtern, doch bei genauerem Hinsehen entdeckte der frischgebackene Commander eine einzigartige Besonderheit. Die durchgehenden Linien der Verschanzungen endeten im hinteren Teil in einem Deck. Als er die Angelegenheit näher untersuchte, stellte er fest, daß es die Decke einer Kabine war, die mit dem Schandeckel der Verschanzung auf gleicher Höhe abschloß. Allerdings konnte die Kabine darunter dann nur etwa hüfthoch sein. Er drückte die Tür vorsichtig auf – und wäre beinahe mehrere Stufen hinuntergefallen, die auf das Deck der Kabine führten, das mehrere Fuß tiefer eingelassen war.

Das war also sein neues Zuhause. Trotz des überwältigenden Gestanks nach Terpentin, Farbe und frischen Holzspänen! Er stellte fest, daß er in einem winzigen, aber perfekt geformten Vorraum stand. Die Tür zur Rechten führte in den Schlafraum mit der Koje und dem privaten Aufenthaltsraum, die Tür vor Kydd führte zur Staatskabine, die sich über die volle Breite von zweiundzwanzig Fuß des Schiffes erstreckte und von den dekorativen Heckfenstern erhellt wurde, die er schon von draußen bewundert hatte. Es war ein königlicher Raum, weitaus größer als jeder andere, in dem er bisher gelebt hatte.

Kydd ging hinüber zu den Fenstern und öffnete eins. Die Miniaturgalerie am Heck war zwar nur eine reizende Attrappe, aber nichtsdestoweniger sehr hübsch. Noch war sie völlig weiß bemalt, aber in Kürze würde sie mit etwas Blattgold herausgeputzt werden, selbst wenn er dafür in die eigene Tasche greifen mußte. Seine Schritte hallten seltsam auf dem hölzernen Deck, er blickte irritiert zu Boden und entdeckte eine sauber eingepaßte Falltür, die höchstwahrscheinlich in seinen privaten Vorratsraum führte.

Der Schlafraum war nur wenig länger als die übliche Kabine eines Offiziers. Ein Waschtisch und eine Kommode mit Schubladen würden den Raum ausfüllen, doch es war ein Palast, verglichen mit dem, was Kydd bis jetzt gewohnt gewesen war. Er verließ den Wohnbereich, ging auf das Achterdeck und bewunderte die Pfiffigkeit der maltesischen Schiffbauer, die sich den Luxus der geräumigen Kabine hatten einfallen lassen, während sie gleichzeitig das Oberdeck frei für die Arbeiten an den Segeln gehalten hatten.

Er lief nach vorne zu einem Niedergang und stieg hinab in die Weiten eines geräumigen Decks. Es handelte sich um das einzige durchlaufende Deck der Brigg, darüber war nur der Himmel, darunter der Laderaum. Das Deck war völlig leer und erstreckte sich von der Kombüse und den Vorratsräumen vorne bis nach achtern, wo sich wahrscheinlich die Offiziersmesse und die Kabinen der Offiziere befanden. Es war düster und stank nach Leinöl und Farbe, da es kaum einen Luftaustausch gab. Alle Kanonen mußten auf dem Oberdeck aufgestellt werden, daher gab es hier unten keine Geschützpforten, die man hätte öffnen können. Auf See würde das hier der Wohnraum für achtzig oder mehr Männer sein – der Kontrast zu Kydds eigenem Quartier konnte nicht größer sein.

Er verharrte einen Augenblick, kämpfte mit einer Welle von Erinnerungen aus seiner Zeit als einfacher Seemann. Ihn überkam ein schmerzliches Gefühl, als er an diese lange vergangenen, harten Zeiten dachte – hier würde es bald genauso zugehen wie auf dem Meßdeck der Tenacious, aber er würde davon nichts mitbekommen. Kydd hatte schnell Karriere gemacht – verlangte auch das Glück seinen Tribut?

Stimmen drangen durch die Lukengrätings. Das konnten sehr wohl die ersten Mitglieder von Teazers Besatzung sein. Kydd bewegte sich zurück in Richtung des Niedergangs zum Oberdeck. Ein kleiner Mann mit Brille und einem schäbigen blauen Rock beendete abrupt seine Konversation mit einem der Kalfaterer.

»Sehe ich den Kapitän der Teazer vor mir?« erkundigte er sich vorsichtig.

»So ist es – ich bin Commander Kydd.«

Der Mann zog seinen Hut und verbeugte sich leicht. »Ellicott, Samuel Ellicott, Sir. Ihr Zahlmeister, Sir.«

»Danke, Mister Ellicott. Wir haben gerade erst in Dienst gestellt, wie Sie sehen.« Der Mann schien sehr nervös, und Kydd fügte hinzu: »Ich wünsche Ihnen für Ihren Dienst an Bord meines Schiffes alles Gute, Mister Ellicott.«

»Mister Kydd – Sir. Ich muß Sie etwas fragen. Die Angelegenheit ist von größter Wichtigkeit und könnte uns in Zeiten, die jetzt noch weit in der Zukunft liegen, schwer auf die Füße fallen.«

»Nun, Mister Ellicott?«

»Als ich hörte, daß Sie es übernommen haben, die Teazer selbst in Dienst zu stellen, so wie es ja tatsächlich geschehen ist, wußte ich, daß ich unverzüglich an Bord kommen mußte. Sir, haben Sie irgendwelche Papiere unterschrieben?«

»Das habe ich nicht, Mister Ellicott.«

Der Mann atmete sichtlich auf. »Die Aufgabe, ein neu in Dienst gestelltes Schiff auszurüsten, ist nichts für einen Anfänger, wenn Sie verstehen, was ich meine, Sir.«

»Obwohl das mein erstes selbständiges Kommando ist, Mister Ellicott, ist es doch nicht mein erstes Schiff. Es ist trotzdem sehr umsichtig von Ihnen, daß Sie mir mit Ihrer Erfahrung zur Seite stehen wollen. Ich glaube, wir haben einen gewaltigen Berg Arbeit vor uns. Die Männer werden morgen an Bord kommen, und wir sollten bereit sein, sie zu empfangen.

Wir werden natürlich mit dem Papierkrieg beginnen. Fürs erste werden wir meine große Kabine als Hauptquartier benutzen. Danach stellen wir unsere Anforderungen für die Werft zusammen. Ganz ohne Zweifel wird es für alles ein vorgeschriebenes Formular geben.« Ein Gedanke durchzuckte ihn. »Kennen Sie vielleicht zufällig jemanden, der den Wunsch hat, als Schreiber eines Kapitäns anzumustern? Jemand, der die Eigenarten der Navy kennt, der schnell schreiben kann und diskret mit dem Mundwerk ist?«

»Könnte sein ... aber nein, der hat sich aus dem Dienst zurückgezogen«, überlegte Ellicott laut, »aber ein paar Guineen in guten Münzen sollten sein Interesse wieder wecken. Er war Schreiber des Kapitäns auf der Meleaguer mit zweiunddreißig Kanonen in Toulon im Jahr '93, wenn ich mich richtig erinnere. Soll ich ...?«

»Bitten Sie ihn, sich so bald wie möglich bei mir vorzustellen. Ich werde mich großzügig zeigen, damit er eine Koje auf der Teazer belegt.« Es gab eine Reihe von der Admiralität abgeteilter Deckoffiziere, mit denen ein Kommandant klarkommen mußte. Dazu gehörten der Bootsmann, der Stückmeister, der Zimmermann und andere. Was den Rest anging, so war Kydd in seiner Wahl frei. »Wir sollten uns ein paar Planken für einen Tisch suchen und anfangen!«

Der zukünftige Sekretär des Kommandanten, Mister Peck, erschien umgehend und mit lobenswerter Pünktlichkeit. Es handelt sich um einen trockenen, listig guckenden älteren Mann, der ganz offensichtlich viel erlebt hatte. Zusammen mit dem Zahlmeister wuselte er davon, und beide erschienen bald wieder mit einer Liste der wichtigsten zu erledigenden Dinge – die mit der Aufmachung der Musterrolle anfing, in die alle Einzelheiten über die Verpflegung und die Heuer jedes einzelnen Seemanns eingetragen werden mußten. Dann galt es, die Schiffsbücher und Dokumente einzurichten und zu erstellen: die Postbücher, Belege, Listen der Bewilligungen.

Kydd schien es ein Unding zu sein, daß ein normaler Mensch sich ihre Anzahl merken konnte, ganz zu schweigen von ihrem Zweck, daher war er froh, den Papierkrieg den beiden Federfuchsern überlassen zu können.

Kurz darauf meldete sich völlig außer Puste ein weiterer seiner Deckoffiziere an Bord. »Purchet, Bootsmann, Sir«, keuchte er. Der Mann hatte ein Glasauge, was den Eindruck erweckte, daß er schielte.

»Ich hätte Sie gerne schon früher an Bord begrüßt, Mister Purchet«, stellte Kydd milde fest, »wir haben noch viel zu tun, bevor wir in See gehen können.«

»Aye, Sir«, brummte Purchet schwerfällig und blickte an den nackten Maststümpfen empor. »Und ich hoffe, daß Sie dabei nicht an diese finstere Bande aus Schurken und Halunken von der Werft denken?«

»Die werden uns behilflich sein, aber wir können das Schiff selbst in Schuß bringen. Die hiesige Werft ist nur klein, wie ich festgestellt habe, aber ich werde in Kürze für Sie fünfzig erstklassige Seeleute zur Verfügung haben.«

Purchets eine Augenbraue schoß in die Höhe.

Der Zimmermann kam an und beschwerte sich kurz darauf über seine mangelhaften Vorräte. Die Zeit verstrich – Kydd mußte die Werft anspitzen, mit der Auslieferung der Vorräte und der Ausrüstung der Teazer unverzüglich zu beginnen. Falls er damit keinen Erfolg hatte, konnten seine Männer nicht an Bord untergebracht und in die Schiffsbücher eingetragen werden, als Folge davon würde er sie bald an andere Schiffe verlieren.

»Mister Ellicott, wenn Sie bitte so freundlich wären, mich zur Werft zu begleiten und dort zu beraten.«

Es ergab sich, daß der dienstälteste Offizier der Werft weder ein Seeoffizier noch wesentlich ranghöher war. Da Burdock nur direkt dem Navy Board unterstellt war, saß sein unmittelbarer Vorgesetzter im fernen Gibraltar, was ihm einen gewissen Spielraum bei seinen Aktivitäten verschaffte. Trotz einiger versteckter Drohungen kostete es Kydd aber immer noch eine erschreckend hohe Summe Silber – natürlich aus seiner eigenen Tasche –, um ein gewisses Bewußtsein für die Dringlichkeit des Falls zu erzeugen. Silber ... und das Versprechen, den Sohn eines »guten Freundes« des Commissioners als Midshipman auf sein Achterdeck zu stellen.

Es folgte ein Tag voller hektischer Aktivität, und Kydd stellte am Abend fest, daß er hundemüde war. Alle hatten einen guten Start hingelegt, aber in Ermangelung richtiger Unterbringungsmöglichkeiten und ohne Schiffskoch konnte er von niemandem guten Gewissens verlangen, über Nacht an Bord zu bleiben. Widerstrebend entließ er alle an Land mit der Anweisung, am nächsten Morgen in der Frühe wieder bereitzustehen.

Der Abend senkte sich friedlich herab, und die eindrucksvollen steinernen Festungswälle waren mit Lichtreflexen übersät. Aus den Heckfenstern der in der Nähe liegenden Schiffe fiel goldenes Licht, auf einigen hatte man Laternen an Deck entzündet.

Nur die Teazer verharrte in völliger Dunkelheit, denn Kydd war allein an Bord zurückgeblieben. Aber nichts kam ihm jetzt mehr gelegen als das. Langsam wanderte er über die verwaisten Decks, vor seinem inneren Auge sah er ausgerannte Kanonen, wo jetzt nur leere Flächen waren, ein Spinnennetz aus den Leinen des Riggs hob sich schwarz von den Sternen ab, und Männer genossen auf dem Vordeck die Hundewachen.

Er stolperte im Zwielicht, die Erschöpfung überfiel ihn in mehreren Schüben. Und genauso wie in seiner ersten Nacht auf einem Kriegsschiff gab es auch diesmal für ihn keinen Platz, wo er sein müdes Haupt hätte zur Ruhe betten können. Die Plane eines Kalfaterers und ein ungeöffneter Koffer mußten sein Bett werden – doch dieses Lager würde er in der Kapitänskajüte aufschlagen – in seiner Kabine! Er grinste leicht blöde in die Dunkelheit, dann schoß ihm eine Idee durch den Kopf.

Kydd fand eine Laterne und trug sie in die Staatskabine. Der Sekretär hatte die Bücher für Rechnungen, Aufzeichnungen, Journale und andere notwenige Unterlagen systematisch in Haufen aufgestapelt. Alle Papiere waren neu, aus einigen lugten aber schon Zettel mit handschriftlichen Notizen heraus, wieder andere trugen auf der Frontseite Teazer in einer schwungvollen Handschrift. Kydd begann zu kramen, und es dauerte nicht lange, bis er gefunden hatte, wonach er gesucht hatte. Feierlich trug er das Buch hinüber auf die Arbeitsbank des Zimmermanns, die jetzt als Schreibtisch zweckentfremdet war. Er fand auch noch Tintenfaß und Federkiel, öffnete das Buch, glättete die Seiten und begann im schummrigen Schein des Nachtlichts mit der ersten Eintragung im Logbuch des Schiffes.

»Wind SSE, klares Wetter, liegen vor einem Anker. Haben den Kommandowimpel gemäß der Bestallung durch Admiral Keith auf Seiner Majestät Briggsloop Teazer im Malta Service gesetzt.« Nach getaner Arbeit verlangte es ihn nach seinem Bett.

Am folgenden Morgen waren die Decks nach einem heftigen Regenschauer naß. Kydd rief seine Deckoffiziere in der Staatskabine zu einer Konferenz zusammen, der Sekretär machte Notizen. Schließlich erschien auch der Koch an Bord, ein Italiener mit buschigen Augenbrauen, dessen weitschweifige Ausreden Kydd mit dem kurzen Hinweis zum Verstummen brachte, daß er in Kürze fünfzig hungrige Seeleute satt bekommen müßte, wie auch immer er das anstellen mochte. Gerade war nämlich die Nachricht eingetroffen, daß Kydd, die von ihm angeforderten Mannschaften übernehmen konnte.

Die Seeleute würden mit ihren Seesäcken, aber ohne Hängematten und Bettzeug an Bord kommen, das mußte ihnen an Bord gestellt werden. Zweifellos würden auch einige unter den Männern sein, die durch einen Unfall oder durch Leichtsinn kein zweites Päckchen Bekleidung mehr hatten. Für sie mußte eine Sloppkiste vorbereitet werden. Im übrigen hatte es den Anschein, daß ein gewisses Maß an Großzügigkeit die Auslieferung der Vorräte beflügelte.

Das Schiff mußte also so schnell wie möglich in den Stand versetzt werden, sich selbst zu versorgen. Dafür benötigte es Trinkwasser, Feuerholz für die Kombüse, Nahrungsmittel und Rum, außerdem einen vollen Satz Flaggen, Wimpel und alle sonst noch notwenigen Gerätschaften. Aber das war erst der Anfang – sozusagen die Existenzgrundlage. Dann würde die Hauptarbeit beginnen, nämlich das Schiff fit für die See zu machen. Hier waren die Kenntnisse der Seeleute gefragt.

»Sie sind längsseits!« stotterte Purchet, als ein schwaches Bumsen an der Bordwand zu spüren war.

Aber es waren nicht die Boote mit den Männern, sondern die Leichter mit der Ausrüstung von der Werft, die wie versprochen zu ihnen hinausgestakt worden waren.

Kydd fand kaum noch Zeit, die Arbeiten nach bestem Wissen gemäß den anstehenden Prioritäten zu verteilen, als die erste Barkasse gesichtet wurde. Ein kleiner Tisch wurde hinter dem Großmast aufgestellt, hinter dem Kydd Platz nahm, an seiner Seite saß der Schreiber bereit, seine Entscheidungen zu notieren.

»Mister Purchet, jeder Mann, der das Zeug zum Unteroffizier in sich hat, soll mir das mitteilen. Diese Gruppe werde ich mir zuerst vornehmen.«

Die Männer kamen mit ihren Seesäcken und Bündeln über die Reling geklettert und wurden vom Bootsmann barsch nach vorne gescheucht. Kydd fragte sich, ob er eine erbauliche Ansprache halten sollte, aber schnell wurde ihm klar, daß er sich dann jedesmal wiederholen müßte, sobald neue Leute eintrafen.

Die ersten zukünftigen Unteroffiziere traten an den Tisch. Es waren harte, fähige Männer, aber sie waren vorsichtig, während sie mit Kydd sprachen. Er akzeptierte sofort alle, die schon vorher in dem angegebenen Rang gedient hatten – später konnte er sich immer noch von ihrem Können überzeugen.

Laffin, der einer der Bootsmannsmaate auf der Tenacious gewesen war, verzog nicht eine Miene und gab durch nichts zu erkennen, daß er Kydd erkannte. Er stand wie eine Eins vor ihm und fixierte einen Punkt über Kydds Kopf, während dieser mit ihm sprach. Purchet stand ein Bootsmannsmaat zu, Laffin war der richtige Mann dafür. Bei Poulden erinnerte sich Kydd an dessen hervorragende Seemannschaft und Verläßlichkeit, also machte er ihn zum Quartermaster. Der Mann quittierte das mit einem breiten Grinsen. Ein weiterer Mann wurde zum Quartermastersmaat befördert.

Die erste Welle der Aspiranten war gerade abgefertigt, als das zweite Boot herankam. Kydd kümmerte sich auch noch darum, stand dann aber auf und sah sich nach dem Bootsmann um.

»Mister Purchet!« rief er laut. »Ich werde mich mit dem Rest später befassen. Aber ich möchte Sie wissen lassen, daß die Männer die Gelegenheit bekommen sollen, sich ihre Wache und Messe selbst auszusuchen. Solange beide Wachen zahlenmäßig die gleiche Stärke haben, bleibt den Kerlen die freie Wahl.«

Daraufhin entstand sofort Unruhe an Deck. Es war Routine, daß die Männer nach dem Anmustern gemäß den Bedürfnissen des Schiffes eingeteilt wurden, was es fast zwangsläufig mit sich brachte, daß nur eine kleine Chance bestand, mit den Freunden zusammenzubleiben. Überall sah man deshalb jetzt breit grinsende Gesichter, und ein zufriedenes Palaver setzte ein. Kydd war erfreut. Es handelte sich nur um eine kleine Geste, aber sie bedeutete denen viel, deren Freiheiten normalerweise sehr eingeschränkt waren.

Kydd kehrte in seine Kabine zurück, um ein Resümee zu ziehen. Jede Schiffsklasse hatte einige ihr zustehende feste Bezugsgrößen, dazu gehörte die zugelassene Anzahl von Kanonen, die Zahl der Besatzung, die Menge der zugeteilten Ausrüstung. Er hatte eine Aufstellung mit den Sollgrößen vorbereitet und wollte jetzt überprüfen, wie sich die Zahlen entwickelten. Dabei war er sich nur zu bewußt, daß er sich schon beinahe frevelhafte Freiheiten herausgenommen hatte, um sein Schiff zu bemannen, aber er verließ sich auf die Tatsache, daß es hier keine richtige Marinepräsenz gab – die Werft zählte nicht. Also würden sich kühne, findige Schachzüge schnell auszahlen. Erklärungen wollte er sich für später aufheben.

Die größte Lücke in seiner Liste riß sein einziger Offizier, ein Leutnant. Kydd kannte nur den Namen: Dacres. Und ein gewisser Peregrine Dacres sollte sich dem Vernehmen nach auf Malta aufhalten, hatte aber nicht hinterlassen, wo man ihn erreichen konnte. Außerdem fehlte Kydd auch noch ein Segelmeister, und bis jetzt hatte er nichts darüber gehört, daß einer berufen worden wäre. Die beiden Plätze für Midshipmen, die Kydd zustanden, waren durch Bowden und von dem Protegé des Commissioners belegt. Die meisten Schlüsselposten bei den Deckoffizieren waren allerdings besetzt, ein Schiffsarzt wurde in nächster Zeit erwartet.

Doch wie sollte Kydd einen Steuermannsmaaten in einem so abgelegenen Vorposten wie Malta auftreiben? Das war natürlich eine lebenswichtige Frage, denn auf einer Brigg durfte der Steuermannsmaat die zweite Wache neben dem Leutnant gehen. Falls Kydd keinen geeigneten Mann fand, dann hatte er keine andere Wahl, als den Segelmeister anzuweisen, die Wache zu gehen – oder Kydd mußte selber eine Wache übernehmen. Sein letzter Deckoffizier, der Stückmeister, war noch von Gibraltar aus unterwegs. Anscheinend handelte es sich um einen grünen Jungen, der gerade eben seine Bevollmächtigung bekommen hatte. Er war wahrscheinlich aus dem Weg geräumt und in den fernen Vorposten Malta abgeschoben worden, wo er während seiner Lehrzeit wenig Schaden verursachen konnte. Kydd biß sich auf die Lippe. Gutgeführte Waffen waren im Gefecht der entscheidende Faktor, und ein starker Mann an der Spitze der Geschützbedienungen war ein gewaltiger Aktivposten. Er hatte also keinen Leutnant, keinen Segelmeister und keinen Steuermannsmaaten. Diese drei brauchten entweder eine Bestallung oder eine Bevollmächtigung – daher waren Kydd die Hände gebunden.

Er kehrte auf das Deck zurück, wo er laute Stimmen aus einem längsseits kommenden Boot hörte. »Kann an Bord kommen«, befahl Kydd und unterdrückte ein Grinsen.

Er sah das würdevolle, schwarze Gesicht von Tysoe, seines Aufklarers, der, wie es den Anschein hatte, seine Zeit nicht mit langem Abwarten auf der Fregatte vergeudet hatte. Er bewachte eifersüchtig zwei Möbelstücke, die aussahen wie die Koje eines Offiziers und eine Art Kommode für den Gebrauch im Felde. Tysoe war ganz offensichtlich fest entschlossen, unter Deck das Kommando zu übernehmen. Die Möbelstücke wurden mit viel Getue und Sorgfalt nach unten gewuchtet und verschwanden im Schlafraum des Kapitäns, und Kydd mußte Tysoe hoch und heilig versprechen, sich in naher Zukunft um weitere Möbel für die Kabine zu kümmern und den Raum standesgemäß auszustatten.

Das brachte die Frage nach seinen übrigen persönlichen Bediensteten auf. Er würde sich einen Steward suchen müssen, weniger zum Servieren bei Tisch, sondern damit der Mann die Verantwortung für die Vorräte des Kommandanten übernahm, die getrennt von den anderen Schätzen an Bord aufbewahrt wurden. Auf einem so kleinen Schiff mußte der Mann außerdem als Assistent des Zahlmeisters fungieren und bei der Ausgabe des Proviants assistieren. Außerdem würde Kydd einen Bootssteurer brauchen, der sich um seine Kommandantengig kümmerte und ihm stets und ständig zur Verfügung stand.

Langsam kehrte Ordnung in das Chaos ein. Der Bootsmann schickte die Männer nach unten, die sich zu Messegemeinschaften zusammengefunden hatten, dabei stellte er ein Gleichgewicht zwischen Unteroffizieren und Seeleuten in den beiden Wachen her.

Kydd versuchte, nicht zu kritisch auf die Männer zu schauen. Sie mußten für ihn das Schiff segeln und die Kanonen bedienen, der Erfolg seines Kommandos – sogar das Überleben des Schiffes – lag in ihren Händen. Er entdeckte Bowden, der mit einem der Männer der Tenacious sprach, die er von der Fregatte losgeeist hatte, und überquerte das Deck.

»Danke, Mister Bowden, das haben Sie gut gemacht. Bitte ...«

Er wurde abgelenkt, als ein Boot längsseits kam, aus dem sich ein Offizier auf das Hauptdeck schwang und auf ihn zutrat, seinen Hut zog und sich ruhig erkundigte: Commander Kydd?«

»Das ist richtig.«

»Dann darf ich mich vorstellen, Sir. Leutnant Dacres meldet sich zum Dienst.«

Ein Hauch von Spitze lugte aus seinen Manschetten, und Kydd stellte fest, daß die Uniform tadellos geschnitten war.

»Sie werden erwartet, Sir«, sagte Kydd kurz. »Wie Sie feststellen können, ist das Schiff in Dienst gestellt.«

»Ah ja, Sir, das habe ich gehört. Ich bin von General Pigot leider unvermeidlich aufgehalten worden – eine gesellschaftliche Angelegenheit, Sie verstehen.«

Kydd ignorierte den ungeschickten Versuch, ihm zu imponieren. »Mister Dacres, ich möchte, daß dieses Schiff innerhalb einer Woche auf See ist. Sie bleiben an Bord und halten sich bereit, jede anstehende Aufgabe zu übernehmen.« Er machte eine kurze Pause, dann fuhr er fort: »Ich möchte Sie in fünfzehn Minuten in meiner Kabine sehen.« Ein Anflug von Schuldgefühl durchfuhr ihn, als er den besorgten Blick sah, den seine Worte hervorgerufen hatten. Er drehte sich schnell um, bevor man ihm das ansehen konnte.

Die Unterhaltung war kurz. Dacres Erfahrung, so mußte Kydd hören, beschränkte sich sowohl während seiner Zeit als Midshipman als auch als Leutnant ausschließlich auf Linienschiffe, aber wenn man seinen Sprüchen über den lockeren Umgang mit den Herren höheren Orts Glauben schenken konnte, dann war seine Zeit auf der Teazer ohnehin nur dazu gedacht, ihm die nötige Erfahrung zu vermitteln, bevor er in Kürze sein eigenes Kommando bekam.

»Fangen Sie an, die Wach- und Manöverrolle zu erstellen, Mister Dacres, wenn es beliebt. Sobald wir das Gerüst der beiden Wachen haben, können wir zur Hafenroutine übergehen. Weisen Sie den Koch an, daß es mittags nur Hartbrot gibt, aber ich will heute Abend ein vollständiges Essen für alle Männer.« Er stand auf. »Los, Mister Dacres, wir haben eine Menge zu tun!«

Gegen Mittag floß der Nachschub in einem breiten Strom. Noch während die letzten Arbeiten durchgeführt wurden, wurden die Lagerräume des Bootsmanns mit Pech und Teer gefüllt, Tauwerk und Blöcke wurden aufgehängt, der Zimmermann fummelte mit allen möglichen Kupfernägeln, Stechbeiteln, Bohrern und anderem geheimnisvollem Handwerkszeug herum. Zahllose Faden Leinen wurden Längsdeck geholt. Sie würden entweder als Wanten oder Stage das stehende Gut der Masten und Stengen stellen oder als laufendes Gut die Rahen und Segel kontrollieren.

Kydd stand abseits und sah zu. Er freute sich, daß sich unter der Aufsicht der Unteroffiziere ganz von selbst kleine Arbeitsgruppen bildeten. Schließlich drehte er sich um und verschwand unter Deck in die Staatskabine, in der gerade ein ausklappbarer Tisch und ein kleines Sideboard emsig poliert wurden. Es sollten noch weitere Möbelstücke hinzukommen, die er wahrscheinlich dem Lagerverwalter der Werft aus den Rippen leiern mußte, aber das konnte warten. Was er jetzt vorhatte, erforderte Abgeschiedenheit, und so scheuchte er alle hinaus. Er schloß seinen Koffer auf, holte seine Befehle heraus und setzte sich, um sie genau zu studieren – während der unaufhörlichen Aktivitäten hatte er kaum Zeit gefunden, den Inhalt auch nur zu überfliegen.

Die Einleitung befaßte sich überwiegend mit seiner Gehorsamspflicht gegenüber seinen verschiedenen Vorgesetzten. Seine Aufgabe würde in der Hauptsache darin bestehen, Depeschen zu übermitteln und wichtige Passagiere zu befördern, außerdem war Geleitschutz für kleinere Konvois vorgesehen. Dem Schutz des Handels wurde allerhöchste Priorität eingeräumt, und Kydd wurde aufgefordert, alles in seiner Macht liegende zu unternehmen, um dem Feind Schaden zuzufügen. Diesen Paragraphen folgte die Anweisung, bei passender Gelegenheit der zivilen Regierung von Malta Dienste zu leisten, wenn welche angefordert wurden.

Er hatte noch nie zuvor Befehle an einen Kommandanten gelesen – sie drückten sich zwar weitschweifig aus, waren aber inhaltlich eindeutig. Kydds Blicke wanderten an den Fuß der Seite, blieben unten kleben. Mit tiefer Zufriedenheit nahm er zur Kenntnis, daß dieser Absatz sich mit seiner Pflicht beschäftigte, die Feinde des Königs zu entern, zu verbrennen, zu versenken und zu zerstören, falls sie die Kühnheit besäßen, seinen Kurs zu kreuzen. Das Ganze schloß mit dem Satz: »Sollten Sie versagen, werden Sie persönlich die Folgen zu tragen haben.« Die unverwechselbare geschriebene Unterschrift folgte nach dem Datum.