SyltSeeLiebe | Eine humorvolle Enemies to Lovers Küstenromance - Michelle Schrenk - E-Book

SyltSeeLiebe | Eine humorvolle Enemies to Lovers Küstenromance E-Book

Michelle Schrenk

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Beschreibung

Wenn ein idyllischer Hof an der Nordseeküste plötzlich zum Drehort wird, ist Herzklopfen garantiert … 
Der erste Band der traumhaften Wholesome-Reihe auf Sylt

Zwei Jahre ist es her, dass Lina Sörens ihren Papa verloren hat. Seitdem kämpft sie um den Erhalt seines alten Syltseehofs. Als alles zusammenzubrechen droht, kommt schließlich die Rettung: Der Hof soll als Drehort für einen Film auf Sylt dienen. Gäbe es da nur nicht ein kleines Problem: Linas Bruder hat den Hof ohne Wissen der Familie beworben! Und als wäre das nicht genug, taucht plötzlich Hendrik auf – ein charmanter Schauspieler, der sich auf seine Rolle vorbereiten will. Linas Begeisterung hält sich in Grenzen, denn noch ein Störenfried ist das Letzte, was sie braucht. Ihn loszuwerden, wird ihr Plan A. Dumm nur, dass ihr Herz plötzlich verrückt spielt – und für jede Menge Wirbel in ihrem Leben sorgt …

Dies ist eine Neuauflage des bereits erschienenen Titels SyltSeeLiebe (Verliebt auf Sylt 1).

Erste Leser:innenstimmen
„Sylt-Fans kommen bei diesem Nordseeroman total auf ihre Kosten!“
„Diese romantische Lovestory hat alles, was man sich von einer Enemies-to-Lovers-Geschichte wünscht.“
„Die traumhafte Kulisse hat mich direkt ans Meer entführt. Michelle weiß, wie man einen Ort lebhaft beschreibt.“
„Michelle Schrenk hat einen traumhaften Liebesroman erschaffen und ich bin gespannt auf Teil 2 der Reihe.“

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Seitenzahl: 402

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Über dieses E-Book

Zwei Jahre ist es her, dass Lina Sörens ihren Papa verloren hat. Seitdem kämpft sie um den Erhalt seines alten Syltseehofs. Als alles zusammenzubrechen droht, kommt schließlich die Rettung: Der Hof soll als Drehort für einen Film auf Sylt dienen. Gäbe es da nur nicht ein kleines Problem: Linas Bruder hat den Hof ohne Wissen der Familie beworben! Und als wäre das nicht genug, taucht plötzlich Hendrik auf – ein charmanter Schauspieler, der sich auf seine Rolle vorbereiten will. Linas Begeisterung hält sich in Grenzen, denn noch ein Störenfried ist das Letzte, was sie braucht. Ihn loszuwerden, wird ihr Plan A. Dumm nur, dass ihr Herz plötzlich verrückt spielt – und für jede Menge Wirbel in ihrem Leben sorgt …

Dies ist eine Neuauflage des bereits erschienenen Titels SyltSeeLiebe (Verliebt auf Sylt 1).

Impressum

Überarbeitete Neuausgabe September 2025

Copyright © 2025 dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH Made in Stuttgart with ♥ Alle Rechte vorbehalten

E-Book-ISBN: 978-3-69090-414-8

Copyright © 2024, Michelle Schrenk Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits 2024 bei Michelle Schrenk erschienenen Titels SyltSeeLiebe (Verliebt auf Sylt 1) (ISBN: 978-3-75921-371-6).

Covergestaltung: Dream Design – Cover and Art, Michelle Schrenk Unter Verwendung von Motiven von: © canva (www.canva.com), Illustration Landhaus auf dem Land: © Margaryta Shevchyshena Lektorat: Susanne Jauss

E-Book-Version 05.09.2025, 10:55:13.

Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.

Abhängig vom verwendeten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

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Vorwort

Du suchst ein Buch mit ganz viel Meer und möchtest dich wegträumen?

Du glaubst an die Liebe und an Zeichen?

Dir ist das alles nicht zu zuckrig, sondern du magst genau das?

Dann ist diese Geschichte die richtige für dich.

Ich lade dich ein auf den Syltseehof auf der wunderschönen Insel Sylt, umgeben von der Nordsee, Möwen und vielem mehr. Lass dich mitnehmen, schalte ein wenig ab und genieße es. Verliebe dich am Meer, denn wenn schon Liebe, dann Syltseeliebe.

Gewalt ist keine Lösung

»Haben Sie etwa gerade ein Ei nach mir geworfen?« Der Mann im eleganten Anzug starrt mich schockiert an und wischt sich mit dem Taschentuch die Reste meines Wurfgeschosses von der Stirn.

Ja, ich weiß selbst, dass ich ein bisschen überreagiert habe. Gewalt ist keine Lösung, aber Eier zu werfen manchmal schon. Denn ich habe echt die Nase voll von diesen Investorengeiern, die andauernd versuchen, uns den Hof abzuknöpfen. Nur weil sie gehört haben, dass es uns nicht so gut geht. Pah! Ich bin sonst wirklich nicht so hysterisch, gerade habe ich mich allerdings doch etwas verloren – oder das Ei mich.

»Verschwinden Sie jetzt, ernsthaft«, zische ich. »Wir verkaufen nicht und sind auch nicht interessiert. An gar nichts, verstanden?«

»Wie Sie meinen. Aber falls Sie es sich doch noch anders überlegen, melden Sie sich bitte bei mir. Ich lege Ihnen meine Karte hier auf den Tisch.« Er macht Anstalten, in die Innentasche seines Sakkos zu greifen, woraufhin meine Hand schnell wieder in den Korb mit den Eiern wandert, die ich vorhin aus dem Stall geholt habe. Abwehrend hebt er die Arme. »Okay, okay. Ich schicke Ihnen lieber eine E-Mail mit meinen Kontaktdaten.«

»Gehen Sie jetzt, aber wirklich!«, rufe ich und kneife drohend die Augen zusammen.

»Bin schon weg. Nichts für ungut.« Er winkt ab, steigt dann in seinen viel zu polierten anthrazitgrauen Sportwagen und braust davon.

So ein Idiot. Wo sind die Möwen, wenn man sie mal braucht?

»Ahhhh, ich drehe durch!«, schreie ich, denn ich bin jetzt wirklich aufgebracht. Ich habe so sehr die Nase voll von irgendwelchen Leuten, die ungefragt hier auftauchen und zu wissen glauben, was gut für uns oder den Hof wäre.

»Lina? Alles okay? Wer war denn das?« Meine Mama kommt zu mir her und mustert mich sorgenvoll.

»Ach, mal wieder so ein Investorenfritze. Ich sage es dir, es nervt einfach nur noch.«

»Herrje, ärgere dich nicht. Die guten Eier.« Sie blickt zu dem zerbrochenen Matsch, der auf dem Boden liegt.

»Das mache ich gleich weg«, sage ich und seufze.

Mama legt sanft ihre Hand auf meine Schulter. »Ist es wirklich nur deswegen? Oder liegt dir noch was auf dem Herzen?«

Nun, wenn ich ehrlich wäre, würde ich ihr jetzt sagen, dass es nicht besonders gut um den Hof steht und dass es im Moment vorne und hinten nicht reicht. Ich hatte vorhin unseren Bankberater Herrn Knebel am Telefon, um ihn um einen Kredit zu bitten, und er meinte, er könne den so nicht genehmigen, obwohl er uns wirklich mag. Es sollte dringend Geld reinkommen. Er werde noch mal alles durchrechnen, könne mir allerdings keine große Hoffnung machen.

Aber ich erzähle davon nichts, sondern schüttele nur den Kopf. »Alles okay, ich hätte mich einfach nicht so aufregen sollen.«

»Schon in Ordnung. Wo sind denn Piet und Elsa?«, will Mama wissen.

»Elsa ist drinnen im Laden, Piet fährt gerade die Bestellungen aus. Und ich muss jetzt dringend ins Lager, die Eier wollen gesäubert und aufgeräumt werden.«

Sie lächelt und greift nach meinem Korb. »Komm, gib her, ich mache das schnell für dich. Und du versuchst in der Zwischenzeit mal, dich zu beruhigen, ja?«

Eigentlich will ich Nein sagen, nicke jedoch. »Danke, Mama. Ich bin gleich wieder da, okay?«

»Kein Problem, Schatz. Und denk daran, du kannst mit mir über alles reden.«

»Das weiß ich doch.«

»Na schön. Es wird schon alles werden. Denk einfach daran, was Papa immer gesagt hat.«

»Das mache ich, Mama, das mache ich«, antworte ich rasch. Ich muss mich nur eben beruhigen, dann wird das schon wieder, denke ich und mache mich auf den Weg zum Strand.

Ein Seestern ohne Zacken

Egal, wie verregnet es auch ist, einmal Liebe, immer Liebe – Syltseeliebe.

Ja, das hat mein Papa immer gesagt. Mir fehlen seine leichten Sprüche, seine Zuversicht. Ich lächele, als ich aufs Meer blicke und meine Zehen im warmen Sand vergrabe. Seit ich denken kann, ist es ein Ritual von mir, hier an unserem kleinen Strandabschnitt, der über einen direkten Weg vom Hof erreichbar ist, Ruhe zu finden und den Kopf frei zu bekommen. Und das brauche ich nach dem Vorfall mit diesem Investorengeier dringend.

Das sanfte Rauschen der Wellen umhüllt mich wie eine beruhigende Melodie, während der salzige Duft meine Sinne erfüllt. Fast so, als würde das Meer seine Geheimnisse mit mir teilen. Diese Momente am Strand sind für mich wie ein kostbares Geschenk, das mir Kraft und Hoffnung gibt, ähnlich wie die süßen Leckereien und Kekse, die meine Schwester Elsa backt.

Von dieser Stelle aus kann ich sogar das Reetdach auf dem Haupthaus unseres Bauernhofs in Rantum erkennen. Man kann hier in einigen Minuten von einer Küste zur anderen spazieren, weswegen man Rantum auch den »Ort zwischen den Meeren« nennt. Und die Natur ist wunderschön: das Rantumbecken, der kleine Hafen … Wie lange war ich nicht mehr dort. Dafür besuche ich ab und an die Buhnen. Sie dienten einst dem Küstenschutz, hatten jedoch nicht den erhofften Effekt. Dennoch sind sie wirklich hübsch anzusehen.

Ja, alles passt so schön, auch unser Hof. Mein Urgroßvater hat ihn seinerzeit aufgebaut, und er ist nun schon in der vierten Generation im Besitz unserer Familie. Zum Hof gehören neben meiner Schwester Elsa, meinem Bruder Piet und meiner Mama Inga auch ein paar Arbeiter wie Lasse, seine Frau Astrid sowie Katharina, die ab und zu hier aushilft. Und dann natürlich die Stallungen, die Tiere und ein großer Obst- und Gemüsegarten. Vieles von dem, was wir hier anbauen, landet im Hofladen, dem ein kleiner Cafébereich angeschlossen ist. Und genau so soll es auch bleiben.

Papa hat immer gesagt, dass wir die Liebe zum Hof und zu Sylt bewahren müssen, egal, wie stürmisch es auch sein mag. Dass uns das Leben den Weg weist und wir auf die Zeichen achten sollen, so verrückt sie auch sein mögen. Doch das ist in der gegenwärtigen Situation gar nicht so leicht, denn ich frage mich gerade, wie das alles weiter funktionieren soll. Seit Papas unerwartetem Tod ist eben nichts mehr, wie es einmal war.

Schon wieder spüre ich diesen Druck in der Brust und blicke zu den Wellen, die sanft über den Sand rollen. Ist es wirklich genug, einfach nur das Land und den Hof zu lieben? Denn natürlich müssen wir das alles auch weiterhin finanzieren – nur Luft und Liebe allein reichen da ja nicht aus. Doch ich bin bereit, zu kämpfen und alles dafür zu geben.

Ich seufze. Wenigstens scheint heute die Sonne. »Das wird schon alles, oder? Hast du nicht ein Zeichen für mich, liebes Leben?«, frage ich und sehe in den Himmel, als könnte ich mir von ihm eine Antwort erhoffen. Einen Moment lang beobachte ich die Möwen, die dort kreisen.

Und auf einmal – plopp!

Ernsthaft? Entgeistert starre ich auf den Fleck auf meiner Schulter und dann zurück in den Himmel. »Vielen Dank auch! Als hättest du hier nicht genug Platz, musst du ausgerechnet mich treffen«, rufe ich der Möwe zu, die am Himmel ihre Runden zieht und mich gerade angekackt hat. Und das auch noch, während ich über das Leben nachgedacht und nach einem Zeichen gefragt habe. Ganz toll. »Willst du mir damit irgendwas sagen, Leben?« Genervt lasse ich einen Schrei los. Okay, ich bin eindeutig zu theatralisch.

»Es will damit höchstens sagen, dass man hin und wieder nicht an der richtigen Stelle steht.«

Ich zucke zusammen und drehe mich rasch um, denn ich habe nicht damit gerechnet, beobachtet zu werden. Ein älterer Mann mit einem gezwirbelten grauen Schnurrbart steht vor mir und zwinkert mir zu. Er reicht mir ein Taschentuch, das ich lächelnd entgegennehme.

»Danke, wie lieb von Ihnen.« Das Tuch ist mit kleinen Möwen bestickt, was ich irgendwie witzig finde. »So, weg damit.« Energisch reibe ich mir über die Schulter. Wenigstens ist die Hinterlassenschaft der Möwe noch nicht angetrocknet, sodass ich sie einigermaßen problemlos entfernen kann.

»Du bist Lina Sörens, oder? Vom Syltseehof?«, fragt er mich nun.

Woher weiß er das? Prompt verkrampfe ich mich. Er ist wohl doch nicht so nett, wie ich dachte.

»Ja, die bin ich. Und sagen Sie jetzt nicht, dass Sie zu diesen ekligen Zeitgenossen von Immobilienfritzen und Investoren gehören, die unseren Hof haben wollen. Erstens bin ich in dieser Hinsicht heute nicht zu Späßen aufgelegt. Und zweitens verkaufen wir nicht!«

Er lacht und zwirbelt mit den Fingerspitzen an seinem auffälligen Schnurrbart. »Ach du liebe Zeit, nein, nein, keine Sorge. Ich bin’s nur, der Heiner.«

Nur der Heiner, okay. »Entschuldigung.« Erleichtert atme ich auf. »Ich wollte nicht so direkt sein, aber wegen diesen Aasgeiern bin ich immer sehr skeptisch. Erst vorhin musste ich wieder einen verjagen. Eine Plage, schlimmer als Möwendreck.«

Er mustert mich einen Moment lang, dann tätschelt er meine Schulter. »Das mit Johann, deinem Papa, tut mir sehr leid. Er war ein feiner Kerl, wirklich.«

Damit habe ich nicht gerechnet. Ohne dass ich es will, zieht sich mein Herz etwas zusammen. »Haben Sie ihn denn gekannt?«

»Ach, wir haben uns immer mal wieder gesehen und miteinander geredet. Er war ja oft in Hörnum am Hafen oder im Ort unterwegs. Wenn es warm wurde, hat man das Brummen seines Motorrads schon von Weitem gehört.«

»Stimmt, er ist immer gern auf der Insel herumgefahren.« Gedankenverloren lasse ich meinen Blick über das Meer schweifen. »Das waren noch Zeiten. Es kommt mir vor, als wäre das ewig weit weg.«

Heiner nickt versonnen. »Und wie geht es so ohne ihn auf dem Hof?«

Ich sehe ihn an. Einen Moment lang denke ich nach, dann antworte ich: »Gegenfrage: Wie geht es einem Seestern ohne Zacken?«

»Ich verstehe.«

Seufzend streiche ich mir die Haare aus dem Gesicht. »Aber wir kriegen das schon hin, irgendwie. Es muss«, sage ich fest entschlossen.

Er reckt den Daumen nach oben. »Das ist die richtige Einstellung, die hatte Johann auch. Er hatte immer so viel Vertrauen in das Leben und war fest davon überzeugt, dass es uns Zeichen schickt.«

Ja, so war er, mein Papa.

»Auf jeden Fall wäre ein Zeichen, wie wir es hinbekommen sollen, ganz nett. Doch ich denke, heute werde ich dem Leben keine Fragen mehr stellen. Das hat nicht so gut geklappt.« Ich deute auf den Fleck.

»Was wolltest du wissen? Vielleicht kann ich dir helfen.«

»Also, wenn Sie mir verraten, wie ich den Hof finanziell stabilisieren kann, ohne in irgendwelche Fallen zu tappen, sind Sie mein Held«, entgegne ich freiheraus.

»Dann werde ich mir mal Mühe geben.« Er lacht. »Aber Spaß beiseite. Manchmal sind es die Kleinigkeiten, die alles drehen können. Wenn man offen dafür ist, dann passieren die schönsten Dinge, davon bin ich überzeugt. Ich meine, wir haben es doch gut hier, oder? Die sanften Wellen, die sich am Horizont brechen, und die salzige Brise in der Luft – das alles erinnert uns daran, dass selbst in den scheinbar unendlichen Weiten des Ozeans die kleinen Momente des Glücks zu finden sind. Wie sage ich immer? In jeder Muschel kann eine Perle stecken.«

»Das klingt schön. Manchmal ist es aber auch nicht gut, offen zu sein. Da kann man ganz schön auf die Nase fallen«, gebe ich zu bedenken.

»Das tut mir leid.« Ich merke, dass er es ehrlich meint. »Ist euch das passiert?«

»Kann man so sagen.«

»Das gehört dazu. Gerade die Rückschläge sind es, die uns stärker machen und uns zeigen, welcher Weg der richtige ist. Und man lernt, was wichtig ist. Allein schon, dass wir uns jetzt unterhalten, kann doch eine positive Auswirkung haben. Vielleicht hat mein Spaziergang mich nicht ohne Grund hierhergeführt.«

»Wer weiß. Papa meinte ja immer, das Leben bringt das zusammen, was zusammen sein soll.« Ich sehe ihn fragend an. »Oh Mann. Ist das nicht verrückt?«

»Ganz und gar nicht. Das klingt schön. Entscheidend ist doch, wie du das alles interpretierst. Und dass du Vertrauen in das Leben hast. Wenn du das erkennst, hast du den Schlüssel in der Hand.«

»Den Schlüssel?«

»Ja, den Schlüssel, der alles verbindet und dich diese kleinen Zeichen sehen lässt. Benutzen musst du ihn allerdings selbst.« Er nickt mir aufmunternd zu.

Einen Augenblick lang stehen wir schweigend da. Ob es so einen Schlüssel gibt? Wirkliche Zeichen? Ich weiß es nicht.

»Also gut, dann werde ich mich mal auf den Weg zurück machen«, unterbricht Heiner meine Gedanken.

»Ja, klar. Danke, es hat mich sehr gefreut.«

»Mich ebenso.« Mit einem Lächeln wendet er sich ab und geht davon.

Ob es wirklich so sein sollte, dass wir uns treffen? Keine Ahnung. Eines kann ich allerdings sagen: Diese Begegnung hat auf alle Fälle gutgetan.

~~~

Ein Kacktag ist das

»Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig …«

Während ich die Eier zähle und nach ihrer Größe sortiere, kaue ich auf einem Friesenkeks herum. Zucker hat eine fast genauso beruhigende Wirkung auf mich wie das Meer. Und noch viel beruhigender ist es, wenn das Gebäckstück von meiner Schwester Elsa stammt.

»Vierundzwanzig …«

Auf einmal wird die Tür aufgestoßen, und ich schrecke auf. Beinahe hätte ich das Ei in meiner Hand fallen gelassen.

»Lina, ich habe da was Geniales auf Instagram entdeckt, das muss ich euch zeigen. Es könnte die Lösung all unserer Probleme sein!«, ruft mein Bruder Piet, der nun, gefolgt von meiner Schwester Elsa, den Laden betritt.

Ich liebe meine Geschwister und weiß es zu schätzen, dass auch sie sich immer etwas Neues überlegen, um den Hof über Wasser zu halten. Aber oftmals sind es merkwürdige Ideen. Die letzte war, dass wir uns doch Ponys anschaffen sollten.

»Warte kurz«, murmele ich vor mich hin und versuche, mich wieder zu konzentrieren. »Siebenundzwanzig, achtundzwanzig …« Ich seufze. »Ach was, schon verzählt.«

»Oje, was ist denn los?«, will Elsa wissen. Ihre braunen Augen sind neugierig auf mich gerichtet, während sie das benutzte Geschirr der Gäste, das sie von draußen hereingebracht hat, auf der Theke abstellt.

»Nichts. Ich zähle Eier«, antworte ich und ringe mir ein Lächeln ab.

Elsa lehnt sich über die Theke zu mir. »Ach, komm schon. Immer wenn du laut zählst, ärgerst du dich insgeheim über irgendwas.«

»Raus mit der Sprache. Mama sagte, du hättest jemanden mit Eiern beworfen?«, fragt nun auch Piet, der genau wie Elsa ziemlich aufgeregt zu sein scheint.

Die beiden kennen mich zu gut.

»Okay, erwischt. Ehrlich gesagt habe ich mich geärgert, ja. Da war wieder so ein Immobilienheini und …« Ich nehme mein Handy, entriegle es und reiche es den beiden. »Lest das mal. Obwohl ich so sauer war, hat er doch tatsächlich eine E-Mail hinterhergeschickt, das hat mich dann nur noch mehr genervt. Dabei war ich auf so einem guten Weg. Und jetzt war ich gerade am Meer und habe versucht, mich zu beruhigen. Aber gut.«

Kurz sind meine Geschwister mit Lesen beschäftigt, dann wenden sie sich wieder mir zu. »Das braucht uns nicht zu interessieren«, meint Piet. »Es ist doch das Übliche, und wir haben sowieso kein Interesse, also ärgere dich nicht.«

Elsa nickt zustimmend, während sie mir das Handy zurückgibt. »Das sehe ich auch so. Wenn wir uns ärgern, hält uns das nur davon ab, positive Energie zu haben. Da werden ja die Eier schlecht – oder kaputt wie in deinem Fall. Und das wäre schade.«

»Hahaha. Ja, schon. Aber bei diesen Geldgeiern verstehe ich keinen Spaß mehr. Die fragen überall an, kaufen alles auf und reißen die alten Häuser ab, die seit Jahrhunderten bestehen. So nach dem Motto: Zack, das machen wir einfach neu. Oder sie tarnen sich als irgendwelche Experten.« Ich muss schlucken, wenn ich daran denke. »Das eigentliche Übel ist ja, dass man gezwungen ist, zu verkaufen, weil alles so teuer geworden ist. Leute, die schon seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten hier auf der Insel leben, können sich den Unterhalt ihrer Häuser nicht mehr leisten. Das kann es doch nicht sein, oder?« Auffordernd sehe ich Piet und Elsa an.

»Wolltest du nicht aufhören, dich zu ärgern?«, entgegnet Piet. »Das bringt doch nichts.«

»Das stimmt schon, nervt mich aber trotzdem.«

»Wir schaffen das, ganz sicher«, meint Elsa. »Wir fallen auf niemanden mehr rein.«

»Absolut nicht. Und jetzt erzähl du mal, Piet«, fordere ich ihn auf. »Was hast du denn auf Instagram entdeckt, das die Lösung unserer Probleme sein könnte?«

»Das sagst du so abwertend. Du wirst dich gleich ernsthaft wundern.« Er zieht sein Handy aus der Tasche, und ich muss grinsen.

»Na ja, ich hoffe mal, es ist nicht eine dieser Anzeigen, die gerade überall auftauchen. Du weißt schon, die dir deinen Seelenpartner vorschlagen wollen.«

»Nein, nein, also …« Er tippt kurz auf dem Display herum, und als er das Gesuchte gefunden hat, schiebt er mir das Telefon über den Tresen zu. »Schau dir das mal an. Da wird ein Hof auf Sylt gesucht, als Schauplatz für einen Film. Ich denke, das wäre eine tolle Chance für uns, um ein bisschen bekannter zu werden. Wir sollten uns bewerben. Elsa ist auch begeistert.«

Stirnrunzelnd betrachte ich die Anzeige. »Für Dreharbeiten zu einem Film wird ein uriger Bauernhof auf Sylt gesucht, der seine Türen für uns öffnet«, lese ich laut vor und sehe dann Piet an. »Und das soll seriös sein? Auf Instagram? Ich wäre da ganz vorsichtig.«

»Das ist seriös, da bin ich mir ganz sicher. Vielleicht ist es ja auch ein Zeichen. Ein Schlüssel zum neuen Glück.«

Ein Schlüssel? Sofort denke ich an meine Begegnung mit Heiner. Aber das ist doch Quatsch. Piet scheint jedoch ganz überzeugt davon zu sein.

Ich räuspere mich. »Ein Zeichen? Wie kommst du denn darauf?«

»Glaub mir, du bist nicht die Einzige hier, die sich Gedanken macht. Aber warum nicht? Es kann doch eine Chance sein.«

Erneut betrachte ich die Anzeige, dann schüttele ich den Kopf. »Ich glaube nicht, dass es wirklich etwas Professionelles ist. Die wollen nur Adressen und andere Daten sammeln. Und ihr wisst ja, was beim letzten Mal passiert ist.«

Piet nickt. »Ja, schon. Aber das ist was anderes. Ich finde, wir könnten genau dieser urige Hof sein.«

»Ich finde es auch superspannend«, pflichtet Elsa ihm bei, und ich höre deutliche Euphorie in ihrer Stimme.

Ich sehe die beiden ernst an. »Es wird ein Hof gesucht, schön und gut. Doch was bedeutet das alles? Stellt euch vor, wir werden genommen. Wollen die dann am Ende Geld von uns? Ich bin da echt vorsichtig. Und warum wird dir so was überhaupt angezeigt?«

»Keine Ahnung, aber ich habe ohnehin das Gefühl, dass unsere Handys Gespräche mithören können. Und wir reden ja oft darüber, was wir mit dem Hof machen sollen.«

»Hm, wie auch immer, ich traue der Sache nicht«, bekräftige ich noch einmal. »Was ist das denn für eine Produktionsfirma, die auf Instagram eine Anzeige schaltet? Und selbst wenn es seriös wäre, warum sollten wir davon profitieren? Was bringt es uns – außer mehr Arbeit?«

Piet lacht. »Was es bringt? Na, das liegt doch auf der Hand. Erstens steht da was von Vergütung. Natürlich bezahlen die uns und nicht umgekehrt. Zweitens steigt das Interesse der Leute, wenn unser Hof im Fernsehen gezeigt wird. Wir werden für die Touristen bekannter, attraktiver, da ist so vieles möglich.«

»Eben.« Elsa reckt entschlossen den Daumen nach oben. »Also, ich stimme Piet zu. Denkt mal an Serien wie den Landarzt oder den Bergdoktor. Die Leute pilgern in Scharen zu den Orten, an denen die Filme gedreht werden. Das wäre doch richtig top für uns. Ich finde, wir sollten es zumindest versuchen.«

Doch ich schüttele schnell den Kopf.

»Ach komm, Lina. Was ist denn schon dabei? Probieren könnten wir es wirklich mal.« Elsa tätschelt mich am Arm.

Könnte das tatsächlich eine Chance sein?

»Was muss man denn tun, um dabei zu sein?«, frage ich nun zögernd.

»Das ist ganz einfach. Hier ist ein Bewerbungsformular. Man lädt Fotos vom Hof hoch und schreibt ein bisschen was dazu. Wer wir sind, was wir machen …«

Ich schaue mir alles an, bin jedoch immer noch skeptisch. »Wir haben so viel zu tun mit dem Anbau und der Ernte, der Instandhaltung des Hofes, den Tieren, dem Hofladen … Wenn dann noch Dreharbeiten hier stattfinden, endet das doch unweigerlich in einem Chaos. Egal, wie man es dreht und wendet. Klar, wir müssen uns etwas überlegen, aber das hier ist Quatsch.«

»Das sehe ich nicht so. Es muss doch einen Grund geben, dass ich die Anzeige entdeckt habe.«

»Ja, und der ist, dass du dich eindeutig zu viel auf Instagram herumtreibst.«

Piet seufzt, und Elsa wirkt ebenfalls geknickt. »Na gut, ich gehe mal nach draußen zu den Gästen«, sagt sie und verlässt den Laden.

Piet atmet tief durch. »Denk wenigstens mal darüber nach, Lina, okay? Es wäre wirklich eine gute Chance. Ich weiß, du hast immer noch an dieser Sache zu knabbern, aber …«

Er kommt nicht mehr dazu, seinen Satz zu beenden, denn die Tür wird aufgerissen, und Lasses Frau Astrid stürzt herein. Sie ist kreidebleich, und der Schock steht ihr ins Gesicht geschrieben. Augenblicklich wird mir klar, dass etwas passiert sein muss.

»Lina, Piet, kommt schnell. Lasse, er …« Sie atmet schwer. »Er ist von der Leiter gefallen.«

Sofort machen wir uns auf den Weg, ihr zu folgen. Auch Elsa schließt sich uns an.

»Ich habe schon den Notarzt verständigt«, erzählt Astrid uns, während wir auf den Obstgarten zurennen. Unter einem der hohen Sanddornsträucher liegt Lasse mit geschlossenen Augen und stöhnt immer wieder leise.

Das darf doch nicht wahr sein.

»Lasse, was machst du nur für Sachen? Wie geht es dir?«, rufe ich, als ich neben ihm in die Hocke gehe.

»Mein Bein. Ich fürchte, es ist gebrochen.« Seine Stimme klingt ziemlich schwach, und ich bin erleichtert, als nun in der Ferne schon das Martinshorn zu hören ist.

»Das sieht nicht gut aus«, flüstert Elsa, und ich befürchte, dass sie recht hat.

Wenig später hält der Krankenwagen auf der Straße, an die der Obstgarten angrenzt. Mittlerweile haben alle auf dem Hof davon Wind bekommen, dass etwas passiert ist, darunter auch Mama, Katharina und ein paar Gäste des Hofcafés. Sie alle stehen stumm da und sehen betreten zu, wie Lasse in den Krankenwagen verladen wird.

Astrid begleitet ihn. »Ich melde mich, sobald ich etwas weiß«, sagt sie noch, dann schließen sich auch schon die Türen, und der Krankenwagen fährt los.

»So ein Mist«, murmele ich und merke, wie verzweifelt ich bin. Nicht nur, weil es ein Schock für uns alle ist.

Es ist immer schlimm, wenn Unfälle passieren. Aber dieser Vorfall ruft besonders auch die Erinnerung an jenen Tag in mir wach, als unser Papa wie aus heiterem Himmel plötzlich umkippte. Sein Herz hatte einfach aufgehört zu schlagen, und der Notarzt, den wir sofort gerufen hatten, konnte nur noch seinen Tod feststellen. Noch heute ist bei jedem Krankenwagen, den ich sehe, bei jedem Martinshorn, das ich höre, augenblicklich die Erinnerung wieder da.

»Das wird schon wieder«, sagt Mama. Ich weiß, sie möchte uns damit beruhigen, doch innerlich zittere ich noch immer.

Ja, sicher wird es wieder. Aber mit Lasses Unfall kommen weitere Probleme auf uns zu, denn mit ihm fällt eine wirklich gute und zuverlässige Arbeitskraft aus. Er hat nicht nur die Tiere versorgt und sich um den Anbau und die Ernte gekümmert, sondern auch regelmäßig die Bestellungen ausgeliefert und ist oft mit auf den Markt gefahren. Er weiß, wie alles hier auf dem Hof funktioniert.

Was ist das nur für ein Tag? Ich blicke auf meine Schulter, wo der helle Fleck noch ein klein wenig zu sehen ist. Ein Kacktag ist das, aber so was von.

Unsinn – oder doch eine geniale Idee?

»Wusste ich es doch, dass du hier bist.« Piet setzt sich neben mich und blickt mich prüfend an.

»Ja, ich hatte die Wahl, entweder Kekse zu essen, um mich nicht noch mehr zu ärgern, oder noch mal Meeresluft zu schnuppern. Und da meine Hose schon zwickt …«

Er lächelt leicht, wird aber gleich wieder ernst. »Richtiger Mist ist das mit Lasse. Ich bin auch ganz überfahren.« Er lehnt sich zurück und schaut in den Himmel. »Oh Mann, was machen wir denn jetzt?«

»Stell dem Himmel keine Fragen«, entgegne ich. »Das habe ich vorhin auch schon versucht, und dann hat mich eine Möwe angekackt.«

Er lacht. »Was für eine Frage hattest du denn?«

»Eine Frage über das Leben. Ich wollte ein Zeichen, aber keine Ahnung, wie ich das deuten soll.«

»Also Möwendreck als Zeichen.« Er grinst.

»Ja, absurd. Zum Glück war zufällig dieser ältere Mann da, Heiner. Er hatte wenigstens ein Taschentuch für mich. Und stell dir vor, er kannte Papa.«

»Wirklich?«

»Ja, und er war echt nett. Ein paar Ratschläge hatte er auch. Er meinte, dass Zeichen Schlüssel sein könnten oder so. Dieser Satz hätte tatsächlich von Papa stammen können. Aber ganz ehrlich, was jetzt zählt, ist, dass wir dringend noch jemanden brauchen, der mithilft. Als ob wir nicht schon genug Probleme hätten. Langsam weiß ich echt nicht mehr, wie das alles funktionieren soll. Wir nehmen einfach zu wenig ein. Und jetzt fällt auch noch Lasse aus.« Vorsichtig frage ich: »Meinst du, auf uns liegt ein Fluch?«

Piet winkt ab. »Unsinn!«

»Warum geht dann alles schief? Ich wollte einen Kredit, doch Herr Knebel war nicht so begeistert davon. Ich weiß langsam auch nicht mehr weiter. Durch diese Sache da ist echt so viel schiefgegangen.«

»Ja, Mist. Aber Lasse bekommen wir sicher schnell ersetzt. So viele Leute wollen auf die Insel und sind bereit, für freie Kost und Logis zu arbeiten. Und damit du mir glaubst, schau mal hier.« Er sucht etwas auf seinem Handy, dann reicht er es mir.

»Bitte nicht schon wieder irgendein tolles Angebot auf Instagram!«

»Quatsch. Was meinst du, Schwesterchen, kann ich das so absenden?«

Was hat er denn jetzt wieder entdeckt? Zuerst denke ich, er will mich erneut mit diesen Dreharbeiten nerven, doch dann sehe ich, dass er bereits eine Anzeige aufgesetzt hat, in der wir einen Aushilfsarbeiter für den Hof suchen.

Für unseren Syltseehof, einen idyllischen Bauernhof auf der wunderschönen Insel Sylt, suchen wir möglichst ab sofort Verstärkung. Sind Sie engagiert, motiviert und gastfreundlich und teilen unsere Leidenschaft für die Landwirtschaft? Wir bieten freie Kost und Logis sowie ein familiäres und herzliches Arbeitsumfeld. Werden Sie Teil eines engagierten Teams, sammeln Sie Erfahrungen in der Landwirtschaft und genießen Sie dabei die Schönheit unserer Insel. Ihre Bewerbung senden Sie bitte per E-Mail an …

»Danke, dass du das gemacht hast. Dafür hätte ich gerade wirklich keinen Nerv gehabt«, sage ich, nachdem ich die Zeilen überflogen habe.

Piet nickt. »Das dachte ich mir schon.«

»Tapetenwechsel – was ist das für eine Plattform?«

»Soll gut sein, das habe ich schon von mehreren Seiten gehört«, antwortet er.

»Okay, versuchen kann man es ja wirklich mal.«

»Das stimmt.« Zögernd spricht er weiter. »Und man könnte noch viel mehr versuchen. Wir müssen nur … na ja, du weißt schon.«

Ich hebe eine Augenbraue. »Wusste ich es doch, dass du noch mal damit anfängst.«

Er stupst mich an. »Ach, komm schon, Lina, es wären nur zwei bis maximal vier Wochen – falls wir überhaupt ausgesucht werden.«

Ich zucke mit den Schultern. »Ich weiß, du denkst, dass es eine gute Chance sein kann. Aber mal ehrlich, der Hof wäre voll mit fremden Leuten, die sicher unsere Abläufe stören. Da würde dann auch bestimmt wieder irgendwas schiefgehen. Ich meine, wir lieben den Hof und wollen ihn doch erhalten, wie er ist. Am Ende wimmelt es hier von exzentrischen Schauspielern und Regisseuren, Kameraleuten und was weiß ich, wer noch alles dabei ist. Wie sollen wir da noch das tägliche Geschäft erledigen? Ich habe keine Lust, erneut auf die Nase zu fallen. Da sind wir echt schon zu tief getaucht, wenn du verstehst, was ich meine«, sage ich und blicke auf das Meer.

»Ich weiß, aber das ist was ganz anderes. Das Leben läuft doch einfach weiter. Schau, es wäre sowieso nur vorübergehend. Du darfst nicht von vornherein immer gleich alles schwarzmalen. Es geht ums Geld, die zahlen eine klasse Vergütung, und wer weiß, am Ende sind alle supernett. Wir müssen doch was tun, und trotzdem sagst du Nein. Das verstehe ich nicht. Denn wenn es Zeichen gibt, dann kann das eines sein.« Ich seufze, aber Piet lässt nicht locker. »Jetzt mal im Ernst, Lina. Du musst wieder offen werden. Manchmal muss man nur mutig genug sein, um in die Tiefe zu tauchen. Wie soll man sonst einen Schatz finden? Du möchtest doch auch, dass es dem Hof besser geht, oder?«

Offen werden. Tief tauchen. Ich weiß, was er damit meint. Und ja, irgendwie ist die Idee schon nicht schlecht, dennoch mache ich mir Sorgen, wie das laufen könnte. »Natürlich möchte ich, dass es dem Hof besser geht, aber ich will auch, dass er so bleibt, wie er ist. Und nicht, dass sich alles verändert.«

»Damit etwas passiert, muss sich etwas ändern. Ganz einfach.«

Was mache ich denn nun? Soll ich ihm sagen, dass er es probieren soll? Ich meine, das klappt doch sowieso nicht.

»Ach Piet, keine Ahnung, ich kann so ein Gespräch jetzt nicht führen. Das mit der Aushilfe macht Sinn. Aber das andere? Ich weiß nicht …«

»Dafür weiß ich es. Es macht Sinn, versprochen, du wirst sehen. Taucheranzug an und los – oder so ähnlich.«

Kurz denke ich über seine Worte nach, doch bevor ich etwas entgegnen kann, kommt Elsa mir zuvor. »Lina, Piet!« Aufgeregt läuft sie auf uns zu und setzt sich neben uns in den Sand.

»Was ist los?«, frage ich.

»Ich habe Nachricht von Lasse. Das Bein ist tatsächlich gebrochen, aber sonst geht es ihm gut.«

Ich seufze. »Das mit dem Bein ist totaler Mist. Zum Glück ist es nur das.«

Elsa sieht mich jedoch so merkwürdig an, als wäre das noch nicht alles gewesen. Und mein Verdacht bestätigt sich prompt. »Leider haben wir auch noch ein anderes Problem.«

Innerlich verdrehe ich die Augen und spüre schon wieder Panik in mir aufsteigen. Ich habe wirklich langsam die Schnauze voll von Problemen. Über uns kiekt eine Möwe. »Was ist denn?«

Ein verschmitztes Lächeln breitet sich nun auf dem Gesicht meiner Schwester aus. »Wir haben noch Eierlikör, der getrunken werden muss. Außerdem warten ein paar Gäste im Café. Kommt ihr?«

Ich stupse sie in die Seite, und Elsa lässt sich nach hinten in den Sand fallen. »Du bist wirklich schrecklich, Elsa, weißt du das?«, rufe ich, worauf sie ausgelassen kichert.

Piet schüttelt den Kopf. »Elsa, du bist echt fies.« Er steht auf und hält mir seine Hände hin. »Na, dann komm mal wieder mit.«

Ich ergreife seine Hände und lasse mich zu ihm nach oben ziehen. »Okay, machen wir mal weiter.«

Ein Käffchen am Morgen

»Also, dann wollen wir mal«, murmele ich, während ich in meine Gummistiefel schlüpfe und den letzten Schluck von meinem Kaffee trinke, den ich morgens immer brauche.

Seit Lasses Unfall sind bereits einige Tage vergangen, und obwohl wir alle zusammen anpacken, fehlt er trotzdem spürbar. Jeden Morgen überprüfe ich die Liste der anstehenden Aufgaben und versuche, einen Plan zu schmieden, wie wir alles bewältigen können. Doch die Realität holt mich immer wieder ein, wenn unerwartet Probleme auftauchen. Zum Glück hat Katharina in den letzten Tagen verstärkt ausgeholfen. Eine Dauerlösung ist das allerdings nicht, weil sie auch noch einen anderen Job hat und somit für uns nicht unbegrenzt Zeit aufbringen kann.

Doch Grübeln hilft nicht, Anpacken allerdings schon. Und so mache ich mich auf den Weg in den Stall, wo die Kühe bereits ungeduldig warten.

»Na, habt ihr gut geschlafen?«, frage ich sie und mache mich daran, die erste von ihnen zu melken. Als ich fertig bin, bringe ich die Milch weg und kümmere mich anschließend um die Hühner. Die Eier, die sie gelegt haben, müssen eingesammelt werden.

»Moin!«, ruft Elsa mir zu, als ich den Hühnerstall wieder verlasse. Sie ist dabei, die Körbe, die wir für die Obsternte brauchen, aus dem Schuppen zu holen. Als ich sie damit sehe, wird mir klar, wie viel heute zu tun ist. Oh Mann.

Nachdem ich die Eier im Lagerraum einsortiert habe, treffen wir uns vor dem Haus. »Im Laden ist schon alles so weit fertig, die Kunden können kommen«, berichtet Elsa mir. »Na ja, ich hoffe, es kommen auch wirklich ein paar.«

»Perfekt. Und ja, das hoffe ich auch«, lobe ich sie und strecke mich. Es tut gut, die Sonne auf der Haut zu spüren.

Piet gesellt sich mit einer Tasse Kaffee in der Hand zu uns. »Moin, habt ihr gut geschlafen?«, fragt er, und ich nicke, obwohl die Nacht mal wieder unruhig war.

»Na ja, geht so. Sind die Bestellungen fertig?«

»Jap, heute geht es auch zum alten Herrn Rhode.« Er stöhnt demonstrativ. »Lasse kann es echt gut mit ihm. Ich mag ihn auch, aber er ist schon anstrengend.«

»Da musst du jetzt wohl oder übel durch«, entgegnet Elsa fröhlich.

Sie und ich helfen Piet noch, die Bestellungen in den Lieferwagen zu verladen, damit er losfahren kann. Mama übernimmt heute Morgen den Hofladen, während Elsa und ich uns auf den Weg in den Obstgarten machen, um verschiedene Beeren zu ernten. Eigentlich alles machbar, allerdings wären wir mit Lasse und Piet an unserer Seite deutlich schneller.

Nachdem Elsa und ich zwei Stunden lang Brombeeren, Johannisbeeren, Blaubeeren und auch schon den ersten Sanddorn gepflückt haben, treffen wir uns mit Mama und Katharina im Hofcafé zu einem späten Frühstück. Es duftet nach frischem Gebäck, zudem haben wir hausgemachte Konfitüre aus unserem eigenen Obst vor uns stehen. Alles made by Elsa. Vor allem der für die Küstenregionen so typische Sanddorn ist bei unseren Kunden und Gästen sehr begehrt. Elsa zaubert die verschiedensten Köstlichkeiten daraus.

»Ist Astrid schon ins Krankenhaus gefahren? Sie holt Lasse ab, oder?«, fragt Katharina, während sie sich eine Scheibe Brot mit Elsas leckerem Apfel-Sanddorngelee bestreicht.

»Ja, gleich heute in der Früh, aber ich weiß nicht, wie lange es dauert und was danach passiert. Es steht ja eine Reha im Raum«, antwortet Mama und rührt sich Zucker in den Kaffee. »Zum Glück geht es Lasse besser als erwartet. Dennoch wird er sicher für mehr als sechs Wochen ausfallen.«

»Das ist wirklich Mist.« Katharina wirkt bedrückt. »Er hat sich so viele Gedanken gemacht. Gerade im Moment, wo so viel Hilfe auf dem Hof gebraucht wird.«

Ich winke ab. »Das bringt jetzt nichts. Darüber soll er sich keine Gedanken machen. Hauptsache, er wird wieder fit.«

Nachdem wir gefrühstückt haben, gehen Elsa und ich wieder hinaus in den Garten, Mama bleibt mit Katharina im Laden. Ich stecke mir die Kopfhörer ins Ohr, rufe meine Playlist auf und bin voll in meinem Element. Genau wie Elsa. Routiniert ernten wir weiter verschiedene Beeren.

Nach einer Weile kommt Mama zu uns und winkt aufgeregt mit beiden Armen. Ich schalte die Musik aus, ziehe die Airpods aus dem Ohr und sehe sie fragend an. »Alles okay? Ist irgendwas?« Kurz bekomme ich echt Panik. Elsa legt noch eine Handvoll Beeren in ihren Korb, ehe sie ebenfalls ihre Kopfhörer herausnimmt.

»Da ist jemand gekommen«, berichtet Mama. »Der Mann wollte zu Piet, doch der ist noch unterwegs. Er sagt, er heißt Hendrik Feddersen und ist die neue Aushilfe oder so. Weißt du etwas darüber?«

Erst schüttele ich den Kopf, aber dann fällt es mir wieder ein. »Ach, doch. Piet hat eine Anzeige für eine Arbeitskraft aufgegeben. Das wäre ja megagut, wenn das jetzt schon klappen würde. Ich komme gleich mal mit«, sage ich und sehe zu Elsa. »Du hältst hier die Stellung?«

»Klar.«

»Er scheint jedenfalls ein netter Kerl zu sein«, meint Mama, während wir zusammen den Weg nach oben zum Hof gehen. »Wobei er nicht gerade aussieht wie jemand, der schon mal auf einem Hof gearbeitet hat.«

Ich zucke lachend mit den Schultern. »Wie soll so jemand denn aussehen? Das ist bestimmt ein Student, was ja egal ist. Hauptsache, er packt mit an.«

»Ja, warten wir einfach mal ab. Wie gesagt, freundlich wirkt er auf alle Fälle, und er ist äußerst … na ja, attraktiv.« Sie sieht mich grinsend an.

»Mama! Ein Student ist doch zu jung für dich!«

»Nicht für mich, aber vielleicht für dich …«

»Ich habe doch keine Zeit für Männer – und keinen Nerv. Und er kann noch so hübsch sein, das ist kein Einstellkriterium«, mache ich zudem deutlich.

»Nein, aber wenn ein Mann schön anzusehen ist, ist das auch nicht verkehrt.« Sie zwinkert mir zu.

Währenddessen nähern wir uns dem Mann, der vor dem Laden wartet und sich interessiert umsieht. Okay, auf den ersten Blick muss ich schon zugeben, dass Mama recht hat. Er hat helle Haare, ist gut gekleidet und hat ein verschmitztes Grinsen auf den Lippen. Ehrlich gesagt sieht er wirklich aus wie ein Student. Aber Piet wird sich schon etwas dabei gedacht haben. Apropos, mein Bruder hätte uns auch Bescheid sagen können, dass jemand kommt, um sich vorzustellen. Doch vermutlich hat er es in der Hektik einfach nur vergessen.

»Moin«, begrüße ich ihn, als ich vor ihm stehen bleibe. »Ich bin Lina Sörens, und das ist meine Mama Inga, die Sie ja schon kennengelernt haben.«

Er sieht mich an, und sein Blick ist irgendwie merkwürdig. Habe ich etwas im Gesicht? Aber nun räuspert er sich. »Moin, Entschuldigung. Freut mich, ich bin Hendrik. Es ist doch okay, wenn ich Du sage?«

Als ich nicke, streckt er mir seine Hand hin, und ich ergreife sie. Sein Händedruck ist angenehm, nicht zu fest und auch nicht zu lasch. Seine hellen blauen Augen liegen auf mir, während sein Lächeln noch etwas breiter wird.

»Ich gehe mal wieder zurück in den Laden«, sagt Mama. »Wir sehen uns dann?«

Während sie sich auf den Weg in den Laden macht, blickt Hendrik sich erneut um. »Das ist wirklich ein schöner Hof«, sagt er. »Ein Traum, so echt und malerisch. Und wie auf den Fotos.«

Welche Fotos meint er? Ach, bestimmt hat Piet welche zusammen mit der Stellenanzeige gepostet.

»Ähm, ja. Danke, wir geben unser Bestes«, entgegne ich.

»Nun, ich bin jedenfalls voller Tatendrang und bereit, zu helfen und anzupacken. Wenn ich schon hier sein darf.«

Bei dem Wort anzupacken mustere ich seine Finger, die aussehen, als ob sie noch nie in der Erde gewühlt hätten. Oh Lina, nur keine Vorurteile!

Als Nächstes fällt mein Blick auf seine sauber polierten Turnschuhe. Er trägt allen Ernstes weiße Schuhe? Auf einem Bauernhof?

»Schöne Schuhe«, sage ich und deute auf seine Füße. »Aber die werden nicht so sauber bleiben, wenn du sie hier anziehst.«

Er streicht sich lachend durch die Haare. »Ja klar, ich werde mich schon noch umziehen. Das ergibt ja auch Sinn. Ich wollte nur einen guten Eindruck machen.«

Ich beschließe, es dabei zu belassen, und nicke nur, zumal er jetzt in die Hände klatscht.

»Aufregend ist das, oder?«, fragt er.

»Ja, also … es geht so.«

»Klar, ich bin ja neu in der Rolle. Aber ich habe schon einiges über die Landwirtschaft gehört. Und mittendrin zu sein, ist schon noch mal was anderes. Was wartet denn alles auf mich?«

Ich unterdrücke ein Seufzen. Er hat wohl echt keine Ahnung, was ihn erwartet. »So einiges. Hier gibt es immer viel zu tun. Zum Beispiel das Melken der Kühe, die Obsternte, die Pflege der Tiere, die Arbeit im Laden und im Café, Auslieferungen …«

Er lässt sich davon jedoch nicht aus der Ruhe bringen. »Das klingt alles super. Die Arbeit in der Natur, die frische Luft – das wird bestimmt großartig und idyllisch! Und ich bekomme endlich mal mehr Farbe im Gesicht.« Grinsend reckt er den Daumen nach oben.

»Diese Einstellung kann schon mal nicht schaden, Hendrik. Mal sehen, wie idyllisch du die Arbeit hier in ein paar Tagen noch findest.«

Er lacht. »Willst du mir die Sache etwa ausreden?«

»Nein, nein, alles gut, ich freue mich ja über deine Hilfe.«

»Ich freue mich auch, dass ich helfen darf.« Er atmet tief durch. »Die Luft ist echt beeindruckend frisch. Und das Meer ist gleich da vorne, oder? Ich liebe das Meer. Ist schon wieder zu lange her. Das letzte Mal war ich auf Malle, aber das ist etwas anderes.«

»Das stimmt. Und es liegt nur ein Fußweg zwischen unserer Grundstücksgrenze und dem Strand.«

»Wie schön, das pure Inselglück – oder Küstenglück. Aber jetzt genug geschwärmt. Wie geht es weiter? Ich stehe dir zu Diensten.« Tatkräftig schiebt er die Ärmel seiner schicken Jacke nach oben.

Lustig ist er ja schon.

»Du möchtest loslegen? Okay. Wir müssen allerdings erst noch das mit dem Vertrag und die übrigen Formalitäten erledigen«, wende ich ein.

»Ja, klar. Wobei Piet meinte, er würde das dann noch klären.«

»Piet ist aber gerade nicht da, er fährt Bestellungen aus, also … Egal, ich zeige dir jetzt erst mal den Hof und das Zimmer, in dem du übernachten kannst. Später ist mein Bruder dann sicher auch wieder da, und wir können alles Weitere besprechen. Aber gut, dass du gleich mit anpacken willst. Gerade ist hier wirklich Land unter.«

Zur Bekräftigung nickt er mehrmals. »Klar, so machen wir es.«

»Also gut, dann ganz offiziell willkommen auf dem Syltseehof. Meine Schwester Elsa ist gerade noch im Obstgarten, wo wir heute verschiedene Beeren ernten. Meine Mama hast du ja schon kennengelernt.« Ich blicke mich um. »Siehst du, da drüben ist das Café«, sage ich und zeige zu den beiden Tischen vor dem Laden, wo Mama gerade einem älteren Ehepaar Kaffee und Kuchen serviert.

Als sie uns bemerkt, hebt sie die Hand. »Möchten Sie nicht erst noch einen Kaffee?«, ruft sie Hendrik zu.

Er lächelt breit. »Ein Käffchen? Also, dazu sage ich nicht Nein.«

Ein Käffchen? Oh Mann, das geht ja schon gut los.

»Mama, wir haben echt keine Zeit«, wende ich ein, aber sie winkt ab.

»Lass ihn doch erst mal ankommen, Lina. Dann kann ich ihm auch gleich den Laden zeigen. Hol du doch inzwischen mal Elsa, damit sie unseren Neuzugang ebenfalls begrüßen kann.«

Ich rolle innerlich mit den Augen. »Gut, dann machen wir eben jetzt Pause. Ich sage Elsa Bescheid.«

Hendrik hebt bedauernd die Schultern und geht zu Mama hinüber, während mir nichts anderes übrig bleibt, als mich auf den Weg zu Elsa in den Obstgarten zu machen.

»Und, wie ist er?«, will sie wissen, als ich vor ihr stehe.

Ich ziehe die Stirn in Falten. »Na ja … ich hoffe, Piet hat sich etwas dabei gedacht, Hendrik einzustellen. Hoffentlich verursacht er nicht noch mehr Arbeit, als wir ohnehin schon haben.«

»Darf ich dir vielleicht ein paar Beeren anbieten zur Beruhigung?« Sie deutet auf den Korb mit den Brombeeren, die sie soeben gepflückt hat.

»Haha, sehr witzig! Weißt du, was er gerade macht? Er trinkt mit Mama ein Käffchen. Kommst du bitte mal kurz mit, dann lernt ihr euch gleich kennen.«

»Klar.« Sie zieht ihre Handschuhe aus und stopft sie in die Tasche ihrer Schürze. »Ein Käffchen, wie süß. Jetzt bin ich wirklich neugierig. Was macht er denn für einen Eindruck?«

»Sagen wir es mal so, man würde so jemanden nicht auf einem Bauernhof vermuten.«

Sie kichert. »Damit machst du mich nur noch neugieriger. Also, gehen wir?«

Er hat es wirklich getan

Als wir den Hofladen betreten, sitzen Hendrik und Mama an der Theke. Beide haben eine dampfende Tasse Kaffee vor sich und plaudern angeregt miteinander.

»Da seid ihr ja«, ruft Mama uns zu, als sie uns entdeckt. »Setzen wir uns doch ein bisschen raus an die Sonne, dort können wir auch in Ruhe reden.« Sie deutet zu Elsa. »Ach, Hendrik, das ist übrigens Elsa, meine Jüngste.«

Elsa mustert ihn interessiert. »Moin, freut mich. Du bist also die neue Aushilfe?«

Er grinst. »Ja, kann man so sagen.«

»Hendrik meinte gerade, er sei sehr motiviert, und er freut sich, hier zu sein. Das ist doch toll«, erzählt Mama, die sich tatsächlich begeistert anhört. Dann steht sie auf und gibt Hendrik ein Zeichen, ihr nach draußen zu folgen.

»Der ist doch echt schnuckelig«, raunt Elsa mir zu und stupst mich leicht an.

Anstatt darauf zu antworten, frage ich sie nur: »Willst du auch einen Kaffee?«

»Jap.«

Ich brühe zwei Tassen Kaffee für sie und mich auf, und als ich damit nach draußen trete, sitzen die drei bereits zusammen am Tisch.

»Wir sind wirklich froh«, sagt Mama gerade. »Im Moment brauchen wir nämlich dringend Hilfe. Lasse, einer unserer wichtigsten Mitarbeiter, hat sich das Bein gebrochen.«

»Oh, der Arme. Das ist schlimm. Aber es geht ihm schon besser, oder?« Hendrik setzt eine betretene Miene auf und beißt in einen der buttrigen Friesenkekse, die Elsa regelmäßig backt. Mama hat sie wohl mit nach draußen genommen. »Mmh, die sind echt zum Niederknien. Was ist das?«

Elsa strahlt. »Das sind Friesenkekse, die backe ich mehrmals in der Woche.«

»Richtig gut. Was ist da drin? Ist das typisch für Sylt?«

»Ja, sie zählen zu den Spezialitäten der Region hier. Sind aber super einfach: Butter, Zucker, Mehl, Vanillezucker, Speisestärke, Eier und gehackte Mandeln. Und dann wird der Teig einfach nur zu einer Rolle geformt, in Scheiben geschnitten und gebacken.«

»Sehr cool. Nun, ich bin gespannt, was ich alles zu tun bekomme, und hoffe, ich kann Lasse gut ersetzen. Für mich ist das sehr wichtig«, meint Hendrik. »Vermutlich soll ich auch mal hier im Laden und im Café helfen? Wann geht es denn morgens immer los? Kann man ausschlafen, oder muss man schon um sieben auf der Matte stehen?«

»Also, bei uns geht es um fünf oder sechs Uhr morgens los, Hendrik«, erkläre ich ihm mit ernstem Blick, worauf er etwas verlegen wirkt.

»Ah klar, kein Problem. Ist auch mal eine neue Erfahrung für mich, auf die ich mich freue.«

Eine neue Erfahrung, auf die er sich freut? Na gut, er weiß natürlich noch nicht, wie das hier alles ist.

In diesem Augenblick fährt Piet mit dem Lieferwagen auf den Hof. Nicht weit von uns entfernt hält er an und steigt aus. Er winkt und kommt dann zu uns her.

»Moin, da komme ich ja im richtigen Moment. Ich brauche auch einen Kaffee und Kekse. Herr Rhode war heute so was von anstrengend«, erzählt er, während er sich zu uns setzt. »Langsam bewundere ich Lasse, wie er das immer hinbekommt. Bitte nicht falsch verstehen, ich mag den alten Herrn gern, aber wenn man wenig Zeit hat, ist es schon eine Herausforderung, sich aus dem Gespräch zu stehlen.«