Tatsächlich Liebe in Notting Hill - Ali McNamara - E-Book
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Tatsächlich Liebe in Notting Hill E-Book

Ali McNamara

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Beschreibung

Scarlett liebt Filme – vor allem die mit Hugh Grant. Sich in Filme hineinzuträumen ist einfach so viel aufregender als ihr wahres Leben: Sie arbeitet in der Firma ihres Vaters und ist mit dem zuverlässigen aber langweiligen Bankier Dave verlobt. Doch dann wird sie darum gebeten, auf ein Haus in Notting Hill aufzupassen – und plötzlich scheint es so, als spiele sie die Hauptrolle in einem ihrer Lieblingsstreifen. Angefangen mit ihrem unglaublich attraktiven, wenn auch ein wenig wortkargen Nachbarn ...

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Seitenzahl: 612

Veröffentlichungsjahr: 2012

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Buch

Scarlett liebt Filme – vor allem die mit Hugh Grant. Ob sie ihren Verlobten, den zuverlässigen Bankier und leidenschaftlichen Heimwerker Dave, genauso liebt, ist eine andere Frage. Eine, die ihr schlaflose Nächte bereitet. Es kommt also wie gerufen, als sie gebeten wird, ein Haus in Notting Hill zu hüten. Etwas Zeit für sich am Ort eines ihrer Lieblingsfilme scheint genau das Richtige zu sein. Doch bald schon kommt es ihr vor, als sei sie mitten in einer romantischen Hugh-Grant-Komödie gelandet. Gleich am ersten Tag findet sie auf der Portobello Road einen Freund fürs Leben, als der Modedesigner Oscar ihr ein Glas Orangensaft aufs weiße T-Shirt schüttet. Und dann ist da auch noch ihr ungehobelter, äußerst attraktiver Nachbar Sean, der Scarlett ein wenig um den Verstand bringt …

Autorin

Ali McNamara schrieb zum Spaß Geschichten im Internet, die so viel Anklang fanden, dass sie für einen wohltätigen Zweck versteigert wurden. Dadurch fand sie die Selbstsicherheit, das Schreiben nicht nur als Hobby zu betreiben. Wenn sie nicht schreibt, sieht sie zugegebenermaßen zu viel fern, isst Unmengen von Schokolade und treibt (mehr oder minder) gerne Sport, um die Schokolade wieder abzuarbeiten. Ali McNamara lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Cambridge. »Tatsächlich Liebe in Notting Hill« ist ihr erster Roman.

Ali McNamara

Tatsächlich Liebe

in Notting Hill

Roman

Aus dem Englischen

von Sina Baumanns

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Die Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel »From Notting Hill with Love … Actually« bei Sphere, an imprint of Little, Brown Book Group London.

Deutsche Erstveröffentlichung Januar 2013

Copyright © der Originalausgabe 2010 by Ali McNamara

Copyright © der deutschsprachigen 2013 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München

Redaktion: Kristina Lake-Zapp

MR · Herstellung: Str.

Satz: omnisatz GmbH, Berlin

ISBN 978-3-641-08622-0V002

www.goldmann-verlag.de

Für alle,

die sich beim Anblick von Sternschnuppen

etwas wünschen …

1

Wie Julia Roberts fühlte ich mich nicht gerade, als ich die stickige, überfüllte Londoner U-Bahn verließ. Nirgendwo standen Paparazzi und warteten darauf, jede noch so kleine Bewegung von mir abzulichten – wenn man einmal von zwei japanischen Touristen absah, die ein schwarzes Londoner Taxi fotografierten.Wahrscheinlich sah ich Julia Roberts aber auch gar nicht ähnlich, als ich mit meinem alten blauen Rollkoffer über den Bürgersteig rumpelte und ehrfürchtig den Londoner Stadtteil Notting Hill betrachtete, den ich so gut zu kennen glaubte.

Für gewöhnlich verglich man mich eher mit einem anderen Filmstar – einer Hollywood-Schauspielerin aus alten Zeiten. Mit meinem rabenschwarzen Haar und den grünen Augen ließ sich eine gewisse Ähnlichkeit mit Vivien Leigh aus dem Film Vom Winde verweht vielleicht wirklich nicht leugnen. Da meine Eltern mich freundlicherweise auch noch auf den Namen Scarlett getauft hatten, trug dieser Name sein Übriges dazu bei.

Es sieht alles ganz anders aus als im Kinofilm, dachte ich enttäuscht, als ich die Portobello Road hinunterwanderte, auf der sich viele Antiquitäten- und Kunsthandwerksläden aneinanderreihten. Wo war bloß dieser pulsierende Markt, über den Hugh Grant geschlendert war und auf dem exzentrische Händler ihre verrückten, wahnwitzigen Waren anboten? Zwar gab es durchaus ein paar Marktstände, doch man konnte einen Obst-und-Gemüse-Stand sowie einen zwielichtigen Verkäufer, der Uhren feilbot, wohl kaum mit einem Hollywood-Film vergleichen.

Schon immer habe ich alle Filme geliebt, in denen Hugh Grant mitspielt. Keine Ahnung, warum – er ist nämlich eigentlich gar nicht mein Typ; ich mag es einfach nur, ihn auf der Leinwand zu sehen. Am allerglücklichsten war ich in der Ära von Vier Hochzeiten und ein Todesfall, Notting Hill und Bridget Jones. Einen Hugh-Grant-Film anzuschauen, hat etwas sehr Tröstliches. Man weiß eben vorher schon, dass in den ersten drei Minuten weder jemand in die Luft gesprengt noch gequält wird, und das Schlimmste, was passieren könnte, wäre, einen schlaksigen Waliser dabei zu beobachten, wie er in Unterhosen Mayonnaise isst.

Ich bin mir sicher: In der Wegbeschreibung stand, dass ich in der Nähe eines Cafés abbiegen muss … Ich warf einen Blick auf den Zettel in meiner Hand. Ich sollte mich wirklich darauf konzentrieren, zuerst das Haus zu finden. Danach kann ich mich immer noch um den ganzen Filmkram kümmern.

Suchend schaute ich mich nach einem Straßenschild um.

Oh, ist das nicht das Haus mit der blauen Haustür, in dem Hugh Grant im Film gelebt hat? Nein, Scarlett, jetzt konzentrier dich und hör auf damit, mit offenen Augen zu träumen! Du bist hergekommen, um allen etwas zu beweisen. Lass ja nicht zu, dass die anderen recht behalten!

Schließlich fand ich die richtige Nebenstraße, bog von der Portobello Road ab und setzte meinen Weg fort. Aber sofort wurde ich wieder abgelenkt, dieses Mal jedoch aus gutem Grund. Es wäre sogar geradezu unverschämt gewesen, nicht anzuhalten und mich kurz umzuschauen. Denn vor mir erblickte ich den Buchladen.

Kennt ihr den Travel Bookshop? Die Buchhandlung aus dem Film Notting Hill, in der sich Hugh Grant und Julia zum ersten Mal begegnen? Zögerlich blieb ich auf der Türschwelle stehen. Ich sollte wirklich lieber weitergehen und das Haus ausfindig machen, aber das hier war der Buchladen. Ein paar Minuten würden sicherlich nicht schaden.

Drinnen stellte ich schnell meinen Koffer ab und bemühte mich, in nicht allzu große Verzückung auszubrechen, als ich sah, wie sehr der echte Laden der Buchhandlung aus dem Film glich.

Also ging ich weiter nach hinten durch und musterte die Regale, wobei ich so tat, als sei ich tatsächlich daran interessiert, mir ein Buch zu kaufen. Hoffentlich sah ich nicht wie ein Tourist aus, der hier bloß herumlungerte, um Hugh Grant hinter der Ladentheke zu entdecken, wie er gerade einen Kunden bediente!

»Wunderbares Land, Nepal«, erklang eine Stimme neben mir. Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass jemand neben mir stand, so hingerissen war ich, mich tatsächlich in einem meiner Lieblingsfilme zu befinden. »Waren Sie schon einmal dort?«

Mein Blick fiel auf das Buch über die Gebirgszüge des Himalayas, das ich in der Hand hielt.

»Bitte? Oh … ähm, nein. Und Sie?«, fragte ich. Als ich mich zu der Stimme umdrehte, stand ein junger Mann vor mir, der ein Buch in das Regal neben mir zurückstellte.

»Ja, obwohl es schon einige Jahre her ist. Ich kann Ihnen das Land sehr empfehlen, falls Sie gerade darüber nachdenken hinzureisen.«

»Danke – das werde ich mir merken. Ähm, arbeiten Sie hier?«, fragte ich hoffnungsvoll in der Annahme, womöglich gleich einen Volltreffer gelandet zu haben. In einer Buchhandlung für Reiseführer angemacht zu werden, war wirklich zu schön, um wahr zu sein. Vielleicht sollte man mich doch Julia nennen?

»Nein. Wie um alles in der Welt kommen Sie denn auf diese Idee?«

Bei genauerem Hinsehen stellte ich fest, dass der Mann einen langen schwarzen Regenmantel trug und eine Aktentasche in der einen sowie eine Tüte voller Lebensmittel in der anderen Hand hielt.

»Oh, Entschuldigung, natürlich tun Sie das nicht«, erwiderte ich schnell und schalt mich innerlich dafür, dass ich mich von einem dieser Filmmomente derart hatte mitreißen lassen. »Wie dumm von mir.«

»Ja«, entgegnete der Mann und musterte mich abschätzig von Kopf bis Fuß. »Das war es in der Tat.«

Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und verließ die Buchhandlung.

Einen Augenblick lang starrte ich ihm sprachlos hinterher, das Schrillen der Türklingel immer noch im Ohr. »Reizend!«, murmelte ich und nahm wieder meinen Koffer. »Ich hoffe, nicht alle hier sind so unfreundlich. Jetzt muss ich mich aber wirklich darauf konzentrieren, das Haus zu finden. Wo um Himmels willen habe ich bloß den Zettel mit der Adresse hingepackt?«

Ich stand auf dem Bürgersteig vor der Buchhandlung und suchte ein paar Minuten lang sämtliche Hosen- und Jackentaschen ab, anschließend durchforstete ich meine Handtasche, dann wieder alle Taschen meiner Kleidung. Da allmählich Panik in mir aufstieg, machte ich schnell kehrt, um noch einmal in den Laden zurückzugehen und nachzusehen, ob ich den Zettel dort vielleicht irgendwo verloren hatte.

Ich war jedoch so sehr in meine eigenen chaotischen Gedanken vertieft, dass ich dabei den Mann übersah, der schnellen Schrittes auf mich zukam. Als ich vor ihm auf den Laden zueilen wollte, bellte der Hund, den er auf dem Arm hielt, und ließ mich zusammenschrecken. Dummerweise blieb ich abrupt stehen, sodass auch der Mann stehen bleiben musste, um nicht auf mich zu prallen. Er schwankte, doch es gelang ihm, die Einkaufstüten, die er auf dem anderen Arm trug, festzuhalten. Dafür ergoss sich der Inhalt eines großen Bechers frisch gepressten Orangensafts über mein weißes Shirt.

»Ach du liebe Güte, das tut mir schrecklich leid!«, rief mein Gegenüber und setzte schnell sein Shih-Tzu-Hündchen und die Einkaufstüten auf dem Boden ab.

»Nein, das war mein Fehler, schließlich bin ich Ihnen in die Quere gekommen«, erwiderte ich und versuchte, das saftgetränkte T-Shirt von meiner Haut zu ziehen. »Ich habe nicht aufgepasst.«

Der Mann schien jedoch gar nicht zuzuhören, sondern starrte ungeniert auf meine Brust. »Schnell, ziehen Sie die Jacke aus, bevor der Saft die auch noch ruiniert.«

Ich zögerte eine Sekunde und fragte mich, an was für einen Typen ich da wohl geraten war. Er schien unglaublich auf meine Brust fixiert zu sein und darauf, mich möglichst schnell aus meinen Kleidungsstücken zu bekommen. Ich musterte ihn verstohlen. Er trug eine schwarze Jeans, eine schwarze Lederjacke und eine dunkle Sonnenbrille. Seinen Look hatte er mit einer leuchtend pinkfarbenen Krawatte und einer schwarzen Baskenmütze abgerundet. Auf den Einkaufstüten, die er vorsichtig neben seinem Hund auf dem Bürgersteig abgesetzt hatte, prangte der Name des Edelkaufhauses Harvey Nichols.

Ich entspannte mich ein wenig.

Er hatte durchaus recht: Ich wollte nicht, dass sich der Orangensaft auf meiner neuen Wildlederjacke ausbreitete, weshalb ich seinem Rat folgte und sie auszog. Der Orangensaftfleck strahlte knallig auf dem weißen Stoff.

»Sie müssen das T-Shirt sofort einweichen«, beharrte der Mann. »Orangensaft lässt sich nur sehr schwer entfernen, wenn man ihn nicht gleich auswäscht. Am besten gehen Sie so schnell wie möglich nach Hause. Dann heißt es reiben, reiben, reiben, Schätzchen. Ich werde erst dann ruhig schlafen können, wenn ich weiß, dass Delilah und ich Ihr entzückendes Outfit nicht für immer und ewig ruiniert haben.«

Ich lächelte. Meine vorherigen Bedenken schwanden. »Keine Sorge – ich bekomme das schon hin.«

Der Mann kramte in seiner Tasche und zog schließlich eine Visitenkarte hervor. »Hier ist meine Telefonnummer. Sollte der Fleck doch nicht rausgehen, rufen Sie mich bitte an, damit ich Ihnen das Shirt ersetzen kann.«

»Ach, das ist wirklich nicht nötig«, erwiderte ich und lehnte die Karte mit einer abwehrenden Handbewegung ab.

»Ich bestehe darauf, meine Liebe.«

Ich nahm die Visitenkarte entgegen und las, was darauf stand.

MARY MARY QUITE CONTRARY

Märchenhafte Mode und delikate Designs

Inhaber: Oscar St. James

»Ich besitze ein Geschäft in der Kings Road«, erklärte Oscar. »Aber Delilah und ich wohnen gleich um die Ecke in der Elgin Crescent. Wohnen Sie auch in der Nähe?«

»Ähm … na ja, ich denke schon.«

»Schätzchen … das verstehe, wer will …«

»Ich bin gerade erst angekommen und auf dem Weg zu dem Haus, in dem ich die nächsten Wochen wohnen werde, aber wie es scheint, habe ich leider die Adresse verloren.« Beschämt zuckte ich mit den Schultern. »Ich bin nur für einen Monat hier.«

»Ach, tatsächlich? Warum? Nein, meine Liebe, vergessen Sie bitte meine letzte Frage«, erklärte er mit einer überschwänglichen Geste. »Ich bin wieder einmal viel zu neugierig! Mein Mundwerk lässt sich manchmal zu Dingen hinreißen … Na ja, ich sollte wohl eher meistens sagen, nicht wahr, Delilah?«

Missbilligend sah Delilah zu ihm hoch, während sie gleichzeitig an einem Laternenpfahl das Bein hob.

»Ich kann Sie doch nicht einfach hier auf der Straße stehen lassen! Warum begleiten Sie mich nicht zu meinem Haus? Von dort aus können Sie telefonieren und die Adresse herausfinden. Und während Sie das klären, könnte ich schnell diesen Fleck aus Ihrem T-Shirt entfernen!« Verschwörerisch beugte er sich zu mir vor. »Vom ehemaligen Stylisten der Red Hot Chili Peppers habe ich ein fabelhaftes kleines Produkt bekommen. Innerhalb kürzester Zeit beseitigt es jeden Fleck, egal, um was es sich dabei handelt.« Oscar senkte die Stimme. »Und wie Sie sich sicherlich vorstellen können, gibt es bei denen stets eine Menge Flecken zu entfernen!«

Ich grinste. »Das ist wirklich nicht nötig, ich komme schon klar.« Mittlerweile war ich mir sicher, dass ich von Oscar nichts zu befürchten hatte, doch ich war es einfach nicht gewohnt, von Fremden derart nett behandelt zu werden – schon gar nicht in London.

»Ich bestehe darauf, meine Liebe. Außerdem bekomme ich nicht oft die Gelegenheit, einer jungen Dame in Not zu helfen …« Er zwinkerte mir zu. »Aber das ist eine andere Geschichte. Also, was sagen Sie?«

»Sicher, warum nicht?«, willigte ich ein. »Das ist wirklich sehr nett von Ihnen, Oscar.«

Oscar hakte sich freundschaftlich bei mir ein. »Nicht der Rede wert, meine Liebe. Oh, komm schon, Delilah«, rief er dann ungeduldig und zerrte an der hellblauen Hundeleine, als sich die Hundedame keinen Zentimeter bewegte. »Es wird dir schon nicht schaden, dieses eine Mal zu Fuß zu gehen!«

Vor seinem Haus angekommen, schloss Oscar schnell die Tür auf und stellte den Alarm ab.

»Nun denn«, erklärte er und drehte sich zu mir um, während Delilah zu ihrem Wassernapf lief.

»Möge der Kampf gegen die Flecken beginnen!«

Wir folgten Delilah in die Küche, die einer Ausgabe der Elle Decoration entsprungen zu sein schien.

Oscar freute sich offensichtlich über mein Staunen. »Herzlich willkommen in meiner Küche – sie ist mein ganzer Stolz!«, verkündete er überschwänglich. »Sie wurde von keinem Geringeren als Iko Katwatchi höchstpersönlich entworfen.«

»Sie ist – grandios«, schwärmte ich in der Annahme, dass dies die Art Lob war, die Oscar gefallen würde.

»Ja, nicht wahr? Er ist schlichtweg der angesagteste Küchendesigner, den es derzeit gibt!«

»In der Tat«, pflichtete ich ihm bei, obwohl der Name Iko Katwatchi in meinen Ohren eher nach einer dieser hypermodernen Drillsportarten klang.

»Und nun – den furchtbaren Fleck, bitte«, sagte Oscar und streckte die Hand aus wie ein Chirurg, dem das Skalpell gereicht werden sollte.

Zögerlich sah ich an meinem T-Shirt herunter.

»Oh, wie unhöflich von mir. Lassen Sie mich Ihnen ein T-Shirt von mir geben, während ich dem Fleck zu Leibe rücke!«

Oscar verließ die Küche durch eine Tür, die zu einer Waschküche zu führen schien. »Hier!«, rief er, als er wiederkehrte. »Heute Morgen frisch gewaschen!« Er sog den Duft des Oberteils ein. »Ah, frische Lilien, wie gemacht für Ihre lilienweiße Haut!«

»Vielen Dank.« Ich errötete ein wenig, als ich das Shirt entgegennahm. Meine auffällige Blässe hatte mich stets ein wenig verlegen gemacht, weshalb ich sie oftmals unter Sonnenbräune aus der Tube und Make-up zu verstecken versuchte. Nun aber erhielt ich zum ersten Mal ein Lob dafür. Oscar gefiel mir immer besser.

»In zwei Sekündchen bin ich wieder zurück«, erklärte dieser nun und ließ mich mit Delilah allein.

Delilah starrte zur Tür, durch die ihr Herrchen gerade verschwunden war, und ich hätte schwören können, dass sie die Augen verdrehte.

Schnell schlüpfte ich in das frische T-Shirt, bevor Oscar zurückkehrte.

»Sind wir angezogen?«, rief er kurz darauf, bevor er den Kopf zur Tür hereinsteckte.

»Ja, vielen Dank.«

Er zwinkerte mir zu. »Nicht, dass Sie etwas von mir zu befürchten hätten, meine Liebe – wenn Sie wissen, was ich meine.«

Mittlerweile hatte selbst ich das kapiert.

»Möchten Sie jetzt vielleicht telefonieren?«, fragte mich Oscar. »Dann würde ich mich in der Zwischenzeit um Ihr Shirt kümmern.«

Oscar kochte uns beiden eine Tasse Kräutertee, während ich Maddie, meine beste Freundin, anrief. Nach ein paar recht sinnlosen Fragen, die Leute in dieser Situation immer zu stellen schienen, wie Wo hast du den Zettel denn verloren? und Hast du schon dort nachgesehen, wo du ihn zuletzt hingesteckt hast?, erklärte Maddie, dass sie die Adresse auch nicht zur Hand habe, sich aber zurückmelden würde, sobald sie sie in Erfahrung gebracht habe.

Ich beobachtete Oscar, der sich an die Arbeit machte. Während er das Shirt einsprühte, einweichte und den Fleckentferner einarbeitete, erfuhr ich, dass er das Haus nach dem Tode seiner Tante geerbt und mit dem restlichen Geld, das sie ihm vermacht hatte, eine Boutique eröffnet hatte.

»So, meine Liebe, verraten Sie mir doch bitte, warum Sie nur für einen Monat nach Notting Hill ziehen?«, fragte Oscar interessiert, als er mit meinem T-Shirt beinahe fertig war. »Oder soll ich raten?«

»Da gibt es kein großes Geheimnis. Ich soll ein Haus hüten, mehr nicht.«

»Oh, das ist alles?« Oscar klang enttäuscht. »Ich hatte, offen gestanden, eine spannendere Geschichte erwartet.«

»Na ja …«, erwiderte ich eifrig. Einerseits wollte ich ihn nicht enttäuschen, andererseits wollte ich aber auch unendlich gern jemandem davon erzählen, was mir bevorstand. Ich war noch nie sonderlich gut darin gewesen, Geheimnisse für mich zu behalten. »Eigentlich steckt noch etwas anderes dahinter. Aber ich warne Sie: Es ist eine lange Geschichte.«

»Ich wusste es!«, rief Oscar und klatschte begeistert in die Hände, die in Gummihandschuhen steckten. »Einen Augenblick noch – gleich bin ich hier fertig. Lassen Sie uns doch ins Wohnzimmer hinübergehen. Dann können Sie mir alles in Ruhe erzählen.«

Wir machten es uns auf Oscars Sofa gemütlich, das in einem sehr schicken Wohnzimmer stand. Keine Ahnung, warum ich es nicht einfach bei meiner Erklärung, ein Haus hüten zu müssen, belassen hatte. Vor meiner Ankunft hatte ich mir fest vorgenommen, dies als alleinigen Grund für meinen Aufenthalt in Notting Hill anzuführen, sollte mich jemand danach fragen. Doch Oscar hatte etwas an sich, das einen dazu brachte, sich ihm bereitwillig zu öffnen und gleich seine gesamte Lebensgeschichte zu erzählen.

»Na dann, meine Liebe – schießen Sie los«, forderte er mich auf, nachdem er seine Füße auf dem Sofa unter sich vergraben hatte und Delilah wie ein Fellknäuel zusammengerollt auf seinem Schoß lag.

Also legte ich los.

Ich begann, ihm die seltsame Verkettung der Ereignisse zu schildern, die schließlich zu meiner Ankunft in Notting Hill vor ein paar Stunden geführt hatte.

2

Und der Oscar geht an …«

Theatralisch hielt Johnny inne. Seine schokoladenbraunen Augen unter den langen, dunklen Wimpern blickten auf und schauten ins Publikum.

Ja, wie wahrscheinlich Millionen von Zuschauern rund um den Globus hingen wir an seinen Lippen, während er mit uns spielte und uns hinhielt, bevor er schließlich den schicksalhaften goldenen Umschlag öffnete, der einer Person Freude und Glückseligkeit schenken und alle anderen in tiefe Trauer und Enttäuschung stürzen würde.

Habe ich mir das nur eingebildet, oder hat er tatsächlich zu mir hinübergesehen, kurz bevor er den Umschlag geöffnet hat? Weiß er vielleicht schon etwas? Hat er womöglich Insider-Informationen, wer in dieser Kategorie gewinnen wird? Ich hatte immer schon geahnt, dass Johnny Depp und ich ein hübsches Pärchen abgeben würden. Und nun, in dieser Nacht der Nächte, würde ich endlich erfahren, ob dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit beruhte.

»Scarlett O’Brien!«

Ich! Ich! Johnny rief meinen Namen! Endlich würde ich meinen Oscar von einem meiner absoluten Lieblingsschauspieler überreicht bekommen und noch eine Menge mehr – so ließ mich zumindest der Blick hoffen, den er mir zuwarf, als ich in meinem Stella-McCartney-Kleid elegant auf ihn zuschwebte und dabei im Vorbeigehen die Gratulationen meiner lieben Mitnominierten entgegennahm. Das war der Grund, warum es Träume und Fantasien gab.

»Scarlett«, rief er wieder, doch dieses Mal verwandelte sich seine Stimme in ein drängendes Flüstern. »Scarlett, beweg dich, oder ist dein Hintern auf diesem Stuhl festgeklebt? Das Stück ist aus!«

Ich schüttelte den Kopf.

Das war nicht Johnny Depps Samtstimme, die mich sanft auf die Bühne rief. Es klang eher wie …

O mein Gott! Ich riss mich von meinem Tagtraum los, schaute mich um und merkte, dass ich mich gar nicht in Hollywood befand. Zwar saß ich durchaus in einem Theater, doch es war keineswegs das Kodak Theatre in Los Angeles, sondern das Royal Shakespeare Theatre in Stratford-upon-Avon. Und die Person, die dort in Anzug und Krawatte stand und meinen Namen rief, war nicht der süße Mr. Johnny Depp, sondern mein Verlobter – David.

»Ähm … Tut mir leid, David«, entschuldigte ich mich und sammelte schnell meine Habseligkeiten vom Boden auf. »Ich muss kurz eingenickt sein.«

»Hmmm.« David warf mir einen seiner typischen Blicke zu. Zwar hatten seine Augen die gleiche Farbe wie die von Mr. Depp, doch leider war sein Blick keinesfalls mit dem zu vergleichen, den mir Johnny wenige Minuten zuvor zugeworfen hatte. »Wir reden später noch darüber«, warnte er mit gesenkter Stimme, als er sich zu mir beugte. »Jetzt müssen wir uns zuerst um ein paar andere Dinge kümmern. Dort drüben stehen zwölf japanische Geschäftsleute, die darauf warten, dass wir mit ihnen essen gehen. Wenn du nun also aus deiner Fantasiewelt zu uns zurückgekehrt bist, würde ich vorschlagen, dass wir uns unverzüglich um sie kümmern.«

Zögerlich drehte ich mich nach rechts und erblickte eine Reihe tadellos gekleideter Asiaten, die jede unserer Bewegungen beobachteten. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen. Verdammt! Ich hatte mir so sehr gewünscht, dass heute Abend für David alles glattlief. Warum konnte ich nicht ein einziges Mal das genießen, was in der Realität geschah, anstatt mich mal wieder in einer meiner Filmfantasien zu verlieren?

Ich hatte mir Mühe gegeben – das hatte ich wirklich –, aber das passierte nun einmal stets dann, wenn ich mich langweilte. Und heute war es wirklich langweilig, ja geradezu sterbenslangweilig gewesen.

Ich hatte den Abend in der ersten Reihe des Theaters inmitten eines Dutzends japanischer Geschäftsleute verbracht; David hatte irgendwo versteckt zwischen ihnen gesessen. Auf der Bühne vor mir starben andauernd Leute, und die meiste Zeit über wäre ich am liebsten aufgesprungen und hätte mich zu ihnen gesellt.

Während sich vor meinen Augen die Geschichte von König Lear entfaltete, füllte sich mein Kopf mit Fragen wie Das kann doch nicht etwa noch länger dauern, oder?, Verstehen die Japaner das Stück überhaupt, oder grinsen und nicken sie nur aus reiner Höflichkeit? und – das war die Frage aller Fragen – Verfüge ich über genügend Filmfantasien, um damit eine ganze Shakespeare-Tragödie zu überstehen?

Ich hatte gehofft, dass meine erste Berührung mit einem echten Shakespeare-Stück dem Film Shakespeare in Love ähneln würde. Wenn Joseph Fiennes oder Ben Affleck oben auf der Bühne gestanden hätte, wäre alles wenigstens einen Hauch interessanter gewesen. Obwohl ich – wohlgemerkt – schon immer meine Probleme damit hatte, dass Colin Firth in diesem Film den Bösewicht verkörperte. Für mich würde Colin immer der Gute sein, ganz gleich, in welchem Streifen er auch mitspielte.

Zunächst hatte ich versucht, mir auf der Bühne verschiedene Filmhelden in Strumpfhosen vorzustellen, doch damit verging die Zeit auch nicht schneller, denn für Männer in Strumpfhosen hatte ich noch nie etwas übriggehabt – selbiges galt auch für bekannte Superhelden. Schließlich hatte ich mir ausgemalt, wie Johnny Depp in einem Shakespeare-Kostüm aussehen würde, doch er hatte sich ganz schnell in Captain Jack Sparrow verwandelt, womit sich ganz gut ein paar Minuten überbrücken ließen.

Als wir nach der Pause auf unsere Sitzplätze zurückgekehrt waren, hatte ich mir meinen Paradeauftritt bei der Oscar-Verleihung durch den Mittelgang des Theaters vorgestellt. Das war etwas, was ich jedes Mal nach dem Ende eines Kinofilms tat: Wenn ich die Treppe hinunterging, während vorne auf der Leinwand noch der Abspann lief, stellte ich mir vor, dass mein Name gerade als Oscar-Gewinnerin genannt worden war. Normalerweise gewann ich in der Kategorie Beste Schauspielerin, doch manchmal variierte dies. Gelegentlich gewann ich auch den Oscar für das beste Drehbuch oder so. Meist überreichte mir Will Smith die Trophäe; wenn ich mich an jenem Tag jedoch besonders über David geärgert hatte, dann bekam ich sie entweder von Brad Pitt oder von Johnny Depp, der anschließend mein Herz im Sturm eroberte, indem er mir gestand, dass er nicht nur schon seit vielen Jahren ein großer Bewunderer meiner Arbeit sei, sondern auch total auf mich stehe.

Just in dieser Fantasie befand ich mich, als David mich auf frischer Tat ertappte.

Niemand hat Verständnis für meine Film-Vorliebe. Ich glaube, nicht einmal ich kann genau begründen, warum ich das Kino so sehr liebe. Man hätte meinen können, es sei genetisch bedingt – eine Eigenschaft, die mir von Beginn an in die Wiege gelegt worden war. Aber mein Vater interessiert sich nicht fürs Kino. Ich kann mich nicht entsinnen, dass er sich schon einmal einen Film im Fernsehen angeschaut, geschweige denn, dass er für einen Kinobesuch Eintritt gezahlt hätte. Meine Mutter habe ich nie kennengelernt.

Aber David reagiert für gewöhnlich eigentlich recht gelassen darauf. Mit meinem »Unsinn«, wie er es gern bezeichnet, kommt er ganz gut zurecht, solange er im Fernsehen seine Naturdokumentationen oder diese Handwerkersendungen anschauen kann, von denen er seit geraumer Zeit geradezu besessen ist. Tatsächlich nimmt unsere Sky+-Box seit Monaten nur noch Do-it-yourself-Sendungen auf, genauer gesagt, seitdem wir gemeinsam ein Haus gekauft haben – einen Altbau, der dringend renoviert werden musste – und David beschlossen hat, aus Sparsamkeitsgründen sämtliche Arbeiten allein zu erledigen.

Was auch absolut in Ordnung gewesen wäre, wenn David ein Handwerkertyp wäre. Statt Bob, der Baumeister, war mein David aber leider eher ein SpongeBob Schwammkopf, was die Renovierungsarbeiten in einem Haus anbelangte, das man wohl besser von seinem Leiden erlöst hätte, wäre es ein notleidendes Tier gewesen.

Die heutigen Bemühungen, seine japanischen Geschäftspartner zu beeindrucken, waren Davids Idee gewesen – bisher hatte er mich noch nie in seine geschäftlichen Angelegenheiten miteinbezogen. Da wir nun aber bald verheiratet sein würden, fand David, dies müsse sich jetzt ändern. Kurzerhand hatte er erklärt, er würde es begrüßen, wenn ich ihn von nun an bei Geschäftsessen begleitete. Demnächst, wenn das Haus erst einmal fertig sei, müsse ich mich darauf einstellen, Geschäftspartner und Kunden auch zu Hause zu empfangen.

Darüber machte ich mir jedoch keine großen Sorgen. Bei der Geschwindigkeit, die David bei den Renovierungsarbeiten an den Tag legte, rechnete ich nicht damit, innerhalb der nächsten JahrzehnteGäste zu empfangen. Zumindest nicht, solange David nicht der Meinung war, sie damit beeindrucken zu können, auf einem umgedrehten Eimer oder einer Black-&-Decker-Werkbank zu dinieren.

»Mein Exfreund war genauso«, grübelte Oscar und beugte sich auf dem Sofa vor, um sich einen Keks zu nehmen. »Sein Haus sah immer aus wie eine Müllhalde. Das war nicht zum Aushalten! Immer, wenn ich bei ihm war, habe ich die ganze Zeit damit zugebracht, dort aufzuräumen.«

»Na ja, vielleicht habe ich ein wenig übertrieben – so schlimm ist es nun auch wieder nicht.« Ich nahm einen Schokoladenkeks von dem Teller, den Oscar mir anbot. »Trotzdem habe ich mich mit einem Brief an die BBC gewandt und den Sender darin gebeten, uns ein Handwerkerteam aus diesen Renovierungssendungen vorbeizuschicken.«

»Und – was ist passiert?«

»Nichts. Vielleicht haben sie die Sendung mittlerweile eingestellt. Ich bezweifle ohnehin, dass sie komplette Häuser renovieren.«

Oscar musste lachen. »Das ist der Vorteil, wenn man jemanden hat, der die ganze Arbeit für einen erledigt.« Bewundernd ließ er den Blick durch sein makelloses Heim schweifen. »Obwohl – diese knackigen Bauarbeiter können gern jederzeit bei mir auf der Matte stehen und mit ihrem Werkzeug spielen. Ich mag diesen wilden Allzeit-bereit-Look, den sie ausstrahlen.«

»Kann ich mir vorstellen«, erwiderte ich grinsend.

»Es kann sich eben leider nicht jeder leisten, Dekorateure zu beschäftigen, nicht wahr, meine Liebe?« Oscar tätschelte mir beruhigend das Knie. »Ich bin sicher, dass sich Ihr Verlobter große Mühe gibt.«

»Aber genau das ist doch der Punkt, Oscar. David leidet nicht gerade unter Geldnot! Wir könnten es uns durchaus leisten, jemanden kommen zu lassen, der die Renovierungsarbeiten für uns erledigt. Aber nein, der Herr will unbedingt Geld sparen, indem er alles allein macht. Wenn ich jedoch an all das denke, was ständig schiefgeht und darum neu gemacht werden muss … Am Ende wird es sowieso viel teurer, als wenn wir direkt einen Profi beauftragt hätten.«

»Ihr Verlobter pflegt also einen vorsichtigen Umgang mit Geld?«, fragte Oscar höflich und nippte an seinem Kräutertee.

»Nein, er ist nicht vorsichtig, er ist knauserig. Darum geht es ja bei dieser Selbst-ist-der-Mann-Aktion: David will Geld sparen. Oh, Oscar, ich bin in der Hölle gelandet, umringt von lauter elektrischen Werkzeugen.« Ich nahm meine Tasse vom gläsernen Couchtisch und trank einen beruhigenden Schluck heißen Tee.

Oscar musste wieder lachen. »Oh, Scarlett, es tut mir leid. Ich weiß, ich sollte darüber eigentlich nicht lachen, weil es Ihr Leben betrifft, aber die Art, wie Sie darüber erzählen, ist einfach zu komisch.«

Ich lächelte. »Schon okay, wenigstens langweile ich Sie nicht.«

»Nein, meine Liebe, davon sind Sie meilenweit entfernt. Aber lassen Sie uns zu Ihrer Geschichte zurückkehren. Wo waren wir stehen geblieben? Lassen mich kurz überlegen … zurückspulen, zurückspulen, zurückspulen …« Oscar vollführte mit der Hand eine Drehbewegung, als würde er eine Filmrolle zurückspulen. »Ach ja, Sie waren mit Ihrem Verlobten und dieser Horde Japaner im Theater …«

Obwohl meine ersten Gehversuche als gastgebende Geschäftsfrau nicht gerade von einem durchschlagenden Erfolg gekrönt gewesen waren, hatte ich mir fest vorgenommen, alles wiedergutzumachen.

Nach dem durchaus peinlichen Vorfall hatten David und ich es geschafft, unsere asiatischen Gäste vor dem Theater zu versammeln. Dort standen wir nun auf dem Bürgersteig und bemühten uns, genügend Taxis herbeizuwinken, um alle ins Restaurant zu befördern, als plötzlich die vertrauten Klänge von »Let Me Entertain You« in meiner Handtasche ertönten.

David verzog das Gesicht, als würde der echte Robbie Williams höchstpersönlich anrufen, um mich für die nächste Woche um ein Date zu bitten.

»Entschuldigung«, murmelte ich und fischte in meiner Tasche nach dem Handy. »Ich werde es auf lautlos stellen.«

»Ah – Lobbie Williams – Take That«, nickte einer der Japaner, als wir ins Taxi stiegen. »Sehl gutel Sängel. Finde gut, Sie auch?«, fragte er, als David hinter ihm die Taxitür schließen wollte.

»Ähm, ja, Mr. Yashimoto, finde gut«, log David und nickte dem Japaner enthusiastisch zu.

Ich schaute auf mein Handy, das ich endlich in der Tasche gefunden hatte, und wollte es gerade lautlos stellen, als ich die Nummer des GrandCinema auf dem Bildschirm aufleuchten sah.

Du meine Güte, das musste wichtig sein, wenn mich das Kino anrief!

»Nur eine Minute, David«, rief ich, stieg wieder aus und entfernte mich ein paar Schritte von der Gruppe. Ich kannte den Geschäftsführer des örtlichen Kinos sehr gut. Einmal war Kate Winslet zu Gast gewesen, um sich einen Film der Royal Shakespeare Company anzusehen, in dem sie die Rolle der Ophelia spielte. Ich hatte ihm nie verziehen, dass er mir nicht Bescheid gesagt hatte. Vielleicht war heute ein anderer berühmter Filmstar bei ihm im Kino zu Gast?

Aber nein, mein Leben würde niemals so spannend sein, dass ich an einem Freitagabend irgendeiner berühmten Persönlichkeit über den Weg laufen würde. Als ich mit George sprach, erfuhr ich, dass es sich um eine rein geschäftliche Angelegenheit handelte.

»Komm schon, Scarlett!«, rief David ungeduldig durch die geöffnete Taxitür. »Wir müssen los, wenn wir die anderen noch einholen wollen!«

»Es tut mir wirklich leid, David, aber das war George aus dem Grand Cinema«, erklärte ich und hielt entschuldigend mein Handy hoch. »Die Popcorn-Maschine ist schon wieder defekt, ich muss sofort hin.«

»Was, jetzt? Du machst wohl Witze, Scarlett! Du willst mir doch nicht ernsthaft erklären, dass du heute Abend noch arbeiten musst?«

Ich nickte.

David verdrehte die Augen. »Wärst du Bereitschaftsärztin und hättest Notdienst, könnte ich das ja noch verstehen. Aber die werden doch wohl einen Abend ohne Popcorn-Maschine auskommen, oder?«

»Das ist ein Sonderfall«, erwiderte ich und näherte mich dem Taxi. »George steht heute ein großes Treffen des Filmklubs ins Haus, da muss er einfach Popcorn haben! Das eine funktioniert nicht ohne das andere. Das ist mein Job, David. Ich hätte gedacht, gerade du würdest das verstehen!«

»Nun«, entgegnete David und deutete auf die japanischen Geschäftsleute, die in seinem Taxi darauf warteten, endlich abzufahren, und uns überaus höflich anstarrten. »Das hier ist mein Job.«

Deutlich waren die Worte »Und mein Job ist wichtiger als deiner« zu spüren, die unausgesprochen zwischen uns in der Abendluft hingen.

»Zwing mich nicht dazu, mich entscheiden zu müssen, David«, zischte ich leise.

David starrte mich herausfordernd an. Doch dann entschied er offenbar, dass der Zeitpunkt nicht gerade günstig war, um einen Streit vom Zaun zu brechen. Stattdessen schlug er die Autotür zu und kurbelte das Fenster runter.

»Wie lange wird es dauern, die Maschine zu reparieren?«, fragte er, ohne mich anzusehen.

»Nicht allzu lange, hoffe ich.«

»Soll ich schon das Essen für dich bestellen?«, erkundigte er sich, während er sich langsam zu mir umdrehte.

»Ja, bitte.«

»Ich werde versuchen, sie mit ein paar Drinks an der Bar abzulenken, aber ich rate dir, pünktlich zum ersten Gang da zu sein, Scarlett.« Davids Stimme und Miene spiegelten seine Entschlossenheit wider.

»Ich werde mein Bestes geben, David«, versprach ich und war dankbar, dass er ruhig geblieben war, anstatt einfach wutentbrannt davonzubrausen. Manchmal war er so kindisch.

David warf einen Blick auf die Uhr. »Du hast eine Stunde, Scarlett – also keine Tagträumereien! Ich weiß doch, was passiert, wenn du tatsächlich ein Kino betrittst! Dann kommst du so schnell nicht wieder heraus.«

Ich lächelte dem abfahrenden Taxi hinterher. Natürlich keine Tagträumereien – ich doch nicht.

»Sie verdienen sich also Ihren Lebensunterhalt damit, Popcorn-Maschinen zu reparieren?«, erkundigte sich Oscar höflich, als ich eine kleine Pause einlegte, um sicherzugehen, dass er noch nicht das Interesse an meiner Geschichte verloren hatte.

»Mein Vater und ich haben gemeinsam eine kleine Firma, die Kinos mit Popcorn-Maschinen beliefert. Ich bin unter anderem für den Außendienst zuständig, wenn es Probleme gibt. Aber auch Davids Unternehmen hat mit Kinos zu tun – seine Familie besitzt eine große Kinokette.«

»Ach, tatsächlich?«, erwiderte Oscar und klang zum ersten Mal ein wenig gelangweilt. »Na, kommen Sie schon, meine Liebe. Was ist dann passiert? Konnten Sie die Maschine reparieren und es noch rechtzeitig ins Restaurant schaffen? Oder sind Sie Ihren Filmfantasien erlegen, sobald Sie das Kino betreten hatten?«

Hmmm. Oscar hatte mich erst vor ungefähr einer Stunde kennengelernt, und dennoch schien er mich bereits nur allzu gut zu kennen …

Vor dem Eingang des Kinos stieg ich aus dem Taxi und kramte in meiner Tasche nach dem Portemonnaie, um die Fahrt zu bezahlen.

»Manchmal denke ich, die Tasche muss früher einmal Mary Poppins gehört haben«, scherzte ich mit dem Taxifahrer, während ich in ihren Tiefen herumwühlte.

»Fürs Kino haben Sie sich aber ganz schön aufgebrezelt, was?«, bemerkte er und ging geflissentlich über meinen Witz hinweg. Ich sah an mir herunter. Meine Theaterrobe, obwohl sie nicht ganz dem Kleid von Stella McCartney entsprach, von dem ich zuvor geträumt hatte, war ein sehr hübsches, schwarz-weißes Minikleid von Zara.

»Ich bin nicht hier, um mir einen Film anzusehen«, erklärte ich dem Fahrer, nachdem ich endlich mein Portemonnaie gefunden und ihm eine Zehn-Pfund-Note durch das offene Taxifenster gereicht hatte. »Ich muss die Popcorn-Maschine reparieren.« Ohne eine Erwiderung abzuwarten, eilte ich entschlossen wie ein Sanitäter auf dem Weg zu einem Notfall ins Kino hinein.

»Scarlett – Gott sei Dank, da bist du ja endlich!«, keuchte George, als wir durchs Foyer eilten. »Gerade hat das Ding vollends den Geist aufgegeben. Die Maschine hat laut gezischt, dann war Ende. Der Filmklub hält hier heute Abend seine Jahreshauptversammlung ab – da muss ich Popcorn anbieten können!«

»Keine Panik, George«, beruhigte ich ihn. »Das Problem lässt sich sicherlich leicht beheben.« Ich kniete mich hinter die Maschine und überprüfte das vertraute Innenleben des Geräts mit dem Werkzeug, das George schon für mich bereitgelegt hatte.

Ich mochte George. Zwar sah er wie Jack Black aus, war aber deutlich ruhiger und zurückhaltender als der bekannte Hollywood-Schauspieler. Stets hielt er mich auf dem Laufenden, welche neuen Filme ins Kino kamen, und wusste dabei immer ganz genau, welche mir besonders gut gefallen würden. Für mich war er mehr ein Freund als ein bloßer Geschäftskunde – deswegen hatte es mir überhaupt nichts ausgemacht, an jenem Abend zu ihm ins Kino zu fahren.

»Kommt die Kleine wieder in Ordnung?«, fragte er ein paar Minuten später und schaute mir besorgt über die Schulter.

»Die Kleine, George?«, fragte ich, ohne den Blick von dem Gerät abzuwenden. Wenn ich diese Mutter hier festdrehe, müsste es eigentlich wieder funktionieren …

»Ähm, ja. Poppy ist schon eine ganze Weile bei mir, nicht wahr, Poppy?«

Ich biss mir auf die Lippe, um mir das Lachen zu verkneifen. »Poppy? Du hast dem Gerät einen Namen gegeben, George?«

»Scarlett, du weißt doch, wie sehr mir das Kino am Herzen liegt. Wir alle hier sind wie eine große Familie – dazu gehören auch die Geräte und Maschinen!«

»Jawohl – wir sind alle eine große, glückliche Familie!«

Ich blickte auf und sah Marcus, einen der Angestellten, der neben mir Fanta in einen Plastikbecher abfüllte. Er zwinkerte mir zu. »Stimmt doch, Naomi, oder?«

Naomi schob eine Packung Maltesers-Schokobons über die Theke zu einem Kunden hinüber. »Hmmm?«, antwortete sie, als sie die Kasse öffnete, um das Wechselgeld herauszunehmen. »Was hast du gesagt, Marcus?«

»George findet, wir hier im Kino sind alle eine große, glückliche Familie.«

Naomi verdrehte die Augen und fuhr fort, die Kunden zu bedienen. Ich hatte plötzlich Mitleid mit George. Er schien das Kino auf eine Art und Weise zu lieben, für die niemand Verständnis zu haben schien. Wahrscheinlich war es bei ihm ganz ähnlich wie bei mir: Auch für meine Liebe zu Kinofilmen schien niemand Verständnis zu haben.

»So, George, alles wieder in Ordnung«, beruhigte ich ihn und schloss die Rückklappe des Geräts, dann richtete ich mich hinter der Theke auf und strich mir ein paar Popcornflocken vom Kleid. »Halte aber trotzdem besser ein Auge drauf – das Ding … äh, Poppy meine ich natürlich, könnte ein wenig launisch sein. Ach, George …« Ich beschloss, ihn lieber vorsichtig vorzuwarnen, und sagte daher mit gesenkter Stimme: »Es ist durchaus möglich, dass wir Poppy demnächst austauschen müssen. Sie ist schon ein wenig in die Jahre gekommen – außerdem haben wir ein paar hübsche neuere Modelle im Angebot.«

George starrte mich entsetzt an. »Neuere Modelle? Aber was stimmt denn nicht mit Poppy? Bis jetzt hat sie mir gute Dienste geleistet, warum sollte ich sie dann gegen ein neues Modell eintauschen?«

»Wir schauen einfach mal, wie sie sich in den nächsten Tagen macht, ja, George?«, erwiderte ich sanft. »Für den Augenblick habe ich sie wieder zusammengeflickt, aber ich habe keine Ahnung, wie lange das halten wird …«

»Klar, Scarlett«, erwiderte George und tätschelte Poppy liebevoll, während im Inneren des Glaskastens allmählich die weißen Popcornflocken zu tanzen begannen. »Schon verstanden.« Er drehte sich zu mir um. »Ich rufe dich an, sobald sich ihr Zustand verschlechtert. Ich nehme mal an, dass ich dich ohnehin bald wiedersehen werde – der neue Film von Hugh Grant läuft nächste Woche an.«

Ich nickte eifrig. »Du kennst mich eben, George. Abends oder vielleicht sogar nachmittags werde ich mal vorbeikommen, wenn ich mir bei der Arbeit ein paar Stunden Luft verschaffen kann.«

George zwinkerte mir zu. Er wusste, dass ich mich »gelegentlich« von der Arbeit fortschlich, um mir einen Film anzuschauen. Irgendeinen Nutzen musste dieser Job doch haben, nicht wahr? Ein Kino zu besuchen, um eine Popcorn-Maschine zu reparieren, war eine der raren Gelegenheiten, um einmal den Fuß vor die Tür meines Büros zu setzen.

Ich verabschiedete mich von George und trat bibbernd in die eisige nächtliche Februarluft hinaus. Die wohlige Wärme und Behaglichkeit, die ich stets empfand, wenn ich in einem Kino war, wurde mit einem Schlag von der Kälte abgelöst, mit der mich das wirkliche Leben empfing. Ich zog mir den langen Mantel enger um die Schultern und warf einen kurzen Blick auf die Uhr. Wenn ich mich beeilte, würde ich es noch rechtzeitig zum ersten Gang ins Restaurant schaffen. Gerade als ich ein Taxi heranwinken wollte, klingelte mein Handy. Ich zog es aus der Tasche, weil ich mit einem Anruf von David rechnete, der wissen wollte, wo ich blieb – doch es war Maddie, meine beste Freundin.

»Nein, nimm den Anruf nicht an!«, quiekte Oscar. »Du wirst garantiert zu spät kommen, wenn du rangehst!« Er zögerte einen winzigen Augenblick. »Du hast doch nichts dagegen, wenn ich dich duze?«

Ich lachte. »Ganz und gar nicht, wo du dich doch gerade so für mein Leben begeisterst.«

»Oooh, ich liebe gute Seifenopern, und deine Geschichte hat alles, um sich zu einer erstklassigen Folge zu entwickeln. Hast du den Anruf nun angenommen oder nicht?«

»Doch, ich musste. Maddie ist meine beste Freundin, und ich hatte seit einer Ewigkeit nichts mehr von ihr gehört.«

»Warum? Oh, tut mir leid. Ich bin immer so neugierig!«

»Da ich hier sitze und dir beinahe alles berichte, was innerhalb der letzten Woche in meinem Leben passiert ist, kann man eine solche Frage wohl kaum als neugierig bezeichnen. Maddie heiratet bald, deswegen hat sie in letzter Zeit alle Hände voll zu tun …«

»Hey, Maddie, lange nichts mehr von dir gehört!«

»Ich weiß, Scarlett, und es tut mir wirklich leid. Aber die Hochzeit rückt immer näher – seitdem ist mein Leben ein totales Chaos.«

»Schon okay, das verstehe ich.«

»Ehrlich? Ich hatte angenommen, du seist mir böse, zumal du einen Hochzeitsplaner engagiert hast, um deinen großen Tag zu organisieren und dir den ganzen Stress zu ersparen.« Ich musste an die Hochzeitsplanerin denken, auf die Davids Eltern so beharrlich bestanden hatten, um uns bei der Organisation unseres großen Tages zu unterstützen. Cruella de Vil, wie ich sie getauft hatte. Ich merkte, wie allein schon beim Gedanken an diese Frau mein Blutdruck in die Höhe schnellte.

So schlimm wäre es gar nicht gewesen, wenn meine Hochzeitsplanerin wie erhofft an Jennifer Lopez in Wedding Planner – Verliebt, verlobt, verplant erinnert hätte. Selbst mit einer Art Martin Short aus Vater der Braut hätte ich mich zufriedengegeben, das wäre sogar noch lustig gewesen. Aber nein! Meine Hochzeitsplanerin musste natürlich eine Mischung aus Meryl Streep in Der Teufel trägt Prada und Glenn Close als Cruella de Vil in 101 Dalmatiner sein.

»So«, schloss ich und wechselte schnell das Thema, da meine eigene Hochzeit nichts war, worüber ich allzu lange reden wollte. »Wann sehen wir uns denn? Wann öffnet sich in deinem vollen Zeitplan ein kleines Fensterchen für mich?«

Maddie lachte. »Sei nicht albern, Scarlett! Du weißt doch, dass ich immer Zeit für dich habe. Wie wäre es mit diesem Wochenende?«

»Ich könnte morgen«, erwiderte ich schnell, da es mich davor bewahren würde, mit David zu einem seiner Baumärkte zu fahren, den er im Internet entdeckt hatte und der Fliesen im Sonderangebot führte. Ich hatte schon wieder vergessen, was er sich ansehen wollte. Bodenfliesen für die Küche oder Wandfliesen fürs Badezimmer? Nichts von beidem klang nach einem spannenden Ausflugsgrund.

»Was würdest du denn gerne unternehmen, Maddie?«

»Keine Ahnung, entscheide einfach du, Scarlett. Das heißt, auf Kino habe ich wirklich keine Lust!«

»Na klar!« Ich tat beleidigt. »Ich habe schon noch ein paar andere Interessen.«

Maddie lachte. »Scarlett O’Brien, ich könnte die Male, bei denen du ausgesucht hast, was wir machen wollen, und wir nicht im Kino gelandet sind, locker an einer Hand abzählen. Wenn ich mir noch ein einziges Mal Thelma & Louise anschauen muss, dann schreie ich, das schwöre ich dir! Oder noch schlimmer: Dann will ich kein Fan von Brad Pitt mehr sein. Und das wäre eine echte Tragödie.«

Obwohl ich grinsen musste, hatte ich das Gefühl, meine beiden Mädchen verteidigen zu müssen. »Aber würdest du nicht auch gern manchmal allem den Rücken kehren wie die zwei? Alles hinter dir lassen und dich ins große Abenteuer stürzen, um herauszufinden, was dich in der großen weiten Welt tatsächlich erwartet?«

Maddie seufzte. Derartige Gespräche hatten wir schon oft geführt. »Nein, Scarlett, würde ich nicht. Das habe ich hinter mir. Ich bin ganz zufrieden mit dem, was das Leben mir beschert hat, und das weißt du auch. Aber da wir gerade darüber reden: Muss ich dich etwa daran erinnern, wie der Film endet?«

Es hatte absolut keinen Sinn, mit Maddie zu streiten. Sie war eine superdurchorganisierte, pragmatische Person, die sich alles im Leben selbst erarbeitet hatte. Weder glaubte sie an das Schicksal noch an Vorherbestimmung oder irgendwelchen »versponnenen Unsinn«, wie sie meine Kinoleidenschaft zu bezeichnen pflegte. Und das, obwohl sie ihren Verlobten Felix an einem der verrücktesten Orte überhaupt kennengelernt hatte. Denn viel verrückter als hoch oben auf einem der Paradewagen im Disneyland Paris konnte es wohl kaum werden.

»Okay, okay, du hast gewonnen. Mir ist klar, dass es keinen Zweck hat, mit dir zu streiten. Außerdem«, wandte ich ein und warf erneut einen Blick auf die Uhr, »wird es wahrscheinlich keine eigene Hochzeit mehr zu organisieren geben, wenn ich es nicht rechtzeitig in dieses Restaurant schaffe …« Meine Stimme verhallte. Einen Augenblick lang fragte ich mich insgeheim, ob diese Alternative vielleicht gar nicht so schlecht war.

»Was um alles in der Welt meinst du damit, Scarlett?«, fragte Maddie besorgt. »Wo bist du gerade? Warte, lass mich raten …«

»Ja, ich stehe vor einem Kino, aber nur, weil ich hier eine Popcorn-Maschine reparieren musste. Es war ein Notfall!«

Maddie prustete vor Lachen. »Nur du kannst eine kaputte Popcorn-Maschine als Notfall bezeichnen!«

»Für den Betreiber war es das. Sein Kino liegt ihm eben sehr am Herzen!« Ich ärgerte mich über das fehlende Verständnis meiner Freundin für das, was für mich und George wirklich wichtig war. Aber ich wollte keine Auseinandersetzung mit Maddie vom Zaun brechen – dazu fehlte mir die Zeit.

»Hör mal, Maddie, ich muss wirklich los. David wartet in einem Restaurant auf mich. Was wollen wir am Wochenende unternehmen? Such du doch etwas aus, wenn du glaubst, dass ich dazu nicht in der Lage bin.«

Am anderen Ende der Leitung herrschte einen Moment Schweigen, und mir wurde klar, dass Maddie gleich eine ihrer verrückten Ideen verkünden würde. Na ja, ich würde sie zumindest für verrückt und total durchgeknallt halten; für Maddie wäre sie vollkommen normal.

»Was hältst du von einer Kunstgalerie?«

»Eine Kunstgalerie?«, hakte ich misstrauisch nach. Zwar war unsere Heimatstadt Stratford-upon-Avon für eine Menge Dinge berühmt – aber Kunst gehörte normalerweise nicht dazu.

»Ja, es gibt eine Wanderausstellung über russisch-jüdische Maler, die ich mir gern ansehen würde. Sie macht hier nur eine Woche lang Station.«

Da war er – der berühmte Haken oder auch »Maddies Macke«, wie ich gern dazu sagte. Ich war sicher, dass es viele hervorragende Kunstwerke von russischen und jüdischen Künstlern gab, aber mir wollte partout keins einfallen. Warum konnten wir uns nicht einfach Bilder von Monet ansehen? Oder eine Ausstellung von diesem Kerl, der sich das Ohr abgeschnitten hatte – wenigstens hätte ich ein paar Gemälde von ihm gekannt. Zugegebenermaßen aber auch nur, weil ich einmal einen alten Film über ihn gesehen hatte, mit Kirk Douglas in der Hauptrolle.

Mein letztes Treffen mit Maddie war jedoch schon so lange her, dass ein Tag mit ihr sicher ein paar finstere Gemälde wert war.

»Na gut, gehen wir eben in die Kunstgalerie. Eigentlich sollte ich morgen David in den Baumarkt begleiten, aber ich denke, er wird nichts dagegen haben – insbesondere, weil es bei der Ausstellung nicht um Kinofilme geht.«

Maddie musste lachen. »Ganz genau, Scarlett. Selbst du wirst es nicht schaffen, bei der Ausstellung über russisch-jüdische Maler etwas aufzuspüren, das mit einem Kinofilm zu tun hat.«

»Und? Hast du etwas gefunden?«, fragte Oscar und holte mich damit auf den Boden der Tatsachen zurück. »Was ist aus dem Geschäftsessen geworden? Scarlett, du hast mir immer noch nicht erzählt, ob du es rechtzeitig ins Restaurant geschafft hast!«

Ich konnte es kaum fassen, dass jemand mein für meinen Geschmack so banales Alltagsleben derart interessant fand. »Alles zu seiner Zeit, Oscar«, sagte ich lächelnd. »Ich wollte gerade darauf zurückkommen.«

3

Ich stürmte just in dem Augenblick ins Restaurant, in dem der erste Gang serviert wurde.

Eilig entschuldigte ich mich bei unseren japanischen Gästen und ließ mich auf meinem Stuhl nieder, während mir David über den Tisch hinweg einen finsteren Blick zuwarf. Als ich einen ordentlichen Schluck von dem Wein nahm, den der Ober mir dankenswerterweise sofort eingeschenkt hatte, fiel mir auf, dass David mich ansah und wild gestikulierte, fast so, als würde er unter nervösen Zuckungen leiden. Mit der Hand fegte er sich immer wieder mit kleinen, schnellen Bewegungen seitlich über den Kopf. Verwirrt starrte ich ihn an. Was zum Teufel tat er da? Sein raspelkurzes Haar war makellos.

David wurde rot und seine Augen immer größer. Sein Kopf zuckte seitlich Richtung Schulter. »Entschuldigung, Miss«, sagte der Japaner an meiner Seite zu mir. »Ich denke, Mistel David velsucht, Ihnen das zu sagen.« Er griff in mein Haar und zog eine ziemlich große, weiße, fluffige Popcornflocke heraus.

»Oh … ähm … danke«, stotterte ich und nickte dem japanischen Gentleman zu.

»Wal mil ein Velgnügen«, erwiderte dieser und verbeugte sich nun seinerseits.

Ich schaute wieder zu David hinüber, der mittlerweile sein Black-Beauty-Gebaren eingestellt hatte und mich über den Tisch hinweg erbost anstarrte.

Ich seufzte und nahm erneut einen großen Schluck Wein.

Vielleicht sollte ja heute Abend alles schiefgehen?

Nach dem kleinen Zwischenfall mit dem Popcorn in meinem Haar verhielten sich die Japaner mir gegenüber in den wenigen Gesprächen während des restlichen Abends sehr freundlich und höflich. Hauptsächlich waren sie jedoch hier, um mit David geschäftliche Anliegen zu besprechen, und leider waren geschäftliche Anliegen alles, worüber sie sich während des Essens unterhielten.

Obwohl es ja um mein Lieblingsthema ging, wurde bedauerlicherweise nur über die geschäftliche Seite der Kinoindustrie diskutiert und nicht um den amüsanten Teil, der mich interessiert hätte. Und für ein kleines Unternehmen, das Kinos hier in der Gegend mit Popcorn-Maschinen ausstattete, brachten sie nur wenig Interesse auf.

David zuliebe versuchte ich, die pflichtbewusste Gastgeberin zu spielen; hübsch auszusehen und nett zu lächeln. Jawohl, das tat ich, doch wie gewohnt wurde das schnell langweilig, sodass ich mich nach etwas umsah, womit ich mich etwas ablenken konnte. Doch weder die Kellner noch einer der anderen Gäste glichen einem Filmstar. Eben hatte ich bereits meinen Oscar in Empfang genommen, was mich aber nur in Schwierigkeiten gebracht hatte. Außerdem fand ich, dass ich mir Johnny Depp für einen anderen Abend aufheben sollte, an dem die Chancen deutlich geringer waren, gestört zu werden …

Schnecken gab es leider auch keine auf der Speisekarte, deswegen konnte ich mir nicht einmal einen Spaß daraus machen, so ein Ding durch den Saal zu schießen und wie Julia Roberts in Pretty Woman »Schlüpfriges Scheißerchen!« zu rufen, während ein Ober es im Vorübergehen mit der ausgestreckten Hand auffing.

Irgendwann war das Essen Gott sei Dank beendet, und wir verabschiedeten uns von unseren Gästen. Als David und ich sie in die Taxis verfrachteten, die sie ins Hotel bringen sollten, blieb der letzte Japaner – der, der mir die Popcornflocke aus dem Haar gezogen hatte – neben mir stehen.

»Ich danke Ihnen, Miss Scallett, fül einen sehl angenehmen Abend«, sagte er. »Abel ich denke, Ihnen hätte Lomeo und Julia bessel gefallen als König Leal – ja?«

Ich lächelte ihn dankbar an. »Da haben Sie wahrscheinlich recht, Mr. Yashimoto.«

Er nickte. »Dachte ich. Mistel David ist nettel Mann, Miss Scallett, abel auch Sie sind sehl nett. Mistel Shakespeale hatte lecht, als sagte: ›Nie lann del Stlom del tleuen Liebe sanft‹, hmm?«

Ich starrte ihn einen Augenblick lang an. »Ähm, richtig, Mr. Yashimoto. Das werde ich mir merken.«

»Geln, Miss Scallett«, erwiderte der Japaner und verbeugte sich.

David und ich sahen ihm hinterher, als das Taxi abfuhr. Seine Worte klangen mir noch im Ohr. Was hatte er damit bloß gemeint? Ich konnte mich an kein anderes Shakespeare-Zitat dieses Abends erinnern, doch das, was Mr. Yashimoto gesagt hatte, brannte sich tief in mein Hirn ein.

»Das hat der Japaner zu dir gesagt?«, fragte Oscar bestürzt. »Wie seltsam!«

»Ja, nicht wahr? Aber hast du immer noch nicht genug?«, fragte ich. »Ich habe dich gewarnt – es ist eine lange Geschichte!«

»Die Geschichte geht noch weiter?« Oscar fiel die Kinnlade herunter.

Ich nickte. »Aber ja!«

»Weißt du was, meine Liebe?«, fragte er mich und sah mich ernst an, als er sich zu mir herüberbeugte.

Ich schüttelte den Kopf. Hatte er vielleicht doch schon genug? Immerhin erzählte ich nun schon eine ganze Weile.

»Wenn die Geschichte noch weitergeht, brauchen wir dringend – noch mehr Kekse!«, rief er, sprang vom Sofa auf und lief in die Küche, um Nachschub zu holen.

Die Heimfahrt mit dem Taxi in jener Nacht verlief äußerst schweigsam. David schien kaum in Stimmung zu sein, amüsant mit mir zu plaudern.

Als wir unser Haus betraten, wurde es auch nicht viel besser.

»David, ich habe doch vorhin schon gesagt, dass es mir sehr leidtut«, erklärte ich und richtete eine Steckdose gerade aus, die an ihren Kabeln aus der Wand hing, bevor ich den Wasserkocher daran anschloss. Wenn ich David sein Lieblingsgetränk (Baby-Marshmallows in heißer Schokolade) zubereitete, konnte ich damit womöglich die Katastrophen dieses Abends, die auf mein Konto gingen, wiedergutmachen. »Aber letztlich ist doch alles gut gegangen, finde ich. Die Japaner schienen den Abend allesamt sehr genossen zu haben.«

»Was wir wohl kaum dir zu verdanken haben«, murmelte er, nahm die Krawatte ab und schleuderte sie auf seine Werkbank.

»Hey, das habe ich gehört!«, beschwerte ich mich und wirbelte zu ihm herum.

»Das solltest du auch!«

Ich schaute mich in der Küche um – wenn man dieses Zimmer denn als solche bezeichnen konnte. Momentan sah es eher nach Einsatz in 4 Wänden – Spezial aus. Wollte ich jetzt wirklich einen Streit mit David anfangen? Es war schon spät, und ich war hundemüde, aber trotzdem …

»Was hätte ich denn tun sollen? Georges Anruf ignorieren?«

David zuckte mit den Schultern und ging in die Diele zurück.

»Jetzt geh nicht einfach weg, David! Immerhin hast du damit angefangen!«

David drehte sich zu mir um. »Ich habe damit angefangen?« Seine Augen blitzten gefährlich auf. »Ich habe also Schuld an deiner Kinobesessenheit, die uns bei allem in die Quere kommt?«

Ah, das war also heute Abend sein Eröffnungszug? Das war neu.

»Ich bin doch gar nicht kinobesessen! Heute musste ich arbeiten!« Ich korrigierte mich. »Das ist immerhin mein Beruf!«

»Ich rede nicht von heute Abend oder dem Anruf von George. Ich meine einfach alles! Zum Beispiel deine Träumereien, wie vorhin im Theater!«

Ich öffnete den Mund, um zu protestieren.

»Du brauchst es gar nicht zu leugnen, Scarlett, ich habe deinen Gesichtsausdruck gesehen. Den kenne ich mittlerweile weiß Gott zur Genüge!«

Ich verschränkte die Arme vor der Brust, doch ich konnte nicht bestreiten, was er sagte. Ja, okay, vielleicht war ich ab und an eine Tagträumerin – aber eine Lügnerin war ich nicht!

»Wenn man gelangweilt ist, mag es nicht das Schlechteste sein. Ich denke mal, jeder hat so seine Methoden, sich die Zeit zu vertreiben. Sich vorzustellen, man wäre ein Filmstar, sorgt in einem solchen Fall sicher für ein bisschen Abwechslung. Wenn das Ganze jedoch unser Zusammenleben beeinträchtigt, dann habe ich ein gewaltiges Problem damit!«, fuhr David fort.

»Ich habe keine Ahnung, was du meinst!«, erklärte ich hochmütig. Obwohl ich das Gefühl hatte, sehr wohl zu wissen, was er mir damit sagen wollte. Ich wandte mich ab und fing an, Tassen und Löffel auf die Küchenarbeitsplatte zu knallen, um der Unterhaltung aus dem Weg zu gehen.

Aber David würde sich heute Abend nicht so leicht mit einer Tasse heißer Schokolade besänftigen lassen. »Jetzt mal ehrlich«, fuhr er fort. »Wie oft schauen wir uns zusammen einen Film an, bei dem du mich dann mit dem Hauptdarsteller vergleichst? Hm, Scarlett? Ich bin einfach nicht Tom Cruise oder Daniel Craig oder wer auch immer. Ich bin David – und kein Superheld in Strumpfhose!«

Wie gut, dass ich ihm den Rücken zugewandt hatte, da ich beinahe in lautes Gelächter ausgebrochen wäre bei der Vorstellung von David, der in Strumpfhose herumstolzierte. Glücklicherweise konnte ich mich beherrschen, und als ich mich wieder zu ihm umdrehte, um auf seine Vorwürfe zu reagieren, kam mir ein anderer Gedanke. Würde David mich wirklich gut kennen, hätte er gewusst, dass es ziemlich unwahrscheinlich war, dass ich ihn ausgerechnet mit diesen zwei Schauspielern vergleichen würde – die beiden zählten wohl kaum zu meinen Lieblingsdarstellern.

»David, ich kann dir hoch und heilig versprechen, dass es niemals mein Ansinnen war, dich in Strumpfhose zu sehen«, erklärte ich und schaffte es, dabei ein ernstes Gesicht zu machen. »Ja, vielleicht habe ich dich gelegentlich mit einem Schauspieler verglichen, aber das ist ja schließlich kein Verbrechen, oder? Ich wette, das tun die meisten Frauen, wenn sie einen Kinofilm sehen!«

»Während sie den Film sehen vielleicht. Aber nicht später, wenn der Ehemann abspült oder sich rasiert oder … Muss ich noch deutlicher werden?«

Ich schluckte schwer. Er wusste davon?

»So«, sagte ich zögerlich und überlegte verzweifelt, wie ich das Thema wechseln könnte. Dieser Streit wurde eindeutig zu einseitig. Das Klicken des Wasserkochers ließ mich aufschrecken, doch es brachte mich auch auf eine hilfreiche Idee. »Was glaubst du eigentlich, wie es für mich ist, in diesem … diesem Müllcontainer zu hausen?«

David starrte mich ausdruckslos an.

»Dann werde ich es dir mal verraten: Ich komme mir vor, als würde ich in einer Endlosschleife einer dieser Renovierungssendungen leben, aber ohne die Hoffnung, dass jemals ein Handwerker-Expertentrupp vorbeigeschickt wird, der uns aus dieser Hölle hier befreit!«

David schien schockiert zu sein über meinen plötzlichen Ausbruch.

»Ich dachte, du magst unser Hausprojekt?«, fragte er so leise, als hätte ich ihm gerade alle seine Sandburgen zertrampelt. »Ich dachte, es gefällt dir, zusammen mit mir das Haus zu renovieren?«

»Nein, David, dir gefällt es. Du bist derjenige, der sich immer ganz begeistert diese Sendungen anschaut, nicht ich. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir ganz einfach einen Profi damit beauftragt, die Sache für uns zu erledigen.«

»Aber das hätte uns ein Vermögen gekostet! Auf diese Art und Weise sparen wir doch sehr viel Geld.«

»Tun wir das?« Ich schaute mich um. »Nehmen wir mal diese Wand hier. Wie oft hast du sie schon gefliest und dann wieder neu gefliest, weil immer etwas schiefgegangen ist? Weil immer wieder die Fliesen nicht gerade hingen oder das Verfugen nicht geklappt hat? Wir haben dreimal neue Fliesen kaufen müssen! Da hätten wir genauso gut jemanden beauftragen können, der es gleich beim ersten Mal richtig gemacht hätte.«

»Aber ich habe doch noch nie gefliest!«, beschwerte sich David und strich über die Wand. »Es ist eben nicht so einfach, es gleich beim ersten Mal richtig zu machen!«

»Eben deshalb hätten wir einen Profi beauftragen müssen!«

»Aber die kosten enorm viel, Scarlett. Genauso gut könnten wir das Geld auch zum Fenster hinausschmeißen.«

Ich verdrehte die Augen. »Mann, David, für jemanden, der Geld hat, bist du ganz schön geizig!«

»Ich bin nicht geizig, sondern einfach nur vorsichtig. Das ist eine der wichtigsten Regeln im Geschäft. Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert. Das solltest du dir besser merken, vielleicht wird dann euer kleines Unternehmen eines Tages mal so groß wie unseres.«

Ob beabsichtigt oder nicht, jedenfalls brachte mich dieser letzte Kommentar wirklich auf die Palme.

»Nein, David, du bist nicht einfach nur vorsichtig. Du bist der größte Geizhals unter der Sonne. Was war denn mit unserem Urlaub im letzten Jahr?«

»Ja? Was war damit? Wir haben immerhin Urlaub gemacht, oder etwa nicht? Nachdem du mich gezwungen hast, mir noch einen dieser Mädchenfilme anzusehen.« David verschränkte nun ebenfalls die Arme vor der Brust und schaute mich derart triumphierend an, als hätte er einen Punktsieg errungen.

»David, wir haben uns Thelma & Louise angesehen, und ich kann mich erinnern, dass du mir daraufhin eine Rundreise versprochen hast.«

David nickte. »Ja – und?«

»Das Ende des Liedes war, dass wir in einem vollkommen schrottreifen Wohnmobil eine Woche lang im Peak District herumgefahren sind.«

»Ich kannte da jemanden, und der Typ hat mir ein hervorragendes Angebot gemacht.«

»Genau. Das Ganze konnte man ja wohl kaum mit einer Tour durch Amerika in einem Ford Thunderbird vergleichen!«

David schüttelte den Kopf. »Scarlett, wenn du nicht glücklich damit bist, wie die Dinge zwischen uns laufen …«

»Weißt du was? Das bin ich tatsächlich nicht. Aber wie es scheint, beruht das wohl auf Gegenseitigkeit!«

David starrte mich an. »Vielleicht sollten wir beide das Ganze noch einmal überdenken?«

»Vielleicht wäre das in der Tat das Beste.«

»Scarlett, wenn du willst, kann ich morgen auch gern allein zu diesem Fliesengroßmarkt fahren. Dann hättest du ein wenig Zeit und Raum, um über alles nachzudenken.«

»Nicht nötig. Ich bin morgen mit Maddie verabredet und ohnehin den ganzen Tag unterwegs.«

»Oh – gut.«

»Ja, ist es.«

»Soll ich heute Nacht im Gästezimmer schlafen?« David sah mich mit großen, traurigen Augen an, die erahnen ließen, dass er auf ein Nein von mir hoffte.