Tee? Kaffee? Mord! Ein Mörder steht im Walde - Ellen Barksdale - E-Book

Tee? Kaffee? Mord! Ein Mörder steht im Walde E-Book

Ellen Barksdale

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Beschreibung

Folge 9: Im Pelham Wood nahe Earlsraven wird eine Camperin tot aufgefunden. Offenbar hatte sie sich auf ihrem Gaskocher einen Eintopf aus Giftpilzen zubereitet, ohne zu wissen, was sie da zusammenbraut. In der Gerichtsmedizin stellt sich jedoch heraus, dass es sich um die niederländische Starköchin Keetje Koopmans handelt! Und der wäre so ein Fehler niemals unterlaufen. Noch dazu kommen diese Pilze in England gar nicht vor. Damit ist klar: Keetje Koopmans wurde ermordet - nur von wem?

Nathalie und Louise unterstützen den Constable auch diesmal bei seinen Ermittlungen, aber alle Verdächtigen scheinen ein hieb- und stichfestes Alibi zu haben. Doch schließlich entdeckt Nathalie ein winziges Detail, und der Mörder muss feststellen, dass die kürzeste Route nicht immer zum Ziel führt ...


Über die Serie: Davon stand nichts im Testament ...

Cottages, englische Rosen und sanft geschwungene Hügel - das ist Earlsraven. Mittendrin: das "Black Feather". Dieses gemütliche Café erbt die junge Nathalie Ames völlig unerwartet von ihrer Tante - und deren geheimes Doppelleben gleich mit! Die hat nämlich Kriminalfälle gelöst, zusammen mit ihrer Köchin Louise, einer ehemaligen Agentin der britischen Krone. Und während Nathalie noch dabei ist, mit den skurrilen Dorfbewohnern warmzuwerden, stellt sie fest: Der Spürsinn liegt in der Familie ...

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!


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Ähnliche


Inhalt

Cover

Tee? Kaffee? Mord! – Die Serie

Über diese Folge

Über die Autorin

Titel

Impressum

Prolog

Erstes Kapitel

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Sechstes Kapitel

Siebtes Kapitel

Achtes Kapitel

Epilog

In der nächsten Folge

Tee? Kaffee? Mord! – Die Serie

Davon stand nichts im Testament …

Cottages, englische Rosen und sanft geschwungene Hügel: das ist Earlsraven. Mittendrin: das »Black Feather«. Dieses gemütliche Café erbt die junge Nathalie Ames völlig unerwartet von ihrer Tante – und deren geheimes Doppelleben gleich mit! Die hat nämlich Kriminalfälle gelöst, zusammen mit ihrer Köchin Louise, einer ehemaligen Agentin der britischen Krone. Und während Nathalie noch dabei ist, mit den skurrilen Dorfbewohnern warmzuwerden, stellt sie fest: Der Spürsinn liegt in der Familie …

Über diese Folge

Im Pelham Wood nahe Earlsraven wird eine Camperin tot aufgefunden. Offenbar hat sie sich auf ihrem Gaskocher einen Eintopf aus Giftpilzen zubereitet, ohne zu wissen, was sie da zusammenbraut. In der Gerichtsmedizin stellt sich jedoch heraus, dass es sich um die niederländische Starköchin Keetje Koopmans handelt! Und der wäre so ein Fehler niemals unterlaufen. Noch dazu kommen diese Pilze in England gar nicht vor. Damit ist klar: Keetje Koopmans wurde ermordet – nur von wem?

Nathalie und Louise unterstützen den Constable auch diesmal bei seinen Ermittlungen, aber alle Verdächtigen scheinen ein hieb- und stichfestes Alibi zu haben. Doch schließlich entdeckt Nathalie ein winziges Detail, und der Mörder muss feststellen, dass die kürzeste Route nicht immer zum Ziel führt…

Über die Autorin

Geboren wurde Ellen Barksdale im englischen Seebad Brighton, wo ihre Eltern eine kleine Pension betrieben. Von Kindheit an war sie eine Leseratte und begann auch schon früh, sich für Krimis zu interessieren. Ihre ersten Krimierfahrungen sammelte sie mit den Maigret-Romanen von Georges Simenon (ihre Mutter ist gebürtige Belgierin). Nach dem jahrelangen Lesen von Krimis beschloss sie vor Kurzem, selbst unter die Autorinnen zu gehen. »Tee? Kaffee? Mord!« ist ihre erste Krimireihe.

Ellen Barksdale lebt mit ihrem Lebensgefährten Ian und den drei Mischlingen Billy, Bobby und Libby in der Nähe von Swansea.

Ellen Barksdale

Tee? Kaffee?Mord!

EIN MÖRDERSTEHT IM WALDE

Aus dem Englischen von Ralph Sander

beTHRILLED

Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Dorothee Cabras

Lektorat/Projektmanagement: Rebecca Schaarschmidt

Covergestaltung: Kirstin Osenau unter Verwendung von Motiven © shutterstock/SJ Travel Photo and Video, © shutterstock/Protasov AN, © Mary Ro/Shutterstock, © Circle Creative Studio/Shutterstock

eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-6894-9

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Prolog, in dem eine Wanderin erst den Halt und dann die Fassung verliert

»Musst du denn alle paar Schritte ein Foto machen?«, fragte Jenna gereizt. »Du hältst uns alle nur auf.«

»Ach, komm schon«, gab Gertie unbeeindruckt zurück und grinste breit, während sie auf dem Display ihres Smartphones überprüfte, ob der Bildausschnitt hinter ihr auch gut gewählt war. »Es ist ja nun wirklich nicht so, als könntet ihr mir davonlaufen. Ich bin mindestens zwanzig Jahre jünger als jede von euch, und ich hole euch nach ein paar Minuten doch sowieso wieder ein, ohne nach Luft schnappen zu müssen.«

»Der Sinn einer Wandergruppe ist der, dass man als Gruppe wandert«, rief Maxine ihr zu. »Es geht um den …«

»… den Zusammenhalt, ja, ja, ich weiß«, erwiderte Gertie. »Aber ich bin nun mal dieses Tempo aus dem Café gewöhnt und kann nicht langsamer gehen. Dann schlafe ich nämlich ein. Ist doch nicht schlimm, wenn ich euch vorgehen lasse und dann wieder einhole. Ich glaube, es würde euch noch viel weniger gefallen, wenn ich ständig vor euch herlaufen und euch zurufen würde, dass ihr euch ein bisschen beeilen sollt.« Sie zwinkerte Maxine zu. »Ist doch wahr, oder?«

Maxine verdrehte die Augen. »Weißt du, Gertie, wir machen das hier, weil wir gemeinsam Spaß haben und was für unsere Gesundheit tun wollen. Keiner von uns hat Lust, sich mit dem kleineren von zwei Übeln abfinden zu müssen, wenn eigentlich keines von beiden Übeln existieren müsste.«

Gertie zog die Augenbrauen zusammen, aber es wirkte nur im ersten Moment so, als wäre sie darüber beleidigt, dass ihr Benehmen als »Übel« bezeichnet wurde. Dann wurde klar, dass sie Maxine überhaupt nicht hatte folgen können, sich aber wohl auch nicht die Blöße geben wollte, bei ihr nachzufragen, was sie mit ihrer Bemerkung gemeint hatte. Stattdessen zuckte sie nur gelassen mit den Schultern und murmelte etwas Unverständliches.

»Gehen wir jetzt weiter oder was?«, fragte Gertie anschließend etwas lauter in die Runde und schüttelte die langen blonden Haare. Dann ging sie an Maxine und Jenna vorbei, um sich den vier anderen Frauen anzuschließen, die weitergewandert waren, als die Diskussion mit Gertie begonnen hatte.

Jenna schüttelte ungläubig den Kopf und setzte sich wieder in Bewegung.

»Wir hätten ihr schon vor Wochen sagen sollen, dass sie nicht mitkommen kann«, meinte Maxine leise, die neben ihr ging.

Jenna nickte betrübt. »Ja, es war tatsächlich ein Fehler, Gertie zu dieser Wanderung einzuladen.«

»Eingeladen hat sie sich selbst, als wir im Café saßen und über das hier gesprochen haben«, wandte die andere Frau ein. »Wir hätten sie gleich wieder ausladen sollen.«

»Ich weiß, aber das wäre irgendwie so … so unhöflich gewesen.«

Maxine seufzte. »Manchmal muss man offenbar zu anderen Leuten unhöflich sein, um zu verhindern, dass sie anschließend zu einem selbst unhöflich sind.«

»Schade, dass sie nicht in High Heels zur Abfahrt erschienen ist, wie wir alle es erwartet hatten«, sagte Jenna, während sie weiter zu den anderen aufschlossen. »Dann hätte sich das Problem von selbst erledigt.«

»Na ja, das Schlimmste steht uns ja sicher noch bevor, wenn Gertie merkt, dass ihr ständiges Hin und Her und die dauernden Tempowechsel an ihren Kräften zehren«, warnte Maxine, als Gertie sich wieder einmal von der Gruppe löste und eine Lichtung rechts des Wanderwegs überquerte, wohl um das nächste Selfie zu schießen. »Wir haben ihr gesagt, dass sie ein gleichmäßiges Tempo beibehalten soll, wenn sie nicht …«

Während Maxine redete, sah Jenna nach rechts zum Rand der Lichtung, wo die junge Kellnerin mit ausgestreckten Armen ihr Smartphone auf sich gerichtet hielt und einen Schritt nach hinten machte … danach noch einen … und dann wurde sie auf einmal scheinbar vom Erdboden verschluckt. Mit einem erstickten Aufschrei verschwand sie zwischen den Büschen und war weg.

»Oh mein Gott, Gertie!«, rief Jenna erschrocken. »Sie ist da … da …«

»Was denn?« Maxine schaute in die Richtung, in die ihre Freundin zeigte. »Da ist doch niemand.«

»Ja, eben«, gab Jenna zurück und zog Maxine hinter sich her. »Aber gerade eben hat Gertie noch da gestanden.«

Am Rand der Lichtung angekommen, drückte Jenna die dicht an dicht stehenden, mannshoch gewachsenen Büsche auseinander und wollte einen Fuß in die geschaffene Lücke setzen. Dabei merkte sie, dass sie ins Leere tappte. »Oh, langsam, ganz langsam«, murmelte sie und stieß erst deutlich tiefer auf Widerstand. »Hinter dem Gebüsch geht es offenbar steil runter. Halt mich fest!«

Sie streckte eine Hand hinter sich, damit ihre Freundin sie packte. Als sie deren festen Griff spürte, schob sie sich zwischen den Sträuchern hindurch, um sehen zu können, was sich dahinter befand.

Die Büsche säumten den Rand einer glücklicherweise nicht ganz so steil abfallenden Schräge, die eine Seite einer lang gestreckten Mulde bildete, die sich mitten durch den Wald zog. Zumindest auf den ersten flüchtigen Blick kam es Jenna so vor, als hätte hier vor langer Zeit der Untergrund nachgegeben, so als wäre tief unter ihnen ein alter Bergwerksstollen eingestürzt.

»Siehst du sie?«, fragte Maxine von der anderen Seite des Gebüschs.

»Ja, Gertie ist wohl ein paar Meter nach unten gerollt«, antwortete Jenna, als sie die junge Frau inmitten von Büschen auf dem Boden sitzend entdeckte.

»Lebt sie noch?«

»Ja. Sie macht gerade ein Foto von ihrem Fußgelenk. Ganz so schlecht kann es ihr also nicht gehen.«

»Ein Foto von ihrem Fußgelenk? Wieso das denn?«

»Frag mich was Leichteres«, gab Jenna zurück, dann rief sie: »Ist alles in Ordnung, Gertie? Brauchst du Hilfe? Sollen wir zu dir runterkommen?«

Als Gertie sich zu ihr umdrehte, war ihr schmerzverzerrtes Gesicht nicht zu übersehen. »Ich weiß nicht, wie sich das anfühlt, weil ich das noch nie hatte. Aber ich glaube, ich habe mir den Fuß gebrochen.«

»Was hat sie?«, hörte Jenna von der anderen Seite der Büsche Shelleys Stimme. Offenbar waren die anderen auf das Unglück aufmerksam geworden und zu ihnen zurückgekehrt.

»Vielleicht den Fuß gebrochen«, sagte Jenna und drehte sich so, dass sie seitlich auf der Schräge stand. »Ich lasse jetzt los. Wir müssen runter zu Gertie und nachsehen, was mit ihr los ist.«

Der Hang war recht mühelos zu bewältigen, fand Jenna, allerdings galt das nur, wenn man sich Zeit ließ und auf den Weg konzentrierte. Wenn man dagegen plötzlich den Boden unter den Füßen verlor, war es schlicht unmöglich, noch irgendwo Halt zu finden. Es konnte nur so sein, dass Gerties Sturz von den vielen Büschen gebremst worden war, was erklären würde, warum sie äußerlich weitgehend unversehrt aussah.

»Ich komme zu dir«, rief Jenna ihr zu. »Beweg dich nicht.«

»Hatte ich nicht vor«, sagte die jüngere Frau und stöhnte leise.

Bei ihr angekommen, kniete sich Jenna neben ihr hin und hob Gerties rechtes Bein ein Stück hoch, damit der Fuß nicht auf dem Boden ruhte. »Kannst du den Fuß bewegen?«

»Keine Ahnung«, ächzte sie. »Wie soll ich ihn bewegen, wenn er gebrochen ist?«

»Probier es einfach mal aus«, forderte Jenna sie auf, woraufhin Gertie das Gesicht wie unter Todesqualen verzog.

»Ich kann nicht!«, rief sie verzweifelt. »Das sind ja höllische Schmerzen!«

»Na bitte, es geht doch«, stellte Jenna erfreut fest.

»Was?«

»Na, du hast den Fuß bewegt«, machte sie Gertie klar. »Dann ist er nicht gebrochen.«

»Aber ich … aber ich …«, versuchte Gertie zu protestieren, doch Jenna richtete sich schon ein wenig auf und zog sie vorsichtig hoch.

»Leg den rechten Arm um meine Schultern, ich umfasse mit meinem linken Arm deine Taille«, wies Jenna sie an. »Und dann gehen wir zusammen nach oben zu den anderen. Belaste deinen rechten Fuß nicht, dann wird das schon funktionieren.«

»Du hast gut reden«, fuhr die junge Frau sie an, die auf dem linken Bein zu balancieren versuchte. »Du hast dir ja nicht den Knöchel gebrochen!« Dabei fuchtelte sie so mit den Armen, dass sie den Halt verlor und nach hinten kippte. Im Fallen zog sie Jenna mit sich, da sie sich an deren Schulter festhielt.

Beide Frauen stürzten rücklings hin, und Jenna landete auf etwas Weichem, das sich weder nach Waldboden noch nach Busch anfühlte. Von Gertie kam ein ersticktes Ächzen, da ihr bei ihrer unfreiwilligen Landung die Luft aus den Lungen gepresst wurde.

»Sag mal, was sollte das denn gerade?«, herrschte Jenna die andere Frau an. »Wir können von Glück reden, dass hier keine Steine rumliegen, sonst hätte sich eine von uns jetzt womöglich den Kopf aufgeschlagen!«

»Das habe ich wohl kaum mit Absicht gemacht!«, gab Gertie zurück und schob die Hand zur Seite, die auf ihrem Bauch gelandet war.

Die Hand? Jenna stutzte. »Was … ist das für eine Hand?«, fragte sie.

»Na, deine natürlich!«

Jenna hob beide Hände hoch. »Ganz sicher nicht«, erwiderte sie zögerlich und wollte sich eben umdrehen, um festzustellen, auf was sie da eigentlich gelandet war.

Sie kam nicht mehr dazu, denn in dem Augenblick begann Gertie zu kreischen.

»Aaah! Aaaaah!«, war alles, was ihr über die Lippen kam. Gertie sprang auf und rannte die Schräge hinauf, so schnell sie konnte. Oben angekommen, schrie sie: »Aus dem Weg!« Dann stieß sie Maxine und Shelley zur Seite und stürmte davon.

Ungläubig sahen die zwei der jungen Frau hinterher und schüttelten den Kopf. »Das war wohl gerade ein Fall von Wunderheilung«, meinte Shelley verdutzt. »Sie rennt immer noch.«

»Das würde ich am liebsten auch«, murmelte Jenna erschrocken, die sich in der Zwischenzeit zur Seite gerollt hatte und in das bleiche Gesicht einer Frau sah, deren aufgerissene Augen sie mit leerem, totem Blick anstarrten.

Erstes Kapitel, in dem eine Leiche in Ballerinas Rätsel aufgibt

Zwei Stunden nach dem Fund der Frauenleiche war Constable Ronald Strutner damit beschäftigt, gemeinsam mit dem Gerichtsmediziner Jean-Louis Talradja den Fundort nach verwertbaren Spuren abzusuchen und die Tote aus jedem Winkel zu fotografieren. Talradja – von seinen Freunden kurz J.L. genannt – hatte zunächst eine erste Begutachtung der Leiche durchgeführt, aber das Fehlen jeglicher durch Gewaltanwendung zugefügter Verletzungen machte es unwahrscheinlich, in dieser Senke Spuren zu finden, die zu einem Täter führen konnten. Hinzu kam die Tatsache, dass die Wandergruppe sowohl hier unten als auch auf der Lichtung und zwischen den Büschen durch aufgeregtes Umherlaufen ohnehin alles niedergetrampelt hatte, was an Spuren möglicherweise vorhanden gewesen war.

»Sie liegt definitiv schon seit ein paar Tagen hier. Doch dank der recht niedrigen Temperaturen für Mitte Mai sind noch kaum Verwesungsspuren sichtbar«, sagte Talradja. »Und zum Glück ist noch kein Aasfresser auf sie aufmerksam geworden, sonst …« Er zuckte mit den Schultern. »Na, du kannst dir sicher vorstellen, wie sie dann aussehen würde. Aber irgendwie kommt sie mir bekannt vor …«

»Vielleicht arbeitet sie im Krankenhaus?«, gab Ronald zurück. »Und die Todesursache? Irgendwelche Spekulationen?«, fragte er weiter, da alles danach aussah, dass sie keinen verräterischen Hinweis mehr finden würden.

Der Gerichtsmediziner stand da und betrachtete die Tote. »Sie ist nicht durch Gewalteinwirkung zu Tode gekommen; sie wurde weder erschlagen noch erdrosselt. Und mit irgendeiner Waffe ist sie zumindest bei flüchtiger Betrachtung auch nicht getötet worden«, sagte Talradja. »Meine Vermutung wäre ein internistischer Vorfall.«

»Du meinst … so was wie ein Herzinfarkt?« Der Constable betrachtete das Gesicht der Toten. »War sie dafür nicht noch etwas jung?«

»Es sind schon Fußballer mit gerade einmal achtzehn Jahren aufgrund von Herzversagen tot auf dem Spielfeld umgefallen«, gab J.L. zu bedenken.

Ronald zuckte unschlüssig mit den Schultern. »Na ja, ausschließen kann man das wirklich nicht.« Er deutete auf die Tote. »Mich irritiert nur die Kleidung, die sie trägt.«

»Wir haben Mitte Mai, da ist gegen eine Jogginghose und ein T-Shirt nichts einzuwenden«, meinte J.L. beiläufig.

»Ich dachte eigentlich mehr an die Schuhe«, stellte der Constable klar. »Wer geht in Ballerinas auf eine Wanderung durch den Wald? Nach ein paar Hundert Metern wären diese Sohlen durchgescheuert. Aber so sauber, wie die aussehen …«, er beugte sich vor, um mehr erkennen zu können, »… ist sie damit keine zehn Schritte gelaufen.«

»Wenn sie nicht weiter gelaufen ist, wurde sie vielleicht woanders ermordet und hier abgelegt«, überlegte Talradja laut. »Das würde den Zustand ihrer Ballerinas erklären.«

»Das wäre eine Möglichkeit«, räumte Strutner ein. »Allerdings kleben an ihrer Kleidung überall Grashalme und Erde, was auf mich eher den Eindruck macht, dass sie in das Gebüsch gerollt ist.«

Der Gerichtsmediziner deutete nach oben. »Und wenn der Mörder sie von der Kante hat runterrollen lassen?«

Der Constable verzog den Mund. »Ich weiß nicht, das klingt nicht plausibel. Wenn er sie verschwinden lassen will, warum rollt er sie dann die Schräge runter? Dadurch hat er ja keine Kontrolle, wo sie landet, und wenn sie in der falschen Position liegen bleibt, muss er erst noch hinterhergehen und sie unter das Grünzeug schaffen.«

»Aber wenn sie die letzten Meter in ihrem Leben selbst zurückgelegt hat, kann sie nicht weit gelaufen sein. Sie könnte hier irgendwo gezeltet haben«, gab der Gerichtsmediziner zurück und rieb sich über den Spitzbart, der ihn wie einen der drei Musketiere aussehen ließ. Die pechschwarze wallende Lockenmähne war nur zum Teil unter einer Plastikhaube verschwunden, die für den Wust an Haaren nicht ausreichte. Er trug einen dünnen hellblauen Schutzanzug und Einweghandschuhe.

Ronald schüttelte den Kopf. »Entlang dieser Wanderstrecke ist das Zelten verboten. Außerdem hätten wir irgendwo in der Nähe der Lichtung ihr Zelt sehen müssen, weil sie nicht weit gelaufen sein kann.«

»Aha! Und wenn man sich weit genug von der Wanderstrecke entfernt, darf man campen?«

Der Constable nickte.

»Wieso?«

»Was wieso?«

»Wieso ist das Zelten da verboten und zwanzig Meter weiter weg erlaubt?«

»Keine Ahnung«, antwortete Ronald. »Ich habe die Vorschriften nicht gemacht. Ich könnte mir vorstellen, dass die Forstverwaltung irgendwann mal eine Vorschrift geändert hat, ohne zu merken, dass davon auch noch ein Dutzend andere Punkte betroffen sind.«

»Das heißt, unsere Unbekannte – die ich aber schon mal irgendwo gesehen habe – könnte zum Beispiel da oben ihr Zelt aufgeschlagen haben?«, erkundigte sich J.L. und zeigte auf die gegenüberliegende Seite der Senke.

»Theoretisch ja. Wieso fragst du?«

»Na ja, ich war bislang davon ausgegangen, dass diese Frau auf der anderen Seite den Halt verloren hat, weil diese Wandergruppe ja auch von da gekommen ist«, erklärte Talradja. »Allerdings würde sich ihre Position viel leichter erklären lassen, wenn sie von dahinten runtergerollt wäre.«

Ronald schob die Dienstmütze in den Nacken und schaute die Schräge hinauf. »Dann werde ich da mal nachsehen.«

»Ich komme mit, ich kann hier ohnehin nichts mehr tun«, sagte J.L. »Für alles Weitere brauche ich mein Labor.« Er sah auf die Uhr. »Die Jungs vom Bestatter müssten eigentlich bald hier sein.«

»Wer ist da jetzt überhaupt zuständig? Becker hat sich doch wegen seiner Steuerschulden aus dem Staub gemacht.«

»In seinem Geschäft hat sich irgendeine Kette aus dem Norden provisorisch eingerichtet«, antwortete der Gerichtsmediziner. »›Life After Life‹ heißt die, wenn ich mich nicht irre. Eigentlich müsste das Finanzamt ja den ganzen Laden pfänden, aber da es immer wieder Leute gibt, die mit dem Sterben nicht warten können, wäre die Versorgung der ganzen Region gefährdet.«

Der Constable lachte kurz auf und nickte, dann ging er die Schräge hinauf. J.L. war dicht hinter ihm. »Volltreffer«, sagte er, als er oben angekommen war. »Die Frau ist tatsächlich nur drei Schritte gelaufen, ehe sie hier runtergerollt ist.«

Mitten im Wald stand ein Zwei-Mann-Zelt, das aussah, als hätte sich dort ein kleiner Wirbelsturm ausgetobt. Ein Gaskocher lag auf der Seite, Teller und Besteck waren auf dem Boden verteilt, Kleidungsstücke aus dem Zelt gezogen worden, darunter auch Wanderstiefel. Die Zeltplane wies an mehreren Stellen größere Löcher auf.

»Man könnte meinen, dass eine kleine Barbarenhorde über das Zelt hergefallen ist«, sagte der Gerichtsmediziner.

»Da ist einfach alles durchwühlt worden«, stellte der Constable fest. »Wir werden erst mal Spuren sichern müssen. Es könnte ein Raubmord sein.«

»Wenn du wirklich einen von den … Tätern verhaften willst, solltest du dir einen Satz extrakleine Handschellen zulegen, Ronald.«

»Wofür sollen die gut sein?«

»Damit sie die winzigen Gelenke auch sicher umschließen«, gab Talradja grinsend zurück.

»Welche winzigen Gelenke?«

»Na, die der Krähen und Elstern, der Füchse und der Mäuse und aller anderen Tierchen, die sich hier im Wald tummeln.« Als er Ronalds ratlosen Blick bemerkte, fügte er hinzu: »Das da hat niemand verbrochen, der strafrechtlich dafür belangt werden könnte. Das waren Elstern, Krähen, Füchse, Mäuse und was sonst noch so alles im Wald kreucht und fleucht. Nachdem die Camperin tot war und Ruhe herrschte, haben die sich hier umgesehen, die Lebensmittelvorräte entdeckt und dann alles auf den Kopf gestellt. Sieh doch mal da, die Brotdose.« Er hob den Deckel auf, der neben der Dose lag, in der sich nur noch ein paar Krümel befanden. »Die Ecke hat jemand herausgebissen, und nachdem erst mal ein Loch entstanden war, konnte der Deckel hochgedrückt werden. Natürlich macht so was viel Arbeit, aber die lohnt sich, wenn man sich anschließend mit einer Scheibe Brot oder Wurst oder einem Stück Käse zurückziehen kann, um es in Ruhe zu verspeisen. Aus dem Grund wurde auch die Zeltplane zerfetzt: Da wollten ein paar Vierbeiner unbedingt wissen, ob sich auf der anderen Seite noch mehr Essbares befindet.«

Der Constable nickte zustimmend. »Dann wollen wir erst einmal alles fotografieren.«

Ein paar Minuten später war das erledigt, und Ronald begann zu sichten, was überhaupt im Zelt und in der unmittelbaren Umgebung zu finden war. Es war erkennbar an allen Dingen vom T-Shirt bis hin zur Haarbürste gezupft, gezogen und geknabbert worden, um sie auf ihre Genießbarkeit zu überprüfen. »Keine Ausweispapiere«, stellte er nach einer Weile fest.

»Bei sich trug sie auch nichts«, ergänzte J.L. »Vielleicht hatte sie die Papiere ja zu Hause oder im Auto gelassen, sofern sie mit dem Wagen hergekommen ist.«

»Das wird kein Vergnügen werden, den ausfindig zu machen«, murmelte Ronald.

»Gibt es hier nicht einen zentralen Parkplatz, von dem aus die Wanderer für gewöhnlich aufbrechen?«

Der Constable schüttelte zwar den Kopf, bejahte aber zunächst die Frage: »Pelham Woods hat den zentralen Parkplatz, auf dem wir geparkt haben, das ist richtig. Doch die Wanderrouten beschränken sich nicht auf diesen Wald, sondern ziehen sich durch die ganze Grafschaft. Du kannst eine Route wählen, bei der du nach drei Stunden an den Ausgangspunkt zurückkehrst, aber du kannst auch drei Wochen lang in der gesamten Region umherwandern. Das bedeutet, es gibt Dutzende Parkplätze, doch selbst die müssen uns nicht zwangsläufig weiterhelfen. Manche Wanderer stellen ihren Wagen lieber im Dorf um die Ecke ab und gehen das Stück bis zum Wanderweg, weil sie finden, dass der Wagen dort sicherer aufgehoben ist.«

»Das leuchtet ein. Wenn hier abends um elf noch ein Auto auf dem Platz steht, kann man es ohne Risiko aufbrechen und stehlen, weil der Eigentümer das ganz sicher nicht vor dem nächsten Morgen bemerken wird.« J.L. zuckte mit den Schultern. »Außerdem wissen wir ja nicht mal, ob sie womöglich mit dem Bus hergekommen ist.« Er drehte sich um und hob einen Kochtopf auf, gegen den er gestoßen war, als er gerade eben einen Schritt nach hinten gemacht hatte. Dann stellte er den Topf weg und betrachtete die Lage des Zeltes im Verhältnis zu dem Graben, der sich mitten durch den Wald zog. »Tja, das würde schon alles passen«, redete er leise weiter. »Angenommen, sie bekam plötzlich Herzbeschwerden, die sie aus dem Schlaf rissen. Sie ist aus dem Zelt gekrochen, noch immer schlaftrunken, sodass sie gar nicht so genau wusste, wo sie eigentlich war. Ihr Gedanke war nur, Hilfe zu rufen, damit sich ein Arzt um sie kümmert. Vielleicht gingen ihr Stiche durchs Herz, die so heftig waren, dass sie nicht mehr wahrnahm, wo sie war. Sie lief los, aber in ihrer Verfassung dachte sie nicht daran, woher sie gekommen war und wo sie nicht entlanglaufen durfte.«

»Und dabei hat sie sich für die falsche Richtung entschieden«, fügte Ronald an. »Sie läuft los, hat auf einmal keinen Boden mehr unter den Füßen und landet in dieser Senke. Aber sie hat sich ja anscheinend nichts gebrochen, sie hätte sich doch aufrappeln können.«

J.L. hob abwehrend die Hände. »Es gibt bestimmt tausend Gründe, weshalb sie das nicht gemacht hat. Womöglich war sie so in Panik geraten, dass ihr Herz einfach nicht anders konnte, als zu kapitulieren. Die Autopsie wird zweifellos mehr ergeben, nur werden wir nicht erfahren, was ihr in diesen letzten Momenten durch den Kopf ging.«

»Das ist zwar alles sehr tragisch, doch ich glaube, man kann getrost davon ausgehen«, sagte Ronald nach einer langen nachdenklichen Pause, »dass sie unter natürlichen Umständen umgekommen ist. Von einem Mord ist wohl nicht auszugehen, oder?«

»Du weißt, Ronald, ich schließe Dinge nie aus, solange sie nicht bewiesen oder widerlegt sind«, betonte der Gerichtsmediziner. »Und ich möchte auch so unvoreingenommen wie möglich ans Werk gehen, trotzdem … Ich schätze, du wirst diesmal nur einen kurzen Bericht schreiben müssen.«

»Das wäre mal eine angenehme Überra-«

»Hallo! Haaaallooo! Hallo!«, ertönten laute Rufe, die den Constable mitten im Satz verstummen ließen.

»Wer ist denn das?«, fragte er verwundert, als er zwei Frauen entdeckte, die, von der anderen Seite kommend, die Schräge heruntergingen. Eine war groß und stämmig, die andere Frau war deutlich kleiner und zierlicher und wirkte regelrecht schmächtig. Die Kleinere trug die platinblond gefärbten Haare streng nach hinten gekämmt und zu einem langen Zopf geflochten, die Größere wirkte mit der Bürstenfrisur und den fast kahl rasierten Seiten so, als wäre sie im Hauptberuf bei den US Marines.

Beide waren in schwarze Overalls gekleidet, die mit irgendeinem Logo versehen waren.

»Keine Ahnung«, antwortete J.L. und rief den Frauen zu: »Hallo? Wohin wollen Sie?«

»Wir kommen von Life After Life, wir sollen hier jemanden abholen«, rief die Blonde ihm zu.

»Dann sind Sie hier richtig. Da unten liegt die Tote«, sagte J.L., während der Constable und er ihnen entgegengingen. »Sie muss in die Rechtsmedizin gebracht werden. Wissen Sie, wo das Institut ist?« Die beiden sahen einander an und zuckten mit den Schultern. »Auch gut. Wenn Sie hier fertig sind, warten Sie bitte auf dem Parkplatz auf mich. Sie können dann einfach hinter mir herfahren. Der Constable und ich müssen da oben noch ein paar Dinge zusammenräumen. Ach so, ich bin übrigens Jean-Louis Talradja, und das ist Constable Strutner.«

»Okay«, sagte die Frau mit dem Marines-Haarschnitt. »Ich bin Miss Keaton, und das ist Miss Keaton.« Dabei zeigte sie mit dem Daumen auf ihre zierliche Kollegin.

»Sind Sie verwandt?«, fragte Ronald.

»Miteinander?«, erwiderte die größere Frau, und als Ronald nickte, fügte sie hinzu: »Nein, wieso?«

»Ach«, machte er und unterstrich das mit einer ebenso vagen Geste. »War nur so ein Gedanke.«

Die Frau sah ihn an, als wollte sie noch etwas sagen, aber dann wandte sie sich wieder an den Gerichtsmediziner. »Wir holen jetzt erst den Sarg, und danach treffen wir uns auf dem Parkplatz«, erklärte sie und machte zusammen mit ihrer Kollegin kehrt, ohne auf eine Erwiderung zu warten.

»Seltsame Truppe«, murmelte Ronald, nachdem die zwei auf den Wanderweg zurückgekehrt waren.

»Gewöhnungsbedürftig«, stimmte J.L. ihm zu und fügte schmunzelnd an: »Ich will doch hoffen, dass die Geschäftsführung von Life After Life nicht aus Zombies besteht, die den Job nur machen, um an Leichen zu kommen, die sie als Ersatzteillager benutzen wollen.«

Ronald zog eine Augenbraue hoch. »Das war jetzt nicht sehr pietätvoll, wenn man bedenkt, dass die Tote noch immer da liegt.«

»Tut mir leid, Ronnie«, sagte der Gerichtsmediziner. »Mit den Jahren entwickelt man in meinem Job einen etwas speziellen Humor.«

Der Constable nickte nachdenklich.

»Schwamm drüber.« J.L. machte eine wegwerfende Geste und ging wieder die Schräge hinauf. Dabei zog er aus seiner Umhängetasche mehrere Müllbeutel. »Wir packen alles ein und nehmen es mit, vielleicht muss ich noch die eine oder andere Untersuchung vornehmen.«

Ronald stutzte. »Glaubst du etwa, du musst doch nach Spuren suchen, um jemanden zu überführen?«

»Nein, ich denke eher an andere internistische Ursachen. Vielleicht ist sie ja mit irgendeiner Pflanze in Berührung gekommen, auf die sie erst später mit einem Erstickungsanfall reagiert hat.« Er zuckte mit den Schultern. »Sie kann ebenso gut um Luft ringend aus dem Zelt gelaufen und dann da unten gelandet sein. In jedem Fall ist es tragisch, dass jemand wie sie, der offenbar die Natur liebte, wohl nur deshalb umgekommen ist, weil er sich mitten in der Natur aufhielt und niemand in der Nähe war, um noch zu helfen.«

Sie machten sich daran, die Habseligkeiten der Toten in die Müllsäcke zu packen. Nach einer Weile vernahmen sie Frauenstimmen, die aus der Senke zu ihnen drangen. Scheppernde Geräusche waren bis zum Zelt zu hören, als die Bestatterinnen den Sarg öffneten und den Deckel zur Seite legten.

»Hey, Mr Gandhi«, ertönte auf einmal die Stimme der großen Frau. »Wir haben hier was gefunden!«

J.L. stutzte. »Habe ich das gerade richtig verstanden?«, fragte er den Constable.

»Ja, und deswegen wirst du auch hier oben bleiben«, sagte der hastig.

»Ich werde …«

»Nein, wirst du nicht.« Ronald fasste ihn am Arm und zog ihn zurück. »Du hast jeden Grund, diese Frau zur Schnecke zu machen, doch das bringt jetzt nichts. Wenn ihr das nicht passt, und sie sagt daraufhin, dass sie die Tote nicht mitnimmt, müssen wir zusehen, wie wir sie an deinen Arbeitsplatz geschafft bekommen.«

»Ich kann die Frau doch nicht mit so einer Bemerkung davonkommen lassen!«, protestierte Talradja.