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Und wenn sie dann gestorben sind ...
... gibt es einen neuen Fall für Nathalie und Louise.
Mord im Märchenwald! Die Besitzerin des Restaurants Witch You Were Here wird tot aufgefunden - in ihrem eigenen Backofen. Nathalie und Louise machen sich mit Unterstützung ihrer Freunde auf die Suche nach dem Täter. Und dabei stoßen sie auf jede Menge Konflikte und Intrigen ...
Als ein weiterer Mitarbeiter des Märchenwalds angegriffen wird, stehen die beiden Ermittlerinnen vor der Frage: Ging es bei den Angriffen allein um die Opfer oder will jemand dem gesamten Märchenwald ein ganz und gar unmärchenhaftes Ende bereiten?
Über die Serie: Davon stand nichts im Testament ... Cottages, englische Rosen und sanft geschwungene Hügel - das ist Earlsraven. Mittendrin: das »Black Feather«. Dieses gemütliche Café erbt die junge Nathalie Ames völlig unerwartet von ihrer Tante - und deren geheimes Doppelleben gleich mit! Die hat nämlich Kriminalfälle gelöst, zusammen mit ihrer Köchin Louise, einer ehemaligen Agentin der britischen Krone. Und während Nathalie noch dabei ist, mit den skurrilen Dorfbewohnern warmzuwerden, stellt sie fest: Der Spürsinn liegt in der Familie ...
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Seitenzahl: 263
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Grußwort des Verlags
Über diese Folge
Tee? Kaffee? Mord! – Die Serie
Titel
Prolog
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Sechstes Kapitel
Siebtes Kapitel
Achtes Kapitel
Neuntes Kapitel
Zehntes Kapitel
Elftes Kapitel
Epilog
Über die Autorin
Impressum
Leseprobe
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Und wenn sie dann gestorben sind …
… gibt es einen neuen Fall für Nathalie und Louise.
Mord im Märchenwald! Die Besitzerin des Restaurants Witch You Were Here wird tot aufgefunden – in ihrem eigenen Backofen. Nathalie und Louise machen sich mit Unterstützung ihrer Freunde auf die Suche nach dem Täter. Und dabei stoßen sie auf jede Menge Konflikte und Intrigen …
Als ein weiterer Mitarbeiter des Märchenwalds angegriffen wird, stehen die beiden Ermittlerinnen vor der Frage: Ging es bei den Angriffen allein um die Opfer oder will jemand dem gesamten Märchenwald ein ganz und gar unmärchenhaftes Ende bereiten?
Davon stand nichts im Testament …
Cottages, englische Rosen und sanft geschwungene Hügel: das ist Earlsraven. Mittendrin: das »Black Feather«. Dieses gemütliche Café erbt die junge Nathalie Ames völlig unerwartet von ihrer Tante – und deren geheimes Doppelleben gleich mit! Die hat nämlich Kriminalfälle gelöst, zusammen mit ihrer Köchin Louise, einer ehemaligen Agentin der britischen Krone. Und während Nathalie noch dabei ist, mit den skurrilen Dorfbewohnern warmzuwerden, stellt sie fest: Der Spürsinn liegt in der Familie …
Ellen Barksdale
Tee? Kaffee?Mord!
ES WAR EINMAL EIN MORD
Prolog, in dem eine Entdeckung kein gutes Ende nimmt
Jim Jackson war unterwegs durch den Märchenwald, um mit seinem Handy am nächsten Kontrollpunkt den unauffälligen QR-Code zu scannen und damit zu bestätigen, dass alles in Ordnung war.
»Was soll hier auch nicht in Ordnung sein?«, murmelte er vor sich hin und freute sich schon auf die Attraktion Jack und die Bohnenranke. Mary, die Betreiberin des kleinen Lokals gleich daneben, hatte ihm ein Foto einer köstlichen kleinen Pastete gefüllt mit gekochten und genial gewürzten roten Bohnen auf sein Handy geschickt und ihn wissen lassen, dass er die Mikrowelle nur noch auf neunzig Sekunden einstellen und starten musste.
Tatsächlich war in diesem Märchenwald immer alles in Ordnung gewesen, seit Jim vor vielen Jahren das erste Mal als Wachmann seine nächtliche Runde gemacht hatte. Trotz der langen Routine blieb Jim immer wachsam, denn irgendwann konnte es zu einem Zwischenfall kommen.
Als er sich der Attraktion Hänsel und Gretel näherte, sah er am Durchgang zur Theke eine Bewegung im Pavillon. Offenbar war Karen Duvall noch damit beschäftigt, alles aufzuräumen und für den nächsten Tag auf Vordermann zu bringen. Es war nichts Ungewöhnliches daran, wenn die Betreiber der Restaurants auch noch lange nach Schließung des Parks für die Besucher alles aufräumten und Vorbereitungen für den nächsten Tag trafen.
Er drückte gegen die Tür zum Pavillon, der nur schwach beleuchtet war, und trat ein. Wohlige Wärme schlug ihm entgegen, die ihn erst jetzt wahrnehmen ließ, wie kalt es draußen eigentlich war. Er wunderte sich, wieso es ihm nicht eher aufgefallen war. Aber womöglich lag es daran, dass es ihm gar nicht wie Anfang Dezember vorkam. Er konnte sich kaum vorstellen, dass es nur noch rund zwei Wochen bis Weihnachten waren.
»Karen? Kaz, wo bist du?«, rief er, da niemand zu sehen war. Bestimmt war sie nach hinten in den Lagerraum gegangen, wo auch die Kühltruhen standen. Wegen des hohen Alters der Truhen verursachten diese Geräte einen Höllenlärm, der verhinderte, dass man auch nur irgendein Geräusch wahrnahm.
Gerade steuerte Jim auf den Durchgang zu, der um den Tresen herum und damit auch zum Lagerraum führte, da richtete sich hinter der Theke ein Mann auf, den Jim im Halbdunkel nicht genau erkennen konnte.
»Oh«, seufzte der Fremde und klang erleichtert. »Sie kommen wie gerufen!«
»Ich? Wer sind Sie?«, fragte Jim.
»Ronan Myers, Broadhurst Versicherungen«, antwortete der Mann. »Mrs Duvall hatte um diesen Termin gebeten.«
Jim zog skeptisch die Augenbrauen zusammen. »An einem Sonntagabend?«
»Glauben Sie mir, ich wäre auch lieber woanders«, sagte der Fremde. »Aber Mrs Duvall sprach von einem Notfall und dass sofort etwas unternommen werden müsse.« Er zuckte mit den Schultern. »Wir sind für unsere Kunden da, wenn sie uns brauchen.«
»Und wo ist Karen?«, wollte der Wachmann wissen.
»Das sollten Sie sich lieber ansehen, weil Sie es mir sonst wohl nicht glauben werden«, bekam er zur Antwort, während der Mann ihn zu sich hinter die Theke winkte.
Jim kam näher, der Mann machte einen Schritt zur Seite, um ihn vorbeigehen zu lassen. Abrupt blieb er stehen, als er auf dem Boden eine dunkelhaarige Frau mit dem Gesicht nach unten liegen sah. Um ihren Kopf herum hatte sich eine dunkelrote Lache gebildet.
»Mein Gott!«, flüsterte er und wich ein Stück weit zurück. »Ist das … ist das Kaz? Ist sie … tot?«
»Ja, es ist Kaz, und sie ist tot«, bestätigte der Mann von der Versicherung.
»Aber … was ist passiert?«, brachte Jim mit Mühe heraus, da der Anblick von so viel Blut bei ihm Schwindel auslöste und er fürchtete, jeden Moment ohnmächtig zu werden und dann sogar womöglich neben der Toten auf dem Boden zu landen.
»Sie wurde mit diesem Hammer erschlagen«, antwortete Myers und zeigte auf das schwere Werkzeug, das auf dem Tresen hinter der Theke lag.
Jim schaute zwischen den Hammer und dem unbekannten Mann hin und her. »Woher wissen Sie das?«
»Nun, zum einen ist der Kopf des Hammers blutverschmiert, und das Blut ist auch noch frisch«, führte der andere Mann aus, als würde er bei einem Lehrgang Fragen seiner Schüler beantworten. »Sie können sehen, dass Blut vom Hammer auf den Tresen gelaufen ist. Und zum anderen weiß ich das, weil ich die Frau gerade eben erschlagen habe.«
Jim glaubte, sich verhört zu haben, aber dann sah er, wie der rätselhafte Mr Myers nach dem Hammer griff, und im gleichen Moment war ihm dessen Absicht klar. Er drehte sich um und drängte sich an dem Mann vorbei, um den Bereich hinter der Theke zu verlassen, aber er setzte gerade erst zum zweiten Schritt an, da spürte er einen brutalen Schmerz am Hinterkopf, ausgelöst durch einen Schlag, der ihn nach vorn schleuderte. Ihm wurde schwarz vor Augen, noch bevor er den Gedanken zu Ende führen konnte, dass der Unbekannte ihn ebenfalls erschlagen würde, wenn ihm nicht die Flucht gelang. Es sollte sein letzter Gedanke bleiben …
Erstes Kapitel, in dem geplant wird, wie man einen Plan vereiteln kann
Etwas schnarrte und holte Nathalie aus einem tiefen und erfreulich traumlosen Schlaf. Sie kniff die Augen fester zu, als könnte sie auf diese Weise das Geräusch zum Verstummen bringen. Aber das wollte nicht funktionieren. Das Schnarren hielt auch an, als sie die Bettdecke über den Kopf zog.
»Wach auf, Will«, murmelte sie im Halbschlaf. »Irgendjemand wurde ermordet. Oder vielleicht wurde jemandem der Lieblingsgartenzwerg geklaut.«
Detective Sergeant Will Waybridge, der neben ihr lag und ihr den Rücken zugewandt hatte, ließ keine Regung erkennen. Kein Wunder, denn das Schnarren stammte nicht von seinem Handy, sondern von ihrem. Hätte sein Telefon geklingelt, dann wäre er jetzt schon halb angezogen, um Minuten später in den Streifenwagen zu springen, der vor dem Black Feather parkte.
Es war ihr Handy. Jemand wollte etwas von ihr. Und das mitten in der Nacht. Jedenfalls schien es mitten in der Nacht zu sein, da es draußen noch stockfinster war. Widerwillig griff sie nach dem Gerät, weil sie wusste, dass vermutlich tatsächlich irgendetwas Wichtiges anlag, das von ihr verlangte, gleich das gemütliche warme Bett verlassen zu müssen.
»Viertel vor sieben?«, brummte sie, als sie einen Blick auf den Radiowecker werfen konnte. »Das ist ja noch so gut wie mitten in der Nacht.« Auf dem Display ihres Smartphones blinkte der Name ihrer Assistentin auf: Yoshiko. Leise stöhnend tippte sie auf den blinkenden Telefonhörer. »Solange nicht jemand das Black Feather auf einen Tieflader gehievt und weggebracht hat, möchte ich noch wenigstens eine Stunde schlafen«, sagte sie, bevor Yoshiko das Wort ergreifen konnte.
»Das Black Feather auf einem Tieflader?«, wiederholte ihre Assistentin verwundert, dann meinte sie amüsiert: »Hm, klingt nach einer Idee, auf die unser lieber Mr Willoughby kommen könnte, damit du ihn in Ruhe lässt.«
Als der Name des Milliardärs fiel, der mit Hilfe seiner politischen Verbindungen mitten in einem Naturschutzgebiet sein neues Zuhause errichten wollte, war Nathalie sofort hellwach.
»Was ist mit Willoughby?«, fragte sie.
»Ich weiß nicht«, antwortete die junge Japanerin. »Aber Brian ist hier und will dich sprechen.«
»Brian Burkoff?«, hakte sie nach und bezog sich auf den Betreiber des Lokalsenders Raven Radio, der vor einer Weile auf Sendung gegangen war und dessen erklärtes Ziel es war, Willoughby daran zu hindern, ein Naturschutzgebiet zu zerstören.
»Genau der«, bestätigte Yoshiko.
»Es ist Viertel vor sieben«, wandte Nathalie in einem jämmerlichen Tonfall ein. »Kann das nicht noch eine Stunde warten? Oder sag ihm, er soll dir erzählen, was es Neues gibt. Du kannst mir ja dann anschließend Bericht erstatten.«
»Habe ich schon vorgeschlagen, aber er will mit dir reden«, gab sie zurück. »Mit mir zwar auch und auch mit jedem anderen aus dem Raven-Team, aber vor allem mit dir.«
Nach einem langen Seufzer kapitulierte Nathalie schließlich. »Also gut, gib mir zehn Minuten, damit ich erst mal wach werde. Und stell mir einen doppelten oder dreifachen Kaffee auf den Schreibtisch, damit ich auch richtig wach werde.«
»Ein Löffel Wasabi hat bei manchen Menschen eine ganz ähnliche Wirkung«, schlug Yoshiko in einem Tonfall vor, der ihr Grinsen verriet.
»Dieses Zeugs hast du nur einmal versucht, mir unterzujubeln, liebe Yoshi«, gab Nathalie mit einem gespielt drohenden Unterton zurück.
»Ein dreifacher Kaffee ist auf dem Weg zu deinem Schreibtisch«, sagte ihre Assistentin hastig und beendete das Telefonat.
Nathalie legte ihr Smartphone zurück auf den Nachttisch und setzte sich auf. Will hatte sich noch immer nicht gerührt, was irgendwie ungerecht war. Kurz entschlossen stieß sie ihn an. »Will, wach auf, jemand will das Black Feather stehlen.«
Keine fünfzehn Sekunden später saß Will ebenfalls aufrecht im Bett und murmelte: »Jemand will was stehlen?«
»Ach, das war bloß ein Fehlalarm«, sagte sie schmunzelnd. »Aber wenn du schon wach bist, dann komm mit. Brian hat wohl wichtige Neuigkeiten zu Mr Willoughby.«
Will sah zum Fenster. »Mitten in der Nacht?«
»Viertel vor sieben ist nicht mehr mitten in der Nacht«, konterte sie und zwinkerte ihm zu.
»Wenn man erst um drei Uhr nachts ins Bett kommt, dann ist das sehr wohl mitten in der Nacht«, beklagte er sich. »Ich brauche meinen Schönheitsschlaf.«
»Willoughby zu stoppen, ist wichtiger als dein Schönheitsschlaf«, meinte sie und verschwand ins Badezimmer.
Brian Burkoff griff nach seinem Kaffee, gerade als Nathalie und Will ihr Büro betraten. Der Moderator und Senderchef war in eine Unterhaltung mit Yoshiko vertieft – auf Japanisch. Sie blieben stehen und lauschten den beiden eine Zeit lang, ehe die bemerkten, dass Nathalie und Will eingetroffen waren.
»Oh, tut mir leid«, sagte Yoshiko. »Wir haben uns nur gerade so gut unterhalten.«
»Kein Problem«, erwiderte Nathalie. »Ehrlich gesagt könnte ich mir Japanisch stundenlang anhören, auch wenn ich kein Wort verstehe. Der Klang hat irgendwas … ich weiß nicht … es hat so etwas Beruhigendes an sich.«
»So schwer ist die Sprache gar nicht«, versicherte ihr Brian und nickte ihr und Will zu. Er trug wieder seinen üblichen Schlapphut, der ihn wie Tom Baker in seiner Zeit als Doctor Who aussehen ließ, was durch den wüsten Lockenkopf noch stärker unterstrichen wurde. »Wenn man sie erst mal beherrscht.«
Nathalie winkte lachend ab. »Yoshiko hat schon so oft versucht, mir wenigstens ein paar Redewendungen beizubringen, aber das Einzige, was bei mir hängen bleibt, sind ein paar Begriffe aus dem Sumo.«
»Das ist doch schon mal ein Anfang«, meinte Brian lobend. »Es besteht noch Hoffnung.« Dann wurde er ernst. »Ich weiß, es ist noch früh am Morgen, aber ich habe heute ab acht Uhr bis Mitternacht den Hörerwunsch-Marathon, und da kann ich maximal vier Songs hintereinander laufen lassen und eine Viertelstunde lang im Studio etwas anderes tun. Und das reicht nicht, um in Ruhe zu reden.« Er verzog den Mund. »Außerdem hätte ich immer Angst, dass versehentlich das Mikrofon doch offen ist und nur die Kontrolllampe nicht brennt. Und das dürfte bei diesem Thema verhängnisvolle Folgen haben.«
Nathalie und Will setzten sich zu den beiden an den Tisch, Yoshiko schob ihnen die zwei Tassen Kaffee rüber, die dampfend auf sie warteten. »Dann lassen Sie mal hören, was es Neues gibt.«
Brian räusperte sich. »Mein geschätzter Kollege Yassid von der Raven Times hatte ja vor einiger Zeit in Erfahrung gebracht, dass Willoughby nicht nur ein Häuschen mitten ins Naturschutzgebiet setzen will, sondern eine regelrechte Festung, die ein paar Fußballfelder groß sein würde. Und auf weiteren Flächen soll unter anderem eine Denkfabrik entstehen.«
»Ja, aber Willoughby hat alles dementiert«, sagte Nathalie. »Auch wenn ich dem Mann kein Wort glaube.«
»Das tue ich auch nicht«, stimmte Brian ihr zu. »Allerdings bin ich jetzt ein Stück schlauer, weil ich von meiner Kontaktperson erfahren habe, dass Willoughby jedem seiner engsten Vertrauten eine andere Geschichte erzählt hat, was er angeblich in Wahrheit auf dem geschützten Gelände bauen will.«
»Um festzustellen, wem er tatsächlich vertrauen kann und wem nicht?«, fragte Will.
»Richtig. Der Mitarbeiter, dem er die Geschichte von der Denkfabrik erzählt hat, ist von einem Tag auf den anderen verschwunden, als sich diese Version in der Öffentlichkeit herumgesprochen hatte. Mein Kontakt hat den Mann seitdem nicht mehr gesehen, und niemand weiß, wo er ist.«
»Dann war das also frei erfunden?«, hakte Nathalie nach. »Aber es wird doch ganz sicher nicht bei diesem kleinen bescheidenen Häuschen im Grünen bleiben, oder?«
Brian schüttelte betrübt den Kopf. »Es wird tatsächlich nicht bei dem kleinen Häuschen bleiben, sondern es wird noch viel schlimmer, als wir alle es uns im Augenblick ausmalen.«
Nathalie zog eine Augenbraue hoch. »Wir sind ganz Ohr.«
»Die Phase, in der Willoughby die Verschwiegenheit seiner Mitarbeiter getestet hat, ist seit einer Weile abgeschlossen. Was er vorhat, wurde in diesem engsten Kreis mit all seinen Leuten gleichzeitig besprochen, und das bedeutet, dass es sich tatsächlich um den Plan handelt, den er in die Tat umsetzen will und wird, wenn wir ihn nicht aufhalten«, sagte Brian und trank noch einen Schluck Kaffee.
»Das hört sich gar nicht gut an«, fand Will.
»›Nicht gut‹ ist eine Untertreibung«, sagte Brian ernst. »Willoughbys halbwegs bescheidenes Anwesen ist tatsächlich nur der Anfang vom Ende des größten Teils dieses geschützten Gebiets.«
»Also plant er doch das, was Yassid erfahren hat?«, fragte Nathalie.
»Ja und nein.« Brian trank noch einen Schluck Kaffee. »Wenn es so kommen würde, wie dieser spurlos verschwundene Insider Yassid gesagt hat, wäre es vielleicht keine Leichtigkeit, aber doch zumindest ein ganzes Stück einfacher, Willoughby von der Umsetzung dieser Vorhaben abzuhalten. Immerhin soll ihm die Baugenehmigung für sein Projekt unter der Auflage erteilt werden, keine weiteren Eingriffe in die Natur vorzunehmen. Das würde es den Behörden und Gerichten ermöglichen, ihm weitere Aktivitäten zu verbieten. Dann könnte er natürlich immer noch versuchen, mit juristischen Spitzfindigkeiten seinen Willen durchzusetzen. Aber anstatt darauf zu hoffen, dass er damit durchkommt, wird er die juristischen Spitzfindigkeiten nach vorn verlagern, um es mal so zu formulieren.«
»Brauchen wir Martin, um das Rechtskauderwelsch zu verstehen, das jetzt kommt?«, erkundigte sich Will.
Brian schüttelte den Kopf. »Nein, das lässt sich für jeden verständlich beschreiben. Ich habe schon Probleme damit, einen Steuerbescheid zu verstehen, aber so, wie es mir meine Kontaktperson geschildert hat, werden Sie mir alle folgen können. Mr Willoughby hat sich eine Taktik überlegt, für die man ihm fast Anerkennung zollen müsste, wenn es nicht um so etwas Niederträchtiges gehen würde.« Er sah bedeutungsvoll in die Runde, dann fuhr er fort: »Wenn Willoughbys Anwesen fast fertig ist, wird ein Unternehmen innerhalb kürzester Zeit einen Bauantrag für eine Parzelle auf diesem Areal stellen und das auch öffentlich bekannt geben, was drei weitere Unternehmen auf den Plan rufen wird, die dort ebenfalls bauen wollen. Natürlich wird der erste Antragsteller mit Verweis auf das geschützte Gebiet eine Absage erhalten, und den drei anderen wird es nicht anders ergehen. Sobald die Absagen vorliegen, werden sie gemeinschaftlich vor Gericht ziehen, um die Gemeinde zu verklagen. Die Klageschriften sind inhaltlich schon vorbereitet, es fehlt nur noch der Briefkopf der Kanzlei, die sich für einen solchen Schmutz hergibt. Und natürlich das Datum. Aber auch wenn diese Details noch fehlen, wurden die Texte eindeutig von Anwälten aufgesetzt, sehr wahrscheinlich sogar von einem ganzen Team von Anwälten, von denen jeder sein ganz besonderes Spezialgebiet hat und an jedem Satz tagelang gefeilt hat, um der gegnerischen Seite keine Angriffsfläche zu liefern. Wenn Sie sich diese Klageschriften ansehen, müssen Sie erst mal ein Dutzend Gesetzbücher wälzen und unzählige Urteile studieren, um überhaupt nachvollziehen zu können, auf wen und was man sich eigentlich beruft.«
»Aber mit welchem Argument sollen andere Unternehmen vor Gericht ziehen?«, warf Yoshiko ein.
»Benachteiligung, Ungleichbehandlung, Diskriminierung, Wettbewerbsverzerrung«, antwortete Brian. »Suchen Sie sich etwas aus. Da man Willoughby die Erlaubnis zu bauen erteilt hat, gibt es kein Argument, einem anderen das gleiche Anliegen zu verweigern. Willoughby wurde gestattet, so und so viel Hektar Naturschutzgebiet zu roden, und wir dürfen das nicht? So geht das aber nicht.«
Nathalie nickte bedächtig. »Als Laie würde ich sagen, dass sie mit dem Argument durchkommen würden. Aber es müsste sich ja erst mal ein Unternehmer finden, der es wagt, so etwas zu machen. Wenn die Umweltverbände dagegen Sturm laufen, werden sehr viele Leute nichts von dem kaufen wollen, was er produziert.«
»So gesehen ist das richtig«, stimmte der Radiomoderator ihr zu. »Aber Willoughby hat einen guten Grund, das völlig anders zu betrachten. Sobald diese vier Unternehmen vor Gericht grünes Licht für ihr Vorhaben bekommen haben, betreten tröpfchenweise weitere Interessenten die Bühne, und mit jedem weiteren bewilligten Antrag wird es immer schwerer, die nächsten Umweltzerstörer abzuweisen. Das wird so weitergehen, bis auch der letzte Quadratmeter verkauft, gerodet und bebaut ist.«
»Das steht alles in seinem Plan?«, wunderte sich Will. »Woher will er wissen, wann jemand, der genauso kaltschnäuzig ist, die Bühne betritt und verkündet, das Gelände rund um Willoughbys Anwesen bebauen zu wollen? Er kann doch nicht für andere planen.«
»Er plant ja auch gar nicht für andere«, sagte Brian und verzog angewidert den Mund. »Willoughby ist ein Dreckskerl von der übelsten Sorte. Wenn Sie sich mit diesen Unternehmen näher befassen, die auf Gleichbehandlung klagen werden, dann werden Sie herausfinden, dass jedes dieser Unternehmen über fünf oder sechs oder noch mehr Zwischenstationen eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des Willoughby-Konzerns ist.«
»Willoughby versteckt sich hinter seinen Tochtergesellschaften, um sich nach und nach das ganze Land einzuverleiben?« Will schüttelte den Kopf. »Auf so eine Idee muss man erst mal kommen.«
»Das passt zu dem Mann«, sagte Nathalie. »Konkurrenz ist für Willoughby nichts, was das Geschäft belebt. Konkurrenz ist etwas, das man in den Ruin treiben muss. Oder etwas, das man aufkauft, nur um es dann zu schließen.«
»Aber wenn wir doch wissen, dass er der eigentliche Drahtzieher ist«, warf Yoshiko ein, »dann haben wir ihn doch da, wo wir ihn haben wollen. Wenn wir das publik machen, wissen alle, was der Mann vorhat, und dann kann sich dieser Politiker … wie heißt er noch?«
»Battersfield«, sagte Nathalie.
»Danke. Dieser Battersfield … der muss doch dann zumindest zugeben, dass er von Willoughby getäuscht wurde, und dann bleibt ihm ja nichts anderes übrig, als sich nicht länger für dieses zerstörerische Projekt einzusetzen.«
Brian hob abwehrend seine Hand. »Leider können wir das nicht publik machen, jedenfalls jetzt noch nicht. Schließlich ist es keine Kunst, solche Unterlagen zu fälschen und in Umlauf zu bringen, um dem Mann zu schaden. Mir sind diese Daten von einem Maulwurf aus Willoughbys engstem Kreis zugespielt worden, aber ich warte noch auf den zweiten Insider, der mir bestätigt, dass das authentisch ist. Sonst kann Willoughby behaupten, wir wollten ihn nur schlechtmachen, und wenn wir Pech haben, müssen wir uns auch noch wegen Rufschädigung vor Gericht verantworten und dürfen ihm am Ende auch noch ein paar Millionen Pfund zahlen.«
»Wir dürfen nicht zulassen, dass Willoughby dort baut«, sagte Nathalie entschieden. »Wenn er seinen Willen durchsetzt und sein Häuschen im Grünen bekommt, ist es egal, ob wir vereiteln können, dass er sich über seine Tochtergesellschaften weiter in diesem Schutzgebiet ausbreitet. Selbst wenn uns der Nachweis gelingt, und das Gericht weist sämtlichen Klagen zurück, wird das andere Unternehmen auf die Idee bringen, sich gleich neben Willoughby anzusiedeln. Wenn die vor Gericht ziehen, gibt es kein Argument mehr, ihre Bauanträge abzulehnen.«
»Ganz richtig«, stimmte Brian ihr zu.
»Aber wie sollen wir dann mit diesem Material etwas gegen Willoughby ausrichten, wenn er immer wieder behaupten kann, dass alles nur erfunden ist, um ihm zu schaden?«, wollte Yoshiko wissen.
»Diese Unterlagen sind mir aus seinem unmittelbaren Umfeld zugespielt worden«, erklärte Brian, »aber die Aussage eines einzelnen engen Mitarbeiters schützt uns nicht davor, dass Willoughby uns auf ein paar Hundert Millionen Pfund Schadenersatz verklagt. Er kann immer noch behaupten, er habe mit solchen frei erfundenen Plänen die Loyalität seiner engsten Mitarbeiter weiterhin auf die Probe stellen müssen. Dass wir in den Besitz eines solchen Plans gelangt sind, ist für ihn Beweis dafür, dass er immer noch nicht all seinen Leuten vertrauen darf. Und uns wird er mit einer Schadenersatzklage spüren lassen, dass wir das besser auch nicht machen sollten.«
»Und von wem erhalten wir die unabhängige Bestätigung, dass Willoughby selbst diese ominöse Anwaltskanzlei beauftragt hat, von der wir nicht wissen, wie sie heißt?«, fragte Will.
»Die Bestätigung werde ich von einer zweiten Kontaktperson erhalten, die mit der Anwaltskanzlei zu tun hat, die den gesamten Schriftverkehr vorbereitet hat. Ob sie dort arbeitet oder ob sie jemanden in der Kanzlei kennt, weiß ich derzeit nicht. Ich kann nur sagen, dass ich der Kontaktperson aus Willoughbys engstem Kreis vertrauen kann, und damit weiß ich auch, dass ich dieser zweiten Person vertrauen kann. Wenn die Aussage von dieser Person vorliegt, können wir in einer groß angelegten Aktion an die Öffentlichkeit gehen und Willoughby das Handwerk legen.«
»Wir dürfen aber nicht vergessen, dass Battersfield auch sein Fett abbekommen muss«, warf Nathalie ein. »Seine Parteifreunde müssen erfahren, dass er sie alle getäuscht hat, damit er den Rückhalt verliert. Denn entweder weiß er ganz genau, was Willoughby vorhat, und verschweigt es all den Kollegen, die er für das Projekt bereits gewonnen hat oder noch gewinnen wird. Oder aber Willoughby hat ihn so großzügig bestochen, dass er sich einfach nicht darum kümmert, was der Mann in Wahrheit beabsichtigt. In beiden Fällen wird es ihm politisch das Genick brechen.«
»Völlig richtig«, stimmte Brian ihr zu. »Aber es wäre auch wünschenswert, dass Willoughby nicht völlig ungeschoren davonkommt. Was der Mann braucht, ist ein ordentlicher Dämpfer, damit er mit seinem Projekt nicht einfach in die nächste Grafschaft umzieht und sich da einen anderen geld- und machtgierigen Politiker sucht, der ihm hilft.«
Nathalie und die anderen nickten zustimmend. »Ich bin mir sicher«, sagte sie entschlossen, »dass wir etwas finden, um Willoughby einen Denkzettel zu verpassen.«
Zweites Kapitel, in dem Louise und Martin auf Hänsel und Gretel stoßen
»Ich möchte zu gern wissen, welche Kanzlei diesem Willoughby hilft, seinen Plan in die Tat umzusetzen«, knurrte Martin, der sich noch immer über die unbekannten Kollegen ärgerte, die sich in die Dienste des Milliardärs gestellt hatten.
Bevor er und Louise sich am Vormittag auf den Weg zu einem Termin bei einem Mandanten von Martin gemacht hatten, waren sie von Nathalie auf den aktuellen Stand gebracht worden, was ihren Kampf gegen Willoughby und für das Naturschutzgebiet anging.
»Ich möchte wetten, dass Willoughby denen gar nicht im Detail verraten hat, um was es geht«, meinte Louise, die es sich auf ihrem Platz als Beifahrerin in Martins Audi bequem gemacht hatte. »Er musste ja nur erwähnen, dass einem Konkurrenten der Bau auf einem Gelände erlaubt worden ist und er jetzt will, dass ihm und seinen Firmen das gleiche Recht zugestanden wird. Solche Klageschriften kann man doch sicher sehr detailliert vorbereiten, ohne dass man wissen muss, dass es sich um ein eigentlich geschütztes Gebiet handelt, oder?«
»Das ist richtig«, bestätigte Martin. »Dieses Detail kann man später immer noch ergänzen.«
»Eben, und deshalb kann es doch gut sein, dass Willoughby sich eine Spitzenkanzlei gesucht hat, die diese Briefe absolut wasserdicht formuliert. Und wenn der Moment gekommen ist, gibt er die Briefe an einen windigen kleinen Anwalt weiter, der sie mit seinem Briefkopf versieht und dann abschickt. Du musst also nicht das Schlimmste von deiner Zunft annehmen. Ein paar schwarze Schafe gibt’s halt überall.«
»Ja, ich weiß«, sagte er und lächelte sie kurz an, dann konzentrierte er sich wieder auf die Straße. »Aber selbst wenn man diesen Auftrag von einem stinkreichen Mandanten bekommt, dem die Kanzlei die Hälfte aller Umsätze verdankt, sollte man schon mal nachfragen, welchem Zweck so eine Klageschrift dient.«
»Mich wundert, dass er damit überhaupt eine Kanzlei beauftragt«, fügte Louise an. »Jemand wie Willoughby muss doch eigentlich seine eigenen Anwälte haben, die rund um die Uhr nur für ihn da sind.«
»Grundsätzlich ja, aber es kann durchaus so sein, dass Willoughby jedem, mit dem er zu tun hat, ganz exakt nur das sagt, was derjenige unbedingt wissen muss, um seine Arbeit zu erledigen. Sein Spezialist für Steuern muss nicht erfahren, wie er sich ein Naturschutzgebiet einverleibt, und sein Fachanwalt für internationales Recht muss ebenfalls nicht eingeweiht werden.«
»Der eine soll nichts vom anderen wissen, damit man sich nicht gegen Willoughby zusammenschließen kann?«
Martin nickte. »Und es gibt noch einen weiteren Vorteil: Wenn mal irgendein Vorfall zur Anzeige gebracht wird und es zu einem Gerichtsverfahren kommt, dann können acht von zehn Mitarbeitern reinen Gewissens erklären, dass sie dazu nichts sagen können. Und es gibt praktisch niemanden, der umfassend auspacken kann.«
»Sehr praktisch«, merkte Louise ironisch an.
In diesem Moment ging eine SMS ein, die Martin auf dem Display am Armaturenbrett anzeigen ließ.
»›Drehstart jetzt am 5. Januar‹?«, las Louise vor. »Sollte der nicht erst am 12. sein?«
»Ursprünglich ja. Aber es war bereits die Rede davon gewesen, dass die Regisseurin ihr laufendes Projekt vermutlich ein paar Tage früher abschließen würde«, sagte er und fuhr an den Straßenrand, um eine kurze Antwort-SMS zu tippen und abzuschicken.
»Jetzt sogar eine ganze Woche früher«, überlegte Louise. »Die Frau scheint gut zu sein.«
»Nach allem, was ich gehört habe, ist sie tatsächlich gut«, bestätigte er. »Und vor allem lässt sie sich nicht von den Leuten auf der Nase herumtanzen, die der Meinung sind, dass Frauen nicht in den Regiestuhl gehören.«
»Recht hat sie«, meinte Louise, dann grinste sie: »Uuh, da musst du ja schon eine Woche früher Lampenfieber bekommen.«
Martin lachte kurz auf. »Du weißt, dass ich kein Lampenfieber bekommen werde. Wenn du einmal in einem vollen Gerichtssaal gestanden und ein zwanzigminütiges Plädoyer gehalten hast, um die Geschworenen davon zu überzeugen, dass der Angeklagte keinen Mord begangen hat, dann ist alles andere halb so wild. Außer vielleicht auf einem Hochseil zu balancieren. Aber wenn du dich voll und ganz darauf konzentrieren musst, eine endlos lange Argumentationskette vorzutragen, ohne auch nur ein Wort zu vergessen oder einen Satz zu verdrehen, weil dein Mandant sonst für zwanzig Jahre ins Gefängnis wandern wird, dann lernst du schnell, alles andere auszublenden.« Er zuckte mit den Schultern. »Und so werde ich das auch handhaben, wenn ich Bela Lugosi spiele.«
»Du wirst ein guter Lugosi sein«, sagte Louise voller Überzeugung.
»Aber nur, wenn die Regisseurin durchsetzt, dass wir das Drehbuch in der Fassung verfilmen, die man ihr seinerzeit vorgelegt hatte«, erwiderte er und seufzte leise. »Lugosi als besessener Vampirjäger ist nicht gerade das, wofür ich unterschrieben habe.«
»Willst du etwa aussteigen?« Sie sah ihn erschrocken an.
»Oh, selbst wenn ich das wollte, könnte ich das nicht so einfach«, sagte Martin. »Da muss schon ein wichtiger Grund vorliegen, und dazu zählt keine ›Verbesserung des Drehbuchs‹, wie es so schön schwammig formuliert ist. Wie soll ich nachweisen, dass die Überarbeitung das Drehbuch verschlechtert hat, wenn sich die Chefetage einig ist, dass es so mehr Action hat?«
»Sei froh, dass sie aus Bela Lugosi keinen Außerirdischen gemacht haben«, gab Louise zurück.
»Sag das bloß nicht zu laut«, warnte er sie. »Bis zum Drehbeginn ist noch viel Zeit, in der man mir eine Menge umgeschriebene Szenen zuschicken kann.« Er sah auf den Straßenplan. »Ah, wir sind gleich da. An der nächsten Querstraße müssen wir rechts abbiegen.« Er wurde langsamer, dann setzte er den Blinker, bremste ab und bog in die Straße ein, die zwischen den dicht an dicht stehenden Bäumen völlig unvermittelt auftauchte. Obwohl es mitten im Winter war und die Laubbäume all ihre Blätter verloren hatten, war der Wald zu beiden Seiten der Straße so dicht, dass die Straße in ein Halbdunkel getaucht war und man nicht allzu weit sehen konnte.
Das galt auch für die abzweigende Straße, auf der sie jetzt unterwegs waren. Ein Wegweiser huschte links von ihnen vorbei, dessen Beschriftung so verblasst war, dass Louise auf die Schnelle nichts entziffern konnte. Nach gut hundert Metern endete die Straße auf einem Parkplatz, der für vierzig bis fünfzig Fahrzeuge ausgelegt zu sein schien. Gut ein Dutzend Autos parkten auf dem ganzen Platz verteilt.
Auf der gegenüberliegenden Seite verlief über die gesamte Platzbreite eine dichte Hecke, die von einer altmodischen Drehtür gleich neben einem Kassenhäuschen unterbrochen wurde. Hinter der Hecke ragten mächtige Fichten in den grauen Himmel. Über diesem Eingang hing eine Leuchtreklame, die bereits eingeschaltet war, obwohl es erst kurz vor zwölf am Mittag und damit noch lange hell genug war, um den Strom für die Beleuchtung sparen zu können. Einige Neonröhren hinter der Plexiglastafel waren ausgefallen.
»Once Upon a Dinner – Der kulinarische Märchenwald«, las Louise vor, was auf der Tafel stand. »Davon habe ich noch nie gehört.«
»Ich weiß auch erst seit Freitag von seiner Existenz«, räumte Martin ein. »Der Park liegt zwar nur etwas mehr als eine Autostunde von Earlsraven entfernt, aber bis dahin hat sich seine Existenz entweder nie herumgesprochen, oder aber sein Name ist mit einem Fluch verbunden, weshalb ihn niemand aussprechen darf, wenn er nicht in irgendetwas Schreckliches verwandelt werden will.«
»Wenn du damit eine von den Kardashians meinst, würde ich mich auch hüten, den Namen auszusprechen«, erwiderte sie grinsend.
»Durch die Anbindung an die Autobahn ist der Park praktisch aus allen Richtungen kommend schnell zu erreichen«, ergänzte Martin. »Das Ganze ist zwar in die Jahre gekommen, aber etwas Vergleichbares ist in weitem Umkreis kein zweites Mal zu finden. Was den Park außerdem so interessant macht, ist die Auswahl an Restaurants, die alle einen Bezug zu den verschiedenen Märchen haben. Du kannst x-mal in den Park gehen und immer wieder woanders essen, während es in anderen Märchenparks meistens ein einziges Lokal gibt, das weniger Abwechslung bietet als jede Imbissbude und dabei auch noch doppelt so teuer ist.«
Sie überquerten den Parkplatz. Am Kassenhäuschen angekommen, sagte Martin: »Guten Tag, mein Name ist Lazebnik, ich habe einen Termin bei Karen Duvall. Können Sie mir «
»Neun Pfund fünfzig«, warf die junge Frau ein, die wie gebannt auf ihr Smartphone starrte.
»Miss, ich bin Anwalt«, versuchte er zu erklären. »Ich muss mich mit einer Mandantin treffen. Ich will mir nicht den Märchenwald ansehen.«
»Neun Pfund fünfzig«, kam die monotone Antwort.
»Hören Sie, Miss, meine Begleiterin und ich wollen nicht zu den Attraktionen oder zu den Lokalen«, beharrte er. »Wir sind dienstlich hier.«