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Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Germanistik - Linguistik, Note: 1,0, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, Veranstaltung: Seminar "Text und Bild in alten und neuen Medien", Sprache: Deutsch, Abstract: Im Rahmen dieser Arbeit werde ich mich mit den Text-Bild-Beziehungen in Werbekom-munikaten beschäftigen. Ausgehend von den grundlegenden Funktionen des Bildes und der Sprache soll deren Vereinbarkeit in Gesamtkommunikaten geklärt werden. Bezugnehmend auf die Frage, was eine Verdichtung bzw. eine Mehrdeutigkeit überhaupt ausmacht, werden ihre jeweiligen semantischen Funktionen aufgezeigt und ihr Vorkommen im Rahmen von Gaedes „Visualisierungs-Methoden“ erörtert. Genauer untersucht werden – neben einem umfangreichen Bildkorpus, der sich hauptsächlich aus Werbeeinschaltungen in Fernsehprogrammzeitschriften der letzten zehn Jahre (TV Spielfilm, Tele) sowie Werbungen in aktuellen Wochenzeitungen und Produktkatalogen zusammensetzt – drei Hauptkommunikate: Analysebild 1 [Camel], Analysebild 2 [Molinari] und Analysebild 3 [Innsbrucker Verkehrsbetriebe]. Die Analyse erfolgt anhand des semiotischen Minimalprogramms „picture-relation-type“, kurz PRT, der sich am Dreiebenenmodell von Bechstein (Syntax, Semantik, Pragmatik) orientiert. Den Hauptteil der Arbeit macht die Semantik der Bild-Text-Beziehung aus, die auch die Visualisierungsmethoden nach Gaede sowie deren Submethoden und visuelle Muster umfasst. Auch die Formen semantischer Verdichtungen und Mehrdeutigkeiten werden im Hauptteil beschrieben.
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Veröffentlichungsjahr: 2008
Inhaltsverzeichnis
1. Vorbemerkung
2. Einleitung
2.1 Was ist semantische Verdichtung?
2.2 Was ist Mehrdeutigkeit?
3. Grundlagen der Text-Bild-Kommunikation
3.1 Die Funktion der Sprache in der Text-Bild-Kommunikation
3.2 Die Funktion des Bildes in der Werbung
4. Text-Bild-Beziehungen in Werbekommunikaten
4.1 Die Syntax der Bild-Text-Beziehung
4.2 Syntax-Semantik der Bild-Text-Beziehung
4.2.1 Formale Kriterien von Bildern
4.2.1.1 Werbetechnische Aspekte des Bildes
4.2.1.2 Semiotische Aspekte des Bildes
4.2.2 Das Verhältnis von Bild- und Textinformation
4.2.2.1 Grundmodelle
4.2.2.2 Begriffssysteme
4.3 Die Semantik der Bild-Text-Beziehung
4.3.1 Die globale Semantik des Bildes
4.3.2 Die detaillierte Semantik des Bildes – Visualisierungsmethoden nach Gaede
4.3.2.1 Ähnlichkeit (Visuelle Analogie)
4.3.2.2 Beweis (Visuelle Argumentation)
4.3.2.2 Gedankenverknüpfung (Visuelle Assoziation)
4.3.2.4 Teil-für-Ganzes (Visuelle Synekdoche)
4.3.2.5 Grund-Folge (Visuelle Kausal- oder Instrumental-Relation)
4.3.2.6 Wiederholung (Visuelle Repetition)
4.3.2.7 Steigerung (Visuelle Gradation)
4.3.2.8 Hinzufügung (Visuelle Addition)
4.3.2.9 Bedeutungsbestimmung (Visuelle Determination)
4.3.2.10 Verkoppelung (Visuelle Konnexion)
4.3.2.11 Verfremdung (Visuelle Norm-Abweichung)
4.3.2.12 Symbolisierung bzw. Visuelle Symbolisierung
4.3.3 Formen semantischer Verdichtung
4.3.4 Formen semantischer Mehrdeutigkeit
4.4 Die Pragmatik der Bild-Text-Beziehung
4.5 Der Verbalisierbarkeitswert und die Belegungsdichte des Bildes
5. Resümee
6. Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 [Stiegl]
Abbildung 2 [formoline L112]
Abbildung 3 [Sci Fi – Premiere]
Abbildung 4 [?]
Abbildung 5 [Wiener Städtische]
Abbildung 6 [Stolz auf Holz]
Abbildung 7 [Renault Clio]
Abbildung 8 [Süddeutsche Zeitung]
Abbildung 9 [Southern Comfort]
Abbildung 10 [Lassa Reifen]
Abbildung 11 [ATV]
Abbildung 12 [Gibson]
Abbildung 13 [Levis]
Abbildung 14 [Viala]
Abbildung 15 [Meridol]
Abbildung 16 [Progress]
Abbildung 17 [Veltins]
Abbildung 18 [Benson & Hedges]
Abbildung 19 [freedom bathing]
Abbildung 20 [Silva]
Abbildung 21 [Scholl]
Abbildung 22 [Celine]
Abbildung 23 [Hornbach]
Abbildung 24 [Max Bahr]
Abbildung 25 [Fujitsu Siemens]
Abbildung 26 [Camel Boots]
Abbildung 27 [Hugo Boss]
Abbildung 28 [Ericsson]
Abbildung 29 [Deutsche Krankenversicherung]
Abbildung 30 [Bio-Schlank-Kapseln]
Abbildung 31 [Benita]
Abbildung 32 [Renault]
Abbildung 33 [Memphis]
Abbildung 34 [Saab]
Abbildung 35 [?]
Abbildung 36 [?]
Abbildung 37 [Dove]
Abbildung 38 [Zucker]
Abbildung 39 [Nivea]
Abbildung 40 [Figurella]
Abbildung 41 [Unipress]
Abbildung 42 [Gewußt wie]
Abbildung 43 [Krombacher]
Abbildung 44 [Burgit]
Abbildung 45 [Merkur-Markt]
Abbildung 46 [Wetterkanal]
Abbildung 47 [Mazda]
Abbildung 48 [Ulm]
Abbildung 49 [George Bush]
Abbildung 50 [PreussenElektra]
Abbildung 51 [Scream]
Abbildung 52 [Adel]
Abbildung 53 [Digital ProLine]
Abbildung 54 [Salamander]
Abbildung 55 [BA-CA]
Abbildung 56 [Gibson]
Abbildung 57 [Hilde Zach]
Abbildung 58 [Zeit]
Abbildung 59 [Georges Lefebvre: Napoleon]
Abbildung 60 [Grand Hotel]
Abbildung 61 [Nilpferd]
Abbildung 62 [Blaupunkt]
Abbildung 63 [MTV in Touch]
Abbildung 64 [VW Golf]
Abbildung 65 [Knorr]
Abbildung 66 [Super RTL]
Abbildung 67 [N24]
Abbildung 68 [Mercedes]
Abbildung 69 [Ceremin]
Abbildung 70 [Bilderlesebuch]
Abbildung 71 [Uli Stein]
Abbildung 72 [AOK First Beauty]
Abbildung 73 [Riesen]
Abbildung 74 [Samy Molcho: Körpersprache]
Abbildung 75 [Fußball]
Abbildung 76 [Allianz]
Abbildung 77 [Megacard]
Abbildung 78 [Alfa 156]
Abbildung 79 [Sierra Tequila]
Abbildung 80 [Garnier]
Abbildung 81 [Bacardi]
Abbildung 82 [Canon]
Abbildung 83 [Chemische Industrie]
Abbildung 84 [Preussen Elektra 2]
Abbildung 85 [WMF]
Abbildung 86 [SKL]
Abbildung 87 [Premiere]
Abbildung 88 [Straub Beer]
Abbildung 89 [Kurier]
Abbildung 90 [Napoléon Bonaparte]
Abbildung 91 [Absolut Vodka]
Abbildung 92 [Marilyn Monroe]
Abbildung 93 [Hennessy]
Abbildung 94 [Müllermilch]
Abbildung 95 [Woolworth]
Abbildung 96 [Kenzo]
Abbildung 97 [BA-CA]
Abbildung 98 [Dürnkrut]
Abbildung 99 [Darbo]
Abbildung 100 [Wiener Stadtwerke]
Abbildung 101 [Intersport]
Abbildung 102 [Shrek]
Abbildung 103 [Levis501]
Abbildung 104 [Schweppes]
Abbildung 105 [Fußball]
Abbildung 106 [Staatsanwälte]
Abbildung 107 [Friseur Hofer]
Abbildung 108 [Cosmos]
Abbildung 109 [ja! Natürlich.]
Abbildung 110 [Kröten]
Abbildung 111 [Stein Reich]
Abbildung 112 [Renault Twingo]
Abbildung 113 [Renault Scenic]
Im Rahmen dieser Arbeit werde ich mich mit den Text-Bild-Beziehungen in Werbekom-munikaten beschäftigen. Ausgehend von den grundlegenden Funktionen des Bildes und der Sprache soll deren Vereinbarkeit in Gesamtkommunikaten geklärt werden. Bezugnehmend auf die Frage, was eine Verdichtung bzw. eine Mehrdeutigkeit überhaupt ausmacht, werden ihre jeweiligen semantischen Funktionen aufgezeigt (4.3.3, 4.3.4) und ihr Vorkommen im Rahmen von Gaedes „Visualisierungs-Methoden“[1] erörtert.
Genauer untersucht werden – neben einem umfangreichen Bildkorpus, der sich hauptsächlich aus Werbeeinschaltungen in Fernsehprogrammzeitschriften der letzten zehn Jahre (TV Spielfilm, Tele) sowie Werbungen in aktuellen Wochenzeitungen und Produktkatalogen zusammensetzt – drei Hauptkommunikate: Analysebild 1 [Camel], Analysebild 2 [Molinari] und Analysebild 3 [Innsbrucker Verkehrsbetriebe]. Die Analyse erfolgt anhand des semiotischen Minimalprogramms „picture-relation-type“[2], kurz PRT, der sich am Dreiebenenmodell von Bechstein[3] (Syntax, Semantik, Pragmatik) orientiert.
Analysebild 1 [Camel]
Innerhalb der Syntax-Kategorie der Bild-Text-Beziehung wird die Position des Bildes in Bezug auf den Text geklärt. Den formalen Kriterien von Bildern (4.2.1) und dem Verhältnis von Bild- und Textinformation (4.2.2) widmet sich eine Zwischenkategorie, die Syntax und Semantik gleichermaßen betrifft.
Den Hauptteil der Arbeit macht die Semantik der Bild-Text-Beziehung aus, die auch die Visualisierungsmethoden nach Gaede sowie deren Submethoden und visuelle Muster umfasst. Auch die Formen semantischer Verdichtungen und Mehrdeutigkeiten werden im Hauptteil beschrieben.
Analysebild 2 [Molinari]
Analysebild 3 [Innsbrucker Verkehrsbetriebe]
In Kapitel 4.4 widme ich mich noch den Kommunikationsfunktionen[4] nach Gaede und deren Bearbeitung durch Stöckl. Der „Verbalisierbarkeitswert“[5] des Bildes bildet den Abschluss der PRT-Analyse.
Im Resümee werden die Ergebnisse meiner Untersuchungen noch einmal kurz zusammengefasst und auf den Punkt gebracht.
Unter Verdichtung versteht man die Verstärkung, Betonung oder assoziative Intensivierung einer aktuellen Bedeutung.[6] Dies geschieht „durch die graphischen und typografischen Verfahren, durch Wort- und Morphemwiederholungen, durch die Remotivation von Phraseologismen oder Personifizierung von Produkten“[7]. Während bei der Mehrdeutigkeit zwei konkurrierende Bedeutungen wirksam werden, liegt bei der Verdichtung eine „semantische Konzentration“[8] vor.[9] Um eine Verdichtung zu erkennen bzw. zu verstehen, ist nicht immer ein Vorwissen bzw. der Ko-Text oder Kontext von Nöten. Verdichtungen haben die Funktion, „dem Rezipienten bei der Wahrnehmung und dem Verstehen […] [eines Textes, eines Bildes bzw. einer Text-Bild-Verknüpfung] zu helfen“[10]. Der semantische Gehalt der Äußerung bzw. des Bildes wird hierzu einfach in anderer Form wiederholt und dadurch verstärkt.[11]
So wird innerhalb einer Werbeeinschaltung zum Beispiel der Text bzw. die Headline durch ein Bild verdeutlicht, seine Bedeutungen verdichtet, verstärkt. In Abbildung 1 [Stiegl] verstärkt der stufenartig abgebildete Schaum des Bieres die Bedeutung der Produktbezeichnung Stiegl.
Abbildung 1 [Stiegl]
Eine Verdichtung kann auf verschiedenen Ebenen geschehen: semantisch-lexikalisch, semantisch-thematisch, semantisch-grafisch sowie semantisch-medial.[12] Im Laufe dieser Arbeit möchte ich mich in erster Linie den semantisch-grafischen Verdichtungen widmen, da diese im Sinne der übergeordneten Themenstellung der Text-Bild-Verknüpfung am nahsten am Thema bleiben.
Die Bedeutung eines Lexems kann in Beziehung zur Schreib- bzw. Gestaltungsweise stehen. Dieser „Schriftausdruck“[13], der meist als Wechsel der Schriftform innerhalb einer Äußerung vollzogen wird, soll die Aufmerksamkeit des Rezipienten erwecken und auf bestimmte Lexeme lenken.[14] Von semantisch-grafischer Verdichtung spricht man, wenn die Inhaltsseite eines Lexems und seine grafisch realisierte Ausdrucksseite zusammenfallen und somit in Beziehung zueinander stehen.[15]
Abbildung 2 [formoline L112]
Abbildung 2 [formoline L112] veranschaulicht eine solche grafisch-semantische Verdichtung. Das Wort „Abnehmen“, das inhaltlich ja für die Reduktion von Gewicht und somit auch Körperumfang steht, ist nicht nur größer als der restliche Teil der Headline abgedruckt, sondern auch mit einer engeren Spationierung. Die Buchstaben stehen enger zusammen und wirken so schlanker. Geworben wird für eine Tablette zur Gewichtsreduktion.
Weitere Beispiele für semantisch-grafische Verdichtung finden sich unter 4.3.3.
Mehrdeutigkeit bzw. Ambiguität bezeichnet im Allgemeinen die Zwei- oder Vieldeutigkeit eines Lexems, Syntagmas oder Satzes[16], schließt aber auch die Vieldeutigkeit von Bildern mit ein. Da Bilder generell als intentional offen und somit als polysemantisch bzw. polyvalent angesehen werden[17], ermöglichen sie dem Rezipienten verschiedene Interpretationsmöglichkeiten hinsichtlich ihrer Bedeutung und Intention. Eine eindeutige bzw. gezielt zweideutige Bedeutung erhalten visuelle Texte nur im Verbund mit einem verbalen Text und innerhalb eines in einer bestimmten Kommunikationssituation angesiedelten Gesamtkommunikats.
Im sprachlichen Bereich kann die Mehrdeutigkeit Bereiche wie Syntaktik, Semantik und Pragmatik gleichermaßen umfassen.[18] Eine syntaktische Mehrdeutigkeit ist vorliegend, wenn bei einem Satz mehr als eine syntaktische Interpretation möglich ist.[19] Liest man zum Beispiel in der Zeitung Christl Stürmer begeistert, so wäre dieser Satz ohne kontextuellen Hinweis im Bodytext oder durch ein entsprechendes Bild nicht auflösbar. Verschiedene Interpretationen wären möglich: a) Christl Stürmer war von jemandem begeistert oder b) Christl Stürmer begeistert jemanden.
Semantische Mehrdeutigkeiten können den Mehrwert haben, dass „über nur einen Ausdruck/ein Lexem mehrere Prädikationen wirksam werden bzw. Prädikation und Referenz gleichzeitig formuliert sind“[20]. Diese Form der Sprachökonomie ist jedoch äußerst selten.[21] Häufiger sind Beispiele, in denen ein Wort bzw. ein ganzer Satz oder beides mehrdeutig verwendet werden. Der Satz Sie sind unter uns in Abbildung 3 [Sci Fi – Premiere] ist ohne ein erläuterndes Bild, den Kontext bzw. den dazugehörigen Ko-Text nicht eindeutig verständlich.
Abbildung 3 [Sci Fi – Premiere]
Sie sind unter uns könnte verstanden werden als: a) Sie (wer auch immer) wohnen z.B. in der Wohnung ein Stockwerk unter uns. b) Sie (wer auch immer, aber offensichtlich gesellschaftlich nicht Integrierte) befinden sich innerhalb unserer (uns àGemeinschaftsgefühl!) „Gemeinschaft“. Analysebild 3 [Innsbrucker Verkehrsbetriebe] nutzt die Mehrdeutigkeit von Wörtern bzw. Sätzen. Die Sätze perfekte verbindung, wir bewegen die stadt und service auf der ganzen linie bieten dem Rezipienten jeweils mehrere Interpretationsmöglichkeiten. Diese Sätze lassen die Wortbedeutung mit dem Kontext der Werbung verschmelzen. Verbindung, bewegen und Linie sind durchwegs Wörter, die sowohl in ihrer ursprünglichen Bedeutung als auch in der vorliegenden Sinn ergeben. Auch Sprachspiele innerhalb einer Werbeeinschaltung arbeiten so absichtlich mit Mehrdeutigkeit.
Das Wörtlichnehmen eines Phraseologismus fällt ebenfalls in die Kategorie der Mehrdeutigkeiten.[22] Abbildung 4 [?] verbildlicht den Ausspruch Sie können baden gehen. Die Bedeutung dieser Redewendung im Sinne von Pech haben, Misserfolg haben, wird im Falle dieser Werbung im wörtlichen anstatt im übertragenen Sinne gebraucht, ein Schwimmbecken ist abgebildet. Nur die Form des Schwimmbeckens (Auto) und das „Einfahrt verboten“-Schild neben dem Text geben Hinweise auf die Intention dieser Werbung.
Abbildung 4 [?]
Weitere Beispiele für semantische Mehrdeutigkeiten finden sich im Abschnitt 4.3.4. Mehrdeutigkeiten können im Gegensatz zu Verdichtungen als „semantische Expansion“[23] gesehen werden.
Die pragmatische Mehrdeutigkeit betrifft die Wirkungsfunktion einer Äußerung, die ansonsten semantisch und syntaktisch eindeutig wäre.[24] Diese Äußerungen sind verschiedenen Sprechakten zuordenbar.[25] Laut der Sprechakttheorie, aus der sich die Pragmatik entwickelt hat[26], kann man mit sprachlichen Äußerungen nicht nur Tatsachen oder Sachverhalte beschreiben, sondern auch kommunikative Handlungen vollziehen.[27] Betritt jemand zum Beispiel den Raum und meint „Es ist heiß hier.“, so könnte dies eine Aufforderung an einen anderen sein, das Fenster zu öffnen. Auf die kommunikativen Funktionen der Wirkungsdimension Text-Bild werde ich im Abschnitt 4.4 noch zurückkommen.
Auch eine formale Mehrdeutigkeit ist möglich. So sind durch den Austausch eines Wortes oder durch eine Veränderung der Schreibweise verschiedene Möglichkeiten gegeben, Mehrdeutigkeit zu schaffen.[28]
Sowohl Bilder als auch lexikalische Zeichen lassen sich oft ohne einen kontextuellen Hinweis nicht auflösen. Im Regelfall wird mit einer Äußerung im Ko-Text oder durch Kontext bzw. durch die Kombination eines Bildes mit einer entsprechenden Überschrift eine bestimmte Bedeutung aktiviert.[29] De Beaugrande/ Dressler unterscheiden zwischen intendierten und nicht-intendierten Mehrdeutigkeiten.[30] Intendierte Mehrdeutigkeit bezeichnen sie als „Polyvalenz“[31], welche auch als „vage Ausdrucksweise“[32] bekannt ist. Funktion dieser intendierten Mehrdeutigkeit sowohl im sprachlichen als auch im visuellen Bereich ist es, „den Rezipienten zu verwirren, ihn neugierig [und aufmerksam] zu machen und dadurch länger am Text [bzw. am Bild] zu halten“[33]. Vor allem in Werbeeinschaltungen ist es oft der Fall, dass Mehrdeutigkeiten nicht sofort aufgelöst, sondern bewusst zur Interessensgewinnung genutzt werden. Überschriften und Titel in Werbungen nutzen Mehrdeutigkeiten als ökonomische Form, um den Konsumenten an der Anzeige, der Kombination aus Bild und Text, zu halten. Auch Überschriften in Tageszeitungen behelfen sich der Mehrdeutigkeit in Syntax oder Semantik, um den Leser auf einen bestimmten Artikel aufmerksam zu machen. Wird die Mehrdeutigkeit nicht durch den Titelkomplex oder die Bild-Headline-Kombination aufgelöst, so ist der Konsument in gewisser Weise nahezu dazu gezwungen, den Ko-Text zu lesen, um die unklare Bedeutung auflösen zu können.
Das Verwenden von Mehrdeutigkeiten birgt allerdings auch Risiken. So kann eine mehrdeutige Abweichung auch falsch, nicht gänzlich oder sogar überhaupt nicht verstanden werden.[34] Bei gebräuchlichen Lexemen wird dies wohl seltener der Fall sein, bei ungewöhnlichen oder unbekannten Lexemen ist dies jedoch möglich. In diesem Sinne werden Mehrdeutigkeiten einer Werbeeinschaltung fast immer durch den Ko-Text (implizit) oder durch den Kontext (explizit) erklärt.[35] Diese Ausführungen sind meist in der Headline oder im Bodytext enthalten.
Die Sprache hat bei der Text-Bild-Kommunikation folgende Aufgabe: die Festlegung des Kontextes und somit die Festlegung des Sinnes.[36] Ihre Funktion besteht darin, die visuelle Wahrnehmung sprachlich zu beeinflussen.[37] Dies kann auf kommentierender, selegierender oder strukturierender Ebene geschehen.[38]
Der „kommentierende Aspekt der Sprache“[39] versteht den Text als Mittel dazu, das Bild zu erläutern. Der Text beschreibt also den Kontext, in welchem das Bild zu verstehen ist, da dieser nicht aus dem Bild selbst hervorgeht.[40] Durch die textliche Information wird die Bildnachricht verständlich.[41]
Dies wird auch in Abbildung 5 [Wiener Städtische] deutlich. Das Bild des durch eine Menschenmenge geformten Lächelns lässt keinen Schluss auf den Kontext zu, die Headline Erfolg ist für uns das Lächeln von 11 Millionen sorgenfreien Kunden. kommentiert das Bild und setzt es in einen Kontext. Die Bedeutung des Bildes im Rahmen dieser Werbung wird für den Konsumenten durch die Sprache deutlich gemacht.
Abbildung 5 [Wiener Städtische]
Auch Abbildung 6 [Stolz auf Holz] bedient sich der Sprache – Holz hat für Abfall nichts übrig. –, um das Bild, das ein Holzmännchen vor offenen Abfalleimern darstellt, für den Betrachter verständlich zu machen.[42] Der kommentierende Aspekt der Sprache lässt also eine bestimmte Deutung des Bildes zu bzw. verleiht diesem Bedeutung.
Abbildung 6 [Stolz auf Holz]
Der „selegierende Aspekt“[43] der Sprache geht davon aus, dass ein Bild grundsätzlich etwas Offenes und Vieldeutiges ist, die Bildwahrnehmung demnach ebenfalls offen und willkürlich geschieht.[44] Einzig durch einen gewissen habitualisierten Blickverlauf vom linken oberen zum rechten unteren Rand oder durch die Verwendung starker Reize (z.B. Blickfang) ist es möglich, die Bildwahrnehmung ohne Text etwas zu beeinflussen.[45] Durch einen gerichteten Text ist es jedoch möglich, die Bildwahrnehmung eines Betrachters gezielt zu steuern.[46] Sein Interesse kann durch die Sprache auf einen bestimmten Ausschnitt oder Aspekt des Bildes gelenkt werden.[47]