The Beatles go Dada - Volker Schoßwald - E-Book

The Beatles go Dada E-Book

Volker Schoßwald

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Beschreibung

Abbey Road, das letzte Meisterwerk der Beatles! Something, Come Together oder Here Comes the Sun wurden Klassiker. Volker Schoßwald erzählt Hintergründe und gibt Antwort auf Fragen, die man sich vorher nie stellte: Was machte Yokos Bett im Studio? Wer spielte bei den Beatles Ambos? Was bedeutet pataphysical? Der Autor meint: Abbey Road ist ein dadaistisches Kunstwerk. Das Überqueren der Straße interpretiert er als Passage-Ritus: Übergang von der Identifikation mit der Band zu vier Individualisten. Nach der Lektüre hört man die besonderen Feinheiten der 'Abbey Road'. Wunderbar.

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Inhaltsverzeichnis

Die Straße der Abtei

Auf der Suche nach einer Identität

„Get back“: Geh zurück!

Die Ballade der Publicity-Freaks

Yoko, Julian und Sean

Linda taucht auf

Come Together

Chuck Berry

„Something“ ist nicht irgendwas

Der Globus dreht sich

Maxwell’s Silver Hammer und Pataphysik

Yoko, Bett und Studio

O Darling

Paul, der große McCartney im Konzert

Octopus’s Garden

Der Caveman und sein Leben

Ringo in Prag, ein Konzerterlebnis

Pete Best, Mona und Neil

“I Want You”

Wir werden älter

Life begins at 40

Der Zebrastreifen

Im Kontext: Dylan, “The Who”, Isle of Wight

Die Rückseite

Here comes the sun

Because

You never give me your money

Sun King

Mean Mr Mustard

Nahtloser Übergang

Polythene Pam

Live in Toronto mit der Plastic Ono Band

She Came In Through The Bathroom Window

Golden Slumbers

Carry that weight

Where Fab Four Ends meet

Zum Ende: Stimmen aller vier

Ende oder Pause

Her Majesty

Letztes Kapitel

Nach dem Ende

Literatur und Quellen

Come together

Die Straße der Abtei

Eine Klosterstraße in London. Hier befand sich die „Kilburn Priory“ der Abbey. Die Straße entstand 1829. Zehn Jahre später prägten die Straße noch heute typische neogotische Häuser. In der Straße bauten die anglikanische Kirche „St. Mary’s Church“ und die jüdische Gemeinde „St. John’s Wood Synagoge“. Die jüdische Gemeinde spaltete sich und so besuchten die vier Beatles 1967 einen Gedenkgottesdienst anlässlich des Todes ihres jüdischen Managers Brian Epstein in der Neuen Synagoge in der Lauderdale Road 1967. 1970 wurde die Synagoge in die Abbey Road zurück verlegt.

Im Sommer 1969 gingen die vier Beatles als lebende Legenden aus den Studios auf die Straße vor dem Haus und marschierten über den Zebrastreifen. Ein Foto davon wählten sie als Titelbild ihrer neuesten LP (Long-Play-Record). Damit wurde die Straße zum Mythos. Das erste Treffen von John Lennon und Paul McCartney fand auf einem Kirchweihfest ihrer Ortsgemeinde statt. Den letzten Gang beschritten sie auf einer Abteistraße. „Abbey-Road“, ein Mythos. Dieser Mythos erwischte jeden Beatlesfan früher oder später.

Frühjahr 1969. Unmittelbar nach der Konfirmation war meine Liebe zur Rockmusik explodiert. Neben der Bewältigung des ungeliebten Schulalltags positionierte sich Popmusik als das neue Zentrum meines Lebens. Die ersten Hitparaden schienen der Schöpfung der Welt gleichzukommen: So und genauso ist die Welt. Also begann die Welt mit „Get back“, einem Lied mit einem unvergleichbaren Sound, wenn man von der kongenialen B-Seite „Don’t let me down“ einmal absah. Beim Autoscooter auf dem Schweinfurter Volksfest neben der US-Kaserne dröhnte „Proud Mary‘“, gefolgt von „Dizzy“ aus dem gigantischen Lautsprecher. Eine Offenbarung folgte der anderen. Günter, Wolfgang, Klärchen, Carmen… wir gehörten nun zu dieser neuen Welt.

Die U-Bahn-Station zu den Studios

Nach wie vor der Renner: Jeder will mal Beatle sein

„The Dreams“, die Jugendband der evangelischen Gemeinde Auferstehungskirche, galt mir als ein integraler Bestandteil der großen Popwelt. Ihre Darbietung von „Bad Moon Rising“ klang in meinen unerfahrenen Ohren wie das Original von Volksfest und Hitparade. Ihre Mamas, Papas, Onkel und Tanten auf dem Gemeindefest klatschten fröhlich den Rhythmus mit wie bei der Hitparade der Volksmusik. Die verpönte „Musik“ der Schmuddelwelt war angekommen.

Herbst 1969. Es klingelte. Ich hauste im zweiten Stock unter dem Dach. Fenster auf, runterschauen. Ja! Günter war da. Mein Freund aus dem Kindergottesdienstkreis winkte verheißungsvoll hoch. In der Hand hielt er…

Günter verfügte über einen besonderen Zugang zu der Welt der angesagten Musik. Er besaß einen großen Bruder. Nun stand er mit dessen neuester Platte vor der Tür und stapfte dann die Holztreppe hoch. Mit geheimnisvoller Miene packte er die Long-Play aus: „The Beatles“, in Lautschrift: „Se Biedels“. Ich hatte mir den transportablen Plattenspieler meiner Eltern aufs Zimmer geholt. Nun lag die schwarze Scheibe mit den Rillen auf dem Plattenteller. Unbefangen meinte ich, dass es eine Menge verschiedener Rillen gab, alleine schon, weil zwischen den Tracks der verschiedene Lieder ein größerer Abstand.

Bereits die ersten Töne verzauberten mich. Das war das Beste, was ich bisher gehört hatte. Jedes Lied ein Juwel. Und die Rückseite? Als wäre es ein einziges Lied. Der Begriff „Medley“ war mir noch nicht untergekommen.

Dann erklang „The End“ mit dem Ansatz eines Drumsolos und einem Gitarrengewitter, das ich noch nicht entziffern konnte. Natürlich nutzte ich die unvergleichliche historische Gelegenheit und ließ gleich mein transportables Telefunken-Tonbandgerät mitlaufen: Aufnahme per Mikrophon. Wir mussten uns bei aller Begeisterung ruhig verhalten.

Dann war das Stück zu Ende. Ich wollte den Recorder ausschalten, aber Günter fuchtelte wild herum. Er durfte ja keine Geräusche machen. Blitzschnell gehorchte ich und machte das Gerät wieder an. Gerade noch rechtzeitig, denn nun erklangen die wunderschön neckischen Sekunden von „Her Majesty“. Der Schlussakkord fehlte. Aber das lag nicht an mir.

Schließlich gab Günter das Zeichen und ich konnte wirklich abschalten. Meine Version von „Abbey Road hatte also eine viel kürzere Pause vor dem letzten Lied als die der anderen Hörer. Das änderte sich erst, als ich drei Jahre später mit meinen Freund Wolfgang nach England trampte. In London erwarb ich für günstige 1 Pfund 85 Pence1 eine echt englische Version der „Abbey Road“ und transportiere sie als „Tramper“ vorsichtig im Rucksack. Aber es dauerte fast fünfzig Jahre, bis ich über den berühmten Zebrastreifen schritt.

Dazwischen avancierte „Abbey-Road“ zur Legende. Wer kennt nicht „Here Comes The Sun“? Welcher Gitarrist coverte noch nie „Something“? Sind inzwischen die beiden Songs von George Harrison Evergreens? Katapultierte er sich durch „Abbey Road“ auf Augenhöhe mit John und Paul?

Heute, fünfzig Jahre später können wir in viele verborgene Winkel der Beatles-Welt eindringen. Archive wurden geöffnet und sortiert. In den Ergebnissen zu stöbern macht Spaß. 2

„Abbey Road“, ein Traum der Jugend. Fast fünfzig Jahre später überquerten Vater und Sohn nacheinander die Straße mit dem berühmten Zebrastreifen. Ein parkender „Beetle“ war nicht in Sicht.

1 England stellte damals vom Duodezimalsystem auf das Dezimalsystem um. Der Schilling (20 Schilling waren 1 Pfund) wurde komplett durch Pence (100 Pence waren ein Pfund) abgelöst. Ich erstand die Platte in der Umstellungszeit, , so dass ich zwei Preise auf der Platte hatte…

2Aus zwei Werken schöpfte ich viel Wissen, ohne sie immer zu zitieren. Zum einen Marc Lewinsohn „The Beatles-Record-Sessions“, die penibel alle Aufnahmedaten entschlüsseln. Zum andern „The Beatles“ von „Daily Mail“, eine Art kommentiertem Tagebuch.

1 Auf der Suche nach einer Identität

Als sich die Beatles 1967 nach dem Ende ihrer Karriere als Tourneeband auf die Suche nach einer neuen Identität machten, wählten sie als Pseudonym „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“.3

Die Platte firmiert als Markenzeichen für die Beatles als Leitstern einer neuen Pop-Musik-Kultur. Aber mit dem Pseudonym schufen sie keine Identität für sich. Das zeigte sich am Folgealbum „The Beatles“, das zum einen nur aus dem Bandnamen bestand, zum anderen einen krassen Pepper-Kontrast-Cover aufwies: Weiß, kein Bild.

Oder bedeutete der Titel, dass die Beatles zu ihrer Identität zurückkehrten, vom Kunstprodukt Sgt. Pepper in ihre musikalische Realität? In der Tat ist „The Beatles“ viel bodenständiger als Sgt. Pepper. Oft genug klingt es freilich, als bildete dreiviertel der Gruppe nur den Hintergrund für den Hauptakteur des Songs. Den Session-Aufnahmen hört man jedoch an, wie die Band gemeinsam an den Lieder arbeitete.

„The Beatles“, meistens „White Album“ genannt, wirkte nicht als Werk der Gruppe, sondern als Werk der einzelnen Musiker, die ihre Stücke miteinander aufnahmen und dies auch nicht immer als Band, sondern in verschiedenen Besetzungen. Die neue Identität hieß nun: „Wir“ sind vier Individuen.

Das Nachfolgeprojekt „Get back“ schien zu scheitern. Verbunden mit dem Anliegen, wieder einmal einen Film zu produzieren, endete es in Versuchen. Dass daraus später doch noch der Film und das Album „Let it be“ wurde, verdankt sich nicht dem Engagement der Band.

Für George Martin schien mit dem verstörenden Projekt „Get Back“ das Ende der Beatles gekommen. Umso überraschter war er, als die Band ihn anfragte, ob er ein neues Album mit ihnen produzieren würde. Seine Zusage knüpfte er an ein paar Bedingungen, die den chaotischen und lieblosen Umgang miteinander eindämmen sollten. Nach seiner nachträglichen Einschätzung gelang dies auch.

So machten sich alle Fünf auf den Weg in die „Abbey Road“. Die Abbey-Road Studios erlebte die Band wie eine zweite Heimat. Im Studio konnten sie sich verwirklichen. Gelang es, nach dem White Album und dem missglückten Film wieder zusammen kommen? Das schien die große Frage.

Das Album demonstriert eine überzeugende Band-Identität. Es klingt bei aller Verschiedenheit, Vielfältigkeit und Komplexität homogen, wie vielleicht kein anderes ihrer Werke einschließlich des „Konzeptalbums“ Sgt. Pepper.

Nachdem sie ihre neue Identität mit „Abbey Road“ gefunden hatten, konnten sie ihre Beatles-Existenz beenden. LP wie Film „Let it be“ hatten nur noch dokumentarischen Wert, unbeschadet der Qualität des Titelsongs. Wir erlebten also mit „Abbey Road“ die Inkarnation der Beatles.

Wenn wir Gitarristen ein Lied nachspielten, war dies nicht immer einfach. Die Harmonien boten Überraschungen. Meist begleiteten wir uns auf der akustischen Gitarre und sangen dazu. Mit dem Singen, dem wiederholten Singen kommen einem die Texte nahe und näher. Die lyrischen Momente erschließen sich oft erst durch die Verinnerlichung.

Auf „Abbey-Road“ erzählten die Beatles viele Geschichte. Ihre narrative Stärke deuteten sie schon in früheren Alben an.

„Penny Lane“ oder „Norwegian Wood“ gehören zu den klassischen Beatles-Geschichten und demonstrieren, dass die beiden Front-Männer John und Paul wunderbar erzählen konnten, nicht nur in ihrem witzigen gemeinsamen Werk „The Ballad of John and Yoko“.

3siehe auch V. Schoßwald, die Sgt. Pepper Generation, 2017

2 „Get back“: Geh zurück!

Vor einem neuen Album brauchte man wieder einmal einen Hit. Wie schon bei Sgt. Pepper warf EMI eine Platte auf den Markt, die es in sich hatte und eher auf die nächste LP, auf „Abbey Road“ gehörte.4

„Get back“ entwickelte sich unter verschiedenen Arbeitstiteln. Paul sang sogar eine quere deutsche Version: „Geh raus!“ Dabei warf er deutsche Wörter zusammen, die keinen Sinn ergaben. Aus der Erinnerung an die Hamburger Zeit griff er Satzfetzen. Aus seinem Deutschunterricht stammt der Text bestimmt nicht. Die Erwähnung von Fräulein Martin lässt den irritierten Fan fragen, wer das wo sei. Vielleicht einer der unzähligen Flirts von der Reeperbahn? „Bill, sei mein Häuptling…“ radebrecht der Liverpooler.

Während diese Version scherzhaft ist, verstören Frühversionen von „Get back“ wie: Die Pakistanis, Einwanderer aus der ehemaligen Kronkolonie Indien, von denen eine vergleichsweise hohe Anzahl in London wohnte, sollen raus, am besten nach Hause. Ist das faschistisch oder eine Satire auf fremdenfeindliche Aktionen in London, in England. Die Interpretationen sehr widersprüchlich. Es liegt sehr viel „im Auge des Betrachters“.

Paul startete Anfang 1969 ein Lied mit dem Titel „Commonwealth“, in dem er das britische Weltreich verbal durchquerte. Seine Gesprächspartnerin war offenbar Yoko Ono, die ihn mit einem penetranten „Yes“ kommentierte – manchmal schaltete sich auch John ein. Im Schatten des „Brexit“ wirkt dieser Song inzwischen sehr skurril. Den Kontext bildete nicht der Rückzug auf die Insel, sondern die Kontakte zu den Kolonien. Queen und Union-Jack gehörten in Kanada und Australien zur Grundausstattung.

1980 behauptete John, während er „Get back to where you once belonged“ sang, hätte Paul anzüglich zu Yoko geschaut, als wollte er sie rauswerfen. Das passte zwar in Fan-Feinbilder, aber als zentrales Motiv erscheint es angesichts dessen, was sich sonst so im Studio abspielte, unwahrscheinlich.

In einer frühen Version während der Let-It-Be-Sessions scherzt John: "Sweet Loretta Fart”, she thought she was a cleaner, but she was a frying pan." Hier bricht wieder die Dada-Grundstimmung durch. Sie hielt sich für eine Putzfrau, oder vielleicht härter: für ein Putzmittel, aber sie war eine Bratpfanne. Mit einer Bratpfanne schlägt einer dem anderen über den Schädel. Manche verwendeten den Begriff auch für ein Mädchen, das mit jedem schläft, jeden „brät“. Im „Urban Dictonary“ wird es auch als Metapher für „pansexual“ geführt, was zu Schlussversion „Sweet Loretta Martin thought, she was a woman, but she was another man“ passen würde.

Irritierend experimentierte Paul bei einer anderen Session mit „White Power“. John kommentierte minutenlang „Get off“! Schwer zu sagen, auf wen sich das bezieht. Paul rief immer wieder Namen von schwarzen Künstlern.5 Daraus entwickelte sich dann der „Song“ „Dig it“. Das wirkt wie ein musikalisch-textliches Brainstorming.

Bei den Aufnahmen am 22. Januar im Apple-House fragte George Martin nach dem ersten Take Paul, was das Lied für einen Titel habe. Paul antwortete: „‘Shit‘! ‚Shit‘ Take One.“6

In der endgültigen Version spielte John die Sologitarre. Das lag daran, dass George am 10. Januar aus der Gruppe ausgestiegen war.7 Als er wieder dazu stieß, hatte John ein Solo ausgearbeitet und brachte es dann auch.

Um „Get back“ kreiste das letzte Live-Konzert, das berühmte Roof-Top-Concert der „Fab Four“. Sie erklommen das Dach mitten im Winter, am 30. Januar und trugen dicke Jacken. Die Kälte forderte die Gitarristen ziemlich heraus. Die skurrile Szene spielte sich auf dem Apple Studios, 3 Savile Row, in London ab. Der Act dauerte etwa so lange wie die spätere Abbey-Road-LP und damit ein bisschen länger als die ersten LPs.

Dass der Auftritt von der Polizei beendet wurde, ist eines der typischen Beatlesmärchen. Die Kameraleute filmten das Eintreffen der Polizei begeistert, in der Hoffnung, den hoffnungslos drögen Film dramatisch aufzupeppen. Dazu passen die anderen Filmaufnahmen, bei denen distinguierte Londoner mit Anzug, Aktentasche und Schirm Feuerleitern erklimmen, um das Konzert mit zu erleben. Die Bobbys sahen lediglich nach dem Rechten, da die Aktion viel Bewegung auf den umliegenden Straßen geschaffen hatte.

Ein Fan verewigt sich an der Mauer des Abbey-Road-Studios

Anschließend ging es wieder ins Studio zur oft genug wenig inspirierenden Arbeit. Paul war die treibende Kraft, er wollte etwas schaffen. Angeblich zeigte er tyrannische Züge. Aber er hatte auch einen guten Blick auf das, was geschah. So unterbrach er im Januar eine „Get-back“ Probe mit den Worten: „Just what a solo. This get’s us to the Top Ten, sissors!“ und dann spielt die Band nahtlos weiter. Mühsam war es jedoch, aus den endlosen Proben etwas Brauchbares zusammen zu stellen. Dazu fehlte dem Quartett letztlich das Interesse und sie überließen es einem „Fachmann“. Das war bestimmt gut, denn so konnten sie dieses Experiment hinter sich lassen und quasi bei Null, ohne Ballast mit dem neuen Projekt beginnen, für das sie freilich bereits etlichen Stoff hatten. Nur das Konzept sollte sich ändern: Wir machen ein Album wie früher; aus einem Guss, direkt eingespielt.

4So weit es in ihrer Macht stand, organisierten die Beatles es so, dass ihre Singles nicht auf den LPs erschienen, weil sie das unfair gegenüber den Käufern fanden.

51982 produzierte er mit Stevie Wonder „Ebony and Ivory“ und verglich Klaviertasten mit den Hautfarben, die sich wunderbar ergänzen würden.

6Lewinson Recording Sessions S.166

7 Er blieb 12 Tage weg und schrieb Wah-Wah, es steht für Kopfschmerzen. Als George am 3. Januar 1970 mit Paul und Ringo I Me Mine aufnahm, wurde dies zur letzten offiziellen Aufnahmesession der Beatles.

3 Die Ballade der Publicity-Freaks

„Get back“ und „The Ballad Of John And Yoko“ fungieren praktisch als Vorwort zu Abbey-Road, „Let It Be“ als eine Art Anhang. Die „Ballad“ stellt ein Zeitzeugnis dar, ein Blitzlicht.

Beziehungen sind komplex. Sie auf BILD-Zeitungsbalken zu reduzieren trifft nie die Wirklichkeit. Gerade John und Paul, die sich angeblich so spinnefeind waren, stellten an einem einzigen Tag zu zweit einen Beatles-Nr.1-Titel fertig: „The Ballad Of John And Yoko“, also auch noch mit Yoko, dem angeblichen Trennungsgrund, in der Zeile.

John hatte es eilig – wenn er mal etwas im Kopf hatte, wollte er es auch ganz schnell umsetzen. Von seinen Kollegen befand aber nur Paul in London. So setzten sich die beiden zusammen und produzierten ein Lied, das - obwohl das Werk eines Duos - unter „The Beatles“ firmiert.

Nach der Veröffentlichung erzählte John: "It's something I wrote, and it's like an old-time ballad. It's the story of us going along getting married, going to Paris, going to Amsterdam, all that. It's 'Johnny B. Paperback Writer.' The story came out that only Paul and I were on the record, but I wouldn't have bothered publicizing that. It doesn't mean anything. It just so happened that there were only two of us there -- George was abroad and Ringo was on the film and he couldn't come that night. Because of that, it was a choice of either re-mixing or doing a new song -- and you always go for doing a new one instead of fiddling about with an old one. So we did and it turned out well."8

Der Song fasziniert aufnahmetechnisch wie musikalisch. John drängte auf die Umsetzung, Paul trieb John musikalisch an. So produzierten sie ein schnelleres Lied als vorgesehen.

„The Ballad“ hält, was sie verspricht: Geschichten in Kurzform, autobiographische Stories, teils ironisch, mit ambivalenten Zeilen zur Pressewelt. Etwa durch die Bed-In-Szenen fungiert sie heute als Zeitdokument. John erzählt nicht nur von seiner Beziehung zu Yoko Ono, sondern auch von der Gesellschaft darum herum, die durch die Presse repräsentiert wurde. Es ist diese Presse, die sie kreuzigt und es ist die Presse, die sagt: „Es ist gut, dass ihr wieder zurück seid.“