Theater zwischen Schule und Beruf - Peter Krause - E-Book

Theater zwischen Schule und Beruf E-Book

Peter Krause

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Beschreibung

Vom Sofa, auf die Bühne, ins Leben: Am Consol Theater in Gelsenkirchen wird jährlich ein mehrmonatiges Programm für junge Menschen zwischen Schule und Beruf gelebt: !STAGE. Mit den Mitteln der darstellenden Kunst werden Möglichkeiten für die persönliche Entwicklung und Berufsorientierung geboten. Mehr als 300 Teilnehmende aus der Stadt und der Region Gelsenkirchen haben seit 2001 dadurch einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz gefunden. In diesem Buch lesen Sie darüber, was !STAGE ausmacht und wie es zustande kam. Das Konzept wird vorgestellt, die vielfältigen Unterrichtsbereiche beleuchtet und viele der beteiligten Menschen kommen zu Wort. Zahlreiche Fotos vermitteln Eindrücke von den künstlerischen Prozessen und zahlreichen Präsentationen.

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Inhalt

Bildteil

Editorial (Michael Gees)

!STAGE: Schule, Theater, Arbeit in Gelsenkirchen

»Bildung als Kunst und Kunst als Bildung« Theater zwischen Schule und Beruf

»Und dann trauten wir uns, wir wollten es probieren.« Wie es mit dem Consol Theater und mit!STAGE begann

»Eine Chance, die Dich weiterbringen kann.« Statements

»Wenn alle mitmachen, ist es gar nicht mehr so schwer!« Der aktuelle Jahrgang von!STAGE geht den Dingen auf den Grund

„ ...wie sonst nirgendwo in der Welt.” Mit Ulrike Brockerhoff im Gespräch

»Offenheit entwickeln und bewahren.« Die Unterrichtsbereiche von!STAGE

»Wisst ihr noch, was ihr in eurem Leben wolltet?« Bilder und Presseschau zu einigen Abschlusspräsentationen

»Wie echt ist man eigentlich?« Roman Jäkel erinnert sich an den Abschluss im Jahr 2019

»Ich bekam die Möglichkeit, zu mir selbst zu finden.« Fabienne Murenz erinnert sich an den Abschluss im Jahr 2020

»Wir wollten erzählen, was Zusammenhalt ist und bedeutet.« Victoria Michalski erinnert sich an den Abschluss im Jahr 2021

!STAGE: Porträts

»Man hat mich immer machen lassen!« André Wülfing (Gründer von!STAGE) ist ein Ideenfinder und Geschichtenerzähler

»Mein Selbstverständnis war und ist, dass ich Schauspielerin bin.« Ulrike Brockerhoff (Leiterin von!STAGE) arbeitet lösungsorientiert an Veränderungen

»Nichts in der Welt ist so toll wie das Tanzen!« Raffaela Naruhn (Tänzerin) beobachtet und entwickelt daraus ihre Ideen

»Mit meiner Arbeit kann ich Jugendlichen auf die Sprünge helfen.« Harald Riße (Berufsberater) begleitet!STAGE in der Bundesagentur für Arbeit

»Und dann kam hier und da tatsächlich was zustande.« Janne Gregor (Tänzerin) erlebte!STAGE als Wegweiser an einem Punkt des Umbruchs

»Endlich hatte ich ein Ziel!« Derya Özmay (Auszubildende) hat durch!STAGE ihren Traumberuf gefunden

!STAGE: Kurz und knapp

Namen und Fächer der Dozent:innen bei!STAGE Übersicht für die Jahre von 2001 bis 2022

»20 Jahre!STAGE«Die Umfrage unter Ehemaligen

Anhang

Ehemalige über ihre Zeit bei!STAGE

Statistik

Der Autor

Der Herausgeber

Danksagung

Nachweis der Bildquellen

Editorial Michael Gees

Liebe Leser:innen, liebe Wegbegleiter:innen, gleich bei der Gründung (1989) von forum kunstvereint e.V. war klar, dass wir uns für das Phänomen der gesamtgesellschaftlich nachlassenden kulturellen Leistungsfähigkeit zu interessieren haben würden.

Wir wussten von Anfang an, dass es in der Tat eine Kunst werden wird, Menschen zusammenzubringen, sie zum Interesse aneinander anzustiften. Dass es dazu nicht nur der Künstler:innen bedarf sondern der sozialen Kunstfertigkeit der Menschen ganz im Allgemeinen. An der künstlerischen Qualifikation von Zuschauer:innenn zu Mitwirkenden würde kein Weg vorbei führen.

Aber Partizipation war damals noch ein ziemlich außerirdisches Wort. Dass Menschen sich von der Bewunderung für Künstler dazu aufschwingen würden, selber welche zu sein bzw. zu werden, war uns zwar zugerufen, aber noch kaum verwirklicht worden. Insofern waren wir – bei irgendeiner Teamsitzung Ende der 90er Jahre, damals noch in meiner Wohnung, die uns auch als Büro diente – erschüttert und begeistert von André Wülfings Idee, dem Programm des damals baulich in der Entstehung begriffenen Consol Theaters eine Berufsqualifizierungsmaßnahme anzugliedern. Jungen Erwachsenen, die sich schwer damit getan hatten, sich und ihre Bestimmung zu erkennen, sollte Gelegenheit gegeben werden, nachzureifen. Wir sollten ihnen, an deren Wiege keiner gestanden hatte, um ihnen etwas von der Kunst zu singen, mit künstlerischen Mitteln beikommen dürfen, also mit dem, was wir können.Wir würden weiter nichts zu tun haben, als sie in unseren Theateralltag und in die Fülle der damit verbundenen Aufgaben zu integrieren.

Ich weiß noch, dass ich damals dachte: da kommt nun also André Wülfing und gibt – wie übrigens alle, die beim Aufbau des Consol Theaters mit dabei waren – meinem etwas wolkigen Ahnen Boden unter die Füße, etwas, das so konkret ist, dass man es sofort machen kann, und das dennoch nicht unkünstlerisch ist.

!STAGE war auf Anhieb ein integraler, exemplarischer, prototypischer, ich möchte sagen, programmatischer Bestandteil des Consol Theaters, etwas, worauf man vom ersten Tag an stolz sein konnte: künstlerische Werktätigkeit als Erziehung zum Handeln aus Liebe zur Sache. Die berufliche Qualifikation war da fast schon ein – wenn auch vorzeigbares – Nebenprodukt. Ich habe noch gut in Erinnerung, wie ich zur Eröffnung des Consol Theaters am 1.9.2001 die funkelnagelneuen jungen Leute für ihren Mut gelobt habe, unserer Entwicklungsidee vertraut zu haben, und wie ich ihnen und uns mit ihnen schier alles zugetraut habe. Wie ich überhaupt einen Schlüssel gefunden zu haben glaubte zu Menschen und zur Erkenntnis ihrer Bedeutung und Unverzichtbarkeit, nämlich den, sie gelten zu lassen, als das, was sie werden wollen.

Inzwischen sind gut 20 Jahre verstrichen,!STAGE ist volljährig. Wir halten Ernte, mit allem, was daran wohlig ist. Und stehen zugleich vor so radikalen und überdies besorgniserregend geschwinden Veränderungen unserer Lebenswelt, dass es kaum möglich scheint, sich darauf einzustellen. Auf Menschen, auf ihr Maß und auf ihr schöpferisches Potential scheint es immer weniger anzukommen. Immer eingeschränkter erscheint die gesellschaftliche Wirksamkeit von Kunst, bis zur Unsichtbarkeit schwinden ihre Spielräume. Der Imperativ der Neuzeit heißt Systemrelevanz, das Wozu wird zweitrangig. Dabei ist es doch eigentlich gerade das, was wir brauchen.

Warum wollen wir gelebt, woran wollen wir gearbeitet, was wollen wir geschaffen haben? Wie wird sich das zarte Pflänzchen der künstlerisch angestifteten Selbstermächtigung junger Erwachsener gegen die zunehmende Totalität des Digitalen behaupten? Das Erscheinen unserer Dokumentation über!STAGE fällt zusammen mit dieser Schicksalsfrage und der Bangigkeit, mit der sie sich stellt.

Immerhin, bis hierhin haben wir es gebracht. Und bringen es vielleicht noch weiter und darüberhinaus, denn „alles, was auf der Erde geschieht, muss durch den Menschen geschehen”, sagt Joseph Beuys. Es liegt an uns und denen, die nach uns kommen, ob er damit Recht behält. Wenn nämlich wir es sind, die Prioritäten setzen, Beziehung wichtiger nehmen als Besitz, Schönheit wichtiger als Geschwindigkeit, und Herzlichkeit wichtiger als Intelligenz, wenn wir die Entwicklung unseres menschlichen Bewusstseins ins Zentrum der Evolution rücken.

Wir sind Bärbel Kerkhoff, Helge Kuprella und der Gelsenwasser-Stiftung sowie Lars Baumgürtel und der Robert-Voigt-Stiftung dankbar, dass sie uns, wie schon so oft bei unseren Vorhaben, auch diesmal und ganz zumal dabei geholfen haben, zur Abwechslung mal ein Buch zu schreiben und zu veröffentlichen!

Peter Krause sind wir seit Jahren verbunden und freuen uns an der herzlichen und wärmenden Tonart, die er für seine Beobachtungen und Reflexionen gefunden hat.

Michael Gees (Vorstand forum kunstvereint e.V. , Ostern 2022)

!STAGE: Schule, Theater, Arbeit in Gelsenkirchen

»Bildung als Kunst und Kunst als Bildung« Theater zwischen Schule und Beruf

Dass sich Kindheit und Jugend in einem geschützten Raum ereignen können, ist eine große kulturelle Errungenschaft. Wir haben in unserer Gesellschaft viel dafür getan. Die Förderung von Familien, Kindergärten, Schulen und viele Freizeitangebote bieten Heranwachsenden Gelegenheiten für die bestenfalls ungestörte Entwicklung der eigenen Persönlichkeit. Aber irgendwann soll der gewährte Schonraum verlassen werden. Dann erfolgt der Übergang in die alltägliche Welt der Erwerbstätigkeiten, in der Tag für Tag in den verschiedensten Berufen persönliche Begabungen mit dem Bedarf der Mitmenschen verbunden werden.

Viele junge Menschen gehen am Ende ihrer Schulzeit mehr oder weniger nahtlos in die berufliche Ausbildung über. Nicht wenige von ihnen haben vorher ihre besonderen Begabungen erkannt, andere entscheiden sich pragmatisch für irgendwie naheliegende Angebote und Gelegenheiten. Und dann sind da noch diejenigen, die nicht so einfach von der schulischen in die berufliche Ausbildung wechseln. Für die dadurch entstehende Zäsur gibt es die verschiedensten Gründe, die aber immer damit zu tun haben, dass für die persönliche Entwicklung noch Zeit und Zuwendung benötigt werden – und genau das bietet!STAGE.

Die Begegnung mit dem Theater

Seit 2001 gibt es dieses Angebot am Consol Theater in Gelsenkirchen. Jahr für Jahr sind es 15 bis 20 Teilnehmer:innen, die für etwa zehn Monate in 39 Wochenstunden in der Praxis rund um die Theaterbühne Grundtechniken des Theaterspiels, der Gestaltung in verschiedenen Bühnenbereichen und der Bühnentechnik kennenlernen. Nach einem festen Stunden- und Jahresplan finden Unterrichte in allen bühnenrelevanten Fächern (u.a. Grundtraining-Schauspiel, Körpertraining, Atem/Stimme, Gesang, Theorie) statt. Hinzu kommen besondere Workshops zu speziellen Themen, etwa zu Stockkampf, Tanz, Maskenbild, Kostüm, Bühnenbild, Maskenbau, Lichttechnik usw., aber auch zu Wirtschaft und Wirtschaftsethik.

Immer geht es darum, das Erlernte in Projektgruppen auf verschiedene Weise umzusetzen. Es entstehen kleine Bühnenstücke oder Hörspiele, selbst geschriebene Texte, Bühnenbilder, Kostüme, Choreographien und vieles mehr, die immer wieder vor Publikum präsentiert werden, am Ende des gemeinsamen Jahres sogar mit einem Abend füllenden Bühnenstück im Consol Theater.

Wenn ein neuer Jahrgang von!STAGE beginnt, ist es für die meisten Teilnehmer:innen eine ungewöhnliche Erfahrung, so intensiv in künstlerisches Arbeiten einzutauchen. Ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal ist, dass sie dabei von professionellen Künstler:innen begleitet werden. Und weil die darstellende Kunst ganz unmittelbar mit einem selbst verbunden ist, werden bald besondere Entwicklungen angeregt. Die jungen Leute lernen sich buchstäblich von einer ganz neuen Seite kennen. Für manche ist das hin und wieder auch mit Krisen verbunden, die in Einzelgesprächen oder gemeinsamen Reflexionen bearbeitet werden. Neben den Künstler:innen kümmert sich eine Sozialpädagogin darum.

Systematische Arbeit und Gewährleistung der Qualität

Während der Monate der gemeinsamen künstlerischen Arbeit finden immer wieder Gespräche und Trainings statt, die ausdrücklich der beruflichen Orientierung dienen. Welche Begabungen zu welchen Berufen passen, kann auch in Betriebspraktika bedacht werden. Dafür werden gezielt Plätze in Industrie, Handwerk und Verwaltung – aber natürlich auch im künstlerischen Bereich – gesucht.

Die bisher gesammelten Erfahrungen zeigen, dass die allermeisten Teilnehmer:innen anschließend eine Ausbildung, Tätigkeit oder ein Studium aufnehmen. Damit dieses wichtige Ziel erreicht werden kann, wird fortlaufend und systematisch an der Qualität aller Prozesse gearbeitet. Dafür wurde!STAGE von der Cert IT GmbH, einer Firma, die von der Bundesagentur für Arbeit dafür akkreditiert wurde, Bildungsträger und Maßnahmen zuzulassen, zertifiziert. Gemeinsam mit Cert IT hat man bereits 2013 für!STAGE ein Qualitätshandbuch erarbeitet, das seitdem regelmäßig aktualisiert wird. Darin sind alle Ressourcen und Abläufe beschrieben, so dass übersichtlich nachvollzogen werden kann wie gearbeitet wird. Diesem Standard sind alle Institutionen verpflichtet, die mit der Bundesagentur für Arbeit zusammenarbeiten.

Die Sicherung der Qualität und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben ist in der „Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung” (AZAV) geregelt. Zwischen der individuellen Situation der Teilnehmenden und den Bedingungen für die Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit wird so eine Brücke gebaut. Das Leitbild von!STAGE, überschrieben mit „Wir begreifen Bildung als Kunst und Kunst als Bildung”, bildet die inhaltliche Grundlage dafür und orientiert in allen Prozessen: „Lernen und Entwicklung jeder/ jedes einzelnen Teilnehmenden, bezogen auf die biografischen Eckdaten, schulischen Vorerfahrungen und individuellen Ziele und Wünsche, sind die wesentlichen Prozesse, die wir initiieren und begleiten.- Entwicklung ist ein gemeinsamer und gegenseitiger Prozess, der Teilnehmenden sowie der Mitarbeiter:innen und der Organisation. Wir lernen an und mit den Teilnehmenden, nehmen Ideen auf und entwickeln sie weiter. Wir sind offen und aufmerksam für Veränderungen der Teilnehmenden, des Arbeits- und Ausbildungsmarktes und der Rahmenbedingungen sowie reagieren flexibel und mobil in der Gestaltung und Umsetzung, darum bemüht eine stetige Verbesserung zu erreichen.”

Im regelmäßigen Austausch im Leitungsteam und mit den Dozent:innen während der Monate der Zusammenarbeit wird klar ob die Ziele erfüllt werden, aber auch was gegebenenfalls dafür noch getan werden kann. Dafür ist auch das wöchentliche „Forum” wichtig, an dem alle!STAGE-Teilnehmenden sich mit der Leitung von!STAGE und der pädagogischen Begleiterin gemeinsam austauschen und verabreden. Hinzu kommen monatliche Besprechungen, die von den Teilnehmenden in Eigenregie gemeinsam durchgeführt werden.

Der Erfolg von!STAGE beruht aber auch darauf, dass ein Netz konkreter Kooperation geschaffen wurde, zu dem neben dem Consol Theater und anderen Bühnen auch gewerbliche Unternehmen, die Bundesagentur für Arbeit, Berufsschulen, andere Schulen, örtliche Träger der Jugend- und Jugendberufshilfe und das Sozialamt gehören. Ganz sicher ist darum!STAGE viel mehr als eine „Maßnahme” für junge Menschen zwischen Schule und Beruf. Es ist ein sozialer Organismus, in dem die Kunst Orientierung gewährt. Wie das gemeint ist, lässt sich gut mit einem Zitat von Joseph Beuys nachvollziehen: „Die Kunst ist das Bild des Menschen selbst. Das heißt, indem der Mensch mit der Kunst konfrontiert ist, ist er im Grunde mit sich selbst konfrontiert. Er öffnet sich dann selbst die Augen. Also ist angesprochen der kreative Mensch, seine Kreativität, seine Freiheit, seine Autonomie.”

»Und dann trauten wir uns, wir wollten es probieren.«

Wie es mit dem Consol Theater und mit !STAGE begann

Es war wohl so, dass seinerzeit im richtigen Moment die richtigen Menschen zusammenkamen, um die Idee für das Consol Theater zu haben. Direkt mit diesem Gründungsimpuls verbunden war auch der Entschluss, mit!STAGE eine künstlerische Arbeit für junge Leute im Theaterbetrieb zu etablieren. Und das alles entstand auf einer Industriebrache, die exemplarisch für den Strukturwandel im Ruhrgebiet ist.

Im Ruhrgebiet begegneten sich in den zurückliegenden Jahrhunderten die uralte Erdgeschichte und der menschliche Wille, die Welt nach eigenen Vorstellungen zu verändern. Einst, vor Millionen von Jahren, gab es hier in tropischen Klimaten ausgedehnte Wälder, deren Bäume in photosynthetischen Prozessen aus der Luft gewaltige Mengen Kohlendioxid aufnahmen. Nachdem diese Bäume abgestorben waren, versanken sie im sumpfigen Erdreich und wurden der aeroben Zersetzung entzogen. Schließlich wurde die pflanzliche Substanz unter großem Druck und hohen Temperaturen in den oberen Schichten des Erdmantels zu Kohle verwandelt, deren Vorhandensein die industrielle Entwicklung begünstigte. Dieses Sedimentgestein, das zwischen schwarzen, bräunlichen und tiefblauen Farbtönen changiert, wurde als Brennstoff zum wichtigsten Energieträger. In immer tieferen Bergwerken und immer weiter reichenden Stollen wurde es abgebaut. Zunächst geschah das in überschaubaren Anlagen. Aber als vor rund zweihundert Jahren Maschinisierung und Industrialisierung sprunghaft zunahmen, führte das zu einem gewaltigen Bedarf an Kohle, um in riesigen Anlagen die Erze zum benötigten Stahl verhütten zu können. Zechen und Förderanlagen wuchsen darum zu gigantischen Ausmaßen heran. Das Gesicht der ebenfalls schnell immer größer werdenden Städte und Stadtteile, die teilweise direkt um die Industriebetriebe herum entstanden, wurde dadurch geformt.