Therme, Morde, Sahnetorte. Kurschatten sterben jung - Valerie Salberg - E-Book

Therme, Morde, Sahnetorte. Kurschatten sterben jung E-Book

Valerie Salberg

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Beschreibung

Ein Kuraufenthalt in Bad Hasendorf bleibt gefährlich!

Doro, Esme und Manuela reisen erneut in den beliebten Kurort Bad Hasendorf, doch die Entspannung will nicht so recht eintreten: Zuerst sorgt Doros Dackel Cabanossi für Unfrieden, und dann stirbt die Patientin Alwine Esser in einer Wanne, durch die zu therapeutischen Zwecken elektrischer Strom geleitet wird. War das wirklich ein Unfall? Auch wenn sich die drei Freundinnen eigentlich auf Torten, Wellness und Tennis spielen gefreut haben: Alwines Tod muss untersucht werden! Doch der verzweifelte Täter ist gefährlich und Doro, Esme und Manu werden jede helfende Pfo... äh Hand brauchen!

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Ähnliche


Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über diese Folge

Tango, Fango und ein Mord – Die Reihe

Titel

Prolog

Ein richtiges Würstchen

Tennisschläger und Kanonen

Morgens: Fango

Abends: Tango

Ins Wasser gefallen

Ballaballa

Eine heiße Spur

Bergfest

Gemischtes Doppel

Fragwürdige Autoschau

Auf Rosen gebettet

Enten und kleine Fische

Tränen im Salz

Schmutzige, kleine Geheimnisse

Das Dreigestirn und die leichte Muse

Schwarzer Rappo

Laternenfest

Salzkönig

Salzprinzessin

Danksagung

Über die Autorin

Impressum

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Über diese Folge

Ein Kuraufenthalt in Bad Hasendorf bleibt gefährlich!

Doro, Esme und Manuela reisen erneut in den beliebten Kurort, der ihnen als Dank für ihre Ermittlungen eine Wellnesswoche geschenkt hat. Doch die Entspannung will nicht so recht eintreten: Zuerst sorgt Doros Dackel Cabanossi für Unfrieden, und dann stirbt die Patientin Alwine Esser in einer Wanne, durch die zu therapeutischen Zwecken elektrischer Strom geleitet wird. War das wirklich ein Unfall? Auch wenn sich die drei Freundinnen eigentlich auf Torten, Wellness und Tennis spielen gefreut haben: Alwines Tod muss untersucht werden! Doch der verzweifelte Täter ist gefährlich und Doro, Esme und Manu werden jede helfende Pfo... äh Hand brauchen!

Tango, Fango und ein Mord – Die Reihe

Doro, Esme und Manuela sind so unterschiedlich, wie frau nur sein kann. Trotzdem müssen sie gemeinsam in Bad Hasendorf den ganz normalen Wahnsinn im Gesundheitsbetrieb meistern. Zu allem Überfluss ist in dem idyllischen Kurort auch das Verbrechen zuhause! Doch mit ihren Schrullen, detektivischen Fähigkeiten und gesunden Körperteilen ergänzen sie sich die drei Damen hervorragend und sind schon bald den Bösewichten auf der Spur! Dabei vergessen sie aber nicht die schönste Nebensache der Welt: ein leckeres Stück Sahnetorte!

Valerie Salberg

Kurschatten sterben jung

Prolog

Montag, 12. Oktober, Bad Hasendorf, Gesundborn

Sie lag nackt ausgestreckt auf dem Rücken in der Wanne hinter dem Paravent und döste mit geschlossenen Augen. Ihr Kopf lehnte an einer Metallplatte, und die Füße berührten eine ähnliche Fläche am Fußende der Kunststoffwanne. Durch ihren Körper lief ein feines elektrisches Kribbeln des Gleichstroms. Etwas Salz im Badewasser erhöhte dessen Leitfähigkeit und sorgte dafür, dass der Strom besser durch die Haut aufgenommen wurde und ins Gewebe reichte.

Zuerst war es beängstigend gewesen, in einer Wanne voller Wasser zu liegen, das Elektrizität durch ihren Leib schleuste.

Doch Frau Meier, die Therapeutin, hatte ihr vor dem ersten Termin die Angst genommen: Die verabreichte Dosis war vollkommen harmlos. »Erst Ameisen im Körper, danach Flügel wie ein Schmetterling«, hatte Frau Meier versprochen, und das war kein leeres Versprechen gewesen.

Die schmerzstillende Wirkung der Behandlung überzeugte sie. Der Morbus Bechterew plagte sie seit den Zwanzigern, und das Stangerbad half gut gegen die damit verbundenen Beschwerden und Muskelverspannungen. Wenigstens für einige Zeit.

Sie schwebte auf so angenehme Weise im Solewasser, dass sie bei der Anwendung regelmäßig jedes Zeitgefühl verlor.

Daher wunderte sie sich überhaupt nicht, als sie Schritte hinter dem kleinen Paravent hörte. Vermutlich die Therapeutin, um nach der Hälfte der Behandlung wie üblich die Pole umzukehren und die Stromstärke nachzujustieren.

Die Fußtritte waren erst zögerlich, wurden jedoch zielstrebiger. Dazu vernahm sie lautes Atmen und ein nervöses Räuspern. Aus war es mit der Ruhe. Plötzlich duftete es irgendwie blumig.

»Sie haben einen ungewöhnlichen Namen!«, sagte eine unbekannte Stimme hinter ihrem Kopf. »Ihr Pech!«

Der hasserfüllte Ausdruck, der bei den Worten mitschwang, jagte ihr Schauer über den Rücken. »Was machen Sie hier?«, fragte sie misstrauisch.

Schweigen.

Sie versuchte, die Gestalt ins Auge zu fassen, ohne sich allzu schmerzhaft zu verrenken, und den Kontakt zu den Eisenplatten zu verlieren. Dann erwiderte sie forscher, als sie sich fühlte: »Wenn Sie hier nichts verloren haben, dann verschwinden Sie!«

Der Eindringling stieß weitere Worte hervor, von denen sie nur ein Wort verstand: einen Namen!

Und damit erwachte die Panik. Sie holte zittrig Luft und rief: »Frau Meier?« Da klickte es hinter ihr. Sie vernahm ein Brausen, und im nächsten Moment fuhr es heiß wie ein Flammenschwert durch ihren schutzlosen Leib. Sie wollte aufspringen, doch die zuckenden Gliedmaßen gehorchten ihr nicht mehr. Ihr Körper bäumte sich auf. Diese unerträglichen Qualen in der Brust! Sie war regelrecht dankbar, als es schlagartig dunkel um sie wurde und alle Schmerzen endeten.

Ein richtiges Würstchen

Zwei Tage zuvor, Samstag, 10. Oktober, Köln

Doro

Alles lief nach Plan. Doro schob sich mit Dackel und Familie im Schlepptau durchs Gewimmel des Kölner Hauptbahnhofs: Studenten mit Rucksäcken, die bei jeder Drehung im Gesicht der Umstehenden landeten, hastende Reisende mit sperrigem Gepäck, eine Gruppe Pfadfindermädchen, die sich in den Herbstferien verlaufen wollten. Doro quetschte sich vorbei an Ständen mit Butterbrezeln, Würstchen, Crêpes oder Popcorn-Burgern. Verkaufsgondeln mit Handtaschen, Kosmetik oder Büchern ragten in den Weg.

Das Versprechen der Korsettmacherin, die Fortsetzung der historischen Romanreihe, auf die Doro und ihre innere Frohnatur schon sehnsüchtig gewartet hatten, lachte sie aus einem Buchladen an. Sie beäugte im Vorbeilaufen nur das Cover. Der neue Roman würde bis zum Zielort warten müssen.

Cabanossi lief neben ihr her – sein Schwanz drehte sich wie ein Propeller –, und er versenkte die Nase in jeder Duftwolke, sodass Doro den armen Dackel unaufhörlich weiterziehen musste.

Zwischen knacksenden Lautsprecheransagen, Gesprächsfetzen und Handyklingeln hörte Doro ihren Schwiegersohn hinter sich. »Sind wir gleich da?«, imitierte er mühelos eine quengelnde Kleinkinderstimme. Sicher lag das an der vergleichbaren geistigen Reife.

Doro warf einen Blick auf die Hinweisschilder und dann auf ihre Fitnessuhr. »Nächstes Gleis!«, rief sie. »Drei Minuten bis zur Abfahrt.«

»Schaffen wir!« Julia klang atemlos.

Die Rolltreppe zum Bahnsteig, an dem ihr Zug nach Soest abfuhr, war bereits so lange außer Betrieb, wie Doro denken konnte. Vom Aufzug gar nicht zu reden. Der musste inzwischen unter Denkmalschutz stehen, weil daran null gearbeitet wurde. Deutsche Bahn – das letzte Abenteuer.

»Warum hast du das Gepäck nicht aufgegeben?«, wollte Jonas wissen und beäugte die steile Treppe.

Hatte er das etwa schon vergessen?

»Damit die Koffer verloren gehen und ich dann zwei Wochen ohne Wechselkleidung und Racket dastehe? Nein, danke!« Doro hatte sich in der Reha vor gut drei Monaten das Zimmer mit einer anderen Patientin geteilt, der genau das passiert war. Esme hatte eine halbe Woche lang bloß die Kleidung zur Verfügung gestanden, die sie am Leibe getragen hatte.

Außerdem wäre mehr Zeit, hätte Jonas sich nicht vorhin um die Ecke verdrückt und sie ohne ein Wort der Erklärung warten lassen.

Julia und Jonas wuchteten Doros Trolley und die große Sporttasche die Treppe hoch. Doro nahm Cabanossi auf den Arm, damit es schneller ging. Jede Treppenstufe bedeutete für ihn einen Sprung, und es gab mindestens zwanzig davon.

Der Zug war bereits eingefahren. Glücklicherweise handelte es sich um einen modernen Wagen mit niedrigem Einstieg. Sie suchten am Bahnsteig das Erste-Klasse-Abteil mit Doros reserviertem Sitz (das hatte sie sich im letzten Sommer verdient, fand sie), und Jonas lud das Gepäck ein. Doro wollte ihm gleich folgen, ehe er die Gepäckstücke noch in die falsche Gepäckablage schob, aber Julia nahm sie beiseite.

»Also, Mama, noch hast du Zeit, die Sache sausen zu lassen.«

Sie wirkte besorgt, und Doro durchfuhr ein Sturm mütterlicher Gefühle. »Das wird schön, und ich komme auch mal ein paar Tage ohne euch aus.« Vor allem ohne Jonas.

Julia schüttelte unmerklich den Kopf. »Ich meine, nachdem du beim letzten Mal fast zu Tode gekommen wärst in dieser Kur. In der Stadt gibt's sicher böses Blut deswegen. Und wenn sich nun jemand rächen will?«

Doro winkte ab. »Ich bezweifele mal, dass der Täter herumerzählt hat, dass ihm drei marode Kurgäste das Handwerk gelegt haben. Und außer dem Unglücksraben in U-Haft und dem Doktor war niemand dabei.«

Julia sah noch angespannter aus. »Wir finden eine Mitfluggelegenheit für dich. Dann kommst du einfach bei uns im Ferienhaus unter.«

Doro schluckte. Vierzehn Tage Jonas in Dauerschleife? Nie im Leben. »Ihr drei müsst gleich los. Ist ein gutes Stück nach Frankfurt. Fahrt bitte vorsichtig!«

Nur ihr Schwiegersohn aus der Hölle konnte auf die Idee kommen, von der Main-Metropole aus in den Urlaub zu fliegen und vorher noch den Hund in einer Tierpension vor Ort unterzubringen, nachdem er die Schwiegermutter am Kölner Bahnhof abgegeben hatte. Und alles in einer Tour. Man konnte bei Jonas froh sein, dass er nicht sie vor der Tierpension abgesetzt hatte und den Dackel ins Hotel schickte.

Als Doro Cabanossi zu Boden ließ, fing er aufgeregt bellend an, sie zu umkreisen. Schlauer Hund. Er ahnte, dass etwas im Busch war. Aber es half ja nichts. Doro seufzte. Der Schlingel würde mit den beiden auf die Reise gehen, denn in Doros Kurhotel waren Haustiere leider untersagt.

Sie befreite die Waden gerade von der herumgewickelten Leine, da kehrte Jonas aus dem Zug zurück.

»So, fertig!«

Doro umarmte ihre Tochter und wuschelte Cabanossi noch mal zärtlich durch die Ohren. Dann übergab sie ihrem Schwiegersohn schweren Herzens die Leine und stieg ein. Der Dackel scharwenzelte um Jonas herum, der in seiner Jackentasche kramte.

»Ach, Mama«, meinte Julia und fummelte eine Packung Taschentücher auf. Sie seufzte, dass Doro noch schwerer ums Herz wurde.

»Ihr müsst los!«, drängte sie, denn sie wollte schnell zu ihren Sachen, um nachzugucken, ob Jonas das Gepäck richtig untergebracht hatte. »Euer Flieger wartet nicht! Tschüss, Cabanossi, mein Schatz. Tschüss, ihr beid...«

»Sekunde noch!« Jonas drückte ihr ein warmes Päckchen in die Hand. »Proviant.«

Entgeistert betrachtete Doro das in fettiges Papier eingewickelte Etwas, das nach Bratwurst roch.

Jonas schob seiner überraschten Frau die Hundeleine in die Finger und zückte nun auch noch das Handy.

Doro konnte in der Zugtür bloß protestierend die Arme mit dem Würstchenpäckchen heben. Sie war verschwitzt und legte keinen Wert auf ihre fünfzehn Sekunden Ruhm auf Instagram unter dem Hashtag #schwiemu.

»Schneide mir wenigstens den Kopf ab, damit mich niemand identifizieren kann«, bat sie zum Entsetzen der Mitreisenden, die sich irritiert nach ihr umsahen. Da gab der Pfiff des Schaffners dem Lokführer das Go. Die Zugtüren setzten sich automatisch in Bewegung. »Gerettet«, murmelte Doro.

In der Sekunde, ehe die Türen schlossen, sprang ein brauner Blitz mit fliegenden Dackelohren in den Waggon. Klack! Der Zug fuhr an.

Julias und Jonas' fassungslose Gesichter zogen mit dem Bahnsteig an Doro vorbei.

Die Mädchen der Wölflings-Gruppe auf dem Gang kreischten entzückt und wollten den Hund kraulen. Doch Cabanossi war da eigen. Er entschied selbst, von wem er sich streicheln ließ, und flitzte mit schleppender Leine zwischen den Kinderbeinen hindurch den Gang hinunter. Doro blieb wenig anderes übrig, als sich ebenfalls an den Pfadfindern und ihrer Leiterin mit der umgehängten Gitarrentasche vorbeizuschieben, um ihn einzufangen.

»Entschuldigung«, murmelte sie und fühlte sich nun noch erhitzter und röter im Gesicht als zuvor.

Das fing ja mal wieder gut an.

Esme

Esme streckte in der Lounge des Bad Hasendorfer Sport- und Kurhotels Sacher gemütlich die Beine aus.

Als Doro vollkommen abgehetzt in die Lobby trat, überfiel Esme ein Déjà-vu. Derselbe Koffertrolley, dieselbe rot angelaufene Doro, die sich hektisch umsah. Nur die gelbe Tasche mit dem außen angebrachten Tennisschläger war neu.

»Huhu, hier!« Sie winkte.

Doro parkte leise schnaufend die Sporttasche. »Hallo, Esme«, sagte sie knapp.

Welche Laus war ihr denn über die Leber gelaufen?

»Ist was passiert? Du bist eine Stunde später dran.«

Doro sah sich in der Lobby um und wirkte gar nicht, als freute sie sich über das Wiedersehen.

»Schön hier, oder? Hast du gut ausgesucht!«, meinte Esme im Plauderton. Immerhin hatte Doro den Urlaub organisiert und damit so etwas wie die Aufgabe der Reiseleiterin übernommen. »Jetzt lassen wir uns zwei Wochen lang nach Strich und Faden verwöhnen. Fehlt bloß noch Manuela.«

»Ja.« Doro klang abgelenkt.

»Was ist denn los mit dir?«

»Ach ... Jonas!« Doro holte Luft und schien noch mehr loswerden zu wollen. Doch dann schloss sie die Lippen und winkte ab. »Also, ich hole jetzt den Zimmerschlüssel. Passt du bitte solange aufs Gepäck auf?«

»Das wird hier schon niemand einstecken.«

Doro senkte die Stimme. »Ich muss dringend aufs Zimmer.«

»Ich dachte, wir warten auf Manuela und gehen mit ihr gemeinsam hoch.«

»Planänderung!«, flüsterte Doro. Sie trat nach einem besorgten Blick auf ihre kanarienvogelgelbe Sporttasche an den Tresen.

Esme sah ihr irritiert hinterher. Musste sie zur Toilette? Besonders entspannt wirkte Doro ja nie, aber den Stress wollten sie hier eigentlich vergessen.

Die Wellness-Wochen waren als Entschädigung für eine überaus chaotische Kur gedacht, die in der Aufklärung zweier Verbrechen gemündet hatte. Die Belohnung von dreitausend Euro war in diesen Urlaub geflossen.

Doro hatte in ihrem Umfeld nichts über den Ursprung des warmen Geldregens verraten, sondern das nach außen hin als Lottogewinn dargestellt. Irgendwie war ihr die Angelegenheit peinlich, obwohl es dazu doch keinen Grund gab.

Esme rieb sich die Handinnenflächen. Die Hornhaut durch die Verwendung der Krücken war inzwischen größtenteils verschwunden, aber ihre Hände schmerzten immer noch. Vielleicht gab es im angeschlossenen Therapietrakt des Hotels ja eine lindernde Anwendung. Für Kuren mit Salz oder Moor war Hasendorf schließlich berühmt.

Bei der Rückkehr nahm Doro behutsam ihre Sporttasche auf, an der krude ein Tennisracket befestigt war, obwohl es dafür eigentlich ein speziell geformtes Fach gab.

»Sag mal, gehört der Tennisschläger nicht in die Tasche?«, fragte Esme beim Aufstehen, ehe ihr einfiel, dass Doro als Tenniscrack vielleicht zwei Schläger besaß. »Und überlass das Gepäck doch dem Hotelpagen.«

Doro machte ein seltsames Geräusch. Hatte sie da eben geknurrt?

»Nein, da kümmere ich mich lieber selbst drum.« Sie zwinkerte ihr zu.

An irgendetwas erinnerte Esme die Vorsicht, mit der Doro ihre Tasche behandelte. »Sag bloß, du hast wieder deinen Bonsai dabei?« Na, das erklärte alles – Doro hatte den Minibaum vor ein paar Monaten sogar zur Reha mitgeschleppt.

»Auf dem Zimmer!«, zischte die Freundin beim Aufzug. Der Fahrstuhl bewegte sich in Zeitlupe, man merkte kaum, dass man überhaupt unterwegs war. Aber dafür begleitete ein merkwürdiges Betriebsgeräusch die Fahrt: eine Art dumpfes Klopfen. Doro zog den Reißverschluss der Tasche ein Stück auf und steckte eine Kleinigkeit hinein. Das Pochen verstummte.

War das etwa ein fleischfressender Bonsai?

»Sag mal ...« Esme kam aus dem Staunen nicht heraus. Da stoppte der Lift im ersten Stock, und ein älterer Herr stieg zu.

Im gleichen Moment hatte Doro den Verschluss bereits wieder zugeschoben. Klopf, klopf, klopf, klopf!

Esmes merkwürdiges Gefühl verstärkte sich, als Doro nun in doppelter Lautstärke fragte: »Wo bleibt Manuela denn?«

Warum um alles in der Welt trompetete sie so herum?

»Sie hat geschrieben, dass sie in einer halben Stunde da ist. Irgendwas war los auf der Autobahn. Und wie ist deine Fahrt verlaufen?«

Klopf, klopf, klopf!

»Ereignisreich«, murmelte Doro. Sie tappte mit den Fingern nervös gegen die Liftwand und erzählte, immer noch in Kinolautstärke, von der Pfadfindergruppe. »Und was die alles zu mampfen dabeihatten! Man könnte meinen, die Hälfte ihres Gepäcks bestünde aus Marschverpflegung. Das war richtig viel Zeug.«

»Gutes Stichwort!«, meinte Esme, die inzwischen verstanden hatte, dass die Pfadfinder Expeditionsvorräte eingepackt hatten. Sie war trotz der Geräuschkulisse sicher, dass Doros Magen im Fahrstuhl ein paarmal gegrummelt hatte. Sie musste mit Umsteigen auch schon zwei Stunden unterwegs sein. Vielleicht waren die ausgehungerten Pfadis über das Bord-Bistro hergefallen, ohne ihr etwas übrig zu lassen!

Sie erreichten im Schneckentempo den zweiten Stock und stiegen aus.

Doro hetzte über den Flur zu den beiden nebeneinanderliegenden Zimmern, die Esme und sie in nächster Zeit bewohnen würden. Manuelas Unterkunft lag gegenüber auf dem Korridor.

Doro schloss auf und huschte in den Raum. »Bis gleich, Esme!«, rief sie, ohne sie überhaupt anzusehen.

Doch Esme stellte schnell den Fuß in die Tür. »Moment mal. Was ist los?«

Da war wieder das Klopfgeräusch. Diesmal konnte es unmöglich vom Aufzug stammen. Esme schob die Freundin ein paar Schritte ins Zimmer. »Schieß los.«

Doro beugte sich über ihre Tasche und öffnete sie. Aber da war kein Bonsai. Stattdessen wurde ein brauner Kopf mit Fell sichtbar – und der stammte bestimmt nicht von einem Kuscheltier.

Dann sprang der Dackel auch schon mit einem Satz heraus und beschnüffelte Esmes Beine. Klopf, klopf, klopf!, ertönte es jedes Mal, wenn der wedelnde Schwanz die Sporttasche traf. Esme war einen Moment lang sprachlos.

»Keine Vorhaltungen, bitte!« Doro sah sie flehend an und erzählte, was auf dem Bahnsteig geschehen war.

»Ich hab sofort Julia angerufen, damit sie beim nächsten Halt auf mich warten, um Cabanossi entgegenzunehmen. Aber dann gab's zwischendurch einen Lokschaden. Wir mussten alle in einen anderen Zug umsteigen. Und nachdem Julia und Jonas fast eine Dreiviertelstunde am Bahnhof gestanden haben, sind sie ohne Cabanossi los, um ihren Flieger noch zu kriegen.«

Esme sah, dass Doro die Tasche mit ihrer Sportjacke ausgepolstert hatte. Darauf lag das kaum angekaute Brötchen, in dem die von Jonas angeschleppte Wurst gesteckt haben musste. Der Dackel war ein Feinschmecker.

»Die haben dich hängen lassen?« Wie egoistisch.

»Ich hab drauf bestanden, dass sie zum Flughafen fahren. Wir kommen schon klar, Cabanossi und ich.«

Esme machte ein Tsss-Geräusch, das Doro auf die Palme zu bringen schien. Sie kniff jedenfalls die Augen zusammen.

»Hätte Jonas nicht dieses dämliche Foto geschossen, wäre gar nichts passiert. Wer konnte ahnen, dass der Kleine so anhänglich ist.« Doro beugte sich hinunter und streichelte Cabanossi liebevoll. »Wer ist die beste Wurst?« Der Dackel rollte sich auf den Rücken und ließ sich das Bäuchlein kraulen.

»Du meinst wohl: Wer isst die Wurst? Ich wette, das lag an dem Bratwurstbrötchen in deiner Hand«, folgerte Esme. »Und daran ist zweifellos dieser Jonas schuld.«

Langsam verstand sie Doros Problem mit dem Schwiegersohn. Selbst wenn er es gut meinte, stiftete er Chaos. »Nun sitzt du zwei Wochen mit Hund in einem Hotel, in dem Haustierverbot herrscht.«

Der Dackel schien genau zu wissen, dass es um ihn ging. Er starrte Esme aus dunklen Knopfaugen an. Erst als klar wurde, dass es kein Leckerli gab, machte er sich an die Untersuchung des Zimmers. Die Leine schleifte bei jeder Bewegung hinterher.

»Das ist gar kein Problem«, versicherte Doro. Ihr Blick folgte ihrem Liebling, der sich schließlich unter einem Stuhl bei der Heizung bequem einrichtete. »Cabanossi ist stubenrein, und er ist gewohnt, dass ich lange fort bin. In Köln gehe ich frühmorgens und dann in der Mittagspause mit ihm Gassi. Abends natürlich eine weite Runde.«

»Aber wie soll das funktionieren? Das ist nicht gerade ein Handtaschenhund. Möchtest du ihn die ganze Zeit einsperren und mehrmals am Tag herumtragen?«

»Ja!«, sagte Doro und zog entschlossen die Augenbrauen zusammen. »Ich wollte sowieso Tennis spielen. Es ist also normal, dass ich die Tasche dabeihabe. Und bei den Ausflügen begleitet er uns einfach. Das wird spaßig. Cabanossi ist eigentlich sehr gut erzogen.«

»Bis jemand mit einem Wurstzipfel winkt!« Esme brauchte keine Lesebrille, um eine schlechte Idee zu erkennen. Aber dann gähnte der Dackel und sah einfach hinreißend aus.

Gewöhnlich war Doro die treueste Regelbefolgerin in ihrem Trio. Innerlich seufzend sagte Esme: »Ich werde schweigen wie ein Grab. Du hast mir in der Kur eine Dummheit ausgeredet, und ich will mich dafür revanchieren. Schließlich ist es dein Zimmer, und du musst den Ärger ausbaden, sobald Cabanossi auffliegt. Und das ist meiner Meinung nach bloß eine Frage der Zeit.«

Manuela

Manuela, die Dritte im Bunde, bekam gegen vierzehn Uhr eine Nachricht, dass sie sich direkt im Tee-Pavillon treffen wollten. Schade, sie hatte erst mal in aller Ruhe ankommen und sich in ihrem Zimmer einrichten wollen. Schließlich hatte Doro extra ein Hotel in Hinblick auf Sport und Gesundheit ausgesucht, und nun gab es für sie nichts Eiligeres zu tun, als Hasendorf unsicher zu machen? Die beiden verlieren ja keine Zeit mit der Wellness, dachte sie amüsiert.

Manuela lud ihr Gepäck im Zimmer ab und textete rasch ihrem Mann Gero:

Bin gut angekommen. Die anderen sitzen schon beim Kaffeeklatsch! Muss gleich wieder los.

Sie fuhr sich mit der Bürste durch das kurze dunkle Haar, ehe sie sich erneut auf den Weg machte.

Der Tee-Pavillon entpuppte sich als winziges Café im Kurpark. Im Herbst war die Grünanlage noch schöner als im Sommer. Aber vielleicht lag das auch an dem Hauch von Nebel, der alles ein wenig geheimnisvoll wirken ließ.

Das Wechselspiel von Sonne und Wolken am Himmel kippte gerade in Richtung Regen. Daher war Manuela überrascht, dass ihre Freundinnen trotzdem in ihre Jacken gehüllt auf der Terrasse des Cafés saßen.

»Da bist du ja schon, Manuela!«, grüßte Doro, die eine Kapuze mit Kunstpelz übergezogen hatte, die sich gut am Südpol machen würde.

Esme drückte sie sogar an sich. »Willkommen zurück in Hasendorf!«

»Hallo, ihr beiden. Warum sitzt ihr denn draußen?« Manuela erspähte durch die Scheiben einen freien Vierertisch im Café.

Da wuselte etwas heran, und eine kalte Hundenase fand den nackten Spalt zwischen ihren Stiefeletten und dem Hosensaum.

»Nein!«, sagte Manuela streng und sah sich nach dem achtlosen Hundebesitzer um.

»Cabanossi, aus!«, meinte Doro, woraufhin der Vierbeiner abdackelte und unter dem freien Stuhl verschwand.

»Hab ich was nicht mitbekommen?«, fragte Manuela. »Ich dachte, wir wären zu dritt, und nun hast du Herrenbegleitung?« Sie amüsierte sich im Stillen über Doros bedröppelten Gesichtsausdruck.

»Such dir eine Stärkung aus!«, meinte Esme. »Doro gibt uns einen auf den Schreck aus.«

Manuela nickte. Im Innenraum waren Hunde verboten, das erklärte dann immerhin, wieso die beiden mit dem Dackel draußen auf der Raucherterrasse Platz genommen hatten.

»Bin gleich zurück. Ich kann es kaum erwarten, die Geschichte dazu zu hören!«

Für Manuelas Begleiterinnen wurden Waffeln frisch und dampfend an den Tisch geliefert. Am Tellerrand reihten sich vier formschöne Tupfer aus Sahne auf, und es gab Schälchen mit unterschiedlichen Toppings, die Doro und Esme sich schwesterlich teilten.

Manuelas Bienenstich war bereits halb aufgegessen, und sie stürzte sich auf den Cappuccino.

»Und was nun?«, fragte sie nach Doros Bericht und löffelte noch etwas Milchschaum aus der Tasse.

»Cabanossi ist ein braves Würstchen. Wir nehmen ihn tagsüber mit. Zwischendurch bleibt er auf dem Zimmer, und zum Gassigehen schmuggle ich ihn in der Tasche raus.«

»Er braucht bloß ein Mal zu bellen«, gab Manuela zu bedenken. »Hunde werden eben manchmal laut.«

»Also, meine Nachbarn haben sich nie darüber beklagt«, sagte Doro pikiert.

»Und was ist mit den Zimmermädchen im Hotel?« Manuela schüttelte den Kopf. »Das hast du nicht richtig durchdacht!«

»Wenn jemand Verdacht schöpft, könnten Esme und du ihn abwechselnd aufnehmen«, überlegte Doro laut. »Ich behaupte einfach, die Geräusche würden vom Fernseher stammen.«

Statt einer Antwort zückte Manuela das Handy, suchte nach Hundepensionen im Umkreis und zeigte ihr die Ergebnisse. »Es ist noch Geld übrig, oder?«

Die Schatzmeisterin nickte. »Das ist kein Problem. Aber so schlau waren Esme und ich auch. Wir haben schon rumtelefoniert. Die nächste freie Stelle wäre in Lippstadt. Und das erst ab Dienstag.«

Esme seufzte. »Es sind eben Herbstferien.«

»Warum mussten wir noch mal ausgerechnet verreisen, wenn auch alle anderen unterwegs sind?«, fragte Manuela spitz.

Doro presste die Lippen aufeinander. »Weil mein Chef spontan Familienurlaub macht und die Praxis solange dicht ist. So leicht komme ich sonst nicht an Urlaubstage, nachdem ich im Sommer erst wegen der Kur gefehlt habe.«

Manuela ließ das letzte Stück Bienenstich im Mund schmelzen und dachte nach. »Also gut! Du machst den Platz in Lippstadt fest, Doro. Und ich fahre euch Dienstag hin! Sind ja nur zwanzig Kilometer oder so.«

Sie brauchte ohnehin landschaftliche Eindrücke. Seit Manuela in Bad Hasendorf auf die Überreste der mittelalterlichen Handelsstraße Hellweg gestoßen war, spukten Pläne zu einem YouTube-Bericht über die Soester Börde in ihrem Kopf herum.

Bis auf den Titel Dunkler Hellweg fehlte ihr allerdings noch Material zu spektakulären echten Verbrechen oder historischen Mysterien der Gegend. Die Abonnenten des Crime Tower liebten grausige Details. Mit den Ausflugszielen, über die sie später schreiben wollte, würde sie klein einsteigen, um die Freundinnen nicht zu verschrecken. Nun gut, vor allem Doro, die sich im Gegensatz zu ihr wenig für Verbrechen und gruselige Orte begeistern konnte.

»Was ist mit Frau Sperling von der Salzquelle?«, schlug Esme vor, der die Rezeptionistin ihrer ehemaligen Kurklinik in den Sinn gekommen war. »Die kennt vielleicht jemanden, der Beziehungen hat oder gerne mal einen Dackel ausprobieren wür...«

Beim letzten Wort schaute Doro derart grimmig, dass Esme verstummte.

»Frau Sperling ist am Wochenende nur bis Mittag da. Weißt du doch! Und sie wohnt nicht in Hasendorf. Hat sie mir mal gesagt. Wer will schon in der Freizeit dauernd den Patienten über den Weg laufen?« Sie sprach wohl aus Erfahrung.

»Also, mir wird langsam kalt«, sagte Manuela. Ihr leichter Trenchcoat eignete sich wenig für den längeren Außeneinsatz. »Sollen wir zurück zum SPUK-Hotel?«

Doro sah sie schief an. »Bitte was?«

»Na, SPort Und Kurhotel«, antwortete Manuela mit betonten Anfangsbuchstaben.

Esme grinste. »Das muss ich mir merken.«

»Tssss!«, machte Doro. »Das kann ja nur von jemandem kommen, der aus Bielefeld stammt, der Stadt, die es angeblich gar nicht gibt.«

Treffer, versenkt!

Doro

Im Schutz einer Kastaniengruppe am Hotelparkplatz wollte Doro Cabanossi zurück in die Tasche locken, während Esme und Manuela Schmiere standen. Mittlerweile hatte der Hund das Versteckspiel sichtlich satt. Er drückte lieber die Nase ins Laub und spürte glänzende Kastanien auf. Ohne Leine hätte Doro ihn gar nicht stoppen können.

Sie warf ein Hundeleckerli in die gelbe Sporttasche und fühlte sich wie die Hexe, die Hänsel und Gretel mit Pfefferkuchen köderte. Die Geflügel-Happen hatte sie zusammen mit Futter, Häufchenbeuteln und einem Behelfsnapf samt Trinkschale auf dem Rückweg im Supermarkt besorgt.

Cabanossi schnupperte am Stoff. Erst als Doro auch noch einen Schinken-Kauknochen springen ließ, machte er einen beherzten Satz hinein. Rasch zog sie den Reißverschluss halb zu. Sie hörte den Hund leise schmatzen. Er fraß diese Sorte so gern.

Doro richtete sich wieder auf. Von hinter dem Gebäude klang ein charakteristisches Flopp-Flopp. Sie hatte wegen des Durcheinanders mit Cabanossi bisher nicht auf die Sportanlagen geachtet. Aber von hier aus sah sie einen Teil des Tennisplatzes mit einer abgedeckten Ballkanone. Es juckte ihr glatt in den Fingern, ein paar Bälle ...

Doch ihre Begleiterinnen hatten andere Pläne.

»Gehen wir ins Thermalbad?«, fragte Esme und sah dabei Manuela an.

»Zu heiß ist es heute wirklich nicht!«, gab diese zu. »Es ist aber bestimmt mörderisch voll. Ich habe gehört, dass zum Wochenende viele Tagestouristen aus dem Pott kommen.«

Das hatte sie wahrscheinlich von irgendeiner Bewertungsseite aus dem Internet.

»So schlimm wird's nicht sein. Wir im Pott haben eigene Schwimmbäder«, meinte Esme amüsiert. »Doro, wie sieht es bei dir aus?«

So verlockend die Therme auch klang – während des Besuchs wäre Cabanossi allein. »Es gibt ein Hotel-Schwimmbecken! Da wäre ebenfalls eine Sauna. Bademäntel werden gestellt, das habe ich extra ausgeguckt.« Besser als ganz umsonst einen nagelneuen Frotteemantel mitzuschleppen, ohne ihn ein einziges Mal zu brauchen, wie beim letzten Aufenthalt.

»Und danach essen wir was Feines im Hotel-Restaurant. So können wir den stressigen Anreisetag gemütlich ausklingen lassen.« Und ich bin bald wieder bei meinem Würstchen, bis er sich ein bisschen eingewöhnt hat.

Esme

Zwischen den Saunagängen besprachen sie die weiteren Pläne.

Doro ruhte, alle viere von sich gestreckt, rücklings auf der Liege vor der Sauna. Manuela lag auf der Seite und tippte auf dem Handy.

Esme selbst hockte auf der Bank und wickelte die feuchten Haare in ihr Lieblingshandtuch mit Frida-Kahlo-Motiv. »Montag fängt bummelig an, oder?«

»Ausschlafen«, murmelte Manuela.

»Denkste!«, kam es von Doro. »Vor den Anwendungen liegt unser Termin beim Kurarzt.«

»Muss das sein?« Esme hatte wegen der gebrochenen Hüfte im Sommer eine Menge Zeit in Wartezimmern verbracht.

»Für mich schon«, erklärte Doro. »Ich möchte für meine Knie Elektrotherapie, und dafür brauche ich eine Verordnung.«

»Die wollen sich absichern, damit niemand durch eine ungeeignete Anwendung Schaden nimmt.« Manuela nahm einen Schluck aus ihrer Wasserflasche. »Klingt bei Elektrotherapie ganz vernünftig. Außerdem darf echte Physio nur ein Arzt verschreiben, auch die auf Privatrezept. Diana von der Praxis Johannes hat das bei meiner Kur mal lang und breit einem Ehepaar vor mir an der Anmeldung erklärt. Die haben einfach mit einem Geldschein gewedelt und wollten eine Sonderbehandlung. Ging halt nicht.«

Manuela senkte verschwörerisch die Stimme. »Wenn man schon mal ein entsprechendes Rezept hatte und auf die Beschwerden hinweist, wissen die Therapeuten aber durchaus Bescheid.«

»Also, erst mal zu unseren externen Wellness-Behandlungen.« Die Termine waren längst organisiert, da man zu den Ferien mit einem gewissen Vorlauf rechnen musste.

»Mittwoch ist für mich Moorkneten!«, las Esme von ihrem Handykalender ab. »Das soll gut gegen Arthrose in den Fingern sein. Doro hat da Fußreflexzonen-Massage und du, Manuela, Faszienbehandlung. Als Bonbon gibt es für Doro und mich einen Doppel-Massagetermin am Freitag in der Therme. Auf Doro wartet ein Schoko-Trüffel, auf mich eine Rosenbeet-Duftmassage. Beides klingt toll. Du bist eine Viertelstunde später im Anschluss dran mit Hawaiian Hot Stone, Manuela.« Sie schaute zweifelnd auf. »Glaubst du, dass die Behandlung gut für deinen Rücken ist?«

»Die Steine werden schon nicht aus Lava bestehen und sich auf den Knochen durchbrennen«, antwortete Manuela schulterzuckend.

»Ich wäre bei so was lieber vorsichtig«, sagte Doro mit skeptischem Seitenblick. »Deine Anwendungen scheinen mir recht exotisch zu sein!«

»Eben!«, meinte Manuela. »Hot Stone fürs Urlaubsfeeling und Lockerung der Faszien gegen verspannte Schultern und den Mausarm.« Sie hüstelte. »Ich dachte, wir machen ein paar Ausflüge. Tillmans Blog ist eine echte Fundgrube. Unser damaliger Hauptverdächtiger, der Reiseblogger ...«

»Das war dein Hauptverdächtiger!«, warf Doro ein. »Esme und ich waren vollkommen mit den logistischen Anforderungen der Kur beschäftigt.«

»Was hast du dir denn vorgestellt?«, fragte Esme.

»In Bad Sassendorf sind die Westfälischen Salzwelten. Das ist ein Erlebnis-Museum zur Geschichte der Gegend mit wechselnden Ausstellungen.«

»Klingt gut.« Esme nickte und wandte sich dann an Doro. »Wir können deinen Hund mitnehmen.«

»Pssst!«, meinte die Freundin, als steckten in den Wänden Mikrofone.

Kurz darauf scheuchte der Ausruf »Zitrus-Aufguss« sie auf.

In der Sauna war es angenehm still. Die anderen Besucher entspannten schwitzend mit geschlossenen Augen. Für einen Moment ließ Esme nur die trockene Hitze an sich aufsteigen, dann verbreitete der versprochene Aufguss eine aromatische Dampfwolke wie in einem sizilianischen Limonenhain.

Puh! Schlagartig schien die Temperatur zu steigen. Esme wischte sich mit dem Zipfel ihres Haar-Handtuchs träge den Schweiß von der Stirn. »Fast so heiß wie bei der Chaos-Kur, Doro«, flüsterte sie.

Doro

Vor dem letzten Saunagang schlich Doro im Bademantel nach oben und schaute kurz zu Cabanossi rein.

Als er sie mit einem »Blaff!« begrüßte, warf sie ihm schnell ein Hundeleckerli hin, damit er still war. »Schcht! Wir gehen später raus, Würstchen!«, versprach sie. Sie kraulte ihn ein bisschen, zupfte die Haare an seinen Ohren glatt und sah nach, ob er noch Wasser hatte. »So, bis dann!«

Doch Cabanossi ließ sich nicht so leicht abwimmeln. Er strich um ihre Füße wie eine Katze und wollte sie aufhalten. Der Racker war eindeutig unzufrieden mit der Unterbringung.

Doro zwängte sich durch die Tür, während sie den Dackel gleichzeitig mit dem Badelatschenfuß liebevoll auf Abstand hielt. Ausgerechnet jetzt kam jemand vorbei. Sie hörte, wie ein Mann »Guten Abend« sagte. Doro grüßte zurück, ohne hinzusehen. Sie war voll darauf konzentriert, die Tür zuzuziehen, ehe sich der Hund durch den schmalen Spalt quetschte.

»Blödes Schloss!«, schimpfte sie und versuchte, weder Cabanossis Kopf noch eigene Körperteile einzuklemmen und außerdem die Lücke zu verdecken. Rum mit dem Schlüssel!

Als sich der Dackel hinter der Tür schüttelte, klingelte leise das Halsband mit der Steuermarke. Doro zuckte zusammen, aber der Mann ging ungerührt weiter, sodass Doro nur seinen braun gelockten Hinterkopf sah.

Tennisschläger und Kanonen

Sonntag, 11. Oktober, Bad Hasendorf

Doro

Als Erstes drehte Doro eine Runde mit Cabanossi. schnurgerade weg vom Hotel. Sie blickte immer wieder über die Schulter, ob sie jemand aus dem SPUK erkannte oder ihr irgendwer ungewöhnlich viel Aufmerksamkeit schenkte.

Aber sie wurde nur von anderen Hundebesitzern angesprochen, deren Vierbeiner gleich Kontakt zu Cabanossi aufnahmen. Doro wechselte einige unverfängliche Worte und spurtete zum Parkplatz zurück.

Rot-weißes Absperrband war um die Bäume gespannt, in deren Schutz sie Cabanossi sonst in die Tasche verfrachtet hatte. War das gestern schon da gewesen?

Glücklicherweise bot ein üppiger Hartriegel gegenüber Deckung und gleichzeitig Ausblick auf eine Reihe von Autos.

Neben einem azurblauen BMW stand ein Paar, das offenbar ebenfalls ein ungestörtes Plätzchen gesucht hatte. Doro sah nur den Oberkörper einer Frau mit krummer Wirbelsäule, die das Hermès-Tuch über dem Mantel kaum kaschierte.

»Wenn dir das weiterhilft, mein Lieber«, sagte die Frau neckend zu ihrem Gegenüber. »Spielschulden sind schließlich Ehrenschulden. Und du kannst zumindest endlich mal bei deinem Auto das Türschloss austauschen lassen.«

»Danke, Alwine. Das bedeutet mir eine Menge.«

Es knisterte, als wechselten Geldscheine den Besitzer. Dann hob der Mann Alwines Hand an die Lippen. Die Frau kicherte.

Von ihm war hinter den Zweigen des Roten Hartriegels nur ein brauner Haarschopf zu sehen. Und als die Dame sich jetzt zu einem Kuss vorbeugte, gar nichts mehr.

Doro guckte demonstrativ weg, hob ächzend die Tasche mit Cabanossi auf und brachte den Hund zurück ins Zimmer.

Trotz der Eile war sie die Letzte im Speisesaal. Doro bestaunte die riesige Auswahl an Brötchen, Brot, Belägen, Säften und inzwischen geleerten Pfannen mit Rührei am Frühstücksbuffet.

Als sie mit einem Milchkaffee und Croissants an den Tisch kam, verspeiste Esme gerade ermattet einige letzte Leckerbissen.

Manuela holte sich noch einen Espresso, vermutlich, um ihr beim Frühstück Gesellschaft zu leisten. »Die Kaffeemaschine ist eine Wucht«, sagte sie augenzwinkernd. »Die war vorhin heiß umlagert.«

Doro war aufgefallen, dass für jede Kaffeespezialität extra Bohnen gemahlen, Wasser gebrüht und Milch aufgeschäumt wurde. Das dauerte zwar, aber geschmacklich war das Ergebnis eine glatte Eins.

»Und, wie sehen die heutigen Pläne aus?« Doro riss ihr Croissant auf. Das frische Gebäck war außen knusprig und buttrig, innen zartgelb und weich. Es verströmte einen süßen Duft, und als sie hineinbiss, schneiten Blätterteigkrümel auf den Teller.