Timaios - Über die Natur - Platon - E-Book

Timaios - Über die Natur E-Book

Platón

0,0

Beschreibung

Dieses eBook: "Timaios - Über die Natur" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Der Timaios ist ein in Dialogform verfasstes Spätwerk des griechischen Philosophen Platon. Beteiligt sind Platons Lehrer Sokrates, ein vornehmer Athener namens Kritias und zwei Gäste aus dem griechisch besiedelten Süditalien: der Philosoph Timaios von Lokroi, nach dem der Dialog benannt ist, und der Politiker Hermokrates von Syrakus. Timaios hält einen langen naturphilosophischen Vortrag, der den weitaus größten Teil des Dialogs ausmacht. Nach Timaios' Darstellung ist der Kosmos hauptsächlich von zwei Faktoren geprägt, der Vernunft und der Notwendigkeit. Bei der Erschaffung des Alls wollte der vernünftige, wohlwollende Schöpfergott, der Demiurg, das Bestmögliche erreichen. Dazu musste er sich mit der "Notwendigkeit" - vorgegebenen Sachzwängen - arrangieren und aus dem Chaos der bereits vorhandenen Materie Ordnung schaffen. Er bildete die Weltseele, mit der er den Kosmos zu einem lebendigen, beseelten Wesen machte. Den von ihm hervorgebrachten untergeordneten Gottheiten wies er die Aufgabe zu, den menschlichen Körper zu erschaffen. Die unsterblichen individuellen Seelen schuf er selbst. Sie treten im Rahmen der Seelenwanderung immer wieder in neue Körper ein. Nachdrücklich weist Timaios auf die Güte des Schöpfers und die Harmonie und Schönheit der Welt hin. Platon (428/427 v. Chr.-348/347 v. Chr.) war ein antiker griechischer Philosoph. Er war Schüler des Sokrates, dessen Denken und Methode er in vielen seiner Werke schilderte. Die Vielseitigkeit seiner Begabungen und die Originalität seiner wegweisenden Leistungen als Denker und Schriftsteller machten Platon zu einer der bekanntesten und einflussreichsten Persönlichkeiten der Geistesgeschichte.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 159

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Platon

Timaios - Über die Natur

Seiendes + Der Entstehungsgrund und die Einzigkeit des Kosmos + Die Erschaffung des Weltkörpers und der Weltseele + Zeit und Ewigkeit + Der Ursprung der Götter und der übrigen Lebewesen + Der Raum...
e-artnow, 2018 Kontakt: [email protected]
ISBN 978-80-268-2627-9

Inhaltsverzeichnis

GLIEDERUNG
01. Wiederholung der Hauptpunkte einer von Sokrates durchgeführten Rede über den besten Staat
02. Wunsch des Sokrates, den von ihm entworfenen Staat auch in Bewegung und Kampf zu sehen. Kritias über eine Kunde von alten Taten Athens
03. Der Bericht des Solon über sein Bekanntwerden mit alter ägyptischer Überlieferung
04. Bereitschaft des Kritias, die Erzählung im Einzelnen zu berichten. Voranstellung einer Rede des Timaios über das Entstehen der Welt
05. Unterscheidung zwischen dem Seienden und dem Werdenden. Die Welt als geworden und als nach einem Vorbild geschaffenes Abbild
06. Grund der Schöpfung und Vorbild der Welt. Ihre Einzigkeit
07. Der Leib der Welt. Grund seines Bestehens aus vier Bestandteilen und seiner Kugelgestalt
08. Die Zusammenfügung der Weltseele
09. Das Erkennen der Seele
10. Erschaffung der Zeit als bewegliches Abbild der Unvergänglichkeit
11. Die Planeten als Erzeuger der Zeit. Ihre Bahnen
12. Die vier Gattungen des Lebenden. Bewegung und Wesen der sichtbaren Götter
13. Die übrigen Götter. Der Auftrag des Weltschöpfers an sie
14. Erschaffung der menschlichen Seelen. Ihre Belehrung über die Gesetze des Schicksals
15. Durch die Einkörperung bedingte Verwirrung der Seelenumläufe
16. Bildung des Kopfes und der Glieder. Das Auge: Erklärung des Sehens und seines eigentlichen Nutzens. Stimme und Gehör
17. Übergang zu einem neuen Anfang: Das Entstehen durch Notwendigkeit
18. Die dritte Gattung: Das Worin des Werdens. Bestimmung seiner Art und des Verhältnisses des Seienden und Werdenden zu ihm
19. Zustand des Raumes und der Grundstoffe vor Erschaffung der Welt
20. Die Entstehung der vier ursprünglichen Körper aus dem Zusammentreten der zwei schönsten Dreiecke
21. Möglichkeit von fünf Welten? Verteilung der ursprünglichen Körper an die vier Grundstoffe
22. Der Übergang der Grundstoffe ineinander
23. Erklärung der immerwährenden Bewegung der Körper
24. Arten des Feuers und des Wassers: Das Flüssige und das Geschmolzene. Erklärung des Schmelzens und Erstarrens
25. Arten der Erde. Aus Erde und Wasser bestehende Stoffe
26. Erklärung der Beschaffenheiten warm und kalt, hart und weich, schwer und leicht, rauh und glatt
27. Wahrnehmbare und nicht wahrnehmbare Eindrücke. Die Lust- und Schmerzgefühle
28. Die Entstehung der Geschmacksempfindungen: scharf und herb, ätzend und salzig, sauer und süß
29. Geruchswahrnehmung und Gehör
30. Die Gesichtswahrnehmung. Erklärung der Farben
31. Erschaffung des sterblichen Teils der Seele und sein Sitz im Leibe. Herz und Lungen
32. Ansiedlung des begierigen Teils der Seele im Bauch. Beschaffenheit und Aufgabe von Leber und Milz
33. Unterleib und Gedärme. Mark, Knochen, Fleisch und Sehnen. Verteilung des Fleisches, Haut, Haare und Nägel
34. Die Natur der Pflanzen
35. Die zwei Hauptadern und das Bewässerungssystem des Körpers
36. Die Ursachen und der Vorgang des Atmens
37. Den Vorgängen beim Atmen verwandte Erscheinungen
38. Bildung des Bluts. Wachstum, Alter und natürlicher Tod
39. Die Entstehung der zwei ersten Arten körperlicher Krankheiten
40. Die durch Luft, Schleim und Galle entstehende dritte Art von Krankheiten des Körpers
41. Krankheiten der Seele: Der Unverstand und seine zwei Arten
42. Mittel zur Heilung und Erhaltung des Körpers und der Seele
43. Die Pflege der Seele
44. Entstehung der Frauen und Bildung der Geschlechtsorgane. Die übrigen Lebewesen. Schlusswort

GLIEDERUNG

Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung:

1. Wiederholung der Hauptpunkte einer von Sokrates durchgeführten Rede über den besten Staat (01. Kapitel, 17 a 1 bis 19 b 2)

2. Wunsch des Sokrates, den von ihm entworfenen Staat auch in Bewegung und Kampf zu sehen. Kritias über eine Kunde von alten Taten Athens (02. Kapitel, 19 b 3 bis 21 a 6)

3. Der Bericht des Solon über sein Bekanntwerden mit ägyptischer Überlieferung (03. Kapitel, 21 a 7 bis 25 d 6)

4. Bereitschaft des Kritias, die Erzählung im einzelnen zu berichten. Voranstellung einer Rede des Timaios über das Entstehen der Welt (04. Kapitel, 25 d 7 bis 27 b 9)

B. Hauptteil: Die Rede des Timaios über das Entstehen der Welt

I. Das nach Vernunft Geschaffene

1. Sein und Werden. Die Welt als Abbild.

a) Unterscheidung zwischen den Seienden und Werdenden. Die Welt als geworden und als nach einem Vorbild geschaffenes Abbild (05. Kapitel, 27 c 1 bis 29 d 6)

b) Grund der Schöpfung und Vorbild der Welt. Ihre Einzigkeit (06. Kapitel, 29 d 7 bis 31 d 3)

2. Leib und Seele der Welt

a) Der Leib der Welt. Grund seines Bestehens aus vier Bestandteilen und seiner Kugelgestalt (07. Kapitel, 31 b 4 bis 34 a 7)

b) Die Zusammenfügung der Weltseele (08. Kapitel, 34 a 8 bis 36 d 7)

c) Das Erkennen der Seele (09. Kapitel, 36 d 8 bis 37 c 5)

3. Die Zeit und die Planeten

a) Erschaffung der Zeit als bewegliches Abbild der Unvergänglichkeit (10. Kapitel, 37 c 6 bis 38 b 5)

b) Die Planeten als Erzeuger der Zeit. Ihre Bahnen (11. Kapitel, 38 b 6 bis 39 e 2)

4. Die lebenden Wesen

a) Die vier Gattungen des Lebenden. Bewegung und Wesen der sichtbaren Götter (12. Kapitel, 39 e 3 bis 40 d 5)

b) Die übrigen Götter. Der Auftrag des Weltschöpfers an sie (13. Kapitel, 40 d 6 bis 41 d 3)

5. Der Mensch

a) Erschaffung der menschlichen Seelen. Ihre Belehrung über die Gesetze des Schicksals (14. Kapitel, 41 d 4 bis 42 e 4)

b) Durch die Einkörperung bedingte Verwirrung der Seelenumläufe (15. Kapitel, 42 e 5 bis 44 d 2)

c) Bildung des Kopfes und der Glieder. Das Auge: Erklärung des Sehens und seines eigentlichen Nutzens. Stimme und Gehör (16. Kapitel, 44 d 3 bis 47 e 2)

II. Das aus Notwendigkeit Vorhandene

1. Aufnehmerin des Werdens

a) Übergang zu einem neuen Anfang: Das Entstehen durch Not wendigkeit (17. Kapitel, 47 e 3 bis 48 e 1)

b) Die dritte Gattung: Das Worin des Werdens. Bestimmung seiner Art und des Verhältnisses des Seienden und Werdenden zu ihm (18. Kapitel, 48 e 2 bis 52 d 1)

c) Zustand des Raumes und der Grundstoffe vor Erschaffung der Welt (19. Kapitel, 52 d 2 bis 53 c 3)

2. Die vier Grundstoffe

a) Die Entstehung der vier ursprünglichen Grundkörper aus dem Zusammentreten der zwei schönsten Dreiecke (20. Kapitel, 53 c 4 bis 55 c 6)

b) Möglichkeit von fünf Welten? Verteilung der ursprünglichen Körper an die vier Grundstoffe (21. Kapitel, 55 c 7 bis 56 c 7)

c) Der Übergang der Grundstoffe ineinander (22. Kapitel, 56 c 8 bis 57 d 6)

d) Erklärung der immerwährenden Bewegung der Körper (23. Kapitel, 57 d 7 bis 58 c 4)

3. Arten der Grundstoffe

a) Arten des Feuers und des Wassers: Das Flüssige und Geschmolzene. Erklärung des Schmelzens und Erstarrens (24. Kapitel, 58 c 5 bis 60 b 5)

b) Arten der Erde. Aus Erde und Wasser bestehende Stoffe (25. Kapitel, 60 b 6 bis 61 c 2)

4. Die Wahrnehmungen

a) Erklärung der Beschaffenheiten warm und kalt, hart und weich, schwer und leicht, rauh und glatt (26. Kapitel, 61 c 3 bis 64 a 1)

b) Wahrnehmbare und nicht wahrnehmbare Eindrücke. Die Lustund Schmerzgefühle (27. Kapitel, 64 a 2 bis 65 b 3)

c) Die Entstehung der Geschmacksempfindungen: Scharf und herb, ätzend und salzig, sauer und süß (28. Kapitel, 65 b 4 bis 66 c 7)

d) Geruchswahrnehmung und Gehör (29. Kapitel, 66 d 1 bis 67 c 3)

e) Die Gesichtswahrnehmung. Erklärung der Farben (30. Kapitel, 67 c 4 bis 69 a 5)

III. Aus Vernunft und Notwendigkeit zusammen Erzeugtes

1. Die sterblichen Teile der Seele. Der Körper und seine Teile

a) Erschaffung des sterblichen Teils der Seele und sein Sitz im Leibe. Herz und Lungen (31. Kapitel, 69 a 6 bis 70 d 6)

b) Ansiedlung des begierigen Teils der Seele im Bauch. Beschaffenheit und Aufgabe der Leber und Milz (32. Kapitel, 70 d 7 bis 72 d 3)

c) Unterleib und Gedärme. Mark, Knochen, Fleisch und Sehnen. Verteilung des Fleisches. Haut, Haare und Nägel (33. Kapitel, 72 d 4 bis 76 e 6)

2. Die Natur der Pflanzen (34. Kapitel, 76 e 7 bis 77 c 5)

3. Bewässerungssystem des Körpers und Vorgang des Atmens

a) Die zwei Hauptadern und das Bewässerungssystem des Körpers (35. Kapitel, 77 c 6 bis 79 a 4)

b) Die Ursachen und der Vorgang des Atmens (36. Kapitel, 79 a 5 bis 79 e 9)

c) Den Vorgängen beim Atmen verwandte Erscheinungen (37. Kapitel, 79 e 10 bis 80 c 8)

d) Bildung des Blutes. Wachstum, Alter und natürlicher Tod (38. Kapitel, 80 d 1 bis 81 e 5)

4. Krankheiten des Körpers und der Seele und ihre Verhütung

a) Die Entstehung der zwei ersten Arten körperlicher Krankheiten (39. Kapitel, 81 e 6 bis 84 c 7)

b) Die durch Luft, Schleim und Galle entstehende dritte Art von Krankheiten des Körpers (40. Kapitel, 84 c 8 bis 86 a 8)

c) Krankheiten der Seele: Der Unverstand und seine zwei Arten (41. Kapitel, 86 b 1 bis 87 b 9)

d) Mittel zur Heilung und Erhaltung des Körpers und der Seele (42. Kapitel, 87 c 1 bis 89 d 1)

e) Die Pflege der Seele (43. Kapitel, 89 d 2 bis 90 d 7)

5. Entstehung der Frauen und Bildung der Geschlechtsorgane. Die übrigen Lebewesen. Schlusswort (44. Kapitel, 90 e 1 bis 92 c 9)

01. Wiederholung der Hauptpunkte einer von Sokrates durchgeführten Rede über den besten Staat

Inhaltsverzeichnis

SOKRATES: Einer, zwei, drei! Wo aber, lieber Timaios, blieb uns der vierte der gestrigen Gäste und heutigen Gastgeber?

TIMAIOS: Ein Unwohlsein befiel ihn, Sokrates; denn aus freiem Entschluss blieb er wohl nicht von der heutigen Zusammenkunft zurück.

SOKRATES: Hast nun nicht du mit diesen Freunden da die Obliegenheit, auch den Teil des Abwesenden zu erfüllen?

TIMAIOS: Allerdings; und wir wollen unser Möglichstes tun, es an nichts fehlen zu lassen. Denn es wäre wohl nicht recht, wollten wir noch übrigen, nachdem du gestern mit anständigen Gastgeschenken uns empfingst, deine Gastlichkeit nicht bereitwillig erwidern.

SOKRATES: Ist es euch also erinnerlich, über wie Wichtiges und über welche Gegenstände ich von euch Auskunft begehrte?

TIMAIOS: Einiges ist uns noch erinnerlich, was uns aber entfiel, wirst du selbst uns in das Gedächtnis zurückrufen. Oder wiederhole es uns lieber, wenn es dir nicht beschwerlich fällt, von Anfang an, in aller Kürze, damit es uns noch fester begründet werde.

SOKRATES: Das soll geschehen. Der Hauptinhalt der gestern von mir gesprochenen Reden betraf wohl den Staat: wie mich bedünke, dass wohl der beste beschaffen sein und aus welchen Männern er bestehen müsse.

TIMAIOS: Und diese Darstellung war gar sehr nach unser aller Sinne, lieber Sokrates!

SOKRATES: Schieden wir zuerst nicht die Klasse der Ackerbauenden oder irgend sonst eine Kunst in demselben übenden von dem Geschlecht der den Krieg für die andern Führenden?

TIMAIOS: Ja.

SOKRATES: Und indem wir jedem nur eine seinen Naturanlagen angemessene Beschäftigung, nur eine Kunst zuteilten, erklärten wir, diejenigen, welche die Verpflichtung hätten, für alle in den Krieg zu ziehen, müssten demnach nichts weiter sein als Wächter des Staates. Wenn nun ein Auswärtiger oder auch jemand von den Einheimischen sich anschicke, diesem Schaden zuzufügen, dann müssten sie ein mildes Gericht halten über die ihnen Unterworfenen, als von Natur ihnen Befreundete, in den Kämpfen gegen die Feinde aber, auf die sie träfen, streng verfahren.

TIMAIOS: Durchaus.

SOKRATES: Denn die Wächter, behaupteten wir, wie ich glaube, müssen eine Seele besitzen, die von Natur sowohl vorzüglich muterfüllt als auch weisheitliebend ist, um gegen die einen in geziemender Weise streng, gegen die andern mild verfahren zu können.

TIMAIOS: Ja.

SOKRATES: Was aber ihre Erziehung anbetrifft? Nicht etwa, dass sie in Gymnastik, Musik und allem ihnen angemessenen Wissen unterwiesen sein sollen?

TIMAIOS: Ja, allerdings.

SOKRATES: Nachdem sie eine solche Erziehung erhielten, wurde ja wohl behauptet, dass sie weder Gold noch Silber noch irgendein anderes Besitztum als ihr Eigentum ansehen dürfen, sondern als Helfer für ihr Wachehalten von den von ihnen Bewahrten einen für Besonnene ausreichenden Lohn empfangen, den sie gemeinschaftlich und zusammen lebend, stets um die Tugend bemüht und durch andere Beschäftigungen nicht behindert, verzehren sollten.

TIMAIOS: Auch das wurde in dieser Weise behauptet.

SOKRATES: Wir erwähnten doch auch hinsichtlich der Frauen, dass ihre Naturen in ähnlicher Weise wie die der Männer in Einklang zu bringen und alle Beschäftigungen für den Krieg und das übrige Leben beiden Geschlechtern gemeinsam zuzuteilen seien

TIMAIOS: So wurde auch das bestimmt.

SOKRATES: Was dann aber über das Kinderzeugen? Oder prägten sich nicht unsere dahin einschlagenden Anordnungen leicht, als mit dem Gewohnten im Widerspruch, dem Gedächtnisse ein, dass wir Heiraten und Kinder zu etwas allen Gemeinsamem machten und es dahin zu bringen suchten, dass niemand das ihm insbesondere Geborene kenne und alle sich untereinander als Verwandte ansehen, als Brüder und Schwestern, so viele innerhalb des dem angemessenen Alters entstehen, das jüngere oder ältere Geschlecht aber als dieser Eltern und Voreltern und die ihnen Nachgeborenen als deren Kinder und Kindeskinder?

TIMAIOS: Ja; und das ist aus dem von dir angeführten Grunde leicht zu behalten.

SOKRATES: Blieb uns nicht auch unsere Behauptung im Gedächtnis, damit soviel wie möglich sogleich der möglichst beste Schlag von Menschen erzeugt werde, müssen die Herrscher und Herrscherinnen durch gewisse Lose für das eheliche Zusammensein insgeheim es künstlich darauf anlegen, dass die Schlechten sowohl als die Besten beide mit ihresgleichen zusammengelost werden und dass, damit jenen daraus keine Feindschaft erwachse, diese im Zufall den Grund ihrer Zusammenlosung suchen?

TIMAIOS: Das ist uns erinnerlich.

SOKRATES: Gewiss auch, dass wir behaupteten, die Nachkommenschaft der Guten müsse man sorgfältig erziehen, die der Schlechten aber unvermerkt im übrigen Staate verteilen; unter den Heranwachsenden aber, die man wohl beobachte, die Würdigen wieder zu einer höheren Klasse erheben, die unter dieser Klasse Unwürdigen dagegen die durch die Hinaufrückenden erledigte Stelle einnehmen lassen.

TIMAIOS: So ist es.

SOKRATES: Haben wir nun nicht ebenso wie gestern unsern Weg durchlaufen, so dass wir seine Hauptpunkte noch einmal kurz berührten, oder vermissen wir, lieber Timaios, noch etwas von dem Gesagten, was wir übergingen?

TIMAIOS: Keineswegs, Sokrates, sondern eben das war es, was ausgesprochen wurde.

02. Wunsch des Sokrates, den von ihm entworfenen Staat auch in Bewegung und Kampf zu sehen. Kritias über eine Kunde von alten Taten Athens

Inhaltsverzeichnis

SOKRATES: So hört denn nun, wie es mir mit dem Staate, den wir dargestellt haben, ergeht. Ich habe nämlich ein ähnliches Gefühl wie etwa jemand, der irgendwo schöne Tiere, ob nun von den Malern dargestellte oder auch wirklich lebende, aber im Zustand der Ruhe, sah, den Wunsch hegen dürfte, sie in Bewegung und einen ihrem Äußern angemessen scheinenden Kampf bestehen zu sehen. Ebenso geht es mir mit dem von uns entworfenen Staate; denn gern wohl möchte ich etwa von jemandem mir erzählen lassen, wie unser Staat in geziemender Weise die Wettkämpfe mit anderen Staaten besteht und wie er, wenn er in Krieg gerät, auch im Kriege, sowohl im Kampfe durch die Tat als bei Verhandlungen durch das Wort, auf eine der ihm zuteil gewordenen Unterweisung und Erziehung würdige Weise gegen jeden anderen Staat sich benimmt. An der eigenen Kraft nun, Kritias und Hermokrates, diese Männer und unsern Staat auf eine genügende Weise zu preisen, muss ich fürwahr wohl verzweifeln. Und bei mir ist das nicht zu verwundern; aber ich habe dieselbe Meinung auch von den Dichtern sowohl alter Zeit als den jetzt lebenden gefasst, ohne irgend die Dichtergilde herabsetzen zu wollen, sondern weil jeder begreift, dass der Nachbildenden Menge das, worin sie erzogen ward, sehr leicht und gut nachbilden wird, dass es aber schwierig ist, das außerhalb der gewohnten Lebensweise eines jeden Liegende durch die Tat, und noch schwieriger, es in Worten treffend nachzubilden. Die Innung der Sophisten dagegen halte ich zwar für sehr kundig Überfließender Rede und anderes Schönen, besorge aber, dass sie, als in verschiedenen Städten umherschweifend und des eigenen Wohnsitzes entbehrend, in Männer, die zugleich weisheitsliebend und staatskundig sind, sich nicht zu finden wissen, wie Schönes und Großes diese wohl im Krieg und in der Schlacht mit dem Schwerte und im Verkehr mit jedem durch die Rede auszuführen und auszusprechen vermöchten. So bleiben nur Männer eures Schlages übrig, denen vermöge ihrer Erziehung und Naturanlagen beides zuteil ward. Denn unser Timaios da, aus Lokris, dem unter allen Staaten Italiens der besten Gesetzgebung sich erfreuenden, stammend, gelangte, an Reichtum und Herkunft keinem seiner Mitbürger nachstehend, zu den größten Würden und Ehrenbezeugungen im Staate; in der gesamten Philosophie aber hat er, meiner Meinung nach, das Höchste erreicht. Vom Kritias aber wissen wir hierzulande alle, dass ihm von dem, wovon wir sprechen, nichts fremd ist; und dass ferner Hermokrates durch Naturanlagen und Erziehung zu dem allen vollkommen befähigt sei, zu diesem Glauben berechtigt uns das Zeugnis vieler. Diese Ansicht bewog mich auch gestern, euren Bitten, meine Gedanken über den Staat euch mitzuteilen, bereitwillig zu willfahren, da ich weiß, dass, wenn ihr wollt, niemand geschickter ist, über das Weitere Auskunft zu erteilen; denn wenn ihr unsern Staat in einen seiner würdigen Krieg versetztet, möchtet wohl ihr allein unter den jetzt Lebenden in allem die geziemende Rolle dabei ihm zuerteilen. Nachdem ich nun euern Wunsch erfüllte, habe ich dagegen an euch den eben erwähnten ausgesprochen. Ihr sagtet mir demnach zu, nach gemeinsamer Beratung unter euch selbst, jetzt meiner Rede Gastgeschenk zu erwidern. So habe ich mich also dazu auf das schönste geschmückt und, bereitwilliger als irgendeiner, das eurige in Empfang zu nehmen, eingefunden.

HERMOKRATES: Gewiss, Sokrates, bereitwillig wollen wir versuchen, es, wie Timaios da sagte, an nichts fehlen zu lassen, auch haben wir keine Ausflucht, dem uns zu entziehen; so dass wir auch sogleich gestern, als wir von hier aus zum Kritias nach unserer Einkehrwohnung gelangten, und noch früher unterwegs, eben diesen Gegenstand in Betrachtung zogen. Dieser teilte uns nun eine Sage aus alter Überlieferung mit, welche du auch jetzt diesem Freunde berichten magst, Kritias, damit er mit uns prüfe, ob sie unserer Aufgabe angemessen sei oder nicht.

KRITIAS: Das muss ich wohl tun, wenn auch unser dritter Genosse, Timaios, derselben Meinung ist.

TIMAIOS: Gewiss bin ich es.

KRITIAS: So vernimm denn, Sokrates, eine gar seltsame, aber durchaus in der Wahrheit begründete Sage, wie einst der weiseste unter den Sieben, Solon, erklärte. Dieser war nämlich, wie er selbst häufig in seinen Gedichten sagt, unserem Urgroßvater Dropides sehr vertraut und befreundet; der aber erzählte wieder unserm Großvater Kritias, wie der alte Mann wiederum uns zu berichten pflegte, dass gar große und bewunderungswürdige Heldentaten unserer Vaterstadt aus früher Vergangenheit durch die Zeit und das Dahinsterben der Menschen in Vergessenheit geraten seien, vor allem aber eine, die größte, durch deren Erzählung wir dir wohl uns auf eine angemessene Weise dankbar zu bezeigen und zugleich die Göttin bei ihrem Feste nach Gebühr und Wahrheit wie durch einen Festgesang zu verherrlichen vermöchten.

SOKRATES: Wohl gesprochen! Welches ist denn aber die Heldentat, von welcher Kritias als von einer nicht bloß in einer Sage erhaltenen, sondern einst von unserer Vaterstadt wirklich, wie Solon vernommen hatte, vollbrachten erzählte?

03. Der Bericht des Solon über sein Bekanntwerden mit alter ägyptischer Überlieferung

Inhaltsverzeichnis

KRITIAS: